Urteil vom Europäischer Gerichtshof - T-82/17

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

21. November 2018(*)

„Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Unionswortmarke Exxtra Deep – Absolutes Eintragungshindernis – Beschreibender Charakter – Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung [EG] 2017/1001)“

In der Rechtssache T‑82/17

PepsiCo, Inc. mit Sitz in New York, New York (Vereinigte Staaten von Amerika), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin V. von Bomhard und Rechtsanwalt J. Fuhrmann,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch M. Rajh und D. Walicka als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Intersnack Group GmbH & Co. KG mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte T. Lampel und M. Pfaff,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 24. November 2016 (Sache R 482/2016‑4) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen PepsiCo und Intersnack Group

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen (Berichterstatter) sowie der Richter J. Schwarcz und C. Iliopoulos,

Kanzler: I. Dragan, Verwaltungsrat,

aufgrund der am 7. Februar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 2. Mai 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 27. April 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2017

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 23. September 2013 meldete die Streithelferin, die Intersnack Group GmbH & Co. KG, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1]) eine Unionsmarke beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen Exxtra Deep.

3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 29, 30 und 31 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 29: „Im Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte oder zubereitete Gemüse- und Kartoffelprodukte für Knabberzwecke; geröstete, getrocknete, gesalzene, gewürzte, umhüllte und verarbeitete Nüsse, Cashewkerne, Pistazien, Mandeln, Erdnüsse, Kokosnüsse (getrocknet); konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Algenextrakte für Nahrungszwecke; Ingwerprodukte als Trockenfrüchte“;

–        Klasse 30: „Im Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte oder zubereitete Tapioka-, Maniok-, Reis-, Mais-, Weizen- oder andere Getreideprodukte sowie Ingwerprodukte als Süßwaren und Geleefrüchte für Knabberzwecke; Salz- und Laugengebäck; Müsliriegel im Wesentlichen bestehend aus Nüssen, getrocknetem Obst, zubereiteten Getreidekörnern; Schokolade, Schokoladewaren; Saucen“;

–        Klasse 31: „Unverarbeitete Nüsse, Cashewkerne, Pistazien, Mandeln, Erdnüsse und Samen; Algen für die menschliche Ernährung“.

4        Das Wortzeichen Exxtra Deep wurde am 3. Februar 2014 unter der Nr. 012161981 als Marke für die vorstehend in Rn. 3 genannten Waren eingetragen (im Folgenden: angegriffene Marke).

5        Am 24. November 2014 stellte die Klägerin, die PepsiCo, Inc., einen auf Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 59 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001) gestützten Antrag auf Nichtigerklärung der angegriffenen Marke mit der Begründung, diese sei unter Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung 2017/1001) eingetragen worden.

6        Mit Entscheidung vom 11. Februar 2016 gab die Nichtigkeitsabteilung dem Antrag auf Nichtigerklärung in Bezug auf „[i]m Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte oder zubereitete Gemüse- und Kartoffelprodukte für Knabberzwecke; geröstete, getrocknete, gesalzene, gewürzte, umhüllte und verarbeitete Nüsse, Cashewkerne, Pistazien, Mandeln, Erdnüsse, Kokosnüsse (getrocknet)“ der Klasse 29 und in Bezug auf „[i]m Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte oder zubereitete Tapioka‑, Maniok‑, Reis‑, Mais‑, Weizen- oder andere Getreideprodukte; Salz- und Laugengebäck“ der Klasse 30 statt.

7        Die Nichtigkeitsabteilung wies u. a. darauf hin, dass das Wort „deep“, zu Deutsch „tief“, zur Kennzeichnung der tief eingebuchteten Wellen von Chips und diese Form von zahlreichen Chipsproduzenten für ihre Erzeugnisse verwendet werde. Sie vertrat daher die Auffassung, dass der Ausdruck „exxtra deep“ von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Beschreibung der gewellten Form der Chips verstanden werde. Dies gelte jedoch nur für Chips und diesen ähnliche Erzeugnisse, die in gewellter Form vertrieben werden könnten. Für die anderen Erzeugnisse sei die angegriffene Marke hingegen nicht beschreibend. Insbesondere werde getrocknetes Obst und Gemüse nicht wie Chips mit gewelltem Zuschnitt vertrieben. Die Nichtigkeitsabteilung gelangte daher zu dem Schluss, dass die Eintragung der angegriffenen Marke für die Erzeugnisse „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse“ der Klasse 29 aufrechtzuerhalten sei.

