Beschluss vom Europäischer Gerichtshof - C-37/17

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)

31. Mai 2017(*)

„Rechtsmittel – Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Wortmarke BasenCitrate – Nichtigerklärung“

In der Rechtssache C‑37/17 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 24. Januar 2017,

Rudolf Keil, wohnhaft in Grevenbroich (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J. Sachs,

Rechtsmittelführer,

andere Parteien des Verfahrens:

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO),

Beklagter im ersten Rechtszug,

NaturaFit Diätetische Lebensmittelproduktions GmbH mit Sitz in Röttenbach (Deutschland),

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin M. Berger sowie der Richter A. Borg Barthet (Berichterstatter) und E. Levits,

Generalanwalt : E. Tanchev,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

1        Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr Rudolf Keil die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 15. Dezember 2016, Keil/EUIPO – NaturaFit Diätetische Lebensmittelproduktion (BasenCitrate) (T‑330/15, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2016:744), mit dem das Gericht seine Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des EUIPO vom 15. April 2015 (Sache R 1541/2014‑1) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen der NaturaFit Diätetische Lebensmittelproduktions GmbH und Herrn Keil abgewiesen hat.

2        Der Rechtsmittelführer stützt sein Rechtsmittel auf drei Gründe, mit denen er rügt, das Gericht habe Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c sowie Art. 76 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) verletzt.

 Zum Rechtsmittel

3        Nach Art. 181 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof das Rechtsmittel, wenn es ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, jederzeit auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts ganz oder teilweise durch mit Gründen versehenen Beschluss zurückweisen.

4        Der Generalanwalt hat am 6. April 2017 wie folgt Stellung genommen:

„Zum ersten Rechtsmittelgrund: Verletzung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009

1      Mit dem ersten Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer geltend, das Gericht habe bei seiner Beurteilung des beschreibenden Charakters der in Rede stehenden Marke im Hinblick auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 einen Rechtsfehler begangen. Er rügt insoweit, das Gericht sei zu dem Ergebnis gelangt, dass das relevante Publikum den Ausdruck „BasenCitrate“ als Beschreibung von „Citrate mit basischer Wirkung“ verstehe, und betont, dass dieser Ausdruck aus chemischer Sicht keinerlei Bedeutung habe. Es handle sich um eine Wortneuschöpfung, und der Ausdruck habe somit keinen beschreibenden Charakter.

2      Nach Art. 256 Abs. 1 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt. Allein das Gericht ist für die Feststellung und Würdigung der relevanten Tatsachen sowie die Beweiswürdigung zuständig. Die Würdigung der Tatsachen und Beweise ist somit – vorbehaltlich ihrer Verfälschung – keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle durch den Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge (vgl. z. B. Urteil vom 2. September 2010, Calvin Klein Trademark Trust/HABM, C‑254/09 P, EU:C:2010:488, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Beschluss vom 2. September 2015, Giorgis/HABM, C‑531/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:547, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

3      In der vorliegenden Rechtssache beschränkt sich der Rechtsmittelführer darauf, die Tatsachenwürdigung, die das Gericht im angefochtenen Urteil vorgenommen hat, in Frage zu stellen, und begehrt eine Neubeurteilung des zugrunde liegenden Rechtsstreits, ohne eine Verfälschung von Tatsachen oder Beweisen geltend zu machen.

4      Unter diesen Umständen ist der erste Rechtsmittelgrund als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Verletzung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

5      Der zweite Rechtsmittelgrund gliedert sich im Wesentlichen in zwei Teile.

6      Mit dem ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes macht der Rechtsmittelführer geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es nicht die Unterscheidungskraft der in Rede stehenden Marke im Hinblick auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geprüft habe und sich auf die Feststellung gestützt habe, dass die Marke beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung sei.

7      Unter Berücksichtigung der vom Gericht in den Rn. 47 und 48 des angefochtenen Urteils angeführten ständigen Rechtsprechung ist das in Rede stehende Zeichen bereits dann von der Eintragung als Unionsmarke ausgeschlossen, wenn nur eines der absoluten Eintragungshindernisse des Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 vorliegt (vgl. Urteil vom 19. September 2002, DKV/HABM, C‑104/00 P, EU:C:2002:506, Rn. 29). Außerdem besitzt ein Zeichen, das in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen, für die es als Marke angemeldet wurde, beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 ist, vorbehaltlich der Anwendung von Abs. 3 dieses Artikels keine Unterscheidungskraft hinsichtlich dieser Waren oder Dienstleistungen (vgl. Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

8      Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung hat das Gericht in den Rn. 49 bis 51 des angefochtenen Urteils zu Recht befunden, dass die in Rede stehende Marke in Anbetracht dessen, dass sie als beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 angesehen worden sei und dass Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung nicht zur Anwendung komme, keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung habe.

