Urteil vom Europäischer Gerichtshof - C-226/16

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

20. Dezember 2017 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Energie – Gasbranche – Sicherheit der Erdgasversorgung – Verordnung (EU) Nr. 994/2010 – Verpflichtung der Erdgasunternehmen, Maßnahmen zur Sicherung der Erdgasversorgung von geschützten Kunden zu ergreifen – Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 – Begriff ‚geschützte Kunden‘ – Art. 8 Abs. 2 – Zusätzliche Verpflichtung – Art. 8 Abs. 5 – Möglichkeit der Erdgasunternehmen, ihre Verpflichtung auf regionaler oder Unionsebene zu erfüllen – Nationale Regelung, die Gaslieferanten eine zusätzliche Speicherpflicht für Gas auferlegt, deren Geltungsbereich Kunden einschließt, die nicht unter die ‚geschützten Kunden‘ im Sinne der Verordnung Nr. 994/2010 fallen – Speicherpflicht, die zu 80 % auf dem Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats zu erfüllen ist“

In der Rechtssache C‑226/16

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil d’État (Staatsrat, Frankreich) mit Entscheidung vom 15. April 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 22. April 2016, in dem Verfahren

Eni SpA,

Eni Gas & Power France SA,

Union professionnelle des industries privées du gaz (Uprigaz)

gegen

Premier ministre,

Ministre de l’Environnement, de l’Énergie et de la Mer,

Beteiligte:

Storengy,

Total Infrastructures Gaz France (TIGF),

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça, der Richter E. Levits und A. Borg Barthet (Berichterstatter), der Richterin M. Berger und des Richters F. Biltgen,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: V. Giacobbo-Peyronnel, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. März 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Eni SpA und der Eni Gas & Power Frankreich SA, vertreten durch C. Lefort, M. Dantin und A. Soloshchenkov, avocats,

der Union professionnelle des industries privées du gaz (Uprigaz), vertreten durch N. Autet und G. Marson, avocats,

der Storengy und der Total Infrastructures Gaz Frankreich (TIGF), vertreten durch C. Le Bihan‑Graf und L. Rosenblieh, avocates,

der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas, R. Coesme, S. Horrenberger und A. Daly als Bevollmächtigte,

der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, M. Rzotkiewicz und K. Rudzińska als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Patakia und O. Beynet als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. Juli 2017

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 8 Abs. 2 und 5 der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/67/EG des Rates (ABl. 2010, L 295, S. 1).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Eni SpA und der Eni Gas & Power France SA (im Folgenden zusammen: Eni) sowie der Union professionnelle des industries privées du gaz (Uprigaz) einerseits und dem Premier ministre (Premierminister, Frankreich) und dem Ministre de l’Environnement, de l’Énergie et de la Mer (Minister für Umwelt, Energie und das Meer, Frankreich) andererseits über die Rechtmäßigkeit des Décret no 2014‑328 du 12 mars 2014 modifiant le décret no 2006‑1034 du 21 août 2006 relatif à l’accès aux stockages souterrains de gaz naturel (Dekret Nr. 2014‑328 vom 12. März 2014 zur Änderung des Dekrets Nr. 2006‑1034 vom 21. August 2006 über den Zugang zu Untergrundspeichern für Erdgas, im Folgenden: Dekret Nr. 2014‑328) (JORF vom 14. März 2014, S. 5283).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

In den Erwägungsgründen 5, 9 und 10 der Verordnung Nr. 994/2010 heißt es:

„(5)

Die auf Unionsebene bereits getroffenen Maßnahmen zur Sicherung der Erdgasversorgung lassen den Mitgliedstaaten allerdings nach wie vor einen großen Ermessensspielraum hinsichtlich der Wahl ihrer Maßnahmen. Ist die Versorgungssicherheit eines Mitgliedstaats gefährdet, besteht zweifelsfrei die Gefahr, dass einseitig von diesem Mitgliedstaat beschlossene Maßnahmen das reibungslose Funktionieren des Erdgasbinnenmarkts und die Versorgung der Kunden mit Erdgas gefährden. Die jüngsten Erfahrungen haben gezeigt, dass diese Gefahr tatsächlich besteht. Damit der Erdgasbinnenmarkt auch bei Lieferengpässen funktioniert, gilt es sowohl bei der Prävention als auch bei der Reaktion auf konkrete Versorgungskrisen für Solidarität und Koordinierung zu sorgen.