8        Am 11. März 2016 legte die Klägerin gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung Beschwerde beim EUIPO ein. Sie beantragte, diese Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Nichtigkeit der angegriffenen Marke nicht für „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse“ der Klasse 29 erklärt worden sei.

9        Mit Entscheidung vom 24. November 2016 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde der Klägerin zurück. Sie vertrat den Standpunkt, für die Waren „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse“ der Klasse 29 sei die angegriffene Marke weder beschreibend, noch fehle ihr die Unterscheidungskraft. Dazu führte sie aus, zunächst seien Gemüse- und Obsterzeugnisse im Gegensatz zu Kartoffelchips im Allgemeinen nicht gewellt. Sodann könne ein Kartoffelchip oder ein Knabbererzeugnis aus Gemüse hergestellt werden, ohne dass es sich bei ihm selbst um ein Gemüse handele. Die maßgeblichen Verkehrskreise könnten daher die angegriffene Marke allenfalls als Anspielung auf eine besondere Art des Zuschnitts von Gemüse oder Obst verstehen, nicht aber als Beschreibung der Merkmale dieser Erzeugnisse. So deute nichts darauf hin, dass das Wort „deep“ für Obst oder Gemüse eine originär beschreibende Angabe sei. Demgemäß müssten die maßgeblichen Verkehrskreise einen zweiten gedanklichen Schritt vollziehen, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass dieses Wort einen spezifischen Zuschnitt des konservierten, getrockneten und gekochten Obstes oder Gemüses beschreibe.

 Anträge der Parteien

10      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

11      Das EUIPO beantragt, jedem Verfahrensbeteiligten seine eigenen Kosten aufzuerlegen.

12      Die Streithelferin beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin ihre Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit der von der Klägerin beim Gericht eingereichten Anlagen

13      Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die der Klageschrift beigefügten Anlagen A.7 bis A.17 erstmals im Verfahren vor dem Gericht vorgelegt worden sind.

14      Die Zulässigkeit der Anlage A.7, einer Entscheidung der Widerspruchsabteilung des EUIPO, wird von den Parteien nicht in Frage gestellt. Dagegen wird die Zulässigkeit verschiedener Auszüge aus Wikipedia-Internetseiten (Anlagen A.10, A.13 und A.16), einem Internetblog zu Kochfragen (Anlage A.15), einem Online-Diskussionsforum (Anlage A.14) und einer Website zu Nahrungsmitteln (Anlage A.17) sowohl von der Streithelferin als auch vom EUIPO verneint. Nach Ansicht der Streithelferin gilt Gleiches für die Zulässigkeit der drei von der Klägerin vorgelegten Auszüge aus den Online-Wörterbüchern „dictionary.com“ (Anlagen A.9 und A.12) und Cambridge English Dictionary (Anlage A.11). Schließlich gelte dies auch für die Anlage A.8, die aus einem von der Klägerin vorgelegten Auszug aus der Website des EUIPO besteht, der die Praxis des EUIPO zur Anwendung von Art. 28 Abs. 8 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 33 Abs. 8 der Verordnung 2017/1001) veranschaulicht.

15      Erstens ist die Anlage A.7 für zulässig zu erklären, da es sich bei ihr nicht um einen Beweis im eigentlichen Sinne handelt, sondern sie vielmehr die Entscheidungspraxis des EUIPO betrifft, auf die sich eine Partei berufen kann. Das trifft auch auf die Anlage A.8 zu, die über die Umsetzung von Art. 28 Abs. 8 der Verordnung Nr. 207/2009 durch das EUIPO, im vorliegenden Fall anhand der Veröffentlichung einer zweiten nicht erschöpfenden Liste von Begriffen, informiert, die im Rahmen der in dieser Bestimmung vorgesehenen Erklärungen als von der wörtlichen Bedeutung der Klassenüberschriften nicht eindeutig erfasst angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. Juli 2015, BH Stores/HABM – Alex Toys [ALEX], T‑657/13, EU:T:2015:449, Rn. 26, und vom 18. März 2016, Karl-May-Verlag/HABM – Constantin Film Produktion [WINNETOU], T‑501/13, EU:T:2016:161, Rn. 18).

