Urteil vom Europäischer Gerichtshof - T-340/14

URTEIL DES GERICHTS (Neunte erweiterte Kammer)

15. September 2016 ( *1 )

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik — Restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in der Ukraine — Einfrieren von Geldern — Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren werden — Aufnahme des Namens des Klägers — Verteidigungsrechte — Begründungspflicht — Rechtsgrundlage — Anspruch auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz — Nichtbeachtung der Kriterien für die Aufnahme in die Liste — Offensichtlicher Beurteilungsfehler — Eigentumsrecht — Recht auf den guten Ruf“

In der Rechtssache T‑340/14

Andriy Klyuyev, wohnhaft in Donetsk (Ukraine), Prozessbevollmächtigte: B. Kennelly und J. Pobjoy, Barristers, sowie R. Gherson und T. Garner, Solicitors,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch Á. de Elera-San Miguel Hurtado und J.-P. Hix als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Europäische Kommission, vertreten durch D. Gauci und T. Scharf als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

wegen eines auf Art. 263 AEUV gestützten Antrags auf Nichtigerklärung zum einen des Beschlusses 2014/119/GASP des Rates vom 5. März 2014 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2014, L 66, S. 26) und der Verordnung (EU) Nr. 208/2014 des Rates vom 5. März 2014 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2014, L 66, S. 1), und zum anderen des Beschlusses (GASP) 2015/364 des Rates vom 5. März 2015 zur Änderung des Beschlusses 2014/119 (ABl. 2015, L 62, S. 25) und der Durchführungsverordnung (EU) 2015/357 des Rates vom 5. März 2015 zur Durchführung der Verordnung Nr. 208/2014 (ABl. 2015, L 62, S. 1), soweit der Name des Klägers in die Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, die diesen restriktiven Maßnahmen unterliegen, aufgenommen oder in ihr belassen wurde, hilfsweise, wegen eines Antrags auf Feststellung, dass Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2014/119 in der Fassung des Beschlusses (GASP) 2015/143 des Rates vom 29. Januar 2015 (ABl. 2015, L 24, S. 16) und Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 208/2014 in der Fassung der Verordnung (EU) 2015/138 des Rates vom 29. Januar 2015 (ABl. 2015, L 24, S. 1) auf den Kläger nicht anwendbar sind,

erlässt

DAS GERICHT (Neunte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis (Berichterstatter), des Richters O. Czúcz, der Richterin I. Pelikánová sowie der Richter A. Popescu und E. Buttigieg,

Kanzler: G. Predonzani, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2016

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1

Der Kläger, Herr Andriy Klyuyev, ist der ehemalige Leiter des ukrainischen Präsidialamtes.

2

Die vorliegende Rechtssache fügt sich in den Rahmen der restriktiven Maßnahmen ein, die angesichts der Lage in der Ukraine nach der Unterdrückung der Demonstrationen auf dem Platz der Unabhängigkeit in Kiew (Ukraine) vom Februar 2014 ergriffen wurden.

3

Am 5. März 2014 erließ der Rat der Europäischen Union auf der Grundlage von Art. 29 EUV den Beschluss 2014/119/GASP über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2014, L 66, S. 26). Am selben Tag erließ der Rat auf der Grundlage von Art. 215 Abs. 2 AEUV die Verordnung (EU) Nr. 208/2014 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (ABl. 2014, L 66, S. 1).

4

Im zweiten Erwägungsgrund des Beschlusses 2014/119 heißt es:

„Der Rat hat am 3. März 2014 beschlossen, im Hinblick auf die Stärkung und Unterstützung der Rechtsstaatlichkeit sowie die Achtung der Menschenrechte in der Ukraine restriktive Maßnahmen für das Einfrieren und die Einziehung von Vermögenswerten auf Personen, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich identifiziert wurden, sowie auf für Menschenrechtsverletzungen verantwortliche Personen zu konzentrieren.“

5

Art. 1 Abs. 1 und 2 des Beschlusses 2014/119 bestimmt:

„(1)   Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Besitz oder im Eigentum der Personen, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich identifiziert wurden, sowie der für Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine verantwortlichen Personen und der mit ihnen verbundenen, in der Liste im Anhang aufgeführten, natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen stehen oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, werden eingefroren.

(2)   Den im Anhang aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen dürfen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen.“

6

Die Modalitäten des Einfrierens werden in den weiteren Absätzen dieses Artikels festgelegt.

7

Die Verordnung Nr. 208/2014 schreibt gemäß dem Beschluss 2014/119 den Erlass von Maßnahmen zum Einfrieren von Geldern vor und regelt die Modalitäten hierfür mit im Wesentlichen demselben Wortlaut wie der genannte Beschluss.

8

Die Namen der Personen, auf die der Beschluss 2014/119 und die Verordnung Nr. 208/2014 (im Folgenden zusammen als Rechtsakte vom März 2014 bezeichnet) anwendbar sind, stehen auf der für beide Rechtsakte identischen Liste, die sich im Anhang des Beschlusses 2014/119 und im Anhang I der Verordnung Nr. 208/2014 findet und in der die Gründe für die Eintragung angegeben werden.

9

Der Name des Klägers wurde mit der Identifizierungsinformation „ehemaliger Leiter des ukrainischen Präsidialamtes“ und folgender Begründung in die Liste aufgenommen:

„Person ist in der Ukraine Gegenstand strafrechtlicher Verfolgung zur Untersuchung von Straftaten im Zusammenhang mit der Veruntreuung öffentlicher Gelder der Ukraine und des illegalen Transfers dieser Gelder in das Ausland.“

10

Am 6. März 2014 veröffentlichte der Rat im Amtsblatt der Europäischen Union eine Mitteilung an die Personen, die den restriktiven Maßnahmen nach den Rechtsakten vom März 2014 unterliegen (ABl. 2014, C 66, S. 1). Nach dieser Mitteilung „[können d]ie betroffenen Personen … beim Rat unter Vorlage von entsprechenden Nachweisen beantragen, dass der Beschluss, sie in die Liste aufzunehmen, überprüft wird“.

11

In einem Schriftwechsel im Jahr 2014 widersprach der Kläger der Begründung für die Aufnahme seines Namens in die Liste und ersuchte den Rat um ihre Überprüfung und um Zugang zu den Informationen und Beweisen, auf die die Aufnahme gestützt war.

12

Der Rat führte auf den Überprüfungsantrag des Klägers hin aus, dass nach seiner Meinung die restriktiven Maßnahmen gegen ihn aus den in der Begründung der Rechtsakte vom März 2014 dargelegten Gründen nach wie vor gerechtfertigt seien. Ferner übersandte er ihm auf sein Ersuchen um Zugang zu den Akten mehrere Schriftstücke aus diesen Akten, darunter Dokumente der ukrainischen Behörden vom 3. März 2014 (im Folgenden: Schreiben vom 3. März 2014), vom 8. Juli 2014 und vom 10. Oktober 2014 (im Folgenden: Schreiben vom 10. Oktober 2014).

13

Am 29. Januar 2015 erließ der Rat den Beschluss (GASP) 2015/143 zur Änderung des Beschlusses 2014/119 (ABl. 2015, L 24, S. 16) und die Verordnung (EU) 2015/138 zur Änderung der Verordnung Nr. 208/2014 (ABl. 2015, L 24, S. 1) (im Folgenden zusammen als Rechtsakte vom Januar 2015 bezeichnet).

14

Mit dem Beschluss 2015/143 wurden mit Wirkung ab dem 31. Januar 2015 die Benennungskriterien für die vom Einfrieren von Geldern betroffenen Personen präzisiert. Dabei wurde Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2014/119 durch folgenden Text ersetzt:

„(1)   Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Besitz oder im Eigentum der Personen, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich identifiziert wurden, sowie der für Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine verantwortlichen Personen und der mit ihnen verbundenen, in der Liste im Anhang aufgeführten, natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen stehen oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, werden eingefroren.

Für die Zwecke dieses Beschlusses zählen zu Personen, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich erklärt wurden, Personen, die Gegenstand von Untersuchungen der ukrainischen Behörden sind

a)

wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Vermögenswerte der Ukraine oder wegen Beihilfe hierzu oder

b)

wegen Amtsmissbrauchs als Inhaber eines öffentlichen Amtes, um sich selbst oder einer dritten Partei einen ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen und wodurch ein Verlust staatlicher Gelder oder Vermögenswerte der Ukraine verursacht wird, oder wegen Beihilfe hierzu.“

15

Die Verordnung 2015/138 änderte die Verordnung Nr. 208/2014 nach Maßgabe des Beschlusses 2015/143.

16

Der Rat teilte dem Kläger mit Schreiben vom 2. Februar 2015 mit, dass er beabsichtige, die gegen ihn ergriffenen restriktiven Maßnahmen beizubehalten, übersandte ihm ein Dokument der ukrainischen Behörden vom 30. Dezember 2014 (im Folgenden: Schreiben vom 30. Dezember 2014) und informierte ihn über die Möglichkeit, Erklärungen abzugeben. Der Kläger ersuchte den Rat mit Schreiben vom 17. Februar 2015, seinen Standpunkt zu überprüfen und ihm gegebenenfalls die übrigen zur Rechtfertigung dieses Standpunkts herangezogenen Tatsachen zu nennen.

