Urteil vom Europäischer Gerichtshof - C-184/15,C-197/15

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)

14. September 2016 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Sozialpolitik — Richtlinie 1999/70/EG — EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge — Paragrafen 5 und 8 — Verwendung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge — Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge — Sanktionen — Umqualifizierung des befristeten Arbeitsverhältnisses in einen ‚unbefristeten, nicht dauerhaften Arbeitsvertrag‘ — Effektivitätsgrundsatz“

In den verbundenen Rechtssachen C‑184/15 und C‑197/15

betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Superior de Justicia del País Vasco (Oberster Gerichtshof des Baskenlands, Spanien) mit Entscheidungen vom 9. März 2015, eingegangen beim Gerichtshof am 23. April 2015 (C‑184/15) und am 29. April 2015 (C‑197/15), in den Verfahren

Florentina Martínez Andrés

gegen

Servicio Vasco de Salud (C‑184/15)

und

Juan Carlos Castrejana López

gegen

Ayuntamiento de Vitoria (C‑197/15)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen (Berichterstatter), des Richters E. Levits und der Richterin M. Berger,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: A. Calot Escobar,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

von Frau Martínez Andrés, vertreten durch J. Corchón Barrientos, abogado, und M. Ezcurra Fontán, procuradora,

von Herrn Castrejana López, vertreten durch A. Gómez Barahona, abogado, und P. Basterreche Arcocha, procuradora,

des Ayuntamiento de Vitoria, vertreten durch P. J. Goti González, abogado, und G. Ors Simón, procurador,

der spanischen Regierung, vertreten durch L. Banciella Rodríguez‑Miñón als Bevollmächtigten,

der Europäischen Kommission, vertreten durch M. van Beek und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 18. März 1999 (im Folgenden: Rahmenvereinbarung), die im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. 1999, L 175, S. 43) enthalten ist.

2

Sie ergehen im Rahmen von Rechtsstreiten zum einen zwischen Frau Florentina Martínez Andrés und dem Servicio Vasco de Salud (Baskischer Gesundheitsdienst, Spanien) über die Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien und die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Beendigung dieses Verhältnisses und zum anderen zwischen Herrn Juan Carlos Castrejana López und dem Ayuntamiento de Vitoria (Gemeinde Vitoria, Spanien) über die rechtliche Einordnung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien und die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Beendigung dieses Verhältnisses.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Mit der Richtlinie 1999/70 soll nach ihrem Art. 1 „die zwischen den allgemeinen branchenübergreifenden Organisationen (EGB, UNICE und CEEP) geschlossene Rahmenvereinbarung … durchgeführt werden“.

4

Art. 2 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie … nachzukommen [und haben] alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die durch die Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden. …“

5

Gemäß ihrem Paragrafen 1 soll die Rahmenvereinbarung zum einen durch die Anwendung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse verbessern und zum anderen einen Rahmen schaffen, der den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse verhindert.

6

Paragraf 3 („Definitionen“) der Rahmenvereinbarung bestimmt:

„Im Sinne dieser Vereinbarung ist:

1.

‚befristet beschäftigter Arbeitnehmer‘ eine Person mit einem direkt zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsvertrag oder ‑verhältnis, dessen Ende durch objektive Bedingungen wie das Erreichen eines bestimmten Datums, die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe oder das Eintreten eines bestimmten Ereignisses bestimmt wird.

…“

7

In Paragraf 5 („Maßnahmen zur Vermeidung von Missbrauch“) der Rahmenvereinbarung heißt es:

„1.

Um Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse zu vermeiden, ergreifen die Mitgliedstaaten nach der gesetzlich oder tarifvertraglich vorgeschriebenen oder in dem Mitgliedstaat üblichen Anhörung der Sozialpartner und/oder die Sozialpartner, wenn keine gleichwertigen gesetzlichen Maßnahmen zur Missbrauchsverhinderung bestehen, unter Berücksichtigung der Anforderungen bestimmter Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen:

a)

sachliche Gründe, die die Verlängerung solcher Verträge oder Verhältnisse rechtfertigen;

b)

die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse;

c)

die zulässige Zahl der Verlängerungen solcher Verträge oder Verhältnisse.“

2.

Die Mitgliedstaaten, nach Anhörung der Sozialpartner, und/oder die Sozialpartner legen gegebenenfalls fest, unter welchen Bedingungen befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse:

a)

als ‚aufeinanderfolgend‘ zu betrachten sind;

b)

als unbefristete Verträge oder Verhältnisse zu gelten haben.“

8

Nach Paragraf 8 Nr. 5 erfolgen „[d]ie Vermeidung und Behandlung von Streitfällen und Beschwerden, die sich aus der Anwendung dieser Vereinbarung ergeben, … im Einklang mit den einzelstaatlichen gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen und Gepflogenheiten“.

Spanisches Recht

9

In Art. 89 der Ley 7/1985 Reguladora de las Bases de Régimen local (Gesetz 7/1985 zur Regelung der Grundlagen der Kommunalverwaltung) vom 2. April 1985 (BOE Nr. 80 vom 3. April 1985), der die verschiedenen Personalarten der kommunalen Gebietskörperschaften definiert, heißt es:

„Das Personal der kommunalen Gebietskörperschaften setzt sich aus Beamten, Personen mit Arbeitsvertrag und Aushilfspersonal, das eine Vertrauensstelle oder eine Stelle als Sonderberater bekleidet, zusammen.“

