Urteil vom Europäischer Gerichtshof - C-119/15

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

21. Dezember 2016 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Richtlinie 93/13/EWG — Richtlinie 2009/22/EG — Verbraucherschutz — Erga-omnes-Wirkung missbräuchlicher Klauseln, die in einem öffentlichen Register aufgeführt sind — Geldbuße, die gegen einen Gewerbetreibenden wegen der Verwendung einer Klausel verhängt wurde, die als mit der in diesem Register eingetragenen Klausel gleichwertig angesehen wird — Gewerbetreibender, der nicht an dem Verfahren beteiligt war, das zur Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel geführt hat — Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union — Begriff ‚einzelstaatliches Gericht, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können‘“

In der Rechtssache C‑119/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sąd Apelacyjny w Warszawie (Berufungsgericht Warschau, Polen) mit Entscheidung vom 19. November 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 9. März 2015, in dem Verfahren

Biuro podróży „Partner“ sp. z o.o. sp.k. w Dąbrowie Górniczej

gegen

Prezes Urzędu Ochrony Konkurencji i Konsumentów

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça, der Richterin M. Berger sowie der Richter A. Borg Barthet, E. Levits (Berichterstatter) und F. Biltgen,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. März 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Biuro podróży „Partner“ sp. z o.o. sp.k. w Dąbrowie Górniczej, vertreten durch I. Bryła-Rokicka, Rechtsberaterin,

des Prezes Urzędu Ochrony Konkurencji i Konsumentów, vertreten durch D. Sprzączkowska, Rechtsberaterin,

der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, M. Nowak und M. Kamejsza als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Goddin, A. Szmytkowska und D. Roussanov als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 2. Juni 2016

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29) in Verbindung mit Art. 1 und 2 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. 2009, L 110, S. 30) sowie von Art. 267 AEUV.

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Biuro podróży „Partner“ sp. z o.o. sp.k. w Dąbrowie Górniczej (im Folgenden: Biuro Partner) und dem Prezes Urząd Ochrony Konkurencji i Konsumentów (Präsident des Amts für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz, Polen). Gegenstand dieses Rechtsstreits ist die Verwendung von Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die im nationalen Register der unzulässigen AGB-Bestimmungen eingetragen sind, durch Biuro Partner.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 93/13 bestimmt:

„Der Anhang [dieser Richtlinie] enthält eine als Hinweis dienende und nicht erschöpfende Liste der Klauseln, die für missbräuchlich erklärt werden können.“

4

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 lautet:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.“

5

Art. 7 der Richtlinie 93/13 bestimmt:

„(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Mittel müssen auch Rechtsvorschriften einschließen, wonach Personen oder Organisationen, die nach dem innerstaatlichen Recht ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben, im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen können, damit diese darüber entscheiden, ob Vertragsklauseln, die im Hinblick auf eine allgemeine Verwendung abgefasst wurden, missbräuchlich sind, und angemessene und wirksame Mittel anwenden, um der Verwendung solcher Klauseln ein Ende zu setzen.

(3)   Die in Absatz 2 genannten Rechtsmittel können sich unter Beachtung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften getrennt oder gemeinsam gegen mehrere Gewerbetreibende desselben Wirtschaftssektors oder ihre Verbände richten, die gleiche allgemeine Vertragsklauseln oder ähnliche Klauseln verwenden oder deren Verwendung empfehlen.“

6

Art. 8 der Richtlinie 93/13 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten können auf dem durch diese Richtlinie geregelten Gebiet mit dem Vertrag vereinbare strengere Bestimmungen erlassen, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher zu gewährleisten.“

7

Die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13 und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 304, S. 64) änderte die Richtlinie 93/13 dahin ab, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, die Europäische Kommission über die Annahme spezifischer innerstaatlicher Vorschriften in bestimmten Bereichen zu informieren.

