Urteil vom Europäischer Gerichtshof - C-44/17
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)
7. Juni 2018 ( *1 )
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Schutz geografischer Angaben für Spirituosen – Verordnung (EG) Nr. 110/2008 – Art. 16 Buchst. a bis c – Anhang III – Eingetragene geografische Angabe ‚Scotch Whisky‘ – In Deutschland hergestellter Whisky, der unter der Bezeichnung ‚Glen Buchenbach‘ vermarktet wird“
In der Rechtssache C‑44/17
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 19. Januar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Januar 2017, in dem Verfahren
Scotch Whisky Association
gegen
Michael Klotz
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça, der Richter E. Levits und A. Borg Barthet, der Richterin M. Berger (Berichterstatterin) sowie des Richters F. Biltgen,
Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– |
der Scotch Whisky Association, vertreten durch die Rechtsanwältinnen K. H. Reuer und W. Baars, |
– |
von Herrn Klotz, vertreten durch Rechtsanwalt S. J. Mühlberger, |
– |
der hellenischen Regierung, vertreten durch G. Kanellopoulos, E. Leftheriotou, M. Tassopoulou und E. Chroni als Bevollmächtigte, |
– |
der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas, S. Horrenberger und E. de Moustier als Bevollmächtigte, |
– |
der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. Varrone, avvocato dello Stato, |
– |
der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und C. S. Schillemans als Bevollmächtigte, |
– |
der Europäischen Kommission, vertreten durch B. Eggers, D. Bianchi und I. Naglis als Bevollmächtigte, |
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. Februar 2018
folgendes
Urteil
1 |
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 16 Buchst. a bis c der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 (ABl. 2008, L 39, S. 16). |
2 |
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Scotch Whisky Association und Herrn Michael Klotz, der über das Internet Whisky vertreibt, wegen einer Klage, mit der Herr Klotz auf Unterlassung des Vertriebs eines in Deutschland hergestellten Whiskys mit der Bezeichnung „Glen Buchenbach“ in Anspruch genommen wird. |
Rechtlicher Rahmen
3 |
Im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 110/2008 heißt es: „Der Spirituosensektor ist für die Verbraucher, die Hersteller und den Agrarsektor in der [Europäischen Union] von großer Bedeutung. Die den Spirituosensektor betreffenden Maßnahmen sollten zu einem hohen Grad an Verbraucherschutz, der Verhinderung betrügerischer Praktiken und der Verwirklichung von Markttransparenz und fairem Wettbewerb beitragen. …“ |
4 |
Der vierte Erwägungsgrund der Verordnung lautet: „Um eine systematischere Gestaltung der Rechtsvorschriften für Spirituosen sicherzustellen, sollte diese Verordnung klar festgelegte Kriterien für die Herstellung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen enthalten.“ |
5 |
Im 14. Erwägungsgrund der Verordnung heißt es: „Da die Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel [(ABl. 2006, L 93, S. 12) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vom 20. November 2006 (ABl. 2006, L 363, S. 1) geänderten Fassung] auf Spirituosen nicht angewendet wird, sind die Regeln für den Schutz der entsprechenden geografischen Angaben in dieser Verordnung festzulegen. Die geografischen Angaben sollten in ein Verzeichnis eingetragen werden, bei dem die Spirituosen als Erzeugnis eines Staates, einer Region oder eines Orts in dem Hoheitsgebiet gekennzeichnet werden, wobei eine bestimmte Qualität, ein bestimmter Ruf oder andere Merkmale der Spirituose im Wesentlichen ihrem geografischen Ursprung zugeordnet werden können.“ |
6 |
Art. 16 („Schutz geografischer Angaben“) der Verordnung Nr. 110/2008 bestimmt: „… [D]ie in Anhang III eingetragenen geografischen Angaben [werden] geschützt gegen
|
7 |
Nach Anhang III („Geografische Angaben“) der Verordnung ist „Scotch Whisky“ als eine zur Produktkategorie Nr. 2 („Whisky/Whiskey“) gehörende geografische Angabe mit dem Ursprungsland „Vereinigtes Königreich (Schottland)“ eingetragen. |
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
8 |
Die Scotch Whisky Association ist eine nach schottischem Recht errichtete Organisation, die u. a. das Ziel hat, den Handel mit schottischem Whisky sowohl in Schottland als auch im Ausland zu schützen. |
9 |
Herr Klotz vertreibt über eine Website einen Whisky mit der Bezeichnung „Glen Buchenbach“, der von der Brennerei Waldhorn im Buchenbachtal in der schwäbischen Region Berglen (Deutschland) hergestellt wird. |
10 |
Das Etikett der fraglichen Whiskyflaschen enthält außer der stilisierten Zeichnung eines Waldhorns folgende Angaben: „Waldhornbrennerei“, „Glen Buchenbach“, „Swabian Single Malt Whisky“ (Schwäbischer Single Malt Whisky), „500 ml“, „40 % vol“, „Deutsches Erzeugnis“ und „Hergestellt in den Berglen“. |