16      Zweitens können die übrigen Anlagen zur Klageschrift, die erstmals im Verfahren vor dem Gericht vorgelegt worden sind, nicht berücksichtigt werden. Die Klage beim Gericht ist nämlich auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des EUIPO erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 72 der Verordnung 2017/1001) gerichtet, so dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, im Licht erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen den Sachverhalt zu überprüfen. Daher sind die genannten Dokumente außer Betracht zu lassen, ohne dass ihre Beweiskraft geprüft werden müsste (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Juli 2015, ALEX, T‑657/13, EU:T:2015:449, Rn. 25).

17      Diesem Ergebnis steht nicht der von der Klägerin vorgetragene Umstand entgegen, dass die erstmals im Verfahren vor dem Gericht vorgelegten Beweismittel nur dazu dienen sollten, die bereits dem EUIPO vorgelegten Beweise zu ergänzen und allgemein bekannte Tatsachen zu veranschaulichen.

18      Zunächst ändert der Umstand, dass die fraglichen Anlagen gegebenenfalls nur die zuvor vorgelegten Beweismittel „ergänzen“ sollen, nichts daran, dass der Beschwerdekammer die in diesen Unterlagen enthaltenen Informationen nicht zur Verfügung standen (Urteil vom 26. Juli 2017, Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen/EUIPO, C‑471/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:602, Rn. 26 und 27; vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 23. März 2017, Vignerons de la Méditerranée/EUIPO – Bodegas Grupo Yllera [LE VAL FRANCE], T‑216/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:201, Rn. 42, und vom 14. Dezember 2017, GeoClimaDesign/EUIPO – GEO [GEO], T‑280/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:913, Rn. 19 und 20).

19      Was sodann das Argument angeht, die von der Klägerin vor dem Gericht vorgetragenen Tatsachen seien allgemein bekannt, so ist der Rechtsprechung zu entnehmen, dass zum einen die Dienststellen des EUIPO ihre Entscheidungen auf allgemein bekannte Tatsachen stützen können, die vom Anmelder nicht angeführt worden sind, ohne dass sie belegen müssen, dass diese Tatsachen richtig sind, und dass zum anderen der Anmelder, dem das EUIPO allgemein bekannte Tatsachen entgegenhält, deren Richtigkeit vor dem Gericht bestreiten kann (Urteil vom 22. Juni 2006, Storck/HABM, C‑25/05 P, EU:C:2006:422, Rn. 50 bis 52), wobei in einem solchen Fall dann das EUIPO nach dem Grundsatz der Waffengleichheit berechtigt ist, dem Gericht Unterlagen vorzulegen, um die Richtigkeit einer allgemein bekannten Tatsache zu belegen, die in der angefochtenen Entscheidung nicht festgestellt wurde (Urteil vom 10. November 2011, LG Electronics/HABM, C‑88/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:727, Rn. 29). Dagegen kann dem Anmelder nicht das Recht zuerkannt werden, erstmals im Verfahren vor dem Gericht Unterlagen mit der alleinigen Begründung vorzulegen, dass diese Unterlagen allgemein bekannte Tatsachen veranschaulichen sollten, von denen zudem nicht behauptet worden ist, dass sie in der angefochtenen Entscheidung angeführt worden seien (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 17. Juli 2014, MOL/HABM, C‑468/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2116, Rn. 42, und Urteil vom 5. Februar 2016, Kicktipp/HABM – Italiana Calzature [kicktipp], T‑135/14, EU:T:2016:69, Rn. 113 und 114). Die Anerkennung eines solchen Rechts hätte nämlich eine Beschränkung des Umfangs der Verpflichtung des Anmelders zur Folge, vom Stadium des Verfahrens vor dem EUIPO an alle Nachweise zur Stützung seines Vorbringens zu erbringen. Wie die Klägerin selbst einräumt, war im vorliegenden Fall die angeblich allgemein bekannte Tatsache, dass ein Kartoffelchip ein getrocknetes, gekochtes und konserviertes Gemüse sei, von ihr bereits im Verfahren vor der Beschwerdekammer vorgetragen worden, und die meisten der erstmals im Verfahren vor dem Gericht vorgelegten Unterlagen sollten die bereits eingereichten Nachweise nach ihren eigenen Worten „ergänzen“.

20      Die Anlagen A.9 bis A.17 sind daher zurückzuweisen.

 Zur Begründetheit

21      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Rechtsstreit vor dem Gericht, wie bereits im Verfahren vor der Beschwerdekammer, auf die Waren beschränkt ist, in Bezug auf die die Dienststellen des EUIPO nicht die Nichtigkeit der angegriffenen Marke erklärt haben, nämlich auf „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse“ der Klasse 29.