8

In Art. 8a der Richtlinie 93/13, der durch die Richtlinie 2011/83 mit Wirkung zum 13. Juni 2014 eingefügt wurde, heißt es:

„(1)   Erlässt ein Mitgliedstaat Vorschriften nach Artikel 8, so setzt er die Kommission hiervon sowie von allen nachfolgenden Änderungen in Kenntnis, insbesondere wenn diese Vorschriften:

Listen mit Vertragsklauseln, die als missbräuchlich gelten, enthalten.

(2)   Die Kommission stellt sicher, dass die in Absatz 1 genannten Informationen den Verbrauchern und den Unternehmern leicht zugänglich sind, u. a. auf einer speziellen Webseite.

…“

9

Art. 1 der Richtlinie 2009/22 legt deren Geltungsbereich wie folgt fest:

„(1)   Ziel dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Unterlassungsklagen im Sinne des Artikels 2 zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher, die unter die in Anhang I aufgeführten Richtlinien fallen, um so das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten.

(2)   Ein Verstoß im Sinne dieser Richtlinie ist jede Handlung, die den in Anhang I aufgeführten Richtlinien in der in die innerstaatliche Rechtsordnung der Mitgliedstaaten umgesetzten Form zuwiderläuft und die in Absatz 1 genannten Kollektivinteressen der Verbraucher beeinträchtigt.“

10

In Art. 2 („Unterlassungsklagen“) der Richtlinie heißt es:

„(1)   Die Mitgliedstaaten bestimmen die zuständigen Gerichte oder Verwaltungsbehörden für die Entscheidung über die von qualifizierten Einrichtungen im Sinne des Artikels 3 eingelegten Rechtsbehelfe, die auf Folgendes abzielen können:

a)

eine mit aller gebotenen Eile und gegebenenfalls im Rahmen eines Dringlichkeitsverfahrens ergehende Anordnung der Einstellung oder des Verbots eines Verstoßes;

b)

gegebenenfalls Maßnahmen wie die Veröffentlichung der Entscheidung im vollen Wortlaut oder in Auszügen in der für angemessen erachteten Form und/oder die Veröffentlichung einer Richtigstellung, um die fortdauernde Wirkung des Verstoßes abzustellen;

…“

11

Die Richtlinie 93/13 ist in Nr. 5 des Anhangs I („Liste der Richtlinien nach Artikel 1“) der Richtlinie 2009/22 aufgeführt.

Polnisches Recht

Wettbewerbs- und Verbraucherschutzgesetz

12

Art. 24 des Ustawa o ochronie konkurencji i konsumentów (Wettbewerbs- und Verbraucherschutzgesetz) vom 16. Februar 2007 (Dz. U. Nr. 50, Pos. 331) in der auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: Wettbewerbs- und Verbraucherschutzgesetz) bestimmt:

„(1)   Die Verwendung von Praktiken, die die Kollektivinteressen der Verbraucher beeinträchtigen, ist verboten.

(2)   Eine Praktik, die die Kollektivinteressen der Verbraucher beeinträchtigt, ist jedes rechtswidrige Verhalten eines Gewerbetreibenden, das diese Interessen gefährdet, insbesondere:

1.

die Verwendung von Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen, die in das Register der für unzulässig erklärten Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen eingetragen sind, das in Art. 47945 des Ustawa – Kodeks postępowania cywilnego [(Gesetz über die Zivilprozessordnung)] vom 17. November 1964 (Dz. U. Nr. 43, Pos. 296, mit Änderungen) genannt ist.

…“

13

In Art. 106 des Wettbewerbs- und Verbraucherschutzgesetzes heißt es:

„(1)   Der Präsident des Amts für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz kann dem Gewerbetreibenden durch Beschluss eine Geldbuße auferlegen, die höchstens 10 % des Umsatzes betragen darf, der in dem Geschäftsjahr erzielt wurde, das dem Erlass der Geldbuße vorausgeht, wenn der Gewerbetreibende mit oder ohne Vorsatz

4.

eine Praktik verwendet hat, die die Kollektivinteressen der Verbraucher im Sinne von Art. 24 beeinträchtigt.