(9)

Eine größere Störung der Erdgasversorgung der Union kann alle Mitgliedstaaten, die Union in ihrer Gesamtheit und Partner des Vertrags zur Gründung der Energiegemeinschaft, unterzeichnet am 25. Oktober 2005 in Athen [(ABl. 2006, L 198, S. 18)], treffen. Sie kann zudem der gesamten Wirtschaft der Union schweren Schaden zufügen. Auch kann die Störung der Erdgasversorgung erhebliche soziale Auswirkungen, vor allem für sensible Kundengruppen, nach sich ziehen.

(10)

Bestimmte Kunden, wie u. a. Haushalte und Kunden, die soziale Dienstleistungen von grundlegender Bedeutung erbringen, wie zum Beispiel Tätigkeiten im Gesundheitswesen, in der Kinderbetreuung und im Bildungswesen und weitere soziale und Fürsorgedienste sowie Dienste, die für das Funktionieren eines Mitgliedstaats unverzichtbar sind, sind besonders verletzlich und müssen möglicherweise geschützt werden. Eine weit gefasste Festlegung solcher geschützten Kunden sollte nicht im Widerspruch zu den europäischen Solidaritätsmechanismen stehen.“

4

Art. 2 Abs. 2 dieser Verordnung bestimmt:

„1.

Der Ausdruck ‚geschützte Kunden‘ bezeichnet sämtliche Haushaltskunden, die an ein Erdgasverteilernetz angeschlossen sind, und kann sich, wenn der betreffende Mitgliedstaat dies so festlegt, außerdem auch auf folgende Kunden erstrecken:

a)

kleine und mittlere Unternehmen, sofern sie an ein Erdgasverteilernetz angeschlossen sind, und wesentliche soziale Einrichtungen, sofern sie an ein Erdgasverteilernetz oder ein Fernleitungsnetz angeschlossen sind, vorausgesetzt, dass diese zusätzlichen Kunden nicht mehr als 20 % des Gasendverbrauchs ausmachen, und/oder

b)

Fernwärmeanlagen, soweit sie Wärme an Haushaltskunden und an die unter Buchstabe a genannten Kunden liefern, sofern diese Anlagen keine Brennstoffwechsel vornehmen können und an ein Erdgasverteilernetz oder ein Fernleitungsnetz angeschlossen sind.

…“

5

Art. 3 Abs. 6 der Verordnung sieht vor:

„Die Maßnahmen der Präventionspläne und der Notfallpläne zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit werden klar festgelegt, sind transparent, verhältnismäßig, nicht diskriminierend und überprüfbar, dürfen den Wettbewerb nicht unzulässig verfälschen und den Binnenmarkt für Erdgas nicht beeinträchtigen und die Sicherheit der Erdgasversorgung anderer Mitgliedstaaten oder der Union als Ganzes nicht gefährden.“

6

In Art. 8 („Versorgungsstandard“) der Verordnung heißt es:

„(1)   Die zuständige Behörde verpflichtet die Erdgasunternehmen, die sie bezeichnet, dazu, die Erdgasversorgung geschützter Kunden in den Mitgliedstaaten in folgenden Fällen zu gewährleisten:

a)

extreme Temperaturen an sieben aufeinander folgenden Tagen mit Spitzenlast, wie sie mit statistischer Wahrscheinlichkeit einmal in 20 Jahren vorkommt;

b)

ein außergewöhnlich hoher Gasverbrauch über einen Zeitraum von mindestens 30 Tagen, wie sie mit statistischer Wahrscheinlichkeit einmal in 20 Jahren vorkommt; und

c)

für einen Zeitraum von mindestens 30 Tagen bei Ausfall der größten einzelnen Gasinfrastruktur unter durchschnittlichen Winterbedingungen.

Die zuständige Behörde bezeichnet die in Unterabsatz 1 genannten Erdgasunternehmen spätestens bis 3. Juni 2012.

(2)   Ein erhöhter Versorgungsstandard, der die in Absatz 1 Buchstaben b und c genannten Zeiträume von 30 Tagen überschreitet, oder jede zusätzliche Verpflichtung, die aus Gründen der Sicherheit der Gasversorgung auferlegt wird, fußt auf der Risikobewertung gemäß Artikel 9, spiegelt sich im Präventionsplan wider und

a)

entspricht den Bestimmungen von Artikel 3 Absatz 6;

b)

führt nicht zu unzulässigen Wettbewerbsverzerrungen oder Beeinträchtigungen des Binnenmarkts für Erdgas;

c)

wirkt sich nicht nachteilig auf die Fähigkeit der anderen Mitgliedstaaten aus, ihre geschützten Kunden bei einem nationalen, unionsweiten oder regionalen Notfall gemäß diesem Artikel zu versorgen, und

d)

entspricht den in Artikel 11 Absatz 5 festgelegten Kriterien im Falle eines unionsweiten oder regionalen Notfalls.

