Urteil vom Europäischer Gerichtshof - C-429/16

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)

21. September 2017 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Sozialpolitik – Massenentlassungen – Richtlinie 98/59/EG – Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 – Begriff ‚Entlassungen‘ – Gleichstellung von ‚Beendigungen des Arbeitsvertrags …, die auf Veranlassung des Arbeitgebers … erfolgen‘ mit Entlassungen – Einseitige Änderung der Arbeits- und Entgeltbedingungen durch den Arbeitgeber – Feststellung der ‚Absicht‘ des Arbeitgebers, Entlassungen vorzunehmen“

In der Rechtssache C‑429/16

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sąd Okręgowy w Łodzi, VII Wydział Pracy i Ubezpieczeń Społecznych (Bezirksgericht Łódź/Lodz, VII. Abteilung für Arbeitsrecht und Sozialversicherungssachen, Polen) mit Entscheidung vom 30. Juni 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 2. August 2016, in dem Verfahren

Małgorzata Ciupa,

Jolanta Deszczka,

Ewa Kowalska,

Anna Stańczyk,

Marta Krzesińska,

Marzena Musielak,

Halina Kaźmierska,

Joanna Siedlecka,

Szymon Wiaderek,

Izabela Grzegora

gegen

II Szpital Miejski im. L. Rydygiera w Łodzi, obecnie Szpital Ginekologiczno-Położniczy im. dr L. Rydygiera sp. z o.o. w Łodzi,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin M. Berger sowie der Richter A. Borg Barthet und F. Biltgen (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

des II Szpital Miejski im. L. Rydygiera w Łodzi, obecnie Szpital Ginekologiczno-Położniczy im. dr L. Rydygiera sp. z o.o. w Łodzi, vertreten durch B. Marchel, radca prawny,

der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Stobiecka-Kuik, L. Baumgart und M. Kellerbauer als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (ABl. 1998, L 225, S. 16).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Małgorzata Ciupa und der anderen Berufungskläger des Ausgangsverfahrens gegen ihren Arbeitgeber, den II Szpital Miejski im. L. Rydygiera w Łodzi, obecnie Szpital Ginekologiczno-Położniczy im. dr L. Rydygiera sp. z o.o. w Łodzi (II. – L. Rydygier – Stadtklinik in Lodz, jetzt Dr.‑L.‑Rydygier-Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Lodz, Polen) (im Folgenden: Klinik Lodz), wegen dessen Entscheidung, gegenüber Arbeitnehmern Änderungskündigungen auszusprechen, was zur Beendigung der Arbeitsverhältnisse einiger Arbeitnehmer führte, ohne dass das Verfahren eingehalten worden wäre, das in dem zur Umsetzung der Richtlinie 98/59 erlassenen nationalen Gesetz vorgesehen ist.

Rechtlicher Rahmen

Richtlinie 98/59

3

In Art. 1 („Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich“) der Richtlinie 98/59 heißt es:

„(1)   Für die Durchführung dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a)

‚Massenentlassungen‘ sind Entlassungen, die ein Arbeitgeber aus einem oder mehreren Gründen, die nicht in der Person der Arbeitnehmer liegen, vornimmt und bei denen – nach Wahl der Mitgliedstaaten – die Zahl der Entlassungen

i)

entweder innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen

mindestens 10 in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 100 Arbeitnehmern,

mindestens 10 v. H. der Arbeitnehmer in Betrieben mit in der Regel mindestens 100 und weniger als 300 Arbeitnehmern,

mindestens 30 in Betrieben mit in der Regel mindestens 300 Arbeitnehmern,

ii)

oder innerhalb eines Zeitraums von 90 Tagen mindestens 20, und zwar unabhängig davon, wie viele Arbeitnehmer in der Regel in dem betreffenden Betrieb beschäftigt sind, beträgt;

b)

‚Arbeitnehmervertreter‘ sind die Arbeitnehmervertreter nach den Rechtsvorschriften oder der Praxis der Mitgliedstaaten.

Für die Berechnung der Zahl der Entlassungen gemäß Absatz 1 Buchstabe a) werden diesen Entlassungen Beendigungen des Arbeitsvertrags gleichgestellt, die auf Veranlassung des Arbeitgebers und aus einem oder mehreren Gründen, die nicht in der Person der Arbeitnehmer liegen, erfolgen, sofern die Zahl der Entlassungen mindestens fünf beträgt.

