Urteil vom Europäischer Gerichtshof - T-454/13

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

1. März 2017 ( *1 )

„Staatliche Beihilfen — Seekabotage — Beihilfen Frankreichs zugunsten der Société nationale maritime Corse Méditerranée (SNCM) und der Compagnie méridionale de navigation — Dienst von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse — Ausgleichszahlungen für einen den Basisdienst ergänzenden Zusatzdienst, mit dem die Spitzenverkehrszeiten während der Tourismussaison abgedeckt werden sollen — Beschluss, mit dem die Beihilfen für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt werden — Begriff der staatlichen Beihilfe — Vorteil — Altmark-Urteil — Festsetzung des Beihilfebetrags“

In der Rechtssache T‑454/13

Société nationale maritime Corse Méditerranée (SNCM) mit Sitz in Marseille (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte A. Winckler, F.‑C. Laprévote, J.‑P. Mignard und S. Mabile, dann A. Winckler und F.‑C. Laprévote sowie schließlich F.‑C. Laprévote und Rechtsanwalt C. Froitzheim,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch M. Afonso und B. Stromsky als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Corsica Ferries France SAS mit Sitz in Bastia (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. Rodrigues und C. Bernard-Glanz,

Streithelferin,

wegen eines Antrags nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2013/435/EU der Kommission vom 2. Mai 2013 über die staatliche Beihilfe SA.22843 (2012/C) (ex 2012/NN) Frankreichs zugunsten der Société nationale Corse Méditerranée und der Compagnie méridionale de navigation (ABl. 2013, L 220, S. 20),

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen sowie der Richter A. M. Collins (Berichterstatter) und V. Valančius,

Kanzler: G. Predonzani, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2016

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

Hauptakteure

1

Die Klägerin, die Société nationale maritime Corse Méditerranée (SNCM), ist ein französisches Schifffahrtsunternehmen, das Linienverbindungen u. a. nach Korsika (Frankreich) ab den Häfen von Marseille (Frankreich) und Nizza (Frankreich) sicherstellt, indem sie von diesen Häfen aus die Häfen in Ajaccio, Bastia, Calvi, Île-Rousse, Porto-Vecchio und Propriano bedient.

2

Zum maßgeblichen Zeitpunkt betrieb SNCM eine Flotte von zehn Schiffen, davon sechs Fähren, nämlich die Danielle Casanova, die Napoléon Bonaparte, die Corse, die Méditerranée, die Île de Beauté und die Excelsior, sowie vier kombinierte Fracht‑/Fahrgastschiffe für die Beförderung von sowohl Personen als auch Fracht, nämlich die Jean Nicoli (die 2009 die Monte Cinto für die Erbringung der betreffenden Dienstleistungen ersetzte), die Pascal Paoli, die Paglia Orba und die Monte d’Oro.

3

Mit Urteil vom 28. November 2014 eröffnete das Tribunal de commerce de Marseille (Handelsgericht Marseille, Frankreich) ein Insolvenzverfahren gegen SNCM. Mit Urteil vom 20. November 2015 nahm dieses Gericht eines der Angebote an, die ihm für die Übernahme von SNCM unterbreitet worden waren. In der Folge stellte es das Insolvenzverfahren auf ein Verfahren zur Liquidation von SNCM um und setzte die Inbesitznahme durch den Übernehmer auf den 45. Tag nach dem Datum des Urteils fest.

4

Die Compagnie méridionale de navigation (im Folgenden: CMN) ist ein französisches Schifffahrtsunternehmen, das von Marseille aus u. a. die Häfen von Bastia, Ajaccio und Propriano bedient.

5

Für die Erbringung der fraglichen Dienste setzte CMN drei kombinierte Fracht‑/Fahrgastschiffe, nämlich die Kalliste, die Girolata und die Scandola (später ersetzt durch die Piana), ein.

6

Die Corsica Ferries France SAS (im Folgenden: Corsica Ferries) ist ein französisches Schifffahrtsunternehmen, das regelmäßige Fährverbindungen u. a. zwischen dem französischen Festland und Korsika bedient, nämlich die Strecken Nizza–Ajaccio, Nizza–Île-Rousse, Nizza–Bastia, Nizza–Calvi, Toulon–Ajaccio, Toulon–Bastia und Toulon–Île-Rousse.

7

Die Gebietskörperschaft Korsika ist eine juristische Person des französischen öffentlichen Rechts, die drei Körperschaften, nämlich das korsische Regionalparlament, den korsischen Exekutivrat sowie den korsischen Wirtschafts‑, Sozial- und Kulturrat, umfasst.

8

Das korsische Verkehrsamt ist eine französische öffentliche Anstalt mit gewerblichem Charakter, die von der Gebietskörperschaft Korsika eingerichtet wurde und mit der Umsetzung der Luft- und Seeverkehrspolitik der Insel betraut ist. Aufgabe des korsischen Verkehrsamts ist u. a. die Verwaltung der Gesamtmittelausstattung, die von der Gebietskörperschaft Korsika bereitgestellt wird, um die Kontinuität der Festlandsverbindungen zu gewährleisten, sowie die Aufteilung der Mittel zwischen Luft- und Seeverkehr. In diesem Rahmen schließt es mit den Verkehrsunternehmen – den mit den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen Betrauten – Verträge, in denen u. a. die Tarife, die Durchführungsbedingungen und die Dienstleistungsqualität festgelegt werden. Mit dem Grundsatz der Kontinuität der Festlandsverbindungen soll ein Ausgleich für die Insellage geschaffen und die Verkehrsanbindung der Insel nach Modalitäten ausgestaltet werden, die denen der reinen Festlandsverbindungen möglichst nahekommen; außerdem zielt er darauf ab, auf den Fährverbindungen zwischen dem französischen Festland und Korsika einen Tarif anzuwenden, der mit den Tarifen des Landverkehrs vergleichbar ist.

Seeverkehrsdienst zwischen dem französischen Kontinent und Korsika sowie Verträge über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen

9

Zum maßgeblichen Zeitpunkt wurde der Seeverkehrsdienst zwischen dem französischen Festland und Korsika von drei Schifffahrtsunternehmen, und zwar von SNCM, CMN und Corsica Ferries, erbracht. Ein viertes Unternehmen, Moby Lines, bot von April 2010 bis Februar 2011 Verbindungen zwischen Toulon und Korsika an.

10

Der Personenverkehr zwischen dem Festland und Korsika ist von einer großen Saisonabhängigkeit geprägt, d. h., dieser Verkehr konzentriert sich auf die Sommermonate. Nach der Jahrtausendwende war auf dem Markt für Fährverbindungen zwischen dem französischen Festland und Korsika vor allem ein Ausbau des Angebots für die Beförderung ab Toulon zu verzeichnen, das zum wichtigsten Hafen für die Verkehrsanbindung Korsikas geworden war. Dieser tendenzielle Anstieg des Verkehrs ab Toulon ging mit einem Anstieg des Marktanteils von Corsica Ferries einher.

11

Am 31. März 1976 unterzeichneten SNCM und CMN einerseits sowie die Französische Republik andererseits eine Rahmenvereinbarung mit 25‑jähriger Laufzeit über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für die Fährverbindung vom französischen Festland nach Korsika.

12

Bei Ablauf dieses Konzessionsvertrags über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen am 31. Dezember 2001 überprüften die korsischen Behörden die Regelung für die Fährverbindung zur Insel.

13

So wurden ab dem 1. Januar 2002 im Rahmen eines Vertrags über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, der zu einem finanziellen Ausgleich für die Auftragnehmer führte, nur die Verbindungen ab Marseille bedient. Der erwähnte Vertrag wurde zwischen SNCM und CMN einerseits sowie der Gebietskörperschaft Korsika und dem korsischen Verkehrsamt andererseits für eine Laufzeit von fünf Jahren geschlossen.

14

Für die anderen Verbindungen, nämlich die Strecken ab Nizza und Toulon, wurde von den korsischen Behörden parallel zu dem oben in Rn. 13 genannten Vertrag zugunsten der Bewohner der Insel und bestimmter sozial ermittelter Bevölkerungsgruppen eine Beihilferegelung nach Sozialkriterien eingeführt. So erlaubt eine Sozialhilferegelung für jeden Fahrgast mit Anspruch auf einen Vorzugstarif die Zahlung einer Beihilfe, die von den Verkehrsunternehmen, die sich bereit erklären, den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nachzukommen, vorfinanziert wird, wobei sie für diese einheitliche Beihilfe anschließend eine Erstattung erhalten. Die genannten Bevölkerungsgruppen machten fast zwei Drittel des Gesamtverkehrsaufkommens aus (korsische Bürger, Personen unter 25 oder über 60 Jahren, Studierende unter 27 Jahren, Familien und behinderte oder schwerbehinderte Personen). Diese Beihilferegelung wurde von der Europäischen Kommission mit Entscheidung vom 2. Juli 2002 (Staatliche Beihilfe N 781/2001 – System von Einzelbeihilfen nach Sozialkriterien für die Seeverbindung nach Korsika) genehmigt. Mit Entscheidung vom 23. April 2007 (Staatliche Beihilfe N 13/2007 – Verlängerung des Systems von Einzelbeihilfen nach Sozialkriterien für die Seeverbindung nach Korsika N 781/2001) genehmigte die Kommission die Verlängerung der genannten Beihilferegelung bis zum 31. Dezember 2013. Diese Fährverbindungen zwischen den Häfen von Nizza und Toulon einerseits und den korsischen Häfen andererseits werden hauptsächlich von Corsica Ferries bedient.

15

Mit Beschluss vom 24. März 2006 billigte das korsische Regionalparlament grundsätzlich die Verlängerung der Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen ab dem 1. Januar 2007 für die Fährverbindungen zu den Häfen von Ajaccio, Bastia, Calvi, Île-Rousse, Porto-Vecchio und Propriano ab dem Hafen von Marseille. Mit demselben Beschluss beauftragte es den Präsidenten des korsischen Verkehrsamts damit, im Namen der Gebietskörperschaft Korsika ein Ausschreibungsverfahren einzuleiten, die technische Antragsbearbeitung vorzunehmen und die Gebietskörperschaft Korsika bei der Auferlegung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu unterstützen.

16

Eine Ausschreibung wurde am 27. Mai 2006 im Amtsblatt der Europäischen Union und am 9. Juni 2006 in der Tageszeitung Les Échos veröffentlicht. Am 4. August 2006 – dem Stichtag für die Einreichung von Angeboten – gingen vier Angebote ein, nämlich ein Angebot von SNCM, ein Angebot von Corsica Ferries, ein Angebot von CMN sowie ein Angebot eines zeitlich befristeten Konsortiums aus Corsica Ferries und CMN.

17

Mit Urteil vom 15. Dezember 2006 erklärte der Conseil d’État (Staatsrat, Frankreich) das Verfahren zur Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für nichtig.

18

Mit Beschluss vom 22. Dezember 2006 entschied das korsische Regionalparlament, das Vergabeverfahren zur Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erneut vollständig anzuwenden, die bestehende Beauftragung bis zum 30. April 2007 zu verlängern und den Zeitpunkt für die Umsetzung der neuen Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen auf den 1. Mai 2007 festzusetzen.

19

Eine neue Ausschreibung wurde am 30. Dezember 2006 im Amtsblatt der Europäischen Union, am 4. Januar 2007 in Les Échos und am 5. Januar 2007 in der Wochenzeitung Le Journal de la Marine Marchande veröffentlicht. Am 9. Februar 2007 gingen zwei Angebote ein, nämlich zum einen ein gemeinsames, sämtliche Verbindungen betreffendes Angebot von SNCM und CMN, die sich in einem zeitlich befristeten Konsortium zusammengeschlossenen hatten (im Folgenden: Konsortium aus SNCM und CMN), in Form sowohl eines Gesamtangebots als auch eines Angebots für die Einzellinien und zum anderen ein die Strecken Marseille–Ajaccio, Marseille–Porto-Vecchio und Marseille–Propriano betreffendes Angebot von Corsica Ferries in Form sowohl eines Gesamtangebots für diese drei Strecken als auch eines Angebots für die Einzellinien.

20

Mit Beschluss vom 27. April 2007 erklärte der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter des Tribunal administratif de Bastia (Verwaltungsgericht Bastia, Frankreich), das von Corsica Ferries angerufen worden war, die Verhandlungsphase des Vergabeverfahrens zur Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen sowie den Beschluss des Präsidenten des korsischen Exekutivrats und des Präsidenten des korsischen Verkehrsamts, das Angebot des Konsortiums aus SNCM und CMN auszuwählen und dem korsischen Regionalparlament vorzuschlagen, die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen diesem Konsortium aufzuerlegen, für nichtig. Er entschied, dass die Gebietskörperschaft Korsika und das korsische Verkehrsamt verpflichtet seien, das Erörterungsverfahren mit den Unternehmen wiederaufzunehmen, die ein Angebot eingereicht hätten.

21

Mit Beschluss vom 27. April 2007 verlängerte das korsische Regionalparlament die Dauer der bestehenden Beauftragung um zwei Monate und setzte den Zeitpunkt für die Umsetzung der neuen Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen auf den 1. Juli 2007 fest.

22

Im Anschluss an eine neue Verhandlungsphase mit dem Konsortium aus SNCM und CMN sowie Corsica Ferries schlug das korsische Verkehrsamt vor, das Angebot der Letzteren mit der Begründung abzulehnen, dass sie weder einen festen und verbindlichen Termin benennen könne, ab dem sie die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen wahrnehmen könne, noch die in den Ausschreibungsunterlagen vorgeschriebene Bedingung in Bezug auf das Höchstalter der Schiffe erfülle.

23

Mit Beschluss vom 7. Juni 2007 erlegte das korsische Regionalparlament dem Konsortium aus SNCM und CMN die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen für die Fährverbindung zwischen dem Hafen von Marseille und den korsischen Häfen für den Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2013 auf.

24

Art. 1 dieses Beschlusses lautet:

„Der Bericht des Präsidenten des [korsischen] Exekutivrates, in dem zum einen dargelegt wird, dass das Angebot des Konsortiums aus SNCM und CMN die Vorgaben und die Kriterien der Ausschreibungsunterlagen und des Lastenhefts für jede einzelne der fünf Linien erfülle, und zum anderen, dass die Reederei Corsica Ferries keinen festen und verbindlichen Termin benennen könne, ab dem sie die nächsten [gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen] wahrnehmen könne, so dass die von ihr gestellten Bedingungen für Gesichtspunkte, die nichts mit dem Inhalt der [gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen] zu tun hätten, insoweit nicht berücksichtigt werden könnten, wird gebilligt.“

25

Mit Beschluss vom selben Tag wurde der Präsident des korsischen Exekutivrats zur Unterzeichnung des Vertrags über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für diese Fährverbindung (im Folgenden: Vertrag) ermächtigt.

26

Der Vertrag wurde am 7. Juni 2007 für den Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2013 geschlossen.

27

Mit Urteil vom 24. Januar 2008 wies das Tribunal administratif de Bastia (Verwaltungsgericht Bastia) einen Antrag von Corsica Ferries auf Nichtigerklärung der beiden oben in den Rn. 23 und 25 genannten Beschlüsse ab. Mit Urteil vom 7. November 2011 erklärte die Cour administrative d’appel de Marseille (Verwaltungsberufungsgericht Marseille) dieses Urteil und die besagten beiden Beschlüsse für nichtig. Aufgrund eines von SNCM und CMN eingelegten Rechtsmittels hob der Conseil d’État (Staatsrat) das Urteil der Cour administrative d’appel de Marseille (Verwaltungsberufungsgericht Marseille) mit Entscheidung vom 13. Juli 2012 auf und verwies die Rechtssache zurück an dieses Gericht. Mit Urteil vom 6. April 2016 erklärte die Cour administrative d’appel de Marseille (Verwaltungsberufungsgericht Marseille) das Urteil des Tribunal administratif de Bastia (Verwaltungsgericht Bastia) vom 24. Januar 2008 und die erwähnten beiden Beschlüsse für nichtig.

28

Nach Art. 1 des Vertrags ist Vertragsgegenstand die Erbringung von Leistungen im Linienschiffsverkehr auf sämtlichen Strecken, für die zwischen dem Hafen Marseille und den Häfen Bastia, Ajaccio, Porto-Vecchio, Propriano und Balagne (Calvi und Île-Rousse) gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegt wurden.

29

Im Lastenheft in Anhang 1 des Vertrags ist die Art dieser Leistungen festgelegt. Es sieht insbesondere vor

eine ständige „Fracht- und Personenbeförderung“, die das gesamte Jahr über für alle betroffenen Verbindungen angeboten werden muss (im Folgenden: Basisdienst), und

eine zusätzliche „Fahrgastbeförderung“, die zu den Verkehrsspitzenzeiten auf den Strecken Marseille–Ajaccio, Marseille–Bastia und Marseille–Propriano angeboten werden muss (im Folgenden: Zusatzdienst).

30

In Art. 2 des Vertrags sind u. a. die Beträge der Referenzausgleichsleistungen aufgeführt, zu denen sich die Auftragnehmer für die Dauer der Übertragung verpflichten.

31

Art. 3 des Vertrags sieht vor, dass die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen keine Exklusivrechte auf den betreffenden Fährverbindungen beinhaltet, so dass andere Unternehmen, denen jedoch bestimmte Verpflichtungen obliegen, die Möglichkeit haben, Liniendienste ohne Ausgleichsleistungen anzubieten. In diesem Artikel heißt es ferner, dass die von den Auftragnehmern geforderten Ausgleichsleistungen entsprechend der Beihilferegelung nach Sozialkriterien festgelegt wurden.

32

Art. 5 („Bedingungen für die Freigabe der Ausgleichszahlungen“) des Vertrags sieht in seinem Abs. 2 Unterabs. 3 vor, dass die den Auftragnehmern gewährten Ausgleichsleistungen pro Jahr auf die Höhe des Betriebsdefizits begrenzt sind, das durch die sich aus dem Lastenheft ergebenden Verpflichtungen entsteht. Dabei wird ein angemessener Gewinn für das eingesetzte Schiffskapital berücksichtigt, der anteilig nach der Anzahl der Tage, an denen die Flotte tatsächlich zur Bedienung der Strecken gemäß den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen eingesetzt wurde, ermittelt wird. Als angemessener Gewinn für das eingesetzte Schiffskapital gilt ein Prozentsatz von 15 % seines Bezugswerts. Dieser Bezugswert ist in Anhang 3 des Vertrags angegeben.

33

Art. 7 („Schutzklausel“) des Vertrags sieht in seinem Abs. 1 vor, dass die Vertragsparteien, sollten sich die technischen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Bedingungen für den Betrieb der übertragenen Dienste wesentlich verändern oder externe Vorkommnisse berücksichtigt werden müssen, die einen maßgeblichen Einfluss auf die finanziellen Verpflichtungen des Auftragnehmers oder der Auftragnehmer haben, auf Initiative der zuerst handelnden Partei zusammenkommen, um Maßnahmen zur Wiederherstellung des ursprünglichen finanziellen Gleichgewichts des Vertrags zu ergreifen, und „[d]iese Maßnahmen … vorrangig die Höchsttarife sowie die Anpassung der Dienstleistungen betreffen [sollen]“.

34

Art. 7 Abs. 2 des Vertrags zufolge sind die jährlichen Referenzausgleichsbeträge anhand der im Angebot jedes einzelnen Auftragnehmers geschätzten Bruttoeinnahmen durch Fahrgäste und Fracht ermittelt worden. Dieselbe Vorschrift sieht in bestimmten Fällen die Möglichkeit einer jährlichen Anpassung des Finanzausgleichs für jede Einnahmeart und für jeden Auftragnehmer nach oben oder nach unten vor. In der genannten Vorschrift ist darüber hinaus festgelegt, dass dieser Anpassungsmechanismus nur bis zum Tag der Anwendung der in Art. 8 des Vertrags vorgesehenen Anpassungsklausel greift.

35

Art. 8 („Anpassungsklausel“) des Vertrags lautet:

„Unter Berücksichtigung der Laufzeit des [Vertrags] wird im dritten Jahr ein Zwischenbericht erstellt, in dem nach einem bestimmten Verfahren und auf der Grundlage eines gemeinsamen Sachverständigengutachtens eine Prüfung des finanziellen Gleichgewichts des [Vertrags] vorgenommen und im Einvernehmen mit den Parteien gegebenenfalls Maßnahmen zur Berichtigung der Dienstleistungen und zur Anpassung der Entgelte getroffen werden, die gewährleisten sollen, dass die Gebietskörperschaft Korsika – u. a. über eine Kürzung des Ausgleichs – weiterhin die Kontrolle über ihre finanzielle Intervention hat, und die Grundstruktur des [Vertrags] bewahren müssen.“

36

In Anwendung dieser Anpassungsklausel wurde der Vertrag Ende 2009 durch eine Zusatzvereinbarung geändert.

Verfahren vor der Kommission und angefochtener Beschluss

37

Mit Schreiben vom 27. September, 30. November und 20. Dezember 2007 wandte sich Corsica Ferries mit einer Beschwerde an die Kommission. Diese Beschwerde betraf rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen, die SNCM und CMN aufgrund des Vertrags gewährt worden sein sollen.

38

Mit Schreiben vom 20. Mai 2010, 16. Juli 2010, 22. März 2011, 22. Juni 2011, 15. Dezember 2011 und 10. Januar 2012 übermittelte Corsica Ferries der Kommission zusätzliche Informationen zur Stützung ihrer Beschwerde.

39

Mit Schreiben vom 13. März 2008, 12. November 2008, 13. Oktober 2011 und 14. Dezember 2011 ersuchte die Kommission die französischen Behörden um Auskünfte. Diese antworteten auf die genannten Ersuchen mit Schreiben vom 3. Juni 2008, 14. Januar 2009, 7. Dezember 2011 und 20. Januar 2012.

40

Mit Schreiben vom 27. Juni 2012 setzte die Kommission die Französische Republik von ihrem Beschluss in Kenntnis, wegen der gemäß dem Vertrag mutmaßlich gewährten Beihilfen zugunsten von SNCM und CMN das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV einzuleiten (ABl. 2012, C 301, S. 1).

41

Die französischen Behörden nahmen zu diesem Beschluss Stellung und beantworteten die darin enthaltenen Fragen mit Schreiben vom 13. Juli und 7. September 2012. Corsica Ferries, SNCM und CMN legten ebenfalls Stellungnahmen zum genannten Beschluss vor, die den französischen Behörden übermittelt wurden und zu denen diese mit Schreiben vom 14. November 2012 sowie 3. Januar, 16. Januar und 12. Februar 2013 Bemerkungen äußerten.

42

Nach Abschluss dieses Verfahrens erließ die Kommission am 2. Mai 2013 den Beschluss 2013/435/EU über die staatliche Beihilfe SA.22843 (2012/C) (ex 2012/NN) Frankreichs zugunsten von SNCM und CMN (ABl. 2013, L 220, S. 20, im Folgenden: angefochtener Beschluss).

43

Der angefochtene Beschluss wurde der Französischen Republik am 3. Mai 2013 bekannt gegeben und SNCM mit E‑Mail der Kommission vom 14. Juni 2013 übermittelt.

44

Um festzustellen, ob die SNCM und CMN im Rahmen des Vertrags gewährten Ausgleichszahlungen eine staatliche Beihilfe, insbesondere einen selektiven Vorteil darstellten, prüfte die Kommission im angefochtenen Beschluss, ob die kumulativen Kriterien, die der Gerichtshof im Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg (C‑280/00, EU:C:2003:415), festgelegt hatte, im vorliegenden Fall erfüllt waren (im Folgenden: Altmark-Kriterien). Insbesondere nahm sie eine Prüfung des ersten und des vierten Kriteriums vor (siehe unten, Rn. 87 und 90).

45

Was das erste Altmark-Kriterium angeht, legte die Kommission als Erstes den anzuwendenden „Analyserahmen“ fest und prüfte es sodann (Erwägungsgründe 132 bis 136 des angefochtenen Beschlusses). Sie vertrat u. a. die Auffassung, dass in Bezug auf den Umfang der öffentlichen Dienstleistung die Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage) (ABl. 1992, L 364, S. 7, im Folgenden: Seekabotage-Verordnung) in ihren Auslegungen durch die Rechtsprechung, insbesondere durch den Gerichtshof in seinem Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), eingehalten werden müsse, damit er einer Kontrolle anhand der Vorschriften über staatliche Beihilfen standhalten könne. Daraus leitete sie ab, dass „der durch einen Vertrag über öffentliche Dienstleistungen festgelegte Umfang der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung im Hinblick auf einen wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen notwendig und verhältnismäßig sein [müsse], was dadurch nachzuweisen [sei], dass unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs kein ausreichender Schiffslinienverkehr gewährleistet werden [könne]“ (136. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

46

Als Zweites vertrat die Kommission die Ansicht, der Basisdienst und der Zusatzdienst seien getrennt zu prüfen (Erwägungsgründe 137 bis 144 des angefochtenen Beschlusses). Sie stellte fest, dass das dem Vertrag als Anhang beigefügte Lastenheft klar zwischen diesen beiden Arten von Diensten unterscheide. Darüber hinaus wäre nur dann zu Recht davon auszugehen, dass der Zusatzdienst durch einen wirklichen, durch den Basisdienst zu befriedigenden Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen begründet werden könne, wenn „aufgrund mehrerer technischer und wirtschaftlicher Erfordernisse“ erwiesen sei, dass seine Erbringung für den Basisdienst unerlässlich sei (139. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Im vorliegenden Fall seien diese beiden Arten von Diensten keine sich technisch ergänzenden Tätigkeiten, da für sie insbesondere in Bezug auf die Fahrpläne und die Häufigkeit unterschiedliche Verpflichtungen gälten und der Basisdienst mit kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffen, der Zusatzdienst hingegen mit Fähren erbracht werde. Außerdem lasse die Kostenrechnung von SNCM für den Zusatzdienst dauerhaft ein Betriebsdefizit erkennen, so dass dem Argument der französischen Behörden, die Einbeziehung dieses Dienstes in den Umfang der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen sei durch einen Finanzausgleich mit dem Basisdienst gerechtfertigt, nicht gefolgt werden kann.