17

Am 5. März 2015 erließ der Rat den Beschluss (GASP) 2015/364 zur Änderung des Beschlusses 2014/119 (ABl. 2015, L 62, S. 25) und die Durchführungsverordnung (EU) 2015/357 zur Durchführung der Verordnung Nr. 208/2014 (ABl. 2015, L 62, S. 1) (im Folgenden zusammen als Rechtsakte vom März 2015 bezeichnet).

18

Art. 5 des Beschlusses 2014/119 wurde durch den Beschluss 2015/364 dahin gehend geändert, dass die restriktiven Maßnahmen gegen den Kläger bis zum 6. März 2016 verlängert wurden. Folglich wurde die Liste durch den Beschluss 2015/364 und die Durchführungsverordnung 2015/357 ersetzt.

19

Nach diesen Änderungen verblieb der Name des Klägers auf der Liste mit der Identifizierungsinformation „ehemaliger Leiter des ukrainischen Präsidialamtes“ und folgender neuer Begründung:

„Person ist Gegenstand strafrechtlicher Verfolgung seitens der ukrainischen Behörden wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Vermögenswerte und in Verbindung mit dem Amtsmissbrauch durch den Inhaber eines öffentlichen Amtes, um sich selbst oder einer dritten Partei einen ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen und wodurch der Verlust von öffentlichen Mitteln oder von Vermögenswerten der Ukraine verursacht wird.“

20

Der Beschluss 2014/119 und die Verordnung Nr. 208/2014 wurden letztmalig durch den Beschluss (GASP) 2016/318 des Rates vom 4. März 2016 zur Änderung des Beschlusses 2014/119 (ABl. 2016, L 60, S. 76) bzw. durch die Durchführungsverordnung (EU) 2016/311 des Rates vom 4. März 2016 zur Durchführung der Verordnung Nr. 208/2014 (ABl. 2016, L 60, S. 1) geändert.

21

Art. 5 des Beschlusses 2014/119 wurde durch den Beschluss 2016/318 dahin geändert, dass die restriktiven Maßnahmen gegen den Kläger bis zum 6. März 2017 verlängert wurden.

Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

22

Der Kläger hat mit Klageschrift, die am 15. Mai 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

23

Der Rat hat am 12. August 2014 die Klagebeantwortung eingereicht. Am selben Tag hat er mit einem Antrag auf vertrauliche Behandlung darum ersucht, den Inhalt eines Anhangs in öffentlich zugänglichen Unterlagen dieser Rechtssache nicht wiederzugeben.

24

Die Europäische Kommission hat mit Schriftsatz, der am 18. September 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen zu werden. Der Präsident der Neunten Kammer des Gerichts hat diesen Streitbeitritt mit Beschluss vom 6. November 2004 zugelassen. Die Kommission hat mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2014 auf die Einreichung eines Streithilfeschriftsatzes verzichtet.

25

Mit Schriftsatz, der am 30. September 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Ukraine ihre Zulassung in diesem Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates beantragt. Mit Schriftsatz, der am 24. Dezember 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Ukraine diesen Antrag zurückgenommen. Der Präsident der Neunten Kammer des Gerichts hat mit Beschluss vom 11. März 2015 die Streichung der Ukraine als Streithelferin verfügt.

26

Die Erwiderung bzw. die Gegenerwiderung sind vom Kläger am 31. Oktober 2014 und vom Rat am 18. Dezember 2014 eingereicht worden. Am selben Tag hat der Rat mit einem Antrag auf vertrauliche Behandlung darum ersucht, den Inhalt eines Anhangs in öffentlich zugänglichen Unterlagen dieser Rechtssache nicht wiederzugeben.

27

Der Kläger hat mit Schriftsatz, der am 15. Mai 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, seine Anträge dahin gehend angepasst, dass sie nunmehr auch auf die Nichtigerklärung des Beschlusses 2015/364 und der Durchführungsverordnung 2015/357, soweit sie ihn betreffen, gerichtet sind. Der Rat hat dazu fristgemäß Stellung genommen und ferner am 14. September 2015 mit einem Antrag auf vertrauliche Behandlung darum ersucht, den Inhalt bestimmter Anhänge in öffentlich zugänglichen Unterlagen dieser Rechtssache nicht wiederzugeben.

28

Das Gericht hat die Rechtssache auf Vorschlag der Neunten Kammer gemäß Art. 28 seiner Verfahrensordnung an einen erweiterten Spruchkörper verwiesen.

29

Das Gericht (Neunte erweiterte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

30

In der Sitzung vom 27. April 2016 haben die Verfahrensbeteiligten mündliche Ausführungen gemacht und Fragen des Gerichts beantwortet.

31

Der Kläger beantragt,

erstens den Beschluss 2014/119 und die Verordnung Nr. 208/2014 und zweitens den Beschluss 2015/364 und die Durchführungsverordnung 2015/357, soweit sie ihn betreffen, für nichtig zu erklären;

hilfsweise festzustellen, dass Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2014/119 in der Fassung des Beschlusses 2015/143 und Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 208/2014 in der Fassung der Verordnung 2015/138 auf ihn nicht anwendbar sind;

dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

32

Der Rat, unterstützt von der Kommission, beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise, für den Fall der teilweisen Nichtigerklärung der Rechtsakte vom März 2014 anzuordnen, dass die Wirkungen des Beschlusses 2014/119 dem Kläger gegenüber bis zum Wirksamwerden der teilweisen Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 208/2014 fortbestehen, und für den Fall der teilweisen Nichtigerklärung der Rechtsakte vom März 2015 anzuordnen, dass die Wirkungen des Beschlusses 2014/119 in der geänderten Fassung dem Kläger gegenüber bis zum Wirksamwerden der teilweisen Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 208/2014 in der durch die Durchführungsverordnung 2015/357 geänderten Fassung fortbestehen;

dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Rechtsakte vom März 2014 in ihrer ursprünglichen Fassung, soweit sie den Kläger betreffen

33

Der Kläger stützt seine Klage auf Nichtigerklärung der Rechtsakte vom März 2014 in ihrer ursprünglichen Fassung auf sechs Gründe: erstens fehlende Rechtsgrundlage, zweitens Verletzung der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz, drittens Begründungsmangel, viertens Verletzung des Eigentumsrechts und des Rechts auf den guten Ruf, fünftens Tatsachenirrtum und offensichtlicher Beurteilungsfehler und sechstens mangelnde Beweise.

34

Mit seinem fünften und sechsten Klagegrund, die als Erste zu prüfen sind, trägt der Kläger namentlich vor, dass die Entscheidung, restriktive Maßnahmen gegen ihn zu erlassen, nicht auf hinreichend gesicherte Tatsachen gestützt sei und dass dem Rat deshalb ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei.

35

Der Rat führt aus, in dem Schreiben vom 3. März 2014 heiße es, dass eine Untersuchung wegen der Beteiligung des Klägers an der Veruntreuung beträchtlicher öffentlicher Vermögenswerte und dem später erfolgten illegalen Transfer in das Ausland eingeleitet worden sei, was der in den Rechtsakten vom März 2014 gegebenen Begründung entspreche. Zudem bestätige das Dokument vom 8. Juli 2014 (siehe oben, Rn. 12), dass gegen den Kläger, der der Veruntreuung öffentlicher Gelder in beträchtlicher Höhe verdächtigt werde, in der Ukraine eine Voruntersuchung eingeleitet worden sei.

36

Dazu ist zu bemerken, dass der Rat zwar in Bezug auf die allgemeinen Kriterien, die beim Erlass restriktiver Maßnahmen anzuwenden sind, über ein weites Ermessen verfügt. Die durch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierte Wirksamkeit der gerichtlichen Kontrolle erfordert jedoch, dass sich der Unionsrichter bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Begründung der Entscheidung, den Namen einer bestimmten Person in die Liste der restriktiven Maßnahmen unterliegenden Personen aufzunehmen oder darin zu belassen, vergewissert, dass diese Entscheidung, die eine individuelle Betroffenheit dieser Person begründet, auf einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage beruht. Dies setzt eine Überprüfung der der Begründung dieser Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen voraus, so dass sich die gerichtliche Kontrolle nicht nur auf die Beurteilung der abstrakten Wahrscheinlichkeit der angeführten Gründe, sondern auch auf die Frage erstreckt, ob diese Gründe – oder zumindest einer von ihnen, der für sich genommen als ausreichend angesehen wird, um die betreffende Entscheidung zu stützen – hinreichend genau und konkret belegt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. April 2015, Anbouba/Rat, C‑605/13 P, EU:C:2015:248, Rn. 41 und 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37

Was den vorliegenden Fall betrifft, besagt das in Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2014/119 aufgestellte Kriterium, dass restriktive Maßnahmen gegen Personen ergehen, die als für die Veruntreuung öffentlicher Vermögenswerte verantwortlich identifiziert wurden. Aus dem zweiten Erwägungsgrund dieses Beschlusses geht weiter hervor, dass der Rat diese Maßnahmen „im Hinblick auf die Stärkung und Unterstützung der Rechtsstaatlichkeit … in der Ukraine“ erlassen hat.

38

Der Name des Klägers wurde mit folgender Begründung in die Liste aufgenommen: „Person ist in der Ukraine Gegenstand strafrechtlicher Verfolgung zur Untersuchung von Straftaten im Zusammenhang mit der Veruntreuung öffentlicher Gelder der Ukraine und des illegalen Transfers dieser Gelder in das Ausland.“

39

Zur Begründung der Aufnahme des Klägers in die Liste beruft sich der Rat auf das Schreiben vom 3. März 2014. Im ersten Teil dieses Schreibens heißt es, dass die „ukrainischen Strafverfolgungsbehörden“ eine Reihe von Strafverfahren eingeleitet hätten, um wegen Straftaten zu ermitteln, die durch ehemalige hohe Beamte begangen worden seien, zu denen der Kläger gehöre. In dem Schreiben heißt es weiter allgemein, diese Ermittlungen hätten es „ermöglicht, die Veruntreuung öffentlicher Gelder in beträchtlicher Höhe und den später erfolgten illegalen Transfer in das Ausland zu belegen“.