11 |
Die Scotch Whisky Association hat beim Landgericht Hamburg (Deutschland) eine Klage auf Unterlassung u. a. des Vertriebs dieses Whiskys, der kein Scotch Whisky sei, unter der Bezeichnung „Glen Buchenbach“ erhoben und sie damit begründet, dass die Verwendung dieser Bezeichnung insbesondere gegen Art. 16 Buchst. a bis c der Verordnung Nr. 110/2008 verstoße, der die in Anhang III der Verordnung eingetragenen geografischen Angaben schütze, zu denen die Angabe „Scotch Whisky“ gehöre. |
12 |
Die Scotch Whisky Association führt aus, diese Bestimmungen sähen vor, dass die für Spirituosen eingetragene geografische Angabe nicht nur gegen ihre Verwendung geschützt sei, sondern auch gegen jede Erwähnung, die auf ihren geografischen Ursprung hindeute. Die Bezeichnung „Glen“ wecke angesichts ihrer umfangreichen Benutzung in Schottland als Begriff für „valley“ und insbesondere als Markenelement im Namen von schottischem Whisky bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine Assoziation mit Schottland und schottischem Whisky, ungeachtet der auf dem Etikett hinzugefügten übrigen Angaben zum deutschen Ursprung des Erzeugnisses. Herr Klotz beantragt, die Klage abzuweisen. |
13 |
Das Landgericht Hamburg ist der Ansicht, dass der Erfolg der Klage davon abhängt, wie Art. 16 Buchst. a bis c der Verordnung Nr. 110/2008 auszulegen ist. Es hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
|
Zum Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens
14 |
Im Anschluss an die Schlussanträge des Generalanwalts hat die Scotch Whisky Association mit Schreiben vom 15. März 2018 gemäß Art. 83 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beantragt. |
15 |
Zur Stützung ihres Antrags macht die Scotch Whisky Association im Wesentlichen geltend, die Ausführungen des Generalanwalts in den Nrn. 66 bis 68, 107 und 108 seiner Schlussanträge beruhten auf einer lückenhaften und unrichtigen Darstellung des in der Vorlageentscheidung festgestellten Sachverhalts und seien somit fehlerhaft. Die Scotch Whisky Association wolle im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu diesen Ausführungen Stellung nehmen und dabei die Sachverhaltsdarstellung korrigieren und ergänzen. |
16 |
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof nach Art. 83 seiner Verfahrensordnung jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts die Eröffnung oder Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen kann, insbesondere wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält oder wenn eine Partei nach Abschluss des mündlichen Verfahrens eine neue Tatsache unterbreitet hat, die von entscheidender Bedeutung für die Entscheidung des Gerichtshofs ist, oder wenn ein zwischen den Parteien oder den in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union bezeichneten Beteiligten nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist. |
17 |
Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Gerichtshof hält sich nach Anhörung des Generalanwalts für ausreichend unterrichtet, um den Rechtsstreit zu entscheiden, und erachtet kein Vorbringen für entscheidungserheblich, das zwischen den Parteien bzw. Beteiligten nicht erörtert worden ist. |
18 |
Darüber hinaus ist nicht geltend gemacht worden, dass eine der Parteien des Ausgangsverfahrens oder einer der Beteiligten nach Abschluss des mündlichen Verfahrens eine neue Tatsache unterbreitet habe, die von entscheidender Bedeutung für die Entscheidung des Gerichtshofs sei. |
19 |
Folglich ist der Antrag der Scotch Whisky Association auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens zurückzuweisen. |
Zu den Vorlagefragen
Vorbemerkungen
20 |
Im Rahmen der vorliegenden Rechtssache haben beide Parteien des Ausgangsverfahrens sowohl den Wortlaut als auch den Inhalt der Vorlageentscheidung beanstandet. |
21 |
Zum einen wirft die Scotch Whisky Association dem vorlegenden Gericht vor, die Vorlagefragen schlecht formuliert zu haben, und schlägt in ihren schriftlichen Erklärungen vor, diese Fragen umzuformulieren. |
22 |
Insoweit genügt die Feststellung, dass es nach ständiger Rechtsprechung allein Sache der nationalen Gerichte ist, bei denen der Rechtsstreit anhängig ist und die die Verantwortung für die zu erlassende gerichtliche Entscheidung tragen, unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass ihres Urteils als auch die Erheblichkeit der von ihnen dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen (Urteil vom 4. April 2000, Darbo, C‑465/98, EU:C:2000:184, Rn. 19). Es ist insbesondere allein Sache des vorlegenden Gerichts, die Vorlagefragen zu bestimmen und zu formulieren. Die Parteien des Ausgangsverfahrens können die Fragen inhaltlich nicht ändern (Urteile vom 18. Juli 2013, Consiglio Nazionale dei Geologi, C‑136/12, EU:C:2013:489, Rn. 29 und 31 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 6. Oktober 2015, T‑Mobile Czech Republic und Vodafone Czech Republic, C‑508/14, EU:C:2015:657, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher kann dem Antrag einer Partei des Ausgangsverfahrens auf Umformulierung der Vorlagefragen in dem von ihr genannten Sinne nicht stattgegeben werden. |