(2)   Diese Richtlinie findet keine Anwendung auf

b)

Arbeitnehmer öffentlicher Verwaltungen oder von Einrichtungen des öffentlichen Rechts (oder in Mitgliedstaaten, die diesen Begriff nicht kennen, von gleichwertigen Stellen).

…“

4

Art. 2 der Richtlinie 98/59 bestimmt:

„(1)   Beabsichtigt ein Arbeitgeber, Massenentlassungen vorzunehmen, so hat er die Arbeitnehmervertreter rechtzeitig zu konsultieren, um zu einer Einigung zu gelangen.

(2)   Diese Konsultationen erstrecken sich zumindest auf die Möglichkeit, Massenentlassungen zu vermeiden oder zu beschränken, sowie auf die Möglichkeit, ihre Folgen durch soziale Begleitmaßnahmen, die insbesondere Hilfen für eine anderweitige Verwendung oder Umschulung der entlassenen Arbeitnehmer zum Ziel haben, zu mildern.

…“

5

Art. 5 der Richtlinie lautet:

„Diese Richtlinie lässt die Möglichkeit der Mitgliedstaaten unberührt, für die Arbeitnehmer günstigere Rechts- oder Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen oder für die Arbeitnehmer günstigere tarifvertragliche Vereinbarungen zuzulassen oder zu fördern.“

Polnisches Recht

6

Art. 231 des durch das Gesetz vom 26. Juni 1974 (Dz. U. 1974, Nr. 24, Position 141) angenommenen Kodeks pracy (Arbeitsgesetzbuch) in geänderter Fassung (im Folgenden: Arbeitsgesetzbuch), der die Folgen eines Betriebsübergangs regelt, bestimmt:

„§ 1   Geht ein Betrieb oder Betriebsteil auf einen anderen Arbeitgeber über, so wird dieser kraft Gesetzes, vorbehaltlich der Bestimmungen von § 5, Partei des bisherigen Arbeitsverhältnisses.

§ 2   Für die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, die vor dem Übergang eines Betriebsteils auf einen anderen Arbeitgeber entstanden sind, haften der bisherige und der neue Arbeitgeber gesamtschuldnerisch.

§ 3   Wenn bei den in § 1 genannten Arbeitgebern keine betrieblichen Gewerkschaften vertreten sind, teilen der bisherige und der neue Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern schriftlich den voraussichtlichen Termin des Übergangs des Betriebs oder des Betriebsteils auf den anderen Arbeitgeber, seine Gründe, seine rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen auf die Arbeitnehmer sowie die beabsichtigten Maßnahmen betreffend die Beschäftigungsbedingungen der Arbeitnehmer, insbesondere die Arbeits-, Entgelt- und Umschulungsbedingungen, mit; die Mitteilung muss spätestens 30 Tage vor dem Tag des voraussichtlichen Übergangs des Betriebs oder des Betriebsteils auf den anderen Arbeitgeber erfolgen.

§ 4   Innerhalb von zwei Monaten ab dem Übergang des Betriebs oder des Betriebsteils auf einen anderen Arbeitgeber kann der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis außerordentlich unter Einhaltung einer 7‑tägigen Frist kündigen. Eine auf diese Weise erfolgte Kündigung des Arbeitsverhältnisses erzeugt für den Arbeitnehmer die Folgen, die die Bestimmungen des Arbeitsrechts an die ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber knüpfen.

§ 5   Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitnehmern, die bisher auf einer anderen Grundlage als der eines Arbeitsvertrags gearbeitet haben, am Tag der Übernahme des Betriebs oder des Betriebsteils neue Arbeits- und Entgeltbedingungen anzubieten und eine mindestens 7‑tägige Frist zu bestimmen, innerhalb der die Arbeitnehmer die angebotenen Bedingungen annehmen oder ablehnen können. Werden keine neuen Arbeits- und Entgeltbedingungen vereinbart, wird das bisherige Arbeitsverhältnis mit Ablauf einer Frist aufgelöst, die der Kündigungsfrist entspricht und vom Tag der Ablehnung der Annahme der angebotenen Bedingungen durch den Arbeitnehmer oder von dem Tag an, bis zu dem er die Ablehnung hätte erklären können, gerechnet wird. § 4 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.