47

Als Drittes prüfte die Kommission den Basisdienst anhand des ersten Altmark-Kriteriums (Erwägungsgründe 145 bis 150 des angefochtenen Beschlusses). Insoweit stellte sie zunächst fest, dass ein Mindestangebot an Dienstleistungen zur Gewährleistung der Kontinuität der Verbindungen zwischen Marseille und den betreffenden fünf korsischen Häfen einem klar definierten Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entspreche (145. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). In Bezug auf die fehlende Privatinitiative stellte sie sodann fest, dass die anderen Marktteilnehmer selbst eingeräumt hätten, dass sie nicht in der Lage gewesen wären, den Basisdienst sicherzustellen (146. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Darüber hinaus verstoße die Zusammenfassung von Strecken in einem einzigen Bündel grundsätzlich nicht gegen die Seekabotage-Verordnung. Vielmehr ermögliche die Bündelung von fünf Strecken im vorliegenden Fall eine Zusammenlegung von Schiffen, durch die die Qualität des fraglichen Dienstes verbessert und seine Kosten gesenkt würden (148. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Schlussendlich enthielten der Vertrag und seine Anhänge präzise Vorgaben in Bezug auf die Kontinuität, die Regelmäßigkeit, die Leistungsfähigkeit und die Tarifgestaltung, die die Auftragnehmer bei der Gewährleistung des Basisdienstes einhalten müssten (149. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Aus dem Vorstehenden schloss die Kommission, dass die Einbeziehung des Basisdienstes in den Geltungsbereich des Vertrags im Hinblick auf einen wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen notwendig und verhältnismäßig sei (150. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

48

Als Viertes prüfte die Kommission den Zusatzdienst, der lediglich von SNCM, und zwar unter Einsatz zweier Fähren, erbracht wurde, anhand des ersten Altmark-Kriteriums (Erwägungsgründe 151 bis 167 des angefochtenen Beschlusses). Sie vertrat die Ansicht, dass seine Einbeziehung in den Umfang der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen keinem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entspreche und der Französischen Republik deshalb ein offensichtlicher Beurteilungsfehler bei seiner Einstufung als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (im Folgenden: DAWI) unterlaufen sei (167. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

49

In diesem Zusammenhang war die Kommission zum einen der Auffassung, dass der Zusatzdienst ab Marseille auf der Nachfrageseite zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses weitgehend mit den Personenverkehrsdiensten von Toulon nach Bastia und Ajaccio austauschbar gewesen sei (Erwägungsgründe 154 bis 160 des angefochtenen Beschlusses). Sie stellte insoweit u. a. fest, die Entwicklung des Verkehrs auf den Verbindungen zwischen dem französischen Festland und Korsika während des Zeitraums 2002 bis 2009 habe erkennen lassen, dass innerhalb kurzer Zeit ein konkurrenzfähiges Angebot zu dem der gemeinsam als Auftragnehmer auftretenden Unternehmen entstanden sei. Die Aufschlüsselung des Verkehrs nach anzulaufenden Häfen mache deutlich, dass der Verkehr ab Toulon überdurchschnittlich zugenommen habe, während der Verkehr ab Marseille gleichzeitig rückläufig gewesen sei. Das Wachstum des Gesamtverkehrsaufkommens sei daher weitgehend von den Anbietern der Dienste ab Toulon abgeschöpft worden, und zwar auf Kosten des Angebots der gemeinsam als Auftragnehmer auftretenden Unternehmen, die von Marseille aus operiert hätten. Darüber hinaus machte sie die geringe Entfernung zwischen Marseille und Toulon, die Tatsache, dass die Fahrtzeit auf der Straße zwischen diesen beiden Städten deutlich unter der Fahrtzeit auf See liege, sowie den Umstand geltend, dass die in Toulon auslaufenden Schiffe Korsika in kürzerer Zeit erreichen könnten als die Schiffe ab Marseille.

50

Zum anderen wies die Kommission darauf hin, dass die französischen Behörden keinen Beweis dafür erbracht hätten, dass es beim Zusatzdienst an Privatinitiative gefehlt habe (161. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Sie stellte u. a. fest, dass es für die Häfen von Bastia und Ajaccio, auf die 90 % der vom Zusatzdienst verlangten Kapazitäten entfallen seien, ausgereicht hätte, die vom Basisdienst auf der Grundlage des Vertrags angebotenen Kapazitäten ab Marseille sowie die Kapazitäten des von privaten Anbietern wie Corsica Ferries ab Toulon erbrachten Dienstes zusammenzulegen, um den tatsächlich festgestellten Bedarf zu befriedigen. Dies gelte sowohl für den Zeitraum Frühjahr/Herbst als auch für die Sommerperiode sowie für jeden der beiden Häfen und für jedes einzelne Jahr von 2004 bis 2006 (162. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission war daher der Auffassung, dass die Einbeziehung des Zusatzdienstes in den Bereich der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen im Hinblick auf die Befriedigung der für die Linien Marseille–Bastia und Marseille–Ajaccio festgestellten Verkehrsnachfrage weder notwendig noch verhältnismäßig gewesen sei. Was die Strecke Marseille–Propriano angehe, berechtige deren geringer Verkehrsanteil nicht zu der Annahme, dass fehlende Privatinitiative auf dieser Strecke etwas an der Schlussfolgerung zum Zusatzdienst insgesamt ändere (164. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Darüber hinaus habe die von Corsica Ferries erbrachte Dienstleistung den für alle Verbindungen zwischen dem französischen Festland und Korsika geltenden Vorschriften für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen entsprochen und keine Qualitätsunterschiede im Vergleich zu den Leistungen aufgewiesen, die im Rahmen des Zusatzdienstes erbracht worden seien (165. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

51

Aus dem Vorstehenden schloss die Kommission, dass, was die für den Zusatzdienst gewährten Ausgleichszahlungen betreffe, das erste Altmark-Kriterium nicht erfüllt sei (167. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

52

In Bezug auf das vierte Altmark-Kriterium vertrat die Kommission die Auffassung, dass es für keine der beiden in Rede stehenden Arten von Diensten erfüllt sei (183. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

53

In diesem Zusammenhang gelangte die Kommission auf der Grundlage einer Reihe von Faktoren als Erstes zu dem Schluss, dass die Ausschreibungsbedingungen nicht geeignet gewesen seien, den Bewerber auszuwählen, der die fraglichen Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen könne (Erwägungsgründe 169 bis 178 des angefochtenen Beschlusses).

54

Diese Schlussfolgerung begründete die Kommission im Wesentlichen mit folgenden Gesichtspunkten:

Die Vergabe des Vertrags sei im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit Veröffentlichung einer Bekanntmachung erfolgt, also eines Verfahrens, das der Bewilligungsbehörde einen weiten Ermessensspielraum gewähre und unter Umständen die Teilnahme interessierter Betreiber einschränken könne;

das einzige Angebot, das in Konkurrenz zu dem der gemeinsam als Auftragnehmer auftretenden Unternehmen eingereicht worden sei, nämlich das Angebot von Corsica Ferries, sei nicht nach den eigenen Leistungen des Bieters beurteilt worden (Vergabekriterien), sondern auf der Grundlage eines Auswahlkriteriums, nämlich der Fähigkeit des Bieters, den Dienst am 1. Juli 2007 aufzunehmen;

dem korsischen Verkehrsamt sei es also nach diesem Verfahren nicht möglich gewesen, mehrere Angebote zu vergleichen und das wirtschaftlich günstigste auszuwählen;

es reiche für die Herbeiführung eines wirksamen Wettbewerbs nicht aus, dass zwei Angebote eingereicht worden seien, da das konkurrierende Angebot von Corsica Ferries, in dem als Datum für die Aufnahme des Dienstes der 12. November 2007 vorgesehen gewesen sei, deshalb keine ernst zu nehmende Alternative habe sein können;

die Tatsache, dass im vorliegenden Fall zahlreiche Beschwerden eingereicht worden seien, sei kein Beweis für die Wirksamkeit des Wettbewerbs im Rahmen des in Rede stehenden Vergabeverfahrens;

das Konsortium aus SNCM und CMN als etablierter Anbieter, der bereits über eine Flotte verfügt habe, die den spezifischen Anforderungen des Lastenhefts des Vertrags entsprochen habe, habe einen erheblichen Wettbewerbsvorteil besessen;

die extrem kurze Frist zwischen dem vorgesehenen Termin für die Vergabe des Auftrags (der schließlich am 7. Juni 2007 erteilt worden sei) und dem Termin für die Aufnahme der Dienste (1. Juli 2007) habe eine erhebliche Marktzutrittsschranke für neue Marktteilnehmer darstellen können;

zusammen mit den technischen Anforderungen, die sich aus den Besonderheiten der betreffenden Häfen ergeben hätten, der Bedingung, die hinsichtlich des Alters der Flotte gestellt worden sei, und den im Lastenheft des Vertrags geforderten Beförderungskapazitäten der einzelnen Schiffe habe diese sehr kurze Frist die Teilnahme an der Ausschreibung beschränken können;

auch die zahlreichen Anpassungsklauseln sowie das Recht des korsischen Verkehrsamts, Ausnahmen von den geltenden Vorschriften zu beschließen, hätten dazu beitragen können, von einer Teilnahme an der Ausschreibung abzuhalten, und Zweifel an bestimmten technischen und wirtschaftlichen Parametern, die für die Erstellung eines Angebots entscheidend seien, nähren können.

55

Als Zweites stellte die Kommission fest, dass die französischen Behörden ihr keine Angaben gemacht hätten, mit denen sich nachweisen lasse, dass die Ausgleichsleistungen nach dem Vorbild eines durchschnittlichen, gut geführten und angemessen ausgestatteten Unternehmens berechnet worden seien (Erwägungsgründe 179 und 180 des angefochtenen Beschlusses). Hinzu komme, dass der Ausgleich nicht unter Bezugnahme auf eine zuvor festgelegte Kostengrundlage oder durch Vergleich mit der Kostenstruktur anderer vergleichbarer Seeschifffahrtsunternehmen festgesetzt worden sei, sondern ausgehend von den voraussichtlichen Einnahmen und den Treibstoffkosten, die nur einen Teil der Ergebnisse und Kosten der Dienstleistung umfassten (180. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Außerdem hätten die voraussichtlichen Ausgleichszahlungen für die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen deutlich über denen für den Zeitraum 2002–2006 gelegen, die sich auf ähnliche und hinsichtlich der angebotenen Kapazitäten sogar etwas darunterliegende Verpflichtungen bezogen hätten (181. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses). Schließlich sei ein Vergleich mit den Kosten, die ein gut geführtes Unternehmen zu tragen hätte, umso notwendiger gewesen, als bestimmte Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass SNCM selbst, die damals eine intensive Umstrukturierungsphase hinter sich gehabt habe, kein solches Unternehmen gewesen sei (182. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

56

Nach alledem gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass den Auftragnehmern ein selektiver wirtschaftlicher Vorteil zuteilgeworden sei (184. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

57

Nachdem sie festgestellt hatte, dass die in Rede stehenden Ausgleichsleistungen den Wettbewerb verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen könnten, gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass sie staatliche Beihilfen darstellten und rechtswidrig seien, da sie ohne vorherige Anmeldung gewährt worden seien (Erwägungsgründe 185 bis 187 und Art. 1 des angefochtenen Beschlusses).

58

In den Erwägungsgründen 188 bis 212 des angefochtenen Beschlusses prüfte die Kommission die Vereinbarkeit dieser staatlichen Beihilfen mit dem Binnenmarkt.

59

Insoweit stellte die Kommission als Erstes fest, dass staatliche Beihilfen, die nicht in den Anwendungsbereich ihres Beschlusses 2012/21/EU vom 20. Dezember 2011 über die Anwendung von Art. 106 Abs. 2 AEUV auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von [DAWI] betraut sind (ABl. 2012, L 7, S. 3), fielen, gemäß Rn. 11 ihrer Mitteilung – Rahmen der Europäischen Union für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen (2011) (ABl. 2012, C 8, S. 15, im Folgenden: DAWI-Rahmen) für mit Art. 106 Abs. 2 AEUV vereinbar erklärt werden könnten, wenn sie für die Erbringung der DAWI erforderlich seien und sie die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Maße beeinträchtigten, das dem Interesse der Europäischen Union zuwiderlaufe; damit dieses Gleichgewicht gegeben sei, müssten die in den Abschnitten 2.2 bis 2.10 des DAWI-Rahmens genannten Voraussetzungen erfüllt sein (190. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

60

Als Zweites wies die Kommission darauf hin, dass der Basisdienst eine DAWI darstelle, dies beim Zusatzdienst aber nicht der Fall sei, so dass die für den letztgenannten Dienst vorgenommenen Ausgleichszahlungen für nicht mit Art. 106 Abs. 2 AEUV vereinbar erklärt werden könnten (Erwägungsgründe 192 und 193 des angefochtenen Beschlusses).

61

Als Drittes vertrat die Kommission in Bezug auf den Basisdienst die Auffassung, die anderen im DAWI-Rahmen vorgesehenen Bedingungen seien erfüllt (Erwägungsgründe 194 bis 212 des angefochtenen Beschlusses).

62

Aus den vorstehenden Gesichtspunkten schloss die Kommission, dass die SNCM und CMN für den Basisdienst gewährten Ausgleichsleistungen rechtswidrige, jedoch mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfen darstellten (213. Erwägungsgrund, Art. 1 und Art. 2 Abs. 2 des angefochtenen Beschlusses), während die allein SNCM für den Zusatzdienst gewährten Ausgleichsleistungen rechtswidrige, mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen seien (214. Erwägungsgrund, Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses).

63

Daher ordnete die Kommission die sofortige Einstellung der Zahlung der Ausgleichsleistungen für den Zusatzdienst und die Rückforderung der zu diesem Zweck bereits gezahlten Beihilfen vom Empfänger an, wobei der Rückforderungsbetrag Zinsen umfasste, die von dem Tag, ab dem die Beihilfe dem Begünstigten zur Verfügung gestanden hatte, bis zu deren tatsächlicher Rückzahlung berechnet wurden (Erwägungsgründe 215 bis 218 und 220 sowie Art. 3 des angefochtenen Beschlusses). Die Kommission stellte klar, dass diese Rückforderung sofort und tatsächlich zu erfolgen habe und die französischen Behörden sicherzustellen hätten, dass der angefochtene Beschluss binnen vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt werde (219. Erwägungsgrund und Art. 4 des angefochtenen Beschlusses), d. h. bis spätestens 3. September 2013. Außerdem waren die französischen Behörden verpflichtet, der Kommission binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses u. a. Informationen betreffend den Gesamtbetrag (Hauptforderung und Zinsen), der vom Begünstigten zurückzufordern war, eine ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die ergriffen worden bzw. beabsichtigt waren, um dem angefochtenen Beschluss nachzukommen, sowie Unterlagen zu übermitteln, aus denen hervorging, dass an den Begünstigten eine Rückzahlungsanordnung ergangen war (Art. 5 des angefochtenen Beschlusses).

Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

64

Mit Klageschrift, die am 26. August 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat SNCM die vorliegende Klage erhoben.

65

Der angefochtene Beschluss ist auch Gegenstand einer Nichtigkeitsklage der Französischen Republik gewesen, die am 12. Juli 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen und unter dem Aktenzeichen T‑366/13 in das Register eingetragen worden ist.

66

Mit am 11. Dezember 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz hat Corsica Ferries beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.

67

Mit am 9. Januar und 10. Februar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichten Schriftsätzen hat SNCM für den Fall die vertrauliche Behandlung bestimmter in der Klageschrift bzw. in der Erwiderung enthaltener Elemente gegenüber Corsica Ferries beantragt, dass diese als Streithelferin zugelassen werden sollte. Sie hat diesen Anträgen eine nicht vertrauliche Fassung der genannten Schriftsätze beigefügt.

68

Mit Beschluss vom 21. Februar 2014 hat der Präsident der Sechsten Kammer des Gerichts den Streitbeitritt von Corsica Ferries zugelassen. Die Entscheidung über die Begründetheit der Anträge auf vertrauliche Behandlung ist vorbehalten worden.

69

Mit am 6. März 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz hat Corsica Ferries Einwände gegen die Anträge auf vertrauliche Behandlung hinsichtlich eines Großteils der Angaben erhoben, auf die sich diese Anträge beziehen.

70

Mit Beschluss vom 3. Oktober 2014, SNCM/Kommission (T‑454/13, EU:T:2014:898), hat der Präsident der Sechsten Kammer des Gerichts den Anträgen auf vertrauliche Behandlung teilweise stattgegeben.

71

Corsica Ferries hat ihren Streithilfeschriftsatz am 9. Januar 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht. SNCM hat mit am 9. März 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz dazu Stellung genommen. Mit Schreiben vom selben Tag hat die Kommission angegeben, dass sie keine Stellungnahme zum genannten Schriftsatz abgeben werde.

72

Das Gericht (Sechste Kammer) hat auf Vorschlag des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

73

Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 89 seiner Verfahrensordnung hat das Gericht die Kommission aufgefordert, schriftlich einige Fragen zu beantworten, was diese fristgerecht getan hat.

74

Mit am 6. Juni 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat SNCM die vertrauliche Behandlung bestimmter Teile der Antwort der Kommission auf diese Fragen gegenüber Corsica Ferries beantragt. Corsica Ferries hat lediglich eine nicht vertrauliche Fassung dieser Antwort erhalten und gegen den Antrag auf vertrauliche Behandlung ihr gegenüber keine Einwände erhoben.

75

Die Verfahrensbeteiligten haben in der Sitzung vom 14. Juni 2016 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

76

SNCM beantragt,

in erster Linie, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

hilfsweise, den angefochtenen Beschluss teilweise für nichtig zu erklären, soweit dieser vorsieht, dass der Betrag der Beihilfe die in seinem 218. Erwägungsgrund genannten Elemente umfasst;

der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

77

Die Kommission beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen;

SNCM die Kosten aufzuerlegen.

78

Corsica Ferries beantragt,

die Hauptklage abzuweisen;

SNCM die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

79

Zur Stützung ihrer Klage bringt SNCM eine Reihe von Argumenten vor, die sich in fünf Klagegründe zusammenfassen lassen, nämlich

einen ersten Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass es sich beim Zusatzdienst nicht um eine DAWI handle;

einen zweiten Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass der Vertrag das vierte Altmark-Kriterium nicht erfülle;

einen dritten Klagegrund, der daraus hergeleitet wird, dass die Kommission den zurückzufordernden Beihilfebetrag falsch berechnet habe;

einen vierten Klagegrund, mit dem eine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes gerügt wird;

einen fünften Klagegrund, der aus einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes hergeleitet wird.

Vorbemerkungen

80

Vorab sind einige Rechtsprechungsgrundsätze darzulegen, die sich u. a. auf die Einstufung einer Ausgleichszahlung für öffentliche Dienstleistungen als staatliche Beihilfe beziehen und in deren Licht die vorliegende Klage zu prüfen ist.

81

Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV sind, soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

82

Nach ständiger Rechtsprechung verlangt die Einstufung als Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV, dass die in der genannten Bestimmung aufgestellten Voraussetzungen sämtlich erfüllt sind. So muss es sich erstens um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln, zweitens muss diese Maßnahme geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, drittens muss dem Begünstigten durch sie ein selektiver Vorteil gewährt werden und viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (vgl. Urteil vom 8. Mai 2013, Libert u. a., C‑197/11 und C‑203/11, EU:C:2013:288, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung).

83

Die ersten beiden Gründe der vorliegenden Klage betreffen insbesondere die dritte dieser Voraussetzungen, nämlich die Voraussetzung, wonach dem Begünstigten mit der fraglichen Maßnahme ein Vorteil gewährt werden muss.

84

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass als staatliche Beihilfen nach ständiger Rechtsprechung Maßnahmen gleich welcher Art gelten, die mittelbar oder unmittelbar Unternehmen begünstigen oder die als ein wirtschaftlicher Vorteil anzusehen sind, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte (vgl. Urteil vom 2. September 2010, Kommission/Deutsche Post, C‑399/08 P, EU:C:2010:481, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

85

Eine staatliche Maßnahme, die als Ausgleich anzusehen ist, der die Gegenleistung für Leistungen bildet, die von den Unternehmen, denen sie zugutekommt, zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erbracht werden, so dass diese Unternehmen in Wirklichkeit keinen finanziellen Vorteil erhalten und die genannte Maßnahme somit nicht bewirkt, dass sie gegenüber den mit ihnen im Wettbewerb stehenden Unternehmen in eine günstigere Wettbewerbsstellung gelangen, fällt allerdings nicht unter Art. 107 Abs. 1 AEUV (Urteile vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, EU:C:2003:415, Rn. 87, sowie vom 8. Mai 2013, Libert u. a., C‑197/11 und C‑203/11, EU:C:2013:288, Rn. 84).

86

Ein derartiger Ausgleich ist im konkreten Fall jedoch nur dann nicht als staatliche Beihilfe zu qualifizieren, wenn vier kumulative Kriterien erfüllt sind (Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, EU:C:2003:415, Rn. 87 und 88).

87

Erstens muss das begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein, und diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein (Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, EU:C:2003:415, Rn. 89). Der Begriff der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung im Sinne dieses ersten Kriteriums entspricht dem der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in Art. 106 Abs. 2 AEUV (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Februar 2008, BUPA u. a./Kommission, T‑289/03, EU:T:2008:29, Rn. 162).

88

Zweitens sind die Parameter, anhand deren der Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent aufzustellen (Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, EU:C:2003:415, Rn. 90).

89

Drittens darf der Ausgleich nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken (Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, EU:C:2003:415, Rn. 92).

90

Wenn viertens die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, im konkreten Fall nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann, so ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind (Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C‑280/00, EU:C:2003:415, Rn. 93).

91

Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission die Ansicht vertreten, das erste Altmark-Kriterium sei für den Zusatzdienst und das vierte Kriterium für beide in Rede stehenden Dienstarten nicht erfüllt.

Erster Klagegrund: Die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass es sich beim Zusatzdienst nicht um eine DAWI handle

92

Mit ihrem ersten Klagegrund, der in vier Teile unterteilt ist, macht SNCM geltend, die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass es sich beim Zusatzdienst nicht um eine DAWI handle.

93

Vorab ist klarzustellen, dass das Gericht wegen des weiten Ermessens, über das der Mitgliedstaat bei der Definition einer gemeinwirtschaftlichen Aufgabe und der Festlegung der Bedingungen für ihre Durchführung verfügt, einerseits, und der auf offenkundige Fehler beschränkten Kontrolle, zu der die Kommission ermächtigt ist, andererseits (vgl. unten, Rn. 111), die diesbezügliche Beurteilung der Kommission nach ständiger Rechtsprechung auch nur bis zu dieser Grenze überprüfen kann und daher nur untersuchen darf, ob die Kommission das Vorliegen eines offenkundigen Fehlers des Mitgliedstaats zu Recht bejaht oder verneint hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. September 2013, Iliad u. a./Kommission, T‑325/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:472, Rn. 121 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Erster Teil: Die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, indem sie eine eingehende Prüfung der Notwendigkeit des Dienstes anhand eines wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen vorgenommen habe

94

Im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes stellt SNCM die Zweckmäßigkeit des Tests in Abrede, den die Kommission im angefochtenen Beschluss angewandt hat, um zu prüfen, ob das erste Altmark-Kriterium erfüllt gewesen ist (vgl. oben, Rn. 45). Sie trägt vor, diese habe dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass sie im vorliegenden Fall eine eingehende Prüfung der Einstufung als DAWI und der Notwendigkeit des Zusatzdienstes anhand eines wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen vorgenommen habe.

95

Dieser erste Teil lässt sich in vier Unterteile untergliedern. Zunächst ist der erste Unterteil zu prüfen, anschließend der zweite und der vierte Unterteil und schließlich der dritte Unterteil.

– Erster Unterteil: Die Kommission habe ihre frühere Entscheidungspraxis und die Rechtsprechung missachtet

96

SNCM trägt vor, der Vertrag, dessen Hauptziel die Umsetzung des Grundsatzes der Kontinuität der Festlandsverbindungen sei, entspreche in seiner Gesamtheit einem eindeutigen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen. Indem die Kommission im angefochtenen Beschluss das Gegenteil angenommen habe, sei sie von ihrer früheren, die vorherigen Verträge über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für die Seeverbindung nach Korsika betreffenden Entscheidungspraxis sowie von den Urteilen vom 19. Mai 1993, Corbeau (C‑320/91, EU:C:1993:198), und vom 11. September 2012, Corsica Ferries France/Kommission (T‑565/08, EU:T:2012:415), abgewichen. In der Erwiderung fügt SNCM hinzu, die Kommission könne ohne ordnungsgemäße Begründung nicht zu ein und demselben Thema eine Position einnehmen, die der bis dahin vertretenen Position diametral entgegengesetzt sei.

97

Die Kommission tritt dem Vorbringen von SNCM entgegen.

98

Zunächst ist festzustellen, dass dem Argument von SNCM, die Kommission habe insofern „offensichtlich widersprüchlich“ gehandelt, als sie in früheren, vorherige Verträge über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betreffenden Entscheidungen bereits die Auffassung vertreten habe, dass die Bereitstellung zusätzlicher Personenverkehrskapazitäten in Spitzenverkehrszeiten einem Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entspreche, nicht gefolgt werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Begriff der staatlichen Beihilfe nämlich ein objektiver Begriff, der sich nur danach bestimmt, ob eine staatliche Maßnahme einem oder mehreren Unternehmen einen Vorteil verschafft oder nicht. Die Entscheidungspraxis der Kommission in diesem Bereich kann daher nicht maßgeblich sein (vgl. Urteil vom 4. März 2009, Associazione italiana del risparmio gestito und Fineco Asset Management/Kommission, T‑445/05, EU:T:2009:50, Rn. 145 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die gleiche Lösung ist für die Frage nach der Prüfung der Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Binnenmarkt geboten (Urteile vom 20. Mai 2010, Todaro Nunziatina & C., C‑138/09, EU:C:2010:291, Rn. 21, und vom 15. Juni 2005, Regione autonoma della Sardegna/Kommission, T‑171/02, EU:T:2005:219, Rn. 177).

