Schlussantrag des Generalanwalts vom Europäischer Gerichtshof - C-228/16 P

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MELCHIOR WATHELET

vom 16. Februar 2017 ( 1 )

Rechtssache C‑228/16 P

Dimosia Epicheirisi Ilektrismou AE (DEI)

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel — Staatliche Beihilfen — Ablehnung des Erlasses einer Anordnung zur Aussetzung des Schiedsspruchs eines Schiedsgerichts bezüglich des von der Alouminion AE an DEI zu zahlenden Stromtarifs — Ablehnung der weiteren Prüfung einer Beschwerde der DEI über eine der Alouminion SA gewährte staatliche Beihilfe — Ermäßigte Stromtarife“

I. Einleitung

1.

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Dimosia Epicheirisi Ilektrismou AE (DEI) die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 9. Februar 2016, DEI/Kommission (T‑639/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:77, im Folgenden: angefochtener Beschluss), mit dem dieses entschied, dass ihre Klage auf Nichtigerklärung des Schreibens COMP/E3/ΟΝ/AB/ark *2014/61460 der Europäischen Kommission vom 12. Juni 2014 (im Folgenden: streitiges Schreiben), mit dem die Beschwerden von DEI hinsichtlich staatlicher Beihilfen abgewiesen wurden, in der Hauptsache erledigt sei.

2.

Mit ihren Rechtsmittelgründen macht DEI geltend, das Gericht habe durch die Entscheidung, dass über ihre Klage nicht mehr zu entscheiden sei, mehrere Rechtsfehler begangen, gegen ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verstoßen und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler sowie eine Verfälschung der Tatsachen und ihrer Argumente begangen. Diese Gründe werfen bis auf den zweiten Grund, dem zufolge das Gericht die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung, der Rechtssicherheit und des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes verletzt haben soll, keine neue Rechtsfrage auf.

3.

Auf Wunsch des Gerichtshofs konzentrieren sich daher die vorliegenden Schlussanträge auf den zweiten Rechtsmittelgrund, der sich auf die Auslegung der in Rn. 70 des Urteils vom 16. Dezember 2010, Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:783), aufgeführten Grundsätze bezieht; in diesem Urteil hat der Gerichtshof befunden: „Im Hinblick auf die Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Verwaltung und der Rechtssicherheit sowie den Grundsatz eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes ist zum einen festzustellen, dass die Kommission eine Entscheidung über die Einstellung des Beschwerdeverfahrens wegen einer rechtswidrigen Beihilfe nur zurücknehmen kann, um die Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung zu beheben, und zum anderen im Anschluss an eine solche Rücknahme das Verfahren nicht auf einer früheren Stufe als genau zu dem Zeitpunkt wiederaufnehmen kann, zu dem diese Rechtswidrigkeit eingetreten ist.“

II. Vorgeschichte des Rechtsstreits

4.

DEI ist ein griechisches Unternehmen, dessen Mehrheitsaktionär der griechische Staat ist. Ihre Hauptaktivität ist die Stromerzeugung. Zu ihren Kunden zählt u. a. die Alouminion AE. Nach einem Streit zwischen diesen beiden Unternehmen über den Stromtarif legte die griechische Energieregulierungsbehörde (im Folgenden: RAE) einen vorläufigen Tarif fest. In einer an die Kommission gerichteten Beschwerde vom 15. Juni 2012 (im Folgenden: Beschwerde von 2012) führte DEI aus, dieser Tarif zwinge sie, Alouminion Strom zu einem unter dem Marktpreis liegenden Preis zu liefern; dadurch gewähre die RAE diesem Unternehmen eine rechtswidrige staatliche Beihilfe.

5.

Am 31. Oktober 2013 bestimmte ein von DEI und Alouminion eingerichtetes Schiedsgericht rückwirkend einen noch niedrigeren Tarif für den von DEI gelieferten Strom als den von der RAE vorläufig festgelegten.

6.

Am 23. Dezember 2013 legte DEI eine zweite Beschwerde bei der Kommission ein (im Folgenden: Beschwerde von 2013), mit der sie geltend machte, der Schiedsspruch stelle eine staatliche Beihilfe dar.

7.

Am 6. Mai 2014 teilte die Kommission DEI ihre vorläufige Beurteilung mit, nach der die Beschwerde von 2013 nicht weiter zu prüfen sei, da der Schiedsspruch keine staatliche Beihilfe darstelle. Mit Schreiben vom 6. Juni 2014 übersandte DEI der Kommission eine ergänzende Stellungnahme als Antwort.

8.

Mit dem streitigen Schreiben informierte die Kommission DEI, dass die in deren Schreiben vom 6. Juni 2014 enthaltenen Informationen die vorläufige Beurteilung in ihrem Schreiben vom 6. Mai 2014 nicht in Frage stellten. Ihrer Ansicht nach stelle der Schiedsspruch keine dem Staat zurechenbare Maßnahme dar, da dieser dem Schiedsgericht die Entscheidung nicht habe vorgeben können ( 2 ) und Alouminion kein selektiver Vorteil gewährt werde. Daher seien „die Dienststellen der GD ‚Wettbewerb‘ zur Auffassung gelangt, dass [die im Schreiben vom 6. Juni 2014] enthaltenen Informationen nicht ausreich[ten], um eine neue Prüfung [der] Beschwerde zu rechtfertigen“.

III. Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Schreibens vor dem Gericht und angefochtener Beschluss

9.

Mit Klageschrift, die am 22. August 2014 bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragte DEI die Nichtigerklärung der im streitigen Schreiben enthaltenen Entscheidung der Kommission.

10.

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2014 an die Kanzlei des Gerichts beantragten DEI und die Kommission gemeinsam, das beim Gericht anhängige Verfahren für sechs Monate, also bis zum 7. April 2015, auszusetzen, damit die Kommission die in der Klage aufgeworfenen Fragen erneut prüfen könne. Dem Antrag wurde durch Beschluss des Präsidenten der Vierten Kammer des Gerichts vom 24. Oktober 2014 stattgegeben.

11.

Am 25. März 2015 erließ die Kommission den Beschluss C (2015) 1942 final über die staatliche Beihilfe SA.38101 (2015/NN) (ex 2013/CP), die der Alouminion AE nach einem Schiedsspruch in Form von Stromtarifen unterhalb der Kosten gewährt worden war (im Folgenden: förmlicher Beschluss). In Rn. 12 ihres Beschlusses führte die Kommission aus, dass „[DEI] sich in der Beschwerde in der vorliegenden Rechtssache ebenfalls auf [die Beschwerde von 2012] bezieht. In dieser Beschwerde wird angeführt, dass der Beschluss Nr. 346/2012 der [RAE], mit dem ein vorläufiger Preis für den an Alouminion gelieferten Strom bis zur Beilegung des Rechtsstreits zwischen diesen beiden Parteien über diesen Tarif festgelegt wird, DEI verpflichtete, Alouminion Strom unterhalb des Marktpreises zu liefern und dadurch Alouminion eine staatliche Beihilfe zu gewähren. Da der Schiedsspruch jedoch den von [der RAE] festgelegten vorläufigen Preis vollständig und rückwirkend ersetzte, ist die Kommission der Ansicht, dass die Beschwerde [von 2012] gegenstandslos ist“.

12.

Mit Schreiben vom 27. April 2015 und vom 19. Juni 2015 an die Kanzlei des Gerichts ersuchte die Kommission das Gericht um Feststellung, dass infolge des förmlichen Beschlusses die gegen das streitige Schreiben gerichtete Klage gegenstandslos geworden und die Hauptsache erledigt sei. DEI reichte ihre Stellungnahme zu diesem Antrag mit Schreiben vom 3. Juli 2015 ein.

13.

Mit Klageschrift, die am 29. Juni 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob DEI Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 25. März 2015 (Rechtssache DEI/Kommission, T‑352/15, beim Gericht anhängig).

14.

Mit dem angefochtenen Beschluss stellte das Gericht fest, dass die auf Nichtigerklärung des streitigen Schreibens gerichtete Klage in der Hauptsache erledigt sei, da das streitige Schreiben durch die förmliche Entscheidung aufgehoben und förmlich ersetzt worden sei, so dass es nicht mehr zum Regulierungsrahmen der Union gehöre.

15.

Dem Gericht zufolge wird diese Schlussfolgerung durch das übrige Vorbringen von DEI nicht in Frage gestellt.

16.

Erstens befand es, dass es nicht seine Aufgabe sei, in diesem Beschluss über die Rechtmäßigkeit des förmlichen Beschlusses, für die die Vermutung der Rechtmäßigkeit der Rechtsakte der Organe solange bestehe, wie diese nicht entzogen, für nichtig oder unwirksam erklärt werde, zu befinden. Es wies daher das Argument, der Beschluss sei rechtswidrig, zurück, weswegen die Klage in der Rechtssache T‑639/14 ihren Gegenstand behalten habe.

17.

Zweitens widerlegte das Gericht das Vorbringen von DEI, sie habe weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis, gegen das streitige Schreiben vorzugehen, um zu verhindern, dass die geltend gemachte Rechtswidrigkeit betreffend die Zurechenbarkeit des Schiedsspruchs an den griechischen Staat sich wiederhole. Dem Gericht zufolge weist das streitige Schreiben diese behauptete Rechtswidrigkeit nicht auf, und die Frage, ob DEI das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften im Bereich staatlicher Beihilfen bewiesen habe, sei jedenfalls Gegenstand der Klage gegen den förmlichen Beschluss.

18.

Drittens schließlich stellte das Gericht fest, dass sich die Klage auch hinsichtlich der Beschwerde von 2012 erledigt habe, da die Kommission durch ihren Beschluss vom 25. März 2015 diese Beschwerde von 2012 stillschweigend zurückgewiesen hat.

IV. Verfahren vor dem Gerichtshof

19.

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt DEI,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben;

die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen, damit es über ihre auf Nichtigerklärung des streitigen Schreibens gerichteten Anträge im Rahmen des Rechtsmittels entscheidet, und

der Kommission die gesamten Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug und des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

20.