23 |
Zum anderen vertritt Herr Klotz die Auffassung, das vorlegende Gericht habe den Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits verkürzt und unvollständig dargestellt, und macht Angaben zur Vervollständigung dieser Darstellung. |
24 |
Im Rahmen des durch Art. 267 AEUV eingeführten Verfahrens der Zusammenarbeit ist es jedoch nicht Sache des Gerichtshofs, sondern des nationalen Gerichts, die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Tatsachen festzustellen und daraus die Folgerungen für seine Entscheidung zu ziehen (Urteile vom 3. September 2015, Costea, C‑110/14, EU:C:2015:538, Rn. 13, und vom 10. März 2016, Safe Interenvíos, C‑235/14, EU:C:2016:154, Rn. 119). Der Gerichtshof hat im Rahmen der Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Unionsgerichten und den nationalen Gerichten den Sachverhalt und die Rechtslage zu berücksichtigen, in die sich die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen einfügen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Oktober 2001, Ambulanz Glöckner, C‑475/99, EU:C:2001:577, Rn. 10, und vom 28. Juli 2016, Kratzer, C‑423/15, EU:C:2016:604, Rn. 27). |
Zur ersten Frage
25 |
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 16 Buchst. a der Verordnung Nr. 110/2008 dahin auszulegen ist, dass eine „indirekte gewerbliche Verwendung“ einer eingetragenen geografischen Angabe nur dann vorliegt, wenn der streitige Bestandteil in einer Form verwendet wird, die mit dieser Angabe identisch oder ihr klanglich und/oder visuell ähnlich ist, oder ob es genügt, dass der streitige Bestandteil bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine irgendwie geartete Assoziation mit der eingetragenen geografischen Angabe oder dem zugehörigen geografischen Gebiet weckt. |
26 |
Falls der Gerichtshof eine „indirekte gewerbliche Verwendung“ einer eingetragenen geografischen Angabe im Sinne von Art. 16 Buchst. a der Verordnung Nr. 110/2008 bereits bei einer irgendwie gearteten gedanklichen Assoziation mit dieser Angabe oder dem zugehörigen geografischen Gebiet bejahen sollte, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob diese Bestimmung dahin auszulegen ist, dass bei der Feststellung einer solchen indirekten gewerblichen Verwendung das Umfeld des streitigen Bestandteils und insbesondere der Umstand, dass er von einer Angabe über den wahren Ursprung des Erzeugnisses begleitet wird, zu berücksichtigen sind, so dass das Vorbringen, es handele sich um eine indirekte gewerbliche Verwendung, letztlich durch die dem Umfeld zu entnehmenden Informationen widerlegt werden könnte. |
27 |
Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut zu berücksichtigen, sondern auch ihr Kontext und die Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. u. a. Urteile vom 23. Januar 2018, Piotrowski, C‑367/16, EU:C:2018:27, Rn. 40, und vom 7. Februar 2018, American Express, C‑304/16, EU:C:2018:66, Rn. 54). |
28 |
Erstens werden nach dem Wortlaut von Art. 16 Buchst. a der Verordnung Nr. 110/2008 die eingetragenen geografischen Angaben gegen „jede direkte oder indirekte gewerbliche Verwendung einer eingetragenen geografischen Angabe für Spirituosen, die nicht unter die Eintragung fallen, sofern diese Erzeugnisse mit den unter dieser Bezeichnung eingetragenen Erzeugnissen vergleichbar sind oder durch diese Verwendung das Ansehen der geschützten Bezeichnung ausgenutzt wird“, geschützt. |
29 |
Dass in dieser Bestimmung der Begriff „Verwendung“ gewählt wurde, setzt – wie der Generalanwalt in Nr. 28 seiner Schlussanträge ausgeführt hat – definitionsgemäß voraus, dass das streitige Zeichen von der geschützten geografischen Angabe selbst Gebrauch macht, und zwar in der Form, in der sie eingetragen wurde, oder zumindest in einer Form, die klanglich und/oder visuell einen so engen Zusammenhang mit ihr aufweist, dass das streitige Zeichen eindeutig untrennbar mit ihr verbunden ist. |
30 |
Hierzu ist bereits entschieden worden, dass die Verwendung einer Marke, die eine geografische Angabe oder diese Angabe als Gattungsbezeichnung in einer Übersetzung enthält, für Spirituosen, die nicht den jeweiligen Spezifikationen entsprechen, grundsätzlich eine direkte gewerbliche Verwendung dieser geografischen Angabe im Sinne von Art. 16 Buchst. a der Verordnung Nr. 110/2008 darstellt (Urteile vom 14. Juli 2011, Bureau national interprofessionnel du Cognac, C‑4/10 und C‑27/10, EU:C:2011:484, Rn. 55, sowie vom 20. Dezember 2017, Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne, C‑393/16, EU:C:2017:991, Rn. 34). |