…“

Zivilprozessordnung

14

Die Art. 3981, 3983, 3989, 47942, 47943 und 47945 des Gesetzes über die Zivilprozessordnung vom 17. November 1964 bestimmen in der auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: Zivilprozessordnung):

„Art. 3981

(1)   Gegen das endgültige Urteil oder gegen den Beschluss, mit dem der Antrag abgelehnt oder die verfahrensbeendende Erledigung festgestellt wird, kann in einer von einem zweitinstanzlichen Gericht stammenden Rechtssache beim Sąd Najwyższy [(Oberstes Gericht, Polen)] von einer Partei, vom Prokurator Generalny [(Generalstaatsanwalt)], vom Rzecznik Praw Obywatelskich [(Beauftragter für Bürgerrechte)] oder vom Rzecznik Praw Dziecka [(Beauftragter für Kinderrechte)] eine Kassationsbeschwerde eingelegt werden, sofern nicht eine besondere Vorschrift etwas anderes bestimmt.

Art. 3983

(1)   Eine Partei kann aus den folgenden Gründen Kassationsbeschwerde erheben:

1.

Verstoß gegen materielles Recht durch seine fehlerhafte Auslegung oder Anwendung.

2.

Verstoß gegen Verfahrensvorschriften, wenn er einen erheblichen Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens haben konnte.

Art. 3989

(1)   Das Sąd Najwyższy [(Oberstes Gericht)] stellt die Zulässigkeit der Kassationsbeschwerde fest, wenn

1.

die Rechtssache eine wesentliche Rechtsfrage betrifft,

2.

es erforderlich ist, rechtliche Bestimmungen auszulegen, die ernste Zweifel hervorrufen oder in der Rechtsprechung zu unterschiedlichen Auffassungen führen,

3.

das Verfahren nichtig ist oder

4.

die Kassationsbeschwerde offensichtlich begründet ist.

(2)   Das Sąd Najwyższy [(Oberstes Gericht)] entscheidet unter Ausschluss der Öffentlichkeit über die Zulässigkeit der Kassationsbeschwerde. Seine Entscheidung bedarf keiner schriftlichen Begründung.

Art. 47942

§ 1   Wird der Klage stattgegeben, so führt das Gericht den Inhalt der für unzulässig erklärten Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen im Tenor an und untersagt deren Anwendung.

Art. 47943

Das rechtskräftige Urteil wirkt gegenüber Dritten, nachdem die für unzulässig erklärte Bestimmung in allgemeinen Geschäftsbedingungen in das in Art. 47945 § 2 genannte Register eingetragen worden ist.

Art. 47945

§ 1   Eine Abschrift des rechtskräftigen Urteils, mit dem der Klage stattgegeben wird, übersendet das Gericht an den Präsidenten des Amts für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz.

§ 2   Der Präsident des Amts für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz führt aufgrund der in § 1 genannten Urteile ein Register der für unzulässig erklärten Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen.

§ 3   Das in § 2 genannte Register ist öffentlich.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

15

Biuro Partner ist eine polnische Gesellschaft, die im Bereich der Tourismusdienstleistungen tätig ist.

16

Mit Entscheidung vom 22. November 2011 stellte der Präsident des Amts für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz fest, dass Biuro Partner Klauseln verwendet habe, die Klauseln entsprächen, die in Verfahren gegen andere Gewerbetreibende für unzulässig erklärt worden und in das nationale Register der unzulässigen Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen eingetragen worden seien. Nach Ansicht des Präsidenten des Amts für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz schädigten diese von Biuro Partner verwendeten Klauseln die Kollektivinteressen der Verbraucher und rechtfertigten die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von 21127 polnischen Zloty (PLN) (etwa 6400 Euro).

17

Die HK Zakład Usługowo Handlowy „Partner“ sp. z o.o., Rechtsvorgängerin von Biuro Partner, bestritt, dass die von ihr verwendeten Klauseln den im Register eingetragenen Klauseln entsprächen.

18

Mit Urteil vom 19. November 2013 wies das Sąd Okręgowy w Warszawie – Sąd Ochrony Konkurencji i Konsumentów (Bezirksgericht Warschau – Kammer für Wettbewerbs- und Verbraucherschutzsachen, Polen) die von Biuro Partner gegen die genannte Entscheidung des Präsidenten des Amts für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz erhobene Klage ab und schloss sich dessen Entscheidung an, dass sich die verglichenen Klauseln entsprächen.