Die Kommission beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und DEI die Kosten aufzuerlegen.

V. Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Verletzung der Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung, der Rechtssicherheit und des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes

A. Vorbringen der Parteien

21.

DEI trägt vor, die Kommission habe durch den Erlass des förmlichen Beschlusses das streitige Schreiben unter Verkennung der Anforderungen, die sich aus dem Urteil vom 16. Dezember 2010, Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:783), ergäben, zurückgenommen. Aus den Rn. 70 und 71 dieses Urteils gehe hervor, dass die Rücknahme einer Handlung erlaubt sei, um eine Rechtswidrigkeit zu beheben, wenn die Rücknahme oder Ersetzung die Art der Rechtswidrigkeit der zurückgenommenen Handlung benenne. Da dies bei dem förmlichen Beschluss nicht der Fall sei, habe das Gericht in den Rn. 39 bis 41 des angefochtenen Beschlusses diese Anforderung verkannt und dadurch die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung, der Rechtssicherheit und des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes verletzt.

22.

Die Kommission ist der Ansicht, die Rn. 38 bis 51 des angefochtenen Beschlusses enthielten nur Hilfsbegründungen. Daher sei der zweite Rechtsmittelgrund, der gegen einen dieser Gründe gerichtet sei, offensichtlich unerheblich.

23.

Jedenfalls sei dieses Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen, da der förmliche Beschluss den sich aus Rn. 70 des Urteils vom 16. Dezember 2010, Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:783), ergebenden Anforderungen vollständig genüge.

24.

Die Kommission habe das streitige Schreiben nämlich rückwirkend zurückgenommen, weil ihm ein Formmangel angehaftet habe. Im Bereich staatlicher Beihilfen sei die Kommission gemäß Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. 1999, L 83, S. 1) ( 3 ) verpflichtet, einen förmlichen Beschluss zu erlassen, wenn sie nach einer vorläufigen Prüfung feststelle, dass die angemeldete Maßnahme keine staatliche Beihilfe darstelle.

25.

Außerdem habe die Kommission nach der Rücknahme des streitigen Schreibens das Verfahren nicht auf einer früheren Stufe als der des Eintritts der Rechtswidrigkeit wieder aufgenommen. Da dieses Schreiben die vorläufige Prüfungsphase habe abschließen sollen, habe die Kommission zu Recht auf der Grundlage von Art. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 den förmlichen Beschluss zu diesem Zweck erlassen. Anders wäre es, wenn die Kommission einfach das streitige Schreiben zurückgenommen hätte, ohne die vorläufige Prüfungsphase abzuschließen.

26.

Schließlich liege keine Verletzung des Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes vor, denn DEI habe im Rahmen der Rechtssache T‑352/15 die Möglichkeit, den förmlichen Beschluss anzufechten und geltend zu machen, dass die Kommission die Beschwerden von 2012 und 2013 anders hätte beantworten müssen.

B. Würdigung

27.

Meiner Ansicht nach enthalten die Rn. 39 bis 41 des von DEI mit dem Rechtsmittel angefochtenen Beschlusses keine Hilfserwägungen, denn wenn DEI bezüglich der Auslegung von Rn. 70 des Urteils vom 16. Dezember 2010, Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:783), Recht hätte, hätte das Gericht nicht entscheiden können, dass die Hauptsache erledigt war. In diesem Sinne kann der zweite Rechtsmittelgrund von DEI nicht als unwirksam zurückgewiesen werden.

28.

Ich bin jedoch der Ansicht, dass er unbegründet ist und aus folgenden Gründen zurückzuweisen ist.

1.   Vorbemerkungen

29.

Das Recht der Organe der Europäischen Union zur Rücknahme ihrer Rechtsakte setzt die Grundsätze der Rechtmäßigkeit und des Schutzes des berechtigten Vertrauens sowie die begünstigende oder nicht begünstigende Wirkung dieses Rechtsakts für die oder den Betroffene(n) aufs Spiel ( 4 ).

30.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ( 5 ) kann die Handlung eines Organs der Union, die subjektive Rechte verliehen hat, grundsätzlich nicht widerrufen werden, sofern sie rechtmäßig war, denn wenn das subjektive Recht wirksam erworben worden ist, überwiegt das Bedürfnis, das Vertrauen auf den dauernden Fortbestand der geschaffenen Rechtsstellung zu schützen, gegenüber dem Interesse des Organs an einer Rückgängigmachung seiner Entscheidung. Diese Rechtsprechung enthält keine näheren Angaben zu den Ausnahmefällen, in denen eine solche rechtmäßige Handlung zurückgenommen werden kann.

31.

Dagegen kann ein Organ, das feststellt, dass einer seiner Rechtsakte, der subjektive Rechte verleihen hat, rechtswidrig ist, diesen innerhalb eines angemessenen Zeitraums rückwirkend zurücknehmen, jedoch unter Beachtung der durch den Grundsatz des Schutzes des berechtigten Vertrauens des Adressaten des Rechtsakts in dessen Rechtmäßigkeit gesetzten Grenzen ( 6 ).