99

Jedenfalls lässt die bloße Tatsache, dass sich der angefochtene Beschluss von den früheren einschlägigen Entscheidungen der Kommission unterscheidet, nicht die Annahme zu, dass er mit diesen nicht in Einklang steht. Wie die Kommission völlig zu Recht festgestellt hat, kann sich die Beurteilung der Frage, ob ein wirklicher Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen besteht, im Laufe der Zeit nach Maßgabe der Entwicklung der Marktkräfte nämlich durchaus ändern. Im Übrigen hatte die Kommission in ihrer von SNCM in deren Schriftsätzen mehrfach angeführten Entscheidung 2002/149/EG vom 30. Oktober 2001 über die staatliche[n] Beihilfen Frankreichs zugunsten von SNCM (ABl. 2002, L 50, S. 66) bereits hervorgehoben, dass sich die Situation „[a]uf französischer Seite … in den letzten Jahren entscheidend verändert [habe], und zwar in einem Maße, dass inzwischen sogar die Notwendigkeit gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen in Frage gestellt werden [könne]“ (78. Erwägungsgrund), und dass „die Schlussfolgerung der Kommission nicht über den 31. Dezember 2001 hinaus gelten [könne], dem Datum, an dem der Rahmenvertrag aus[laufe]. Das heiß[e], über dieses Datum hinaus wäre die Notwendigkeit, einen öffentlichen Linienverkehr aufrechtzuerhalten, wie dies im Rahmenvertrag zwischen dem französischen Staat und … SNCM im Jahre 1976 und zwischen dem [korsischen Verkehrsamt] und … SNCM in den Jahren 1991 und 1996 vereinbart worden [sei], nicht mehr gegeben“ (80. Erwägungsgrund).

100

Aus den gleichen Gründen wie den oben in Rn. 99 dargelegten ist sodann davon auszugehen, dass sich SNCM zur Stützung ihres Vorbringens nicht mit Erfolg auf das Urteil vom 11. September 2012, Corsica Ferries France/Kommission (T‑565/08, EU:T:2012:415), berufen kann. Die beiden von SNCM angeführten Passagen dieses Urteils betreffen nämlich den Vertrag für den Zeitraum 1996–2001.

101

Darüber hinaus kann sich SNCM auch nicht auf das Urteil vom 19. Mai 1993, Corbeau (C‑320/91, EU:C:1993:198), und damit auf das Erfordernis berufen, eine Praxis der „Abschöpfung“ – womit gemeint ist, dass sich Anbieter, die mit dem Erbringer einer gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung im Wettbewerb stehen, auf die rentablen Tätigkeiten des Vertrags konzentrieren und dem besagten Dienstleistungserbringer die unrentablen Tätigkeiten überlassen, wodurch es diesem nicht möglich ist, einen Ausgleich zwischen den in den unrentablen Bereichen entstandenen Verlusten und den in den rentableren Bereichen erzielten Gewinnen vorzunehmen – zu vermeiden. Wie unten in Rn. 155 genauer dargelegt wird, lässt der Akteninhalt nämlich erkennen, dass sowohl der Basisdienst als auch der Zusatzdienst ein erhebliches Betriebsdefizit aufwiesen, was jede Möglichkeit eines Finanzausgleichs untereinander ausschloss (vgl. u. a. die Erwägungsgründe 47 und 143 des angefochtenen Beschlusses).

102

Schließlich ist die Rüge, wonach die Kommission ihre Begründungspflicht verletzt habe, als jeglicher Grundlage entbehrend zurückzuweisen. Abgesehen davon, dass der Kommission nicht vorgeworfen werden kann, dass sie im vorliegenden Fall einen Ansatz gewählt hat, der dem in ihren vorherigen einschlägigen Entscheidungen verfolgten Ansatz „diametral entgegengesetzt“ ist (vgl. oben, Rn. 99), ist festzustellen, dass sie im angefochtenen Beschluss klar und präzise die Gründe für ihre Auffassung angibt, dass das Vorliegen eines wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen für den Zusatzdienst nicht nachgewiesen sei. So hat die Kommission nach Festlegung des „Analyserahmens“, den sie bei der Prüfung der Frage anwenden würde, ob das erste Altmark-Kriterium im vorliegenden Fall erfüllt war (Erwägungsgründe 132 bis 136 des angefochtenen Beschlusses), u. a. unter Zurückweisung des Vorbringens der Französischen Republik, von SNCM und von CMN dargelegt, weshalb sie der Ansicht war, dass der Basisdienst und der Zusatzdienst zwei unterschiedliche Arten von Diensten darstellten und getrennt zu untersuchen seien (Erwägungsgründe 137 bis 144 des angefochtenen Beschlusses), bevor sie den letztgenannten Dienst anhand dieses Kriteriums geprüft hat (Erwägungsgründe 151 bis 167 des angefochtenen Beschlusses). Was diesen letzten Punkt angeht, ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass die Einbeziehung des Zusatzdienstes in den Bereich der öffentlichen Dienstleistungen keinem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entspreche, nachdem sie unter Berücksichtigung einer Reihe von Faktoren im Wesentlichen festgestellt hatte, dass dieser Dienst ab Marseille auf der Nachfrageseite zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses weitgehend mit den Personenverkehrsdiensten von Toulon nach Bastia und Ajaccio austauschbar gewesen sei, einerseits (Erwägungsgründe 154 bis 160 des angefochtenen Beschlusses), und kein Beweis dafür erbracht worden sei, dass es bei diesem Zusatzdienst an Privatinitiative gefehlt habe, andererseits (Erwägungsgründe 161 bis 166 des angefochtenen Beschlusses).

103

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der erste Unterteil als unbegründet zurückzuweisen ist.

– Zweiter und vierter Unterteil: Die Kommission habe den weiten Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten sowie die Tragweite des Urteils vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), und der Seekabotage-Verordnung verkannt

104

SNCM bringt erstens vor, die Kommission habe im vorliegenden Fall den weiten Ermessensspielraum verkannt, über den die Mitgliedstaaten bei der Definition der DAWI verfügten. Weit davon entfernt, sich auf eine einfache Kontrolle eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers zu beschränken, habe sie nämlich eine ausgesprochen detaillierte Prüfung der Definition der in Rede stehenden DAWI und der Notwendigkeit der Dienstleistung vorgenommen. Darüber hinaus könne die Kommission aus dem Urteil vom 16. September 2013, Colt Télécommunications France/Kommission (T‑79/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:463), kein Argument herleiten, da in der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei, Leitlinien vorhanden gewesen seien, die ausdrücklich die Notwendigkeit vorgesehen hätten, ein Marktversagen nachzuweisen, in jenem Fall die Leitlinien der Gemeinschaft für die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit dem schnellen Breitbandausbau (ABl. 2009, C 235, S. 7).

105

Zweitens habe die Kommission die Tragweite des Urteils vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), und der Seekabotage-Verordnung verkannt. Weder dieses Urteil noch diese Verordnung beträfen die Kontrolle staatlicher Beihilfen; in Wirklichkeit bestätigten sie die Gültigkeit des Vertrags. Zudem bezögen sich das genannte Urteil und die erwähnte Verordnung auf Verpflichtungen, die im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Dienstleistungen auferlegt werden und eine Regelung der vorherigen Genehmigung oder einen Vertrag über gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen rechtfertigen könnten, und nicht auf den Geltungsbereich der Dienstleistungen, die Gegenstand eines Ausgleichs im Sinne der Altmark-Rechtsprechung sein könnten, oder auf die Höhe dieses Ausgleichs. Insbesondere hänge die Erbringung von Seeverkehrsdiensten zwischen dem französischen Festland und Korsika – anders als in der Rechtssache, in der das Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), ergangen sei – nicht von der Erteilung einer vorherigen Genehmigung ab. Darüber hinaus stellt SNCM in Abrede, dass die in einem Vertrag über öffentliche Dienstleistungen festgelegten öffentlichen Dienstleistungen vom Umfang her notwendig und im Hinblick auf einen wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen verhältnismäßig sein müssten, was dadurch nachzuweisen wäre, dass unter normalen Marktbedingungen kein ausreichender Schiffslinienverkehr gewährleistet würde. Schließlich stellt sie die Feststellung der Kommission im 135. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses in Frage, dass, wenn „der Ausgleich für im Rahmen eines Vertrags über öffentliche Dienstleistungen auferlegte besondere Verpflichtungen durch die Subventionierung eines Dienstleistungsangebots [erfolge], … dies eindeutig eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar[stelle]“. Weder bezwecke noch bewirke der Ausgleich für eine öffentliche Dienstleistung im vorliegenden Fall eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs, und keines der in Fn. 63 des angefochtenen Beschlusses von der Kommission angeführten Urteile beweise das Gegenteil.

106

In der mündlichen Verhandlung hat SNCM in Beantwortung einer Frage des Gerichts, mit der sie um Klarstellung ersucht worden war, auf der Grundlage welcher Kriterien ihrer Auffassung nach die Zweckdienlichkeit einer DAWI und deren Umfang festgestellt werden sollten, ausgeführt, es genüge, wenn der Mitgliedstaat „ein allgemeines Interesse im weitesten Sinne bezeichn[e], das sich auf etwas beziehen [könne], was generell im öffentlichen Interesse lieg[e]“. Zudem seien die Kriterien der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit – zumindest so, wie sie sich aus der Seekabotage-Verordnung und dem Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), ergäben – im Rahmen dieser Feststellung nicht zu berücksichtigen, da sie auf Konzepte im Zusammenhang mit dem freien Dienstleistungsverkehr zurückgingen.

107

Die Kommission, unterstützt durch Corsica Ferries, weist das Vorbringen von SNCM zurück.

108

Die Kommission und Corsica Ferries tragen unter Bezugnahme auf Rn. 154 des Urteils vom 16. September 2013, Colt Télécommunications France/Kommission (T‑79/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:463), erstens vor, die Beurteilung der Frage, ob ein Marktversagen vorliege, stelle unabhängig vom betroffenen Sektor eine Vorbedingung für die Einstufung einer Tätigkeit als DAWI dar; die Voraussetzung im Zusammenhang mit der mangelnden oder fehlenden Privatinitiative sei folglich dem ersten Altmark-Kriterium inhärent und erfordere eine eingehende Prüfung.

109

Ferner werde der den Mitgliedstaaten bei der Definition der DAWI eingeräumte Ermessensspielraum durch die Seekabotage-Verordnung, so wie sie vom Gerichtshof u. a. im Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), ausgelegt worden sei, begrenzt. Dies bedeute, dass die in Rede stehende Dienstleistung einem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen zu entsprechen habe, der sich daraus ergeben müsse, dass unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs kein ausreichender Schiffslinienverkehr gewährleistet würde, wobei die DAWI vom Umfang her notwendig und im Hinblick auf diesen Bedarf verhältnismäßig sein müsse. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission ausgeführt, ihrer Ansicht nach stelle der Nachweis des Vorliegens eines wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen ein Erfordernis dar, das schwerer zu erfüllen sei als der Nachweis des Vorliegens eines Marktversagens im Sinne des Urteils vom 16. September 2013, Colt Télécommunications France/Kommission (T‑79/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:463).

110

Die Kommission und Corsica Ferries vertreten zweitens die Auffassung, SNCM stelle zu Unrecht in Abrede, dass zwischen der Seekabotage-Verordnung und der Kontrolle staatlicher Beihilfen ein Zusammenhang bestehe. Auch sei es offensichtlich unzutreffend, wenn geltend gemacht werde, diese Verordnung beziehe sich nur auf Fälle, in denen die Erbringung von Dienstleistungen von einer vorherigen Genehmigung abhänge. Im Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), gehe es nicht lediglich um die Frage, ob eine Seeverkehrstätigkeit von einer vorherigen Genehmigung abhängig gemacht werden könne; dieses Urteil enthalte vielmehr sehr klare Ausführungen zu der Art und Weise, in der die Bestimmungen der Seekabotage-Verordnung unter Berücksichtigung ihres Ziels auszulegen seien, das darin bestehe, die Dienstleistungsfreiheit im Seeverkehr zu gewährleisten und Beschränkungen dieser Freiheit nur dann hinzunehmen, wenn sie durch einen wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen gerechtfertigt sowie zur Deckung dieses Bedarfs notwendig und verhältnismäßig seien. Außerdem liege es auf der Hand, dass die Subventionierung eines Dienstleistungsangebots durch den Abschluss eines Vertrags über die in dieser Verordnung aufgeführten gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen mit einem bestimmten Anbieter zu einer Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs führen könne.

111

Es ist festzustellen, dass die Mitgliedstaaten bei der Definition dessen, was sie als DAWI ansehen, nach ständiger Rechtsprechung über ein weites Ermessen verfügen und die Definition dieser Dienstleistungen durch einen Mitgliedstaat von der Kommission daher lediglich im Fall eines offenkundigen Fehlers in Frage gestellt werden kann (vgl. Urteile vom 15. Juni 2005, Olsen/Kommission, T‑17/02, EU:T:2005:218, Rn. 216 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 22. Oktober 2008, TV2/Danmark u. a./Kommission, T‑309/04, T‑317/04, T‑329/04 und T‑336/04, EU:T:2008:457, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung).

112

Die Befugnis des Mitgliedstaats, DAWI zu definieren, ist jedoch nicht unbegrenzt und kann nicht willkürlich mit dem alleinigen Ziel ausgeübt werden, einen bestimmten Sektor der Anwendung der Wettbewerbsregeln zu entziehen (Urteil vom 12. Februar 2008, BUPA u. a./Kommission, T‑289/03, EU:T:2008:29, Rn. 168).

113

Insbesondere wenn spezifische unionsrechtliche Vorschriften für die Definition von Inhalt und Umfang der DAWI gelten, unterliegt das Ermessen der Mitgliedstaaten gemäß Rn. 46 der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (ABl. 2012, C 8, S. 4, im Folgenden: DAWI-Mitteilung) diesen Vorschriften. Wie die Kommission zu Recht feststellt, zielen die besagten Vorschriften im Allgemeinen auf eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften ab, um Hindernisse für die Verkehrsfreiheiten und den freien Dienstleistungsverkehr zu beseitigen; darüber hinaus schränkt die Tatsache, dass sie auf der Grundlage von Vertragsbestimmungen erlassen worden sind, bei denen es sich nicht um die Bestimmungen über die Kontrolle staatlicher Beihilfen handelt, und die Verwirklichung des Binnenmarkts zum Hauptziel haben, ihre Relevanz mit Blick auf das erste Altmark-Kriterium in keiner Weise ein.

114

Wie die Kommission und Corsica Ferries zu Recht geltend machen, gab es vorliegend solche Vorschriften, nämlich die Bestimmungen der Seekabotage-Verordnung. Insoweit sei darauf hingewiesen, dass Art. 1 dieser Verordnung den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs im Seeverkehr in der Union verankert. Ihr dritter Erwägungsgrund stellt in diesem Sinne klar, dass sie auf die Aufhebung der Beschränkungen dieses freien Verkehrs abzielt.

115

In ihrem Art. 4 sieht die Seekabotage-Verordnung mögliche Ausnahmen von diesem Leitprinzip vor, nämlich die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, mit Schifffahrtsgesellschaften, die sich an Liniendiensten von, zwischen und nach Inseln beteiligen, als Voraussetzung für das Recht zur Erbringung von Kabotageleistungen Verträge über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes zu schließen oder ihnen entsprechende Verpflichtungen aufzuerlegen. Insoweit ist festzustellen, dass der Vertrag, wie SNCM im Übrigen einräumt, zweifellos einen solchen Vertrag über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes darstellt, der in Art. 2 Nr. 3 dieser Verordnung als Vertrag definiert ist, der zwischen den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats und einem Unionsreeder abgeschlossen wird, um der Allgemeinheit ausreichende Verkehrsdienste zu bieten. Hinzu kommt, dass sich die Mitgliedstaaten gemäß Art. 4 Abs. 2 der genannten Verordnung bei der Auferlegung von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes auf Auflagen hinsichtlich der anzulaufenden Häfen, der Regelmäßigkeit, Beständigkeit und Häufigkeit des Verkehrs, der Dienstleistungskapazität, der zu erhebenden Gebühren sowie der Schiffsbesatzung beschränken müssen. Nach ebendieser Vorschrift kommen für die etwaige Gewährung eines Ausgleichs für solche Verpflichtungen stets alle Unionsreeder in Betracht.

116

Somit ist die Erwägung der Kommission, wonach der Ermessensspielraum der französischen Behörden in der vorliegenden Rechtssache durch die Bestimmungen der Seekabotage-Verordnung begrenzt werde, zu bestätigen.

117

Darüber hinaus hat die Kommission im angefochtenen Beschluss – ebenfalls zu Recht – berücksichtigt, auf welche Weise der Gerichtshof die genannten Bestimmungen im Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), ausgelegt hatte. In der Rechtssache, in der jenes Urteil ergangen ist, war der Gerichtshof u. a. aufgerufen, die Art. 1 und 4 der Seekabotage-Verordnung auszulegen und klarzustellen, unter welchen Voraussetzungen die Erbringung von Seekabotagediensten einem System vorheriger behördlicher Genehmigungen unterworfen werden konnte.

118

Bei der Auslegung der in Rede stehenden Bestimmungen der Seekabotage-Verordnung hat der Gerichtshof u. a. Folgendes ausgeführt:

„34

[D]ie Anwendung eines Systems vorheriger behördlicher Genehmigungen als Mittel zur Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen [setzt] voraus, dass die zuständigen nationalen Behörden zunächst für ganz bestimmte Verbindungen festgestellt haben, dass die regelmäßigen Verkehrsdienste nicht ausreichen würden, wenn ihre Erbringung allein den Marktkräften überlassen bliebe. Es muss mit anderen Worten ein wirklicher Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen nachweisbar sein.

35

Zum anderen ist ein System vorheriger behördlicher Genehmigungen nur dann gerechtfertigt, wenn nachgewiesen wird, dass es zur Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erforderlich ist und in angemessenem Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht, d. h., dass das gleiche Ziel nicht durch Maßnahmen erreicht werden kann, die – wie ein System nachträglicher Anmeldungen – den freien Dienstleistungsverkehr weniger beschränken …

36

Insoweit kann nicht ausgeschlossen werden, dass die vorherige behördliche Genehmigung als solche ein geeignetes Mittel ist, das es erlaubt, den Inhalt der einem bestimmten Reeder auferlegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung seiner speziellen Situation näher zu bestimmen oder die Eignung eines Reeders zur Erfüllung solcher Verpflichtungen im Voraus zu überprüfen.

37

Ein solches System kann jedoch keine Ermessensausübung der nationalen Behörden rechtfertigen, die geeignet ist, den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere wenn sie eine Grundfreiheit wie die hier in Rede stehende betreffen, ihre praktische Wirksamkeit zu nehmen …“

119

Zwar ging es in der Rechtssache, in der das Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), ergangen ist, um ein System vorheriger behördlicher Genehmigungen und nicht, wie in der vorliegenden Rechtssache, um einen mit der Gewährung von Ausgleichsleistungen einhergehenden Vertrag. Die vom Gerichtshof in jenem Urteil entwickelte Argumentation, die auf einer Auslegung der Seekabotage-Verordnung nach Maßgabe ihres Hauptziels beruht, das darin besteht, den freien Verkehr von Seekabotagediensten zu gewährleisten und Beschränkungen dieser Freiheit folglich nur unter sehr strengen Voraussetzungen hinzunehmen, ist jedoch in vollem Umfang auf den vorliegenden Fall übertragbar.

120

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 56 AEUV nach ständiger Rechtsprechung nicht nur die Beseitigung jeder Diskriminierung des in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistenden aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder aufgrund des Umstands verlangt, dass er in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist als dem, in dem die Dienstleistung erbracht werden soll, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen – selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gelten –, sofern sie geeignet sind, die Tätigkeiten des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und dort rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (vgl. – neben den in Fn. 63 des angefochtenen Beschlusses angeführten Urteilen – Urteile vom 7. Oktober 2010, dos Santos Palhota u. a., C‑515/08, EU:C:2010:589, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 19. Dezember 2012, Kommission/Belgien, C‑577/10, EU:C:2012:814, Rn. 38, sowie vom 11. September 2014, Essent Energie Productie, C‑91/13, EU:C:2014:2206, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es lässt sich nicht bestreiten, dass die Gewährung eines finanziellen Ausgleichs an einen bestimmten Dienstleistungserbringer, nämlich den Erbringer der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung, geeignet ist, die Erbringung ebendieser Dienstleistungen durch Anbieter, die diesen Ausgleich nicht erhalten, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Aufgrund der Höhe dieses Ausgleichs kommt sein Empfänger nämlich in den Genuss eines entscheidenden Vorteils gegenüber seinen Wettbewerbern, wodurch diese davon abgehalten werden können, die betreffenden Dienstleistungen anzubieten.

121

Im vorliegenden Fall war die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen umso mehr geeignet, den freien Verkehr von Seekabotagediensten zu beeinträchtigen, als neuen potenziellen Anbietern auf den Strecken zwischen Marseille und Korsika, wie aus den von der Kommission in Rn. 44 ihres Beschlusses über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens getroffenen Feststellungen hervorgeht, in Art. 3 Abs. 2 des Vertrags besonders restriktive Bedingungen auferlegt wurden. Diese Vorschrift lautet nämlich wie folgt:

„Wettbewerb ist in folgendem Rahmen möglich: Auf sämtlichen Linien kann jedes Unternehmen ohne Ausgleichsleistungen Liniendienste anbieten, die ganzjährig pro Woche mindestens zwei Verbindungen umfassen und unter Bedingungen erfolgen, die sicherstellen, dass sie die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betreibers des öffentlichen Dienstes nicht belasten können, mit der Folge, dass die Wahl der Abfahrts- und Ankunftstage vom korsischen Verkehrsamt nach Billigung durch das korsische Regionalparlament festgelegt wird. Diese Bedingung wird verbindlich vereinbart. Bei Nichteinhaltung der gesamten oder eines Teils dieser Verpflichtung wird eine Strafe von 2 Mio. Euro fällig, deren Zahlung durch eine Bankgarantie in Höhe eines entsprechenden Betrags zu sichern ist. Diese Bankgarantie muss von einer in der Europäischen Union ansässigen Bank mit langfristiger Bonität ‚Standard and Poors A+‘ (oder gleichwertig) gestellt werden.“

122

In diesem Kontext ist die Bemerkung von SNCM, wonach das Bestehen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen Corsica Ferries nicht daran gehindert habe, in den Markt einzutreten und dort rasch eine „beherrschende Stellung“ zu erreichen, zurückzuweisen. Es lässt sich nämlich nicht ausschließen, dass der Eintritt von Corsica Ferries in den Markt und die Entwicklung ihrer Tätigkeiten auf diesem ohne die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen noch schneller erfolgt oder andere Anbieter ebenfalls in den Markt eingetreten wären.

123

Darüber hinaus lässt sich aus der Tatsache, dass die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Rahmen einer Ausschreibung auferlegt worden sind, an der Corsica Ferries teilgenommen hat, entgegen dem Vorbringen von SNCM nicht ableiten, dass die Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs, die sich daraus ergibt, dass lediglich der Erbringer der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen einen finanziellen Ausgleich erhalten hat, beseitigt worden ist. Erfolgt die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen im Rahmen einer wirklich offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Ausschreibung, kann dies das Ausmaß der besagten Beeinträchtigung zwar verringern. Gleichwohl bleibt diese jedoch während des gesamten Zeitraums der Erbringung der in Rede stehenden gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen bestehen.

124

In Anbetracht des Vorstehenden, insbesondere der Auslegung der Seekabotage-Verordnung, die der Gerichtshof im Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), vorgenommen hat (vgl. oben, Rn. 118), ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission bei der Prüfung, ob das erste Altmark-Kriterium erfüllt war, im angefochtenen Beschluss zu Recht die Auffassung vertreten hat, dass „der durch einen Vertrag über öffentliche Dienstleistungen festgelegte Umfang der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung im Hinblick auf einen wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen notwendig und verhältnismäßig sein [müsse], was dadurch nachzuweisen [sei], dass unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs kein ausreichender Schiffslinienverkehr gewährleistet werden [könne]“ (136. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

125

Unter diesen Umständen braucht nicht näher auf die Erwägungen eingegangen zu werden, die von den Verfahrensbeteiligten zur Relevanz des Urteils vom 16. September 2013, Colt Télécommunications France/Kommission (T‑79/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:463), für die vorliegende Rechtssache angestellt worden sind. Es ist jedoch hervorzuheben, dass sich die nationalen Behörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht vom Nachweis fehlender Privatinitiative befreien können. Aus Rn. 34 des Urteils vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), geht nämlich klar hervor, dass der Nachweis eines wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen mit dem Nachweis eines solchen Fehlens zusammenhängt. Mit anderen Worten wird der wirkliche Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen auf der Grundlage der Feststellung ermittelt, dass es an Privatinitiative gefehlt habe.

126

Nach alledem sind der zweite und der vierte Unterteil des ersten Teils des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

– Dritter Unterteil: Die Kommission habe gegen die Vorschriften über die Beweislast verstoßen

127

SNCM macht geltend, die Kommission habe in ihrer Würdigung des ersten Altmark-Kriteriums gegen die Beweislastregeln verstoßen. In diesem Zusammenhang führt sie zum einen an, die Kommission habe der Französischen Republik systematisch die Last auferlegt, die Notwendigkeit der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung und die fehlende Privatinitiative zu beweisen. Zum anderen trägt sie unter Bezugnahme auf zwei Beurteilungen der Kommission in den Erwägungsgründen 165 und 166 des angefochtenen Beschlusses vor, diese habe sich umgekehrt in mehreren wesentlichen Teilen ihrer Würdigung des genannten Kriteriums selbst von jeder Beweislast befreit.

128

In der Erwiderung fügt SNCM hinzu, dass der von der Kommission angeführte „Dreistufentest“ (vgl. unten, Rn. 130) vollkommen neu sei, weder im Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens noch im angefochtenen Beschluss erwähnt werde und auf keiner zuvor geschaffenen Rechtsgrundlage beruhe. Außerdem sei diese Beweisführung ausgesprochen schwierig, wenn nicht sogar unmöglich.

129

Die Kommission, unterstützt von Corsica Ferries, stellt in Abrede, gegen die Beweislastregeln verstoßen zu haben.

130

Zum einen macht die Kommission geltend, es sei Sache des betreffenden Mitgliedstaats, die Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs zu rechtfertigen sowie deren Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit nachzuweisen. Konkret hätten die französischen Behörden zum Nachweis eines die Vergabe des Vertrags rechtfertigenden wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen im vorliegenden Fall erstens nachweisen müssen, dass es eine Nutzernachfrage gebe, zweitens, dass diese Nachfrage von den Marktteilnehmern ohne eine von der öffentlichen Hand festgelegte Verpflichtung in diesem Sinne nicht befriedigt werden könne, und drittens, dass ein Rückgriff auf einfache gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen unzureichend wäre, um den genannten Mangel zu beheben. Damit führe sie keinen völlig neuen Test ein, sondern zeige lediglich zusammenfassend die Versäumnisse der französischen Behörden und von SNCM bei der Feststellung eines wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen auf. Zudem sei dieser Nachweis weder vollkommen neu noch besonders schwierig zu erbringen.