10

Nach Art. 15 Abs. 1 des Texto refundido de la Ley del Estatuto de los Trabajadores, aprobado por el Real Decreto Legislativo 1/1995 (Neufassung des Gesetzes über das Arbeitnehmerstatut durch das Königliche gesetzesvertretende Dekret 1/1995), vom 24. März 1995 (BOE Nr. 75 vom 29. März 1995, S. 9654) in seiner zum Zeitpunkt des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (im Folgenden: Arbeitnehmerstatut) kann ein Arbeitsvertrag befristet oder unbefristet geschlossen werden. Ein befristeter Vertrag kann in den folgenden Fällen geschlossen werden:

„a)

wenn der Arbeitnehmer zur Erledigung einer bestimmten, eigenständigen und von der gesamten Tätigkeit des Unternehmens trennbaren Aufgabe eingestellt wird, deren Ausführung trotz ihrer zeitlichen Begrenzung grundsätzlich von unsicherer Dauer ist …

b)

wenn es die Marktbedingungen oder ein erhöhter Arbeits- oder Auftragsanfall, auch im Rahmen der normalen Tätigkeit des Unternehmens, erfordern …

c)

bei einer Vertretung von Arbeitnehmern, die einen Anspruch auf Vorhaltung ihres Arbeitsplatzes haben, unter der Bedingung, dass der Arbeitsvertrag den Namen des vertretenen Arbeitnehmers und den Grund der Vertretung angibt.“

11

Nach Art. 15 Abs. 3 des Arbeitnehmerstatuts sind „zur Gesetzesumgehung geschlossene befristete Verträge als unbefristet anzusehen“.

12

Nach Art. 15 Abs. 5 des Arbeitnehmerstatuts erhalten Arbeitnehmer, die bei demselben Unternehmen oder bei derselben Unternehmensgruppe innerhalb von 30 Monaten, sei es mit oder ohne Unterbrechung, für eine Dauer von mehr als 24 Monaten auf ein und derselben Arbeitsstelle oder verschiedenen Arbeitsstellen auf der Grundlage von mindestens zwei befristeten Arbeitsverträgen – mit denselben oder abweichenden Vertragsbedingungen betreffend die Befristung – beschäftigt waren, den Status von Dauerbeschäftigten.

13

Die 15. Zusatzbestimmung des Arbeitnehmerstatuts lautet:

„Die Bestimmungen des Art. 15 Abs. 1 Buchst. a dieses Gesetzes über die Höchstdauer eines eine bestimmte Aufgabe oder eine bestimmte Dienstleistung betreffenden Vertrags und des Art. 15 Abs. 5 dieses Gesetzes über Grenzen für aufeinanderfolgende Verträge gelten für die öffentliche Verwaltung und mit ihr verbundene oder ihr untergeordnete öffentliche Einrichtungen unbeschadet der Anwendung der Verfassungsgrundsätze der Gleichheit, der Verdienste und der Befähigung beim Zugang zu einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst, so dass sie der Verpflichtung, die betreffenden Arbeitsplätze nach den üblichen Verfahren gemäß den in der geltenden Regelung vorgesehenen Bestimmungen zu besetzen, nicht entgegenstehen.

Der Arbeitnehmer behält demzufolge seine bisherige Stelle so lange, bis sie nach den vorstehend genannten Verfahren neu besetzt wird. In diesem Moment endet das Arbeitsverhältnis, es sei denn, der betroffene Arbeitnehmer wird im öffentlichen Dienst eingestellt, nachdem er mit Erfolg an einem entsprechenden Auswahlverfahren teilgenommen hat.

…“

14

Art. 9 der Ley 55/2003 del Estatuto Marco del personal estatutario de los servicios de salud (Gesetz 55/2003 über das Rahmenstatut des statutarischen Personals der Gesundheitsdienste) vom 16. Dezember 2003 (BOE Nr. 301 vom 17. Dezember 2003, S. 44742) sieht vor:

„1.   Aus Gründen der Erforderlichkeit, Dringlichkeit oder zur Durchführung von Programmen zeitlich begrenzter, konjunktureller oder außerordentlicher Art können die Gesundheitsdienste befristet beschäftigtes statutarisches Personal ernennen.

Die Ernennungen von befristetem statutarischem Personal können für eine Übergangszeit, mit Aushilfscharakter oder vertretungsweise erfolgen.

2.   Die Ernennung zur Besetzung einer freien Stelle in den Gesundheitszentren oder ‑diensten für eine Übergangszeit erfolgt, wenn dies erforderlich ist, um die entsprechenden Funktionen abzudecken.

Für eine Übergangszeit beschäftigtes statutarisches Personal ist zu entlassen, wenn die frei werdende Stelle in dem durch Gesetz oder Verordnung vorgesehenen Verfahren durch Festeinstellung besetzt wird oder wenn die Stelle gestrichen wird.

3.   Die Ernennung mit Aushilfscharakter erfolgt unter folgenden Voraussetzungen:

a)

wenn es um die Erbringung bestimmter Leistungen zeitlich begrenzter, konjunktureller oder außerordentlicher Art geht;

b)

wenn sie erforderlich ist, um den dauerhaften und kontinuierlichen Betrieb der Gesundheitszentren sicherzustellen;

c)

wenn Leistungen zum Ausgleich einer Verringerung der Regelarbeitszeit erbracht werden müssen.

Statutarisches Aushilfspersonal ist zu entlassen, wenn der Grund eintritt oder die Frist abläuft, der oder die bei seiner Ernennung ausdrücklich festgelegt wurde, sowie dann, wenn die Funktionen wegfallen, die zur Ernennung geführt haben.

4.   Die Ernennung als Vertretungspersonal erfolgt dann, wenn es erforderlich ist, Funktionen von unbefristet oder befristet eingestelltem Personal für die Dauer von Ferien‑, Krankheits‑ oder sonstigen vorübergehenden Abwesenheitszeiten abzudecken, bei denen die Stelle erhalten bleibt.