32.

Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, finden diese Grundsätze jedoch keine Anwendung auf belastende Rechtsakte ( 7 ). Die Organe können solche Rechtsakte nämlich rückwirkend zurücknehmen, und dies unabhängig davon, ob der fragliche Rechtsakt rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Da die Rücknahme eines belastenden Rechtsakts den Betroffenen begünstigt, kann diese Rücknahme nämlich nicht gegen den Grundsatz des Schutzes des berechtigten Vertrauens verstoßen ( 8 ).

33.

Meiner Ansicht nach gilt dies auch für die teilweise Rücknahme eines belastenden Rechtsakts. Selbst wenn eine Belastung andauert, begünstigt nämlich die teilweise Rücknahme des Rechtsakts den Betroffenen, da sie das Ausmaß des Rechtsstreits und der Belastung(en) verringert.

2.   Urteil vom 16. Dezember 2010, Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:783)

34.

Die Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, betrifft wie die vorliegende Rechtssache staatliche Beihilfen, nämlich eine Beschwerde der Athinaïki Techniki AE gegen eine staatliche Beihilfe, die der griechische Staat dem Hyatt-Regency-Konsortium im Rahmen des öffentlichen Auftrags „Kasino Mont Parnès“ gewährt haben soll. Im Rahmen dieser Rechtssache hatte die Kommission zunächst entschieden, das Verfahren über die Beschwerde von Athinaïki Techniki einzustellen, machte jedoch nach dem Urteil vom 17. Juli 2008, Athinaïki Techniki/Kommission (C‑521/06 P, EU:C:2008:422) ( 9 ), ihre Einstellungsentscheidung rückgängig, nahm den Vorgang wieder auf und ersuchte Athinaïki Techniki erneut, Informationen vorzulegen, aus denen sich ergebe, dass eine rechtswidrige staatliche Beihilfe gewährt worden sei.

35.

In der Folge nahm sie das Vorprüfungsverfahren der Beschwerde von Athinaïki Techniki von Beginn an wieder auf, statt es ab dem Zeitpunkt wieder aufzunehmen, zu dem die durch das Urteil vom 17. Juli 2008, Athinaïki Techniki/Kommission (C‑521/06 P, EU:C:2008:422), festgestellte Rechtswidrigkeit eingetreten war, also zu dem Zeitpunkt, zu dem die Kommission gemäß Art. 4 Abs. 2 bis 4 und Art. 20 Abs. 2 letzter Absatz der Verordnung Nr. 659/1999 entweder feststellen musste, dass keine Beihilfe vorliegt, dass keine Einwände erhoben werden oder dass ein förmliches Prüfverfahren eröffnet wird.

36.

Wie Generalanwalt Bot in Nr. 101 seiner Schlussanträge in der Rechtssache Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:492) feststellte, zwang die Kommission Athinaïki Techniki durch das Ersuchen, erneut Informationen vorzulegen, aus denen sich ergebe, dass eine rechtswidrige staatliche Beihilfe gewährt worden sei, „,[sich] im Kreis [zu drehen]‘. Sähe man … eine solche Rücknahme als rechtmäßig an, könnte dies dazu führen, dass die Kommission unter Verstoß gegen ihre im Bereich staatlicher Beihilfen bestehenden Verpflichtungen untätig bleiben kann, da … die Kommission das aufgrund der Beschwerde eines Beteiligten eingeleitete Verfahren lediglich einzustellen, dann nach Klageerhebung dieses Beteiligten die Vorprüfungsphase wieder aufzunehmen und diese Maßnahmen so oft zu wiederholen brauchte, wie es nötig wäre, um eine gerichtliche Nachprüfung ihres Verhaltens zu verhindern“.

37.

Der Gerichtshof stimmte dieser Beurteilung des Generalanwalts Bot ausdrücklich zu, als er in Rn. 68 seines Urteils vom 16. Dezember 2010, Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:783), entschied, dass, „[w]äre die Kommission berechtigt, eine Handlung wie die im vorliegenden Fall angefochtene Handlung zurückzunehmen, könnte dies dazu führen, dass die Kommission unter Verstoß gegen ihre gemäß Art. 13 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 2 der Verordnung Nr. 659/1999 bestehenden Verpflichtungen untätig bleiben und einer gerichtlichen Nachprüfung ihres Verhalten entgehen könnte. Wie der Generalanwalt in Nr. 101 seiner Schlussanträge festgestellt hat, brauchte dieses Organ das aufgrund der Beschwerde eines Beteiligten eingeleitete Verfahren lediglich einzustellen, dann nach Klageerhebung dieses Beteiligten die Vorprüfungsphase wieder aufzunehmen und diese Maßnahmen so oft zu wiederholen, wie es nötig wäre, um einer gerichtlichen Nachprüfung ihres Verhaltens zu entgehen“.

38.