§ 6   Der Übergang des Betriebs oder des Betriebsteils auf einen anderen Arbeitgeber kann keinen Grund für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber darstellen.“

7

Art. 42 § 1 des Arbeitsgesetzbuchs sieht vor, dass die Vorschriften über die Kündigung eines Arbeitsvertrags auf eine Kündigung der sich aus dem Vertrag ergebenden Arbeits- und Entgeltbedingungen entsprechende Anwendung finden. Nach Art. 42 § 2 des Arbeitsgesetzbuchs gilt eine Kündigung von Arbeits- und Entgeltbedingungen als ausgesprochen, wenn dem Arbeitnehmer schriftlich neue Bedingungen angeboten wurden. § 3 dieses Artikels bestimmt, dass der Arbeitsvertrag mit Ablauf der Kündigungsfrist beendet wird, wenn der Arbeitnehmer die Annahme der angebotenen Arbeits- und Entgeltbedingungen ablehnt. Gibt der Arbeitnehmer vor Ablauf der Hälfte der Kündigungsfrist keine Erklärung über die Ablehnung der Annahme der angebotenen Bedingungen ab, dann gilt dies als sein Einverständnis zu diesen Bedingungen.

8

Art. 2417 § 1 des Arbeitsgesetzbuchs über die Grundsätze der Auflösung und der Kündigung eines Tarifvertrags sieht vor:

„Ein Tarifvertrag wird aufgelöst

1)

durch einvernehmliche Erklärung der Parteien;

2)

durch Ablauf der Zeit, für die er geschlossen wurde;

3)

mit Ablauf der Kündigungsfrist, wenn eine der Parteien die Kündigung ausgesprochen hat.“

9

Art. 2418 § 2 des Arbeitsgesetzbuchs betreffend die Anwendung der Bestimmungen eines Tarifvertrags nach einem Betriebsübergang bestimmt:

„Nach Ablauf der Geltungsdauer des bisherigen Tarifvertrags finden die sich aus diesem Tarifvertrag ergebenden Bedingungen für Arbeitsverträge oder andere Akte, die die Grundlage für den Eingang des Arbeitsverhältnisses bilden, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist dieser Bedingungen Anwendung. Art. 24113 § 2 Satz 2 findet Anwendung.“

10

Art. 24113 § 2 des Arbeitsgesetzbuchs sieht vor:

„Bestimmungen des Tarifvertrags, die für die Arbeitnehmer ungünstiger sind, werden durch Kündigung der bisherigen Bedingungen des Arbeitsvertrags oder des anderen Akts, der die Grundlage für den Eingang des Arbeitsverhältnisses bildet, gegenüber den Arbeitnehmern eingeführt. Auf die Kündigung der bisherigen Bedingungen des Arbeitsvertrags oder des anderen Akts, der die Grundlage für den Eingang des Arbeitsverhältnisses bildet, finden Vorschriften, die die Zulässigkeit der Kündigung der Bedingungen eines solchen Vertrags oder eines solchen Akts einschränken, keine Anwendung.“

11

Art. 1 der Ustawa o szczególnych zasadach rozwiązywania z pracownikami stosunków pracy z przyczyn niedotyczących pracowników (Gesetz über besondere Regeln in Bezug auf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen mit Arbeitnehmern aus von den Arbeitnehmern unabhängigen Gründen) vom 13. März 2003 (Dz. U. 2003, Nr. 90, Position 844) in geänderter Fassung (im Folgenden: Gesetz von 2003) sieht vor:

„1.   Die Vorschriften des Gesetzes werden in dem Fall angewandt, dass für einen Arbeitgeber, der mindestens 20 Arbeitnehmer beschäftigt, die Notwendigkeit besteht, Arbeitsverhältnisse aus von den Arbeitnehmern unabhängigen Gründen im Wege einer von ihm ausgesprochenen Kündigung oder aufgrund einer Vereinbarung der Parteien zu beenden, wenn von der Entlassung in einem Zeitraum von bis zu 30 Tagen mindestens umfasst sind:

1)

10 Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber weniger als 100 Arbeitnehmer beschäftigt,

2)

10 % der Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber mindestens 100, aber weniger als 300 Arbeitnehmer beschäftigt,

3)

30 Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber mindestens 300 oder mehr Arbeitnehmer beschäftigt

…“

12

Art. 2 des Gesetzes von 2003 lautet:

„1.   Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die bei ihm vertretenen betrieblichen Gewerkschaften zu der Absicht der Durchführung einer Massenentlassung zu konsultieren.

2.   Die in Abs. 1 genannte Konsultation betrifft insbesondere die Frage, ob die Massenentlassung verhindert oder ihr Ausmaß verringert werden kann, sowie Angelegenheiten der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dieser Entlassung, insbesondere Möglichkeiten der beruflichen Umqualifizierung oder Umschulung sowie des Findens einer anderweitigen Beschäftigung durch die entlassenen Arbeitnehmer.