40

Unstreitig wurde der Kläger allein auf dieser Grundlage „als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich“ im Sinne des Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2014/119 identifiziert. Das Schreiben vom 3. März 2014 ist nämlich das einzige unter den vom Rat im vorliegenden Verfahren eingereichten Beweismitteln, das aus der Zeit vor Erlass der Rechtsakte vom März 2014 stammt. Deshalb ist deren Rechtmäßigkeit ausschließlich anhand dieses Beweismittels zu prüfen.

41

Dieses Schreiben stammt zwar von einer hohen Justizbehörde eines Drittlands, enthält aber nur eine allgemeine und vage Behauptung, die den Namen des Klägers wie auch die Namen anderer ehemaliger hoher Amtsträger mit einem Ermittlungsverfahren in Verbindung bringt, in dem Handlungen festgestellt worden sein sollen, die eine Veruntreuung öffentlicher Gelder darstellen. Dieses Schreiben enthält keine genauen Angaben hinsichtlich der Feststellung der Handlungen, die im Zuge der von den ukrainischen Behörden geführten Ermittlungen geprüft werden sollten, und erst recht keine Angaben zu einer – zumindest mutmaßlichen – entsprechenden individuellen Verantwortung des Klägers (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Januar 2016, Azarov/Rat, T‑332/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:48, Rn. 46, vgl. auch entsprechend Urteil vom 26. Oktober 2015, Portnov/Rat, T‑290/14, EU:T:2015:806, Rn. 43 und 44).

42

Anders als in der Rechtssache, in der das Urteil vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat (T‑256/11, EU:T:2014:93, Rn. 57 bis 61), ergangen ist, das im Rechtsmittelverfahren durch Urteil vom 5. März 2015, Ezz u. a./Rat (C‑220/14 P, EU:C:2015:147), bestätigt wurde – die beide vom Rat im vorliegenden Verfahren angeführt worden sind –, verfügte dieser hier zum einen aber über keine Informationen zu dem Sachverhalt oder dem Verhalten, das die ukrainischen Behörden dem Kläger konkret vorwarfen, und zum anderen stellte das Schreiben vom 3. März 2014, auch wenn man es in seinem Kontext betrachtet, keine hinreichend gesicherte tatsächliche Grundlage im Sinne der oben in Rn. 36 angeführten Rechtsprechung dar, um den Namen des Klägers in die Liste mit der Begründung aufnehmen zu können, dass er „als verantwortlich“ für die Veruntreuung öffentlicher Gelder identifiziert worden sei (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Oktober 2015, Portnov/Rat, T‑290/14, EU:T:2015:806, Rn. 46 bis 48).

43

Unabhängig von dem Stadium, in dem sich das angeblich gegen den Kläger eingeleitete Verfahren befand, durfte der Rat keine restriktiven Maßnahmen gegen ihn erlassen, ohne die als Veruntreuung staatlicher Mittel gewerteten Handlungen, die die ukrainischen Behörden dem Kläger konkret zur Last legten, zu kennen. Denn nur bei Kenntnis dieser Handlungen hätte der Rat feststellen können, ob sie möglicherweise als Veruntreuung öffentlicher Mittel einzustufen waren und die Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine gefährdeten, die – wie oben in Rn. 37 ausgeführt – mit dem Erlass der in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen gestärkt und unterstützt werden sollte (Urteile vom 28. Januar 2016, Klyuyev/Rat, T‑341/14, EU:T:2016:47, Rn. 50, und vom 28. Januar 2016, Azarov/Rat, T‑331/14, EU:T:2016:49, Rn. 55).

44

Im Übrigen ist es im Streitfall Sache der zuständigen Unionsbehörde, die Stichhaltigkeit der gegen die betroffene Person angeführten Begründung nachzuweisen, und nicht Sache der betroffenen Person, den Negativbeweis der fehlenden Stichhaltigkeit dieser Begründung zu erbringen (Urteile vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 120 und 121, und vom 28. November 2013, Rat/Fulmen und Mahmoudian, C‑280/12 P, EU:C:2013:775, Rn. 65 und 66).

45

Aus diesen Gründen stützt sich die Aufnahme des Namens des Klägers in die Liste nicht auf eine hinreichend gesicherte tatsächliche Grundlage und garantiert somit nicht die Beachtung der im Beschluss 2014/119 aufgestellten Kriterien für die Benennung der von den restriktiven Maßnahmen betroffenen Personen.

46

Im Übrigen bestand diese rechtswidrige Situation bis zum Inkrafttreten der Rechtsakte vom März 2015 fort, welche die Liste durch eine neue Liste ersetzt und die Begründung für die Aufnahme des Klägers geändert haben.

47

Aufgrund dieser Feststellung erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag des Klägers, die Aufnahme seines Namens in die Liste durch die Rechtsakte vom März 2014 für den Zeitraum vom 31. Januar 2015 bis zum 6. März 2015, d. h. vom Inkrafttreten der Rechtsakte vom Januar 2015 bis zum Inkrafttreten der Rechtsakte vom März 2015, für nichtig zu erklären. Denn aufgrund der Nichtigerklärung der Rechtsakte vom März 2014, soweit sie den Kläger betreffen, ist dieser während dieses Zeitraums nicht als von den restriktiven Maßnahmen betroffen anzusehen.

48

Folglich ist dem fünften und dem sechsten Klagegrund stattzugeben und der Beschluss 2014/119 in seiner ursprünglichen Fassung für nichtig zu erklären, soweit er den Kläger betrifft, ohne dass über die anderen Klagegründe entschieden zu werden braucht.

49

Als Folge der Nichtigerklärung des Beschlusses 2014/119 ist auch die Verordnung Nr. 208/2014 in ihrer ursprünglichen Fassung, die gemäß Art. 215 Abs. 2 AEUV einen nach Titel V Kapitel 2 des EU-Vertrags erlassenen Beschluss voraussetzt, für nichtig zu erklären, soweit sie den Kläger betrifft.

Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Rechtsakte vom März 2014 in der Fassung der Rechtsakte vom Januar und vom März 2015, soweit sie den Kläger betreffen

50

Im Schriftsatz zur Anpassung seiner Anträge hat der Kläger seine Klage dahin erweitert, dass sie auch gegen die Rechtsakte vom März 2015 gerichtet ist, soweit sie ihn betreffen.

51

Der Kläger stützt seinen Antrag auf Nichtigerklärung der Rechtsakte vom März 2014 in der Fassung der Rechtsakte vom Januar und vom März 2015 auf sieben Gründe: erstens fehlende Rechtsgrundlage, zweitens Nichtbeachtung der Aufnahmekriterien, drittens Verletzung der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz, viertens Begründungsmangel, fünftens Verletzung des Eigentumsrechts und des Rechts auf den guten Ruf, sechstens offensichtlicher Beurteilungsfehler und siebtens Rechtswidrigkeit der Aufnahmekriterien.

52

Erstens sind der dritte Klagegrund und zweitens der vierte Klagegrund zu prüfen, drittens sind der erste und der siebte Klagegrund zusammen, viertens der zweite und der sechste Klagegrund zusammen und schließlich der fünfte Klagegrund zu untersuchen.

Zum dritten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz

53

Mit dem dritten Klagegrund macht der Kläger geltend, der Rat habe seine Verteidigungsrechte und seinen Anspruch auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz dadurch verletzt, dass er keine Beweise und Informationen zur Begründung seiner Benennung beigebracht habe und außerdem die seine Benennung betreffenden Behauptungen nicht zügig und unparteiisch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers in seinem Schreiben vom 17. Februar 2015 geprüft habe.

54

Der Rat tritt, unterstützt von der Kommission, dem Vorbringen des Klägers entgegen.

55

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das Recht auf Achtung der Verteidigungsrechte – das in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte der Union niedergelegt ist, die nach dem EU-Vertrag den Verträgen rechtlich gleichwertig ist – den Anspruch auf rechtliches Gehör und das Recht auf Akteneinsicht umfasst, während der in Art. 47 der Charta verankerte Anspruch auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz verlangt, dass der Betroffene Kenntnis von den Gründen, auf denen die ihm gegenüber ergangene Entscheidung beruht, erlangen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 98 bis 100).

56

Folglich muss der Rat beim Erlass eines Beschlusses, durch den die Aufnahme einer Person, einer Organisation oder einer Einrichtung in die Liste der Personen, Organisationen oder Einrichtungen, gegen die restriktive Maßnahmen erlassen werden, beibehalten wird, das Recht dieser Person, Organisation oder Einrichtung auf vorherige Anhörung beachten, wenn er sich ihr gegenüber in dem Beschluss über die Beibehaltung der Aufnahme in die Liste auf neue Tatsachen stützt, d. h. auf Tatsachen, die im ursprünglichen Beschluss über die Aufnahme nicht genannt waren (Urteil vom 4. Juni 2014, Sina Bank/Rat, T‑67/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:348, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2011, Frankreich/People’s Mojahedin Organization of Iran, C‑27/09 P, EU:C:2011:853, Rn. 62).