131

Zum anderen weist die Kommission das Vorbringen von SNCM zurück, wonach für einige ihrer Beurteilungen in den Erwägungsgründen 165 und 166 des angefochtenen Beschlusses keine Beweise vorgelegt worden seien.

132

Es ist davon auszugehen, dass der Kommission nicht vorgeworfen werden kann, sie habe in ihrer Würdigung des ersten Altmark-Kriteriums gegen die Beweislastregeln verstoßen.

133

Zum einen geht aus den im Rahmen der Prüfung des zweiten und des vierten Unterteils des ersten Teils des ersten Klagegrundes angestellten Erwägungen (vgl. oben, Rn. 111 bis 126) nämlich hervor, dass ein Seekabotagedienst, um als DAWI eingestuft werden zu können, einem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entsprechen muss, was dadurch nachzuweisen ist, dass unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs kein ausreichender Schiffslinienverkehr gewährleistet werden kann, und die DAWI vom Umfang her notwendig und im Hinblick auf diesen Bedarf verhältnismäßig sein muss. Es obliegt jedoch unbestreitbar dem betreffenden Mitgliedstaat und nicht der Kommission, diesen Nachweis zu führen, und zwar durch Vorlage hinreichend überzeugender Beweise. Insoweit ist festzustellen, dass sich der Mitgliedstaat entgegen dem Vorbringen von SNCM in der mündlichen Verhandlung (vgl. oben, Rn. 106) nicht damit begnügen kann, das Bestehen eines „allgemeinen Interesses im weitesten Sinne“ geltend zu machen. Bringt der Mitgliedstaat keinen Beweis dafür bei, dass die vorerwähnten Kriterien erfüllt oder verkannt worden sind, kann dies einen offensichtlichen Beurteilungsfehler darstellen, den die Kommission zu berücksichtigen hat.

134

Hinsichtlich der von der Kommission für den Nachweis eines wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entwickelten dreistufigen Beweisführung (vgl. oben, Rn. 130) ist festzustellen, dass sie entgegen dem Vorbringen von SNCM keineswegs ein im angefochtenen Beschluss nicht vorgesehenes zusätzliches Beweiserfordernis darstellt. Bei dieser Beweisführung handelt es sich lediglich um eine alternative Darstellung des Tests, den die Kommission im angefochtenen Beschluss angewandt hat, um zu überprüfen, ob das erste Altmark-Kriterium erfüllt war (vgl. oben, Rn. 45), und dessen Zweckmäßigkeit bei der Prüfung des zweiten und des vierten Unterteils des ersten Teils des ersten Klagegrundes bestätigt worden ist (vgl. oben, Rn. 111 bis 126). Falls für sämtliche oder einen Teil der Dienstleistungen, die in den von den nationalen Behörden festgelegten Bereich der öffentlichen Dienstleistungen fallen, keine Nutzernachfrage besteht, können diese öffentlichen Dienstleistungen oder ihr Umfang daher zunächst nicht eindeutig als notwendig und im Hinblick auf einen wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen verhältnismäßig betrachtet werden. Sodann kann ein solcher Bedarf auch nicht bestehen, wenn die Nutzernachfrage von den Marktteilnehmern bereits ohne eine von der öffentlichen Hand festgelegte Verpflichtung in diesem Sinne befriedigt werden kann. Mit anderen Worten kann es, wie bereits oben in Rn. 125 festgestellt worden ist, keinen wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen geben, wenn es nicht an Privatinitiative fehlt. Besteht eine Nutzernachfrage und kann diese Nachfrage nicht durch das freie Spiel der Marktkräfte befriedigt werden, müssen die nationalen Behörden schließlich dem Ansatz den Vorzug geben, der die Freiheiten, die für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts unabdingbar sind, am wenigsten beeinträchtigt. Wie die Kommission in ihrer Antwort auf eine der schriftlichen Fragen des Gerichts in Bezug auf den Sektor der Seekabotage zu Recht geltend gemacht hat, bringt die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, die für alle Transportunternehmen gelten, die ihre Dienstleistungen auf einer bestimmten Linie anbieten wollen, und nicht zwangsläufig zu Ausgleichsleistungen führen (vgl. Art. 4 Abs. 2 der Seekabotage-Verordnung), weniger einschneidende Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs mit sich als die Gewährung von Ausgleichsleistungen an ein bestimmtes Transportunternehmen oder eine begrenzte Zahl von Transportunternehmen im Rahmen einer über öffentliche Dienstleistungen.

135

Hinzu kommt, dass die von SNCM beanstandete Beweisführung nicht besonders schwierig ist, da der Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen – u. a. über Marktstudien, öffentliche Konsultationen oder Projektausschreibungen – einfach ermittelt werden kann, was die französischen Behörden im vorliegenden Fall versäumt haben, bevor sie der Erneuerung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen für die Fährverbindungen nach Korsika grundsätzlich zustimmten.

136

Zum anderen macht SNCM zu Unrecht geltend, für die beiden von ihr wiedergegebenen Beurteilungen der Kommission in den Erwägungsgründen 165 und 166 des angefochtenen Beschlusses sei keinerlei Beweis erbracht worden. Diese Beurteilungen ergeben sich nämlich aus einer Würdigung des Akteninhalts durch die Kommission.

137

So ist hinsichtlich der ersten beanstandeten Beurteilung im 165. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festzuhalten, dass der Satz, aus dem sie sich ergibt, mit der Feststellung beginnt, dass „[d]ie von Corsica Ferries erbrachte Dienstleistung … den für alle Verbindungen zwischen dem französischen Festland und Korsika geltenden Vorschriften für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen [entsprach]“, und diese Feststellung nicht in Frage gestellt werden kann. So oblagen den Unternehmen, die – wie Corsica Ferries – Seekabotagedienste u. a. auf der Strecke Toulon–Korsika anboten, gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen in Bezug auf die Regelmäßigkeit, die Kontinuität, die Häufigkeit des Verkehrs, die Dienstleistungskapazität, die Gebühren und die Schiffsbesatzung, und zwar im Rahmen der oben in Rn. 14 beschriebenen Beihilferegelung nach Sozialkriterien. Diese Unternehmen mussten ihre Dienstleistungskapazität nachweisen, ihre Verpflichtungen gegenüber Steuerbehörden und Sozialversicherungsträgern erfüllen, dem korsischen Verkehrsamt im Voraus ihre Fahrpläne übermitteln sowie ganzjährig wenigstens zwei Hin- und Rückfahrten pro Woche zwischen Toulon und Korsika gewährleisten. Für die Besatzungen ihrer Schiffe galten die Vorschriften des französischen Rechts. Darüber hinaus wurden für jede einzelne der betreffenden Gruppen soziale Höchsttarife festgelegt.

138

Die Kommission durfte aufgrund eines Vergleichs zwischen den Anforderungen im Zusammenhang mit diesen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und den im Lastenheft des Vertrags vorgesehenen Verpflichtungen für den Zusatzdienst, die weniger strikt waren als die für den Basisdienst geltenden (vgl. 141. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses und unten, Rn. 151) zu der von SNCM beanstandeten Beurteilung gelangen, wonach die von Corsica Ferries erbrachte Dienstleistung „keine Qualitätsunterschiede im Vergleich zu den Leistungen auf[wies], die im Rahmen des Zusatzdienstes erbracht wurden“.

139

Was die zweite beanstandete Beurteilung im 166. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeht, ist festzustellen, dass die Kommission, wie sich aus einer Gesamtschau dieses Erwägungsgrundes ergibt, mit der besagten Beurteilung im Wesentlichen geltend machen will, Corsica Ferries erbringe die Dienstleistungen ab Toulon z. B. im Hinblick auf den Preis, objektive Qualitätsmerkmale, Kontinuität und den Zugang zu der Dienstleistung im Einklang mit dem öffentlichen Interesse zufriedenstellend. Diese Beurteilung erscheint jedoch nicht nur angesichts der Ausführungen oben in Rn. 137, sondern auch generell unter Berücksichtigung der von der Kommission sehr zutreffend festgestellten Tatsache begründet, dass die Voraussetzungen im Zusammenhang mit den für die Fährverbindungen zwischen dem französischen Festland und Korsika geltenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen vom korsischen Verkehrsamt nach der Seekabotage-Verordnung festgelegt wurden. Diese gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen sind somit als Verpflichtungen anzusehen, mit denen sichergestellt werden soll, dass die Seekabotagedienste unter sich mit dem öffentlichen Interesse deckenden Bedingungen erbracht werden und die ein Unionsreeder im eigenen wirtschaftlichen Interesse nicht oder nicht im gleichen Umfang übernehmen würde (vgl. insoweit Art. 2 Nr. 4 der Seekabotage-Verordnung sowie Rn. 47 und 48 der DAWI-Mitteilung). Folglich durfte davon ausgegangen werden, dass jeder im Rahmen der besagten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erbrachte Seekabotagedienst hinsichtlich der Qualitätsparameter, die unter die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen fallen und in Art. 4 Nr. 2 der Seekabotage-Verordnung aufgezählt werden, einschließlich der im 166. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses genannten, im Einklang mit dem öffentlichen Interesse stand.

140

Nach alledem ist der Schluss zu ziehen, dass der dritte Unterteil des ersten Teils des ersten Klagegrundes und damit dieser erste Teil insgesamt als unbegründet zurückzuweisen sind.

Zweiter Teil: Die Kommission habe einen Rechtsfehler, einen Fehler bei der Tatsachenfeststellung und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie die in Spitzenverkehrszeiten bereitzustellenden zusätzlichen Kapazitäten einem Zusatzdienst gleichgestellt und diesen Dienst getrennt vom Basisdienst anhand des ersten Altmark-Kriteriums geprüft habe

141

Im Rahmen des zweiten Teils des ersten Klagegrundes trägt SNCM vor, die Kommission habe einen Rechtsfehler, einen Fehler bei der Tatsachenfeststellung und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie die in Spitzenverkehrszeiten bereitzustellenden zusätzlichen Kapazitäten einem Zusatzdienst gleichgestellt und diesen Dienst getrennt vom Basisdienst anhand des ersten Altmark-Kriteriums geprüft habe.

142

Dieser zweite Teil lässt sich in drei Unterteile untergliedern, wobei der Letztere hilfsweise vorgebracht wird.

– Erster Unterteil: Der Vertrag unterscheide nicht zwischen Basisdienst und Zusatzdienst

143

SNCM bringt vor, der Vertrag unterscheide entgegen den Angaben im 137. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, der die gesamten Ausführungen der Kommission stütze, nicht zwischen Basisdienst und Zusatzdienst. Der Inhalt des vermeintlichen Zusatzdienstes werde nicht in spezifischen und leicht auszumachenden Bestimmungen des Lastenhefts definiert. Durch die Schaffung zusätzlicher Mindestkapazitäten für bestimmte Zeiträume des Jahres hätten die Vertragsparteien keineswegs beabsichtigt, zwei Dienste einzurichten, die unabhängig voneinander erbracht werden könnten. Die Tatsache, dass der neue Vertrag über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für den Zeitraum 2014–2023 den Zusatzdienst nicht mehr umfasse, sondern sich auf den Basisdienst beschränke, sei irrelevant, da sich dieser Ausschluss durch haushaltstechnische Gründe erklären lasse. Darüber hinaus sei die Einbeziehung von Diensten für Spitzenverkehrszeiten in den Bereich der öffentlichen Dienstleistungen zur Vermeidung jeglicher Gefahr einer Abschöpfung die einzige Lösung, die mit der sich aus dem Urteil vom 19. Mai 1993, Corbeau (C‑320/91, EU:C:1993:198), ergebenden Rechtsprechung vereinbar sei. Schließlich werde der im Vertrag vorgesehene Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen jedes Jahr gezahlt und pauschal für sämtliche Dienstleistungen der Auftragnehmer berechnet.

144

Die Kommission, unterstützt von Corsica Ferries, tritt dem Vorbringen von SNCM entgegen.

145

Die Kommission hat im 137. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht ausgeführt, dass die Unterscheidung zwischen Verkehrsleistungen, die über das gesamte Jahr im Rahmen des Basisdienstes zu erbringen seien, und den zusätzlichen Kapazitäten, die in Spitzenverkehrszeiten bereitzustellen seien, nämlich dem Zusatzdienst, eindeutig aus dem Lastenheft zu dem Vertrag hervorgehe.

146

Insoweit ist als Erstes festzustellen, dass für den Zusatzdienst, der nur drei von den fünf Linien betrifft, die von den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erfasst werden, spezifische Bestimmungen des Lastenhefts zu dem Vertrag gelten, nämlich Nr. I Buchst. a Abs. 2 (Strecke Marseille–Bastia), Nr. I Buchst. b Abs. 2 (Strecke Marseille–Ajaccio) und Nr. I Buchst. d Abs. 1.4 (Strecke Marseille–Propriano) dieses Lastenhefts.

147

Die von SNCM in diesem Zusammenhang behauptete Tatsache, dass der Vertrag „zu keinem Zeitpunkt“ auf den Ausdruck „Zusatzdienst“ als solchen „Bezug“ nehme, ist somit irrelevant. Diese Behauptung ist jedenfalls nicht begründet, da es auf Seite 1 des dem Vertrag beigefügten Lastenhefts heißt, dass die betreffenden Dienste „auf jeder Strecke einen ständigen Personenbeförderungs- und Frachtdienst und auf einigen Strecken einen zusätzlichen Personenbeförderungsdienst für Spitzenverkehrszeiten [umfassen]“. Außerdem ist zu bemerken, dass SNCM selbst, wie Corsica Ferries zu Recht feststellt, in einigen der Berichte über die Durchführung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die sie jedes Jahr zu erstellen hat, ausdrücklich zwischen ständigem Dienst und Zusatzdienst unterscheidet.

148

Als Zweites ist hervorzuheben, dass die Schlussfolgerung der Kommission, wonach der Basisdienst und der Zusatzdienst zwei unterschiedliche Arten von Diensten darstellten, entgegen dem Vorbringen von SNCM nicht in seiner „Gesamtheit“ auf der beanstandeten Behauptung im 137. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beruht, der – über Fn. 64 – auf die oben in Rn. 146 angeführten spezifischen Vorschriften verweist. Diese Schlussfolgerung stützt sich nämlich auch auf eine Reihe anderer Gesichtspunkte, die im Folgenden dargelegt werden sollen.

149

Erstens betrifft der Basisdienst die Personen- und Frachtbeförderung auf See, während sich der Zusatzdienst lediglich auf die Personenbeförderung bezieht.

150

Zweitens legt das Lastenheft des Vertrags in Bezug auf den Basisdienst für jede einzelne der betroffenen Verbindungen und Strecke für Strecke tägliche Mindestkapazitäten fest, während es in Bezug auf den Zusatzdienst lediglich – ebenfalls für jede einzelne der betroffenen Verbindungen und Strecke für Strecke – Gesamtmindestkapazitäten für Zeiträume festlegt.

151

Drittens gelten für beide Arten von Diensten bestimmte unterschiedliche Verpflichtungen, insbesondere in Bezug auf die Fahrtzeiten und die Häufigkeit der Überfahrten, und die für den Basisdienst geltenden Verpflichtungen sind strikter als die für den Zusatzdienst. So schreibt das Lastenheft des Vertrags für den Zusatzdienst keine besonderen Fahrtzeiten vor, während es für den Basisdienst strenge Abfahrts- und Ankunftszeiten vorsieht. Auch sieht dieses Lastenheft für den Zusatzdienst keinerlei Zwänge in Bezug auf die Häufigkeit der Überfahrten vor, während es für den Basisdienst vorschreibt, dass die Personenbeförderung in jede Richtung, täglich (aber nur drei Mal pro Woche für die Strecke Marseille–Propriano) und ganzjährig sicherzustellen ist. Aus ebendiesem Lastenheft geht zwar hervor, dass die Tage und Uhrzeiten der Reisen im Fall des Zusatzdienstes mit dem korsischen Verkehrsamt „ausdrücklich und im Voraus“ abgestimmt werden müssen. Dies erklärt sich jedoch vor allem durch den vertraglichen Charakter des Vertrags; SNCM verfügt auf diese Art und Weise gleichwohl über eine größere Flexibilität als im Fall des Basisdienstes. Zudem müssen die Strecken im Fall des letztgenannten Dienstes ohne Zwischenhalt zurückgelegt werden, während ein solches Erfordernis für den Zusatzdienst nicht vorgesehen ist.

152

Viertens wird der Basisdienst, wie aus Anhang 2 des Vertrags hervorgeht und unten in den Rn. 160 und 161 im Einzelnen dargelegt werden soll, unter Einsatz kombinierter Fracht‑/Fahrgastschiffe durchgeführt, die eine Beförderung sowohl von Fahrgästen als auch von Waren erlauben, während der Zusatzdienst mittels Fähren erbracht wird, die lediglich die Beförderung von Fahrgästen (und ihren Fahrzeugen) zulassen.

153

Fünftens fiel der Betrieb des Zusatzdienstes, wie ebenfalls aus Anhang 2 des Vertrags hervorgeht, allein in den Zuständigkeitsbereich von SNCM. Dort ist nämlich vorgesehen, dass die Schiffe Danielle Casanova und Napoléon Bonaparte eingesetzt werden, um „die zusätzlichen Kapazitäten des Passagierdienstes auf den Strecken ab Ajaccio, [ab] Bastia und [ab] Propriano sicherzustellen“. Diese beiden Schiffe gehören jedoch zur Flotte von SNCM und nicht von CMN. In der Praxis hat daher ausschließlich SNCM den Betrieb des Zusatzdienstes sichergestellt.

154

Als Drittes ist das Vorbringen von SNCM, wonach aus dem Umstand, dass der neue Vertrag über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für den Zeitraum 2014–2023 den Zusatzdienst nicht mehr umfasse, sondern sich auf den Basisdienst beschränke, nichts hergeleitet werden könne, da sich dieser Ausschluss durch haushaltstechnische Gründe erklären lasse, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Bei diesem auf den neuen Vertrag über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen gestützten Argument handelt es sich nämlich um ein Argument, das Corsica Ferries im Verwaltungsverfahren vorgebracht hatte, von der Kommission als solches aber nicht in den angefochtenen Beschluss übernommen worden ist, um ihre Argumentation zu stützen. Die Tatsache, dass dieser neue Vertrag den Zusatzdienst nicht mehr umfasst, zeigt jedenfalls eigentlich, dass dieser Dienst – sei es aus technischen Gründen oder aus Erwägungen haushaltstechnischer Natur – für die ordnungsgemäße Erbringung des Basisdienstes nicht unerlässlich ist und diese beiden Arten von Diensten voneinander trennbar sind.

155

Als Viertes beruft sich SNCM zu Unrecht auf die Rechtsprechung, die sich aus dem Urteil vom 19. Mai 1993, Corbeau (C‑320/91, EU:C:1993:198), ergibt. Wie bereits oben in Rn. 101 festgestellt worden ist, geht nämlich aus den Akten hervor, dass sowohl der Basisdienst als auch der Zusatzdienst ein erhebliches Betriebsdefizit aufwiesen, was jede Möglichkeit eines Finanzausgleichs untereinander ausschloss. Dies wird insbesondere durch die kalkulatorische Ergebnisrechnung von SNCM belegt, die deren im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eingereichter Stellungnahme vom 5. November 2012 beigefügt war und erkennen lässt, dass die direkten Kosten (nämlich u. a. die Kosten im Zusammenhang mit dem Schiffsbetrieb, der Besatzung und der Versorgung) in jedem einzelnen Jahr des Zeitraums 2007–2011 sowohl für die Fähren als auch für die kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffe über den Nettoeinnahmen lagen.

156

Als Fünftes geht, auch wenn die SNCM geschuldeten Ausgleichszahlungen, wie diese geltend macht und im Übrigen im 47. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bestätigt wird, in Art. 2 des Vertrags umfassend festgelegt wurden, aus der oben in Rn. 155 erwähnten kalkulatorischen Ergebnisrechnung gleichwohl hervor, dass sie in der Praxis zwischen dem mit kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffen erbrachten Basisdienst und dem mit Fähren erbrachten Zusatzdienst aufgeteilt wurden. Aus dem Umstand, dass dieser Artikel umfassende Ausgleichszahlungen für beide Arten von Diensten vorsieht, ergibt sich jedenfalls nicht, ob diese trennbar sind.

157

Folglich ist der erste Unterteil des zweiten Teils des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

– Zweiter Unterteil: Die Kommission habe fälschlicherweise den Basisdienst den von den Fracht‑/Fahrgastschiffen angebotenen Dienstleistungen und den Zusatzdienst den von den Fähren angebotenen Dienstleistungen gleichgestellt

158

SNCM macht geltend, die Kommission habe fälschlicherweise den Basisdienst den von den Fracht‑/Fahrgastschiffen angebotenen Dienstleistungen und den Zusatzdienst den von den Fähren angebotenen Dienstleistungen gleichgestellt. Das Lastenheft des Vertrags verlange keineswegs die Verwendung unterschiedlicher Schiffe für jede einzelne dieser Dienstarten. In der Praxis werde vielmehr ein Teil des Zusatzdienstes mit Fracht‑/Fahrgastschiffen erbracht, und Fähren könnten für die Erbringung des Basisdienstes eingesetzt werden, insbesondere in der Nebensaison während der technisch bedingten Liegezeiten der Fracht‑/Fahrgastschiffe. Zur Stützung ihres Vorbringens nimmt SNCM auf Tabellen Bezug, die der Klageschrift als Anhang beigefügt sind.

159

Die Kommission und Corsica Ferries weisen das Vorbringen von SNCM zurück.

160

Aus Anhang 2 des Vertrags geht, wie bereits oben in Rn. 152 festgestellt, hervor, dass der Basisdienst unter Einsatz kombinierter Fracht‑/Fahrgastschiffe durchgeführt wird, während der Zusatzdienst mittels Fähren erbracht wird. Wie Corsica Ferries zu Recht geltend macht, wird diese Feststellung noch durch die von SNCM erstellten Berichte über die Durchführung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen bestätigt. So heißt es im Durchführungsbericht für das Jahr 2010 beispielsweise, dass der Basisdienst mittels „kombinierter Fracht‑/Fahrgastschiffe“ erbracht werde und die „Autofähren Napoléon Bonaparte und Danielle Casanova … die zusätzlichen Kapazitäten für die Beförderung von Fahrgästen während der Spitzenzeiten in den Häfen von Bastia, Ajaccio und Propriano sichergestellt [hätten]“, und zwar in einer Größenordnung von insgesamt 251932 beförderten Fahrgästen, „d. h. 47 % des Verkehrsaufkommens im Rahmen der von SNCM erbrachten gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung“.

161

Die Behauptung von SNCM, dass in Wirklichkeit kombinierte Fracht‑/Fahrgastschiffe für den Zusatzdienst und umgekehrt Fähren für den Basisdienst eingesetzt worden seien, wird rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen. Insbesondere sind die von SNCM vorgelegten Tabellen, mit denen diese Behauptung gestützt werden soll, nicht schlüssig. Zunächst enthält nämlich eine dieser Tabellen, und zwar die Tabelle „Mit Fracht‑/Fahrgastschiffen erbrachter Zusatzdienst“, Rechenfehler. Sodann und vor allem beinhalten die genannten Tabellen, wie die Kommission zu Recht feststellt, eine künstliche Aufteilung der Überkapazitäten (Anzahl der Plätze an Bord) der verschiedenen Schiffe, die in keinem Zusammenhang mit der Art und Weise steht, in der die beiden Dienstarten in der Praxis erbracht worden sind. So weist die Tabelle „Mit Fracht‑/Fahrgastschiffen erbrachter Zusatzdienst“ für die Strecken Marseille–Bastia und Marseille–Ajaccio für die zweite Jahreshälfte 2007 und für jedes einzelne Jahr des Zeitraums 2008–2013 die Differenz zwischen den von den Fracht‑/Fahrgastschiffen der Auftragnehmer im Rahmen des Basisdienstes auf diesen Strecken angebotenen Kapazitäten (Tabelle „Mit Fracht‑/Fahrgastschiffen erbrachter ständiger Dienst“) und den im Lastenheft des Vertrags für denselben Dienst und dieselben Strecken geforderten Kapazitäten (Tabelle „Lastenheft – Ständiger Dienst“) aus. Mit anderen Worten stellt die genannte Tabelle lediglich ein Verzeichnis der Überkapazitäten der Schiffe, mit denen der Basisdienst erbracht wird, im Hinblick auf die Anforderungen des Lastenhefts dar, wobei SNCM diese Überkapazitäten willkürlich einer angeblichen zusätzlichen Dienstleistung mittels Fracht‑/Fahrgastschiffen zuweist. Im gleichen Sinne werden die von den Fähren von SNCM im Rahmen des Zusatzdienstes angebotenen Kapazitäten in der Tabelle „Mit Fähren erbrachter Zusatzdienst“ willkürlich als sich aus der Differenz zwischen den im Lastenheft des Vertrags für diesen Dienst geforderten Kapazitäten (Tabelle „Lastenheft – Zusatzdienst“) und den in der Tabelle „Mit Fracht‑/Fahrgastschiffen erbrachter Zusatzdienst“ wiedergegebenen Überkapazitäten ergebend festgelegt. Aus den Akten geht jedoch hervor, dass die von den genannten Fähren angebotenen Kapazitäten weit über den in der Tabelle „Mit Fähren erbrachter Zusatzdienst“ angegebenen lagen, so dass – außer bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände – nicht auf Fracht‑/Fahrgastschiffe zurückgegriffen zu werden brauchte, um die Erbringung des Zusatzdienstes sicherzustellen. Die Tabelle „Mit Fähren erbrachter ständiger Dienst“ führt – ohne die geringste Begründung – lediglich auf, dass die Fähren jedes Jahr mit einer bestimmten Anzahl von Plätzen auf den Linien Marseille–Ajaccio und Marseille–Bastia zum Basisdienst beigetragen hätten (u. a. 13000 Plätze in der zweiten Jahreshälfte 2007 und 26000 Plätze im Jahr 2008). Schließlich genügt die Tatsache, dass es einzelne Fälle gegeben haben mag, in denen ein normalerweise für den Basisdienst bestimmtes Schiff im Rahmen des Zusatzdienstes eingesetzt worden ist und umgekehrt, als solche nicht, um die Feststellung, dass die Fracht‑/Fahrgastschiffe grundsätzlich dem Basisdienst und die Fähren dem Zusatzdienst zugewiesen gewesen seien, in Frage zu stellen.

162

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der zweite Unterteil des zweiten Teils des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen ist.