3.   Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den betrieblichen Gewerkschaften schriftlich mitzuteilen: die Gründe der beabsichtigten Massenentlassung, die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und die Berufsgruppen, denen sie angehören, die Berufsgruppen der von der beabsichtigten Massenentlassung umfassten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem eine solche Entlassung stattfinden wird, die vorgeschlagenen Kriterien für die Auswahl von Arbeitnehmern für die Massenentlassung, die Reihenfolge der Entlassungen der Arbeitnehmer sowie Vorschläge zur Lösung von Angelegenheiten der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der beabsichtigten Massenentlassung, und wenn diese auch Geldleistungen umfassen, ist der Arbeitgeber zudem verpflichtet, die Art und Weise der Festsetzung ihrer Höhe mitzuteilen.

…“

13

Gemäß Art. 3 Abs. 1 des Gesetzes von 2003 schließen der Arbeitgeber und die betrieblichen Gewerkschaften innerhalb einer Frist von maximal 20 Tagen ab dem Tag der in Art. 2 Abs. 3 dieses Gesetzes genannten Mitteilung eine Vereinbarung. Laut Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes von 2003 werden in dieser Vereinbarung Grundsätze für das Vorgehen in den Angelegenheiten der von der Absicht der Massenentlassung umfassten Arbeitnehmer sowie die Pflichten des Arbeitgebers in dem zur Lösung anderer mit der beabsichtigten Massenentlassung verbundenen Arbeitnehmerangelegenheiten erforderlichen Umfang bestimmt.

14

Art. 5 des Gesetzes von 2003, der zum Zeitpunkt des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens galt, bestimmte:

„1.   Werden Arbeitnehmern die Arbeitsverhältnisse im Rahmen einer Massenentlassung gekündigt, finden – vorbehaltlich der Abs. 2 bis 4 – die Art. 38 und 41 des Arbeitsgesetzbuchs sowie – vorbehaltlich des Abs. 5 – gesonderte Vorschriften über einen besonderen Schutz von Arbeitnehmern vor Entlassungen oder der Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Anwendung.

2.   Wird keine Vereinbarung gemäß Art. 3 geschlossen, dann findet Art. 38 des Arbeitsgesetzbuchs auf gegenüber Arbeitnehmern ausgesprochene Kündigungen von Arbeitsverhältnissen sowie von Arbeits- und Entgeltbedingungen Anwendung.

5.   Im Zeitraum eines besonderen Schutzes vor einer Kündigung oder Beendigung des Arbeitsvertrags darf der Arbeitgeber lediglich die bisherigen Arbeits- und Entgeltbedingungen kündigen, und zwar gegenüber einem Arbeitnehmer:

1)

dem nicht mehr als vier Jahre zur Erreichung des Rentenalters fehlen, einer schwangeren Arbeitnehmerin, einem Arbeitnehmer im Mutterschaftsurlaub, in einem unter denselben Voraussetzungen wie Mutterschaftsurlaub gewährten Urlaub, im Elternurlaub und im Vaterschaftsurlaub;

2)

der Mitglied des Betriebsrats eines staatlichen Unternehmens ist;

3)

der Vorstandsmitglied einer betrieblichen Gewerkschaft ist;

6.   Wenn die Kündigung von Arbeits- und Entgeltbedingungen eine Herabsetzung der Vergütung zur Folge hat, dann steht den in Abs. 5 genannten Arbeitnehmern bis zum Ende des Zeitraums des besonderen Schutzes vor einer Kündigung oder Beendigung des Arbeitsvertrags eine nach den Grundsätzen, die sich aus dem Arbeitsgesetzbuch ergeben, errechnete Ausgleichszulage zu.

7.   Werden Arbeitnehmern die Arbeitsverhältnisse im Rahmen einer Massenentlassung gekündigt, so können befristete Arbeitsverträge sowie für die Zeit der Ausführung einer bestimmten Arbeit geschlossene Arbeitsverträge von jeder Partei unter Einhaltung einer zweiwöchigen Kündigungsfrist aufgelöst werden.“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

15

Frau Ciupa und die anderen Berufungskläger des Ausgangsverfahrens sind in der Klinik Lodz auf der Grundlage unbefristeter Arbeitsverträge in Vollzeit beschäftigt.