57

Im vorliegenden Fall wird die Beibehaltung des Namens des Klägers in der Liste nach den Rechtsakten vom März 2015 auf das Schreiben vom 30. Dezember 2014 gestützt.

58

Der Rat hat dem Kläger vor Erlass des Beschlusses, durch den sein Name in der Liste belassen wurde, das Schreiben vom 30. Dezember 2014 übersandt (siehe oben, Rn. 16). Ferner teilte er ihm mit Schreiben vom 2. Februar 2015 mit, dass er beabsichtige, die gegen ihn ergriffenen restriktiven Maßnahmen beizubehalten, und informierte ihn über die Möglichkeit, Erklärungen abzugeben (siehe oben, Rn. 16).

59

Somit hatte der Kläger Zugang zu den Informationen und den Beweisen, die den Rat dazu veranlassten, die restriktiven Maßnahmen gegen ihn aufrechtzuerhalten, und konnte rechtzeitig dazu Stellung nehmen (siehe oben, Rn. 16).

60

Im Übrigen hat der Kläger nicht dargetan, dass die von ihm geltend gemachten Schwierigkeiten hinsichtlich der ihm gegebenen Informationen und der Zeit für die Beantwortung der Behauptungen des Rates ihn gehindert hätten, seine Anträge rechtzeitig anzupassen oder Argumente zu seiner Verteidigung vorzubringen.

61

Nach alledem war die Übermittlung der Beweismittel während des Verfahrens ausreichend, um die Ausübung der Verteidigungsrechte des Klägers und seines Anspruchs auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz zu gewährleisten.

62

Der dritte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

Zum vierten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht

63

Mit dem vierten Klagegrund macht der Kläger erstens geltend, die Begründung für die Beibehaltung seines Namens in der Liste enthalte keine Angaben über die Natur oder den Gegenstand des in Rede stehenden Strafverfahrens oder darüber, inwiefern dieses eine Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Vermögenswerte oder einen Amtsmissbrauch durch den Inhaber eines öffentlichen Amtes betreffe. Zweitens beschränke sich der Rat in dieser Begründung auf die wörtliche Wiedergabe der im Beschluss und in der Verordnung aufgestellten Benennungskriterien. Drittens könne dieser Mangel weder durch das Schreiben des Rates vom 2. Februar 2015 noch durch das Schreiben vom 30. Dezember 2014 noch durch das Schreiben des Rates vom 6. März 2015 behoben werden. Viertens wiege dieser Begründungsmangel besonders schwer angesichts der Rügen, die der Kläger im Verfahren erhoben habe, des langen Zeitraums, über den der Rat seit der ursprünglichen Aufnahme seines Namens für die Formulierung einer Begründung verfügt habe, und des Umstands, dass keinerlei Eilbedürftigkeit oder Gefahr der Verschleuderung der Vermögenswerte bestanden habe, da das Vermögen des Kläger bereits eingefroren gewesen sei.

64

Der Rat tritt, unterstützt von der Kommission, dem Vorbringen des Klägers entgegen.

65

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die nach Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen worden ist, angepasst sein muss. Sie muss die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass der Betroffene ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen kann und das zuständige Gericht seine Rechtmäßigkeitskontrolle durchführen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. Urteil vom 14. April 2016, Ben Ali/Rat, T‑200/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:216, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).

66

In der Begründung eines Rechtsakts brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung den Erfordernissen von Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte genügt, nicht nur im Hinblick auf den Wortlaut des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch im Hinblick auf dessen Kontext und sämtliche Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. Daher ist ein beschwerender Rechtsakt hinreichend begründet, wenn er in einem Zusammenhang ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihm gestattet, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen. Außerdem müssen die Anforderungen an die Genauigkeit, die an die Begründung eines Rechtsakts zu stellen sind, den tatsächlichen Möglichkeiten sowie den technischen und zeitlichen Bedingungen angepasst werden, unter denen der Rechtsakte ergeht (vgl. Urteil vom 14. April 2016, Ben Ali/Rat, T‑200/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:216, Rn. 95 und die dort angeführte Rechtsprechung).

67

Insbesondere darf die Begründung für eine Maßnahme des Einfrierens von Vermögenswerten grundsätzlich nicht aus einer allgemeinen und stereotypen Formulierung bestehen. Sie muss vielmehr unter den oben in Rn. 66 gemachten Einschränkungen die besonderen und konkreten Gründe enthalten, die den Rat zu der Annahme veranlasst haben, dass die einschlägigen Bestimmungen auf den Betroffenen anwendbar sind (vgl. Urteil vom 14. April 2016, Ben Ali/Rat, T‑200/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:216, Rn. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung).

68

In der vorliegenden Rechtssache werden in der durch die Rechtsakte vom März 2015 geänderten Begründung (siehe oben, Rn. 19) ebenso wie auch schon in der ursprünglichen Aufnahmebegründung die Tatsachen genannt, auf denen die Aufnahme des Klägers in die Liste beruht, nämlich insbesondere seine strafrechtliche Verfolgung durch die ukrainischen Behörden wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Vermögenswerte.

69

Zudem erfolgte die Aufrechterhaltung der Maßnahmen gegenüber dem Kläger in einem Zusammenhang, der ihm bekannt war, da er im Rahmen des Schriftwechsels in dieser Sache von dem Schreiben vom 30. Dezember 2014 Kenntnis genommen hatte, auf das der Rat die Beibehaltung der gegen ihn ergriffenen restriktiven Maßnahmen stützte und in dem er genauere Angaben zur Aufnahme seines Namens in die Liste machte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. November 2012, Rat/Bamba, C‑417/11 P, EU:C:2012:718, Rn. 53 und 54 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 6. September 2013, Bank Melli Iran/Rat, T‑35/10 und T‑7/11, EU:T:2013:397, Rn. 88), wobei er namentlich die dem Kläger zur Last gelegten Handlungen genau beschrieb.

70

Was ferner die angeblich stereotype Formulierung der Aufnahmebegründung angeht, so werden dort zwar die gleichen Erwägungen angeführt wie die, auf die die restriktiven Maßnahmen gegen die übrigen in die Liste aufgenommenen natürlichen Personen gestützt wurden, doch sollen diese Erwägungen die konkrete Situation des Klägers umreißen, gegen den, wie gegen andere, nach den Angaben des Rates gerichtliche Verfahren im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder in der Ukraine anhängig waren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat, T‑256/11, EU:T:2014:93, Rn. 115).

71

Nach alledem geben die Rechtsakte vom März 2014 in der Fassung der Rechtsakte vom Januar und vom März 2015 rechtlich ausreichend die rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten wieder, auf denen sie dem Rat zufolge beruhen.

72

Der vierte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

Zum ersten und zum siebten Klagegrund, mit denen das Fehlen einer Rechtsgrundlage geltend gemacht und eine Einrede der Rechtswidrigkeit des Aufnahmekriteriums erhoben wird

73

Der erste Klagegrund geht dahin, dass Art. 29 EUV keine geeignete Rechtsgrundlage für den Erlass des Beschlusses gewesen sei, denn der Rat habe nicht nachgewiesen, dass er, der Kläger, die Rechtsstaatlichkeit oder die Menschenrechte in der Ukraine beeinträchtigt habe. Er habe sich vielmehr während der Ereignisse im Februar 2014 in Kiew für die friedliche Einigung der Konfliktparteien eingesetzt und die Verantwortung für die Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen zwischen der Ukraine und der Union getragen.

74

Aufgrund der jüngsten Entwicklungen in der Ukraine gebe es für ihn keine Garantie für ein faires Verfahren, und allgemeiner würden die Grundrechte nicht beachtet. Diese Entwicklungen bestätigten zudem, dass das neue Regime in der Ukraine selbst die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit beeinträchtige und die Menschenrechte offenkundig und systematisch verletze.

75

Schließlich folge aus der Rechtswidrigkeit des Beschlusses 2014/119, dass es für den Erlass einer Verordnung gemäß Art. 215 AEUV keine Grundlage gebe.

76

Der Kläger erhebt mit dem siebten Klagegrund, den er im Wesentlichen zur Stützung seines zweiten Antrags geltend macht, eine Einrede der Rechtswidrigkeit und führt aus, wenn das Aufnahmekriterium so weit auszulegen wäre, dass jede Untersuchung der ukrainischen Behörden darunter falle, unabhängig davon, ob sie aufgrund, unter Kontrolle oder im Rahmen einer gerichtlichen Entscheidung oder eines gerichtlichen Verfahrens durchgeführt werde, oder dass jeder Amtsmissbrauch eines Inhabers eines öffentlichen Amtes in der Absicht, sich einen ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen, unabhängig davon zu berücksichtigen wäre, ob die Behauptung einer Veruntreuung öffentlicher Mittel erhoben werde, so wäre dieses Kriterium willkürlich und ermangele einer angemessenen rechtlichen Grundlage oder sei im Hinblick auf die Ziele der Rechtsakte vom März 2014 unverhältnismäßig.

77

Der Rat tritt, unterstützt von der Kommission, dem Vorbringen des Klägers entgegen.

78

Somit ist zu prüfen, ob das in Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2014/119 in der Fassung des Beschlusses 2015/143 aufgestellte Aufnahmekriterium mit den Zielen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) in Einklang steht, und insbesondere, ob es im Hinblick auf diese Ziele verhältnismäßig ist.