22      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Gründe. Mit dem ersten Klagegrund macht sie einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 geltend. Den zweiten Klagegrund stützt sie auf einen Verstoß gegen Art. 28 Abs. 2, 4 und 5 der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 33 Abs. 2, 4 und 5 der Verordnung 2017/1001).

23      Mit ihrem ersten Klagegrund rügt die Klägerin zunächst, es sei „inkohärent und völlig irrig“, zu dem Ergebnis zu gelangen, dass der Ausdruck „exxtra deep“ für Kartoffelchips und die anderen Gemüsechips, nicht aber für „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse“ beschreibend sei. Die letztgenannten Erzeugnisse entsprächen dem Oberbegriff in der Überschrift von Klasse 29 der Klassifikation von Nizza (im Folgenden: Nizza-Klassifikation), bei dem stets davon ausgegangen worden sei, dass er Kartoffelchips und die übrigen Gemüsechips umfasse.

24      Auch habe die Widerspruchsabteilung des EUIPO im Jahr 1999 in einem Widerspruchsverfahren zwischen der Klägerin und der Streithelferin die Ansicht vertreten, dass der Ausdruck „Kartoffelchips“ von dem des „getrockneten Gemüses“ erfasst sei und dass diese Erzeugnisse daher identisch seien. Diese Entscheidung sei von der Beschwerdekammer des EUIPO sowie vom Gericht im Urteil vom 21. April 2005, PepsiCo/HABM – IntersnackKnabber-Gebäck (RUFFLES) (T‑269/02, EU:T:2005:138), bestätigt worden. Außerdem beruft sich die Klägerin vermittels eines vor Abschluss des mündlichen Verfahrens vorgelegten Beweises auf eine Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 22. März 2017 (Sache R 1659/2016‑4), die in einem Verfahren der Beschwerde der Streithelferin gegen die Ablehnung einer Eintragung den Standpunkt vertreten habe, dass „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse“ die Form von Chips haben könne.

25      Überdies seien Kartoffelchips zum einen in der alphabetischen Liste zu Klasse 29 der Nizza-Klassifikation gesondert ausgewiesen und zum anderen von keiner der vom EUIPO veröffentlichten Listen umfasst, die sich auf Begriffe der genannten alphabetischen Liste bezögen, welche von den Oberbegriffen in den Klassenüberschriften der Nizza-Klassifikation nicht erfasst seien. Dazu führt die Klägerin die Mitteilung Nr. 1/2016 des Exekutivdirektors des EUIPO vom 8. Februar 2016, das auf der Website des EUIPO zu findende Dokument „Erklärungen gemäß Art. 28 Abs. 8 der Verordnung Nr. 207/2009“ und die diesem als Anhang beigefügten Listen von Begriffen an, die als von der wörtlichen Bedeutung der Überschriften der jeweiligen Klassen nicht eindeutig erfasst angesehen würden.

26      Die Tatsache, dass Kartoffelchips von keiner der genannten Listen umfasst seien, bedeute, dass das EUIPO sie als von den Oberbegriffen in der Überschrift der Klasse 29 der Nizza-Klassifikation „eindeutig erfasst“ angesehen habe.

27      Weiter um darzutun, dass Kartoffelchips von dem zu Klasse 29 gehörenden „konservierte[n], getrocknete[n] und gekochte[n] Obst und Gemüse“ erfasst würden, macht die Klägerin geltend, erstens handele es sich bei Kartoffeln um Gemüse, zweitens ließen sich Chips mit tief eingebuchteten Wellen oder auch Cracker aus anderem Gemüse als Kartoffeln oder aus Obst herstellen und drittens könnten Chips frittiert, getrocknet oder gekocht sein, ganz gleich, ob es sich um Chips aus Kartoffeln oder anderem Gemüse oder aus Obst handele.

28      Es könne daher nicht zweifelhaft sein, dass Kartoffelchips getrocknetes und gekochtes Gemüse darstellten. Demgemäß hätte die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, dass die angegriffene Marke für Kartoffelchips beschreibend sei, auch für getrocknetes und gekochtes Gemüse gelten müssen. Außerdem handele es sich beim Trocknen und Kochen um Konservierungsmethoden, und das Wort „konserviert“ sei nicht so zu verstehen, dass es sich strikt auf den Begriff „Konserven“ im Sinne von Lebensmittelkonserven oder Konfitüren beziehe.