Statutarisches Vertretungspersonal ist zu entlassen, wenn die von ihm vertretene Person auf ihre frühere Stelle zurückkehrt oder wenn diese Person ihren Anspruch auf Rückkehr auf ihre frühere Stelle oder in ihre früheren Funktion verliert.“

Sachverhalt der Ausgangsrechtsstreite und Vorlagefragen

Rechtssache C‑184/15

15

Frau Martínez Andrés wurde am 2. Februar 2010 als „Verwaltungshilfskraft“ des statutarischen Aushilfspersonals zur Erbringung von Diensten zeitlich begrenzter, konjunktureller oder außerordentlicher Art ernannt. Diese Ernennung war Gegenstand von 13 Verlängerungen, von denen keine eine besondere Begründung enthielt, abgesehen von der allgemeinen Erwähnung „dienstlicher Erfordernisse“. Die Ernennung von Frau Martínez Andrés endete am 1. Oktober 2012.

16

Die von Frau Martínez Andrés erhobene Klage wurde vom Juzgado de lo Contencioso-Administrativo no 6 de Bilbao (Verwaltungsgericht Nr. 6 Bilbao, Spanien) mit Entscheidung vom 30. Juli 2013 abgewiesen.

17

Frau Martínez Andrés legte gegen diese Entscheidung beim Tribunal Superior de Justicia del País Vasco (Oberster Gerichtshof des Baskenlands, Spanien) mit der Begründung Berufung ein, dass ein Verstoß gegen Art. 9 Abs. 3 des Rahmenstatuts des statutarischen Personals der Gesundheitsdienste vorliege, da die drei dort vorgesehenen Fälle nicht in eine einzige allgemeine Kategorie zusammengefasst werden könnten, um das Bestehen eines befristeten Arbeitsverhältnisses zu begründen.

Rechtssache C‑197/15

18

Am 1. Dezember 1993 schloss Herr Castrejana López mit dem Ayuntamiento de Vitoria einen befristeten Arbeitsvertrag über die Erbringung von Dienstleistungen als Architekt. Dieser Vertrag lief zum 30. November 1994 aus.

19

Am 1. Dezember 1995 schlossen die Parteien einen neuen befristeten Arbeitsvertrag, ebenfalls für die Erbringung von Dienstleistungen als Architekt, dieses Mal allerdings zur Umsetzung einer Vereinbarung über ein städtebauliches Programm, das am 22. November 1995 zwischen dem Ayuntamiento de Vitoria und dem Instituto Foral de Bienestar Social (Regionalinstitut für soziales Wohlbefinden) geschlossen wurde und auf den Abbau städtebaulicher und architektonischer Barrieren sowie die Zugänglichkeit der städtischen Umwelt für Personen mit Mobilitätseinschränkungen gerichtet war.

20

Mit Entscheidung von 22. Januar 1998 änderte der beauftragte Stadtrat für den Bereich des öffentlichen Dienstes die Rechtsstellung von Herrn Castrejana López und ernannte ihn zur Umsetzung dieser Vereinbarung zum kommunalen Bediensteten auf Zeit, wobei die Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses für den Zeitpunkt des Auslaufens des städtebaulichen Programms vorgesehen war.

21

Am 10. November 1998 traf der beauftragte Stadtrat für den Bereich des öffentlichen Dienstes aufgrund des Auslaufens dieses städtebaulichen Programms eine neue Entscheidung, mit der dieses Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 31. Dezember 1998 für beendet erklärt wurde.

22

Am 11. Januar 1999 widerrief der beauftragte Stadtrat für den Bereich des öffentlichen Dienstes jedoch die Entscheidung vom 10. November 1998, da das in Frage stehende städtebauliche Programm verlängert worden war. Mit Entscheidung vom 10. Dezember 2012 wurde das Arbeitsverhältnis zwischen Herrn Castrejana López und dem Ayuntamiento de Vitoria mit Wirkung zum 31. Dezember 2012 mit der Begründung endgültig aufgelöst, dass das Programm vollständig umgesetzt worden sei und dass der aktuelle Kontext der Krise eine Verringerung der Kosten der öffentlichen Verwaltung verlange.

23

Die von Herrn Castrejana López erhobene Klage wurde durch Entscheidung des Juzgado de lo Contencioso-Administrativo no 1 de Vitoria-Gasteiz (Verwaltungsgericht Nr. 1 Vitoria-Gasteiz, Spanien) vom 23. September 2013 abgewiesen.

24

Herr Castrejana López legte gegen diese Entscheidung ein Rechtsmittel beim Tribunal Superior de Justicia del País Vasco (Oberster Gerichtshof des Baskenlands) ein, wobei er u. a. geltend machte, das erstinstanzliche Gericht habe keine Entscheidung zur vertraglichen oder verwaltungstechnischen Natur des Arbeitsverhältnisses mit dem Ayuntamiento de Vitoria getroffen.

25

In beiden Vorabentscheidungsverfahren stellt das vorlegende Gericht zunächst fest, dass die Kläger der Ausgangsverfahren in den Anwendungsbereich der Richtlinie 1999/70 fallen.

26

Sodann ist es in beiden Rechtssachen der Auffassung, dass ein Missbrauch befristeter Verträge vorliege. Im Fall von Frau Martínez Andrés genüge die in der Ernennung und den aufeinanderfolgenden Verlängerungen enthaltene Begründung nämlich nicht den gesetzlichen Anforderungen, die sicherstellen sollten, dass befristete Verträge nicht missbräuchlich verwendet werden. Mangels konkreter Angabe der Dienste, zu deren Abdeckung die verschiedenen Verlängerungen dienen sollten, sieht sich das vorlegende Gericht außerstande, zu prüfen, ob die Verlängerungen tatsächlich verwendet wurden, um einem vorübergehenden Bedarf zu entsprechen, oder dazu dienten, einen ständigen und dauerhaften Bedarf der Verwaltung zu decken. Im Hinblick auf Herrn Castrejana López hebt das vorlegende Gericht zum einen hervor, dass sich der Gegenstand der Ernennung auf Zeit zur Umsetzung eines Bauprojekts über einen langen Zeitraum (von 1995 bis 2012) erstreckt habe, und zum anderen, dass die vertraglichen Beziehungen auch über den Abschluss dieses Projekts hinaus fortbestanden hätten.