19

Gegen dieses Urteil legte Biuro Partner beim Sąd Apelacyjny w Warszawie (Berufungsgericht Warschau, Polen) Berufung ein.

20

Das Berufungsgericht hegt Zweifel daran, wie die Richtlinien 93/13 und 2009/22 auszulegen sind. In diesem Zusammenhang bezieht es sich auf das Urteil vom 26. April 2012, Invitel (C‑472/10, EU:C:2012:242), in dem der Gerichtshof im Wesentlichen entschieden hat, dass die Wirkung einer Gerichtsentscheidung, mit der die Unzulässigkeit missbräuchlicher Klauseln festgestellt wird, auf alle Verbraucher ausgeweitet werden kann, die einen Vertrag mit dem gleichen Gewerbetreibenden abgeschlossen haben, der dieselben Klauseln enthält, ohne dass sie Partei des gegen diesen Gewerbetreibenden gerichteten Verfahrens sind. Die Zweifel des Berufungsgerichts beziehen sich insbesondere auf die Frage, ob dies auch für Verbraucher gilt, die einen Vertrag, der dieselben Klauseln enthält, mit einem anderen Gewerbetreibenden geschlossen haben, der nicht an dem Verfahren beteiligt war, das zur Feststellung der Missbräuchlichkeit der betreffenden Klauseln geführt hat.

21

Unter diesen Umständen hat das Sąd Apelacyjny w Warszawie (Berufungsgericht Warschau) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Kann im Licht von Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 der Richtlinie 93/13 in Verbindung mit den Art. 1 und 2 der Richtlinie 2009/22 die Verwendung von Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen, die inhaltlich mit Klauseln übereinstimmen, die durch ein rechtskräftiges Gerichtsurteil für unzulässig erklärt und in das Register der für unzulässig erklärten Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen eingetragen worden sind, in Bezug auf einen Gewerbetreibenden, der nicht an dem Verfahren beteiligt war, das zur Eintragung in das Register der für unzulässig erklärten Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen führte, als rechtswidrige Handlung angesehen werden, die im Licht des nationalen Rechts eine die Kollektivinteressen der Verbraucher verletzende Verhaltensweise darstellt und aus diesem Grund zur Auferlegung einer Geldbuße in einem nationalen Verwaltungsverfahren berechtigt?

2.

Ist im Licht von Art. 267 Abs. 3 AEUV das zweitinstanzliche Gericht, gegen dessen Berufungsentscheidung die Kassationsbeschwerde, wie sie die polnische Zivilprozessordnung vorsieht, gegeben ist, ein Gericht, dessen Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, oder ist der Sąd Najwyższy (Oberstes Gericht), der zur Entscheidung über die Kassationsbeschwerde berufen ist, ein solches Gericht?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

22

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 der Richtlinie 93/13 in Verbindung mit den Art. 1 und 2 der Richtlinie 2009/22 dahin auszulegen sind, dass sie es verbieten, die Verwendung von Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen, die inhaltlich mit Klauseln übereinstimmen, die durch eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung für unzulässig erklärt und in ein nationales Register der für unzulässig erklärten Bestimmungen eingetragen worden sind, in Bezug auf einen Gewerbetreibenden, der nicht an dem Verfahren beteiligt war, das zur Eintragung dieser Klauseln in das genannte Register führte, als rechtswidrige Handlung anzusehen, die zur Auferlegung einer Geldbuße berechtigt.

23

Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass sowohl das vorlegende Gericht als auch die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen Zweifel daran geäußert haben, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und insbesondere deren Art. 47 vereinbar ist, da dem Gewerbetreibenden nach dieser Regelung die Möglichkeit genommen werde, Argumente dafür darzulegen, dass die fraglichen AGB-Bestimmungen nicht missbräuchlich seien, und ihm somit sein Recht auf rechtliches Gehör genommen werde.