– Hilfsweise vorgebrachter dritter Unterteil: Der Zusatzdienst sei durch einen wirklichen, durch den Basisdienst zu befriedigenden Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen gerechtfertigt

163

SNCM bringt hilfsweise vor, der Zusatzdienst sei durch einen wirklichen, durch den Basisdienst zu befriedigenden Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen gerechtfertigt. Selbst wenn es einen vom Basisdienst zu unterscheidenden Zusatzdienst gebe, was nicht der Fall sei, könnten diese beiden Dienstarten bei der Prüfung des ersten Altmark-Kriteriums nicht unabhängig voneinander beurteilt werden.

164

Zur Stützung dieses dritten Unterteils macht SNCM zwei Reihen von Argumenten geltend. Mit der Ersten versucht sie im Wesentlichen nachzuweisen, dass aufgrund bestimmter Erfordernisse, bei denen es sich nicht um technische oder wirtschaftliche Erfordernisse handelt, eine Gesamtwürdigung des Basisdienstes und des Zusatzdienstes geboten war. Mit der Zweiten möchte sie dartun, dass diese beiden Dienstarten technisch und wirtschaftlich komplementär sind.

165

Die Kommission, unterstützt von Corsica Ferries, beantragt, diesen dritten Unterteil zurückzuweisen.

166

Was die erste Reihe von Argumenten angeht, ist festzuhalten, dass keines dieser Argumente den Schluss zulässt, dass die Kommission einen Rechtsfehler begangen hat, indem sie im vorliegenden Fall keine Gesamtwürdigung des Zusatzdienstes und des Basisdienstes vorgenommen hat.

167

Insoweit ist erstens festzustellen, dass SNCM fälschlicherweise die Beurteilung der Kommission im 139. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses in Frage zu stellen versucht, wonach „nur dann zu Recht davon auszugehen [wäre], dass der Zusatzdienst durch einen wirklichen, durch den Basisdienst zu befriedigenden Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen begründet werden kann, wenn aufgrund mehrerer technischer und wirtschaftlicher Erfordernisse erwiesen ist, dass seine Erbringung … für den Basisdienst unerlässlich ist“. Würde der Zusatzdienst, bei dem es sich eindeutig um einen vom Basisdienst zu unterscheidenden Dienst handelt (vgl. oben, Rn. 145 bis 154), in den Bereich der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen einbezogen, ohne dass dies durch das Bestehen technischer Komplementaritäten zwischen diesen beiden Dienstarten oder aufgrund von Erwägungen der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt ist, wäre den Erfordernissen der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit nämlich offensichtlich nicht genügt (zu diesen Erfordernissen vgl. oben, Rn. 124).

168

Zweitens macht SNCM – ebenfalls zu Unrecht – geltend, der Basisdienst und der Zusatzdienst seien keineswegs unterschiedlicher Natur. Aus den oben in den Rn. 145 bis 154 angestellten Erwägungen geht nämlich hervor, dass diese beiden Dienstarten in Wirklichkeit erhebliche Unterschiede aufweisen.

169

Drittens kann das oben in Rn. 168 wiedergegebene Argument von SNCM auch dann keinen Erfolg haben, wenn es so zu verstehen ist, als werde es daraus hergeleitet, dass die beiden Dienstarten einen gemeinsamen Zweck, nämlich die Gewährleistung der Kontinuität der Festlandsverbindungen, verfolgten.

170

Zum einen ist nämlich allgemein festzustellen, dass die Tatsache, dass zwei Arten von Diensten den gleichen Zweck verfolgen, nicht automatisch bedeutet, dass sie in Wirklichkeit als ein und dieselbe Art von Dienst anzusehen sind.

171

Zum anderen bedeutet der Umstand, dass der Basisdienst und der Zusatzdienst angeblich beide darauf abzielen, die Kontinuität der Festlandsverbindungen zu gewährleisten, nicht zwangsläufig, dass sie – insbesondere was die Frage angeht, ob ein wirklicher Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen besteht – zusammen als ein untrennbares Ganzes zu prüfen wären.

172

Wie die Kommission völlig zu Recht feststellt, kann das Ziel der Kontinuität der Festlandsverbindungen nämlich sehr wohl durch ein Zusammenspiel der Kräfte des Marktes und gemeinwirtschaftlicher Dienstleistungen erreicht werden. Insoweit ist zum einen darauf hinzuweisen, dass der Mitgliedstaat, auch wenn er über einen weiten Ermessensspielraum in diesem Bereich verfügt, eine DAWI nur festlegen kann, soweit sie einem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entspricht, und zum anderen, dass ein solcher Bedarf nicht bestehen kann, wenn die Nachfrage bereits durch die Kräfte des Marktes befriedigt worden ist (vgl. oben, Rn. 111 bis 124). Für die Festlegung einer DAWI im Sektor der Seekabotage genügt es daher nicht, dass der Mitgliedstaat geltend macht, es werde das Ziel der Kontinuität der Festlandsverbindungen verfolgt. Dieses Ziel darf auch nicht bereits durch das freie Spiel der Marktkräfte verwirklicht worden sein. Falls mit diesem ein Teil des genannten Ziels erreicht werden kann, ist die Schaffung einer solchen DAWI nur insoweit gerechtfertigt, als sie einem entsprechenden Marktversagen begegnet.

173

Im vorliegenden Fall hat die Kommission – und zwar zu Recht, wie weiter unten im Rahmen der Prüfung des dritten Teils des ersten Klagegrundes dargelegt werden soll – festgestellt, dass die Kontinuität der Verbindungen zwischen Korsika und dem französischen Festland bereits durch den Basisdienst, ergänzt durch die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unterliegenden Kräfte des Marktes, sichergestellt werde. Abgesehen davon, dass der Zusatzdienst eindeutig keinem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entsprach, war er für die Verwirklichung des theoretischen Ziels der Kontinuität der Festlandsverbindungen, das ihm von den französischen Behörden gesetzt worden war, daher nicht einmal unerlässlich.

174

Viertens ist davon auszugehen, dass SNCM vergeblich geltend macht, der von der Kommission gewählte Ansatz mache die ordnungsgemäße Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen in der Praxis unmöglich, da er darauf hinauslaufe, diese Dienstleistungen allein unrentablen Tätigkeiten vorzubehalten, wodurch jeglicher Ausgleichsmechanismus ausgeschlossen und jeder umsichtige und besonnene Wirtschaftsteilnehmer davon abgeschreckt werde, eine gemeinwirtschaftliche Dienstleistung zu erbringen. Wie bereits oben in den Rn. 101 und 155 hervorgehoben worden ist, wiesen nämlich sowohl der Basisdienst als auch der Zusatzdienst ein erhebliches und wiederholt auftretendes Betriebsdefizit auf, was jede Möglichkeit eines Finanzausgleichs untereinander ausschloss.

175

Fünftens macht SNCM geltend, die Notwendigkeit einer Gesamtwürdigung des Basisdienstes und des Zusatzdienstes ergebe sich auch aus Rn. 6 der Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) vom 13. Juli 2012 und der früheren Entscheidungspraxis der Kommission in Bezug auf vorherige Auferlegungen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für die Seeverbindung nach Korsika.

176

Zum einen kann sich SNCM jedoch nicht auf die von ihr angeführte Passage in Rn. 6 der Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) vom 13. Juli 2012 berufen. Weder die Kommission noch die Unionsgerichte sind nämlich an die Auslegung der Bestimmungen der Seekabotage-Verordnung durch den Conseil d’État (Staatsrat) gebunden. Im vorliegenden Fall gilt dies umso mehr, als die Kommission das förmliche Prüfverfahren, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt hat, zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) bereits eingeleitet hatte.

177

Zum anderen kann sich SNCM auch nicht auf die frühere Entscheidungspraxis der Kommission in Bezug auf vorherige Auferlegungen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für die Seeverbindung nach Korsika berufen, und zwar aus den bereits oben in den Rn. 98 und 99 dargelegten Gründen.

178

Was die zweite Reihe von Argumenten betrifft, ist erstens festzuhalten, dass der Basisdienst und der Zusatzdienst, wie die Kommission im 141. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt hat, keine sich technisch ergänzenden Tätigkeiten sind.

179

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass – abgesehen davon, dass für diese Dienste insbesondere in Bezug auf die Fahrpläne und die Häufigkeit der Überfahrten unterschiedliche Verpflichtungen gelten (vgl. oben, Rn. 151) – sie auch unter Einsatz verschiedener Schiffstypen erbracht werden und unterschiedliche Zwecke verfolgen (vgl. oben, Rn. 152, 160 und 161). Der Basisdienst wird nämlich mit kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffen erbracht, die eine Beförderung von Waren und Fahrgästen erlauben, während der Zusatzdienst mit Fähren erbracht wird, die lediglich die Beförderung von Fahrgästen und ihren Fahrzeugen zulassen. Die technischen Unterschiede zwischen diesen beiden Schiffstypen verhindern nicht nur, dass u. a. die für die Erbringung des Zusatzdienstes eingesetzten Schiffe für die Erbringung des Basisdienstes verwendet werden, sondern auch, dass Skaleneffekte, insbesondere auf dem Gebiet der Wartung und Reparatur der Schiffe, erzielt werden. Hinzu kommt, dass für die Besatzungen je nach Schiffstyp unterschiedliche Zertifizierungsanforderungen gelten und sie somit nicht austauschbar sind.

180

Diese Feststellungen können durch die Behauptung von SNCM, dass beide Arten von Diensten „zahlreiche gemeinsame technische Merkmale, insbesondere in Bezug auf die Dienstleistungsqualität“, aufwiesen und erhebliche Synergieeffekte bestünden, da sie dieselben Hafeninfrastrukturen, dasselbe Agenturnetz und dieselben telefonischen und telematischen Hilfsmittel für die Fahrkartenreservierung sowie dasselbe Bodenpersonal am Kai teilten und dieselben Verfahren für die Zertifizierung und die Kontrolle von Hygiene und Lebensmittelsicherheit nutzen könnten, nicht in Frage gestellt werden. Wie die Kommission nämlich völlig zu Recht geltend macht, sind diese Synergieeffekte zum einen vergleichsweise marginal, da die größten Kostentreiber der betreffenden Dienste in den Schiffen und den Besatzungen liegen; zum anderen kann die Nutzung gemeinsamer Verwaltungs- und Unternehmensstrukturen keine für die Zwecke der vorliegenden Problematik gültige Komplementarität darstellen, da dies jedenfalls für alle Tätigkeiten von SNCM gilt.

181

Auch dem Vorbringen von SNCM, wonach die Fähren die kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffe während deren technisch bedingter Liegezeiten ersetzen sollten, kann nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass Fähren keine Beförderung von Fracht erlauben, geht aus den Tabellen in Anhang 2 Buchst. B („Darstellung typischer Jahre“) des Vertrags nämlich klar hervor, dass die betreffenden Überfahrten während der technisch bedingten Liegezeiten der kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffe stets mit anderen in diesen Tabellen namentlich bezeichneten kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffen und nicht mit Fähren zu erfolgen hatten.

182

Zweitens ist festzustellen, dass keines der von SNCM vorgebrachten Argumente den Schluss zulässt, dass die Einbeziehung des Zusatzdienstes in den Bereich der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen durch Erwägungen der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt war.

183

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Zusatzdienst, wie bereits oben in den Rn. 101, 155 und 174 festgestellt worden ist, ein Betriebsdefizit aufwies.

184

Die Argumentation von SNCM, wonach der letztgenannte Dienst – über die Einkünfte, die aufgrund des Betriebs der Seeverbindung nach Korsika in den gewinnbringendsten Zeiträumen mit ihm erzielt worden seien – wesentlich zum globalen wirtschaftlichen Gleichgewicht des Basisdienstes und des Vertrags über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen sowie zur Finanzierung der Kontinuität der Festlandsverbindungen beigetragen habe, kann keinen Erfolg haben.

185

In diesem Zusammenhang ist zunächst davon auszugehen, dass SNCM der Kommission zu Unrecht vorwirft, sie habe nicht geprüft, ob „[der Zusatzdienst] durch eine Deckung zumindest seiner spezifischen variablen Kosten zur Deckung eines Teils der Fixkosten hätte beitragen können, die für diesen Dienst und den [Basis‑]Dienst gemeinsam anfielen“. Aus der kalkulatorischen Ergebnisrechnung von SNCM, die diese im Verwaltungsverfahren vorgelegt hat, geht nämlich hervor, dass die mit Fähren erzielten Nettoeinnahmen in jedem einzelnen Jahr des Zeitraums 2007–2011 unter den direkten Kosten des besagten Dienstes (nämlich u. a. den Kosten im Zusammenhang mit dem Schiffsbetrieb, der Besatzung und der Versorgung) lagen (vgl. oben, Rn. 155).

186

Sodann wiederholt SNCM zur Stützung ihres Vorbringens vergeblich ihre Behauptung, die Fähren hätten auch für die Erbringung des Basisdienstes eingesetzt werden können. Diese Behauptung ist nämlich aus den bereits oben in den Rn. 152, 160, 161 und 181 dargelegten Gründen zurückzuweisen.

187

Schließlich ist das Argument von SNCM, wonach der Beitrag der mit dem Zusatzdienst erzielten Einnahmen zu den Gesamteinkünften des Unternehmens sehr erheblich sei, da dieser Dienst in den rentabelsten Zeiträumen erbracht werde, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Die Richtigkeit dieses Arguments unterstellt, reichten die erwähnten Einnahmen nämlich gleichwohl nicht aus, um die direkten Kosten im Zusammenhang mit der Erbringung des besagten Dienstes zu decken (vgl. oben, Rn. 101, 155, 174 und 185).

188

Nach alledem ist der Schluss zu ziehen, dass der dritte Unterteil des zweiten Teils des ersten Klagegrundes und damit dieser zweite Teil insgesamt als unbegründet zurückzuweisen sind.

Hilfsweise vorgebrachter dritter Teil: Der Zusatzdienst erfülle für sich betrachtet das erste Altmark-Kriterium

189

Im Rahmen des hilfsweise vorgebrachten dritten Teils des ersten Klagegrundes macht SNCM geltend, der Zusatzdienst erfülle für sich betrachtet das erste Altmark-Kriterium, so dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, als sie die Ansicht vertreten habe, die Einbeziehung dieses Dienstes in den Bereich der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entspreche keinem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen.

190

Dieser dritte Teil lässt sich in vier Unterteile untergliedern.

– Erster Unterteil: Die Kommission habe die Austauschbarkeit der Personenbeförderungsdienste ab Marseille und derjenigen ab Toulon falsch beurteilt

191

SNCM trägt vor, die Feststellung der Kommission im 160. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass „der Zusatzdienst auf der Nachfrageseite zum Zeitpunkt der Vergabe des Vertrags … weitgehend mit den Diensten von Toulon nach Bastia und [nach] Ajaccio austauschbar war“, beruhe auf einer offensichtlichen Fehleinschätzung.

192

Die Kommission, unterstützt von Corsica Ferries, tritt dem Vorbringen von SNCM entgegen.

193

Zur Stützung ihrer Auffassung macht SNCM als Erstes geltend, die Ausführungen der Kommission beruhten auf einer voreingenommenen und widersprüchlichen Analyse der Personenverkehrsstatistiken.

194

Festzustellen ist, dass keine der von SNCM zur Stützung dieses Vorbringens formulierten kritischen Anmerkungen begründet ist.

195

So wirft SNCM der Kommission erstens vergeblich vor, dass sie in den Erwägungsgründen 154 und 155 des angefochtenen Beschlusses die Entwicklung des Personenverkehrs zwischen dem französischen Festland und Korsika von 2002 bis 2009 und damit in einem Zeitraum geprüft habe, der zwei Jahre einschließe, die nach der Vergabe des Vertrags lägen. Die Berücksichtigung dieser beiden Jahre über die Jahre 2002 bis 2007 hinaus ermöglicht nämlich die Wahrnehmung der wichtigsten Tendenzen in der Entwicklung des Personenverkehrs über einen längeren Zeitraum sowie die Feststellung, dass sich diese Entwicklung nach der Vergabe des Vertrags nicht umgekehrt hat. Im Übrigen behauptet nicht einmal SNCM, dass die Entwicklung des Personenverkehrs nach 2007 erheblich von der Entwicklung in früheren Jahren abgewichen sei.

196

Zweitens ist davon auszugehen, dass die Bemerkung von SNCM, wonach der Personenverkehr ab Marseille während des Zeitraums 2002–2009 nahezu stabil geblieben sei, während der Verkehr ab Toulon überdurchschnittlich zugenommen habe, der Schlussfolgerung der Kommission, dass die auf der Strecke Marseille–Korsika angebotenen Personenschiffsverkehrsdienste auf der Nachfrageseite mit den auf der Strecke Toulon–Korsika angebotenen Diensten austauschbar gewesen seien, keineswegs widerspricht.

197

Aus den Akten geht nämlich hervor, dass das Gesamtverkehrsaufkommen für die Personenbeförderung auf den Schiffsverbindungen zwischen dem französischen Festland und Korsika, wie im 154. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses festgestellt wird, während des Zeitraums 2002–2009 deutlich zugenommen hat (+31,6 %) und diese Zunahme ganz überwiegend von den Anbietern ab Toulon abgeschöpft wurde (+ 150 %), und nicht von den Anbietern, die von Marseille aus operierten (–1,7 %). Die Bemerkung von SNCM, wonach die Zunahme des Verkehrs ab Toulon mit einer weitgehenden Stabilität des Verkehrs ab Marseille einhergegangen sei, lässt das Wachstum des Gesamtverkehrsaufkommens und die Entwicklung der Marktanteile der Anbieter außer Acht. Unbestreitbar hat der Marktanteil der Anbieter ab Toulon vor dem Hintergrund dieses Gesamtanstiegs des Verkehrs zwischen Korsika und dem französischen Festland überdurchschnittlich zugenommen, während der Marktanteil der Anbieter ab Marseille rückläufig gewesen ist. In diesem Zusammenhang ist nicht entscheidend, dass auf der Strecke Marseille–Korsika in absoluten Passagierzahlen eine Quasi-Stagnation zu verzeichnen ist, da diese Strecke im Verhältnis der Marktanteile erhebliche Einbußen hinnehmen musste. Hieraus konnte eindeutig eine Verlagerung der Personenschiffsverkehrsdienste von der Strecke Marseille–Korsika zur Strecke Toulon–Korsika und damit auf der Nachfrageseite eine Austauschbarkeit der auf der ersten Strecke angebotenen Dienste mit den auf der zweiten Strecke angebotenen Diensten abgeleitet werden.

198

Hinzu kommt, dass SNCM den Ausführungen im 157. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht entgegentritt, der wie folgt lautet:

„Im Bereich des Zusatzdienstes hat sich der Verkehr zwischen dem französischen Festland und Korsika noch deutlicher zugunsten der Verbindungen ab Toulon entwickelt. Von 2002 bis 2005 ging das tatsächliche Verkehrsaufkommen beim Zusatzdienst auf der Strecke Marseille–Korsika um 208213 Fahrgäste zurück, während es im selben Zeitraum auf der Strecke Toulon–Korsika um 324466 Fahrgäste stieg. Der Rückgang des auf den Zusatzdienst entfallenden Verkehrsanteils zugunsten anderer Marktteilnehmer weist vor dem Hintergrund eines Gesamtanstiegs des Verkehrs seit 2002 darauf hin, dass diese beiden Dienste in hohem Maße austauschbar sind.“

199

Drittens macht SNCM zu Unrecht geltend, die Analyse der Kommission im 154. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses stehe insoweit im Widerspruch zum 155. Erwägungsgrund dieses Beschlusses, als in Letzterem erklärt worden sei, dass die festgestellte Entwicklung nicht auf einen Effekt kommunizierender Röhren mit Italien zurückzuführen sein dürfte, da der Personenschiffsverkehr zwischen Korsika und Italien während des betreffenden Zeitraums stabil geblieben sei. Im genannten 155. Erwägungsgrund hat die Kommission nämlich keineswegs eine solche Stabilität des Verkehrs zwischen Korsika und Italien erwähnt. Sie widerlegt dort ein Argument der französischen Behörden, wonach die Verbindungen zwischen Korsika und Italien einen Teil des Verkehrs auf den Strecken Marseille–Korsika abgeschöpft hätten, und stützt sich vielmehr auf die Tatsache, dass der Anteil des Personenschiffsverkehrs von oder nach sämtlichen korsischen Häfen, der auf die Verbindungen nach Italien entfiel, während des betreffenden Zeitraums insgesamt zurückgegangen war. Insoweit ist festzustellen, dass sich das Verkehrsaufkommen zwischen Korsika und Italien, wie aus den von der Regionalen Beobachtungsstelle für den Verkehr von und nach Korsika veröffentlichten Daten tatsächlich hervorgeht, zwischen 2002 und 2009 zwar um 4,6 % erhöht hat, das Gesamtverkehrsaufkommen zwischen Korsika und den verschiedenen Festlandhäfen aber um mehr als 21 % gewachsen ist. Dementsprechend ist der Anteil der Verbindungen nach Italien am Verkehrsaufkommen von und nach Korsika von 39,1 % im Jahr 2002 auf 33,8 % im Jahr 2009 gesunken.

200

Viertens wirft SNCM der Kommission zu Unrecht vor, dass sie die Verlagerungen des Verkehrs von der Verbindung Marseille–Korsika zur Verbindung Toulon–Korsika während der Jahre 2004 und 2005 im Rahmen ihrer Analyse der Austauschbarkeit der Dienste berücksichtigt habe, da die genannten Jahre durch massive Streiks gekennzeichnet gewesen seien, die den Verkehr ab Marseille stark beeinträchtigt hätten.

201

Zunächst ist nämlich darauf hinzuweisen, dass sich die von der Kommission in den Erwägungsgründen 154 bis 160 des angefochtenen Beschlusses vorgenommene Prüfung nicht auf die Jahre 2004 und 2005 beschränkt, sondern einen Zeitraum umfasst, der sich von 2002 bis 2009 erstreckt. Sodann haben sich die sozialen Konflikte, auf die sich SNCM bezieht, lediglich in den Monaten September 2004, September 2005 und Oktober 2005 ereignet und nicht während der gesamten Jahre 2004 und 2005, wie sie zu behaupten scheint. Schließlich kann die Erfahrung eines Streiks, wie die Kommission unter Bezugnahme auf Rn. 38 ihrer Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. 1997, C 372, S. 5) zu Recht feststellt, im Wettbewerbsrecht zur Abgrenzung eines Marktes herangezogen werden.

202

Als Zweites ist davon auszugehen, dass SNCM die von der Kommission durchgeführte Analyse der Austauschbarkeit der Dienste zu Unrecht als „besonders eingeschränkt“ einstuft, weil darin nur die Entwicklung des Umfangs berücksichtigt und nicht der Frage nachgegangen worden sei, ob die von Corsica Ferries angebotenen Dienstleistungen mit ihren eigenen Dienstleistungen – in Bezug auf die einzuhaltenden Fahrpläne, die Tarifobergrenzen, die Dienstleistungsqualität und die Zielorte – austauschbar gewesen seien.

203

Die Analyse der Kommission beruht nämlich auf einer sorgfältigen Prüfung des Verhaltens der Verbraucher sowie auf rationalen Elementen und Tatsachenfeststellungen, die sich u. a. aus öffentlichen Daten über Angebot und Nachfrage von Seeverkehrsdiensten ergeben. So zieht ein Nutzer, wenn er sich, worauf die Kommission zu Recht hinweist, dazu entschließt, nicht von Marseille aus, sondern von Toulon aus nach Korsika zu reisen, zwangsläufig sämtliche der von SNCM angeführten Parameter in Betracht. Es darf angenommen werden, dass, wenn es einen wirklichen qualitativen Unterschied zwischen den von diesem Unternehmen ab Marseille erbrachten Dienstleistungen und den von Corsica Ferries ab Toulon erbrachten Dienstleistungen gegeben hätte, dies die oben in den Rn. 197 und 198 festgestellten erheblichen Verkehrsverlagerungen verlangsamt hätte. Darüber hinaus mussten die von Corsica Ferries erbrachten Dienstleistungen, wie bereits oben in den Rn. 137 und 139 dargelegt worden ist, einer Reihe von Anforderungen in Bezug auf die Regelmäßigkeit, die Kontinuität, die Häufigkeit der Überfahrten, die Fähigkeit zur Erbringung der Dienstleistung, die Tarife und die Schiffsbesatzungen genügen und unter Bedingungen erfolgen, die sich mit dem öffentlichen Interesse decken.

204

In diesem Zusammenhang ist hinzuzufügen, dass die Kommission im 158. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bei ihrer Prüfung der Substituierbarkeit der Dienste auch – und zwar „[i]n eher qualitativer Hinsicht“ – die geringe Entfernung zwischen Marseille und Toulon berücksichtigt. Insoweit ist festzustellen, dass sie zu Recht die Auffassung vertreten hat, diese geringe Entfernung, nämlich rund 50 km Luftlinie bzw. 65 Straßenkilometer, sowie die Tatsache, dass die Reisezeit auf der Straße zwischen den genannten beiden Städten nur 45 Minuten betrage, was deutlich unter der Dauer einer Überfahrt vom französischen Festland nach Korsika liege, stellten relevante Anhaltspunkte dafür dar, dass die Personenschiffsverkehrsdienste ab Marseille auf der Nachfrageseite durch die Personenschiffsverkehrsdienste ab Toulon ersetzt werden könnten. Hinzu kommt, dass der Hafen von Toulon näher an Korsika liegt als der Hafen von Marseille, was dazu führt, dass die im erstgenannten Hafen auslaufenden Schiffe die Überfahrt in kürzerer Zeit durchführen können als die im letztgenannten Hafen auslaufenden Schiffe. Vor diesem Hintergrund ist es wenig plausibel, dass die 45 zusätzlichen Fahrtminuten mit dem Auto Personen, die ihren Wohnsitz in Marseille haben oder dort arbeiten, davon abhalten, sich für die Verbindung Toulon–Korsika zu entscheiden. Die Richtigkeit dieser verschiedenen Feststellungen wird von SNCM im Übrigen nicht bestritten.