27

Schließlich ergänzt das vorlegende Gericht, dass die Kammer für Sozialsachen des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) den Begriff der „unbefristet, nicht dauerhaften Beschäftigten“ für die Fälle der von der öffentlichen Verwaltung unter Umgehung des Gesetzes geschlossenen befristeten Verträge geschaffen habe; die unbefristete Dauer des Vertrags bedeute, dass dieser keiner Frist unterliege. Da ein solcher Arbeitnehmer aber erst dann eine dauerhafte Stelle erhalten könne, wenn er die von den auf die Personalauswahl des ständigen Personals der öffentlichen Verwaltung anwendbaren Auswahlverfahren bestanden habe, bestehe somit ein legitimer Grund für die Auflösung des nicht dauerhaften Vertrags, wenn das Auswahlverfahren oder das Verfahren zum Abbau dieser Stelle ordnungsgemäß abgeschlossen werde. Da die Kammer für Verwaltungssachen des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) nur im Rahmen von Rechtsstreiten mit Berufsbeamten entscheide, gebe es keine einheitliche Rechtsprechung im Hinblick auf das befristete statutarische Personal oder die Bediensteten auf Zeit. Auch wenn nämlich einige Gerichte generell die Möglichkeit verneinten, das befristet beschäftigte statutarische Personal oder die Bediensteten auf Zeit mit den unbefristet, nicht dauerhaft beschäftigten Arbeitnehmern gleichzustellen, gebe es andere Fälle, in denen die Wirkungen einer Auflösung eines solchen befristeten Arbeitsverhältnisses mit den Wirkungen, die sich aus der Auflösung eines unbefristeten, nicht dauerhaften Vertrags ergäben, gleichgestellt werden könnten, insbesondere in Bezug auf die Wiederaufnahmepflicht.

28

Das vorlegende Gericht stellt sich daher die Frage nach der Vereinbarkeit einer nationalen Gesetzgebung oder auch einer Praxis der nationalen Gerichte, die weder dem befristet beschäftigten statutarischen Personal noch den Bediensteten auf Zeit einen Anspruch auf ein Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses einräume, während dieser Anspruch unbefristeten, nicht dauerhaft beschäftigten Arbeitnehmern zuerkannt werde, mit den Anforderungen der Richtlinie 1999/70.

29

Das vorlegende Gericht betont, dass die Situation von Herrn Castrejana López besonders schockierend sei, da er, wenn sein ursprüngliches Vertragsverhältnis mit dem Ayuntamiento de Vitoria aufrechterhalten worden wäre, in den Genuss von Schutzbestimmungen zum Ende des Arbeitsverhältnisses gekommen wäre, was ihm aufgrund seiner Eigenschaft als Bediensteter auf Zeit sowohl von der nationalen Gesetzgebung als auch von der dazugehörigen Rechtsprechung jedoch verwehrt worden sei.

30

Das vorlegende Gericht fragt sich außerdem, ob die von diesen verschiedenen Personalgruppen geleisteten Dienste im Hinblick auf den Äquivalenzgrundsatz für die Anwendung von Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung vergleichbar sind oder ob es zwischen ihnen Unterschiede gibt, wie die vertragliche Natur des Verhältnisses im einen und die statutarische Natur im anderen Fall, oder Grundsätze wie die Organisationsgewalt der Verwaltung, die die Annahme erlaubten, dass es sich nicht um vergleichbare Situationen handle und sie daher einen Unterschied in den Wirkungen rechtfertigten, die aus der Feststellung der rechtswidrigen Verwendung befristeter Verträge durch die Verwaltung folgten.

31

Ferner möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die angemessene Sanktion nach dem Effektivitätsgrundsatz im Rahmen des vorliegenden Verfahrens festzustellen ist oder ob dieser Grundsatz einem Verweis der Parteien auf ein neues Verwaltungsverfahren nicht entgegensteht.

32

Unter diesen Umständen hat das Tribunal Superior de Justicia del País Vasco (Oberster Gerichtshof des Baskenlands) beschlossen, die Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, wobei die dritte Frage lediglich in der Rechtssache C‑197/15 gestellt wird:

33

Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 4. Juni 2015 sind die Rechtssachen C‑184/15 und C‑197/15 zu gemeinsamem schriftlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten und zur zweiten Frage

34

Mit seiner ersten und seiner zweiten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung dahin auszulegen ist, dass er der Anwendung einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden durch die nationalen Gerichte des betreffenden Mitgliedstaats entgegensteht, der zufolge bei einem Missbrauch aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge Personen, die von einer Behörde aufgrund eines dem Arbeitsrecht unterliegenden Arbeitsvertrags beschäftigt werden, ein Anspruch auf Aufrechterhaltung ihres Arbeitsverhältnisses eingeräumt wird, dieser Anspruch dem von dieser Behörde nach dem Verwaltungsrecht beschäftigten Personal aber generell nicht zuerkannt wird.