16

Ab dem Jahr 2009 erlitt die Klinik Lodz Jahr für Jahr immer höhere finanzielle Verluste. Im Jahr 2013 wurde statt der Schließung der Klinik Lodz, die den Abbau von mehr als 100 Arbeitsplätzen bedeutet hätte, ihre Umwandlung in eine Handelsgesellschaft beschlossen. Diese Umwandlung sollte keinen Stellenabbau nach sich ziehen, damit der Vertrag der Klinik mit dem Nationalen Gesundheitsfonds über die Erbringung medizinischer Dienstleistungen aufrechterhalten werden kann. Nachdem alle anderen Einsparmöglichkeiten außerhalb des Bereichs der Arbeitnehmervergütung ausgeschöpft waren, sah sich die Klinik Lodz gezwungen, die Vergütung des gesamten Personals herabzusetzen. Deshalb schlug sie allen Arbeitnehmern eine vorübergehende Gehaltskürzung um 15 % vor. Rund 20 % der Belegschaft erklärten sich mit dieser Kürzung einverstanden. Die anderen Arbeitnehmer erhielten Kündigungen der Arbeits- und Entgeltbedingungen, die mit der „durch die schwierige finanzielle Lage diktierten Notwendigkeit der Durchführung einer Restrukturierung der Personalkosten der Klinik“ Lodz begründet wurden. In den betreffenden Schreiben wurde den Arbeitnehmern für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist eine Gehaltskürzung vorgeschlagen, die bis zum 1. Februar 2015 gelten sollte.

17

Frau Ciupa und die anderen Berufungskläger des Ausgangsverfahrens wandten sich an den Sąd Rejonowy dla Łodzi‑Śródmieścia w Łodzi (Rayongericht Lodz‑Stadtmitte in Lodz, Polen) und begehrten die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigungen ihrer Arbeits- und Entgeltbedingungen; ihre Klage wurde abgewiesen. Zwar führte die Klinik Lodz individuelle Konsultationen betreffend die beabsichtigten Änderungskündigungen gegenüber den Arbeitnehmern durch, die Mitglieder der bei ihr vertretenen betrieblichen Gewerkschaft sind, sie ging jedoch davon aus, dass sie keine Massenentlassung durchführen werde und leitete deswegen nicht das für diese Art von Entlassungen vorgesehene Verfahren ein.

18

Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts, bei dem Frau Ciupa und die anderen Berufungskläger des Ausgangsverfahrens gegen die Entscheidung des Sąd Rejonowy dla Łodzi‑Śródmieścia w Łodzi (Rayongericht Lodz‑Stadtmitte in Lodz) Berufung eingelegt haben, ist die Rechtsprechung des Sąd Najwyższy (Oberstes Gericht, Polen) zu der Frage, ob ein Arbeitgeber an die Verpflichtungen nach den Art. 2 bis 4 des Gesetzes von 2003 gebunden ist, wenn er gegenüber seinen Arbeitnehmern eine Änderungskündigung ausspricht, nicht eindeutig. Jedoch gehe diese Rechtsprechung eher in die Richtung, dass diese Vorschriften in einer Rechtssache wie der des Ausgangsverfahrens anwendbar seien.

19

Darüber hinaus meint das vorlegende Gericht, dass für einen Arbeitgeber, der mindestens 20 Arbeitnehmer beschäftige und der beabsichtige, gegenüber einer Anzahl von Arbeitnehmern, wie sie in Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes von 2003 genannt werde, Änderungskündigungen auszusprechen, die Pflicht zur Konsultation der Gewerkschaften mit der Pflicht einhergehe, die in diesem Gesetz und insbesondere in den Art. 2 bis 4 und 6 bestimmten Verfahren einzuhalten. Weder die Zahl der infolge der Ablehnung der vom Arbeitgeber angebotenen neuen Beschäftigungsbedingungen beendeten Arbeitsverhältnisse noch der Umstand, dass die Beendigung aus dem Willen der Arbeitnehmer resultiere, seien dabei von Bedeutung. Es komme nämlich allein darauf an, dass die Änderungskündigungen vom Arbeitgeber veranlasst würden und die dann daraus folgende Aufhebung des Arbeitsvertrags nicht vom Willen des Arbeitgebers abhänge. Gemäß Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes von 2003 sei der Arbeitgeber verpflichtet, die bei ihm vertretenen betrieblichen Gewerkschaften zur Absicht der Durchführung einer Massenentlassung zu konsultieren. Die Konsultationspflicht beziehe sich somit auf die „Absicht“ des Arbeitgebers und nicht auf die vorgenommenen Änderungen oder ihre Wirkung in Gestalt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei einer Ablehnung durch die Arbeitnehmer. Somit müsse ein Arbeitgeber, der beabsichtige, gegenüber seinen Arbeitnehmern Änderungskündigungen auszusprechen, ihre Anzahl im Rahmen der Prüfung berücksichtigen, ob die geplanten Änderungskündigungen den Vorschriften über Massenentlassungen unterlägen und ob damit die Verpflichtung bestehe, die Gewerkschaften zu konsultieren.