79

Die die GASP betreffenden Ziele des EU-Vertrags werden in Art. 21 Abs. 2 Buchst. b EUV wie folgt beschrieben:

„Die Union legt die gemeinsame Politik sowie Maßnahmen fest, führt diese durch und setzt sich für ein hohes Maß an Zusammenarbeit auf allen Gebieten der internationalen Beziehungen ein, um … Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte und die Grundsätze des Völkerrechts zu festigen und zu fördern.“

80

Weiter heißt es im zweiten Erwägungsgrund des Beschlusses 2014/119:

„Der Rat hat am 3. März 2014 beschlossen, im Hinblick auf die Stärkung und Unterstützung der Rechtsstaatlichkeit sowie die Achtung der Menschenrechte in der Ukraine restriktive Maßnahmen für das Einfrieren und die Einziehung von Vermögenswerten auf Personen, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich identifiziert wurden, sowie auf für Menschenrechtsverletzungen verantwortliche Personen zu konzentrieren.“

81

Auf dieser Grundlage wurde in Art. 1 Abs. 1 Buchst. a des Beschlusses 2014/119 in der Fassung des Beschlusses 2015/143 folgendes Aufnahmekriterium aufgestellt:

„Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Besitz oder im Eigentum der Personen, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich identifiziert wurden, sowie der für Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine verantwortlichen Personen und der mit ihnen verbundenen, in der Liste im Anhang aufgeführten, natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen stehen oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, werden eingefroren.

Für die Zwecke dieses Beschlusses zählen zu Personen, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich erklärt wurden, Personen, die Gegenstand von Untersuchungen der ukrainischen Behörden sind:

a)

wegen Veruntreuung staatlicher Gelder oder Vermögenswerte der Ukraine, oder wegen Beihilfe hierzu …“

82

Schließlich lautete die Begründung für die Aufnahme des Namens des Klägers in die Liste im Anschluss an die Rechtsakte vom März 2015 wie folgt:

„Person ist Gegenstand strafrechtlicher Verfolgung seitens der ukrainischen Behörden wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Vermögenswerte und in Verbindung mit dem Amtsmissbrauch durch den Inhaber eines öffentlichen Amtes, um sich selbst oder einer dritten Partei einen ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen und wodurch der Verlust von öffentlichen Mitteln oder von Vermögenswerten der Ukraine verursacht wird.“

83

Vorab ist festzustellen, dass die restriktiven Maßnahmen gegen den Kläger, wie der Rat in seinen Schriftsätzen anerkannt hat, allein zu dem Zweck erlassen wurden, die Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine zu stärken und zu unterstützen. Folglich liegt das Argument des Klägers, dass das im Beschluss 2014/119 aufgestellte Aufnahmekriterium keine weiteren Ziele der GASP verfolge, neben der Sache.

84

Deshalb ist zu prüfen, ob das im Beschluss 2014/119 aufgestellte und durch den Beschluss 2015/143 geänderte Aufnahmekriterium, das Personen erfasst, die als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich identifiziert wurden, mit dem in demselben Beschluss genannten Ziel der Stärkung und Unterstützung der Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine in Einklang steht.

85

Nach der Rechtsprechung zu den restriktiven Maßnahmen betreffend die Situation in Tunesien und Ägypten können Ziele wie die in Art. 21 Abs. 2 Buchst. b und d EUV genannten durch das Einfrieren von Vermögenswerten erreicht werden, dessen Anwendungsbereich wie hier auf Personen beschränkt wird, die als für die Veruntreuung öffentlicher Gelder verantwortlich identifiziert wurden, sowie auf mit ihnen verbundene Personen, Organisationen und Einrichtungen, d. h. auf Personen, deren Handlungen das ordnungsgemäße Funktionieren der öffentlichen Einrichtungen und der zu ihnen gehörenden Stellen beeinträchtigt haben können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Mai 2013, Trabelsi u. a./Rat, T‑187/11, EU:T:2013:273, Rn. 92, vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat, T‑256/11, EU:T:2014:93, Rn. 44, und vom 14. April 2016, Ben Ali/Rat, T‑200/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:216, Rn. 68).

86

Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das Aufnahmekriterium zum einen, was den Kläger angeht, auf Straftaten der „Veruntreuung öffentlicher Gelder“ abstellt und sich zum anderen in einen im Beschluss 2014/119 klar definierten rechtlichen Rahmen einfügt und der Verfolgung des im zweiten Erwägungsgrund dieses Beschlusses angegebenen einschlägigen Ziels des EU-Vertrags dient, nämlich der Stärkung und Unterstützung der Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine.

87

Die Achtung der Rechtsstaatlichkeit ist, wie sich aus Art. 2 EUV und aus den Präambeln des EU-Vertrags und der Charta der Grundrechte ergibt, einer der grundlegenden Werte, auf denen die Union beruht. Sie ist zudem nach Art. 49 EUV eine Voraussetzung für den Beitritt zur Union. Der Begriff der Rechtsstaatlichkeit findet sich im Übrigen auch in der Präambel der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten.

88

In der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie den Arbeiten der Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht, einer Einrichtung des Europarats, findet sich eine nicht erschöpfende Aufzählung der Grundsätze und Normen, die die Rechtsstaatlichkeit ausmachen. Dazu gehören die Grundsätze der Rechtmäßigkeit, der Rechtssicherheit und des Verbots der Willkür der Exekutive; unabhängige und unparteiische Gerichte, eine wirksame gerichtliche Kontrolle einschließlich der Wahrung der Grundrechte sowie die Gleichheit vor dem Gesetz (vgl. dazu die Liste der Kriterien der Rechtsstaatlichkeit, die die Europäische Kommission für Demokratie durch Recht in ihrer 106. Vollsitzung am 11./12. März 2016 in Venedig verabschiedet hat). Ferner wird in bestimmten Rechtsakten im Zusammenhang mit dem auswärtigen Handeln der Union u. a. die Bekämpfung der Korruption als ein der Rechtsstaatlichkeit innewohnender Grundsatz genannt (vgl. z. B. die Verordnung [EG] Nr. 1638/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 2006 zur Festlegung allgemeiner Bestimmungen zur Schaffung eines Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments [ABl. 2006, L 310, S. 1]).

89

Zwar lässt sich nicht ausschließen, dass bestimmte Handlungen, die die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte betreffen, geeignet sind, die Rechtsstaatlichkeit zu beeinträchtigen; es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass jede in einem Drittland begangene Veruntreuung öffentlicher Vermögenswerte ein Eingreifen der Union im Rahmen ihrer Zuständigkeiten im Bereich der GASP mit dem Ziel einer Stärkung und Unterstützung der Rechtsstaatlichkeit in diesem Land rechtfertigt. Eine Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte kann ein Eingreifen der Union im Rahmen der GASP mit dem Ziel der Stärkung und Unterstützung der Rechtsstaatlichkeit in diesem Land nur dann rechtfertigen, wenn die streitigen Handlungen geeignet sind, die institutionellen und rechtlichen Grundlagen des betreffenden Landes zu beeinträchtigen.

90

In diesem Zusammenhang ist das Aufnahmekriterium nur insoweit als mit der Rechtsordnung der Union vereinbar anzusehen, als es so ausgelegt werden kann, dass es mit den Erfordernissen der von ihm zu beachtenden höherrangigen Normen, genauer mit dem Ziel der Stärkung und Unterstützung der Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine, in Einklang steht. Diese Auslegung ermöglicht es im Übrigen, dem weiten Ermessensspielraum Rechnung zu tragen, über den der Rat bei der Aufstellung der allgemeinen Aufnahmekriterien verfügt, und gewährleistet zugleich eine grundsätzlich umfassende Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Union im Hinblick auf die Grundrechte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2014, National Iranian Oil Company/Rat, T‑578/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:678, Rn. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung, in der Rechtsmittelinstanz bestätigt durch Urteil vom 1. März 2016, National Iranian Oil Company/Rat, C‑440/14 P, EU:C:2016:128).

91

Folglich ist dieses Kriterium dahin auszulegen, dass es nicht abstrakt jede Veruntreuung öffentlicher Vermögenswerte erfasst, sondern nur solche Veruntreuungen öffentlicher Gelder oder Vermögenswerte, die angesichts der Höhe oder der Natur der veruntreuten Gelder oder Vermögenswerte oder in Anbetracht der Tatumstände zumindest geeignet sind, die institutionellen und rechtlichen Grundlagen der Ukraine, namentlich die Grundsätze der Rechtmäßigkeit, des Verbots der Willkür der Exekutive, der wirksamen gerichtlichen Kontrolle und der Gleichheit vor dem Gesetz und letzten Endes die Achtung der Rechtsstaatlichkeit in diesem Land zu beeinträchtigen (siehe oben, Rn. 89). So ausgelegt steht das Aufnahmekriterium mit den einschlägigen Zielen des EU-Vertrags in Einklang und in einem angemessenen Verhältnis zu ihnen.

92

Dieses Ergebnis wird auch nicht durch die Behauptung des Klägers in Frage gestellt, dass es aufgrund der jüngsten Entwicklungen in der Ukraine für ihn keine Garantie für ein faires Verfahren gebe und dass seine Grundrechte nicht beachtet würden.

93

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Ukraine seit 1995 ein Mitgliedstaat des Europarats ist und die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ratifiziert hat und dass die neue ukrainische Regierung von der Union und von der internationalen Gemeinschaft als rechtmäßig anerkannt wurde. Dem Rat ist somit kein Fehler unterlaufen, als er sich auf die ihm von einer hohen gerichtlichen Instanz dieses Landes vorgelegten Beweise für die Einleitung eines Strafverfahrens gegen den Kläger wegen ihm vorgeworfener Veruntreuung staatlicher Gelder oder Vermögenswerte gestützt und dabei die Rechtmäßigkeit und die Legitimität der ukrainischen Regierung und Gerichtsbarkeit nicht in Zweifel gezogen hat.