In dem Präventionsplan und dem Notfallplan legt die zuständige Behörde im Geiste der Solidarität fest, wie erhöhte Versorgungsstandards oder zusätzliche Verpflichtungen, die den Erdgasunternehmen auferlegt wurden, im Falle eines unionsweiten oder regionalen Notfalls zeitweilig eingeschränkt werden können.

(3)   Nach Ablauf der gemäß Absatz 1 und 2 von der zuständigen Behörde festgelegten Fristen oder unter Bedingungen, die strenger sind als die in Absatz 1 festgelegten, halten die zuständigen Behörden und die Erdgasunternehmen die Gasversorgung insbesondere der geschützten Kunden so lange wie möglich aufrecht.

(4)   Die den Erdgasunternehmen auferlegten Verpflichtungen für die Erfüllung der in diesem Artikel festgelegten Versorgungsstandards dürfen nicht diskriminierend sein und dürfen diese Unternehmen nicht ungebührlich belasten.

(5)   Die Erdgasunternehmen dürfen diese Verpflichtungen gegebenenfalls auf regionaler oder auf Unionsebene erfüllen. Die zuständige Behörde verlangt nicht, dass die in diesem Artikel festgelegten Standards mit der allein auf ihrem Hoheitsgebiet vorhandenen Infrastruktur erfüllt werden müssen.

(6)   Die zuständige Behörde stellt sicher, dass die Bedingungen für die Versorgung geschützter Kunden das reibungslose Funktionieren des Erdgasbinnenmarkts nicht beeinträchtigen und der Preis entsprechend dem Marktwert der Lieferungen festgelegt wird.“

7

Art. 11 („Reaktionen auf Unions- und regionaler Ebene auf einen Notfall“) der Verordnung Nr. 994/2010 sieht in Abs. 5 vor:

„Die Mitgliedstaaten und insbesondere die zuständigen Behörden gewährleisten, dass

a)

keine Maßnahmen ergriffen werden, durch die zu irgendeinem Zeitpunkt die Lastflüsse innerhalb des Binnenmarkts ungebührlich eingeschränkt werden,

b)

keine Maßnahmen ergriffen werden, durch die wahrscheinlich die Gasversorgung in einem anderen Mitgliedstaat ernsthaft gefährdet wird, und

c)

der grenzüberschreitende Zugang zu den Infrastrukturen nach der [Verordnung (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1775/2005 (ABl. 2009, L 211, S. 36)] gemäß dem Notfallplan so weit technisch und sicherheitstechnisch möglich aufrechterhalten wird.“

Französisches Recht

8

In Frankreich wird die Lagerung von Erdgas in den Art. L. 421‑1 bis L. 421‑16 des Code de l’énergie (Energiegesetz) geregelt. Diese Bestimmungen regeln den Zugang zur Lagerung von Gas im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, die den Lieferanten zur Gewährleistung der Kontinuität der Erdgasversorgung selbst in Ausnahmesituationen obliegen.

9

Art. 421-3 dieses Gesetzes lautet:

„Die Erdgasvorräte ermöglichen, bevorzugt sicherzustellen:

1.

das ordnungsgemäße Funktionieren und den Ausgleich der an die unterirdischen Erdgaslager angeschlossenen Netze;

2.

die unmittelbare oder mittelbare Deckung des Bedarfs der Haushaltskunden und der anderen Kunden, die nicht vertraglich einer Lieferung zugestimmt haben, die unterbrochen werden kann, oder die Aufgaben von allgemeinem Interesse erfüllen;

3.

die Einhaltung der anderen in Art. L. 121-32 vorgesehenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen.“

10

Art. L. 421-4 Abs. 1 des Energiegesetzes bestimmt:

„Jeder Lieferant muss in Frankreich am 31. Oktober jeden Jahres unmittelbar oder mittelbar über einen Bevollmächtigten ausreichende Erdgasvorräte unter Berücksichtigung seiner anderen Anpassungsinstrumente zur Verfügung halten, um in dem Zeitraum vom 1. November bis 31. März seine vertraglichen Pflichten der direkten oder indirekten Versorgung der in Art. L. 421‑3 genannten Kunden zu gewährleisten …“

11

Art. L. 421-7 des Energiegesetzes bestimmt, dass ein Dekret nach Stellungnahme des Conseil d’État (Staatsrat) die Voraussetzungen und Modalitäten der Anwendung u. a. von Art. L. 421‑4 festlegt.