31 |
Daher kann ein Sachverhalt nur dann unter Art. 16 Buchst. a der Verordnung Nr. 110/2008 fallen, wenn das streitige Zeichen die eingetragene geografische Angabe in identischer oder zumindest in klanglich und/oder visuell hochgradig ähnlicher Form verwendet. |
32 |
Gleichwohl sind nach dem Wortlaut dieser Bestimmung die Fälle „direkter“ Verwendung von den Fällen „indirekter“ Verwendung zu unterscheiden. Wie der Generalanwalt hierzu in Nr. 30 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, bedeutet eine „indirekte“ Verwendung – im Gegensatz zu einer „direkten“ Verwendung, die voraussetzt, dass die geschützte geografische Angabe unmittelbar auf der betreffenden Ware oder ihrer Verpackung angebracht wird –, dass diese Angabe in ergänzenden Werbe- oder Informationskanälen auftaucht, etwa in Werbung für die Ware oder in Dokumenten, die sich auf die Ware beziehen. |
33 |
Zweitens ist zum Kontext, in den sich Art. 16 Buchst. a der Verordnung Nr. 110/2008 einfügt, festzustellen, dass diese Bestimmung notwendigerweise einen anderen Anwendungsbereich hat als die übrigen, in Art. 16 Buchst. b bis d enthaltenen Vorschriften zum Schutz eingetragener geografischer Angaben. Art. 16 Buchst. a ist insbesondere von dem von Buchst. b erfassten Fall zu unterscheiden, der „jede widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung“ betrifft, d. h. Fälle, in denen das streitige Zeichen die geografische Angabe nicht als solche verwendet, sondern sie den angesprochenen Verkehrskreisen dergestalt suggeriert, dass der Verbraucher einen hinreichend engen Zusammenhang zwischen dem Zeichen und der eingetragenen geografischen Angabe herstellt. |
34 |
Wie der Generalanwalt in Nr. 32 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, verlöre Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 seine praktische Wirksamkeit, wenn Buchst. a, wie vom vorlegenden Gericht im Rahmen seiner ersten Frage in Betracht gezogen, in der Weise weit ausgelegt würde, dass er bereits anwendbar wäre, wenn das streitige Zeichen bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine wie auch immer geartete Assoziation mit einer eingetragenen geografischen Angabe oder dem zugehörigen geografischen Gebiet hervorruft. |
35 |
Drittens ist festzustellen, dass durch die Auslegung, wonach eine indirekte gewerbliche Verwendung einer eingetragenen geografischen Angabe nur dann vorliegt, wenn der streitige Bestandteil in einer Form verwendet wird, die mit dieser Angabe identisch oder ihr klanglich und/oder visuell ähnlich ist, alle mit der Verordnung Nr. 110/2008 und insbesondere mit ihrem Art. 16 Buchst. a verfolgten Ziele besser gewährleistet werden können. |
36 |
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das in der Verordnung Nr. 110/2008 vorgesehene System der Eintragung geografischer Angaben für Spirituosen nach ihrem zweiten Erwägungsgrund zu einem hohen Grad an Verbraucherschutz, zur Verhinderung betrügerischer Praktiken sowie zu Markttransparenz und fairem Wettbewerb beitragen soll (Urteil vom 21. Januar 2016, Viiniverla, C‑75/15, EU:C:2016:35, Rn. 24). |
37 |
Außerdem hat der Gerichtshof bereits klargestellt, dass der den geografischen Angaben durch Art. 16 der Verordnung Nr. 110/2008 gewährte Schutz im Hinblick auf den Zweck auszulegen ist, der mit der Eintragung dieser Angaben verfolgt wird, nämlich, wie sich aus dem 14. Erwägungsgrund dieser Verordnung ergibt, Spirituosen als Erzeugnisse eines bestimmten Gebiets zu kennzeichnen, wobei eine bestimmte Qualität, ein bestimmter Ruf oder andere Merkmale der Spirituose im Wesentlichen ihrem geografischen Ursprung zugeordnet werden können (Urteil vom 21. Januar 2016, Viiniverla, C‑75/15, EU:C:2016:35, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
38 |
Wie der Generalanwalt in Nr. 38 seiner Schlussanträge festgestellt hat, sollen die Vorschriften der Verordnung Nr. 110/2008 und insbesondere die ihres Art. 16 eine missbräuchliche Verwendung geschützter geografischer Angaben verhindern, und zwar nicht nur im Interesse der Käufer, sondern auch im Interesse der Hersteller, die sich zu Anstrengungen bereit erklärt haben, um die von den Erzeugnissen, die solche Angaben rechtmäßig tragen, erwarteten Eigenschaften zu gewährleisten (vgl. entsprechend Urteile vom 14. September 2017, EUIPO/Instituto dos Vinhos do Douro e do Porto,C‑56/16 P, EU:C:2017:693, Rn. 82, und vom 20. Dezember 2017, Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne, C‑393/16, EU:C:2017:991, Rn. 38). In diesem Rahmen verbietet es Art. 16 Buchst. a speziell, dass Marktteilnehmer zu gewerblichen Zwecken eine eingetragene geografische Angabe für Erzeugnisse verwenden, die nicht von der Eintragung erfasst sind, namentlich mit dem Ziel, ungerechtfertigte Vorteile aus dieser Angabe zu ziehen. |
39 |
Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 16 Buchst. a der Verordnung Nr. 110/2008 dahin auszulegen ist, dass eine „indirekte gewerbliche Verwendung“ einer eingetragenen geografischen Angabe nur dann vorliegt, wenn der streitige Bestandteil in einer Form verwendet wird, die mit dieser Angabe identisch oder ihr klanglich und/oder visuell ähnlich ist. Somit genügt es nicht, dass der streitige Bestandteil bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine irgendwie geartete Assoziation mit der eingetragenen geografischen Angabe oder dem zugehörigen geografischen Gebiet wecken kann. |
40 |
In Anbetracht der Antwort auf den ersten Teil der ersten Frage ist ihr zweiter Teil nicht zu beantworten. |
Zur zweiten Frage
41 |
Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 dahin auszulegen ist, dass eine „Anspielung“ auf eine eingetragene geografische Angabe nur dann vorliegt, wenn der streitige Bestandteil dieser Angabe klanglich und/oder visuell ähnlich ist, oder ob es genügt, dass er bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine irgendwie geartete Assoziation mit der eingetragenen geografischen Angabe oder dem zugehörigen geografischen Gebiet weckt. |
42 |
Falls der Gerichtshof eine „Anspielung“ auf eine eingetragene geografische Angabe im Sinne von Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 bereits bei einer irgendwie gearteten gedanklichen Assoziation mit dieser Angabe oder dem zugehörigen geografischen Gebiet bejahen sollte, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob diese Bestimmung dahin auszulegen ist, dass bei der Feststellung einer solchen Anspielung das Umfeld des streitigen Bestandteils und insbesondere der Umstand, dass er von einer Angabe über den wahren Ursprung des Erzeugnisses begleitet wird, zu berücksichtigen sind, so dass das Vorbringen, es handele sich um eine „Anspielung“, letztlich durch die dem Umfeld zu entnehmenden Informationen widerlegt werden könnte. |
43 |
Um dem vorlegenden Gericht eine sachgerechte Antwort zu geben, ist darauf hinzuweisen, dass Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 die geografischen Angaben gegen jede „Anspielung“ schützt, „selbst wenn der wahre Ursprung des Erzeugnisses angegeben ist oder die geschützte Bezeichnung in Übersetzung oder zusammen mit Ausdrücken wie ‚Art‘, ‚Typ‘, ‚Verfahren‘, ‚Marke‘, ‚Geschmack‘ oder dergleichen verwendet wird“. |
44 |
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs erfasst der Begriff „Anspielung“ eine Fallgestaltung, in der der zur Bezeichnung eines Erzeugnisses verwendete Ausdruck einen Teil einer geschützten geografischen Angabe in der Weise einschließt, dass der Verbraucher durch den Namen des fraglichen Erzeugnisses veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die diese Angabe trägt (Urteil vom 21. Januar 2016, Viiniverla, C‑75/15, EU:C:2016:35, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
45 |
Dazu hat der Gerichtshof ausgeführt, dass das nationale Gericht bei der Feststellung des Vorliegens einer „Anspielung“ im Sinne von Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 nicht nur zu prüfen hat, ob der zur Bezeichnung des fraglichen Erzeugnisses verwendete Ausdruck einen Teil einer geschützten geografischen Angabe einschließt, sondern auch, ob der Verbraucher durch den Namen des Erzeugnisses veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die diese Angabe trägt. Das nationale Gericht muss sich also hauptsächlich auf die Reaktion stützen, die der Verbraucher hinsichtlich des für die Bezeichnung des fraglichen Erzeugnisses verwendeten Ausdrucks vermutlich zeigen wird, wobei es vor allem darauf ankommt, dass er einen Zusammenhang zwischen dem Ausdruck und der geschützten geografischen Angabe herstellt (Urteil vom 21. Januar 2016, Viiniverla, C‑75/15, EU:C:2016:35, Rn. 22). |
46 |
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass – wie der Generalanwalt in Nr. 55 seiner Schlussanträge ausgeführt hat – der teilweise Einschluss einer geschützten geografischen Angabe im streitigen Zeichen keine zwingende Voraussetzung für die Anwendung von Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 ist. Bei der Beurteilung, ob eine „Anspielung“ im Sinne dieser Bestimmung vorliegt, hat das nationale Gericht daher zu prüfen, ob der Verbraucher durch den Namen des betreffenden Erzeugnisses veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die die geschützte geografische Angabe trägt. |
47 |
Insoweit ist klarzustellen, dass das nationale Gericht im Rahmen dieser Beurteilung auf die Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen europäischen Durchschnittsverbrauchers abstellen muss (Urteil vom 21. Januar 2016, Viiniverla, C‑75/15, EU:C:2016:35, Rn. 25 und 28). |
48 |