35

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung, der zur Umsetzung eines ihrer Ziele dient, nämlich den wiederholten Rückgriff auf befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse einzugrenzen, in seiner Nr. 1 die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, effektiv und mit verbindlicher Wirkung mindestens eine der dort aufgeführten Maßnahmen zu ergreifen, sofern ihr innerstaatliches Recht keine gleichwertigen gesetzlichen Maßnahmen enthält. Die hierfür in Paragraf 5 Nr. 1 Buchst. a bis c aufgeführten drei Maßnahmen betreffen sachliche Gründe, die die Verlängerung solcher Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse rechtfertigen, die insgesamt maximal zulässige Dauer aufeinanderfolgender Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse und die zulässige Zahl ihrer Verlängerungen (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 23. April 2009, Angelidaki u. a., C‑378/07 bis C‑380/07, EU:C:2009:250, Rn. 73 und 74, vom 3. Juli 2014, Fiamingo u. a., C‑362/13, C‑363/13 und C‑407/13, EU:C:2014:2044, Rn. 54 und 56, sowie vom 26. November 2014, Mascolo u. a., C‑22/13, C‑61/13, C‑63/13 und C‑418/13, EU:C:2014:2401, Rn. 72 und 74).

36

Auch wenn das Unionsrecht somit eine Pflicht für die Mitgliedstaaten vorsieht, präventive Maßnahmen zu erlassen, nennt es keine spezifischen Sanktionen für den Fall, dass Missbräuche festgestellt worden sind. In einem solchen Fall obliegt es den nationalen Stellen, geeignete Maßnahmen zu erlassen, die nicht nur verhältnismäßig, sondern auch effektiv und abschreckend genug sein müssen, um die volle Wirksamkeit der zur Durchführung der Rahmenvereinbarung erlassenen Normen sicherzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Juli 2006, Adeneler u. a., C‑212/04, EU:C:2006:443, Rn. 94, vom 7. September 2006, Marrosu und Sardino, C‑53/04, EU:C:2006:517, Rn. 51, vom 7. September 2006, Vassallo, C‑180/04, EU:C:2006:518, Rn. 36, vom 3. Juli 2014, Fiamingo u. a., C‑362/13, C‑363/13 und C‑407/13, EU:C:2014:2044, Rn. 62, sowie Beschluss vom 11. Dezember 2014, León Medialdea, C‑86/14, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2447, Rn. 44).

37

In Ermangelung einer einschlägigen Unionsregelung dürfen die Einzelheiten der Durchführung solcher Normen, die nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten durch ihr jeweiliges innerstaatliches Recht geregelt werden, nicht weniger günstig sein als bei entsprechenden Sachverhalten, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Äquivalenzgrundsatz), und sie dürfen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz) (Urteile vom 4. Juli 2006, Adeneler u. a., C‑212/04, EU:C:2006:443, Rn. 95, vom 7. September 2006, Vassallo, C‑180/04, EU:C:2006:518, Rn. 37, vom 3. Juli 2014, Fiamingo u. a., C‑362/13, C‑363/13 und C‑407/13, EU:C:2014:2044, Rn. 63, sowie Beschluss vom 11. Dezember 2014, León Medialdea, C‑86/14, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2447, Rn. 45).

38

Infolgedessen muss, wenn es zu einem missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse gekommen ist, die Möglichkeit bestehen, eine Maßnahme anzuwenden, die effektive und äquivalente Garantien für den Schutz der Arbeitnehmer bietet, um diesen Missbrauch angemessen zu ahnden und die Folgen des Verstoßes gegen das Unionsrecht zu beseitigen. Denn nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 1999/70 haben die Mitgliedstaaten „alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die durch [diese] Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden“ (vgl. Urteile vom 4. Juli 2006, Adeneler u. a., C‑212/04, EU:C:2006:443, Rn. 102, vom 7. September 2006, Vassallo, C‑180/04, EU:C:2006:518, Rn. 38, und vom 3. Juli 2014, Fiamingo u. a., C‑362/13, C‑363/13 und C‑407/13, EU:C:2014:2044, Rn. 64).

39

Insoweit ist klarzustellen, dass Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung keine allgemeine Verpflichtung der Mitgliedstaaten aufstellt, die Umwandlung befristeter Arbeitsverträge in unbefristete Verträge vorzusehen. Paragraf 5 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung überlässt es nämlich grundsätzlich den Mitgliedstaaten, zu bestimmen, unter welchen Bedingungen befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse als unbefristet zu betrachten sind. Daraus ergibt sich, dass die Rahmenvereinbarung nicht vorschreibt, unter welchen Bedingungen von befristeten Verträgen Gebrauch gemacht werden darf (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Juli 2006, Adeneler u. a., C‑212/04, EU:C:2006:443, Rn. 91, vom 7. September 2006, Marrosu und Sardino, C‑53/04, EU:C:2006:517, Rn. 47, vom 23. April 2009, Angelidaki u. a., C‑378/07 bis C‑380/07, EU:C:2009:250, Rn. 145 und 183, vom 3. Juli 2014, Fiamingo u. a., C‑362/13, C‑363/13 und C‑407/13, EU:C:2014:2044, Rn. 65, sowie Beschluss vom 11. Dezember 2014, León Medialdea, C‑86/14, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2447, Rn. 47).

40

Somit verbietet es Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung an und für sich einem Mitgliedstaat nicht, den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob diese mit einem Arbeitgeber des Privatsektors oder mit einem Arbeitgeber des öffentlichen Sektors begründet worden sind (Urteile vom 7. September 2006, Marrosu und Sardino, C‑53/04, EU:C:2006:517, Rn. 48, sowie vom 7. September 2006, Vassallo, C‑180/04, EU:C:2006:518, Rn. 33).