94

Zwar lässt sich nicht ausschließen, dass der Rat die ihm gegebenen Informationen nachprüfen und gegebenenfalls zusätzliche Informationen oder Beweise anfordern muss, wenn der Kläger mögliche Beweise dafür beibringt, dass der ihm zur Last gelegte Sachverhalt offenkundig verfälscht oder entstellt worden ist.

95

Hier verweist der Kläger jedoch auf das Fehlen eines wirklichen Gerichtsverfahrens und äußert ganz allgemein Bedenken hinsichtlich der Legitimität der neuen ukrainischen Regierung und des unparteiischen Charakter der ukrainischen Gerichtsbarkeit.

96

Diese Umstände sind indessen nicht geeignet, die Stichhaltigkeit der gegen den Kläger erhobenen Beschuldigungen in Frage zu stellen, was im Rahmen des zweiten und des sechsten Klagegrundes untersucht werden wird. Sie reichen auch nicht als Nachweis dafür aus, dass die besondere Situation des Klägers durch die von ihm behaupteten Probleme der ukrainischen Gerichtsbarkeit in den gegen ihn eingeleiteten Verfahren, auf die der Erlass restriktiver Maßnahmen gegen ihn gestützt wurde, beeinträchtigt worden wäre. Deshalb war der Rat unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen nicht verpflichtet, die ihm von den ukrainischen Behörden vorgelegten Beweise einer weiteren Prüfung zu unterziehen.

97

Sollte im Übrigen die Untersuchung des Vorbringens des Klägers bedeuten, dass das Gericht über die Rechtmäßigkeit des Regierungswechsels in der Ukraine befinden und die Stichhaltigkeit der entsprechenden Beurteilungen der verschiedenen internationalen Stellen einschließlich der politischen Beurteilungen des Rates prüfen müsste, so ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Prüfung nicht zu der Kontrolle gehört, der das Gericht die im vorliegenden Verfahren in Rede stehenden Rechtsakte unterzieht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. April 2013, Gbagbo/Rat, T‑119/11, EU:T:2013:216, Rn. 75).

98

Das oben in Rn. 91 dargelegte Ergebnis wird auch nicht durch das in Form einer Einrede der Rechtswidrigkeit vorgebrachte Argument in Frage gestellt, dass das Aufnahmekriterium nicht so ausgelegt werden dürfe, dass auch solche Untersuchungen darunter fielen, die sich nicht in den Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens einfügten.

99

Zwar hat der Unionsrichter festgestellt, dass die Identifizierung einer Person als für eine Straftat verantwortlich nicht zwingend eine Verurteilung wegen dieser Straftat voraussetzt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. März 2015, Ezz u. a./Rat, C‑220/14 P, EU:C:2015:147, Rn. 71 und 72); im Streitfall ist es jedoch Sache der zuständigen Unionsbehörde, die Stichhaltigkeit der gegen die betroffene Person angeführten Begründung nachzuweisen, und nicht Sache der betroffenen Person, den Negativbeweis der fehlenden Stichhaltigkeit dieser Begründung zu erbringen (Urteile vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 120 und 121, und vom 28. November 2013, Rat/Fulmen und Mahmoudian, C‑280/12 P, EU:C:2013:775, Rn. 65 und 66).

100

Hier gestattete es das in den Rechtsakten vom März 2014 in der Fassung der Rechtsakte vom Januar 2015 enthaltene Aufnahmekriterium dem Rat schlicht, im Einklang mit dem Urteil vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat (T‑256/11, EU:T:2014:93), Untersuchungen wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder als einen Faktor zu berücksichtigen, der gegebenenfalls die Verhängung restriktiver Maßnahmen rechtfertigen konnte, unbeschadet des Umstands, dass nach der oben in Rn. 99 angeführten Rechtsprechung und der oben in den Rn. 78 bis 91 vorgenommenen Auslegung des Aufnahmekriteriums die bloße Tatsache, dass eine Person Gegenstand von Untersuchungen wegen Veruntreuung ist, das Eingreifen des Rates nach den Art. 21 und 29 EUV nicht rechtfertigen kann.

101

Aufgrund aller dieser Erwägungen kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass das in Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2014/119 aufgestellte Aufnahmekriterium mit den in Art. 21 EUV genannten Zielen der GASP in Einklang steht, soweit es die Personen erfasst, die als verantwortlich für eine Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine, die geeignet ist, die Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine zu beeinträchtigen, identifiziert wurden.

102

Das Gleiche gilt für den Antrag auf Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 208/2014. Diese schreibt das Einfrieren der Gelder durch einen gemäß Titel V Kapitel 2 des EU-Vertrags erlassenen Beschluss vor und ist demnach mit Art. 215 AEUV vereinbar, da ein gültiger Beschluss im Sinne dieses Artikels vorliegt.

103

Somit sind der erste und der siebte Klagegrund zurückzuweisen.

Zur gemeinsamen Prüfung des zweiten und des sechsten Klagegrundes, mit denen die Nichtbeachtung des Kriteriums für die Aufnahme in die Liste bzw. ein offensichtlicher Beurteilungsfehler geltend gemacht werden

104

Der Kläger bringt mit seinem zweiten und sechsten Klagegrund im Wesentlichen zwei Argumente vor.

105

Das erste Argument des Klägers geht dahin, dass bei der Aufnahme seines Namens in die Liste die Aufnahmekriterien nicht beachtet worden seien, denn nach dem Urteil vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat (T‑256/11, EU:T:2014:93), habe er nicht als für die ihm vorgeworfenen Straftaten „verantwortlich identifiziert w[e]rden“ können, da gegen ihn kein Strafverfahren und auch keine mit einem Strafverfahren zusammenhängende Untersuchung eingeleitet worden sei.

106

Mit dem zweiten Argument macht der Kläger geltend, dass die Aufnahme seines Namens in die Liste nicht auf einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage beruhe, da das einzige vom Rat zur Stützung der Rechtsakte vom März 2014 in der geänderten Fassung beigebrachte Beweismittel, nämlich das Schreiben vom 30. Dezember 2014, keine hinreichend gesicherte tatsächliche Grundlage im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung darstelle.

107

Der Rat tritt, unterstützt von der Kommission, dem Vorbringen des Klägers entgegen.

108

Vorab ist festzustellen, dass durch die Rechtsakte vom März 2015 gegen den Kläger mit Wirkung vom 7. März 2015 neue restriktive Maßnahmen aufgrund des Aufnahmekriteriums verhängt wurden, das in Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2014/119 aufgestellt und durch die Rechtsakte vom Januar 2015 „präzisiert“ worden war. Bei dem Beschluss 2015/364 handelt es sich nämlich nicht um einen bloß bestätigenden Rechtsakt, sondern um eine selbständige Entscheidung, die der Rat nach der durch Art. 5 Abs. 3 des Beschlusses 2014/119 vorgeschriebenen regelmäßigen Überprüfung erlassen hat.

109

Die Rechtmäßigkeit der Aufnahme des Namens des Klägers in die Liste durch die Rechtsakte vom März 2015 ist also zunächst anhand des in den Rechtsakten vom Januar 2015 präzisierten Aufnahmekriteriums, weiter anhand ihrer Begründung und schließlich anhand der Beweismittel, auf die sie gestützt wurde, zu prüfen.

110

Was zunächst das Aufnahmekriterium betrifft, so geht dieses in seiner durch die Rechtsakte vom Januar 2015 geänderten Fassung dahin, dass die fraglichen restriktiven Maßnahmen namentlich gegen Personen verhängt werden, die „als für die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte der Ukraine verantwortlich erklärt wurden“, wozu solche Personen zählen, die „Gegenstand von Untersuchungen der ukrainischen Behörden“ wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Vermögenswerte der Ukraine sind (siehe oben, Rn. 14). Außerdem ist dieses Kriterium, wie im Rahmen des ersten Klagegrundes ausgeführt worden ist, dahin zu verstehen, dass es nicht allgemein jede Veruntreuung öffentlicher Gelder erfasst, sondern vielmehr eine Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Vermögenswerte, die geeignet ist, die Achtung der Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine zu beeinträchtigen (siehe oben, Rn. 91).

111

Was weiter die Begründung für die Aufnahme des Namens des Klägers in die Liste betrifft, wo wurde er mit Wirkung vom 7. März 2015 in die Liste aufgenommen, weil er „Gegenstand strafrechtlicher Verfolgung seitens der ukrainischen Behörden wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder oder Vermögenswerte [ist] und in Verbindung mit dem Amtsmissbrauch durch den Inhaber eines öffentlichen Amtes, um sich selbst oder einer dritten Partei einen ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen und wodurch der Verlust von öffentlichen Mitteln oder von Vermögenswerten der Ukraine verursacht wird“ (siehe oben, Rn. 19).

112

Was schließlich die Beweismittel angeht, auf die die Aufnahme des Namens des Klägers in die Liste gestützt wurde, so ist, wie der Rat einräumt, die Stichhaltigkeit der geänderten Begründung für diese Aufnahme in erster Linie anhand des Schreibens vom 30. Dezember 2014 (siehe oben, Rn. 16) zu beurteilen, in dem der Fortgang der verschiedenen den Kläger betreffenden Untersuchungen beschrieben wurde.