Außerdem hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass bei Erzeugnissen, die ähnlich aussehen, davon ausgegangen werden kann, dass eine Anspielung auf eine geschützte geografische Angabe vorliegt, wenn die Verkaufsbezeichnungen eine klangliche und visuelle Ähnlichkeit aufweisen (Urteil vom 21. Januar 2016, Viiniverla, C‑75/15, EU:C:2016:35, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
49 |
Wie der Generalanwalt in Nr. 58 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, stellt die Feststellung einer klanglichen und visuellen Ähnlichkeit der streitigen Bezeichnung mit der geschützten geografischen Angabe jedoch keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen einer „Anspielung“ im Sinne von Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 dar. Sie ist nämlich nur eines der Kriterien, die das nationale Gericht zu berücksichtigen hat, wenn es beurteilt, ob der Verbraucher durch den Namen des betreffenden Erzeugnisses veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die die geschützte geografische Angabe trägt. Folglich ist nicht auszuschließen, dass eine Einstufung als „Anspielung“ auch dann möglich ist, wenn keine solche Ähnlichkeit besteht. |
50 |
Neben den Kriterien, die den teilweisen Einschluss einer geschützten geografischen Angabe in der streitigen Bezeichnung sowie die klangliche und visuelle Ähnlichkeit dieser Bezeichnung mit der geschützten geografischen Angabe betreffen, ist, wie der Gerichtshof entschieden hat, gegebenenfalls das Kriterium der „inhaltlichen Nähe“ zwischen Begriffen aus verschiedenen Sprachen zu berücksichtigen, wobei auch eine solche Nähe – ebenso wie die übrigen genannten Kriterien – beim Verbraucher einen gedanklichen Bezug zu dem Erzeugnis hervorrufen kann, dessen geografische Angabe geschützt ist, wenn er ein vergleichbares Erzeugnis vor sich hat, das die streitige Bezeichnung trägt (Urteil vom 21. Januar 2016, Viiniverla, C‑75/15, EU:C:2016:35, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
51 |
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das für die Bestimmung des Begriffs „Anspielung“ im Sinne von Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 maßgebende Kriterium darin besteht, ob der Verbraucher durch eine streitige Bezeichnung veranlasst wird, einen unmittelbaren gedanklichen Bezug zu der Ware, die die geschützte geografische Angabe trägt, herzustellen, was das nationale Gericht zu prüfen hat, wobei es gegebenenfalls den teilweisen Einschluss einer geschützten geografischen Angabe in der streitigen Bezeichnung, eine klangliche und/oder visuelle Ähnlichkeit dieser Bezeichnung mit der geschützten geografischen Angabe oder eine inhaltliche Nähe der Bezeichnung zu der Angabe zu berücksichtigen hat. |
52 |
Im Ausgangsverfahren wird das vorlegende Gericht daher zu prüfen haben, ob ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger europäischer Durchschnittsverbraucher unmittelbar an die geschützte geografische Angabe – „Scotch Whisky“ – denkt, wenn er ein vergleichbares Erzeugnis vor sich hat, das die streitige Bezeichnung – im vorliegenden Fall „Glen“ – trägt, wobei es mangels einer klanglichen und/oder visuellen Ähnlichkeit dieser Bezeichnung mit der geschützten geografischen Angabe oder eines teilweisen Einschlusses dieser Angabe in der Bezeichnung die inhaltliche Nähe der Angabe zu der Bezeichnung zu berücksichtigen hat. |
53 |
Hingegen kann das vom vorlegenden Gericht im Rahmen seiner zweiten Frage als für eine „Anspielung“ im Sinne von Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 kennzeichnend in Betracht gezogene Kriterium, wonach der streitige Bestandteil des fraglichen Zeichens bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine irgendwie geartete Assoziation mit der geschützten geografischen Angabe oder dem zugehörigen geografischen Gebiet hervorrufen muss, nicht herangezogen werden, weil mit ihm kein hinreichend unmittelbarer und eindeutiger Zusammenhang zwischen dem streitigen Bestandteil und der geschützten geografischen Angabe hergestellt wird. |
54 |
Wie der Generalanwalt in den Nrn. 61 bis 63 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, würde zudem, wenn das Wecken jeder irgendwie gearteten Assoziation des Verbrauchers mit einer geschützten geografischen Angabe für die Annahme einer solchen Anspielung ausreichend wäre, erstens Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 in den Anwendungsbereich der nachfolgenden Buchst. c und d dieses Artikels eingreifen, die Fälle betreffen, in denen die Bezugnahme auf eine geschützte geografische Angabe noch schwächer ausgeprägt ist als eine „Anspielung“ auf sie. |
55 |