205

Zwar wurde der Hafen von Propriano, einer der drei vom Zusatzdienst erfassten korsischen Häfen, von den in Toulon ablegenden Schiffen nicht bedient, wie SNCM zu Recht feststellt. Allerdings wurde er im Rahmen des Basisdienstes von den Schiffen des Konsortiums aus SNCM und CMN von Marseille aus angelaufen (vgl. Nr. I Buchst. d Abs. 1.3 des Lastenhefts des Vertrags). Für die Strecke Marseille–Propriano war während des Zeitraums vom 1. Mai bis zum 30. September für diesen Dienst sogar eine Erhöhung der Mindestkapazitäten vorgesehen (vgl. Nr. I Buchst. d Abs. 1.3 Ziff. i des Lastenhefts des Vertrags). Wie die Kommission zu Recht feststellt, gibt es nicht den geringsten Hinweis darauf, dass der im Frühjahr/Sommer über einen Zeitraum von fünf Monaten solchermaßen verstärkte Basisdienst für sich allein nicht genügt hätte, um die Nutzernachfrage auf dieser Strecke – selbst in Spitzenverkehrszeiten – zu befriedigen. Folglich ist davon auszugehen, dass die im Rahmen des Zusatzdienstes auf der besagten Strecke erbrachten Dienstleistungen keinem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entsprachen und sich die Frage der Austauschbarkeit der Häfen von Marseille und Toulon für die Verbindung nach Propriano somit nicht einmal stellte.

206

Außerdem ist jedenfalls festzuhalten, dass das Verkehrsaufkommen auf der Linie Marseille–Propriano, wie die Kommission im 164. Erwägungsgrund und in Fn. 98 des angefochtenen Beschlusses feststellt, nur einen geringen Anteil (ca. 10 %) an der gesamten vom Zusatzdienst erfassten Tätigkeit ausmachte. Mit einem derart geringen Anteil ließ sich eine gemeinwirtschaftliche Dienstleistung im Umfang des Zusatzdienstes, der sich nicht auf diese Strecke beschränkte, nicht rechtfertigen. Wie es im genannten Erwägungsgrund heißt, berechtigt „der geringe Verkehrsanteil dieser Linie … nicht zu der Annahme …, fehlende Privatinitiative auf dieser Strecke ändere etwas an der Schlussfolgerung zum Zusatzdienst insgesamt“.

207

Schließlich ist hervorzuheben, dass die für die Dienste ab Marseille und die Dienste ab Toulon geltenden Erfordernisse nicht völlig identisch zu sein brauchten, um im vorliegenden Fall auf eine Austauschbarkeit schließen zu können.

208

Nach alledem hat die Kommission zu Recht die Auffassung vertreten, die im Rahmen des Zusatzdienstes auf der Verbindung Marseille–Korsika und die auf der Verbindung Toulon–Korsika erbrachten Seeverkehrsdienste seien auf der Nachfrageseite untereinander austauschbar.

– Zweiter Unterteil: Die Kommission habe die fehlende Privatinitiative falsch beurteilt

209

Im Rahmen dieses zweiten Unterteils macht SNCM geltend, die von der Kommission in den Erwägungsgründen 161 bis 166 des angefochtenen Beschlusses durchgeführte Analyse der fehlenden Privatinitiative werde unzureichend begründet und sei offensichtlich fehlerhaft.

210

Diese Analyse wird im 162. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses wie folgt zusammengefasst:

„… die Kommission [hat] den tatsächliche[n] Passagierverkehr zu jedem der im Zusatzdienst bedienten Häfen mit den Beförderungsmöglichkeiten verglichen, die von Corsica Ferries ab Toulon und durch den Basisdienst im Rahmen der Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen angeboten wurden. Für die Häfen von Bastia und Ajaccio, auf die 90 % der vom Zusatzdienst verlangten Kapazitäten entfielen, hätte es demnach ausgereicht, die vom Basisdienst auf der Grundlage des Vertrags angebotenen Kapazitäten ab Marseille sowie die des von privaten Anbietern von 2004 bis 2006 ab Toulon erbrachten Dienstes zusammenzulegen, um den tatsächlich festgestellten Bedarf zu befriedigen. Dies gilt sowohl für den Zeitraum Frühjahr/Herbst als auch für die Sommerperiode sowie für jeden der beiden Häfen und für jedes einzelne Jahr zwischen 2004 und 2006“.

211

Die Kommission und Corsica Ferries treten dem Vorbringen von SNCM entgegen.

212

Zur Stützung ihrer Auffassung rügt SNCM erstens, dass die Kommission keine Einzelheiten oder Zahlen über die im 162. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beschriebene Vergleichsberechnung von Angebot und Nachfrage vorgelegt habe.

213

Diese Rüge ist als unbegründet zurückzuweisen. Wie die Kommission in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts bestätigt hat, handelt es sich bei den von ihr für die Zwecke der beanstandeten Analyse verwendeten Daten nämlich um öffentliche Daten der Regionalen Beobachtungsstelle für den Verkehr von und nach Korsika, die ihr von Corsica Ferries während des Verwaltungsverfahrens übermittelt und von den französischen Behörden in diesem Verfahren in keiner Weise bestritten worden waren. SNCM, die sich mit der Angebots- und Nachfragesituation im Seeverkehr zwischen dem französischen Festland und Korsika sowie mit den Daten über die im Vertrag vorgesehenen Kapazitäten besonders gut auskennt, kann somit nicht ernsthaft geltend machen, wie sie es in ihren Schriftsätzen tut, dass sie nicht in der Lage sei, die Ausführungen der Kommission zu verstehen und zu überprüfen, ob die von dieser verwendeten Zahlen korrekt seien oder nicht. Was die von der Kommission bei ihrer Analyse angewandte Methodik betrifft, geht aus dem 162. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses klar hervor, dass sie lediglich in einem Vergleich – für jedes einzelne Jahr von 2004 bis 2006 bei einer Unterscheidung zwischen dem sogenannten Zeitraum „Frühjahr/Herbst“ und der sogenannten „Sommerperiode“, und zwar für jeden der drei im Zusatzdienst bedienten korsischen Häfen – der Summe der von Corsica Ferries ab Toulon angebotenen Kapazitäten und der von den gemeinsam als Auftragnehmer auftretenden Unternehmen im Rahmen des Basisdienstes ab Marseille angebotenen Kapazitäten mit dem tatsächlichen festgestellten Bedarf (nämlich dem tatsächlichen Passagierverkehr) besteht. Was insbesondere die Häfen von Bastia und Ajaccio angeht, auf die 90 % der vom Zusatzdienst verlangten Kapazitäten entfielen, hat die Kommission festgestellt, dass diese Kapazitäten zusammen ausgereicht hätten, um den tatsächlich festgestellten Bedarf zu befriedigen, wobei sie sich auf die Tatsache gestützt hat, dass das Angebot systematisch höher war als die Nachfrage. Daher hat die Kommission ihre Analyse der fehlenden Privatinitiative rechtlich hinreichend begründet.

214

SNCM macht zweitens geltend, die Vergleichsanalyse des tatsächlichen Passagierverkehrs mit der Summe des Verkehrsangebots von Corsica Ferries und des Verkehrsangebots im Rahmen des Basisdienstes sei offensichtlich fehlerhaft, da sie die Merkmale des Marktes und insbesondere das erhebliche Ungleichgewicht der Nachfrage innerhalb der Spitzenverkehrszeiten außer Acht lasse. Sogar mitten im Sommer gebe es nämlich – insbesondere an den Wochenenden – Spitzenverkehrszeiten, die durch die genannte Zusammenlegung nicht in vollem Umfang abgedeckt werden könnten.

215

Festzustellen ist, dass SNCM das angeblich erhebliche Ungleichgewicht der Nachfrage, auf das sie sich beruft, rechtlich nicht hinreichend nachweist. Sie verweist in diesem Zusammenhang lediglich auf eine Passage der Entscheidung 2004/166/EG der Kommission vom 9. Juli 2003 über die geplante Umstrukturierungsbeihilfe Frankreichs für die Société Nationale Maritime Corse-Méditerranée (SNCM) (ABl. 2004, L 61, S. 13), die sich auf eine ihrer Ansicht nach von der Kommission durchgeführte Marktanalyse bezieht. In Wirklichkeit stammte diese Marktanalyse, wie aus dem 50. Erwägungsgrund dieser Entscheidung hervorgeht, keineswegs von der Kommission, sondern war von den französischen Behörden vorgelegt worden. Außerdem stützte sich die genannte Marktanalyse auf die bis 2001 verfügbaren Daten. Die Marktbedingungen haben sich zwischen 2001 und 2007 jedoch erheblich verändert. Schließlich ist festzustellen, dass die Entscheidung 2004/166 vom Gericht mit Urteil vom 15. Juni 2005, Corsica Ferries France/Kommission (T‑349/03, EU:T:2005:221), für nichtig erklärt worden ist.

216

SNCM führt drittens aus, bei der Prüfung der Frage der fehlenden Privatinitiative könne sich die Kommission nicht damit begnügen, eine quantitative Analyse des von Corsica Ferries bereitgestellten Angebots vorzunehmen. Sie hätte nämlich nicht lediglich die Kapazitäten berücksichtigen dürfen, sondern auch Tarife, Kontinuität und Regelmäßigkeit, und sie hätte nachweisen müssen, dass Corsica Ferries ihre Dienstleistungen unter vergleichbaren Bedingungen angeboten habe wie SNCM im Rahmen des Zusatzdienstes. SNCM weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Kommission an keiner Stelle nachweise, dass die von Corsica Ferries erbrachten Dienstleistungen den im Lastenheft gestellten Qualitätserfordernissen genügten.

217

Diese gegen die Kommission gerichteten Rügen können nicht durchgreifen.

218

Wie aus den Akten hervorgeht und im Übrigen zwischen den Parteien feststeht, sind die für den Zusatzdienst geltenden Verpflichtungen aus dem Vertrag zwar nicht exakt identisch mit den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, denen die Verkehrsdienste ab Toulon unterliegen. Jedoch ist, wie die Kommission im 165. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht feststellt, gleichwohl nicht nachgewiesen worden, dass zwischen den im Rahmen des Zusatzdienstes erbrachten Seeverkehrsdiensten ab Marseille und den Seeverkehrsdiensten ab Toulon ein signifikanter qualitativer Unterschied besteht, der geeignet wäre, die Nutzer der erstgenannten Dienste davon abzuschrecken, auf die letztgenannten Dienste auszuweichen.

219

In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die im Lastenheft des Vertrags vorgesehenen Verpflichtungen für den Zusatzdienst weniger strikt sind als die für den Basisdienst (vgl. oben, Rn. 151). Sodann ist auf die oben in den Rn. 202 bis 204 dargelegten Erwägungen Bezug zu nehmen, wonach – abgesehen davon, dass die von Corsica Ferries erbrachten Dienstleistungen einer Reihe von Anforderungen in Bezug auf die Regelmäßigkeit, die Kontinuität, die Häufigkeit der Überfahrten, die Fähigkeit zur Erbringung der Dienstleistung, die Tarife und die Schiffsbesatzungen genügen und unter Bedingungen erfolgen mussten, die sich mit dem öffentlichen Interesse decken – nicht nachgewiesen ist, dass zwischen diesen Dienstleistungen und den Dienstleistungen von SNCM ab Marseille ein wirklicher Qualitätsunterschied bestand. Was schließlich insbesondere die im Lastenheft des Vertrags für den Zusatzdienst vorgesehenen Verpflichtungen hinsichtlich der Qualität des Dienstleistungsangebots angeht, auf die sich SNCM beruft, genügt die Feststellung, dass diese nichts vorgebracht hat, womit sich nachweisen ließe, dass ein wie auch immer gearteter besonderer Bedarf der Fahrgäste bestand, der im Rahmen der Erbringung von Seeverkehrsdiensten durch die von Toulon aus operierenden Unternehmen nicht befriedigt worden wäre. Der Zusatzdienst ging im Übrigen nur mit wenigen Verpflichtungen hinsichtlich der Qualität des Dienstleistungsangebots einher, und diese unterschieden sich nicht grundlegend von den Verpflichtungen, die für die Verkehrsdienste der konkurrierenden Unternehmen – insbesondere von Corsica Ferries – galten.

220

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission zu Recht die Auffassung vertreten hat, im vorliegenden Fall sei kein Beweis für eine fehlende Privatinitiative beim Zusatzdienst erbracht worden.

– Dritter Unterteil: Die Kommission habe fälschlicherweise nicht geprüft, welche Auswirkungen die Streichung des Zusatzdienstes auf das tatsächlich festgestellte Angebot gehabt hätte

221

SNCM wirft der Kommission vor, nicht geprüft zu haben, welche Auswirkungen die Streichung des Zusatzdienstes auf das tatsächlich festgestellte Angebot gehabt hätte, was die Kommission zu einer Überbewertung der Privatinitiative veranlasst habe, die an die Stelle dieses Dienstes hätte treten können. Zunächst deute nämlich nichts im angefochtenen Beschluss darauf hin, dass die Dienstleistungen von Corsica Ferries ab Toulon und die Dienstleistungen von SNCM ab Marseille vollständig austauschbar seien. Sodann werde durch nichts nachgewiesen, dass das Angebot von Corsica Ferries – außerhalb eines Vertrags über gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen – eine Kontinuität und Regelmäßigkeit des Dienstes hätte gewährleisten können, die der Kontinuität und Regelmäßigkeit des Zusatzdienstes entsprächen. Schließlich würde eine Streichung der gezahlten Ausgleichsleistungen die Präsenz von SNCM auf dem Markt in Frage stellen, was Corsica Ferries eine Quasi-Monopolstellung verliehe und dieser einen Anreiz für eine signifikante Erhöhung ihrer Tarife und eine Verringerung der Qualität ihrer Dienstleistung böte.

222

Die Kommission weist das Vorbringen von SNCM zurück.

223

Dieser dritte Unterteil kann nicht durchgreifen. Die drei Prämissen, auf die sich die von SNCM gegen die Kommission gerichtete Rüge stützt, sind nämlich falsch.

224

So kann von der Kommission erstens vernünftigerweise nicht verlangt werden, dass sie eine vollständige Austauschbarkeit zwischen den Verkehrsdiensten ab Toulon und denjenigen ab Marseille nachweist. Sie hat im 160. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht berücksichtigt, dass diese Dienste „weitgehend austauschbar“ seien.

225

Zweitens lässt sich mit der von der Kommission im angefochtenen Beschluss durchgeführten Analyse rechtlich hinreichend nachweisen, dass es mit dem Angebot von Corsica Ferries ab Toulon in Kombination mit dem Angebot des Konsortiums aus SNCM und CMN im Rahmen des Basisdienstes – ohne eine gemeinwirtschaftliche Verpflichtung für den Zusatzdienst – möglich gewesen wäre, die Kontinuität der Festlandsverbindungen ganzjährig – auch während der Spitzenverkehrszeiten – sicherzustellen, oder mit anderen Worten, dass die Passagiernachfrage immer befriedigt worden wäre (vgl. die oben stehende Prüfung des ersten und des zweiten Unterteils des vorliegenden dritten Teils).

226

Die von SNCM in diesem Zusammenhang aufgestellte Behauptung, ohne eine gemeinwirtschaftliche Verpflichtung für den Zusatzdienst könnte Corsica Ferries mit ihrer Flotte – allmählich oder plötzlich – andere Zielorte als Korsika anlaufen, ist reine Spekulation und kann somit nicht akzeptiert werden.

227

Drittens ist davon auszugehen, dass auch die Behauptungen von SNCM, die sich auf die Folgen einer Streichung der im Rahmen des Zusatzdienstes gezahlten Ausgleichsleistungen für ihre Situation und die von Corsica Ferries beziehen, nichts als reine Spekulation und somit zurückzuweisen sind.

– Vierter Unterteil: Die Wettbewerber von SNCM, die ihre Dienste ab Toulon anböten, könnten nicht als unter normalen Marktbedingungen handelnde Unternehmen angesehen werden

228

SNCM trägt vor, entgegen den Ausführungen im 166. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses könnten ihre Wettbewerber, die ihre Dienste ab Toulon anböten, nicht als unter normalen Marktbedingungen handelnde Unternehmen angesehen werden. Die Seeverbindungen ab Toulon würden nämlich durch eine staatliche Beihilfe, und zwar die Beihilferegelung nach Sozialkriterien, subventioniert und unterlägen im Rahmen dieser Regelung gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen.

229

Die Kommission und Corsica Ferries beantragen, diesen Unterteil zurückzuweisen.

230

Festzuhalten ist, dass die Kommission mit ihrer Feststellung im 166. Erwägungsgrund letzter Satz des angefochtenen Beschlusses, dass „die Wettbewerber von SNCM im Personenverkehr, die ihre Dienste ab Toulon anbieten, als unter normalen Marktbedingungen handelnde Unternehmen angesehen werden [können]“, keinen Fall einer fehlenden staatlichen Intervention auf dem Markt meinte. Wie aus dem ersten Teil des genannten Satzes („[i]n Anbetracht des Bestehens gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen und der Beihilferegelung nach Sozialkriterien … für alle Strecken zwischen dem französischen Festland und Korsika“) hervorgeht, wollte die Kommission lediglich darauf hinweisen, dass sämtliche Schifffahrtsunternehmen, die Personenverkehrsdienste u. a. zwischen dem Hafen von Toulon und den korsischen Häfen anbieten, von der oben in Rn. 14 beschriebenen Beihilferegelung nach Sozialkriterien erfasst würden und deshalb den Anforderungen unterlägen, die von den im Rahmen dieser Regelung vorgesehenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gestellt würden, so dass sie so anzusehen seien, als übten sie ihre Tätigkeiten auf dem Markt unter gleichwertigen Bedingungen aus. Mit anderen Worten handelte es sich bei den „normalen Marktbedingungen“ um solche, die die genannte Regelung und die damit verbundenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen einschlossen.

231

Folglich sind der vierte Unterteil des dritten Teils und damit der letztgenannte Teil insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

Äußerst hilfsweise vorgebrachter vierter Teil: Die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die im Rahmen des Zusatzdienstes erbrachten Dienstleistungen kein normales Handelsgeschäft darstellten

232

Äußerst hilfsweise – d. h. falls davon auszugehen sein sollte, dass der Zusatzdienst keine DAWI darstelle – wirft SNCM der Kommission vor, nicht nachgewiesen zu haben, dass die französischen Behörden, als sie im Rahmen dieses Dienstes mit SNCM kontrahierten, nicht in derselben Weise gehandelt hätten wie ein privater Kapitalgeber unter normalen Marktbedingungen, so dass der Erwerb der im Rahmen des genannten Dienstes erbrachten Dienstleistungen nicht als normales Handelsgeschäft eingestuft werden könne.

233

Festzustellen ist, dass, wie die Kommission und Corsica Ferries zu Recht geltend machen, das Kriterium des privaten Kapitalgebers in einer Marktwirtschaft auf einen Fall wie den vorliegenden nicht anwendbar ist. Zum einen schließt eine Behörde, die selbst als die gemeinwirtschaftliche Dienstleistung organisierende und vergebende Stelle auftritt, dadurch nämlich bereits die Anwendbarkeit des besagten Kriteriums aus, da sie per definitionem als Auftraggeber der öffentlichen Hand handelt. Zum anderen kann – entgegen dem Vorbringen von SNCM – das Verhalten der französischen Behörden in der vorliegenden Rechtssache einem entgeltlichen Erwerb von Seeverkehrsdiensten durch diese nicht gleichgestellt werden. Im vorliegenden Fall geht es in Wirklichkeit um eine Vereinbarung, durch die eine Behörde Wirtschaftsteilnehmer gegen Zahlung von Ausgleichsleistungen mit der Verwaltung einer gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung betraut. Um zu ermitteln, ob diese Ausgleichsleistungen eine staatliche Beihilfe, insbesondere einen selektiven Vorteil, darstellen, finden in einem solchen Fall die vier Altmark-Kriterien Anwendung.

234

Demnach kann der vierte Teil des ersten Klagegrundes keinen Erfolg haben.

235

Der erste Klagegrund ist folglich in vollem Umfang als unbegründet zurückzuweisen. Somit ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission zu Recht die Auffassung vertreten hat, die Einbeziehung des Zusatzdienstes in den Bereich der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen entspreche keinem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen, so dass die Französische Republik mit der Einstufung des Zusatzdienstes als DAWI einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe.

Zweiter Klagegrund: Die Kommission habe fälschlicherweise die Auffassung vertreten, der Vertrag erfülle nicht das vierte Altmark-Kriterium

236

Mit ihrem zweiten Klagegrund trägt SNCM vor, die Kommission habe fälschlicherweise die Auffassung vertreten, das vierte Altmark-Kriterium sei sowohl in Bezug auf den Basisdienst als auch in Bezug auf den Zusatzdienst nicht erfüllt. Das Verfahren zur Vergabe des Vertrags habe die Gewährleistung eines wirksamen Wettbewerbs zwischen den Anbietern und damit die Auswahl des für die Allgemeinheit wirtschaftlich günstigsten Angebots ermöglicht.

237

Die Kommission und Corsica Ferries weisen das Vorbringen von SNCM zurück.

238

Es ist darauf hinzuweisen, dass das vierte Altmark-Kriterium in zwei hypothetischen Fällen erfüllt ist. Im Ersten muss die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt sein, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der die betreffenden Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann. Im Zweiten muss die Höhe des Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten bestimmt worden sein, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind.

239

Im angefochtenen Beschluss ist die Kommission davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall keiner dieser beiden hypothetischen Fälle vorgelegen habe (vgl. Erwägungsgründe 169 bis 178 und 179 bis 183 des angefochtenen Beschlusses). Im Rahmen der vorliegenden Klage stellt SNCM lediglich die Schlussfolgerungen der Kommission zum ersten hypothetischen Fall in Frage.

240

Aus einer Reihe übereinstimmender Indizien geht hervor, dass das im vorliegenden Fall befolgte Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge offensichtlich nicht in hinreichendem Maße zu echtem, freiem Wettbewerb geführt hat, der die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglich hätte, der die betreffenden Seeverkehrsdienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann.

241

So ist als Erstes festzustellen, dass der Vertrag im Anschluss an ein Verhandlungsverfahren mit Veröffentlichung einer Bekanntmachung an das Konsortium aus SNCM und CMN vergeben worden ist, und dies, nachdem der Conseil d’État (Staatsrat) am 15. Dezember 2006 ein erstes Verfahren zur Vergabe der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung in vollem Umfang für nichtig erklärt hatte. Wie aus dem 170. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses und Rn. 66 der DAWI-Mitteilung hervorgeht, gewährt ein Verhandlungsverfahren mit Veröffentlichung einer Bekanntmachung der Bewilligungsbehörde einen weiten Ermessensspielraum und kann unter Umständen die Teilnahme interessierter Betreiber einschränken. Ein solches Verfahren kann somit nur in Ausnahmefällen als ausreichend angesehen werden, um das vierte Altmark-Kriterium zu erfüllen. Zudem kann es gemäß Rn. 68 der besagten Mitteilung unter bestimmten Umständen vorkommen, dass ein Ausschreibungsverfahren nicht die geringsten Kosten für die Allgemeinheit sicherstellt, weil es nicht in hinreichendem Maße echten, freien Wettbewerb ermöglicht.

242

Als Zweites ist festzuhalten, dass im Anschluss an die Veröffentlichung der Bekanntmachung lediglich zwei Angebote abgegeben worden sind, nämlich das gemeinsame Angebot von SNCM und CMN einerseits und das Angebot von Corsica Ferries andererseits. Theoretisch hätten an dieser Ausschreibung jedoch mehrere andere Schifffahrtsunternehmen teilnehmen können, darunter zumindest drei Unternehmen, die Seeverkehrsliniendienste zwischen dem Festland und Korsika erbringen (Saremar [Italien–Korsika], Lauro [Italien–Korsika] und Moby [Italien–Korsika, aber auch – eine Zeit lang – französisches Festland–Korsika]).

243

Als Drittes ist in Ergänzung zu den Darlegungen oben in Rn. 242 festzustellen, dass, wie aus den Erwägungsgründen 174 bis 177 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, eine Reihe von Faktoren potenzielle Bewerber zweifellos tatsächlich davon abgehalten, wenn nicht sogar daran gehindert haben, an der Ausschreibung teilzunehmen.

244

Erstens ist zu berücksichtigen, dass das Konsortium aus SNCM und CMN, worauf im 175. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hingewiesen wird und wie aus den Rn. 60 und 106 des Beschlusses 06‑MC‑03 des Conseil de la concurrence (Wettbewerbsrat, Frankreich) vom 11. Dezember 2006 zu den Anträgen auf Sicherungsmaßnahmen im Seeverkehr zwischen Korsika und dem Festland hervorgeht, wegen seiner Position als etablierter Anbieter auf der Strecke Marseille–Korsika, der bereits über Schiffe verfügte, die den spezifischen Anforderungen des Lastenhefts des Vertrags entsprachen, einen erheblichen Wettbewerbsvorteil besaß.

245

Zweitens hat die Kürze der im Rahmen des Verfahrens zur Vergabe des Vertrags vorgegebenen Fristen zwangsläufig einen Verdrängungseffekt gehabt. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die neue Ausschreibung und das endgültige Lastenheft am 30. Dezember 2006 veröffentlicht worden sind, während der Vertrag über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen am 1. Mai 2007, also nur vier Monate später, zu laufen beginnen sollte, wobei das letztgenannte Datum durch Beschluss des korsischen Regionalparlaments vom 27. April 2007 auf den 1. Juli 2007 verschoben worden ist. Zwangsläufige Folge war eine extrem kurze Zeitspanne zwischen dem Tag der Vergabe des Vertrags, die schließlich am 7. Juni 2007 erfolgt ist, und dem Beginn der Laufzeit dieses Vertrags. So hat diese Zeitspanne nur 23 Tage betragen. Derart kurze Fristen erlaubten es Anbietern, die auf der Strecke Marseille–Korsika nicht bereits tätig waren, offensichtlich nicht, ihre auf anderen Linien fahrenden Schiffe einzusetzen oder weitere, den Vorgaben des Lastenhefts entsprechende Schiffe zu erwerben. Ohne ein positives Signal hinsichtlich der Möglichkeit, den Zuschlag zu erhalten, wären diese Anbieter das sehr hohe wirtschaftliche Risiko, ihre Flotte im Voraus anzupassen, nicht eingegangen.

246

Zwar hat Corsica Ferries trotz der Hindernisse, die diese sehr kurzen Fristen darstellten, an der betreffenden Ausschreibung teilgenommen. Es ist jedoch festzustellen, dass sie gerade deshalb keinen vor dem 12. November 2007 liegenden Zeitpunkt für den Beginn der Durchführung des Vertrags vorschlagen konnte, weil ihre Flotte bis zu diesem Tag in Nizza und Toulon eingesetzt werden musste, da die Fahrkarten für die Touristensaison bereits im Januar in den Verkehr gebracht worden waren.