113

In diesem Schreiben wurde namentlich auf eine Voruntersuchung im Rahmen des Strafverfahrens gegen den Kläger wegen Veruntreuung öffentlicher Vermögenswerte hingewiesen. Diese Voruntersuchung betraf genauer die Veruntreuung von Aktien einer staatlichen Gesellschaft und staatlicher Gelder.

114

Somit ist erstens festzustellen, dass dieses Schreiben, bei dem es sich um das Beweismittel handelt, auf das sich der Rat für den Erlass der Rechtsakte vom März 2015 stützte, einen ausreichenden Nachweis dafür erbringt, dass gegen den Kläger zur Zeit des Erlasses dieser Rechtsakte Strafverfahren wegen Veruntreuung staatlicher Gelder oder Vermögenswerte anhängig waren.

115

Zweitens ist zu prüfen, ob die Beibehaltung des Namens des Klägers in der Liste im Anschluss an die Rechtsakte vom März 2015 aufgrund der Anhängigkeit eines Strafverfahrens gegen ihn wegen dieser Straftaten dem Aufnahmekriterium genügt, wie es durch die Rechtsakte vom Januar 2015 präzisiert wurde und im Rahmen des ersten Klagegrundes ausgelegt worden ist (siehe oben, Rn. 110).

116

Angesichts der dem Kläger vorgeworfenen Straftaten, auf die im Schreiben vom 30. Dezember 2014 verwiesen wurde, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Verfolgung von Wirtschaftsverbrechen wie der Veruntreuung öffentlicher Vermögensgegenstände ein wesentliches Mittel zur Bekämpfung der Korruption ist und dass die Bekämpfung der Korruption im Zusammenhang mit dem äußeren Handeln der Union einen der Rechtsstaatlichkeit innewohnenden Grundsatz darstellt (siehe oben, Rn. 88).

117

Zum anderen sind die dem Kläger vorgeworfenen strafbaren Handlungen in einem breiteren Kontext zu sehen, der darin besteht, dass ein nicht unbedeutender Teil der früheren herrschenden Klasse der Ukraine in dem Verdacht steht, schwere Straftaten bei der Verwaltung der öffentlichen Mittel begangen und dadurch die institutionellen und rechtlichen Grundlagen des Landes ernsthaft in Gefahr gebracht zu haben und namentlich gegen die Grundsätze der Rechtmäßigkeit, des Verbots der Willkür der Exekutive, der wirksamen gerichtlichen Kontrolle und der Gleichheit vor dem Gesetz verstoßen zu haben (siehe oben, Rn. 89 bis 91). Dies tritt in der vorliegenden Rechtssache umso deutlicher zutage, als es um Handlungen geht, die dem ehemaligen Leiter des ukrainischen Präsidialamtes zur Last gelegt werden.

118

Folglich tragen die in Rede stehenden restriktiven Maßnahmen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der Ämter, die der Kläger innerhalb der früheren herrschenden Klasse in der Ukraine bekleidet hat, wirksam dazu bei, die Verfolgung der zum Schaden der ukrainischen Institutionen begangenen Straftaten der Veruntreuung öffentlicher Vermögenswerte zu erleichtern, und machen es für die ukrainischen Behörden einfacher, das durch solche Veruntreuungen Erlangte zurückzuerhalten. Dies erleichtert, wenn die gerichtlichen Ermittlungen erfolgreich sind, die gerichtliche Bestrafung der den Mitgliedern der früheren Regierung zur Last gelegten Korruptionshandlungen und trägt auf diese Weise zur Unterstützung der Rechtsstaatlichkeit in diesem Land bei (vgl. in diesem Sinne die oben in Rn. 85 angeführte Rechtsprechung).

119

Im Übrigen oblag es dem Rat, gestützt auf eine hinreichende tatsächliche Grundlage im Sinne der oben in Rn. 36 angeführten Rechtsprechung nachzuweisen, dass die die fragliche Person betreffende Begründung zutraf, unabhängig vom Stadium des Verfahrens nach der ukrainischen Strafprozessordnung und dem eventuellen Erlass von Sicherungsmaßnahmen durch die ukrainischen Behörden.

120

Zwar können die Einleitung eines Gerichtsverfahrens nach der ukrainischen Strafprozessordnung und der eventuelle Erlass von Sicherungsmaßnahmen auf nationaler Ebene wichtige Anhaltspunkte für den Nachweis der Tatsachen, die den Erlass restriktiver Maßnahmen auf der Ebene der Union rechtfertigen, und für die Beurteilung der Notwendigkeit des Erlasses dieser Maßnahmen zur Gewährleistung der Wirkungen der von den nationalen Behörden vorgenommenen Handlungen bilden. Der Erlass der restriktiven Maßnahmen fällt jedoch in die Zuständigkeit des Rates, der unter Berücksichtigung der Ziele der GASP und unabhängig von einem dahin gehenden Ersuchen der Behörden des betreffenden Drittstaats und jeder anderen von diesen auf nationaler Ebene getroffenen Maßnahme gestützt auf eine gesicherte tatsächliche Grundlage im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung (siehe oben, Rn. 36) eigenständig über die Notwendigkeit und die Zweckmäßigkeit des Erlasses derartiger Maßnahmen entscheidet.

121

Mit seinen Argumenten stellt der Kläger zudem weder das Vorliegen der Untersuchung durch die ukrainischen Behörden noch die Wahrscheinlichkeit der Handlungen, die ihren Gegenstand bilden und den Rat zum Erlass der fraglichen restriktiven Maßnahmen veranlasst haben, in Frage. Diese Argumente richten sich vielmehr gegen Modalitäten des Verfahrens, nämlich den Umstand, dass diese Untersuchung nicht im Rahmen eines wirklichen „gerichtlichen Verfahrens“ durchgeführt worden sei, und gegen die von den ukrainischen Behörden nach ukrainischem Strafrecht gegen den Kläger erhobenen Anklagen, wobei er namentlich geltend macht, die ihm vorgeworfenen Handlungen seien nicht betrügerisch oder unangebracht. Dies sind Fragen, die die Stichhaltigkeit dieser Behauptungen betreffen.

122

Insoweit hat der Rat nicht die Begründetheit der gegen den Kläger eingeleiteten Ermittlungen, sondern nur die Begründetheit des Beschlusses über das Einfrieren der Gelder im Hinblick auf die ihm vorgelegten Beweismittel zu überprüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. März 2015, Ezz u. a./Rat, C‑220/14 P, EU:C:2015:147, Rn. 77).

123

Zu den vom Kläger behaupteten Widersprüchen zwischen dem Schreiben vom 30. Dezember 2014 und der ihm am 23. Dezember 2014 von den ukrainischen Behörden übersandten „Mitteilung der Verdachtsmomente“ ist darauf hinzuweisen, dass in dem Schreiben vom 30. Dezember 2014 die Handlungen, die Gegenstand der verschiedenen gegen den Kläger eingeleiteten Untersuchungen sind, genau beschrieben werden. Die Unterschiede zwischen den beiden Dokumenten, auf die der Kläger hinweist, betreffen hauptsächlich die rechtliche Würdigung der beschriebenen Handlungen, namentlich die Verwendung der veruntreuten Gelder zu persönlichen Zwecken. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit der Begehung der Handlungen, die eine Veruntreuung staatlicher Mittel darstellen, nicht in Frage gestellt. Die Kenntnis dieser Handlungen, die nicht ernsthaft bestritten worden sind, hat dem Rat als ausreichende Grundlage für die Entscheidung dienen können, den Namen des Klägers in der Liste zu belassen.

124

Somit ergibt sich, dass die Aufnahme des Namens des Klägers in die Liste durch die Rechtsakte vom März 2015 aufgrund der im Schreiben vom 30. Dezember 2014 erbrachten Beweise dem Aufnahmekriterium entspricht, wie es durch die Rechtsakte vom Januar 2015 abgeändert und im Licht des mit ihm verfolgten Ziels der Stärkung und Unterstützung der Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine auszulegen ist.

125

Daher sind der zweite und der sechste Klagegrund zurückzuweisen.

Zum fünften Klagegrund, mit dem die Verletzung des Eigentumsrechts und des Rechts auf den guten Ruf geltend gemacht wird

126

Mit dem fünften Klagegrund trägt der Kläger zum einen vor, sein Name sei ohne Beachtung der angemessenen Garantien in die Liste aufgenommen worden, die es ihm ermöglicht hätten, sich gegenüber dem Rat zu verteidigen. Zum anderen rügt er die Unverhältnismäßigkeit der restriktiven Maßnahmen. Er führt dazu aus, in der Begründung für die Aufnahme in die Liste sei die Straftat des illegalen Transfers staatlicher Vermögenswerte der Ukraine ins Ausland nicht mehr aufgeführt, und der Rat habe nicht dargetan, dass das vollständige Einfrieren der Gelder – im Unterschied zu einem teilweisen Einfrieren – im vorliegenden Fall verhältnismäßig gewesen sei, denn das Einfrieren von Geldern in einer Höhe, die über den Wert der angeblich unrechtmäßig verwendeten Vermögensgegenstände hinausgehe, sei nicht gerechtfertigt.

127

Der Rat tritt, unterstützt von der Kommission, dem Vorbringen des Klägers entgegen.

128

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen des Klägers betreffend seine Verteidigungsrechte im Rahmen des dritten Klagegrundes zurückgewiesen worden ist (siehe oben, Rn. 53 bis 62).