12

Das nach Art. L. 421-7 des Energiegesetzes erlassene Décret no 2006‑1034 du 21 août 2006 relatif à l’accès aux stockages souterrains de gaz naturel (Dekret Nr. 2006‑1034 vom 21. August 2006 über den Zugang zu Untergrundspeichern für Erdgas, im Folgenden: Dekret Nr. 2006‑1034) (JORF vom 23. August 2006, S. 12370) präzisiert die Voraussetzungen für den Zugang zu Erdgasspeichern. Der Vorlageentscheidung ist zu entnehmen, dass dieses Dekret zum einen jedem Lieferanten von Erdgas Rechte auf Zugang zu den Speicherkapazitäten oder „Speicherrechte“ zuweist, die entsprechend seinem Kunden-Portfolio festgelegt werden, damit ihm ermöglicht wird, seine Kunden im Winter zu versorgen, und zum anderen die Verpflichtungen dieser Lieferanten festlegt, darunter die zur Vorhaltung eines Minimalvorrats bei Winterbeginn.

13

Mit Art. 9 des Dekrets Nr. 2014-328 wurde das Dekret Nr. 2006‑1034 insbesondere dahin geändert, dass die Speicherpflichten der Lieferanten nach „Speicherrechten“ berechnet werden, die nicht mehr nur dem Jahresverbrauch ihrer Haushaltskunden und derjenigen Kunden entsprechen, die Aufträge im Allgemeininteresse sicherstellen, wie das Dekret in seiner ursprünglichen Fassung vorsah, sondern auch dem Verbrauch der Kunden, die an das Vertriebsnetz angeschlossen sind und einer Lieferunterbrechung nicht vertraglich zugestimmt haben. Zum anderen wurde mit dem Dekret Nr. 2014‑328 der prozentuale Anteil der Bevorratungspflicht von 85 % auf 80 % der Speicherrechte herabgesetzt.

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

14

Mit zwei Klagen vom 12. und 14. Mai 2014 befassten Eni und Uprigaz den Conseil d’État (Staatsrat, Frankreich) mit Anträgen auf Aufhebung des Dekrets Nr. 2014‑328 wegen Befugnisüberschreitung.

15

In ihren Klagen machen Eni und Uprigaz neben weiteren Argumenten geltend, dieses Dekret verstoße gegen die Verordnung Nr. 994/2010. Zum einen erweitere das Dekret nämlich in unzulässiger Weise die Definition der „geschützte[n] Kunden“ in Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 dieser Verordnung. Zum anderen verpflichte es die Lieferanten von Erdgas unter Verstoß gegen Art. 8 Abs. 5 der Verordnung, die Speicherkapazitäten in Frankreich vorzuhalten.

16

Hierzu führt das vorlegende Gericht zunächst aus, das Dekret Nr. 2014‑328 beziehe in die nationale Definition der „geschützte[n] Kunden“ an das Vertriebsnetz angeschlossene Nicht-Haushaltskunden ein, die einer eventuellen Lieferunterbrechung nicht vertraglich zugestimmt hätten und die nicht zwangsläufig „kleine und mittlere Unternehmen“ gemäß Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 994/2010 seien. Die Definition der „geschützte[n] Kunden“ in dem Dekret gehe somit über den Wortlaut der Definition in der Verordnung hinaus. Die französischen Behörden seien jedoch der Ansicht, dass es sich bei diesen zusätzlichen Kunden um kleinere Betriebsstätten handele, die, selbst wenn sie zu großen Unternehmen gehörten, zahlreiche Gemeinsamkeiten mit kleinen und mittleren Unternehmen aufwiesen. Im Übrigen falle eine solche erweiterte Definition unter die zusätzlichen Verpflichtungen, die die Mitgliedstaaten Erdgasunternehmen aus Gründen der Sicherheit der Gasversorgung gemäß Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 994/2010 auferlegen dürften.

17

Unter diesen Umständen hänge die Rechtmäßigkeit des Dekrets Nr. 2014‑328 davon ab, ob Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 994/2010 dahin auszulegen sei, dass er es einem Mitgliedstaat verwehre, Erdgaslieferanten zusätzliche Verpflichtungen aufzuerlegen, die daraus resultierten, dass in den Kreis der „geschützten Kunden“ – deren Verbrauch den Umfang der Speicherpflichten zur Gewährleistung einer kontinuierlichen Versorgung bestimme – auch Kunden einbezogen würden, die nicht in Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 994/2010 genannt seien.

