Beschluss vom Europäischer Gerichtshof - T-423/16
BESCHLUSS DES GERICHTS (Sechste Kammer)
19. Juli 2017(*)
„Nichtigkeitsklage – Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Dokumente, die die Arbeiten der vom Rat eingesetzten Gruppe ‚Verhaltenskodex‘ (Unternehmensbesteuerung) betreffen – Bescheidung der Erstanträge, nachdem eine angemessene Lösung gefunden wurde – Fehlen einer Zweitentscheidung – Unzulässigkeit“
In der Rechtssache T‑423/16
Fabio De Masi, wohnhaft in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigter: Professor A. Fischer-Lescano,
Kläger,
gegen
Europäische Kommission, zunächst vertreten durch J. Baquero Cruz und F. Erlbacher als Bevollmächtigte, dann durch J. Baquero Cruz als Bevollmächtigten,
Beklagte,
wegen eines auf Art. 263 AEUV gestützten Antrags auf Nichtigerklärung von Beschlüssen der Kommission, die zum einen im Schreiben vom 20. Mai 2016 und zum anderen im Schreiben vom 13. Juli 2016 enthalten sein sollen, mit denen Anträge auf Zugang zu Dokumenten der Gruppe „Verhaltenskodex“ (Unternehmensbesteuerung) beschieden wurden, die der Kläger auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) gestellt hatte,
erlässt
DAS GERICHT (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis, des Richters S. Papasavvas und der Richterin O. Spineanu-Matei (Berichterstatterin),
Kanzler: E. Coulon,
folgenden
Beschluss
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt
1 Der Kläger, Herr Fabio De Masi, ist Mitglied des Europäischen Parlaments.
2 Nach Enthüllungen bestimmter Steuerpraktiken der Mitgliedstaaten setzte das Parlament mit den Beschlüssen 2015/2566(RSO) vom 12. Februar 2015 und 2015/3005(RSO) vom 2. Dezember 2015 zwei Sonderausschüsse ein, „um die von Mitgliedstaaten gehandhabte Praxis bei der Anwendung der Vorschriften des Beihilfe- und Steuerrechts der EU in Bezug auf Steuervorbescheide und andere Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung zu prüfen, sofern eine solche Vorgehensweise in die Verantwortung eines Mitgliedstaats oder der Kommission fällt“ (im Folgenden: TAXE-Ausschüsse). Der Kläger war Mitglied dieser Ausschüsse.
3 Die Arbeiten der TAXE-Ausschüsse sollten insbesondere die Dokumente der Sitzungen der am 9. März 1998 vom Rat der Europäischen Union in seinen Schlussfolgerungen zur Einsetzung der Gruppe „Verhaltenskodex“ (Unternehmensbesteuerung) (ABl. 1998, C 99, S. 1) eingesetzten Gruppe (im Folgenden: Gruppe „Unternehmensbesteuerung“) im Hinblick auf eine Koordinierung der Steuerpraktiken der Mitgliedstaaten analysieren.
4 Während der Arbeiten der TAXE-Ausschüsse beantragten einige Mitglieder des Parlaments und der Vorsitzende dieser Ausschüsse bei der Europäischen Kommission Zugang zu den oben in Rn. 3 genannten Dokumenten entweder auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43) oder auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission (ABl. 2010, L 304, S. 47).
Vom Kläger beantragter Zugang zu Dokumenten
5 Mit zwei E‑Mails vom 29. September 2015 richtete der Kläger an die Generaldirektion (GD) „Steuern und Zollunion“ (im Folgenden: GD „Steuern“) auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 zwei Erstanträge auf Zugang zu den Dokumenten, die die Arbeiten der Gruppe „Unternehmensbesteuerung“ betreffen (im Folgenden: Erstanträge).
6 Der erste dieser Erstanträge bezog sich auf „[a]lle von der Kommission im Kontext der Arbeit der [Gruppe ‚Unternehmensbesteuerung‘] seit ihrer Gründung am 9.3.1998 vorbereiteten Tischvorlagen oder anderen schriftlichen Beiträge“ und der zweite dieser Anträge auf „[a]lle formellen oder informellen Notizen, Protokolle oder sonstigen schriftlichen Aufzeichnungen von Vertreterinnen und Vertretern der Kommission, die an Sitzungen der [Gruppe ‚Unternehmensbesteuerung‘] seit ihrer Gründung am 9.3.1998 teilgenommen haben“.
7 Am 20. Oktober 2015 teilte die GD „Steuern“ dem Kläger mit, dass sie diese unter demselben Aktenzeichen GestDem 2015/5101 eingetragenen Anträge gemäß Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 innerhalb einer verlängerten Frist bis zum 30. Oktober 2015 prüfen werde.
8 Mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 übersandte die GD „Steuern“ dem Kläger einige der angeforderten Dokumente, die infolge anderer Zugangsanträge bereits öffentlich gemacht worden waren. Des Weiteren teilte sie ihm mit, dass seine Anträge einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand bedeuteten, da die zu prüfenden Dokumente sehr zahlreich seien. Unter diesen Umständen forderte sie ihn gemäß Art. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001 auf, nach Analyse der erhaltenen Dokumente einen neuen Antrag auf Zugang zu den betreffenden Dokumenten zu stellen, der sich auf die Dokumente und den Zeitraum konzentriere, die für ihn von besonderem Interesse seien. Die GD „Steuern“ wies den Kläger schließlich darauf hin, dass er gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 einen Zweitantrag stellen könne.
9 Mit E‑Mail vom 18. November 2015 stellte der Kläger gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 einen als „Zweitantrag“ bezeichneten Zugangsantrag in Bezug auf „[a]lle formellen und informellen Notizen, Protokolle oder sonstigen schriftlichen Aufzeichnungen der Europäischen Kommission sowie alle von der Kommission im Kontext der Arbeit der [Gruppe ‚Unternehmensbesteuerung‘] seit ihrer Gründung am 9.3.1998 vorbereiteten Tischvorlagen oder anderen schriftlichen Beiträge“, wobei er alternativ („alternatively“) beantragte, dass die Kommission ihm Zugang zu bestimmten näher genannten Dokumenten gewährt, die in drei Kategorien eingeteilt waren. Der letztgenannte Antrag wurde hilfsweise gestellt, falls die Kommission in Betracht ziehen sollte, den Antrag auf Zugang zu allen Dokumenten abzulehnen.
10 Mit Schreiben vom 9. Dezember 2015 beschied der Leiter des Referats B.4 „Transparenz“ des Generalsekretariats der Kommission die E‑Mail des Klägers vom 18. November 2015. Im Wesentlichen nahm er zur Kenntnis, dass der Kläger auf das Schreiben der GD „Steuern“ vom 29. Oktober 2015 hin den Umfang seines Antrags auf Zugang zu Dokumenten hinsichtlich der Zahl sowohl der angeforderten Dokumente als auch der betreffenden Jahre beachtlich verringert habe. Er ließ den Kläger deshalb wissen, dass er die GD „Steuern“ gebeten habe, ihm eine erste Antwort zu geben, und wies ihn darauf hin, dass sein Recht, einen Zweitantrag zu stellen, durch dieses Verfahren nicht in Frage gestellt werde.
11 Das oben in Rn. 10 genannte Schreiben vom 9. Dezember 2015 ist Gegenstand der Klage in der Rechtssache T‑11/16, De Masi/Kommission.
Anschließende Entwicklungen, die Gegenstand der vorliegenden Klage sind
12 Mit E‑Mail vom 16. Dezember 2015 teilte die GD „Steuern“ dem Kläger mit, dass sie in Anbetracht des weiterhin großen Umfangs des in der E‑Mail vom 18. November 2015 hilfsweise gestellten Antrags (im Folgenden: Hilfsantrag) nicht in der Lage sei, diesen innerhalb der Frist nach Art. 7 der Verordnung Nr. 1049/2001 zu behandeln. Die GD „Steuern“ schlug dem Kläger dann gemäß Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 eine angemessene Lösung vor, die darin bestand, den Hilfsantrag in Bezug auf die ersten beiden Dokumentenkategorien innerhalb von 15 bis 30 Arbeitstagen nach Zustimmung zu dieser Lösung und in Bezug auf die dritte Kategorie nach weiteren 15 bis 30 Arbeitstagen zu bescheiden. Mit E‑Mail vom 19. Dezember 2015 stimmte der Kläger diesem Vorschlag zu.
13 Mit Schreiben vom 11. April 2016 beschied die GD „Steuern“ unter dem Aktenzeichen GestDem 2015/5101 den Hilfsantrag teilweise in Bezug auf die ersten beiden Dokumentenkategorien (im Folgenden: Schreiben vom 11. April 2016). In Bezug auf die erste Dokumentenkategorie teilte sie mit, dass die Dienststellen der Kommission nicht über einen Datenbestand der auf der Ebene der Mitgliedstaaten bestehenden potenziell schädlichen Steuerregelungen verfügten. Sie übermittelte dem Kläger jedoch ein speziell erstelltes Dokument mit einer Liste solcher im März 2016 auf der Ebene der Mitgliedstaaten bestehenden Regelungen. In Bezug auf die zweite Dokumentenkategorie gab die GD „Steuern“ zunächst die Dokumente an, zu denen sie vollständigen Zugang gewährte, die Dokumente, zu denen sie teilweisen Zugang gewährte, und die Dokumente, zu denen sie den Zugang verweigerte. Sodann begründete sie zum einen den teilweisen Zugang mit der Notwendigkeit des Schutzes natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum anderen ihre Verweigerung des Zugangs zu bestimmten Dokumenten unter Berufung auf die Ausnahmen in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 betreffend die Finanz-, Währungs- oder Wirtschaftspolitik der Union oder eines Mitgliedstaats, den Entscheidungsprozess der Organe und die internationalen Beziehungen. Abschließend wies sie den Kläger auf seine Möglichkeit hin, innerhalb von 15 Arbeitstagen beim Generalsekretär der Kommission gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 einen Zweitantrag zu stellen.
14 Mit E‑Mail vom 12. April 2016 wies die GD „Steuern“ im Anschluss an das Schreiben vom 11. April 2016 den Kläger darauf hin, dass die dritte Dokumentenkategorie des Hilfsantrags als gesondertes Verfahren unter dem Aktenzeichen GestDem 2016/1851 behandelt werde.
15 Mit Schreiben vom 21. April 2016 an den Generaldirektor der GD „Steuern“ (im Folgenden: Schreiben vom 21. April 2016) reagierte der Kläger auf das Schreiben vom 11. April 2016. Zunächst wies der Kläger darauf hin, dass er mit der Stellung des Hilfsantrags nicht beabsichtigt habe, von den Erstanträgen Abstand zu nehmen. In Bezug auf die teilweise Bescheidung des Hilfsantrags durch die GD „Steuern“ wies der Kläger zum einen darauf hin, dass einige Dokumente fehlten, obwohl sie sich bereit erklärt habe, ihm Zugang zu ihnen zu gewähren, und zum anderen trug er Erläuterungen vor, mit denen dargetan werden sollte, dass die Beschränkung und die Verweigerung des Zugangs zu bestimmten anderen Dokumenten nicht gerechtfertigt seien. Abschließend bat er die GD „Steuern“, ihren Standpunkt zu überdenken.
16 Mit Schreiben vom 20. Mai 2016 (im Folgenden: erstes angefochtenes Schreiben) beschied die GD „Steuern“ das Schreiben vom 21. April 2016. Zunächst teilte sie dem Kläger in Bezug auf die fehlenden Dokumente mit, dass einige nicht vorhanden seien, während sie einige andere weggelassen habe. Sodann teilte sie in Bezug auf die letztgenannten Dokumente mit, dass sie ihm aufgrund der von den Behörden der Mitgliedstaaten erhaltenen Antworten hierzu nur teilweisen Zugang gewähren könne, unter dem Vorbehalt, dass er für jedes benannte Dokument eine spezielle Begründung einreiche. Abschließend ging sie auf jedes der Argumente des Klägers ein, mit denen er den teilweisen Zugang angefochten hatte, der ihm mit Schreiben vom 11. April 2016 gewährt worden war, wobei sie ihn darauf hinwies, dass er gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 einen Zweitantrag stellen könne.
17 Mit Schreiben vom 13. Juli 2016 (im Folgenden: zweites angefochtenes Schreiben) beschied die GD „Steuern“ unter dem Aktenzeichen GestDem 2016/1851 den Hilfsantrag in Bezug auf die dritte Dokumentenkategorie. Für den Großteil der angeforderten Dokumente verwies sie entweder auf bereits veröffentlichte Dokumente oder gab dem Antrag statt. In Bezug auf die übrigen von ihr ermittelten Dokumente verweigerte sie entweder den Zugang oder gewährte nur teilweisen Zugang unter Berufung auf die Ausnahmen in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a vierter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 betreffend die Finanz-, Währungs- oder Wirtschaftspolitik der Union oder eines Mitgliedstaats und in Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung betreffend den Entscheidungsprozess der Organe. Abschließend wies die GD „Steuern“ den Kläger darauf hin, dass er innerhalb von 15 Arbeitstagen beim Generalsekretariat der Kommission gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung einen Zweitantrag stellen könne.
Verfahren und Anträge der Parteien
18 Der Kläger hat mit Klageschrift, die am 29. Juli 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.
19 Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 11. Oktober 2016 ist die vorliegende Rechtssache wegen der teilweisen Neubesetzung des Gerichts einer neuen Berichterstatterin zugewiesen worden. Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts nach Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die Berichterstatterin der Sechsten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache deshalb zugewiesen worden ist.
20 Die Kommission hat mit gesondertem Schriftsatz, der am 14. Oktober 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 130 Abs. 1 der Verfahrensordnung erhoben. Am 24. November 2016 hat der Kläger seine Stellungnahme zu dieser Einrede der Unzulässigkeit eingereicht.
21 Der Kläger beantragt,
– das erste angefochtene Schreiben für nichtig zu erklären;
– das zweite angefochtene Schreiben für nichtig zu erklären;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
22 Die Kommission beantragt in ihrer Einrede der Unzulässigkeit,
– die Klage als offensichtlich unzulässig abzuweisen;
– dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.
23 In seiner Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit beantragt der Kläger,
– die Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
24 Gemäß Art. 130 Abs. 1 und 7 der Verfahrensordnung kann das Gericht auf Antrag des Beklagten über die Unzulässigkeit vorab entscheiden. Im vorliegenden Fall hält sich das Gericht aufgrund der Aktenlage für hinreichend informiert und beschließt, ohne Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden.
25 Die Kommission erhebt eine Einrede der Unzulässigkeit wegen des Fehlens einer anfechtbaren Handlung im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV. Zur Begründung führt sie aus, das erste und das zweite angefochtene Schreiben (im Folgenden zusammen: angefochtene Schreiben) stellten nach ihrer Form und ihrem Inhalt Antworten auf Erstanträge des Klägers, und zwar den Hilfsantrag und das Schreiben vom 21. April 2016, dar.
26 Der Kläger tritt dem Vorbringen der Kommission entgegen. Er trägt im Wesentlichen vor, die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass der Hilfsantrag ein neuer Erstantrag sei, während er einen Zweitantrag darstelle, der später durch das Schreiben vom 21. April 2016 nur konkretisiert worden sei. Infolgedessen stellten die in den angefochtenen Schreiben enthaltenen Antworten auf den damit konkretisierten Antrag Entscheidungen dar, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein könnten.
27 Zunächst ist festzustellen, dass sich der vorliegende Rechtsstreit auf das durch die Verordnung Nr. 1049/2001 und den Beschluss 2001/937/EG, EGKS, Euratom der Kommission vom 5. Dezember 2001 zur Änderung ihrer Geschäftsordnung (ABl. 2001, L 345, S. 94) geregelte Verfahren für den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten der Kommission beschränkt.
28 Das in den Art. 6 bis 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 sowie in den Art. 2 bis 4 des Anhangs des Beschlusses 2001/937 geregelte Verfahren für den Zugang zu Dokumenten der Kommission läuft in zwei Phasen ab. Zunächst muss der Antragsteller bei der Kommission gemäß Art. 7 der Verordnung einen Erstantrag auf Zugang zu Dokumenten stellen. Wird der Erstantrag ganz oder teilweise abgelehnt oder bleibt eine Antwort innerhalb der vorgeschriebenen Frist aus, kann der Antragsteller mit einem Zweitantrag das Organ ersuchen, seinen Standpunkt zu überprüfen. In der zweiten Phase ist der Antragsteller nach Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001, der die Behandlung von Zweitanträgen regelt, bei einer vollständigen oder teilweisen Ablehnung des Zugangs zu den in einem Zweitantrag angeforderten Dokumenten berechtigt, unter den Voraussetzungen von Art. 263 AEUV gegen das Organ Klage zu erheben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Januar 2010, Co‑Frutta/Kommission, T‑355/04 und T‑446/04, EU:T:2010:15, Rn. 34, und vom 24. Mai 2011, NLG/Kommission, T‑109/05 und T‑444/05, EU:T:2011:235, Rn. 70).
29 Aus den Art. 3 und 4 des Anhangs des Beschlusses 2001/937 in Verbindung mit Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 geht eindeutig hervor, dass die Antwort auf den Erstantrag nur eine erste Stellungnahme ist, die dem Antragsteller die Möglichkeit gibt, den Generalsekretär der Kommission um Überprüfung dieses Standpunkts zu ersuchen. Allein die Maßnahme des Generalsekretärs der Kommission, die ihrer Art nach eine Entscheidung ist und die vorausgegangene Stellungnahme vollständig ersetzt, kann also Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen des Antragstellers beeinträchtigen können, und somit Gegenstand einer Nichtigkeitsklage gemäß Art. 263 AEUV sein (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 15. Februar 2012, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, C‑208/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:76, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteile vom 6. Juli 2006, Franchet und Byk/Kommission, T‑391/03 und T‑70/04, EU:T:2006:190, Rn. 47 und 48, sowie vom 19. Januar 2010, Co‑Frutta/Kommission, T‑355/04 und T‑446/04, EU:T:2010:15, Rn. 35 und 36).
30 Nach ständiger Rechtsprechung sind anfechtbare Handlungen im Sinne von Art. 263 AEUV unabhängig von ihrer Form alle von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union erlassenen Bestimmungen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen sollen, die die Interessen des Klägers durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung berühren können (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014, Ungarn/Kommission, C‑31/13 P, EU:C:2014:70, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 31. März 1971, Kommission/Rat, 22/70, EU:C:1971:32, Rn. 42, und vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, EU:C:1981:264, Rn. 9).
31 Was insbesondere Handlungen oder Entscheidungen anbelangt, die in einem mehrphasigen Verfahren ergehen, liegt eine Handlung, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein kann, grundsätzlich nur bei Maßnahmen vor, die den Standpunkt des betreffenden Organs am Ende des Verfahrens endgültig festlegen, nicht aber bei Zwischenmaßnahmen, die die abschließende Entscheidung vorbereiten sollen (vgl. Urteil vom 19. Januar 2010, Co‑Frutta/Kommission, T‑355/04 und T‑446/04, EU:T`:2010:15, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung; Beschluss vom 2. September 2014, Verein Natura Havel und Vierhaus/Kommission, T‑538/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:738, Rn. 29).
32 Im Übrigen ist festzustellen, dass Art. 6 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 Folgendes vorsieht: „Ist ein Antrag nicht hinreichend präzise, fordert das Organ den Antragsteller auf, den Antrag zu präzisieren, und leistet ihm dabei Hilfe, beispielsweise durch Informationen über die Nutzung der öffentlichen Dokumentenregister.“ Somit folgt aus dem Wortlaut dieser Bestimmung und insbesondere aus dem Gebrauch der Worte „auffordern“ und „Hilfe leisten“, dass die Feststellung der nicht hinreichenden Präzision des Zugangsantrags, gleichviel, worin diese begründet ist, das Organ, an das der Antrag gerichtet ist, dazu veranlassen muss, mit dem Antragsteller in Kontakt zu treten, um so genau wie möglich zu bestimmen, auf welche Dokumente sich der Antrag bezieht. Es handelt sich somit um eine Vorschrift, die im Bereich des Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten das in Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegte Recht auf eine gute Verwaltung umsetzt, das zu den Garantien gehört, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt (vgl. Urteil vom 22. Mai 2012, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, T‑300/10, EU:T:2012:247, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung).
33 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 für den Fall, dass ein Antrag ein sehr umfangreiches Dokument oder eine sehr große Zahl von Dokumenten betrifft, dem betreffenden Organ die Möglichkeit gibt, sich mit demjenigen, der Zugang zu Dokumenten beantragt hat, die sich im Besitz dieses Organs befinden, um eine angemessene Lösung zu bemühen, doch kann diese Lösung nur den Inhalt oder die Zahl der angeforderten Dokumente betreffen (Urteil vom 2. Oktober 2014, Strack/Kommission, C‑127/13 P, EU:C:2014:2250, Rn. 26).
34 Vorliegend ist festzustellen, dass die angefochtenen Schreiben Stellungnahmen der Kommission zum Antrag des Klägers auf Zugang zu den drei Kategorien der im Hilfsantrag benannten Dokumente darstellen.
35 Um zu klären, ob die angefochtenen Schreiben anfechtbare Handlungen im Sinne der oben in den Rn. 31 bis 33 angeführten Rechtsprechung darstellen, ist zu prüfen, ob sie endgültige Stellungnahmen der Kommission zum Antrag auf Zugang zu den Dokumenten darstellen, die der Kläger in seinem Hilfsantrag benannt hatte.
Zum ersten angefochtenen Schreiben
36 Zunächst ist hervorzuheben, dass das erste angefochtene Schreiben, das vom Generaldirektor der GD „Steuern“ stammt, die ersten beiden Kategorien der im Hilfsantrag benannten Dokumente betrifft, die von der Kommission in Beantwortung des Schreibens vom 21. April 2016 unter dem Aktenzeichen GestDem 2015/5101 behandelt wurden.
37 In diesem Zusammenhang ist zur Klärung der Frage, ob das erste angefochtene Schreiben eine anfechtbare Handlung darstellt, in einem ersten Schritt zu prüfen, ob der Hilfsantrag – wie der Kläger vorbringt und entgegen der Ansicht der Kommission – als Zweitantrag einzustufen ist. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der spätere Antrag des Klägers vom 21. April 2016 als Zweitantrag einzustufen ist. Im letztgenannten Fall wäre dann zu prüfen, ob die im ersten angefochtenen Schreiben enthaltene Antwort eine endgültige Stellungnahme der Kommission zum Zugang des Klägers zu den ersten beiden Kategorien der im Hilfsantrag benannten Dokumente darstellt.
38 In Bezug auf den Hilfsantrag geht aus den Akten hervor, dass er auf den Antrag folgte, der im Schreiben der GD „Steuern“ vom 29. Oktober 2015 (siehe oben, Rn. 8) enthalten war, mit dem sie ihrer in Art. 6 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Pflicht zur Hilfeleistung nachgekommen war und den Kläger anlässlich der Übersendung einer Reihe von Dokumenten aufgefordert hatte, die mit den Erstanträgen angeforderten Dokumente genauer anzugeben. Da diese Pflicht von grundlegender Bedeutung für die Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit des Zugangsrechts nach der Verordnung ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Mai 2012, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, T‑300/10, EU:T:2012:247, Rn. 84), hatte die GD „Steuern“ dem Kläger vorgeschlagen, die übersandten Dokumente zu analysieren und dann einen neuen, auf die Dokumente und den Zeitraum, die für ihn von besonderem Interesse sind, beschränkten Zugangsantrag zu stellen.
39 Erstens ist festzustellen, dass die in der E‑Mail vom 18. November 2015 enthaltene Antwort des Klägers auf den von der GD „Steuern“ gemachten Vorschlag, einen neuen Antrag auf Zugang zu Dokumenten zu stellen – auch wenn der Kläger vorbringt, dass er nicht auf ihn eingegangen sei –, sowohl in formaler als auch in inhaltlicher Hinsicht in zwei getrennte Teile unterteilt war, wobei der zweite Teil hilfsweise vorgebracht wurde.
40 Im Hilfsantrag beantragte der Kläger nämlich Zugang zu
„a) [einer] Kopie des von der … Kommission geführten und auf der Grundlage der Arbeit der [Gruppe ‚Unternehmensbesteuerung‘] und anderen Foren, welche sich auf Unternehmensbesteuerung beziehen, hergestellten Überblicks über den Datenbestand, der eine Liste und/oder Beurteilungen aller potenziell schädlichen Steuerpraktiken der Mitgliedstaaten der Europäischen Union enthält;
b) Protokolle[n] der … Kommission von Sitzungen der [Gruppe ‚Unternehmensbesteuerung‘] zwischen dem 1.1.2010 und dem 15.11.2015 …;
c) [alle] von der … Kommission vorbereiteten Tischvorlagen für die Sitzungen der [Gruppe ‚Unternehmensbesteuerung‘], die sich mit Patentboxen sowie der Verwendung und Anwendung von Steuervorbescheiden und Vorab-Transferpreisberechnungen sowie ihrem Austausch zwischen den Verwaltungen beschäftigen“.
41 Der Hilfsantrag wurde zwar nur als zweite Option für die Kommission gestellt, falls sie „sich weiterhin weigert, [dem] Antrag auf Zugang zu ‚allen [ihren] formellen und informellen Notizen, Protokollen oder sonstigen schriftlichen Aufzeichnungen und allen von [ihr] im Kontext der Arbeit der [Gruppe ‚Unternehmensbesteuerung‘] seit ihrer Gründung am 9.3.1998 vorbereiteten Tischvorlagen oder anderen schriftlichen Beiträgen‘ [stattzugeben]“. Dieser Antrag schloss sich jedoch an die oben in Rn. 38 genannte Aufforderung der Kommission an, einen neuen, auf die Dokumente und den Zeitraum, die für den Kläger von besonderem Interesse sind, konzentrierten Antrag auf Zugang zu den betreffenden Dokumenten zu stellen. Unter diesen Umständen kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, ihn in der Folge als einen Erstantrag mit eingeschränktem und präziserem Gegenstand behandelt zu haben.
42 Zweitens geht, auch wenn die GD „Steuern“ nicht bestreitet, dass die im Hilfsantrag benannten Dokumente auch in den Erstanträgen benannt worden waren, aus der Akte hervor, dass sie zur Bescheidung des Hilfsantrags jedes der genannten Dokumente erneut gesondert prüfen musste, als ob es sich um einen Erstantrag handelte. Dieser Schluss wird im Übrigen durch die Antwort auf die erste Kategorie der im Hilfsantrag benannten Dokumente bestätigt. Insoweit ist hervorzuheben, dass die GD „Steuern“ ein spezielles Dokument mit einer Liste der im März 2016 auf der Ebene der Mitgliedstaaten bestehenden potenziell schädlichen Steuerregelungen erstellt hatte.
43 Drittens hat der Kläger mit seiner Zustimmung zu dem am 16. Dezember 2015 von der GD „Steuern“ gemäß Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 gemachten Vorschlag einer angemessenen Lösung, nämlich die im Hilfsantrag enthaltenen ersten beiden Dokumentenkategorien unabhängig von der dritten Kategorie zu behandeln (siehe oben, Rn. 12), implizit der Behandlung des genannten Antrags als Erstantrag zugestimmt.
44 Dieser Schluss kann nicht durch das Vorbringen des Klägers in Frage gestellt werden, dass das den Hilfsantrag enthaltende Schreiben als Zweitantrag eingestuft worden sei, da eine solche Einstufung einseitig vom Kläger vorgenommen wurde. Desgleichen reicht der Verweis auf die zeitliche Einordnung dieses Schreibens nicht aus, um den darin enthaltenen Zugangsantrag als Zweitantrag einzustufen.
45 Folglich hat die Kommission keinen Fehler begangen, als sie den Hilfsantrag als Erstantrag behandelte.
46 Deshalb ist zu prüfen, ob das Schreiben vom 21. April 2016 als Zweitantrag eingestuft werden kann.
47 Insoweit ist hervorzuheben, dass das Schreiben vom 21. April 2016 weder in formaler noch in inhaltlicher Hinsicht Anhaltspunkte enthält, die seine Einstufung als Zweitantrag erlauben. Zur Form ist zum einen festzustellen, dass der Kläger zwar in seiner E‑Mail, der das Schreiben beigefügt war, mitteilte, dass es einen Zweitantrag enthalte, und dass er in der vorliegenden Klage an dieser Einstufung festhält, doch enthielt das Schreiben selbst nicht die Bezeichnung „Zweitantrag“. Zum anderen war es an den Generaldirektor der GD „Steuern“ gerichtet und nicht an den Generalsekretär der Kommission, während im Schreiben vom 11. April 2016 darauf hingewiesen worden war, dass ein Zweitantrag an Letzteren gerichtet werden müsse. Der Kläger wusste aber, an wen ein Zweitantrag zu richten war, denn er erkennt in seiner Stellungnahme an, dass ein Zweitantrag dem Generalsekretär der Kommission übersandt werden musste. Zum Inhalt ist festzustellen, dass der Hilfsantrag und das Schreiben vom 21. April 2016 in Bezug auf die ersten beiden Dokumentenkategorien nicht übereinstimmen. Denn im Schreiben vom 21. April 2016 weist der Kläger zum einen darauf hin, dass einige Dokumente fehlten, für die die GD „Steuern“ sein Zugangsrecht anerkannt habe, und zum anderen trägt er Erläuterungen vor, mit denen dargetan werden soll, dass die Beschränkung und die Verweigerung des Zugangs zu bestimmten anderen Dokumenten nicht gerechtfertigt seien.
48 Überdies ist hervorzuheben, dass der Beschluss 2001/937 im Bereich des Zugangs zu Dokumenten der Kommission geteilte Zuständigkeiten in Bezug auf die Behandlung von Erstanträgen und von Zweitanträgen vorsieht, um eine zusätzliche Gewähr für die Durchsetzung des in Art. 41 der Charta der Grundrechte niedergelegten Rechts auf eine gute Verwaltung zu bieten, das zu den Garantien gehört, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt. Der Beschluss sieht nämlich vor, dass nur der Generalsekretär der Kommission die vorausgegangene Stellungnahme einer der Dienststellen der Kommission überprüfen und vollständig ersetzen kann, und bietet dadurch den Antragstellern eine zusätzliche Gewähr für Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Gerechtigkeit.
49 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Verfahren für den Zugang zu Dokumenten, indem es die Stellung eines Zweitantrags vorsieht, u. a. dem betreffenden Organ die Möglichkeit gibt, seinen Standpunkt zu überprüfen, bevor es eine endgültige ablehnende Entscheidung trifft, die Gegenstand einer Klage vor den Unionsgerichten sein kann. Ein solches Verfahren ermöglicht es, Erstanträge zügiger zu bearbeiten und damit den Erwartungen des Antragstellers in den meisten Fällen zu entsprechen, erlaubt es dem Organ aber zugleich, einen fundierten Standpunkt einzunehmen, bevor es den Zugang zu den vom Antragsteller genannten Dokumenten endgültig verweigert, insbesondere wenn dieser seinen Antrag auf Offenlegung der Dokumente trotz einer mit Gründen versehenen Ablehnung des Organs wiederholt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. Januar 2010, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, C‑362/08 P, EU:C:2010:40, Rn. 54).
50 Der Beschluss 2001/937 regelt zwar die interne Organisation der Kommission im Bereich des Zugangs zu Dokumenten, doch ist er ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der dem Kläger entgegengehalten werden kann. Er sieht vor, dass die Antwort auf den Erstantrag dem Antragsteller die Möglichkeit gibt, den Generalsekretär der Kommission um Überprüfung des fraglichen Standpunkts zu ersuchen, und dass ein Zweitantrag beim Generalsekretär eingereicht werden muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Januar 2010, Co‑Frutta/Kommission, T‑355/04 und T‑446/04, EU:T:2010:15, Rn. 34 und 35).
51 Folglich war die GD „Steuern“ entgegen dem Vorbringen des Klägers nicht verpflichtet, das Schreiben vom 21. April 2016 an den Generalsekretär der Kommission zur Behandlung als Zweitantrag weiterzuleiten, da zum einen in Bezug auf vier neue, nach den Erläuterungen des Klägers ermittelte Dokumente eine Erstentscheidung getroffen werden musste und zum anderen in Bezug auf die Ausnahmen vom Zugang zu bestimmten Dokumenten eine ergänzende Antwort zum neuen Vorbringen des Klägers erforderlich war. Dies gilt umso mehr, als sich der Schriftwechsel zwischen dem Kläger und der GD „Steuern“ im Anschluss an die gemäß Art. 6 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 ergangene Aufforderung der Kommission anschloss, nach Analyse der bereits erhaltenen Dokumente einen neuen, auf die Dokumente und den Zeitraum, die für ihn von besonderem Interesse sind, konzentrierten Zugangsantrag zu stellen.
52 Nach alledem ist die Kommission zu Recht davon ausgegangen, dass das Schreiben vom 21. April 2016 keinen Zweitantrag darstellte.
53 Jedenfalls bestätigt das erste angefochtene Schreiben, das die Antwort auf das oben in den Rn. 47 und 51 geprüfte Schreiben vom 21. April 2016 enthält, durch seine Form und seinen Inhalt den oben in Rn. 52 gezogenen Schluss, dass kein Zweitantrag vorlag, der es der Kommission insbesondere erlaubt hätte, ihren Standpunkt zu überprüfen, bevor sie eine endgültige Entscheidung trifft, die Gegenstand einer Klage vor den Unionsgerichten sein kann.
54 Was zunächst die Form des ersten angefochtenen Schreibens anbelangt, stammt es vom Generaldirektor der GD „Steuern“ – an den das Schreiben vom 21. April 2016 gerichtet war, das mit dem ersten angefochtenen Schreiben beantwortet wurde – und nicht vom Generalsekretär der Kommission selbst, dem es nach den Art. 3 und 4 des Anhangs des Beschlusses 2001/937 obliegt, einen Zweitantrag zu bescheiden.
55 Sodann ist festzustellen, dass das erste angefochtene Schreiben weder in seinem Betreff noch im Text selbst eine wie auch immer geartete Bezugnahme auf Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 enthält, der die Behandlung von Zweitanträgen regelt. Zudem lautet der Betreff des ersten angefochtenen Schreibens „Ihr Antrag auf Zugang zu Dokumenten – Az. GestDem Nr. 2015/5101“, ohne dass es als Antwort auf einen Zweitantrag qualifiziert würde. Schließlich wird der Kläger im ersten angefochtenen Schreiben nicht über die Möglichkeit der Erhebung einer Klage oder der Einlegung einer Beschwerde beim Europäischen Bürgerbeauftragten informiert. Vielmehr wird er klar darauf hingewiesen, dass er das Recht habe, es durch Stellung eines Zweitantrags anzufechten.
56 Inhaltlich enthält das erste angefochtene Schreiben erstmals Stellungnahmen der GD „Steuern“ zu vier neuen, im Anschluss an Hinweise des Klägers im Schreiben vom 21. April 2016 ermittelten Dokumenten.
57 Folglich enthält das erste angefochtene Schreiben keinen vom Generalsekretär geäußerten endgültigen Standpunkt der Kommission zum Zugang des Klägers zu den ersten beiden Kategorien der mit dem Hilfsantrag angeforderten Dokumente und stellt daher nur eine von der GD „Steuern“ gemäß dem Grundsatz der guten Verwaltung im Lauf des Verfahrens zur Behandlung dieses Antrags angesichts der vom Kläger erhaltenen Erläuterungen gegebene ergänzende Antwort dar.
58 Daher ist gemäß der oben in den Rn. 28 bis 31 angeführten Rechtsprechung davon auszugehen, dass das erste angefochtene Schreiben keine Rechtswirkungen erzeugt und folglich keine anfechtbare Handlung darstellt.
Zum zweiten angefochtenen Schreiben
59 Aus den Akten geht hervor, dass die GD „Steuern“ mit dem zweiten angefochtenen Schreiben den Antrag des Klägers auf Zugang zur dritten Kategorie der im Hilfsantrag benannten Dokumente beschied.
60 Obwohl das Schreiben vom 11. April 2016 und das zweite angefochtene Schreiben im selben Verfahrensstadium und vom selben Verfasser erstellt wurden, obwohl mit beiden der Hilfsantrag beschieden wird und obwohl sie inhaltlich ähnlich strukturiert sind, da beide auf die Möglichkeit hinweisen, gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 einen Zweitantrag zu stellen, vertritt der Kläger die Ansicht, dass mit dem zweiten angefochtenen Schreiben nach seiner zeitlichen Einordnung ein Zweitantrag beschieden worden sei, so dass es eine anfechtbare Handlung darstelle.
61 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Hilfsantrag einen Erstantrag darstellte, wie oben in den Rn. 38 bis 45 dargelegt worden ist. Sodann ist hervorzuheben, dass der Schriftwechsel nach dem Schreiben vom 11. April 2016 und vor dem zweiten angefochtenen Schreiben ausschließlich die ersten beiden Kategorien der im Hilfsantrag benannten Dokumente betraf, ohne sich auf das zweite angefochtene Schreiben oder die darin behandelte dritte Kategorie von Dokumenten auszuwirken.
62 Schließlich ist festzustellen, dass der Kläger seine Schlussfolgerung, dass das zweite angefochtene Schreiben eine anfechtbare Handlung darstelle, lediglich auf die von ihm einseitig vorgenommene Einstufung seiner Anträge und die zeitliche Einordnung der erhaltenen Antworten stützt. Er nennt keine weiteren Gründe, aus denen die im zweiten angefochtenen Schreiben enthaltene erste Stellungnahme der Kommission zu seinem Antrag auf Zugang zu der im Hilfsantrag benannten dritten Dokumentenkategorie eine anfechtbare Handlung darstellen soll.
63 Daher stellt das zweite angefochtene Schreiben keine anfechtbare Handlung im Sinne der oben in Rn. 29 angeführten Rechtsprechung dar, sondern nur eine Antwort auf einen Erstantrag.
64 Nach alledem ist die Klage insgesamt als offensichtlich unzulässig abzuweisen, da die angefochtenen Schreiben keine anfechtbaren Handlungen im Sinne von Art. 263 AEUV sind.
Kosten
65 Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Kläger unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Sechste Kammer)
beschlossen:
1. Die Klage wird als offensichtlich unzulässig abgewiesen.
2. Herr Fabio De Masi trägt seine eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission.
Luxemburg, den 19. Juni 2017
Der Kanzler |
Der Präsident |
E. Coulon |
G. Berardis |
* Verfahrenssprache: Deutsch.
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Referenzen
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