129

Zurückzuweisen ist auch der Hinweis des Klägers darauf, dass in der Begründung für die Aufnahme in die Liste die Straftat des illegalen Transfers staatlicher Vermögenswerte der Ukraine ins Ausland nicht mehr aufgeführt war. Denn obwohl der illegale Transfer staatlicher Vermögenswerte ins Ausland in der durch die Rechtsakte vom März 2015 geänderten Begründung nicht mehr enthalten ist, genügt die Verweisung auf die Veruntreuung öffentlicher Vermögenswerte – wenn sie begründet ist – für sich allein zur Rechtfertigung der gegen den Kläger ergriffenen restriktiven Maßnahmen.

130

Zur Rüge der Unverhältnismäßigkeit der restriktiven Maßnahmen ist festzustellen, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als allgemeinem Grundsatz des Unionsrechts die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist. So ist, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen, und die verursachten Nachteile müssen in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (vgl. Urteil vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat, T‑256/11, EU:T:2014:93, Rn. 205 und die dort angeführte Rechtsprechung).

131

Im vorliegenden Fall ist das Eigentumsrecht des Klägers tatsächlich eingeschränkt, da er u. a. über seine im Unionsgebiet befindlichen Gelder nicht oder nur mit Sondergenehmigungen verfügen kann und ihm weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden können.

132

Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass, wie bereits im Rahmen des ersten, des zweiten, des sechsten und des siebten Klagegrundes festgestellt worden ist, das in Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses 2014/119 in der Fassung des Beschlusses 2015/143 aufgestellte Aufnahmekriterium mit den Zielen der GASP in Einklang steht und die Aufnahme des Namens des Klägers in die Liste dem Aufnahmekriterium entspricht (siehe oben, Rn. 79 bis 103 und 109 bis 124).

133

Zu dem Vorbringen des Klägers, dass ein Einfrieren von Geldern in einer Höhe, die über den Wert der angeblich unrechtmäßig verwendeten Vermögensgegenstände, wie er sich aus den dem Rat vorliegenden Informationen ergebe, hinausgehe, nicht gerechtfertigt sei, ist weiter zu bemerken, dass die in dem Schreiben vom 30. Dezember 2014 genannten Zahlen nur den Wert der angeblich unrechtmäßig verwendeten Vermögensgegenstände angeben und dass es in der Praxis äußert schwierig oder ganz unmöglich ist, die eingefrorenen Gelder der Höhe nach zu begrenzen.

134

Im Übrigen sind die mit den restriktiven Maßnahmen verbundenen Nachteile im Hinblick auf die verfolgten Ziele nicht unverhältnismäßig, da diese Maßnahmen ihrer Natur nach befristet und reversibel sind und daher den „Wesensgehalt“ des Eigentumsrechts nicht antasten und ferner eine Ausnahme davon gemacht werden kann, um die Grundbedürfnisse, die Gerichtskosten oder auch die außergewöhnlichen Kosten der betroffenen Personen zu decken (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2014, Ezz u. a./Rat, T‑256/11, EU:T:2014:93, Rn. 209).

135

Was schließlich das Vorbringen betreffend die Verletzung des Rechts auf den guten Ruf betrifft, hat der Rat durch den Erlass der restriktiven Maßnahmen gegen den Kläger kein Urteil über dessen Schuld für die ihm vorgeworfenen Handlungen gefällt. Soweit der Erlass dieser Maßnahmen geeignet ist, den Kläger in ein schlechtes Licht zu rücken und Misstrauen gegen ihn zu wecken und folglich seinen guten Ruf zu beschädigen, sind diese Wirkungen, wie sich aus Rn. 118 ergibt, gegenüber den verfolgten Zielen jedenfalls nicht unverhältnismäßig.

136

Deshalb ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen, mit der Folge, dass die Klage insgesamt abzuweisen ist, soweit sie auf die Nichtigerklärung der Beibehaltung des Namens des Klägers in der Liste durch die Rechtsakte vom März 2015 gerichtet ist.

Zur Aufrechterhaltung der Wirkungen des Beschlusses 2014/119

137

Der Rat beantragt, hilfsweise, für den Fall, dass das Gericht die Rechtsakte vom März 2014 teilweise für nichtig erklärt, aus Gründen der Rechtssicherheit festzustellen, dass die Wirkungen des Beschlusses 2014/119 bis zum Wirksamwerden der teilweisen Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 208/2014 fortbestehen. Er beantragt ferner für den Fall, dass das Gericht die Rechtsakte vom März 2015 teilweise für nichtig erklärt, festzustellen, dass die Wirkungen des Beschlusses 2014/119 in der geänderten Fassung bis zum Wirksamwerden der teilweisen Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 208/2014 in der Fassung der Durchführungsverordnung 2015/357 fortbestehen.

138

Der Kläger widersetzt sich dem Antrag des Rates.

139

Das Gericht hat den Beschluss 2014/119 und die Verordnung Nr. 208/2014 in ihren ursprünglichen Fassungen für nichtig erklärt, soweit sie den Kläger betreffen, und die Klage insoweit abgewiesen, als sie gegen die Rechtsakte vom März 2015, soweit sie den Kläger betreffen, gerichtet ist.

140

Wie oben in Rn. 108 festgestellt worden ist, handelt es sich bei dem Beschluss 2015/364 nicht um einen bloß bestätigenden Rechtsakt, sondern um eine selbständige Entscheidung, die der Rat nach der durch Art. 5 Abs. 3 des Beschlusses 2014/119 vorgeschriebenen regelmäßigen Überprüfung erlassen hat. Deshalb führt die Nichtigerklärung der Rechtsakte vom März 2014, soweit sie den Kläger betreffen, zwar zur Nichtigerklärung der Aufnahme seines Namens in die Liste für die Zeit vor dem Inkrafttreten der Rechtsakte vom März 2015, sie kann aber nicht die Rechtmäßigkeit dieser Aufnahme für die Zeit danach in Frage stellen.

141

Folglich erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag des Rates auf Aufrechterhaltung der Wirkungen des Beschlusses 2014/119.

Kosten

142

Wenn mehrere Parteien unterliegen, entscheidet das Gericht nach Art. 134 Abs. 2 der Verfahrensordnung über die Verteilung der Kosten.

143

Da im vorliegenden Fall der Rat in Bezug auf den in der Klageschrift gestellten Antrag auf Nichtigerklärung unterlegen ist, sind ihm entsprechend dem Antrag des Klägers die Kosten aufzuerlegen, die mit diesem Antrag auf Nichtigerklärung zusammenhängen. Da der Kläger in Bezug auf den im Schriftsatz zur Anpassung der Klageanträge gestellten Antrag auf Nichtigerklärung unterlegen ist, sind ihm entsprechend dem Antrag des Rates die mit diesem Antrag auf Nichtigerklärung zusammenhängenden Kosten aufzuerlegen.

144

Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Kommission trägt daher ihre eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Der Beschluss 2014/119/GASP des Rates vom 5. März 2014 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine und die Verordnung (EU) Nr. 208/2014 des Rates vom 5. März 2014 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine werden in ihrer ursprünglichen Fassung insoweit für nichtig erklärt, als der Name von Andriy Klyuyev in die Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, die diesen restriktiven Maßnahmen unterliegen, aufgenommen wurde, und zwar bis zum Inkrafttreten des Beschlusses (GASP) 2015/364 des Rates vom 5. März 2015 zur Änderung des Beschlusses 2014/119 sowie der Durchführungsverordnung (EU) 2015/357 des Rates vom 5. März 2015 zur Durchführung der Verordnung Nr. 208/2014.

 

2.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

 

3.

Der Rat der Europäischen Union trägt außer seinen eigenen Kosten die Kosten von Herrn Klyuyev, soweit diese mit dem in der Klageschrift gestellten Antrag auf Nichtigerklärung zusammenhängen.

 

4.

Herr Klyuyev trägt außer seinen eigenen Kosten die Kosten des Rates, soweit diese mit dem im Schriftsatz zur Anpassung der Klageanträge gestellten Antrag auf Nichtigerklärung zusammenhängen.

 

5.

Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

 

Berardis

Czúcz

Pelikánová

Popescu

Buttigieg

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. September 2016.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis

 

Vorgeschichte des Rechtsstreits

 

Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

 

Rechtliche Würdigung

 

Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Rechtsakte vom März 2014 in ihrer ursprünglichen Fassung, soweit sie den Kläger betreffen

 

Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Rechtsakte vom März 2014 in der Fassung der Rechtsakte vom Januar und vom März 2015, soweit sie den Kläger betreffen

 

Zum dritten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte und des Anspruchs auf wirksamen gerichtlichen Rechtsschutz

 

Zum vierten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht

 

Zum ersten und zum siebten Klagegrund, mit denen das Fehlen einer Rechtsgrundlage geltend gemacht und eine Einrede der Rechtswidrigkeit des Aufnahmekriteriums erhoben wird

 

Zur gemeinsamen Prüfung des zweiten und des sechsten Klagegrundes, mit denen die Nichtbeachtung des Kriteriums für die Aufnahme in die Liste bzw. ein offensichtlicher Beurteilungsfehler geltend gemacht werden

 

Zum fünften Klagegrund, mit dem die Verletzung des Eigentumsrechts und des Rechts auf den guten Ruf geltend gemacht wird

 

Zur Aufrechterhaltung der Wirkungen des Beschlusses 2014/119

 

Kosten


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

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Referenzen

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