247

Drittens ist festzuhalten, dass die Anzahl der Bewerber, die an der Ausschreibung teilnehmen konnten, auch durch bestimmte Zwänge technischer Art beschränkt wurde. So mussten die Schiffe bestimmten technischen Anforderungen genügen, um in bestimmten korsischen Häfen verkehren zu können. Beispielsweise durften im Jahr 2007 keine Schiffe mit über 180 m Länge im Hafen von Bastia verkehren, worauf in Fn. 107 des angefochtenen Beschlusses hingewiesen wird. Dieser Zwang, gekoppelt mit dem im Lastenheft des Vertrags vorgesehenen Erfordernis einer höheren Mindestzahl laufender Meter für die Beförderung von Fracht, setzte den Bau nahezu maßgeschneiderter Schiffe voraus, ähnlich einigen Schiffen von SNCM wie der Paglia Orba und der Pascal Paoli. Wie in Fn. 109 des angefochtenen Beschlusses festgestellt wird, waren die Kosten für Schiffe, die die Anforderungen dieses Lastenhefts erfüllen konnten, jedoch besonders hoch. Zudem sah das genannte Lastenheft vor, dass Schiffe, die bei der Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung eingesetzt werden sollten, mit der Möglichkeit einer Ausnahme für die Jahre 2007 und 2008 nicht mehr als 20 Jahre alt sein durften, was unmittelbar SNCM begünstigte und einen Ausschluss von fünf Schiffen der für die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verfügbaren Flotte von Corsica Ferries bewirkte, wie die Kommission in ihrer Antwort auf eine der schriftlichen Fragen des Gerichts auf sehr überzeugende Weise erläutert hat.

248

Hinzu kommt, dass der Conseil de la concurrence (Wettbewerbsrat) in Rn. 56 seines Beschlusses 06‑MC‑03 vom 11. Dezember 2006 (vgl. oben, Rn. 244), der in Fn. 106 des angefochtenen Beschlusses angeführt wird, zu dem Schluss gelangt ist, dass, „[a]uch wenn theoretisch mehrere Unternehmen über die erforderlichen Schiffe verfügten und an der Ausschreibung hätten teilnehmen können, eine ganze Reihe von Besonderheiten des Vergabeverfahrens, die für die Teilnahme gesetzten Fristen und mehrere Zwänge technischer oder wirtschaftlicher Art ihre Anzahl in der Praxis auf die drei Unternehmen beschränkt haben, die von den Häfen in Marseille, Toulon und Nizza aus bereits im Linienverkehr nach Korsika tätig sind“ (vgl. auch Rn. 120 bis 133 des Beschlusses 09‑D‑10 des Conseil de la concurrence [Wettbewerbsrat] vom 27. Februar 2009 zu Praktiken im Seeverkehr zwischen Korsika und dem Festland).

249

Als Viertes ist, wie im 172. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu Recht festgestellt wird, das Angebot von Corsica Ferries, das somit das einzige Angebot war, das in Konkurrenz zu dem des Konsortiums aus SNCM und CMN eingereicht wurde, auf der Grundlage von Auswahlkriterien und nicht von Vergabekriterien zurückgewiesen worden, d. h. das wirtschaftlich günstigste wurde ausgewählt, ohne überhaupt einen Vergleich des wesentlichen Inhalts der vorliegenden Angebote vorzunehmen. So ergibt sich aus dem Beschluss des korsischen Regionalparlaments vom 7. Juni 2007, dass das Angebot von Corsica Ferries deshalb zurückgewiesen worden ist, weil diese „keinen festen und verbindlichen Termin benennen [könne], ab dem sie die [gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen] wahrnehmen [könne]“. Insbesondere war es Corsica Ferries, wie oben in Rn. 246 ausgeführt worden ist, nicht möglich, ein vor dem 12. November 2007 liegendes Datum für die Durchführung des Vertrags vorzuschlagen, obwohl dieser am 1. Juli 2007 zu laufen beginnen sollte. Darüber hinaus geht aus dem Bericht des Präsidenten des korsischen Exekutivrats über den öffentlichen Seeverkehrsdienst zwischen Marseille und Korsika, im Hinblick auf den dieser Beschluss angenommen worden ist, hervor, dass einige der Schiffe von Corsica Ferries nicht die in den Ausschreibungsunterlagen festgelegte Bedingung in Bezug auf das Höchstalter erfüllten, da sie vor dem 1. Januar 1987 in Betrieb genommen worden waren (vgl. auch Fn. 20 des angefochtenen Beschlusses).

250

Somit kann nicht angenommen werden, das Angebot von Corsica Ferries sei, wie SNCM vorbringt, mit der Begründung zurückgewiesen worden, dass es nicht das wirtschaftlich günstigste sei. Hinzu kommt, dass die Gründe für diese Zurückweisung nicht unter den in den Ausschreibungsunterlagen aufgeführten Vergabekriterien zu finden sind, die unter der Überschrift „Auswahlkriterium“ u. a. Folgendes vorsehen:

„Die Gebietskörperschaft Korsika macht ihre Entscheidung über die Vergabe der Verträge von der Höhe der gesamten finanziellen Verpflichtung, die sie einzugehen haben wird, sowie von der Dienstleistungsqualität und dem Beitrag, den die anbietenden Unternehmen – innerhalb der Grenzen ihrer Kapazitäten und Produktionsarten – zur wirtschaftlichen Entwicklung der Insel leisten können, insbesondere vom Anteil der beabsichtigten Dienstleistungen und Tätigkeiten auf dem Inselmarkt, abhängig.“

251

Als Fünftes ist die Feststellung der Kommission im 177. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zu bestätigen, dass „auch die zahlreichen Anpassungsklauseln … sowie das Recht des korsischen Verkehrsamts, Ausnahmen von den geltenden Vorschriften zu beschließen …, dazu beitragen [konnten], von einer Teilnahme an der Ausschreibung abzuhalten und Zweifel an bestimmten technischen und wirtschaftlichen Parametern, die für die Erstellung eines Angebots entscheidend sind, nähren [konnten]“.

252

So sieht Art. 2 des Vertrags erstens vor, dass die Verpflichtungen des Lastenhefts während einer am 31. Dezember 2008 endenden Übergangszeit angepasst werden können. Diese Verpflichtungen, die nach Ermessen des korsischen Verkehrsamts gelockert werden können, beziehen sich auf wesentliche Punkte der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung, da sie die Mindestkapazitäten (vgl. Nr. I Buchst. a Abs. 1.3, Nr. I Buchst. b Abs. 1.3, Nr. I Buchst. c Abs. 1.3, Nr. I Buchst. d Abs. 1.3 und Nr. I Buchst. e Abs. 1.3 des Lastenhefts), die Dienstleistungsqualität und den Tag der Inbetriebnahme der Schiffe betreffen (vgl. Einleitung von Nr. III des Lastenhefts). Die Ausnahmen waren zwar nur für einen Zeitraum von 18 Monaten vorgesehen, sie waren aber nichtsdestotrotz bedeutsam, da ein solcher Zeitraum genügt, um eine Schiffsflotte gegebenenfalls zu reorganisieren.

253

Zweitens sieht das Lastenheft des Vertrags Folgendes vor: „In der Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. März (außerhalb der Schulferien) und bei unvorhergesehenen Ereignissen unabhängig von der Jahreszeit ist mit Zustimmung des korsischen Verkehrsamts eine Beschränkung des Umfangs der Dienstleistung für die oben vorgesehenen Kapazitäten – insbesondere für die Fahrgastzahlen (um höchstens 30 %) – möglich, damit insbesondere verwaltungsrechtlichen Verpflichtungen zur Wartung, Reparatur und Umklassifizierung der Schiffe nachgekommen werden kann“ (vgl. Nr. I Buchst. a Abs. 1.4, Nr. I Buchst. b Abs. 1.4, Nr. I Buchst. c Abs. 1.4, Nr. I Buchst. d Abs. 1.4 und Nr. I Buchst. e Abs. 1.4 des Lastenhefts). Festzustellen ist, dass eine Beschränkung des Umfangs der Dienstleistung „insbesondere“ möglich war, um verwaltungsrechtlichen Verpflichtungen zur Wartung, Reparatur und Umklassifizierung der Schiffe nachzukommen, und nicht „ausschließlich“ aus diesem Grund, wie SNCM geltend zu machen scheint. Darüber hinaus war der Ermessensspielraum, den diese Vorschrift dem korsischen Verkehrsamt einräumte, wie die Kommission zu Recht hervorhebt, sehr weit, da er sowohl den Grund, aus dem die Beschränkungen vorgenommen werden konnten, als auch ihren Anwendungsbereich („insbesondere für die Fahrgastzahlen“) und ihren Umfang (um höchstens 30 %) offenließ, und zwar während sämtlicher verkehrsarmer Zeiten, d. h. der Zeiten, in denen der Betrieb der verschiedenen Seeverbindungen per definitionem am verlustträchtigsten und eine Beschränkung des Umfangs der Dienstleistungen für die Auftragnehmer daher am rentabelsten war.

254

Drittens haben auch die Schutzklausel und die Anpassungsklausel in Art. 7 bzw. Art. 8 des Vertrags (vgl. oben, Rn. 33 bis 35) angesichts ihrer Tragweite möglicherweise Zweifel an bestimmten technischen und wirtschaftlichen Parametern aufkommen lassen.

255

Darüber hinaus kann keines der anderen Argumente von SNCM die vorstehenden Erwägungen in Frage stellen.

256

So macht SNCM erstens zu Unrecht geltend, das Gericht sei in Rn. 59 seines Urteils vom 11. September 2012, Corsica Ferries France/Kommission (T‑565/08, EU:T:2012:415), zu dem Schluss gelangt, dass das Konsortium aus SNCM und CMN den öffentlichen Dienstleistungsauftrag für den Zeitraum 2007–2013 „nach den neuen Gemeinschaftsregeln und infolge einer europäischen Ausschreibung“ erhalten habe. Zum einen betraf die Rechtssache, in der jenes Urteil ergangen ist, nämlich nicht den öffentlichen Dienstleistungsauftrag für den Zeitraum 2007–2013, sondern eine DAWI, die sich auf den Zeitraum 1991–2001 bezog. Zum anderen hat das Gericht in Rn. 59 des genannten Urteils lediglich festgestellt, dass SNCM und CMN nach den neuen Unionsregeln und infolge einer europäischen Ausschreibung gemeinsam die öffentlichen Dienstleistungsaufträge nach dem Jahr 2001 erhalten hätten, und zwar ohne die Ordnungsmäßigkeit dieser Ausschreibungen, die im Übrigen nicht Gegenstand des Rechtsstreits waren, oder überhaupt ihre Eignung zur Erfüllung des vierten Altmark-Kriteriums zu prüfen.

257

Zweitens kann sich SNCM nicht mit Erfolg auf den Umstand berufen, dass die Gebietskörperschaft Korsika nie mit einem Antrag potenzieller Bewerber befasst worden ist, die aufgrund der Auflagen aus dem Lastenheft oder des Zeitplans für die Vergabe des öffentlichen Dienstleistungsauftrags auf eine Teilnahme an der Anhörung verzichtet hatten. Dieser Umstand, sein Vorliegen unterstellt, ist als solcher nämlich nicht geeignet, die im angefochtenen Beschluss enthaltenen Ausführungen und Schlussfolgerungen der Kommission zur Nichteinhaltung des vierten Altmark-Kriteriums zu beeinflussen.

258

Drittens kann SNCM auch nichts daraus herleiten, dass sowohl der Conseil d’État (Staatsrat) – in einer Entscheidung vom 5. Juni 2007 und in seiner oben in Rn. 27 erwähnten Entscheidung vom 13. Juli 2012 – als auch der Conseil de la concurrence (Wettbewerbsrat) – in seinem Beschluss 07‑D‑13 vom 6. April 2007 über neue Anträge auf Sicherungsmaßnahmen im Seeverkehr zwischen Korsika und dem Festland – die Auffassung vertreten haben sollen, das von der Gebietskörperschaft Korsika bei der Vergabe des Vertrags angewandte Verfahren sei vollkommen rechtmäßig.

259

Bezüglich der Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) vom 5. Juni 2007 sei nämlich zunächst angemerkt, dass es sich hierbei um eine Entscheidung handelt, die auf eine Kassationsbeschwerde von Corsica Ferries gegen den oben in Rn. 20 erwähnten Beschluss des für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richters des Tribunal administratif de Bastia (Verwaltungsgericht Bastia) vom 27. April 2007 ergangen ist, mit dem ihrem Antrag auf Nichtigerklärung des gesamten Verfahrens, das die Gebietskörperschaft Korsika und das korsische Verkehrsamt für die Verlängerung des öffentlichen Dienstleistungsauftrags für die Fährverbindungen nach Korsika ab dem Hafen von Marseille organisiert hatten, nur teilweise stattgegeben worden war. Abgesehen davon, dass die Zuständigkeit des für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständigen Richters naturgemäß begrenzt ist, sei darauf hingewiesen, dass sich der Conseil d’État (Staatsrat) in seiner Entscheidung über die Begründetheit des angefochtenen Beschlusses im Wesentlichen auf die Feststellung beschränkt hat, dass der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter des Tribunal administratif de Bastia (Verwaltungsgericht Bastia) den Sachverhalt oder den Akteninhalt nicht verfälscht habe. Hinzu kommt, dass die genannte Entscheidung nur den Teil der Anträge von Corsica Ferries betrifft, der vom letztgenannten Richter zurückgewiesen worden war, und dieser Richter die Verhandlungsphase des Verfahrens und damit die Entscheidung, das Angebot des Konsortiums aus SNCM und CMN auszuwählen und dem korsischen Regionalparlament vorzuschlagen, den öffentlichen Dienstleistungsauftrag an dieses Konsortium zu vergeben, aufgrund einer Ungleichbehandlung der Bewerber darüber hinaus für nichtig erklärt hatte.

260

Entgegen dem Vorbringen von SNCM lässt sich der Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) vom 13. Juli 2012 sodann nicht entnehmen, dass dieser darin die Rechtmäßigkeit des von der Gebietskörperschaft Korsika bei der Vergabe des Vertrags angewandten Verfahrens bestätigt hätte. Im zweiten Teil seiner Entscheidung, der das Recht der staatlichen Beihilfen und insbesondere die Einhaltung der in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Pflicht zur vorherigen Anmeldung betrifft, hat der Conseil d’État (Staatsrat) lediglich geprüft, ob die in Art. 7 Abs. 1 des Vertrags vorgesehene Schutzklausel für sich betrachtet eine staatliche Beihilfe darstellen konnte. Zudem hat die Cour administrative d’appel de Marseille (Verwaltungsberufungsgericht Marseille) das Urteil des Tribunal administratif de Bastia (Verwaltungsgericht Bastia) vom 24. Januar 2008 sowie die oben in den Rn. 23 und 25 genannten Beschlüsse nach der Nichtigerklärung ihres Urteils vom 7. November 2011 durch die besagte Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) vom 13. Juli 2012 und der Zurückverweisung der Rechtssache an sie mit Urteil vom 6. April 2016 für nichtig erklärt, nachdem sie gerade festgestellt hatte, dass das vierte Altmark-Kriterium nicht erfüllt sei.

261

Der Beschluss des Conseil de la concurrence (Wettbewerbsrat) vom 6. April 2007 schließlich betraf Anträge auf Sicherungsmaßnahmen und konnte der Entscheidung über die Begründetheit des in Rede stehenden Rechtsstreits somit nicht vorgreifen. Darüber hinaus lässt sich aus diesem Beschluss keine Schlussfolgerung betreffend die Einhaltung des vierten Altmark-Kriteriums herleiten. Die Fragen, mit denen der Conseil de la concurrence (Wettbewerbsrat) befasst war, bezogen sich nämlich in Wirklichkeit auf den etwaigen wettbewerbswidrigen Charakter der Bildung des zeitlich befristeten Konsortiums aus SNCM und CMN sowie auf den angeblich übermäßig hohen Subventionsbetrag, den dieses Konsortium in seinem nach Veröffentlichung der neuen Ausschreibung eingereichten Angebot beantragt hatte. Schließlich ist festzustellen, dass die Entscheidung, den 1. Mai 2007 als Datum für die Aufnahme der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung zu wählen (wobei dieses Datum später auf den 1. Juli 2007 verschoben wurde), einen Verdrängungseffekt hatte, wie der Conseil de la concurrence (Wettbewerbsrat) in Rn. 46 seines Beschlusses selbst hervorhebt.

262

Nach alledem hat die Kommission keinen Fehler begangen, als sie die Ansicht vertreten hat, das vierte Altmark-Kriterium sei weder in Bezug auf den Basisdienst noch in Bezug auf den Zusatzdienst erfüllt. Der zweite Klagegrund ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

Hilfsweise vorgebrachter dritter Klagegrund: Die Kommission habe den zurückzufordernden Beihilfebetrag falsch berechnet

263

Der dritte Klagegrund von SNCM richtet sich gegen den 218. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, der wie folgt lautet:

„In Bezug auf die Festsetzung des zurückzufordernden Beihilfebetrags (ohne Zinsen) ist die Kommission der Auffassung, dass die Betriebsbuchführung der SNCM … eine angemessene Grundlage für die Aufteilung der Ausgleichsleistungen zwischen Basisdienst und Zusatzdienst liefert. Der zurückzufordernde Beihilfebetrag umfasst demnach die folgenden Elemente:

a)

den Betrag der Ausgleichsleistungen, der für den Zusatzdienst im Zeitraum 2007–2011 tatsächlich zur Auszahlung gelangte und sich auf 172,744 Mio. [Euro] beläuft …;

b)

die 2012 für den Zusatzdienst geleisteten monatlichen Vorauszahlungen, die derzeit auf 38 Mio. [Euro] … geschätzt werden, sowie de[n] Restbetrag der nach Übermittlung des Abschlussberichts über die Erbringung der Dienstleistungen fälligen Ausgleichsleistungen, sofern er bereits ausgezahlt worden ist;

c)

die monatlichen Vorauszahlungen, die für das Jahr 2013 bis zum Tag des Erlasses dieses Beschlusses für den Zusatzdienst geleistet wurden und die derzeit auf 9,5 Mio. [Euro] geschätzt werden, wobei Frankreich alle Zahlungen nach diesem Tag einzustellen hat.“

264

Mit diesem Klagegrund, der sich in drei Teile unterteilt, macht SNCM geltend, die Kommission habe – selbst wenn unterstellt werde, dass sich der Zusatzdienst vom Basisdienst unterscheiden lasse und die für den Zusatzdienst zur Auszahlung gelangten Ausgleichsleistungen die Altmark-Kriterien nicht erfüllten – einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen und gegen Art. 106 Abs. 2 und Art. 107 AEUV sowie gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Verbots einer ungerechtfertigten Bereicherung verstoßen, als sie den zurückzufordernden Beihilfebetrag in Höhe der gesamten Ausgleichsleistungen festgesetzt habe.

265

Die Kommission und Corsica Ferries vertreten die Auffassung, dieser dritte Klagegrund sei in allen seinen drei Teilen als unbegründet zurückzuweisen.

Erster Teil: Die Kommission habe die im Rahmen der Erbringung des Zusatzdienstes entstandenen Kosten bei der Bestimmung des zurückzufordernden Beihilfebetrags fälschlicherweise nicht berücksichtigt

266

SNCM wirft der Kommission vor, bei der Bestimmung des zurückzuerstattenden Beihilfebetrags die ihr im Rahmen der Erbringung des Zusatzdienstes entstandenen erheblichen Kosten, die weder vom Betrag der für diesen Dienst zur Auszahlung gelangten Ausgleichsleistungen noch vom Umsatz aus der Personenbeförderung abgedeckt worden seien, nicht berücksichtigt zu haben. Damit habe die Kommission gegen Art. 106 Abs. 2 und Art. 107 AEUV sowie gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Verbots einer ungerechtfertigten Bereicherung verstoßen und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen.

267

Es ist darauf hinzuweisen, dass die vorliegende Rechtssache, wie bereits oben in Rn. 233 festgestellt worden ist und wie die Kommission völlig zu Recht hervorhebt, keinen Fall betrifft, in dem der Staat gegen Entgelt einen Gegenstand oder eine bestimmte Dienstleistung erwirbt. Vorliegend geht es um eine Vereinbarung, durch die eine Behörde Wirtschaftsteilnehmer gegen Zahlung von Ausgleichsleistungen mit der Verwaltung einer gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung betraut. In einem solchen Fall gilt die Rechtsprechung, die aus dem Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg (C‑280/00, EU:C:2003:415), hervorgegangen ist. Erfüllen die Ausgleichsleistungen nicht kumulativ die vier Altmark-Kriterien, werden sie demnach so angesehen, als werde den Begünstigten durch sie ein Vorteil gewährt, mit der Folge, dass sie, sofern die anderen für die Feststellung einer mit dem Binnenmarkt unvereinbaren staatlichen Beihilfe erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind, von diesen Begünstigten vollständig zurückerstattet werden müssen.

268

Da das erste und das vierte Altmark-Kriterium, wie oben im Rahmen der Prüfung des ersten und des zweiten Klagegrundes festgestellt worden ist, in Bezug auf die SNCM für den Zusatzdienst gezahlten Ausgleichsleistungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt waren, stellten diese Leistungen insgesamt einen Vorteil zugunsten des genannten Unternehmens dar. Da auch die anderen Voraussetzungen, mit denen sich feststellen ließ, dass die besagten Ausgleichsleistungen als mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen eingestuft werden mussten, erfüllt waren, ist davon auszugehen, dass die Kommission die Rückforderung des Gesamtbetrags angeordnet hat, ohne gegen Art. 106 Abs. 2 und Art. 107 AEUV sowie gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Verbots einer ungerechtfertigten Bereicherung zu verstoßen. Insoweit ist u. a. festzustellen, dass die Aufhebung einer rechtswidrigen staatlichen Beihilfe durch Rückforderung die logische Folge der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit ist. Infolgedessen kann eine solche Rückforderung zwecks Wiederherstellung der früheren Lage grundsätzlich nicht als eine Maßnahme betrachtet werden, die in keinem Verhältnis zu den Zielen der Bestimmungen des Vertrags über staatliche Beihilfen stünde (Urteil vom 21. März 1990, Belgien/Kommission, C‑142/87, EU:C:1990:125, Rn. 66).

269

Insbesondere lässt sich nicht die Auffassung vertreten, die Verpflichtung zur Rückerstattung des erwähnten Betrags an die französischen Behörden führe zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der genannten Behörden, da diese lediglich einen Betrag zurückerhielten, den sie nicht an SNCM hätten auszahlen dürfen.

270

Was das von SNCM in der Erwiderung angeführte Vorbringen angeht, wonach die Rückforderung des von der Kommission festgesetzten Betrags ihr „Todesurteil“ und ihre Zahlungsunfähigkeit bedeute, genügt der Hinweis, dass der Umstand, dass sich das betreffende Unternehmen in Schwierigkeiten befindet oder zahlungsunfähig ist, nach ständiger Rechtsprechung keinen Einfluss auf die Rückforderungspflicht hat (Urteil vom 11. Dezember 2012, Kommission/Spanien, C‑610/10, EU:C:2012:781, Rn. 71).

271

Was schließlich das Vorbringen von SNCM betrifft, wonach der Zusatzdienst eine „chronische Unterkompensation“ verzeichnet hat, ist festzustellen, dass es rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen ist. Mit den von der Kommission in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts und in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen soll vielmehr der Nachweis darüber geführt werden, dass dieser Dienst in Wirklichkeit eine Überkompensation erhalten hat.

272

In Anbetracht des Vorstehenden ist der erste Teil des dritten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

Zweiter Teil: Die Kommission habe die Unterkompensation des Basisdienstes bei der Bestimmung des zurückzufordernden Beihilfebetrags fälschlicherweise nicht berücksichtigt

273

SNCM trägt vor, die Kommission hätte bei der Bestimmung des zurückzuerstattenden Beihilfebetrags berücksichtigen müssen, dass der Basisdienst, der zu derselben gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung gehöre wie der Zusatzdienst, zwischen 2007 und 2011 „chronisch und massiv“ unterkompensiert gewesen sei. Die Kommission habe damit eine falsche Rechtsauffassung vertreten und einen Fehler bei der Bestimmung der Höhe des SNCM gewährten Vorteils begangen sowie gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Verbots einer ungerechtfertigten Bereicherung verstoßen.

274

Diese Rüge kann nicht durchgreifen.

275

Zum einen kann nämlich, wie die Kommission zu Recht geltend macht, nicht anerkannt werden, dass ein für die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung gewährter Ausgleich, der eine staatliche Beihilfe darstellt, künstlich dem Ausgleich einer anderen gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung zugewiesen wird, selbst wenn diese beiden Dienstleistungen in ein und derselben Vereinbarung vorgesehen sein sollten. Ein Ausgleich für eine gemeinwirtschaftliche Dienstleistung, der einem Unternehmen gewährt wird, das mit der Erbringung einer DAWI betraut ist, muss nämlich anhand der Kosten festgelegt werden, die durch die Erbringung allein dieser DAWI entstehen.

276

Zum anderen ist die Behauptung, dass der Basisdienst „chronisch und massiv“ unterkompensiert gewesen sei, jedenfalls falsch. Aus den von der Kommission auf der Grundlage des das Verhältnis zwischen dem Nettoergebnis und dem Gesamtvermögen in Prozent messenden Finanzindikators „return on assets“ (ROA, Rentabilität des investierten Vermögens) durchgeführten Berechnungen und der oben in Rn. 155 erwähnten kalkulatorischen Ergebnisrechnung – wobei die Kommission die besagten Berechnungen in ihrer Antwort auf eine der schriftlichen Fragen des Gerichts und in der mündlichen Verhandlung erläutert hat – ergibt sich nämlich, dass dieser Dienst weder über- noch unterkompensiert gewesen ist (vgl. auch die Tabelle im 207. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

Dritter Teil: Die Kommission habe bei der Ermittlung des Anteils der dem Zusatzdienst zurechenbaren jährlichen Ausgleichsleistungen einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen

277

SNCM macht geltend, die Kommission habe, selbst wenn unterstellt werde, dass die Höhe des zurückzuerstattenden Vorteils sämtlichen Ausgleichsleistungen entspreche, die für den Zusatzdienst gewährt worden seien, was nicht der Fall sei, bei der Bestimmung dieses Betrags einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen. Die Kommission habe eine willkürliche und falsche Wahl getroffen, als sie sich auf ihre analytische Buchführung, konkret auf die pro Schiffstyp vorgenommene Verteilung der Ergebnisrechnung (wobei die kumulierte Ergebnisrechnung für die kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffe der Ergebnisrechnung für den Basisdienst und die kumulierte Ergebnisrechnung für die Fähren der Ergebnisrechnung für den Zusatzdienst gleichgestellt worden sei), gestützt habe, um den Anteil der jährlichen Ausgleichsleistungen zu bestimmen, der dem Zusatzdienst zuzurechnen sei. Sie schlägt zwei andere Methoden vor, die von der Kommission zu diesem Zweck hätten verwendet werden können.