24

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen, jedoch nicht außerhalb dieser Fallgestaltungen Anwendung finden (Urteil vom 26. Februar 2013, Åkerberg Fransson, C‑617/10, EU:C:2013:105, Rn. 19).

25

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Unterlagen, die dem Gerichtshof vorliegen, dass mit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung die Richtlinien 93/13 und 2009/22 umgesetzt wurden. Die Geldbuße, die auf der Grundlage dieser Regelung gegen Biuro Partner verhängte wurde, stellt somit eine Durchführung dieser Richtlinien dar. Folglich sind die in der Unionsrechtsordnung garantierten Grundrechte zu wahren.

26

Da es in den Richtlinien 93/13 und 2009/22 keine Bestimmung gibt, die ein System des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes für den Gewerbetreibenden ausdrücklich vorsieht, sind diese Richtlinien im Licht von Art. 47 der Charta auszulegen.

27

Daraus folgt, dass die Auslegung der Richtlinien 93/13 und 2009/22 im Licht von Art. 47 der Charta der Tatsache Rechnung tragen muss, dass jeder Person, deren durch das Unionsrecht gewährleistete Rechte verletzt werden können, ein wirksamer gerichtlicher Rechtsbehelf zusteht. Jedoch sind nicht nur Verbraucher betroffen, die geltend machen, dass sie durch eine missbräuchliche Klausel eines mit einem Gewerbetreibenden geschlossenen Vertrags benachteiligt seien, sondern auch ein Gewerbetreibender wie Biuro Partner, der geltend macht, dass die streitige Vertragsklausel nicht bereits deswegen als unzulässig angesehen und mit einer Geldbuße geahndet werden dürfe, weil eine entsprechende Klausel in das nationale Register der unzulässigen Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen eingetragen worden sei, ohne dass er an dem Verfahren beteiligt gewesen sei, das zur Aufnahme dieser Klausel in das Register geführt habe.

28

Abgesehen davon ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung das mit der Richtlinie 93/13 geschaffene Schutzsystem auf der Annahme beruht, dass sich der Verbraucher gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet und einen geringeren Informationsstand besitzt (Urteil vom 29. Oktober 2015, BBVA, C‑8/14, EU:C:2015:731, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29

In Anbetracht dieser schwächeren Position sieht Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 vor, dass missbräuchliche Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sind. Es handelt sich um eine zwingende Bestimmung, die darauf abzielt, die formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und so deren Gleichheit wiederherzustellen (Urteil vom 29. Oktober 2015, BBVA, C‑8/14, EU:C:2015:731, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30

Angesichts der Art und Bedeutung des öffentlichen Interesses, auf dem der Schutz beruht, der Verbrauchern in einer solchen schwächeren Position gewährt wird, verpflichtet Art. 7 Abs. 1 dieser Richtlinie zudem die Mitgliedstaaten, angemessene und wirksame Mittel vorzusehen, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird (Urteil vom 21. Januar 2015, Unicaja Banco und Caixabank, C‑482/13, C‑484/13, C‑485/13 und C‑487/13, EU:C:2015:21, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31

Dieser Zweck, unzulässige Verhaltensweisen zu unterbinden, wird auch mit den Bestimmungen der Richtlinie 2009/22 verfolgt, die den durch die Richtlinie 93/13 angestrebten Verbraucherschutz um die Bereitstellung angemessener verfahrensrechtlicher Mittel bei Unterlassungsklagen ergänzt.

32

Der Gerichtshof hat die erste Frage des vorlegenden Gerichts in dem in den vorstehenden Randnummern dieses Urteils geschilderten Rahmen zu beantworten.

33

Hierzu ist festzustellen, dass sich aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte und insbesondere aus den Erklärungen der polnischen Regierung ergibt, dass die durch das polnische Recht eingesetzten Mittel, u. a. die Führung eines nationalen Registers der für unzulässig erklärten Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen, darauf abzielen, die Verpflichtungen zum Verbraucherschutz aus den Richtlinien 93/13 und 2009/22 aufs Beste zu erfüllen.