18

Das vorlegende Gericht führt weiter aus, zur Gewährleistung einer kontinuierlichen Versorgung der Kunden mit Gas gebiete Art. L. 421‑4 des Energiegesetzes den Lieferanten, in Frankreich ausreichende Erdgasvorräte vorzuhalten, wobei andere ihnen zur Verfügung stehende Anpassungsinstrumente berücksichtigt würden, und das Dekret Nr. 2014‑328 impliziere, dass 80 % der Speicherrechte im Inland vorgehalten werden müssten, wobei es gleichwohl vorsehe, dass der Energieminister andere Anpassungsinstrumente des Gaslieferanten für die Beurteilung berücksichtige, ob dessen Speicherkapazitäten ausreichend seien, um die Einhaltung seiner Speicherverpflichtung sicherzustellen. Die Rechtmäßigkeit des Dekrets Nr. 2014‑328 hänge mithin davon ab, ob Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 994/2010 es einem Mitgliedstaat verwehre, Gaslieferanten solche Verpflichtungen aufzuerlegen.

19

Unter diesen Umständen hat der Conseil d’État (Staatsrat) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Ist Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 994/2010 dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat nicht gestattet, Erdgasversorgern zusätzliche Verpflichtungen aufzuerlegen, die sich daraus ergeben, dass als „geschützte Kunden“, deren Verbrauch zur Bestimmung des Umfangs der Speicherverpflichtungen zur Gewährleistung einer kontinuierlichen Versorgung beiträgt, Kunden einbezogen werden, die in Art. 2 Abs. 2 der Verordnung nicht aufgeführt sind?

2.

Ist Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 994/2010 dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat nicht gestattet, Erdgasversorgern Verpflichtungen in Bezug auf gespeicherte Gasvolumina und darauf abgestimmte Entnahmemengen sowie in Bezug auf die Vorhaltung von Speicherkapazitäten, die aufgrund der Rechte erworben wurden, die der Verpflichtung zur Vorhaltung von Vorräten im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats entsprechen, aufzuerlegen, wobei der Minister bei der Beurteilung der von einem Versorger vorgehaltenen Speicherkapazitäten andere Anpassungsinstrumente, die dem Versorger zur Verfügung stehen, berücksichtigt?

Zu den Vorlagefragen

Vorbemerkungen

20

Der Gerichtshof hatte bereits Gelegenheit, sich zu dem den Mitgliedstaaten eingeräumten Spielraum im Bereich der Sicherheit der Erdgasversorgung zu äußern, und zwar im Kontext der Richtlinie 2004/67/EG des Rates vom 26. April 2004 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung (ABl. 2004, L 127, S. 92), die der Verordnung Nr. 994/2010 vorausging und mit der zum ersten Mal auf Unionsebene ein Rechtsrahmen zur Gewährleistung einer sicheren Erdgasversorgung geschaffen wurde.

21

So hat der Gerichtshof entschieden, dass diese Richtlinie lediglich einen Rahmen geschaffen hatte, in dem die Festlegung der allgemeinen Politik im Bereich der Versorgungssicherheit den Mitgliedstaaten oblag, und dass sie – wie sich aus ihrem dritten Erwägungsgrund ergab – nur ein gemeinsames Mindestkonzept für die Versorgungssicherheit darstellte. Der Gerichtshof hat weiter festgestellt, dass die Richtlinie den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Mittel zur Erreichung der mit ihr verfolgten Ziele einen weiten Spielraum beließ (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Juli 2008, Kommission/Spanien, C‑207/07, nicht veröffentlicht, EU:C:2008:428, Rn. 43 und 44).

22

Während die Richtlinie 2004/67 den Mitgliedstaaten einen weiten Spielraum in der Wahl der Mittel zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung zuerkannte, ergibt sich indessen aus dem fünften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 994/2010 eindeutig, dass diese zur stärkeren Eingrenzung dieses Spielraums erlassen wurde, um zu vermeiden, dass einseitig von einem Mitgliedstaat beschlossene Maßnahmen das reibungslose Funktionieren des Erdgasbinnenmarkts und die Gasversorgung in den anderen Mitgliedstaaten gefährden.

Zur ersten Frage

23

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 994/2010 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die Erdgaslieferanten eine Speicherpflicht für Gas auferlegt, deren Geltungsbereich Kunden einschließt, die nicht zu den in Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung aufgezählten geschützten Kunden gehören.