278

Der vorliegende Teil beruht vollständig auf der Prämisse, dass die Kommission weder den Basisdienst den mit den Fracht‑/Fahrgastschiffen erbrachten Dienstleistungen noch den Zusatzdienst den mit den Fähren erbrachten Dienstleistungen gleichstellen durfte. Wie bereits oben in den Rn. 158 bis 162 aufgezeigt, ist diese Prämisse jedoch falsch. Somit ist davon auszugehen, dass die von der Kommission gewählte Methode zur Bestimmung der Höhe des Vorteils im Zusammenhang mit den Ausgleichsleistungen für den Zusatzdienst, die sich auf die eigene kalkulatorische Ergebnisrechnung von SNCM (die klar zwischen Fahrgastschiffen/Fähren einerseits und Frachtschiffen andererseits unterscheidet) stützt, ausgesprochen geeignet war, was von den beiden von SNCM vorgeschlagenen alternativen Methoden nicht gesagt werden kann. Diese können nicht akzeptiert werden, da sie zu einer Vermengung des Basisdienstes und des Zusatzdienstes sowie der für die Erbringung dieser Dienste eingesetzten Transportmittel führen.

279

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der dritte Teil des dritten Klagegrundes und damit dieser Klagegrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen sind.

Vierter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes

280

Im Rahmen des vierten Klagegrundes macht SNCM vier angeblich außergewöhnliche Umstände geltend, die geeignet seien, ihr berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der in Rede stehenden Beihilfe zu begründen, und die Kommission folglich daran hinderten, die Rückzahlung dieser Beihilfe anzuordnen.

281

Die Kommission und Corsica Ferries treten dem Vorbringen von SNCM entgegen.

282

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich nach ständiger Rechtsprechung jeder auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen kann, bei dem ein Unionsorgan begründete Erwartungen geweckt hat (Urteil vom 11. März 1987, Van den Bergh en Jurgens und Van Dijk Food Products [Lopik]/EWG, 265/85, EU:C:1987:121, Rn. 44). Dieses Recht unterliegt drei Voraussetzungen, die gleichzeitig erfüllt sein müssen. Erstens muss die Unionsverwaltung dem Betroffenen präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen von zuständiger und zuverlässiger Seite gegeben haben. Zweitens müssen diese Zusicherungen geeignet sein, bei dem Adressaten begründete Erwartungen zu wecken. Drittens müssen die gegebenen Zusicherungen den geltenden Vorschriften entsprechen (vgl. Urteile vom 30. Juni 2005, Branco/Kommission, T‑347/03, EU:T:2005:265, Rn. 102 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 23. Februar 2006, Cementbouw Handel & Industrie/Kommission, T‑282/02, EU:T:2006:64, Rn. 77, und vom 30. Juni 2009, CPEM/Kommission, T‑444/07, EU:T:2009:227, Rn. 126).

283

Außerdem darf ein beihilfebegünstigtes Unternehmen nach ständiger Rechtsprechung auf die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe grundsätzlich nur dann vertrauen, wenn diese unter Einhaltung des im AEU-Vertrag vorgesehenen Verfahrens gewährt wurde. Einem sorgfältigen Gewerbetreibenden ist es regelmäßig möglich, sich zu vergewissern, dass dieses Verfahren eingehalten wurde (vgl. Urteil vom 20. März 1997, Alcan Deutschland, C‑24/95, EU:C:1997:163, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insbesondere darf der Begünstigte einer Beihilfe, die ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gewährt wird, so dass sie nach Art. 108 Abs. 3 AEUV rechtswidrig ist, zu diesem Zeitpunkt nicht auf die Ordnungsmäßigkeit der Gewährung dieser Beihilfe vertrauen (vgl. Urteil vom 27. September 2012, Fedecom/Kommission, T‑243/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:497, Rn. 93 und die dort angeführte Rechtsprechung).

284

Festzustellen ist, dass keiner der angeblich außergewöhnlichen Umstände, auf die sich SNCM beruft, ihr berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der in Rede stehenden Beihilfe begründet haben kann.

285

So kann sich SNCM erstens nicht auf die Tatsache berufen, dass die Kommission eine separate Analyse des Basisdienstes und des Zusatzdienstes in ihren früheren Entscheidungen betreffend die vorherigen Verträge über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für den Seetransport nach Korsika, nämlich in der Entscheidung 2002/149 und der Entscheidung 2009/611/EG vom 8. Juli 2008 über die Maßnahmen C 58/02 (ex N 118/02) Frankreichs zugunsten der Société Nationale Maritime Corse-Méditerranée (SNCM) (ABl. 2009, L 225, S. 180), für nicht erforderlich erachtet haben soll.

286

Die Tatsache, dass die Kommission die Auffassung vertreten hat, eine DAWI für die Seeverbindung nach Korsika während eines früheren Zeitraums entspreche einem wirklichen Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen, stellt nämlich keinen Anhaltspunkt und erst recht keine Zusicherung dafür dar, dass ein solcher Bedarf im Zeitraum 2007–2013 noch bestand. Wie bereits oben in Rn. 99 festgestellt worden ist, kann sich die Beurteilung der Frage, ob ein solcher Bedarf besteht, im Laufe der Zeit nach Maßgabe der Entwicklung der Marktkräfte durchaus ändern. Die oben in Rn. 285 erwähnten Entscheidungen sind von der Kommission jedoch in den Jahren 2001 und 2008 unter Berücksichtigung eines anderen tatsächlichen Kontexts als dem erlassen worden, der dem Erlass des angefochtenen Beschlusses, insbesondere in Bezug auf die Entwicklung der Marktanteile, zugrunde gelegen hat. Dieser Standpunkt wird im Übrigen durch die oben in Rn. 99 angeführten Passagen der Erwägungsgründe 78 und 80 der Entscheidung 2002/149 sowie durch Rn. 70 des gleichwohl von SNCM zur Stützung der vorliegenden Behauptung geltend gemachten Urteils vom 11. September 2012, Corsica Ferries France/Kommission (T‑565/08, EU:T:2012:415), bestätigt, aus dem hervorgeht, dass die Untersuchungen über das Bestehen einer wirklichen Notwendigkeit für eine Gemeinwohldienstleistung in einem bestimmten Zeitraum im Hinblick auf die besonders schnelle Entwicklung des Wettbewerbs auf dem betroffenen Markt keinen Nachweis erbringen, der die Beurteilung der Kommission hinsichtlich dieses Bedarfs für einen anderen Zeitraum in Frage stellen könnte.

287

Zweitens kann SNCM der Kommission nicht vorwerfen, Rn. 48 der DAWI-Mitteilung angewandt zu haben, da diese Mitteilung zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrags noch nicht angenommen gewesen sei.

288

Rn. 48 der DAWI-Mitteilung, die in Abschnitt 3.2 („Vorliegen einer [DAWI]“) enthalten ist, lautet:

„Die Kommission ist … der Auffassung, dass es nicht zweckmäßig wäre, bestimmte gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen an eine Dienstleistung zu knüpfen, die von im Einklang mit den Marktregeln handelnden Unternehmen zu normalen Marktbedingungen, die sich z. B. im Hinblick auf den Preis, objektive Qualitätsmerkmale, Kontinuität und den Zugang zu der Dienstleistung mit dem vom Staat definierten öffentlichen Interesse decken, zufriedenstellend erbracht wird oder erbracht werden kann …“

289

Im 166. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses führt die Kommission nach Wiedergabe der oben in Rn. 288 erwähnten Passage aus: „Vor diesem Hintergrund ist anhand der oben angeführten Argumente festzustellen, dass der Ausgleich der Kosten, die … SNCM für die Erbringung des Zusatzdienstes entstanden, der einschlägigen Praxis der Kommission zuwiderläuft.“

290

Der Vorwurf, den SNCM der Kommission macht, greift nicht durch. Wie aus Rn. 3 der DAWI-Mitteilung hervorgeht, werden in dieser nämlich lediglich die Schlüsselkonzepte ausgeführt, die der Anwendung der Beihilfevorschriften auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen zugrunde liegen. So hat die Kommission bei der Prüfung der Frage, ob das erste Altmark-Kriterium im vorliegenden Fall erfüllt war oder nicht, lediglich die objektiven Vorschriften des Vertrags angewandt und die einschlägigen Bestimmungen der Seekabotage-Verordnung, so wie sie vom Gerichtshof in seinem Urteil vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), ausgelegt worden waren, nämlich Grundsätze, die hinsichtlich ihres Wesensgehalts bereits bei Abschluss des Vertrags über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen bestanden, berücksichtigt.

291

Drittens ist davon auszugehen, dass SNCM ihr berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der in Rede stehenden Beihilfe nicht auf die vermeintlich übermäßig lange Dauer des Verwaltungsverfahrens stützen kann, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt hat.

292

Zunächst ist nämlich hervorzuheben, dass, wenn eine Beihilfe, wie im vorliegenden Fall, der Kommission nicht gemeldet worden ist, deren Untätigkeit in Bezug auf diese Maßnahme nach ständiger Rechtsprechung irrelevant ist (Urteile vom 11. November 2004, Demesa und Territorio Histórico de Álava/Kommission, C‑183/02 P und C‑187/02 P, EU:C:2004:701, Rn. 52, sowie vom 27. September 2012, Fedecom/Kommission, T‑243/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:497, Rn. 93). Im Übrigen ist die Kommission, wie unten in den Rn. 294 bis 296 dargelegt werden soll, nach Eingang der von Corsica Ferries in der vorliegenden Rechtssache eingelegten Beschwerde zu keinem Zeitpunkt untätig geblieben.

293

Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission die Französische Republik am 27. Juni 2012 über ihren Beschluss unterrichtet hat, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV über die im Vertrag enthaltenen potenziellen Beihilfen zugunsten von SNCM und CMN einzuleiten, und dieser Beschluss am 5. Oktober 2012 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden ist. Selbst wenn ein umsichtiger Wirtschaftsteilnehmer vor dieser Veröffentlichung ein berechtigtes Vertrauen auf die Gewährung der in Rede stehenden Beihilfe hätte geltend machen können, konnte er ein derartiges Vertrauen ab der Veröffentlichung nicht mehr besitzen. Die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens bedeutet nämlich, dass die Kommission ernsthafte Zweifel an der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Unionsrecht hegt. Ein umsichtiger Wirtschaftsteilnehmer kann sich daher von diesem Zeitpunkt an nicht mehr auf das Fortbestehen der Beihilfe verlassen (Urteil vom 21. März 2013, Magdeburger Mühlenwerke, C‑129/12, EU:C:2013:200, Rn. 47).

294

Schließlich ist jedenfalls festzustellen, dass die Dauer des Verwaltungsverfahrens zwar vergleichsweise lang gewesen ist, aber nicht als unangemessen lang angesehen werden kann. Auch wenn sich die Grundsätze und der Kontext, die dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegen, nicht grundlegend von denen unterscheiden, die den vorherigen Entscheidungen der Kommission über den Seeverkehr nach Korsika zugrunde lagen, wies die vorliegende Rechtssache gleichwohl eine gewisse Komplexität auf und machte zahlreiche Tatsachenfeststellungen erforderlich, die dadurch erschwert wurden, dass die französischen Behörden die Beihilfemaßnahme nicht vorab angemeldet hatten.

295

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Kommission entgegen dem Vorbringen von SNCM nicht mehr als sechs Monate gewartet hat, bevor sie auf die am 27. September 2007 eingelegte Beschwerde von Corsica Ferries hin irgendeine Maßnahme erließ. SNCM erwähnt nämlich nicht, dass diese Beschwerde am 30. November und am 20. Dezember 2007 Ergänzungen seitens Corsica Ferries erfahren hat, so dass davon auszugehen ist, dass die Kommission im vorliegenden Fall innerhalb einer Frist von drei Monaten, nämlich am 13. März 2008, eine erste konkrete Maßnahme getroffen hat, und zwar dadurch, dass sie ein Auskunftsersuchen an die französischen Behörden gerichtet hat, auf das diese am 3. Juni 2008 geantwortet haben. Am 12. November 2008 hat die Kommission ein zweites Auskunftsersuchen an die französischen Behörden gerichtet, auf das diese am 14. Januar 2009 geantwortet haben.

296

Die Behauptung von SNCM, dass die Kommission anschließend fast drei Jahre lang, nämlich bis zum. 13. Oktober 2011 – dem Tag, an dem sie ein drittes Auskunftsersuchen an die französischen Behörden gerichtet hat – untätig geblieben sei, ist irreführend. Am 20. Mai und am 16. Juli 2010 sowie am 22. März und am 22. Juni 2011 hat die Kommission von Corsica Ferries nämlich zusätzliche Informationen zur Stützung ihrer Beschwerde erhalten, die sie zu prüfen und zu bearbeiten hatte. Auf das dritte Auskunftsersuchen haben die französischen Behörden am 7. Dezember 2011 geantwortet. Am 15. Dezember 2011 und am 10. Januar 2012 hat Corsica Ferries der Kommission zusätzliche Informationen übermittelt. Am 20. Januar 2012 haben die französischen Behörden auf ein viertes Auskunftsersuchen der Kommission geantwortet, das ihnen am 14. Dezember 2011 übersandt worden war.

297

Die Zeitspanne von ca. fünf Monaten, die anschließend bis zum 27. Juni 2012 – dem Tag, an dem die Kommission der Französischen Republik den Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens notifiziert hat – vergangen ist, kann nicht als übermäßig lang angesehen werden. Das Gleiche gilt für die Zeitspanne von etwas mehr als zehn Monaten, die zwischen dem letztgenannten Zeitpunkt und dem Tag des Erlasses des angefochtenen Beschlusses, dem 2. Mai 2013, vergangen ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die französischen Behörden am 13. Juli und am 7. September 2012 ihre Stellungnahmen zum Einleitungsbeschluss eingereicht haben und Corsica Ferries, SNCM und CMN ebenfalls Stellungnahmen zum besagten Beschluss abgegeben haben, die den französischen Behörden übermittelt worden sind und zu denen diese mit Schreiben vom 14. November 2012 sowie vom 3. Januar, vom 16. Januar und vom 12. Februar 2013 Stellung genommen haben.

298

Viertens beruft sich SNCM ebenfalls vergeblich auf die Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) vom 13. Juli 2012 und insbesondere auf die Tatsache, dass dieser darin die Notwendigkeit einer Gesamtwürdigung des Basisdienstes und des Zusatzdienstes bestätigt haben soll.

299

Zunächst ist nämlich hervorzuheben, dass, wie aus der oben in Rn. 282 angeführten Rechtsprechung hervorgeht, nur die Unionsorgane – und nicht ein mitgliedstaatliches Gericht – begründete Erwartungen wecken können. In diesem Zusammenhang ist im Übrigen festzustellen, dass die Kommission, wie bereits oben in Rn. 176 dargelegt worden ist, nicht an die Auslegung der Bestimmungen der Seekabotage-Verordnung durch den Conseil d’État (Staatsrat) gebunden sein kann.

300

Sodann ist anzumerken, dass die Kommission zum Zeitpunkt der Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) vom 13. Juli 2012 bereits beschlossen hatte, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV gegen potenzielle im Vertrag enthaltene Beihilfen zugunsten von SNCM und CMN einzuleiten. Folglich und in Anbetracht der Darlegungen oben in Rn. 293 ist davon auszugehen, dass, solange die Kommission ihren endgültigen Beschluss nicht erlassen hatte, jegliches berechtigte Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der fraglichen Beihilfe ungeachtet der Entscheidung des Conseil d’État (Staatsrat) ausgeschlossen war.

301

Schließlich ist zu bemerken, dass die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für die Seeverbindung nach Korsika, wie die Kommission zutreffend feststellt, seit Beginn des Jahres 2006 Gegenstand zahlreicher Klagen vor den französischen Gerichten gewesen ist, die zu mehreren Umschwüngen in der Rechtsprechung geführt haben und deren Schlusspunkt das Urteil der Cour administrative d’appel de Marseille (Verwaltungsberufungsgericht Marseille) vom 6. April 2016 gewesen ist, mit dem das Urteil des Tribunal administratif de Bastia (Verwaltungsgericht Bastia) vom24. Januar 2008 sowie die Beschlüsse des korsischen Regionalparlaments vom 7. Juni 2007 und des Präsidenten des korsischen Exekutivrats vom selben Tag für nichtig erklärt worden sind (vgl. oben, Rn. 17, 20 und 27).

302

In Anbetracht des Vorstehenden ist der vierte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

Fünfter Klagegrund: Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes

303

Im Rahmen des fünften Klagegrundes macht SNCM geltend, der angefochtene Beschluss bewirke eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen ihr und den anderen Anbietern von Seeverkehrsverbindungen zwischen Korsika und dem Festland – unabhängig davon, ob es sich dabei um CMN oder um Wettbewerber handle, die nicht im Rahmen der Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen tätig seien –, soweit der Französischen Republik darin aufgegeben werde, die Beträge zurückzufordern, die ihr nach Maßgabe des Vertrags für den Zusatzdienst gezahlt worden seien, ohne eine andere Ausgleichsmöglichkeit für diesen Dienst vorzusehen.

304

Die Kommission und Corsica Ferries beantragen, diesen fünften Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

305

Die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung erfordert, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (Urteile vom 17. Oktober 1995, Fishermen’s Organisations u. a., C‑44/94, EU:C:1995:325, Rn. 46, sowie vom 30. März 2006, Spanien/Rat, C‑87/03 und C‑100/03, EU:C:2006:207, Rn. 48).

306

Vorliegend ist festzustellen, dass keiner der beiden von SNCM angeführten Sachverhalte eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes darstellen kann.

307

So beanstandet SNCM erstens zu Unrecht, dass die Kommission die Ausgleichsleistungen, die sie für die Erbringung des Zusatzdienstes auf der Strecke Marseille–Propriano erhalten habe (vgl. Nr. I Buchst. d Abs. 1.4 des Lastenhefts des Vertrags), im angefochtenen Beschluss als mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen eingestuft habe, während sie die Ausgleichsleistungen, die CMN für die „zwischen Mai und September auf derselben Strecke bereitgestellten zusätzlichen Kapazitäten“ gezahlt worden seien, nicht als solche eingestuft habe.

308

Die von SNCM genannten „zusätzlichen Kapazitäten“ fallen nämlich unter Nr. I Buchst. d Abs. 1.3 Ziff. i des Lastenhefts des Vertrags und sind somit wesentlicher Bestandteil des Basisdienstes und nicht des Zusatzdienstes, wie SNCM vorträgt. Dies wird u. a. durch eine der Tabellen in Anhang 2 Buchst. B („Darstellung typischer Jahre“) des Vertrags bestätigt, aus der hervorgeht, dass die in dieser Bestimmung des Lastenhefts vorgesehene Stärkung des Basisdienstes in der Praxis durch eine zusätzliche Hin- und Rückfahrt pro Woche mit den kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiffen von CMN – der Kalliste oder der Girolata – neben den Hin- und Rückfahrten mit ihrem kombinierten Fracht‑/Fahrgastschiff – der Scandola – verwirklicht wurde. Wie bereits oben in den Rn. 160 und 161 dargelegt worden ist, wurde der Basisdienst jedoch unter Einsatz kombinierter Fracht‑/Fahrgastschiffe durchgeführt, während der Zusatzdienst mittels Fähren erbracht wurde.

309

Da der Zusatzdienst ausschließlich von SNCM erbracht wurde und lediglich die für diesen Dienst gezahlten Ausgleichsleistungen von der Kommission als mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen betrachtet worden sind, hat diese den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt, als sie die Rückforderung allein dieser Ausgleichsleistungen und nicht auch die Rückforderung des Ausgleichs angeordnet hat, der an CMN für unter den Basisdienst fallende Dienstleistungen gezahlt worden ist.

310

Zweitens macht SNCM zu Unrecht eine angebliche Ungleichbehandlung zwischen ihr und den Anbietern von Seeverkehrsdiensten auf den Strecken Toulon–Korsika und Nizza–Korsika geltend. Sie befand sich nämlich nicht in einer Situation, die mit der Situation dieser Anbieter vergleichbar war, da nur sie den Zusatzdienst im Rahmen des Vertrags erbrachte und hierfür Ausgleichsleistungen erhielt, während die besagten Anbieter unter die oben in Rn. 14 genannte Beihilferegelung nach Sozialkriterien fielen. Hinzu kommt, dass diese Beihilferegelung im Unterschied zu den erwähnten Ausgleichszahlungen von der Kommission für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt worden ist (vgl. oben, Rn. 14).

311

In diesem Zusammenhang trägt SNCM ebenfalls zu Unrecht vor, aus dem angefochtenen Beschluss ergebe sich, dass sie gezwungen gewesen sei, bestimmte Verkehrskapazitäten auf der Strecke Marseille–Korsika anzubieten, ohne dafür – sei es im Rahmen des Vertrags oder im Rahmen der Beihilferegelung nach Sozialkriterien – Ausgleichsleistungen beanspruchen zu können, während die Schifffahrtsunternehmen, die von Toulon oder Nizza aus operierten, im Rahmen der letztgenannten Regelung Ausgleichsleistungen erhalten könnten. Diese Situation ist nämlich nicht der Kommission zurechenbar, sondern den französischen Behörden, die den öffentlichen Seeverkehrsdienst zwischen Korsika und dem französischen Festland ab dem 1. Januar 2002 nach zwei parallelen Betriebsmodellen organisiert haben, nämlich nach einem Vertrag über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für die Strecken ab Marseille, die zu einem finanziellen Ausgleich für die Auftragnehmer geführt hat, einerseits, und nach einer Regelung über Sozialbeihilfen für Fahrgäste auf den Linien ab Nizza und Toulon, andererseits.

312

Demnach ist der fünfte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

313

Folglich ist die Klage in vollem Umfang als unbegründet abzuweisen.

Kosten

314

Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da SNCM mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr außer ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission und von Corsica Ferries gemäß deren Anträgen aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Die Société nationale maritime Corse Méditerranée (SNCM) trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission und der Corsica Ferries France SAS.

 

Frimodt Nielsen

Collins

Valančius

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 1. März 2017.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis

 

Vorgeschichte des Rechtsstreits

 

Hauptakteure

 

Seeverkehrsdienst zwischen dem französischen Kontinent und Korsika sowie Verträge über die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen

 

Verfahren vor der Kommission und angefochtener Beschluss

 

Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

 

Rechtliche Würdigung

 

Vorbemerkungen

 

Erster Klagegrund: Die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass es sich beim Zusatzdienst nicht um eine DAWI handle

 

Erster Teil: Die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, indem sie eine eingehende Prüfung der Notwendigkeit des Dienstes anhand eines wirklichen Bedarfs an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen vorgenommen habe

 

– Erster Unterteil: Die Kommission habe ihre frühere Entscheidungspraxis und die Rechtsprechung missachtet

 

– Zweiter und vierter Unterteil: Die Kommission habe den weiten Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten sowie die Tragweite des Urteils vom 20. Februar 2001, Analir u. a. (C‑205/99, EU:C:2001:107), und der Seekabotage-Verordnung verkannt

 

– Dritter Unterteil: Die Kommission habe gegen die Vorschriften über die Beweislast verstoßen

 

Zweiter Teil: Die Kommission habe einen Rechtsfehler, einen Fehler bei der Tatsachenfeststellung und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie die in Spitzenverkehrszeiten bereitzustellenden zusätzlichen Kapazitäten einem Zusatzdienst gleichgestellt und diesen Dienst getrennt vom Basisdienst anhand des ersten Altmark-Kriteriums geprüft habe

 

– Erster Unterteil: Der Vertrag unterscheide nicht zwischen Basisdienst und Zusatzdienst

 

– Zweiter Unterteil: Die Kommission habe fälschlicherweise den Basisdienst den von den Fracht‑/Fahrgastschiffen angebotenen Dienstleistungen und den Zusatzdienst den von den Fähren angebotenen Dienstleistungen gleichgestellt

 

– Hilfsweise vorgebrachter dritter Unterteil: Der Zusatzdienst sei durch einen wirklichen, durch den Basisdienst zu befriedigenden Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen gerechtfertigt

 

Hilfsweise vorgebrachter dritter Teil: Der Zusatzdienst erfülle für sich betrachtet das erste Altmark-Kriterium

 

– Erster Unterteil: Die Kommission habe die Austauschbarkeit der Personenbeförderungsdienste ab Marseille und derjenigen ab Toulon falsch beurteilt

 

– Zweiter Unterteil: Die Kommission habe die fehlende Privatinitiative falsch beurteilt

 

– Dritter Unterteil: Die Kommission habe fälschlicherweise nicht geprüft, welche Auswirkungen die Streichung des Zusatzdienstes auf das tatsächlich festgestellte Angebot gehabt hätte

 

– Vierter Unterteil: Die Wettbewerber von SNCM, die ihre Dienste ab Toulon anböten, könnten nicht als unter normalen Marktbedingungen handelnde Unternehmen angesehen werden

 

Äußerst hilfsweise vorgebrachter vierter Teil: Die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die im Rahmen des Zusatzdienstes erbrachten Dienstleistungen kein normales Handelsgeschäft darstellten

 

Zweiter Klagegrund: Die Kommission habe fälschlicherweise die Auffassung vertreten, der Vertrag erfülle nicht das vierte Altmark-Kriterium

 

Hilfsweise vorgebrachter dritter Klagegrund: Die Kommission habe den zurückzufordernden Beihilfebetrag falsch berechnet

 

Erster Teil: Die Kommission habe die im Rahmen der Erbringung des Zusatzdienstes entstandenen Kosten bei der Bestimmung des zurückzufordernden Beihilfebetrags fälschlicherweise nicht berücksichtigt

 

Zweiter Teil: Die Kommission habe die Unterkompensation des Basisdienstes bei der Bestimmung des zurückzufordernden Beihilfebetrags fälschlicherweise nicht berücksichtigt

 

Dritter Teil: Die Kommission habe bei der Ermittlung des Anteils der dem Zusatzdienst zurechenbaren jährlichen Ausgleichsleistungen einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen

 

Vierter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes

 

Fünfter Klagegrund: Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes

 

Kosten


( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.

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Referenzen

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