34

Dem vorlegenden Gericht zufolge dient das nationale Register drei Zielen im Hinblick auf die Erhöhung der Effektivität des Verbots missbräuchlicher Vertragsklauseln.

35

Zunächst soll dieses Register, das öffentlich ist und demzufolge von jedem Verbraucher oder Gewerbetreibenden eingesehen werden kann, den Umstand ausgleichen, dass es für andere Gewerbetreibende, die nicht den Anlass für die Aufnahme der betreffenden Klauseln in dieses Register gegeben haben, einfach ist, für unzulässig erklärte Klauseln zu verbreiten und zu vervielfältigen. Des Weiteren trägt es zur Transparenz des Verbraucherschutzsystems im polnischen Recht und damit zu der sich daraus ergebenden Rechtssicherheit bei. Schließlich stützt es das ordnungsgemäße Funktionieren des nationalen Rechtsschutzsystems, indem die Häufung von Gerichtsverfahren zu vergleichbaren Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen, die von diesen anderen Gewerbetreibenden benutzt werden, vermieden wird.

36

Erstens ist nicht zu bestreiten, dass die Einrichtung eines solchen Registers mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Aus den Bestimmungen der Richtlinie 93/13, insbesondere ihrem Art. 8 geht nämlich hervor, dass die Mitgliedstaaten Listen mit Vertragsklauseln einführen können, die als missbräuchlich gelten. Gemäß Art. 8a dieser Richtlinie in der durch die Richtlinie 2011/83 geänderten Fassung, der auf nach dem 13. Juni 2014 geschlossene Verträge anwendbar ist, sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Kommission von der Einführung solcher Listen in Kenntnis zu setzen. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass diese von den nationalen Stellen eingeführten Listen oder Register grundsätzlich dem Interesse des Verbraucherschutzes im Rahmen der Richtlinie 93/13 entsprechen.

37

Zweitens geht aus Art. 8 der Richtlinie 93/13 hervor, dass nicht nur die Einrichtung eines Registers wie des vom Amt für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz eingerichteten, sondern auch die Führung dieses Registers den Anforderungen dieser Richtlinie und, allgemeiner, des Unionsrechts entsprechen müssen.

38

In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass dieses Register nicht nur im Interesse der Verbraucher, sondern auch im Interesse der Gewerbetreibenden auf transparente Art und Weise zu führen ist. Dieses Erfordernis setzt u. a. voraus, dass es unabhängig von der Anzahl der darin enthaltenen Klauseln klar aufgebaut ist.

39

Des Weiteren müssen die Klauseln in diesem Register das Kriterium der Aktualität erfüllen, was voraussetzt, dass das Register sorgfältig auf dem neuesten Stand gehalten wird und dass in Beachtung des Grundsatzes der Rechtssicherheit die Klauseln, die dort nicht mehr stehen dürfen, unverzüglich aus dem Register entfernt werden.

40

Überdies muss in Anwendung des Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes der Gewerbetreibende, gegen den eine Geldbuße aufgrund der Verwendung einer Klausel verhängt wurde, die als mit einer in das betreffende Register eingetragenen Klausel gleichwertig angesehen wurde, u. a. über die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs gegen diese Sanktion verfügen. Dieser Rechtsbehelf muss sowohl die Beurteilung des als rechtswidrig angesehenen Verhaltens als auch die Höhe der von der zuständigen nationalen Stelle, hier das Amt für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz, festgesetzten Geldbuße umfassen können.

41

Was diese Beurteilung angeht, ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten, dass nach den polnischen Rechtsvorschriften die dem Gewerbetreibenden auferlegte Geldbuße auf der Feststellung beruht, dass die von ihm verwendete streitige Klausel mit einer AGB-Bestimmung gleichwertig ist, die für unzulässig erklärt wurde und im von diesem Amt geführten Register aufgeführt ist. Hierbei sieht die polnische Regelung vor, dass der Gewerbetreibende berechtigt ist, diese Gleichstellung vor einem Fachgericht anzufechten, nämlich vor dem Sąd Okręgowy w Warszawie – Sąd Ochrony Konkurencji i Konsumentów (Bezirksgericht Warschau – Kammer für Wettbewerbs- und Verbraucherschutzsachen). Dieses Gericht hat die besondere Aufgabe, AGB-Bestimmungen zu überprüfen und damit die Einheitlichkeit der Rechtsprechung auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes zu wahren.