Zur Vermeidung solcher Situationen, die als Verfahrensmissbrauch durch die Kommission bezeichnet werden könnten, befand der Gerichtshof daher in Rn. 70 dieses Urteils: „Im Hinblick auf die Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Verwaltung und der Rechtssicherheit sowie den Grundsatz eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes ist … festzustellen, dass die Kommission [zum einen] eine Entscheidung über die Einstellung des Beschwerdeverfahrens wegen einer rechtswidrigen Beihilfe nur zurücknehmen kann, um die Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung zu beheben, und zum anderen im Anschluss an eine solche Rücknahme das Verfahren nicht auf einer früheren Stufe als genau zu dem Zeitpunkt wiederaufnehmen kann, zu dem diese Rechtswidrigkeit eingetreten ist“.

39.

Auf dieser Grundlage entschied er in Rn. 74 dieses Urteils, dass die Kommission die angefochtene Handlung nicht zurücknehmen durfte und dass das Gericht die Hauptsache nicht für erledigt erklären durfte.

40.

In Rn. 70 dieses Urteils, das im Zentrum der Diskussion über den zweiten Rechtsmittelgrund steht, stellte der Gerichtshof somit nebeneinander zwei kumulative Voraussetzungen auf, die erfüllt sein müssen, damit die Rücknahme der Entscheidung über die Einstellung des Beschwerdeverfahrens rechtmäßig ist.

3.   Anwendung auf die vorliegende Rechtssache

a)   Haupterwägungen

41.

Es ist anzuerkennen, dass die klassische Regel für die Rücknahme von Rechtsakten, nach der ein belastender Rechtsakt schlicht und einfach zurückgenommen werden kann, im Bereich staatlicher Beihilfen auf Entscheidungen der Kommission, mit denen am Ende des Vorprüfungsverfahrens im Zusammenhang mit einer Beschwerde festgestellt wird, dass keine Beihilfe vorliegt oder keine Einwände erhoben werden, keine Anwendung finden kann. Gemäß Art. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 hat die Kommission nämlich am Ende dieses Verfahrens eine Entscheidung zu treffen.

42.

Dies vorausgeschickt, geht aus dem Urteil vom 16. Dezember 2010, Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:783), nicht hervor, dass der Gerichtshof im Bereich der Rücknahme von Rechtsakten allein für den Fall der Einstellung von Beschwerden im Bereich staatlicher Beihilfen eine neue Regel aufstellen wollte. Eine wörtliche Auslegung von Rn. 70 dieses Urteils, nach der die erste dort aufgestellte Voraussetzung, also die Rücknahme einer Entscheidung, „nur“ erfolgen kann „um eine Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung zu beheben“ ( 10 ), würde somit bedeuten, dass eine Rücknahme aus einem anderen Grund nicht möglich ist.

43.

Mir erscheint diese Auslegung, die jegliche Rücknahme eines rechtmäßigen belastenden Rechtsakts ausschließt, angesichts der Überlegung, die den Gerichtshof veranlasste, in der Rechtssache, in der das Urteil vom 16. Dezember 2010, Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:783), erging, so zu entscheiden, wie er es in Rn. 70 dieses Urteils getan hat, als zu eng.

44.

Wie ich nämlich in den Nrn. 36 und 37 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt habe, verlängerte die Kommission durch die Rücknahme ihrer Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens über die Beschwerde von Athinaïki Techniki und durch die Aufforderung an diese, erneut Stellung zu nehmen, einen Zustand der Untätigkeit hinsichtlich ihrer Verpflichtung, gemäß Art. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 eine Entscheidung zu treffen, also entweder festzustellen, dass keine Beihilfe vorliegt, keine Einwände zu erheben oder ein förmliches Prüfverfahren zu eröffnen. Außerdem zwang sie Athinaïki Techniki, „sich im Kreis zu drehen“, da das Vorprüfungsverfahren wieder von vorn begann.

45.

Indem er in Rn. 70 dieses Urteils befand, dass „die Kommission eine Entscheidung über die Einstellung des Beschwerdeverfahrens wegen einer rechtswidrigen Beihilfe nur zurücknehmen kann, um die Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung zu beheben“, bezog sich der Gerichtshof auf diesen Zustand der Untätigkeit, in den sich die Kommission versetzte, obwohl Art. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 sie verpflichtete, eine Entscheidung zu treffen. Dies ergibt sich deutlich aus den Rn. 64 und 68 dieses Urteils, in denen sich der Gerichtshof ausdrücklich auf die Gefahr bezieht, „den Zustand der Untätigkeit fortbestehen zu lassen“ bzw. „untätig zu bleiben“, sowie aus Nr. 101 der Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:492).

46.

Meiner Ansicht nach kann auf der Grundlage einer teleologischen und angemessenen Auslegung von Rn. 70 dieses Urteils und der Vorbemerkungen in den Nrn. 29 bis 33 der vorliegenden Schlussanträge eine rechtmäßige Entscheidung über die Einstellung eines Beschwerdeverfahrens gemäß Art. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 zurückgenommen werden, wenn diese Rücknahme nicht zu einem Zustand der Untätigkeit der Kommission führt, was nicht der Fall wäre, wenn eine solche Entscheidung durch eine andere Entscheidung über die Einstellung eines Beschwerdeverfahrens oder eine Entscheidung, keine Einwände zu erheben oder auch eine Entscheidung, ein förmliches Prüfverfahren zu eröffnen, ersetzt würde.