20

Da sich der Gerichtshof jedoch noch nicht dazu geäußerte habe, wie Änderungskündigungen im Hinblick auf die Richtlinie 98/59 einzustufen seien, hegt das vorlegende Gericht Zweifel hinsichtlich seiner Lesart dieser Richtlinie.

21

Unter diesen Umständen hat der Sąd Okręgowy w Łodzi, VII Wydział Pracy i Ubezpieczeń Społecznych (Bezirksgericht Lodz, VII. Abteilung für Arbeitsrecht und Sozialversicherungssachen, Polen) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Art. 2 der Richtlinie 98/59 dahin auszulegen, dass ein Arbeitgeber, der mindestens 20 Arbeitnehmer beschäftigt und der beabsichtigt, gegenüber einer Anzahl von Arbeitnehmern, wie sie in Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes von 2003 genannt wird, Kündigungen von Vertragsbedingungen auszusprechen, verpflichtet ist, die in den Art. 2 bis 4 und 6 dieses Gesetzes bestimmten Verfahren anzuwenden, d. h., gilt diese Pflicht in den Fällen der folgenden Artikel:

Art. 24113 § 2 in Verbindung mit Art. 2418 § 2 und Art. 231 des Arbeitsgesetzbuchs;

Art. 24113 § 2 in Verbindung mit Art. 772 § 5 oder Art. 2417 § 1 des Arbeitsgesetzbuchs;

Art. 42 § 1 des Arbeitsgesetzbuchs in Verbindung mit Art. 45 § 1 des Arbeitsgesetzbuchs?

Zur Vorlagefrage

22

Vorab ist festzustellen, dass das vorlegende Gericht in seiner Vorlagefrage auf mehrere Bestimmungen des nationalen Rechts Bezug nimmt und verschiedene mögliche rechtliche Einstufungen der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Situation im nationalen Recht in Betracht zieht.

23

Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Bezug auf die Auslegung von Bestimmungen des nationalen Rechts grundsätzlich gehalten ist, die sich aus der Vorlageentscheidung ergebenden Qualifizierungen zugrunde zu legen. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Gerichtshof nämlich nicht befugt, das innerstaatliche Recht eines Mitgliedstaats auszulegen (Urteil vom 17. März 2011, Naftiliaki Etaireia Thasou und Amaltheia I Naftiki Etaireia, C‑128/10 und C‑129/10, EU:C:2011:163, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24

Folglich hat der Gerichtshof über die Vorlagefrage anhand der sich aus der Vorlageentscheidung ergebenden Prämissen zu befinden, ohne indessen eine Auslegung des nationalen Rechts anhand der drei von der Frage umfassten abstrakten Situationen vorzunehmen.

25

Unter diesen Umständen ist die Vorlagefrage so zu verstehen, dass das vorlegende Gericht wissen möchte, ob Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 98/59 dahin auszulegen ist, dass eine einseitige Änderung der Entgeltbedingungen durch den Arbeitgeber zulasten der Arbeitnehmer, die im Fall ihrer Ablehnung durch den Arbeitnehmer zur Beendigung des Arbeitsvertrags führt, als „Entlassung“ im Sinne dieser Bestimmung einzustufen ist, und ob Art. 2 der Richtlinie 98/59 dahin auszulegen ist, dass ein Arbeitgeber zur Durchführung der in dieser Bestimmung vorgesehenen Konsultationen verpflichtet ist, wenn er beabsichtigt, eine solche einseitige Änderung der Entgeltbedingungen vorzunehmen.

26

Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass aus Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 98/59, wonach diese Richtlinie nur dann Anwendung findet, wenn die Zahl der „Entlassungen“ mindestens fünf beträgt, hervorgeht, dass die Richtlinie zwischen „Entlassungen“ und „Beendigungen des Arbeitsvertrags …, die auf Veranlassung des Arbeitgebers und aus einem oder mehreren Gründen, die nicht in der Person der Arbeitnehmer liegen, erfolgen“, unterscheidet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. November 2015, Pujante Rivera, C‑422/14, EU:C:2015:743, Rn. 44 und 45).