42

Nach den Angaben, über die der Gerichtshof verfügt, beschränkt sich die Prüfung des zuständigen Gerichts nicht auf einen bloßen formalen Vergleich der geprüften Klauseln mit den im betreffenden Register eingetragenen Klauseln. Vielmehr bestehe diese Prüfung darin, den Inhalt der streitigen Klauseln zu würdigen, um zu bestimmen, ob sie unter Berücksichtigung sämtlicher für den jeweiligen Fall maßgeblicher Umstände insbesondere mit Blick auf die von ihnen hervorgerufenen Wirkungen inhaltlich mit den im Register eingetragenen übereinstimmten.

43

Nach den vorstehenden Erwägungen – wobei vom vorlegenden Gericht zu überprüfen ist, ob sie sachlich zutreffen – ist nicht davon auszugehen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende die Verteidigungsrechte des Gewerbetreibenden oder den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes missachtet.

44

Was die Höhe der verhängten Geldbuße angeht, die das Amt für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz festsetzt, ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dafür sorgen müssen, dass angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird.

45

Wenn hierzu auch festzustellen ist, dass die Festsetzung einer Geldbuße wegen der Verwendung einer als missbräuchlich eingestuften Klausel zweifellos ein Mittel darstellt, diese Verwendung zu beenden, so muss dieses Mittel dennoch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Daher müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass jeder Gewerbetreibende, der der Ansicht ist, dass die ihm auferlegte Geldbuße nicht diesem allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts entspricht, ein Rechtsmittel einlegen kann, um die Höhe dieser Geldbuße anzufechten.

46

Im Ausgangsverfahren wird das vorlegende Gericht zu prüfen haben, ob die fragliche polnische innerstaatliche Regelung dem Gewerbetreibenden, gegen den das Amt für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz eine Geldbuße verhängt hat, ein Rechtsmittel gewährt, um die Höhe dieser Geldbuße unter Geltendmachung eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anzufechten.

47

Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 der Richtlinie 93/13 in Verbindung mit den Art. 1 und 2 der Richtlinie 2009/22 sowie im Licht von Art. 47 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie es nicht verbieten, die Verwendung von Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen, die inhaltlich mit Klauseln übereinstimmen, die durch eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung für unzulässig erklärt und in ein nationales Register der für unzulässig erklärten Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen eingetragen worden sind, in Bezug auf einen Gewerbetreibenden, der nicht an dem Verfahren beteiligt war, das zur Eintragung der betreffenden Klauseln in dieses Register führte, als rechtswidrige Handlung anzusehen, sofern – was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist – diesem Gewerbetreibenden ein effektiver Rechtsbehelf zusteht, und zwar sowohl gegen die Entscheidung, mit der die Gleichwertigkeit der verglichenen Klauseln festgestellt wird, in Bezug auf die Frage, ob diese Klauseln unter Berücksichtigung sämtlicher für den jeweiligen Fall maßgeblichen Umstände, insbesondere im Hinblick auf die von ihnen zum Nachteil der Verbraucher hervorgerufenen Wirkungen, inhaltlich mit den im Register eingetragenen übereinstimmen, als auch gegen die Entscheidung, mit der gegebenenfalls die Höhe der verhängten Geldbuße festgesetzt wird.

Zur zweiten Frage

48

Die zweite Frage geht dahin, ob das vorlegende Gericht als ein „einzelstaatliche[s] Gericht …, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können“, im Sinne von Art. 267 Abs. 3 AEUV anzusehen ist.

49

Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass diese Frage im Hinblick darauf gestellt wird, dass die Einordnung der Kassationsbeschwerde als Rechtsmittel im Sinne von Art. 267 Abs. 3 AEUV auf nationaler Ebene umstritten ist.