47.

Dies ist in der vorliegenden Rechtssache nicht der Fall.

48.

In dieser Rechtssache informierte nämlich die Kommission mit ihrem streitigen Schreiben DEI über die Entscheidung, die Prüfung der Beschwerde von 2013 nicht fortzusetzen, da der Schiedsspruch, der den der Beschwerde von 2012 zugrunde liegenden Stromtarif durch einen neuen Stromtarif ersetzte, keine einem Staat zurechenbare Maßnahme darstelle, Alouminion keinen selektiven Vorteil gewähre und daher keine staatliche Beihilfe sei. Sie ist nicht untätig geblieben, so dass DEI verpflichtet gewesen wäre, „sich im Kreis zu drehen“, und hat auch nicht die Vorprüfungsphase wieder eröffnet.

49.

Daher war die Rücknahme des streitigen Schreibens rechtmäßig, und die vom Gericht in dem angefochtenen Beschluss festgestellte Erledigung der Hauptsache erscheint mir gerechtfertigt.

b)   Hilfserwägungen

50.

Falls der Gerichtshof die teleologische Auslegung der Rn. 70 des Urteils vom 16. Dezember 2010, Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:783), ablehnt und eine wörtliche Auslegung vornimmt, ist zu prüfen, ob die Kommission in der vorliegenden Rechtssache das streitige Schreiben zurückgenommen hat, „um die Rechtswidrigkeit diese[s Schreibens] zu beheben, und [ob sie] zum anderen im Anschluss an eine solche Rücknahme das Verfahren nicht auf einer früheren Stufe als genau zu dem Zeitpunkt wiederaufnehmen kann, zu dem diese Rechtswidrigkeit eingetreten ist“, was eine Prüfung des förmlichen Beschlusses erfordert.

51.

Mit diesem Beschluss veränderte die Kommission das streitige Schreiben in zweierlei Hinsicht, ohne jedoch die Ausrichtung oder das Ergebnis ihrer Entscheidung zu ändern.

52.

Erstens änderte der förmliche Beschluss die ursprüngliche Form des streitigen Schreibens. Dieses enthielt die Entscheidung, dass der Schiedsspruch keine staatliche Beihilfe darstelle und hatte die Form eines von einem Beamten der Kommission unterzeichneten Schreibens, während der förmliche Beschluss von dem für staatliche Beihilfen zuständigen Mitglied der Kommission unterzeichnet wurde.

53.

Zweitens änderte der förmliche Beschluss, ohne Änderung des Ergebnisses der Entscheidung, dass der Schiedsspruch keine staatliche Beihilfe darstelle, die Begründung des streitigen Schreibens insoweit, als die Kommission ihre Argumentation aufgab, dass der Schiedsspruch keine dem Staat zurechenbare Maßnahme sei. In ihrem förmlichen Beschluss beschränkte sich die Kommission in Anwendung des Grundsatzes des privaten Kapitalgebers auf die Prüfung, ob der Schiedsspruch Alouminion einen Vorteil verschaffte.

1) Änderung der Form der Entscheidung

54.

Was die Änderung der Form der Kommissionsentscheidung angeht, der zufolge der Schiedsspruch keine staatliche Beihilfe darstellt, bestimmt Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 659/1999: „Gelangt die Kommission nach einer vorläufigen Prüfung zu dem Schluss, dass die angemeldete Maßnahme keine Beihilfe darstellt, so stellt sie dies durch [Beschluss] fest.“ ( 11 ) Was die Rechte der Beteiligten wie DEI angeht, bestimmt Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 3 dieser Verordnung: „Die Kommission übermittelt dem Beschwerdeführer eine Kopie des [Beschlusses] zu einer Beihilfesache, die den Gegenstand der Beschwerde betrifft.“ ( 12 )

55.

In Rn. 31 ihrer Rechtsmittelbeantwortung erkennt die Kommission an, dass das streitige Schreiben rechtswidrig war, da es nicht die gemäß der Verordnung Nr. 659/1999 erforderliche Form aufwies, und dass DEI dieser Formmangel bekannt war, da sie ihn als ersten Grund für die Aufhebung des streitigen Schreibens vor Gericht anführte.

56.

Unabhängig von einer engen und wörtlichen Auslegung oder einer weiten und teleologischen Auslegung von Rn. 70 des Urteils vom 16. Dezember 2010, Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:783), ist die Rücknahme eines rechtswidrigen belastenden Rechtsakts sicherlich möglich, um diese Rechtswidrigkeit zu beheben. Der Betroffene kann kein berechtigtes Vertrauen in die Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Rechtsakts haben, da dies gegen den Grundsatz der Rechtmäßigkeit verstoßen würde, dem die Organe der Union unterliegen.

57.