41

Allerdings kann eine nationale Regelung, die es im öffentlichen Sektor absolut untersagt, eine Reihe aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge in einen unbefristeten Arbeitsvertrag umzuwandeln, nur dann als mit der Rahmenvereinbarung vereinbar angesehen werden, wenn das innerstaatliche Recht des betreffenden Mitgliedstaats in diesem Sektor eine andere wirksame Maßnahme enthält, um den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge zu verhindern und gegebenenfalls zu ahnden (Urteile vom 4. Juli 2006, Adeneler u. a., C‑212/04, EU:C:2006:443, Rn. 105, vom 7. September 2006, Marrosu und Sardino, C‑53/04, EU:C:2006:517, Rn. 49, vom 7. September 2006, Vassallo, C‑180/04, EU:C:2006:518, Rn. 34, und vom 23. April 2009, Angelidaki u. a., C‑378/07 bis C‑380/07, EU:C:2009:250, Rn. 161 und 184).

42

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass es nicht Sache des Gerichtshofs ist, sich zur Auslegung der Bestimmungen des nationalen Rechts zu äußern, da diese Aufgabe allein den zuständigen nationalen Gerichten zukommt, die festzustellen haben, ob die von Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung aufgestellten Anforderungen durch die Bestimmungen der anwendbaren nationalen Regelung gewahrt werden (Urteile vom 7. September 2006, Vassallo, C‑180/04, EU:C:2006:518, Rn. 39, vom 3. Juli 2014, Fiamingo u. a., C‑362/13, C‑363/13 und C‑407/13, EU:C:2014:2044, Rn. 66, sowie Beschluss vom 11. Dezember 2014, León Medialdea, C‑86/14, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2447, Rn. 48).

43

Somit obliegt es dem vorlegenden Gericht, zu beurteilen, inwieweit die einschlägigen Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts unter Berücksichtigung ihrer Anwendungsvoraussetzungen und ihrer tatsächlichen Anwendung eine angemessene Maßnahme darstellen, um den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse zu verhindern und gegebenenfalls zu ahnden (Urteile vom 7. September 2006, Marrosu und Sardino, C‑53/04, EU:C:2006:517, Rn. 56, vom 7. September 2006, Vassallo, C‑180/04, EU:C:2006:518, Rn. 41, vom 3. Juli 2014, Fiamingo u. a., C‑362/13, C‑363/13 und C‑407/13, EU:C:2014:2044, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Beschluss vom 11. Dezember 2014, León Medialdea, C‑86/14, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2447, Rn. 49).

44

Der Gerichtshof kann jedoch, wenn er im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens entscheidet, Klarstellungen vornehmen, um dem vorlegenden Gericht eine Richtschnur für seine Auslegung zu geben (Urteile vom 3. Juli 2014, Fiamingo u. a., C‑362/13, C‑363/13 und C‑407/13, EU:C:2014:2044, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 26. Novembre 2014, Mascolo u. a., C‑22/13, C‑61/13, C‑63/13 und C‑418/13, EU:C:2014:2401, Rn. 83).

45

Da das vorlegende Gericht den im Sinne der Rahmenvereinbarung missbräuchlichen Charakter des Rückgriffs auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge in den beiden Ausgangsverfahren bereits festgestellt hat, ist im vorliegenden Fall ausschließlich darüber zu entscheiden, ob die im nationalen Recht vorgesehenen Maßnahmen angemessen und hinreichend wirksam sind, um die festgestellten Missbräuche zu ahnden.

46

Insoweit geht das vorlegende Gericht davon aus, dass es bezogen auf Arbeitnehmer, die den Regeln des allgemeinen Arbeitsrechts unterliegen, eine wirksame Maßnahme gegen den Missbrauch aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse gibt, da die Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) die Rechtsfigur des „unbefristet, nicht dauerhaft Beschäftigten“ mit allen sich daraus nach dem nationalen Recht ergebenden Folgen geschaffen hat, insbesondere das Recht des Beschäftigten auf Aufrechterhaltung seiner Arbeitsstelle.

47

Aufgrund des Umstands, dass diese Rechtsfigur nicht auf das Personal anwendbar sei, das von den öffentlichen Verwaltungen nach den verwaltungsrechtlichen Bestimmungen beschäftigt werde, gebe es diesem gegenüber hingegen keine wirksame Maßnahme, um den missbräuchlichen Einsatz aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge zu verhindern und gegebenenfalls zu ahnden.

48

Nach der in den Rn. 40 und 41 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung verbietet es Paragraf 5 der Rahmenvereinbarung grundsätzlich nicht, aus der Feststellung eines missbräuchlichen Rückgriffs auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder ‑verhältnisse je nach dem Sektor oder der Kategorie, zu dem das in Rede stehende Personal gehört, unterschiedliche Folgen zu ziehen, solange die Rechtsordnung des betreffenden Mitgliedstaats für diesen Sektor oder gegenüber dieser Personalkategorie eine andere wirksame Maßnahme vorsieht, um Missbräuche zu verhindern und zu ahnden.

49

Wenn das vorlegende Gericht feststellen sollte, dass es im spanischen Recht keinerlei andere wirksame Maßnahme gibt, um Missbräuche gegenüber dem Personal zu verhindern und zu ahnden, das in den öffentlichen Verwaltungen nach den verwaltungsrechtlichen Bestimmungen beschäftigt ist, könnte eine solche Situation daher das Ziel und die praktische Wirksamkeit der Rahmenvereinbarung beeinträchtigen.