Zweitens käme es bei der Heranziehung eines solchen Kriteriums zu einer unabsehbaren Ausweitung des Anwendungsbereichs der Verordnung, was insbesondere für die Rechtssicherheit der betroffenen Wirtschaftsteilnehmer erhebliche Risiken mit sich brächte. Nach dem vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 110/2008 zielt der Unionsgesetzgeber darauf ab, „eine systematischere Gestaltung der Rechtsvorschriften für Spirituosen sicherzustellen“, indem er u. a. „klar festgelegte Kriterien … zum Schutz geografischer Angaben“ aufstellt. Die Heranziehung eines so ungenauen und weiten Kriteriums wie des vom vorlegenden Gericht im Rahmen seiner zweiten Frage in Betracht gezogenen wäre aber nicht mit diesem Ziel vereinbar. |
56 |
Nach alledem ist auf den ersten Teil der zweiten Frage zu antworten, dass Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 dahin auszulegen ist, dass das vorlegende Gericht bei der Feststellung, ob eine „Anspielung“ auf eine eingetragene geografische Angabe vorliegt, zu beurteilen hat, ob der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige europäische Durchschnittsverbraucher durch die streitige Bezeichnung veranlasst wird, einen unmittelbaren gedanklichen Bezug zu der Ware, die die geschützte geografische Angabe trägt, herzustellen. Im Rahmen dieser Beurteilung hat es, mangels einer klanglichen und/oder visuellen Ähnlichkeit der streitigen Bezeichnung mit der geschützten geografischen Angabe oder eines teilweisen Einschlusses dieser Angabe in der Bezeichnung, gegebenenfalls die inhaltliche Nähe der Bezeichnung zu der Angabe zu berücksichtigen. |
57 |
Der zweite Teil der zweiten Frage betrifft die Rolle des Umfelds der streitigen Bezeichnung bei der vom nationalen Gericht vorzunehmenden Beurteilung, ob eine „Anspielung“ im Sinne von Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 vorliegt. Dazu ist festzustellen, dass nach dem Wortlaut dieser Bestimmung selbst dann eine „Anspielung“ vorliegen kann, wenn der wahre Ursprung des Erzeugnisses angegeben ist (Urteil vom 21. Januar 2016, Viiniverla, C‑75/15, EU:C:2016:35, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
58 |
Nach den Angaben in der Vorlageentscheidung macht Herr Klotz, der Beklagte des Ausgangsverfahrens, geltend, die Bezeichnung „Glen Buchenbach“ stelle ein Wortspiel aus dem Namen des Herkunftsorts des im Ausgangsverfahren fraglichen Getränks, nämlich „Berglen“, und dem Namen eines dort befindlichen Flusses, nämlich „Buchenbach“, dar. Der Gerichtshof hat jedoch bereits entschieden, dass es im Rahmen von Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 keine Rolle spielt, dass die streitige Bezeichnung dem Namen des Unternehmens und/oder des Herstellungsorts des Erzeugnisses entspricht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Januar 2016, Viiniverla, C‑75/15, EU:C:2016:35, Rn. 42 bis 45). |
59 |
Überdies hat der Gerichtshof, wie der Generalanwalt in Nr. 81 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, auch klargestellt, dass der Umstand, dass die streitige Bezeichnung auf einen Herstellungsort Bezug nimmt, der den Verbrauchern im Mitgliedstaat der Herstellung bekannt ist, im Rahmen der Beurteilung des Begriffs „Anspielung“ im Sinne von Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 kein relevanter Gesichtspunkt ist, weil diese Vorschrift die eingetragenen geografischen Angaben im gesamten Unionsgebiet vor jeder Anspielung schützt und angesichts der Notwendigkeit, dort einen effektiven und einheitlichen Schutz dieser Angaben zu gewährleisten, auf alle Verbraucher dieses Gebiets abstellt (Urteil vom 21. Januar 2016, Viiniverla, C‑75/15, EU:C:2016:35, Rn. 27). |
60 |
Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist auf den zweiten Teil der zweiten Frage zu antworten, dass Art. 16 Buchst. b der Verordnung Nr. 110/2008 dahin auszulegen ist, dass bei der Feststellung, ob eine „Anspielung“ auf eine eingetragene geografische Angabe vorliegt, das Umfeld des streitigen Bestandteils und insbesondere der Umstand, dass er von einer Angabe über den wahren Ursprung des betreffenden Erzeugnisses begleitet wird, nicht zu berücksichtigen sind. |
Zur dritten Frage
61 |
Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 16 Buchst. c der Verordnung Nr. 110/2008 dahin auszulegen ist, dass bei der Feststellung, ob eine nach dieser Bestimmung unzulässige „falsche oder irreführende Angabe“ vorliegt, das Umfeld, in dem der streitige Bestandteil verwendet wird, und insbesondere der Umstand, dass er von einer Angabe über den wahren Ursprung des betreffenden Erzeugnisses begleitet wird, zu berücksichtigen sind. |
62 |
Nach Art. 16 Buchst. c der Verordnung Nr. 110/2008 wird eine eingetragene geografische Angabe gegen „alle sonstigen falschen oder irreführenden Angaben zur Herkunft, zum Ursprung, zur Beschaffenheit oder zu wesentlichen Merkmalen in der Bezeichnung, Aufmachung oder Etikettierung des Erzeugnisses, die geeignet sind, einen falschen Eindruck über den Ursprung zu erwecken“, geschützt. |
63 |