Außerdem ist unstreitig, dass die Kommission das Verfahren nicht auf einer früheren Stufe wieder aufnahm als der, auf welcher der Formmangel entstanden war. Sowohl das streitige Schreiben als auch der förmliche Beschluss schließen die Vorprüfungsphase ab.

58.

Folglich hält der förmliche Beschluss der Kommission, was die Änderung der Form ihrer Entscheidung, der zufolge der Schiedsspruch keine staatliche Beihilfe darstellt, angeht, die Grundsätze ein, auf die sich der Gerichtshof in Rn. 70 des Urteils vom 16. Dezember 2010, Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:783), bezieht.

2) Änderung der Begründung des Beschlusses

59.

Was die Änderung der Begründung ihres Beschlusses angeht, erkennt die Kommission nicht an, dass die Begründung des streitigen Schreibens rechtswidrig war. Indem sie das Argument, der Schiedsspruch könne dem Staat nicht zugerechnet werden, nicht wiederholte, beschloss die Kommission einfach, dieses Argument aufzugeben.

60.

Genau aus demselben Grund und unter Berufung auf Rn. 70 des Urteils vom 16. Dezember 2010, Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:783), trägt DEI vor, die Rücknahme des streitigen Schreibens sei rechtswidrig, da diese Rücknahme nur erlaubt sei, um eine Rechtswidrigkeit zu beheben und wenn die Rücknahme oder Ersetzung die Art der Rechtswidrigkeit der zurückgenommenen Handlung benenne.

61.

Meiner Ansicht nach hindern aus den in den Nrn. 40 bis 46 der vorliegenden Schlussanträge genannten Gründen die in Rn. 70 des erwähnten Urteils genannten Grundsätze die Kommission nicht daran, das streitige Schreiben zurückzunehmen und die Begründung für die Einstellung des Verfahrens betreffend die Beschwerde von DEI in der Weise zu ändern, in der sie es getan hat, denn die Rücknahme hatte nicht zur Folge, dass die Kommission untätig blieb und dass DEI somit gezwungen wurde, „sich im Kreis zu drehen“ ( 13 ).

62.

Der förmliche Beschluss schließt nicht nur das Vorprüfungsverfahren gemäß Art. 20 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung Nr. 659/1999 ab, sondern geht in dieselbe Richtung wie das streitige Schreiben und bietet DEI offensichtlich detailliertere und gründlichere Erwägungen als die, die in dem streitigen Schreiben zum Nichtvorliegen eines Vorteils enthalten sind. Der förmliche Beschluss wahrt so den in Art. 41 Abs. 1 und 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte der Europäischen Union enthaltenen Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung.

63.

Wie die Kommission außerdem vorträgt, hat DEI Klage gegen den förmlichen Beschluss erhoben, die Gegenstand der beim Gericht anhängigen Rechtssache DEI/Kommission (T‑352/15) ist. In diesem Verfahren hat DEI Gelegenheit, auszuführen, dass die Kommission ihre Beschwerden anders hätte beantworten müssen. In diesem Sinne liegt keine Verletzung des Grundsatzes eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes vor.

64.

Diese Beurteilung wird durch das Vorbringen von DEI, dass ihr durch die Rücknahme des streitigen Schreibens die Möglichkeit genommen worden sei, der in diesem Schreiben von der Kommission geltend gemachten fehlenden Zurechenbarkeit des Schiedsspruchs an den Staat zu widersprechen, nicht in Frage gestellt.

65.

Diesbezüglich stelle ich fest, dass tatsächlich, da die vier Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe kumulativ ( 14 ) sind, die Änderung der Begründung der Kommissionsentscheidung, die Beschwerden von DEI nicht weiter zu prüfen, dieser keinen Schaden verursacht, denn damit verringerte die Kommission den Umfang der Debatte von zwei Kriterien auf ein einziges, nämlich das Vorliegen eines Vorteils. In diesem Sinne begünstigt die teilweise Rücknahme des belastenden Rechtsakts DEI und ist nicht als Verletzung des Grundsatzes des Schutzes des berechtigten Vertrauens anzusehen.

66.

Die Antwort könnte vielleicht anders lauten, wenn infolge einer eventuellen Nichtigerklärung des förmlichen Beschlusses die Kommission einen neuen Beschluss erließe, der in dieselbe Richtung ginge wie der förmliche Beschluss und der mit der fehlenden Zurechenbarkeit des Schiedsspruchs an den Staat begründet wäre. Jedoch ist dies in der vorliegenden Rechtssache (noch nicht) der Fall und kann nicht im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels entschieden werden.

67.

Darüber hinaus ist anzumerken, dass das Vorbringen von DEI in jedem Fall, selbst bei einer sehr engen und wörtlichen Auslegung der Rn. 70 des Urteils vom 16. Dezember 2010, Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:783), nicht zum Erfolg führen kann. Erstens wurde das streitige Schreiben zurückgenommen, um eine Rechtswidrigkeit, nämlich einen Formmangel, zu beheben. Zweitens nahm die Kommission mit dem Erlass des förmlichen Beschlusses im Anschluss an die Rücknahme des streitigen Schreibens das Verfahren nicht auf einer früheren Stufe als zu genau dem Zeitpunkt, zu dem der Formmangel eintrat, wieder auf.