50

Nach ständiger Rechtsprechung obliegt die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das in dieser Richtlinie vorgesehene Ziel zu erreichen, und die Pflicht der Mitgliedstaaten gemäß Art. 4 EUV, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Trägern öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten und damit im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auch den Gerichten (vgl. u. a. Urteil vom 23. April 2009, Angelidaki u. a., C‑378/07 bis C‑380/07, EU:C:2009:250, Rn. 106 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51

Daher haben die Gerichte des betreffenden Mitgliedstaats die Einhaltung von Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung sicherzustellen, indem sie darüber wachen, dass sich die Arbeitnehmer, zu deren Lasten aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge geschlossen wurden, nicht in der Hoffnung, weiterhin im öffentlichen Sektor beschäftigt zu werden, davon abhalten lassen, die Rechte, die ihnen nach der nationalen Regelung zustehen und sich aus der Umsetzung aller in Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung vorgesehenen Vorbeugemaßnahmen durch diese Regelung ergeben, gegenüber den nationalen Stellen einschließlich der Gerichte geltend zu machen (Urteil vom 23. April 2009, Angelidaki u. a., C‑378/07 bis C‑380/07, EU:C:2009:250, Rn. 165).

52

Insbesondere hat das angerufene nationale Gericht sicherzustellen, dass die von der nationalen Regelung vorgesehenen Sanktionen gegenüber den Arbeitgebern aller im Sinne von Paragraf 3 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung „befristet beschäftigten“ Arbeitnehmer greifen können, wenn aufeinanderfolgende Verträge missbräuchlich zulasten Letzterer geschlossen worden sind, und zwar unabhängig davon, wie ihr Vertrag nach dem innerstaatlichen Recht zu qualifizieren ist (Urteil vom 23. April 2009, Angelidaki u. a., C‑378/07 bis C‑380/07, EU:C:2009:250, Rn. 166).

53

Soweit es in den in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rechtssachen gegenüber dem Personal, das in den öffentlichen Verwaltungen nach dem Verwaltungsrecht beschäftigt ist, keine andere gleichwertige und wirksame Schutzmaßnahme gibt, könnte die Gleichstellung dieses befristet beschäftigten Personals mit den „unbefristeten, nicht dauerhaft Beschäftigten“ nach der bestehenden nationalen Rechtsprechung somit eine Maßnahme darstellen, die geeignet ist, die missbräuchliche Verwendung befristeter Arbeitsverträge zu ahnden und die Folgen des Verstoßes gegen die Bestimmungen der Rahmenvereinbarung ungeschehen zu machen.

54

Nach alledem ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung dahin auszulegen ist, dass er der Anwendung einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden durch die nationalen Gerichte des betreffenden Mitgliedstaats entgegensteht, der zufolge bei einem Missbrauch aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge Personen, die von der Verwaltung aufgrund eines dem Arbeitsrecht unterliegenden Arbeitsvertrags beschäftigt werden, ein Anspruch auf Aufrechterhaltung ihres Arbeitsverhältnisses eingeräumt wird, dieser Anspruch dem von dieser Behörde nach dem Verwaltungsrecht beschäftigten Personal aber generell nicht zuerkannt wird, es sei denn, es gibt in der nationalen Rechtsordnung eine andere wirksame Maßnahme für die Ahndung solcher Missbräuche gegenüber diesem Personal, was vom nationalen Gericht zu prüfen sein wird.

Zur dritten Frage

55

Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Bestimmungen der Rahmenvereinbarung in Verbindung mit dem Effektivitätsgrundsatz dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Verfahrensregeln entgegenstehen, die den befristet beschäftigten Arbeitnehmer – wenn ein Missbrauch aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge festgestellt wurde – verpflichten, eine neue Klage zur Festlegung der angemessenen Sanktion zu erheben, anstatt den Ersatz des erlittenen Schadens durch eine Klageerweiterung in dem Verfahren fordern zu können, mit dem der Missbrauch festgestellt wurde.

56

Nach Paragraf 8 Nr. 5 der Rahmenvereinbarung hat die Vermeidung und Behandlung von Streitfällen und Beschwerden, die sich aus der Anwendung dieser Vereinbarung ergeben, im Einklang mit den einzelstaatlichen gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen und Gepflogenheiten zu erfolgen (Urteile vom 15. April 2008, Impact, C‑268/06, EU:C:2008:223, Rn. 39, und vom 23. April 2009, Angelidaki u. a., C‑378/07 bis C‑380/07, EU:C:2009:250, Rn. 172, sowie Beschlüsse vom 12. Juni 2008, Vassilakis u. a., C‑364/07, nicht veröffentlicht, EU:C:2008:346, Rn. 140, und vom 24. April 2009, Koukou, C‑519/08, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:269, Rn. 95).

57

Mangels einer einschlägigen Unionsregelung ist es Sache des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen (Urteile vom 15. April 2008, Impact, C‑268/06, EU:C:2008:223, Rn. 44, und vom 8. September 2011, Rosado Santana, C‑177/10, EU:C:2011:557, Rn. 87, sowie Beschlüsse vom 12. Juni 2008, Vassilakis u. a., C‑364/07, nicht veröffentlicht, EU:C:2008:346, Rn. 141, und vom 24. April 2009, Koukou, C‑519/08, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:269, Rn. 96).

58

Wie sich aus Rn. 37 des vorliegenden Urteils ergibt, obliegt es den nationalen Stellen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die volle Wirksamkeit der zur Durchführung der Rahmenvereinbarung erlassenen Normen sicherzustellen. Die Einzelheiten der Durchführung dieser Normen müssen im Einklang mit den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität stehen (Urteil vom 23. April 2009, Angelidaki u. a., C‑378/07 bis C‑380/07, EU:C:2009:250, Rn. 174, und Beschlüsse vom 12. Juni 2008, Vassilakis u. a., C‑364/07, nicht veröffentlicht, EU:C:2008:346, Rn. 142, und vom 24. April 2009, Koukou, C‑519/08, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:269, Rn. 97).