27

Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Richtlinie 98/59 dahin auszulegen ist, dass es unter den Begriff „Entlassung“ im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie fällt, wenn ein Arbeitgeber einseitig und zulasten des Arbeitnehmers aus nicht in dessen Person liegenden Gründen eine erhebliche Änderung der wesentlichen Bestandteile des Arbeitsvertrags vornimmt (Urteil vom 11. November 2015, Pujante Rivera, C‑422/14, EU:C:2015:743, Rn. 55).

28

Folglich kann es nicht als „Entlassung“ im Sinne dieser Richtlinie eingestuft werden, wenn ein Arbeitgeber einseitig und zulasten des Arbeitnehmers aus nicht in dessen Person liegenden Gründen eine unerhebliche Änderung eines wesentlichen Bestandteils des Arbeitsvertrags oder aus nicht in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen eine erhebliche Änderung eines unwesentlichen Bestandteils dieses Vertrags vornimmt.

29

Was die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Änderungskündigung betrifft, ist festzustellen, dass diese eine vorübergehende Gehaltskürzung um 15 % und nach mehreren Monaten eine Rückkehr zum ursprünglichen Gehaltsniveau vorsieht. Zwar lässt sich nicht bestreiten, dass das Gehalt einen wesentlichen Bestandteil des Arbeitsvertrags darstellt und dass eine Gehaltskürzung um 15 % grundsätzlich als „erhebliche Änderung“ eingestuft werden könnte, doch verringert der vorübergehende Charakter dieser Kürzung spürbar die Tragweite der beabsichtigten Änderung des Arbeitsvertrags.

30

Letztlich ist es jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, das allein für die Würdigung des Sachverhalts zuständig ist, im Hinblick auf alle Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, ob die in Frage stehende vorübergehende Gehaltskürzung als erhebliche Änderung einzustufen ist.

31

Selbst wenn das vorlegende Gericht davon ausgehen sollte, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Änderungskündigung nicht unter den Begriff „Entlassung“ fällt, ist jedenfalls die Auflösung des Arbeitsvertrags, nachdem es der Arbeitnehmer abgelehnt hat, eine Änderung wie die in der Änderungskündigung vorgeschlagene anzunehmen, im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 98/59 als eine Beendigung des Arbeitsvertrags anzusehen, die auf Veranlassung des Arbeitgebers und aus einem oder mehreren Gründen, die nicht in der Person der Arbeitnehmer liegen, erfolgt, so dass sie bei der Berechnung der Gesamtzahl der vorgenommenen Entlassungen zu berücksichtigen ist.

32

Hinsichtlich der Frage, ab welchem Zeitpunkt ein Arbeitgeber verpflichtet ist, die Konsultationen gemäß Art. 2 der Richtlinie 98/59 vorzunehmen, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof entschieden hat, dass die Konsultations- und Anzeigepflichten vor einer Entscheidung des Arbeitgebers zur Kündigung von Arbeitsverträgen entstehen (Urteile vom 27. Januar 2005, Junk, C‑188/03, EU:C:2005:59, Rn. 37, und vom 10. September 2009, Akavan Erityisalojen Keskusliitto AEK u. a., C‑44/08, EU:C:2009:533, Rn. 38) und die Verwirklichung des in Art. 2 Abs. 2 der genannten Richtlinie zum Ausdruck gebrachten Ziels, Kündigungen von Arbeitsverträgen zu vermeiden oder zu beschränken, gefährdet wäre, wenn die Konsultation der Arbeitnehmervertreter nach der Entscheidung des Arbeitgebers stattfände (Urteile vom 27. Januar 2005, Junk, C‑188/03, EU:C:2005:59, Rn. 38, und vom 10. September 2009, Akavan Erityisalojen Keskusliitto AEK u. a., C‑44/08, EU:C:2009:533, Rn. 46).

33

Zu ergänzen ist, dass es in der Ausgangsrechtssache – wie in der Rechtssache, in der das Urteil vom 10. September 2009, Akavan Erityisalojen Keskusliitto AEK u. a. (C‑44/08, EU:C:2009:533, Rn. 37), ergangen ist – um wirtschaftliche Entscheidungen geht, die ausweislich der Vorlageentscheidung nicht unmittelbar darauf gerichtet waren, bestimmte Beschäftigungsverhältnisse zu beenden, sich aber gleichwohl auf die Arbeitsplätze einer bestimmten Anzahl von Arbeitnehmern auswirken konnten.