24

Wie sich aus ihrem Art. 8 Abs. 1 ergibt, verpflichtet die Verordnung Nr. 994/2010 die Mitgliedstaaten in den in dieser Bestimmung aufgezählten Fällen zur Sicherstellung der Erdgasversorgung bestimmter Kunden, die als „geschützte Kunden“ bezeichnet werden.

25

Hierzu lässt sich Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung Nr. 994/2010 entnehmen, dass sich der dort genannte Begriff „geschützte Kunden“ zum einen auf „sämtliche Haushaltskunden, die an ein Erdgasverteilernetz angeschlossen sind“, und zum anderen, wenn ein Mitgliedstaat dies so festlegt, auf zwei weitere Kategorien bezieht, die in den Buchst. a und b dieser Bestimmung definiert sind.

26

Was speziell die in Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 994/2010 genannte Kategorie angeht, so dürfen die Mitgliedstaaten als geschützte Kunden ansehen „kleine und mittlere Unternehmen, sofern sie an ein Erdgasverteilernetz angeschlossen sind, und wesentliche soziale Einrichtungen, sofern sie an ein Erdgasverteilernetz oder ein Fernleitungsnetz angeschlossen sind, vorausgesetzt, dass diese zusätzlichen Kunden nicht mehr als 20 % des Gasendverbrauchs ausmachen“.

27

Im vorliegenden Fall macht die französische Regierung geltend, dass das Dekret Nr. 2014‑328, das nicht nur Haushalte, sondern auch an das Vertriebsnetz angeschlossene Nicht-Haushaltskunden, die einer eventuellen Lieferunterbrechung nicht vertraglich zugestimmt haben, in den Kreis der nach nationalem Recht geschützten Kunden einbezogen hat, damit nicht über die Definition der „geschützte[n] Kunden“ in Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 994/2010 hinausgehe. Diese Kundenkategorie umfasse nämlich kleinere Einheiten wie kleine Unternehmen, kleine Niederlassungen großer Unternehmen, kleine Geschäfte, die Teil unternehmenseigener Filialnetze seien, oder kleine Industriebetriebe, die zu einem größeren Unternehmen gehörten, und größere Einheiten, die nicht an das Vertriebsnetz, sondern direkt an das Transportnetz angeschlossen seien.

28

In diesem Rahmen führt die französische Regierung aus, die Bezugnahme auf „kleine und mittlere Unternehmen“ in Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 994/2010 sei so zu verstehen, dass sie sich nicht auf Einrichtungen beschränke, die rechtlich den Status eines kleinen und mittleren Unternehmens hätten, sondern im Licht der Ziele der Verordnung auch Einrichtungen einbeziehe, die faktisch autonome Einheiten mit einem Gasverbrauch bildeten, der dem eines kleinen oder mittleren Unternehmens gleichkomme.

29

Einer solchen Auslegung des Begriffs „geschützte Kunden“ im Sinne dieser Bestimmung kann jedoch nicht gefolgt werden.

30

Insoweit ist zu beachten, dass nicht alle Kunden, die einer Unterbrechung der Gaslieferung nicht vertraglich zugestimmt haben, unter die in Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 994/2010 aufgezählten Kategorien fallen. So ist unstreitig, dass kleine Niederlassungen großer Unternehmen, kleine Geschäfte, die Teil unternehmenseigener Filialnetze sind, oder kleine Industriebetriebe, die zu einem größeren Unternehmen gehören, keine „kleinen oder mittleren Unternehmen“ im gebräuchlichen Sinn dieses Ausdrucks darstellen, wie im Übrigen auch die französische Regierung einräumt.

31

Der Umstand, dass der Gasverbrauch solcher Einrichtungen möglicherweise dem eines kleinen oder mittleren Unternehmens entspricht, ist insoweit ohne Belang. Wie sich aus den Erwägungsgründen 9 und 10 der Verordnung Nr. 994/2010 ergibt, beruht die Aufzählung der „geschützte[n] Kunden“ in ihrem Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a nämlich in erster Linie nicht auf der Höhe des Gasverbrauchs dieser Kunden, sondern auf dem besonderen Schutz, den sie aufgrund ihrer Verletzlichkeit bei einer Störung der Erdgasversorgung benötigen.