Zunächst ist festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen der Europäischen Kommission der Wortlaut dieser Bestimmung keinen Anhaltspunkt dafür enthält, dass der Unionsgesetzgeber die Absicht hatte, das Umfeld, in dem der streitige Bestandteil verwendet wird, als Charakteristikum von „falschen oder irreführenden Angaben zur Herkunft, zum Ursprung, zur Beschaffenheit oder zu wesentlichen Merkmalen … des Erzeugnisses“ zu berücksichtigen. |
64 |
Wie der Generalanwalt in Nr. 92 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, stellt der Ausdruck „falsche oder irreführende Angaben … in der Bezeichnung, Aufmachung oder Etikettierung des Erzeugnisses“ nämlich eine Aufzählung verschiedener Datenträger dar, auf denen sich die mutmaßlich falsche oder irreführende Angabe befinden kann. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass diese Angabe in Verbindung mit etwaigen sonstigen in der Bezeichnung, Aufmachung oder Etikettierung des betreffenden Erzeugnisses enthaltenen Informationen geprüft werden muss. |
65 |
Wie der Generalanwalt ferner in Nr. 96 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kommt hinzu, dass Art. 16 der Verordnung Nr. 110/2008 eine abgestufte Aufzählung verbotener Verhaltensweisen enthält, in der Buchst. c von den ihm vorausgehenden Buchst. a und b unterschieden werden muss. Während sich Art. 16 Buchst. a auf Verwendungen einer geschützten geografischen Angabe und dessen Buchst. b auf widerrechtliche Aneignungen, Nachahmungen und Anspielungen beschränkt, erweitert Buchst. c den geschützten Bereich um „alle sonstigen … Angaben“ – d. h. um Informationen für die Verbraucher – in der Bezeichnung oder auf der Aufmachung oder Etikettierung des betreffenden Erzeugnisses, die zwar nicht auf die geschützte geografische Angabe anspielen, aber angesichts der Verbindungen zwischen dem Erzeugnis und der Angabe als falsch oder irreführend eingestuft werden. |
66 |
Insoweit ist erstens klarzustellen, dass sich der Ausdruck „alle sonstigen … Angaben“ in Art. 16 Buchst. c der Verordnung Nr. 110/2008 auf Informationen jeder Art in der Bezeichnung oder auf der Aufmachung oder Etikettierung des betreffenden Erzeugnisses erstreckt, insbesondere in Form eines Textes, eines Bildes oder eines Behältnisses, die geeignet sind, Auskunft über die Herkunft, den Ursprung, die Beschaffenheit oder die wesentlichen Merkmale des Erzeugnisses zu geben. |
67 |
Zweitens ist eine falsche oder irreführende Angabe schon dann im Sinne dieser Bestimmung „geeignet …, einen falschen Eindruck über den Ursprung zu erwecken“, wenn sie sich auf einem der drei darin genannten Datenträger, d. h. „der Bezeichnung, Aufmachung oder Etikettierung“ des betreffenden Erzeugnisses, befindet. |
68 |
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass Art. 16 Buchst. c der Verordnung Nr. 110/2008 einen weitreichenden Schutz eingetragener geografischer Angaben vorsieht. Könnte eine falsche oder irreführende Angabe aufgrund zusätzlicher, insbesondere den wahren Ursprung des betreffenden Erzeugnisses betreffender Informationen in ihrem Umfeld gleichwohl zulässig sein, verlöre diese Bestimmung aber ihre praktische Wirksamkeit. |
69 |
Schließlich wird, wie bereits in Rn. 38 des vorliegenden Urteils erwähnt, mit der Verordnung Nr. 110/2008 und insbesondere mit ihrem Art. 16 das Ziel verfolgt, eingetragene geografische Angaben zu schützen, und zwar sowohl im Interesse der Verbraucher, die nicht durch unangebrachte Angaben irregeführt werden sollen, als auch im Interesse der Wirtschaftsteilnehmer, denen höhere Kosten entstehen, damit die Qualität der Erzeugnisse, die geschützte geografische Angaben rechtmäßig tragen, gewährleistet ist. Diese Wirtschaftsteilnehmer müssen nämlich vor unlauteren Wettbewerbshandlungen geschützt werden. |
70 |
Wie der Generalanwalt in Nr. 101 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, wäre die Erreichung dieser Ziele jedoch gefährdet, wenn der Schutz der geografischen Angaben dadurch eingeschränkt werden könnte, dass es zusätzliche Informationen im Umfeld einer falschen oder irreführenden Angabe im Sinne von Art. 16 Buchst. c der Verordnung Nr. 110/2008 gibt, weil diese Auslegung dazu führen würde, dass eine solche Angabe verwendet werden dürfte, sofern sie von richtigen Angaben begleitet wird. |
71 |
Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 16 Buchst. c der Verordnung Nr. 110/2008 dahin auszulegen ist, dass bei der Feststellung, ob eine nach dieser Bestimmung unzulässige „falsche oder irreführende Angabe“ vorliegt, das Umfeld, in dem der streitige Bestandteil verwendet wird, nicht zu berücksichtigen ist. |
Kosten
72 |
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt: |
|
|
|
Da Cruz Vilaça Levits Borg Barthet Berger Biltgen Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. Juni 2018. Der Kanzler A. Calot Escobar Der Präsident der Fünften Kammer J. L. da Cruz Vilaça |
( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.