34

In Rn. 48 seines Urteils vom 10. September 2009, Akavan Erityisalojen Keskusliitto AEK u. a. (C‑44/08, EU:C:2009:533), hat der Gerichtshof ausgeführt, dass das Konsultationsverfahren nach Art. 2 der Richtlinie 98/59 vom Arbeitgeber zu dem Zeitpunkt eröffnet worden sein muss, zu dem eine strategische oder betriebswirtschaftliche Entscheidung getroffen wurde, die ihn zwingt, Massenentlassungen ins Auge zu fassen oder zu planen.

35

Im vorliegenden Fall wurde – wie sich aus Rn. 16 des vorliegenden Urteils ergibt – eine Reihe von Veränderungen vorgenommen, um eine Schließung der Klinik Lodz sowie den Abbau von Arbeitsplätzen zu verhindern. Da sich diese Veränderungen als unzureichend erwiesen, um den Fortbestand der Klinik Lodz sicherzustellen, hielt diese die Vornahme der vorgeschlagenen Änderungen für erforderlich, um nicht unmittelbar auf die Beendigung bestimmter Beschäftigungsverhältnisse gerichtete Entscheidungen treffen zu müssen. Allerdings musste die Klinik Lodz in einer solchen Situation vernünftigerweise damit rechnen, dass eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen nicht annehmen werde und infolgedessen ihre Verträge aufgelöst würden.

36

Da somit die Entscheidung, Änderungskündigungen auszusprechen, für die Klinik Lodz notwendigerweise implizierte, Massenentlassungen ins Auge zu fassen, musste sie das Konsultationsverfahren nach Art. 2 der Richtlinie 98/59 einleiten, soweit die Voraussetzungen von Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 98/59 erfüllt waren.

37

Dies gilt umso mehr, als sich das Ziel der in Art. 2 der Richtlinie 98/59 vorgesehenen Konsultationspflicht, nämlich Kündigungen von Arbeitsverträgen zu vermeiden oder zu beschränken oder ihre Folgen zu mildern (Urteil vom 10. September 2009, Akavan Erityisalojen Keskusliitto AEK u. a., C‑44/08, EU:C:2009:533, Rn. 46), und das nach den Angaben des vorlegenden Gerichts mit den Änderungskündigungen verfolgte Ziel, nämlich individuelle Entlassungen zu verhindern, weitestgehend decken. Wenn nämlich eine zu einer Änderung der Arbeitsbedingungen führende Entscheidung geeignet ist, die Vermeidung von Massenentlassungen zu ermöglichen, muss das Konsultationsverfahren nach Art. 2 der Richtlinie 98/59 zu dem Zeitpunkt beginnen, in dem der Arbeitgeber beabsichtigt, solche Änderungen vorzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2009, Akavan Erityisalojen Keskusliitto AEK u. a., C‑44/08, EU:C:2009:533, Rn. 47).

38

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 98/59 dahin auszulegen ist, dass eine einseitige Änderung der Entgeltbedingungen durch den Arbeitgeber zulasten der Arbeitnehmer, die im Fall ihrer Ablehnung durch den Arbeitnehmer zur Beendigung des Arbeitsvertrags führt, als „Entlassung“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann, und dass Art. 2 dieser Richtlinie dahin auszulegen ist, dass ein Arbeitgeber zur Durchführung der in dieser Bestimmung vorgesehenen Konsultationen verpflichtet ist, wenn er beabsichtigt, eine solche einseitige Änderung der Entgeltbedingungen vorzunehmen, soweit die in Art. 1 dieser Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind. Dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

Kosten

39

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen ist dahin auszulegen, dass eine einseitige Änderung der Entgeltbedingungen durch den Arbeitgeber zulasten der Arbeitnehmer, die im Fall ihrer Ablehnung durch den Arbeitnehmer zur Beendigung des Arbeitsvertrags führt, als „Entlassung“ im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann. Art. 2 dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass ein Arbeitgeber zur Durchführung der in dieser Bestimmung vorgesehenen Konsultationen verpflichtet ist, wenn er beabsichtigt, eine solche einseitige Änderung der Entgeltbedingungen vorzunehmen, soweit die in Art. 1 dieser Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind. Dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Polnisch.

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