32

Diese Einrichtungen sind aber, anders als die französische Regierung meint, gegen etwaige Störungen der Erdgasversorgung nicht in gleichem Maße schutzbedürftig wie kleine oder mittlere Unternehmen. Denn durch ihre Zugehörigkeit zu einem großen Unternehmen, Konzern oder Filialnetz vermögen diese Einrichtungen, wie der Generalanwalt in Nr. 59 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, über wirtschaftliche und technische Ressourcen zu verfügen, die es ihnen ermöglichen, eine solche Störung zu meistern, und über die kleine oder mittlere Unternehmen im Allgemeinen nicht verfügen.

33

Daher ist die Frage zu prüfen, ob ein Mitgliedstaat nach Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 994/2010 Erdgaslieferanten zu Maßnahmen verpflichten darf, die der Sicherstellung der Gasversorgung eines größeren Kundenkreises als dem der in Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung aufgezählten Kunden dienen.

34

Insoweit ergibt sich aus Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 994/2010, dass die Mitgliedstaaten zwei Arten von Maßnahmen erlassen können, die über diejenigen hinausgehen, die sie den von ihnen gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung bezeichneten Erdgasunternehmen auferlegen müssen und die – wie in Rn. 24 des vorliegenden Urteils ausgeführt – auf geschützte Kunden beschränkt sind.

35

Zum einen dürfen die Mitgliedstaaten einen „erhöhten Versorgungsstandard“ vorsehen, d. h. – wie sich aus Art. 8 Abs. 2 der Verordnung ergibt – Maßnahmen, die den in Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung genannten Zeitraum von 30 Tagen überschreiten. Diese Möglichkeit bezieht sich mithin nicht auf eine Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs dieser Maßnahmen, sondern auf eine Verlängerung ihrer Anwendungsdauer.

36

Zum anderen dürfen die Mitgliedstaaten für Erdgasunternehmen „zusätzliche Verpflichtungen“ aus Gründen der Sicherheit der Gasversorgung vorsehen. Insoweit wird mit der Verwendung des Begriffs „zusätzliche“ betont, dass es sich um hinzukommende Verpflichtungen handelt, die sich von den in Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 994/2010 genannten Maßnahmen unterscheiden, auf die Abs. 2 dieses Artikels im Zusammenhang mit diesen Verpflichtungen auch nicht verweist.

37

Somit folgt aus dem Wortlaut von Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 994/2010 – wie der Generalanwalt in Nr. 67 seiner Schlussanträge ausgeführt hat –, dass ein Mitgliedstaat für Erdgasunternehmen grundsätzlich eine zusätzliche Verpflichtung vorsehen kann, deren Geltungsbereich Kunden einschließt, die nicht zu den in Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung aufgezählten geschützten Kunden gehören.

38

Dem Wortlaut dieser Bestimmung ist jedoch ebenfalls zu entnehmen, dass die Möglichkeit eines Mitgliedstaats, Erdgasunternehmen eine solche zusätzliche Verpflichtung aufzuerlegen, unter dem Vorbehalt steht, dass die dort genannten strengen Voraussetzungen eingehalten werden.

39

Im vorliegenden Fall hat das vorlegende Gericht darüber zu befinden, ob die im Dekret Nr. 2014‑328 enthaltene Festlegung einer zusätzlichen Verpflichtung von Gaslieferanten zur Bevorratung von Erdgas, die sämtliche an das Versorgungsnetz angeschlossenen Kunden umfasst, welche einer Lieferunterbrechung nicht vertraglich zugestimmt haben und welche nicht notwendigerweise zu den in Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 994/2010 aufgezählten geschützten Kunden gehören, den in Art. 8 Abs. 2 der Verordnung genannten Voraussetzungen genügt.

40

Im Licht der vorstehenden Ausführungen ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 994/2010 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die Erdgaslieferanten eine Speicherpflicht für Gas auferlegt, deren Geltungsbereich Kunden einschließt, die nicht zu den in Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung aufgezählten geschützten Kunden gehören, dann nicht entgegensteht, wenn die in Art. 8 Abs. 2 der Verordnung festgelegten Voraussetzungen eingehalten werden, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

Zur zweiten Frage

41

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 994/2010 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die Erdgaslieferanten die Verpflichtung auferlegt, Gasvorräte im nationalen Hoheitsgebiet vorzuhalten, um im Krisenfall die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, und dabei vorsieht, dass die zuständige Behörde bei ihrer Beurteilung der Speicherkapazitäten des Lieferanten die anderen „Anpassungsinstrumente“ berücksichtigt, über die dieser verfügt.