50

In diesem Zusammenhang weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass jeder Verstoß gegen das Unionsrecht als Kassationsgrund im Sinne von Art. 3983 Abs. 1 der Zivilprozessordnung gelte. Es kommt unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu dem Schluss, dass es selbst nicht zu den Gerichten nach Art. 267 Abs. 3 AEUV gehöre, da seine Entscheidungen mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden könnten.

51

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass, wie die polnische Regierung und die Kommission angemerkt haben, der Gerichtshof in Rechtssachen, in denen es um nationale Rechtsbehelfe ging, die mit dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden vergleichbar waren, Gelegenheit hatte, den Begriff des „einzelstaatlichen Gericht[s] …, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können“, auszulegen.

52

In diesen Urteilen hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die Entscheidungen eines nationalen Rechtsmittelgerichts, die von den Parteien bei einem obersten Gericht angefochten werden können, nicht von einem „einzelstaatlichen Gericht …, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können“, wie es in Art. 267 AEUV heißt, stammen. Der Umstand, dass eine solche Anfechtung nur nach vorheriger Zulassungserklärung durch das oberste Gericht in der Sache geprüft werden kann, bewirkt nicht, dass den Parteien das Rechtsmittel entzogen wird (Urteil vom 16. Dezember 2008, Cartesio, C‑210/06, EU:C:2008:723, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

53

Des Weiteren hat der Gerichtshof klargestellt, dass dies umso mehr für ein Verfahren gilt, das lediglich Beschränkungen insbesondere hinsichtlich der Art der Rechtsmittelgründe, die vor diesem Gericht geltend gemacht werden können, vorsieht, nämlich, dass eine Rechtsverletzung gerügt werden muss (Urteil vom 16. Dezember 2008, Cartesio, C‑210/06, EU:C:2008:723, Rn. 77).

54

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung zu nationalen Rechtsbehelfssystemen, die mit dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden vergleichbar sind, ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 267 Abs. 3 AEUV dahin auszulegen ist, dass ein Gericht wie das vorlegende Gericht, dessen Entscheidungen, die im Rahmen eines Rechtsstreits wie dem des Ausgangsverfahrens ergehen, mit einer Kassationsbeschwerde angefochten werden können, nicht als „einzelstaatliche[s] Gericht …, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können“, anzusehen ist.

Kosten

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Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen in Verbindung mit den Art. 1 und 2 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen sowie im Licht von Art. 47 der Charta sind dahin auszulegen, dass sie es nicht verbieten, die Verwendung von Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen, die inhaltlich mit Klauseln übereinstimmen, die durch eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung für unzulässig erklärt und in ein nationales Register der für unzulässig erklärten Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen eingetragen worden sind, in Bezug auf einen Gewerbetreibenden, der nicht an dem Verfahren beteiligt war, das zur Eintragung der betreffenden Klauseln in dieses Register führte, als rechtswidrige Handlung anzusehen, sofern – was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist – diesem Gewerbetreibenden ein effektiver Rechtsbehelf zusteht, und zwar sowohl gegen die Entscheidung, mit der die Gleichwertigkeit der verglichenen Klauseln festgestellt wird, in Bezug auf die Frage, ob diese Klauseln unter Berücksichtigung sämtlicher für den jeweiligen Fall maßgeblichen Umstände, insbesondere im Hinblick auf die von ihnen zum Nachteil der Verbraucher hervorgerufenen Wirkungen, inhaltlich mit den im Register eingetragenen übereinstimmen, als auch gegen die Entscheidung, mit der gegebenenfalls die Höhe der verhängten Geldbuße festgesetzt wird.

 

2.

Art. 267 Abs. 3 AEUV ist dahin auszulegen, dass ein Gericht wie das vorlegende Gericht, dessen Entscheidungen, die im Rahmen eines Rechtsstreits wie dem des Ausgangsverfahrens ergehen, mit einer Kassationsbeschwerde angefochten werden können, nicht als „einzelstaatliche[s] Gericht …, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können“, anzusehen ist.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Polnisch.

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