68.

Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Rücknahme einer Entscheidung über die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zur Behebung einer Rechtswidrigkeit, ohne das Verfahren auf einer früheren Stufe als zu genau dem Zeitpunkt wieder aufzunehmen, zu dem die Rechtswidrigkeit eingetreten ist, nicht rechtswidrig ist, wenn der Autor des neuen Rechtsakts dessen Begründung in einem dem Betroffenen begünstigenden Sinne ändert.

VI. Ergebnis

69. 

Aus diesen Gründen und unbeschadet der Prüfung anderer Rechtsmittelgründe schlage ich dem Gerichtshof vor, den zweiten Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) „… the State does not seem to have had the possibility to dictate the decision of the arbitration tribunal“.

( 3 ) Im Oktober 2015 wurde diese Verordnung durch die Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. 2015, L 248, S. 9) ersetzt. In den vorliegenden Schlussanträgen beziehe ich mich auf die konsolidierte Fassung der Verordnung Nr. 659/1999, die zum Zeitpunkt des streitigen Schreibens, also am 12. Juni 2014, anwendbar war.

( 4 ) Vgl. Craig, P., EU Administrative Law, 2. Aufl., Oxford University Press, 2012, Kapitel 16.

( 5 ) Vgl. Urteile vom 12. Juli 1957, Algera u. a./Gemeinsame Versammlung (7/56 und 3/57 bis 7/57, EU:C:1957:7), vom 22. März 1961, Snupat/Hohe Behörde (42/59 und 49/59, EU:C:1961:5), vom 13. Juli 1965, Lemmerz-Werke/Hohe Behörde (111/63, EU:C:1965:76), sowie vom 22. September 1983, Verli‑Wallace/Kommission (159/82, EU:C:1983:242, Rn. 8).

( 6 ) Vgl. Urteile vom 9. März 1978, Herpels/Kommission (54/77, EU:C:1978:45, Rn. 38), vom 3. März 1982, Alpha Steel/Kommission (14/81, EU:C:1982:76, Rn. 10), vom 26. Februar 1987, Consorzio Cooperative d’Abruzzo/Kommission (15/85, EU:C:1987:111, Rn. 12), sowie vom 17. April 1997, de Compte/Parlament (C‑90/95 P, EU:C:1997:198, Rn. 35).

( 7 ) Vgl. Urteil vom 16. Dezember 2010, Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:783, Rn. 60). Vgl. auch in diesem Sinne Nr. 80 der Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache des Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:492).

( 8 ) Vgl. Craig, P., a. a. O., S. 558.

( 9 ) In diesem Urteil stellte der Gerichtshof fest, dass das Gericht einen Rechtsfehler beging, indem es entschied, dass Athinaïki Techniki Nichtigkeitsklage gegen eine Maßnahme erhoben habe, die keine Rechtswirkung erzeuge und somit nicht mit einer Klage gemäß Art. 263 AEUV angefochten werden könne. Demzufolge hob der Gerichtshof den Beschluss vom 27. November 2009, Athinaïki Techniki/Kommission (T‑94/05 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:471), auf und verwies die Rechtssache zur Entscheidung über den Antrag von Athinaïki Techniki auf Nichtigerklärung der ersten Entscheidung der Kommission, das Verfahren über die Beschwerde von Athinaïki Techniki einzustellen, an das Gericht zurück.

( 10 ) Die wörtliche Übersetzung der griechischen Sprachfassung dieses Urteils – Griechisch ist die Verfahrenssprache dieser Rechtssache – weist darauf hin, dass die Kommission eine solche Entscheidung „nur um den Mangel der Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Entscheidung zu beheben“ („μόνο για να επανορθώσει έλλειψη νομιμότητας από την οποία πάσχει η εν λόγω απόφαση“) zurücknehmen darf. Hervorhebung nur hier.

( 11 ) Hervorhebung nur hier.

( 12 ) Hervorhebung nur hier.

( 13 ) Vgl. den bildlichen Ausdruck, den der Generalanwalt Bot in Nr. 101 seiner Schlussanträge in der Rechtssache Athinaïki Techniki/Kommission (C‑362/09 P, EU:C:2010:492) verwendet. Vgl. auch Nrn. 36 und 37 der vorliegenden Schlussanträge.

( 14 ) Nach ständiger Rechtsprechung muss eine Maßnahme, um als staatliche Beihilfe unter Art. 107 Abs. 1 AEUV zu fallen, erstens eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel sein (hier in Rede stehende Voraussetzung), zweitens muss sie geeignet sein, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, drittens muss dem Begünstigten durch sie ein Vorteil gewährt werden (Voraussetzung, die in der Begründung des förmlichen Beschlusses fortbesteht), und viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen; diese Voraussetzungen sind kumulativ. Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 1. Juli 2008, Chronopost und La Poste/UFEX u. a. (C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 121 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie vom 16. April 2015, Trapeza Eurobank Ergasias (C‑690/13, EU:C:2015:235, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

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