59

Diese Erfordernisse der Äquivalenz und der Effektivität, in denen die allgemeine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, den gerichtlichen Schutz der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte zu gewährleisten, ihren Niederschlag findet, gelten ebenfalls für die Bestimmung der Gerichte, die für die Entscheidung über auf diese Rechte gestützte Klagen zuständig sind. Ein Verstoß gegen die genannten Anforderungen auf dieser Ebene ist nämlich – ebenso wie deren Nichtbeachtung auf der Ebene der Festlegung der Verfahrensmodalitäten – geeignet, den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes zu beeinträchtigen (Urteil vom 15. April 2008, Impact, C‑268/06, EU:C:2008:223, Rn. 47 und 48, sowie Beschluss vom 24. April 2009, Koukou, C‑519/08, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:269, Rn. 98).

60

Es kommt jedoch dem vorlegenden Gericht und nicht dem Gerichtshof zu, zu prüfen, ob der betroffene Mitgliedstaat alle Maßnahmen getroffen hat, die es ihm ermöglichen, das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz unter Beachtung der Grundsätze der Effektivität und der Äquivalenz zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 15. April 2008, Impact, C‑268/06, EU:C:2008:223, Rn. 43 bis 55, und vom 23. April 2009, Angelidaki u. a., C‑378/07 bis C‑380/07, EU:C:2009:250, Rn. 176, sowie Beschlüsse vom 12. Juni 2008, Vassilakis u. a., C‑364/07, nicht veröffentlicht, EU:C:2008:346, Rn. 149, und vom 24. April 2009, Koukou, C‑519/08, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:269, Rn. 101).

61

Was insbesondere den Effektivitätsgrundsatz betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass die in Rede stehende nationale Verfahrensvorschrift unter Berücksichtigung ihrer Stellung im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen ist. Dabei sind gegebenenfalls die Grundsätze zu berücksichtigen, die dem nationalen Rechtsschutzsystem zugrunde liegen, wie z. B. der Schutz der Verteidigungsrechte, der Grundsatz der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäße Ablauf des Verfahrens (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. September 2011, Rosado Santana, C‑177/10, EU:C:2011:557, Rn. 92).

62

Im vorliegenden Fall steht fest, dass das mit dem Rechtsstreit über den Missbrauch aufeinanderfolgender befristeter Verträge befasste nationale Gericht nach den anwendbaren nationalen Verfahrensvorschriften nicht über eine mögliche Schadensersatzklage des in Rede stehenden Arbeitnehmers entscheiden kann.

63

Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang zwar entschieden, dass eine nationale Regelung, die die Befugnis einer unabhängigen Verwaltungsbehörde zur etwaigen Umqualifizierung befristeter Arbeitsverträge in unbefristete Verträge vorsieht, diesen Anforderungen auf den ersten Blick zu genügen scheint (Urteil vom 23. April 2009, Angelidaki u. a., C‑378/07 bis C‑380/07, EU:C:2009:250, Rn. 175, und Beschluss vom 12. Juni 2008, Vassilakis u. a., C‑364/07, nicht veröffentlicht, EU:C:2008:346, Rn. 144). Allerdings steht die dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer obliegende Pflicht zur Erhebung einer neuen Klage – gegebenenfalls vor einem anderen Gericht – zur Festlegung der angemessenen Sanktion, wenn ein Missbrauch aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge gerichtlich festgestellt wurde, im Ergebnis nicht mit dem Effektivitätsgrundsatz in Einklang, da sich für diesen Arbeitnehmer daraus zwangsläufig prozedurale Unannehmlichkeiten, u. a. im Hinblick auf die Kosten, die Dauer und die Vertretungsregeln, ergeben.

64

Daher ist auf die dritte Frage zu antworten, dass die Bestimmungen der Rahmenvereinbarung in Verbindung mit dem Effektivitätsgrundsatz dahin auszulegen sind, dass sie nationalen Verfahrensregeln entgegenstehen, die den befristet beschäftigten Arbeitnehmer verpflichten, eine neue Klage zur Festlegung der angemessenen Sanktion zu erheben, wenn ein missbräuchlicher Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge gerichtlich festgestellt wurde, da sich für diesen Arbeitnehmer daraus prozessuale Unannehmlichkeiten, u. a. im Hinblick auf die Kosten, die Dauer und die Vertretungsregeln, ergeben, die die Ausübung der ihm durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte übermäßig erschweren.

Kosten

65

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Paragraf 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 18. März 1999, die im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge enthalten ist, ist dahin auszulegen, dass er der Anwendung einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden durch die nationalen Gerichte des betreffenden Mitgliedstaats entgegensteht, der zufolge bei einem Missbrauch aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge Personen, die von einer Behörde aufgrund eines dem Arbeitsrecht unterliegenden Arbeitsvertrags beschäftigt werden, ein Anspruch auf Aufrechterhaltung ihres Arbeitsverhältnisses eingeräumt wird, dieser Anspruch dem von dieser Behörde nach dem Verwaltungsrecht beschäftigten Personal aber generell nicht zuerkannt wird, es sei denn, es gibt in der nationalen Rechtsordnung eine andere wirksame Maßnahme für die Ahndung solcher Missbräuche gegenüber diesem Personal, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen sein wird.

 

2.

Die Bestimmungen der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70 sind in Verbindung mit dem Effektivitätsgrundsatz dahin auszulegen, dass sie nationalen Verfahrensregeln entgegenstehen, die den befristet beschäftigten Arbeitnehmer verpflichten, eine neue Klage zur Festlegung der angemessenen Sanktion zu erheben, wenn ein missbräuchlicher Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge gerichtlich festgestellt wurde, da sich für diesen Arbeitnehmer daraus prozessuale Unannehmlichkeiten, u. a. im Hinblick auf die Kosten, die Dauer und die Vertretungsregeln, ergeben, die die Ausübung der ihm durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte übermäßig erschweren.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Spanisch.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen