Urteil vom Europäischer Gerichtshof - C-125/16

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

21. September 2017 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 2005/36/EG – Anerkennung von Berufsqualifikationen – Zahntechniker – Bedingungen für die Ausübung der Berufstätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat – Erfordernis der verbindlichen Zwischenschaltung eines Zahnarztes – Anwendung dieses Erfordernisses auf klinische Zahntechniker, die ihren Beruf im Herkunftsmitgliedstaat ausüben – Art. 49 AEUV – Niederlassungsfreiheit – Beschränkung – Rechtfertigung – Im Allgemeininteresse liegendes Ziel, den Schutz der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten – Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache C‑125/16

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Prim’Awla tal-Qorti Ċivili (Erste Kammer des Zivilgerichts, Malta) mit Entscheidung vom 23. Februar 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Februar 2016, in dem Verfahren

Malta Dental Technologists Association,

John Salomone Reynaud

gegen

Superintendent tas-Saħħa Pubblika,

Kunsill tal-Professjonijiet Kumplimentari għall-Mediċina

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen sowie der Richter M. Vilaras, J. Malenovský, M. Safjan (Berichterstatter) und D. Šváby,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. März 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Malta Dental Technologists Association und von Herrn Reynaud, vertreten durch T. Azzopardi, avukat,

der Kunsill tal-Professjonijiet Kumplimentari għall-Mediċina, vertreten durch S. Bailey und V. Cuschieri, avukati,

der maltesischen Regierung, vertreten durch A. Buhagiar als Bevollmächtigte,

der tschechischen Regierung, vertreten durch J. Vláčil und M. Smolek als Bevollmächtigte,

der spanischen Regierung, vertreten durch A. Rubio González und A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte,

der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von M. Russo, avvocato dello Stato,

der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Eberhard als Bevollmächtigten,

der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Støvlbæk und J. Aquilina als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 1. Juni 2017

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 49, 52 und 56 AEUV und der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. 2005, L 255, S. 22) in der durch die Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 (ABl. 2013, L 354, S. 132) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2005/36).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Malta Dental Technologists Association (Maltesische Zahntechnikervereinigung, im Folgenden: MDTA) und Herrn John Salomone Reynaud auf der einen sowie dem Superintendent tas-Saħħa Pubblika (Aufsichtsbehörde für das öffentliche Gesundheitswesen, Malta) (im Folgenden: Superintendent) und dem Kunsill tal-Professjonijiet Kumplimentari għall-Mediċina (Rat der ergänzenden Heilberufe, Malta) (im Folgenden: Kunsill) auf der anderen Seite über den Antrag auf Anerkennung der Berufsqualifikationen klinischer Zahntechniker in Malta.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Im dritten Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/36 heißt es:

„Diese Richtlinie gibt Personen, die ihre Berufsqualifikationen in einem Mitgliedstaat erworben haben, Garantien hinsichtlich des Zugangs zu demselben Beruf und seiner Ausübung in einem anderen Mitgliedstaat unter denselben Voraussetzungen wie Inländern; sie schließt jedoch nicht aus, dass der Migrant nicht diskriminierende Ausübungsvoraussetzungen, die dieser Mitgliedstaat vorschreibt, erfüllen muss, soweit diese objektiv gerechtfertigt und verhältnismäßig sind.“

4

Art. 1 („Gegenstand“) der Richtlinie sieht vor:

„Diese Richtlinie legt die Vorschriften fest, nach denen ein Mitgliedstaat, der den Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung in seinem Hoheitsgebiet an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen knüpft (im Folgenden ‚Aufnahmemitgliedstaat‘ genannt), für den Zugang zu diesem Beruf und dessen Ausübung die in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten (im Folgenden ‚Herkunftsmitgliedstaat‘ genannt) erworbenen Berufsqualifikationen anerkennt, die ihren Inhaber berechtigen, dort denselben Beruf auszuüben.

Mit dieser Richtlinie werden auch Regeln über den partiellen Zugang zu einem reglementierten Beruf sowie die Anerkennung von in einem anderen Mitgliedstaat absolvierten Berufspraktika festgelegt.“

5

Art. 3 („Begriffsbestimmungen“) Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a)

‚reglementierter Beruf‘ ist eine berufliche Tätigkeit oder eine Gruppe beruflicher Tätigkeiten, bei der die Aufnahme oder Ausübung oder eine der Arten der Ausübung direkt oder indirekt durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist; …

b)

‚Berufsqualifikationen‘ sind die Qualifikationen, die durch einen Ausbildungsnachweis, einen Befähigungsnachweis nach Artikel 11 Buchstabe a Ziffer i und/oder Berufserfahrung nachgewiesen werden;

c)

‚Ausbildungsnachweise‘ sind Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstige Befähigungsnachweise, die von einer Behörde eines Mitgliedstaats, die entsprechend dessen Rechts- und Verwaltungsvorschriften benannt wurde, für den Abschluss einer überwiegend in der Gemeinschaft absolvierten Berufsausbildung ausgestellt werden. Findet Satz 1 keine Anwendung, so sind Ausbildungsnachweise im Sinne des Absatzes 3 den hier genannten Ausbildungsnachweisen gleichgestellt;

e)

‚reglementierte Ausbildung‘ ist eine Ausbildung, die speziell auf die Ausübung eines bestimmten Berufes ausgerichtet ist und aus einem abgeschlossenen Ausbildungsgang oder mehreren abgeschlossenen Ausbildungsgängen besteht, der gegebenenfalls durch eine Berufsausbildung, durch ein Berufspraktikum oder durch Berufspraxis ergänzt wird;

…“

6

Art. 4 („Wirkungen der Anerkennung“) der Richtlinie 2005/36 bestimmt:

„(1)   Die Anerkennung der Berufsqualifikationen durch den Aufnahmemitgliedstaat ermöglicht es den begünstigten Personen, in diesem Mitgliedstaat denselben Beruf wie den, für den sie in ihrem Herkunftsmitgliedstaat qualifiziert sind, aufzunehmen und unter denselben Voraussetzungen wie Inländer auszuüben.

(2)   Für die Zwecke dieser Richtlinie ist der Beruf, den der Antragsteller im Aufnahmemitgliedstaat ausüben möchte, derselbe wie derjenige, für den er in seinem Herkunftsmitgliedstaat qualifiziert ist, wenn die Tätigkeiten, die er umfasst, vergleichbar sind.

(3)   Abweichend von Absatz 1 wird partieller Zugang zu einem Beruf im Aufnahmemitgliedstaat unter den in Artikel 4f genannten Bedingungen gewährt.“

7

In Art. 4f („Partieller Zugang“) der Richtlinie heißt es:

„(1)   Die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaats gewährt auf Einzelfallbasis partiellen Zugang zu einer Berufstätigkeit im Hoheitsgebiet dieses Staates nur, wenn alle folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)

der Berufsangehörige ist ohne Einschränkung qualifiziert, im Herkunftsmitgliedstaat die berufliche Tätigkeit auszuüben, für die im Aufnahmemitgliedstaat ein partieller Zugang begehrt wird;

…“

8

Titel III Kapitel I („Allgemeine Regelung für die Anerkennung von Ausbildungsnachweisen“) dieser Richtlinie umfasst deren Art. 10 bis 14.

9

Art. 10 („Anwendungsbereich“) der Richtlinie sieht vor:

„Dieses Kapitel gilt für alle Berufe, die nicht unter Kapitel II und III dieses Titels fallen …“

10

In Art. 11 („Qualifikationsniveaus“) der Richtlinie 2005/36 werden die Qualifikationen für die Zwecke von Art. 13 und Art. 14 Abs. 6 dieser Richtlinie zugeordnet.

11

Art. 13 („Anerkennungsbedingungen“) dieser Richtlinie bestimmt in Abs. 1 Unterabs. 1:

„Setzt die Aufnahme oder Ausübung eines reglementierten Berufs in einem Aufnahmemitgliedstaat den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen voraus, so gestattet die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats den Antragstellern die Aufnahme oder Ausübung dieses Berufs unter denselben Voraussetzungen wie Inländern, wenn sie den Befähigungs- oder Ausbildungsnachweis nach Artikel 11 besitzen, der in einem anderen Mitgliedstaat erforderlich ist, um in dessen Hoheitsgebiet die Erlaubnis zur Aufnahme und Ausübung dieses Berufs zu erhalten.“

12

Titel III Kapitel III („Anerkennung auf der Grundlage der Koordinierung der Mindestanforderungen an die Ausbildung“) der Richtlinie 2005/36 umfasst deren Art. 21 bis 49.

13

Art. 34 („Grundausbildung des Zahnarztes“) dieser Richtlinie bestimmt:

„(1)   Die Zulassung zur zahnärztlichen Grundausbildung setzt den Besitz eines Diploms oder Prüfungszeugnisses voraus, das in einem Mitgliedstaat für das betreffende Studium die Zulassung zu den Universitäten oder den Hochschulen mit anerkannt gleichwertigem Niveau ermöglicht.

(3)   Die zahnärztliche Grundausbildung gewährleistet, dass die betreffende Person die folgenden Kenntnisse und Fähigkeiten erwirbt:

a)

angemessene Kenntnisse in den Wissenschaften, auf denen die Zahnheilkunde beruht, und ein gutes Verständnis für die wissenschaftlichen Methoden, einschließlich der Grundsätze der Messung biologischer Funktionen, der Bewertung wissenschaftlich festgestellter Sachverhalte sowie der Analyse von Daten;

b)

angemessene Kenntnisse – soweit für die Ausübung der Zahnheilkunde von Belang – des Körperbaus, der Funktionen und des Verhaltens des gesunden und des kranken Menschen sowie des Einflusses der natürlichen und sozialen Umwelt auf die Gesundheit des Menschen;

c)

angemessene Kenntnisse der Struktur und der Funktion der Zähne, des Mundes, des Kiefers und der dazugehörigen Gewebe, jeweils in gesundem und in krankem Zustand, sowie ihr Einfluss auf die allgemeine Gesundheit und das allgemeine physische und soziale Wohlbefinden des Patienten;

d)

angemessene Kenntnisse der klinischen Disziplinen und Methoden, die ihr ein zusammenhängendes Bild von den Anomalien, Beschädigungen und Verletzungen sowie Krankheiten der Zähne, des Mundes, des Kiefers und der dazugehörigen Gewebe sowie von der Zahnheilkunde unter dem Gesichtspunkt der Verhütung und Vorbeugung, der Diagnose und Therapie vermitteln;

e)

angemessene klinische Erfahrung unter entsprechender Leitung.

Diese Ausbildung vermittelt dem Betroffenen die erforderlichen Fähigkeiten zur Ausübung aller Tätigkeiten der Verhütung, Diagnose und Behandlung von Krankheiten der Zähne, des Mundes, des Kiefers und der dazugehörigen Gewebe.“

14

In Art. 36 („Ausübung der Tätigkeiten des Zahnarztes“) dieser Richtlinie heißt es:

„(1)   Für die Zwecke dieser Richtlinie sind Tätigkeiten des Zahnarztes die in Absatz 3 definierten Tätigkeiten, die unter den in Anhang V Nummer 5.3.2. aufgeführten Berufsbezeichnungen ausgeübt werden.

(2)   Der Beruf des Zahnarztes basiert auf der zahnärztlichen Ausbildung nach Artikel 34 und stellt einen eigenen Beruf dar, der sich von dem des Arztes und des Facharztes unterscheidet. Die Ausübung der Tätigkeiten des Zahnarztes setzt den Besitz eines in Anhang V Nummer 5.3.2. aufgeführten Ausbildungsnachweises voraus. …

(3)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Zahnärzte allgemein Tätigkeiten der Verhütung, Diagnose und Behandlung von Anomalien und Krankheiten der Zähne, des Mundes und der Kiefer und des dazugehörigen Gewebes aufnehmen und ausüben dürfen, wobei die für den Beruf des Zahnarztes zu den in Anhang V Nummer 5.3.2. aufgeführten Stichtagen maßgeblichen Rechtsvorschriften und Standesregeln einzuhalten sind.“

Maltesisches Recht

15

Art. 2 der Att dwar il-Professjonijiet tas-Saħħa (Kapitolu 464 tal-Liġijiet ta’ Malta) (Gesetz über die Gesundheitsberufe [Kapitel 464 der Gesetze Maltas]) definiert den „Angehörigen eines ergänzenden Heilberufs“ als „den Angehörigen eines Gesundheitsberufs, dessen Name im Register der ergänzenden Heilberufe eingetragen ist, auf das in Art. 28 verwiesen wird“.

16

Art. 25 Abs. 1 des Gesetzes lautet:

„Niemand, dessen Name nicht gemäß den Bestimmungen dieses Gesetzes in dem vom [Kunsill] geführten Register eingetragen ist, darf einen der ergänzenden Heilberufe ausüben.“

17

Art. 28 Abs. 1 des Gesetzes bestimmt:

„Der [Kunsill] führt für jeden der in Anhang III aufgeführten ergänzenden Heilberufe ein gesondertes Register, … in das auf Antrag des Betreffenden der Name eines Staatsangehörigen Maltas oder eines Mitgliedstaats aufzunehmen ist, der

a)

eine vorgeschriebene Qualifikation aufweist, die er an der University of Malta oder bei einer Ausbildungseinrichtung oder nach der Teilnahme an einem vom Department of Health [(Gesundheitsministerium)] organisierten Lehrgang, in dem Beruf, für den ein gesondertes Register geführt wird, erworben hat, oder

b)

eine Qualifikation aufweist, die er in einem Mitgliedstaat erworben hat und die gemäß dem Mutual Recognition of Qualifications Act [(Gesetz über die gegenseitige Anerkennung von Qualifikationen)] oder Verordnungen nach diesem Gesetz anerkannt ist, oder

c)

eine Qualifikation in dem genannten Beruf aufweist, die er an einer anderen vom [Kunsill] anerkannten Universität, Fachschule oder Schule erworben hat,

unter dem Vorbehalt, dass der [Kunsill] für eine solche Qualifikation verlangen kann, dass die betreffende Person eine fachliche und sprachliche Leistungsprüfung ablegt und besteht.“

18

Anhang III des Gesetzes über die Gesundheitsberufe (Kapitel 464 der Gesetze Maltas), in dem die ergänzenden Heilberufe aufgeführt sind, nennt den Beruf des Zahntechnikers, nicht aber den des klinischen Zahntechnikers.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

19

Die MDTA und Herr Reynaud erhoben beim vorlegenden Gericht eine Klage auf Anerkennung der Berufsqualifikationen klinischer Zahntechniker in Malta. In ihrer Klageschrift beantragten sie, den Superintendent und den Kunsill zu verpflichten, in anderen Mitgliedstaaten anerkannte klinische Zahntechniker in Malta zuzulassen und ihnen die Ausübung ihres Berufs in diesem Mitgliedstaat zu ermöglichen. Darüber hinaus begehrten die MDTA und Herr Reynaud die Feststellung, dass klinische Zahntechniker ihren Beruf ohne das Erfordernis ausüben können, dass die Patienten von einem Zahnarzt an sie überwiesen werden.

20

Klinische Zahntechniker sind Fachkräfte für Zahnapparaturen, einschließlich der Anfertigung von Zahnersatz und künstlichen Zähnen, zu deren Tätigkeiten auch Reparaturen und Änderungen von Zahnersatz und Zahnprothesen gehören.

21

Die MDTA und Herr Reynaud machen geltend, durch die Tätigkeiten eines klinischen Zahntechnikers entstehe für die Patienten keine Gefahr irreversibler Schäden, da die Fehlerhaftigkeit einer Zahnapparatur lediglich zur Folge habe, dass diese geändert oder ersetzt werden müsse.

22

Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass klinische Zahntechniker in Malta nicht anerkannt sind und somit ihren Beruf dort nicht ausüben können, da in diesem Mitgliedstaat nur Zahntechniker anerkannt und zugelassen sind.

23

Der Antrag der MDTA und von Herrn Reynaud ist nicht darauf gerichtet, den Beruf des klinischen Zahntechnikers als einen gegenüber dem Beruf des Zahntechnikers eigenständigen Gesundheitsberuf anzuerkennen, sondern darauf, dass klinische Zahntechniker in das vom Kunsill geführte Register der Zahntechniker aufgenommen werden.

24

Das vorlegende Gericht hebt hervor, dass der Antrag der MDTA und von Herrn Reynaud die grenzüberschreitende Ausübung des Berufs des klinischen Zahntechnikers durch Personen betreffe, die sich in Malta niederlassen wollten. Die maltesische Regelung nehme diesbezüglich keinerlei Diskriminierung zwischen maltesischen Staatsangehörigen und Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten vor, da der Beruf des klinischen Zahntechnikers ganz allgemein nicht anerkannt werde, ohne dass nach der Staatsangehörigkeit der betreffenden Personen unterschieden würde.

25

Da die Prim’Awla tal-Qorti Ċivili (Erste Kammer des Zivilgerichts, Malta) der Ansicht ist, dass die Entscheidung des Ausgangsverfahrens von der Auslegung der Art. 49, 52 und 56 AEUV sowie der Richtlinie 2005/36 abhängt, hat sie beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist die Untersagung bzw. Weigerung durch die maltesischen Gesundheitsbehörden, den Beruf des klinischen Zahntechnikers oder „Denturist“ anzuerkennen, mit den Grundsätzen und Rechtsvorschriften, die die Schaffung des Binnenmarkts regeln, insbesondere denjenigen, die sich aus den Art. 49, 52 und 56 AEUV ergeben, unvereinbar, wenn keine Gefahr für die öffentliche Gesundheit besteht und zwar keine rechtliche Diskriminierung vorliegt, es Personen aus anderen Mitgliedstaaten, die einen entsprechenden Antrag gestellt haben, jedoch faktisch verwehrt ist, sich in Malta beruflich niederzulassen?

2.

Ist die Richtlinie 2005/36 auf klinische Zahntechniker in Anbetracht der Tatsache anzuwenden, dass die Fehlerhaftigkeit eines Gebisses lediglich zur Folge hat, dass die fehlerhafte Zahnapparatur geändert oder ersetzt werden muss, ohne dass eine Gefahr für den Patienten besteht?

3.

Kann die im vorliegenden Fall angefochtene Untersagung durch die maltesischen Gesundheitsbehörden dazu dienen, ein hohes Niveau an Schutz der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten, wenn fehlerhafte Gebisse ohne Gefahr für den Patienten ersetzt werden können?

4.

Verstößt die Art und Weise, in der der Superintendent die Richtlinie 2005/36 in Bezug auf klinische Zahntechniker, die bei den maltesischen Gesundheitsbehörden ihre Anerkennung beantragt haben, auslegt und anwendet, gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit?

Zur Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens

26

Die maltesische Regierung macht in ihren schriftlichen Erklärungen geltend, dass die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen unzulässig seien, da sie erstens in einem verfrühten Abschnitt des nationalen Verfahrens gestellt worden seien und die Parteien daher nicht die Gelegenheit bekommen hätten, ihre Beweismittel vorzulegen, da sie sich zweitens auf die unzutreffende Annahme stützten, aus den Tätigkeiten eines klinischen Zahntechnikers ergebe sich keine Gefahr für die menschliche Gesundheit, und da sie drittens auf der unzutreffenden Feststellung beruhten, für klinische Zahntechniker aus anderen Mitgliedstaaten sei es unmöglich, ihre beruflichen Tätigkeiten in Malta auszuüben.

27

Die österreichische Regierung bezweifelt in ihren schriftlichen Erklärungen die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Beantwortung der Vorlagefragen. Das Ausgangsverfahren weise nämlich keinen grenzüberschreitenden Bezug auf, weil die vor dem vorlegenden Gericht klagende MDTA eine maltesische Vereinigung sei.

28

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen des nationalen Gerichts spricht, die es zur Auslegung des Unionsrechts in dem rechtlichen und sachlichen Rahmen stellt, den es in eigener Verantwortung festgelegt und dessen Richtigkeit der Gerichtshof nicht zu prüfen hat. Die Zurückweisung des Ersuchens eines nationalen Gerichts ist dem Gerichtshof nur möglich, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsverfahrens steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. u. a. Urteil vom 6. September 2016, Petruhhin, C‑182/15, EU:C:2016:630, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29

Im Übrigen ist es Sache des nationalen Gerichts, darüber zu entscheiden, in welchem Verfahrensstadium es ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof richten soll (Urteil vom 17. April 2007, AGM-COS.MET, C‑470/03, EU:C:2007:213, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30

Was das von der österreichischen Regierung vorgebrachte Fehlen eines grenzüberschreitenden Bezugs des Ausgangsverfahrens angeht, ist hervorzuheben, dass, abgesehen von der Tatsache, dass die Fragen nicht nur die Bestimmungen des AEU-Vertrags, sondern auch die Richtlinie 2005/36 betreffen, das vorlegende Gericht den Gerichtshof im Rahmen eines Verfahrens ersucht hat, das von einer Zahntechnikervereinigung, nämlich der MDTA, eingeleitet wurde und die Rechtmäßigkeit von nationalen Vorschriften betrifft, die nicht nur für maltesische Staatsangehörige, sondern auch für die Angehörigen der übrigen Mitgliedstaaten Geltung haben. Die Entscheidung, die das vorlegende Gericht im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs treffen wird, wird folglich auch in Bezug auf die Angehörigen der übrigen Mitgliedstaaten Wirkungen entfalten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. Mai 2013, Libert u. a., C‑197/11 und C‑203/11, EU:C:2013:288, Rn. 35, und vom 15. November 2016, Ullens de Schooten, C‑268/15, EU:C:2016:874, Rn. 51).

31

Daraus folgt, dass das Vorabentscheidungsersuchen zulässig ist.

Zur Begründetheit

32

Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Grundfreiheiten und die Bestimmungen der Richtlinie 2005/36 dahin auszulegen sind, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegenstehen, die vorsieht, dass die Tätigkeiten eines Zahntechnikers unter Mitwirkung eines Zahnarztes auszuüben sind, soweit dieses Erfordernis gemäß dieser Regelung auf klinische Zahntechniker Anwendung findet, die ihre Berufsqualifikationen in einem anderen Mitgliedstaat erworben haben und ihren Beruf im erstgenannten Mitgliedstaat ausüben möchten.

33

Einleitend ist hervorzuheben, dass die Richtlinie 2005/36 ihrem Art. 1 zufolge die Vorschriften festlegt, nach denen ein Mitgliedstaat, d. h. der Aufnahmemitgliedstaat, der den Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung in seinem Hoheitsgebiet an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen knüpft, für den Zugang zu diesem Beruf und dessen Ausübung die in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten, d. h. dem oder den Herkunftsmitgliedstaaten, erworbenen Berufsqualifikationen anerkennt, die ihren Inhaber berechtigen, dort denselben Beruf auszuüben.

34

Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie ist ein „reglementierter Beruf“ eine berufliche Tätigkeit oder eine Gruppe beruflicher Tätigkeiten, bei der die Aufnahme oder Ausübung oder eine der Arten der Ausübung direkt oder indirekt durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist. Die Definition des Begriffs „reglementierter Beruf“ im Sinne der Richtlinie fällt somit unter das Unionsrecht (Urteil vom 6. Oktober 2015, Brouillard, C‑298/14, EU:C:2015:652, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35

Aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. b, c und e der Richtlinie 2005/36 ergibt sich, dass unter den Begriff „bestimmte Berufsqualifikationen“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie jede Qualifikation fällt, die einem Ausbildungsnachweis entspricht, der speziell dazu dient, die Inhaber auf die Ausübung eines bestimmten Berufs vorzubereiten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2015, Brouillard, C‑298/14, EU:C:2015:652, Rn. 38).

36

Wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, ist der nach Art. 28 des Gesetzes über die Gesundheitsberufe (Kapitel 464 der Gesetze Maltas) für den Zugang zu den ergänzenden Heilberufen erforderliche Universitätsausbildungsnachweis speziell darauf ausgerichtet, die Inhaber auf die Ausübung solcher Berufe vorzubereiten. Anhang III dieses Gesetzes erwähnt unter den ergänzenden Heilberufen den Beruf des Zahntechnikers.

37

Vorbehaltlich einer Überprüfung der Vereinbarkeit der im maltesischen Recht vorgesehenen Anforderungen an die Berufsqualifikation von Zahntechnikern mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. b, c und e der Richtlinie 2005/36 durch das vorlegende Gericht stellt der Beruf des Zahntechnikers in Malta daher einen reglementierten Beruf im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie dar.

38

Da der Beruf des Zahntechnikers nicht in den Vorschriften von Titel III Kapitel II und III der Richtlinie 2005/36 aufgeführt wird, fällt er somit unter die in Kapitel I dieses Titels – und insbesondere in den Art. 10 bis 14 der Richtlinie – vorgesehene allgemeine Regelung für die Anerkennung von Ausbildungsnachweisen.

39

Wird die Aufnahme oder Ausübung eines reglementierten Berufs in einem Aufnahmemitgliedstaat von dem Besitz bestimmter Berufsqualifikationen abhängig gemacht, so gestattet die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats den Antragstellern gemäß Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie, diesen Beruf unter denselben Voraussetzungen wie seine Inländer aufzunehmen und auszuüben, wenn sie einen Befähigungs- oder Ausbildungsnachweis im Sinne von Art. 11 dieser Richtlinie besitzen, der von einem anderen Mitgliedstaat verlangt wird, um in dessen Hoheitsgebiet die Erlaubnis zur Aufnahme und Ausübung dieses Berufs zu erhalten.

40

Der Ausdruck „dieser Beruf“ in Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2005/36 ist dahin zu verstehen, dass er Berufe meint, die im Hinblick auf die Tätigkeiten, auf die sie sich beziehen, im Herkunfts- und im Aufnahmemitgliedstaat gleich sind oder sich entsprechen oder in bestimmten Fällen bloß gleichwertig sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Januar 2006, Colegio de Ingenieros de Caminos, Canales y Puertos, C‑330/03, EU:C:2006:45, Rn. 20).

41

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, jede der Tätigkeiten zu berücksichtigen, die in den beiden betroffenen Mitgliedstaaten von dem betreffenden Beruf umfasst sind, und zwar dem Beruf des Zahntechnikers in Malta und dem Beruf des klinischen Zahntechnikers in einem anderen Mitgliedstaat, um festzustellen, ob es sich tatsächlich um „diesen Beruf“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2005/36 handelt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Januar 2006, Colegio de Ingenieros de Caminos, Canales y Puertos, C‑330/03, EU:C:2006:45, Rn. 20).

42

Insoweit ist festzustellen, dass aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten hervorgeht, dass die zuständigen maltesischen Behörden im Ausgangsverfahren klinischen Zahntechnikern nicht den Zugang zum Beruf des Zahntechnikers verwehren, da sie der Ansicht sind, dass die Tätigkeiten eines klinischen Zahntechnikers und seine Berufsqualifikationen denen eines Zahntechnikers in Malta entsprechen.

43

Unter diesen Bedingungen und vorbehaltlich der Prüfung, die das vorlegende Gericht gemäß den in Rn. 41 des vorliegenden Urteils aufgeführten Kriterien vorzunehmen hat, ist nicht auszuschließen, dass der Beruf des Zahntechnikers und der des klinischen Zahntechnikers als ein und derselbe Beruf im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2005/36 anzusehen sind.

44

In diesem Zusammenhang ist im Übrigen der in der Vorlageentscheidung hervorgehobene Umstand unerheblich, dass die von einem Herkunftsmitgliedstaat erforderten Qualifikationen eines klinischen Zahntechnikers über die Qualifikationen hinausgehen, die von einem Zahntechniker verlangt werden, dessen Beruf im Aufnahmemitgliedstaat reglementiert ist.

45

Weiter ist das in den maltesischen Rechtsvorschriften aufgestellte Erfordernis zu prüfen, dass die Tätigkeiten eines Zahntechnikers in Malta unter Mitwirkung eines Zahnarztes auszuüben sind, da Zahntechniker nicht berechtigt sind, ohne Zwischenschaltung eines Zahnarztes in direktem Kontakt mit den Patienten zu arbeiten.

46

Hierzu ist festzustellen, dass die Bedingungen für die Ausübung des Berufs des Zahntechnikers oder des klinischen Zahntechnikers als solche nicht durch die Richtlinie 2005/36 harmonisiert sind.

47

Wie der Generalanwalt im Wesentlichen in Nr. 13 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, geht aus dem im Licht ihres dritten Erwägungsgrundes ausgelegten Art. 4 der Richtlinie 2005/36 nämlich hervor, dass es Sache des Aufnahmemitgliedstaats ist, unter Beachtung des Unionsrechts die Bedingungen für die Ausübung eines reglementierten Berufs festzulegen.

48

Somit kann sich eine Person, die in ihrem Herkunftsmitgliedstaat den Beruf des klinischen Zahntechnikers ausübt, nicht auf die Richtlinie 2005/36 berufen, um sich einem Erfordernis der Ausübung des Berufs des Zahntechnikers unter Mitwirkung eines Zahnarztes wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden zu entziehen.

49

Wie der Generalanwalt in Nr. 13 seiner Schlussanträge im Wesentlichen hervorgehoben hat, würde eine gegenteilige Lösung darauf hinauslaufen, einen Mitgliedstaat zu zwingen, die Bedingungen für die Ausübung eines Berufs denen in anderen Mitgliedstaaten nachzubilden, und sie würde es ermöglichen, diese Richtlinie als Mittel zur Umgehung der Bedingungen für die Ausübung reglementierter Berufe zu benutzen, die jedoch nicht Gegenstand einer Harmonisierung gewesen sind.

50

Es trifft zwar zu, dass sich bestimmte Tätigkeiten eines klinischen Zahntechnikers mit den Tätigkeiten des Zahnarztberufs überschneiden können und dass Art. 4f der Richtlinie 2005/36 unter bestimmten Voraussetzungen den partiellen Zugang zu einer Berufstätigkeit vorsieht, doch ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass die Kläger des Ausgangsverfahrens nie gemäß Art. 4f Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie einen partiellen Zugang zum Beruf des Zahnarztes beantragt haben.

51

Ohne dass auf die Frage eingegangen werden müsste, ob ein solcher partieller Zugang vorliegend rechtlich möglich wäre, ist daher festzustellen, dass Art. 4f der Richtlinie 2005/36 daher unter den Umständen des Ausgangsverfahrens nicht anwendbar ist.

52

Außerdem ist zu prüfen, ob das Erfordernis der Ausübung des Berufs des Zahntechnikers unter Mitwirkung eines Zahnarztes mit dem AEU-Vertrag vereinbar ist, was die Aspekte der Bedingungen für die Ausübung des Berufs des Zahntechnikers oder des Berufs des klinischen Zahntechnikers angeht, die nicht von der Richtlinie 2005/36 harmonisiert sind.

53

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten ihre Befugnisse zur Festlegung der in der vorstehenden Randnummer genannten Bedingungen unter Beachtung der durch den AEU-Vertrag garantierten Grundfreiheiten ausüben müssen (vgl. entsprechend Urteil vom 27. Juni 2013, Nasiopoulos, C‑575/11, EU:C:2013:430, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54

Zwar lässt das Unionsrecht gemäß Art. 168 Abs. 7 AEUV in seiner Auslegung durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für den Erlass von Vorschriften zur Organisation von Diensten im Gesundheitswesen unberührt. Gleichwohl müssen die Mitgliedstaaten bei der Ausübung dieser Befugnis das Unionsrecht beachten, insbesondere die Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit, die es den Mitgliedstaaten untersagen, ungerechtfertigte Beschränkungen der Ausübung dieser Freiheit im Bereich der Gesundheit einzuführen oder beizubehalten (Urteil vom 26. September 2013, Ottica New Line, C‑539/11, EU:C:2013:591, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55

Insoweit ist festzustellen, dass, soweit klinische Zahntechniker im Herkunftsmitgliedstaat berechtigt sind, ohne verbindliche Zwischenschaltung eines Zahnarztes in direktem Kontakt mit Patienten zu arbeiten, das im Recht des Aufnahmemitgliedstaats im Hinblick auf Zahntechniker vorgesehene Erfordernis einer solchen Zwischenschaltung geeignet ist, die Ausübung ihrer in Art. 49 AEUV niedergelegten Niederlassungsfreiheit weniger attraktiv zu machen.

56

Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit, die ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gelten, können nach ständiger Rechtsprechung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, sofern sie geeignet sind, die Erreichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Urteil vom 26. September 2013, Ottica New Line, C‑539/11, EU:C:2013:591, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57

Im Ausgangsverfahren beruht das Erfordernis dieser verbindlichen Zwischenschaltung auf der Prämisse, dass nur Personen, die die in Art. 34 der Richtlinie 2005/36 aufgeführte zahnärztliche Ausbildung absolviert haben und den Nachweis über die zahnärztliche Grundausbildung besitzen, hinreichend qualifiziert sind, um die in Art. 36 Abs. 3 der Richtlinie aufgezählten Tätigkeiten der Verhütung, Diagnose und Behandlung von Anomalien und Krankheiten der Zähne, des Mundes und der Kiefer und des dazugehörigen Gewebes auszuüben.

58

Unter diesen Bedingungen zielt die verbindliche Teilnahme eines Zahnarztes an der Behandlung eines Patienten, dem ein Zahntechniker eine Dienstleistung erbringt, auf den Schutz der öffentlichen Gesundheit ab, der einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellt und geeignet ist, eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit zu rechtfertigen.

59

Daher ist zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Untersagung zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet ist und nicht über das hierfür erforderliche Maß hinausgeht.

60

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist zur Beurteilung der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Bereich der öffentlichen Gesundheit durch einen Mitgliedstaat zu berücksichtigen, dass unter den vom AEU-Vertrag geschützten Gütern und Interessen die Gesundheit und das Leben von Menschen den höchsten Rang einnehmen und dass es Sache der Mitgliedstaaten ist zu bestimmen, auf welchem Niveau sie den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gewährleisten wollen und wie dieses Niveau erreicht werden soll. Da sich dieses Niveau von einem Mitgliedstaat zum anderen unterscheiden kann, ist den Mitgliedstaaten in diesem Bereich ein Wertungsspielraum zuzuerkennen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Oktober 2016, Deutsche Parkinson Vereinigung, C‑148/15, EU:C:2016:776, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

61

Gleichzeitig ist bei der Beurteilung nationaler Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit eine besondere Wachsamkeit erforderlich (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Juni 2013, Nasiopoulos, C‑575/11, EU:C:2013:430, Rn. 27).

62

Angesichts der Gefahr für die Gesundheit des Patienten, die allen in Rn. 57 des vorliegenden Urteils aufgeführten Tätigkeiten eigen ist, der Bedeutung des Ziels, die öffentliche Gesundheit zu schützen, sowie des in Rn. 60 des vorliegenden Urteils genannten Wertungsspielraums, über den die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung dieses Ziels verfügen, ist festzustellen, dass, wie der Generalanwalt in den Nrn. 26 bis 30 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, das Erfordernis der verbindlichen Zwischenschaltung eines Zahnarztes zur Erreichung dieses Ziels geeignet ist und nicht über das hierfür erforderliche Maß hinausgeht.

63

Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 49 AEUV sowie Art. 4 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2005/36 dahin auszulegen sind, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegenstehen, die vorsieht, dass die Tätigkeiten eines Zahntechnikers unter Mitwirkung eines Zahnarztes auszuüben sind, soweit dieses Erfordernis gemäß dieser Regelung auf klinische Zahntechniker Anwendung findet, die ihre Berufsqualifikationen in einem anderen Mitgliedstaat erworben haben und ihren Beruf im erstgenannten Mitgliedstaat ausüben möchten.

Kosten

64

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 49 AEUV sowie Art. 4 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in der durch die Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegenstehen, die vorsieht, dass die Tätigkeiten eines Zahntechnikers unter Mitwirkung eines Zahnarztes auszuüben sind, soweit dieses Erfordernis gemäß dieser Regelung auf klinische Zahntechniker Anwendung findet, die ihre Berufsqualifikationen in einem anderen Mitgliedstaat erworben haben und ihren Beruf im erstgenannten Mitgliedstaat ausüben möchten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Maltesisch.

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