42

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 8 Abs. 5 Satz 1 der Verordnung Nr. 994/2010 Erdgasunternehmen die Verpflichtungen, die ihnen für die Einhaltung der in Art. 8 vorgesehenen Versorgungsstandards auferlegt sind, gegebenenfalls auf regionaler oder auf Unionsebene erfüllen dürfen.

43

Ferner verlangt die zuständige Behörde nach Art. 8 Abs. 5 Satz 2 der Verordnung nicht, dass die in diesem Artikel festgelegten Standards mit der allein auf ihrem Hoheitsgebiet vorhandenen Infrastruktur erfüllt werden müssen.

44

Im vorliegenden Fall verpflichtet Art. 9 des Dekrets Nr. 2014‑328 in Verbindung mit Art. L. 421‑4 des Energiegesetzes Gaslieferanten dazu, am 31. Oktober jeden Jahres auf dem französischen Hoheitsgebiet Gasvorräte in Höhe von mindestens 80 % der Speicherrechte vorzuhalten, die sich auf die von der Verpflichtung umfassten Verbraucher beziehen, wobei der zuständige Minister gemäß diesem Artikel bei der Prüfung, ob der Lieferant seinen Verpflichtungen nachkommt, andere Anpassungsinstrumente berücksichtigt, über die der Lieferant verfügt.

45

Eine solche Regelung ist mit Art. 8 Abs. 5 Satz 2 der Verordnung Nr. 994/2010 – nach dem die zuständige Behörde, wie ausgeführt, nicht verlangen darf, dass die in Art. 8 der Verordnung festgelegten Standards mit der allein auf dem nationalen Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats vorhandenen Infrastruktur erfüllt werden müssen – unvereinbar, da mit ihr von Erdgaslieferanten verlangt wird, Erdgasvorräte zwingend und ausschließlich in Frankreich vorzuhalten, um ihre Verpflichtungen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit im Krisenfall zu erfüllen.

46

Die französische Regelung erlaubt dem zuständigen Minister zwar, „andere Anpassungsinstrumente“ des betreffenden Gaslieferanten zu berücksichtigen. Das vorlegende Gericht liefert aber keine ausreichenden Angaben, aus denen sich die Art und der praktische Umfang der Prüfung, die die zuständige Behörde hierfür vorzunehmen hat, ersehen ließe.

47

Insoweit obliegt es dem vorlegenden Gericht, das nationale Recht auszulegen und zu ermitteln, ob die in der nationalen Regelung vorgesehene Befugnis, „andere Anpassungsinstrumente“ der betreffenden Lieferanten zu berücksichtigen, es diesen tatsächlich erlaubt, ihre Verpflichtungen auf regionaler oder auf Unionsebene zu erfüllen.

48

Nach alledem ist auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 994/2010 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die Erdgaslieferanten vorschreibt, ihre Verpflichtungen zur Vorhaltung von Gasvorräten, um im Krisenfall die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, zwingend und ausschließlich mit der auf dem nationalen Hoheitsgebiet vorhandenen Infrastruktur zu erfüllen. Im vorliegenden Fall obliegt es dem vorlegenden Gericht, zu prüfen, ob die in der nationalen Regelung vorgesehene Befugnis zur Berücksichtigung „anderer Anpassungsinstrumente“, über die die betreffenden Lieferanten verfügen, es diesen tatsächlich ermöglicht, ihre Verpflichtungen auf regionaler oder auf Unionsebene zu erfüllen.

Kosten

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Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/67/EG des Rates ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die Erdgaslieferanten eine Speicherpflicht für Gas auferlegt, deren Geltungsbereich Kunden einschließt, die nicht zu den in Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung aufgezählten geschützten Kunden gehören, dann nicht entgegensteht, wenn die in Art. 8 Abs. 2 der Verordnung festgelegten Voraussetzungen eingehalten werden, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

 

2.

Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 994/2010 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die Erdgaslieferanten vorschreibt, ihre Verpflichtungen zur Vorhaltung von Gasvorräten, um im Krisenfall die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, zwingend und ausschließlich mit der auf dem nationalen Hoheitsgebiet vorhandenen Infrastruktur zu erfüllen. Im vorliegenden Fall obliegt es dem vorlegenden Gericht, zu prüfen, ob die in der nationalen Regelung vorgesehene Befugnis zur Berücksichtigung „anderer Anpassungsinstrumente“, über die die betreffenden Lieferanten verfügen, es diesen tatsächlich ermöglicht, ihre Verpflichtungen auf regionaler oder auf Unionsebene zu erfüllen.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.

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Referenzen

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