9      Somit ist der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

10      Mit dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes macht der Rechtsmittelführer geltend, dass das Gericht die Unterscheidungskraft der in Rede stehenden Marke aus Sicht des deutschsprachigen Verbrauchers nicht habe beurteilen können, da die Kammer des Gerichts, die das angefochtene Urteil erlassen habe, kein deutschsprachiges Mitglied umfasst habe.

11      Auch hier ist wieder darauf hinzuweisen, dass das Gericht in den Rn. 49 bis 51 des angefochtenen Urteils befunden hat, dass die in Rede stehende Marke in Anbetracht dessen, dass sie als beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 angesehen worden sei und dass Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung nicht zur Anwendung komme, keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung habe. Infolgedessen hat das Gericht die Unterscheidungskraft der Marke nicht näher geprüft.

12      Unter diesen Umständen geht der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes fehl, da das Gericht die Unterscheidungskraft der in Rede stehenden Marke nicht zu prüfen brauchte.

13      Demnach ist der zweite Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

Zum dritten Rechtsmittelgrund: Verletzung von Art. 76 der Verordnung Nr. 207/2009

14      Mit dem dritten Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es seine Entscheidung auf eine fehlerhafte Sachverhaltsdarstellung im Sitzungsbericht gestützt habe. Genauer heiße es in Rn. 19 des Sitzungsberichts: ‚Die Streithelferin trägt vor, mehrere nationale und internationale Markenämter hätten die Eintragung der fraglichen Marke abgelehnt.‘ Der Rechtsmittelführer betont, dass es sich hinsichtlich der Marke, auf die Rn. 19 des Sitzungsberichts Bezug nehme, wie von seinem Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, um eine Markenanmeldung der Streithelferin handle und nicht um die vorliegend von ihm angemeldete Marke.

15      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sollen im Sitzungsbericht des Berichterstatters gerade die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten der Rechtssache sowie die Gründe und Argumente der Parteien zusammengefasst werden, und den Parteien steht es frei, vor oder nach der mündlichen Verhandlung Berichtigungen zu beantragen oder Vorbehalte anzumelden (Urteil vom 22. April 1999, Kernkraftwerke Lippe-Ems/Kommission, C‑161/97 P, EU:C:1999:193, Rn. 58).

16      Im vorliegenden Fall hat der Rechtsmittelführer in der mündlichen Verhandlung zur Frage des behaupteten Fehlers Vortrag gehalten. Darüber hinaus hat sich das Gericht im angefochtenen Urteil nicht auf die in Rn. 19 des Sitzungsberichts enthaltene Aussage gestützt.

17      Folglich ist das vorstehende Vorbringen als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

18      In diesem Zusammenhang beanstandet der Rechtsmittelführer auch, wie das Gericht eine Bescheinigung über die Eintragung der in Rede stehenden Marke in bestimmten Ländern beurteilt habe, die von ihm im mündlichen und im schriftlichen Verfahren vor dem Gericht vorgelegt worden sei. Genauer macht er geltend, während sich das Gericht in Rn. 45 des angefochtenen Urteils für an die nationalen Entscheidungen nicht gebunden gehalten habe, sei es bei der Vorlage dieser Bescheinigung vielmehr darum gegangen, deutlich zu machen, dass die in Rede stehende Marke auf der Grundlage von normalen Schulkenntnissen in Chemie und in Ländern, in denen Deutsch als Amts- oder Muttersprache gesprochen werde, zur Anmeldung angenommen worden sei. Ferner bringt er vor, diese Bescheinigung bestätige, dass die in Rede stehende Marke entgegen der Behauptung der Streithelferin von anderen Markenämtern eingetragen worden sei.

19      Mit diesem Vorbringen stellt der Rechtsmittelführer in Wirklichkeit die Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das Gericht in Frage, ohne eine Verfälschung der Tatsachen oder Beweise durch das Gericht geltend zu machen. Das Vorbringen ist deshalb gemäß der oben in Nr. 2 angeführten Rechtsprechung als unzulässig zurückzuweisen.“

5        Aus den vom Generalanwalt angeführten Gründen ist das Rechtsmittel als teils offensichtlich unzulässig und teils offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

 Kosten

6        Nach Art. 137 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, wird über die Kosten in dem das Verfahren beendenden Beschluss entschieden. Da der vorliegende Beschluss ergeht, bevor die Rechtsmittelschrift den anderen Parteien zugestellt worden ist und somit bevor diesen Kosten entstehen konnten, ist hier zu entscheiden, dass Herr Keil seine eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) beschlossen:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Herr Rudolf Keil trägt seine eigenen Kosten.

Luxemburg, den 31. Mai 2017

Der Kanzler

 

Die Präsidentin der Zehnten Kammer

A. Calot Escobar

 

M. Berger


*      Verfahrenssprache: Deutsch.

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