29      Infolgedessen sei die von der Beschwerdekammer getroffene Differenzierung zwischen „einem aus Gemüse hergestellten Chip oder Knabberprodukt“ einerseits und „Obst und Gemüse“ andererseits schwer verständlich. Insoweit handele es sich bei „konservierte[m], getrocknete[m] und gekochte[m] Gemüse“ der Klasse 29 um Verarbeitungserzeugnisse und somit nicht um frisches Gemüse oder Obst, die zu Klasse 31 gehörten. Zwar bestehe zwischen Kartoffelchips und „konservierte[m], getrocknete[m] und gekochte[m] Gemüse“ Identität, und das Kriterium der tief oder sogar sehr tief eingebuchteten Wellen sei ein charakteristisches Merkmal von Kartoffelchips, wie die Beschwerdekammer anerkannt habe, doch könne nicht gesagt werden, dass das Kriterium der „tief“ eingebuchteten Wellen kein Merkmal von „konservierte[m], getrocknete[m] und gekochte[m] Gemüse“ sei. Der Irrtum der Beschwerdekammer bestehe darin, dass sie diese Erzeugnisse auf ihren Grundstoff reduziert und nicht auf das fertige Erzeugnis abgestellt habe.

30      Schließlich macht die Klägerin geltend, die bloße Tatsache, dass die angegriffene Marke auch spezifische Knabbererzeugnisse erfasse, impliziere nicht, dass diese Erzeugnisse nicht unter die Oberbegriffe der Überschrift der Klasse 29 der Nizza-Klassifikation fielen. Es sei gängige Praxis, unter die Liste der Waren, für die eine Marke angemeldet worden sei, sowohl die Oberbegriffe als auch von diesen Oberbegriffen erfasste spezifische Produkte zu fassen. In einem solchen Fall sei die Marke, wenn sie für die spezifischen Erzeugnisse eindeutig beschreibend sei, auch hinsichtlich des Oberbegriffs, der diese Erzeugnisse umfasse, nicht eintragungsfähig.

31      Das EUIPO ruft zunächst seine ständige Entscheidungspraxis in Erinnerung, wonach eine auf den beschreibenden Charakter abstellende Rüge nicht nur die Waren und Dienstleistungen erfasse, für die die Wörter, aus denen die angemeldete Marke bestehe, unmittelbar beschreibend seien, sondern auch die weitere Kategorie, die zumindest potenziell eine bestimmbare Unterkategorie oder spezifische Waren und Dienstleistungen enthalte, für die die angemeldete Marke unmittelbar beschreibend sei. Ohne eine entsprechende Begrenzung durch den Anmelder der Marke betreffe eine auf den beschreibenden Charakter abstellende Rüge notwendig die weitere Kategorie als solche. Diese Praxis sei von den Gerichten der Europäischen Union in ständiger Rechtsprechung bestätigt worden.

32      Das EUIPO trägt sodann vor, die Kernfrage im vorliegenden Fall sei die, ob die allgemeine Kategorie der zu Klasse 29 gehörenden Waren „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse“ die von derselben Klasse umfassten spezifischen Waren „[i]m Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte oder zubereitete Gemüse- und Kartoffelprodukte für Knabberzwecke; geröstete, getrocknete, gesalzene, gewürzte, umhüllte und verarbeitete Nüsse, Cashewkerne, Pistazien, Mandeln, Erdnüsse, Kokosnüsse (getrocknet)“ einschließt, in Bezug auf die die angegriffene Marke deshalb für nichtig erklärt worden sei, weil sie beschreibend und damit nicht unterscheidungskräftig sei.

33      Das EUIPO führt aus,

–        entweder sei das Gericht der Auffassung, dass „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Gemüse“ der Klasse 29 nicht die von dieser Klasse umfassten „[i]m Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte[n] oder zubereitete[n] Gemüse- und Kartoffelprodukte für Knabberzwecke“ erfasse, so dass in diesem Fall die angefochtene Entscheidung bestätigt und der Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 zurückgewiesen werden müsse;

–        oder aber es vertrete die Ansicht, dass „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Gemüse“ der Klasse 29 die von dieser Klasse umfassten „[i]m Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte[n] oder zubereitete[n] Gemüse- und Kartoffelprodukte für Knabberzwecke“ erfasse, so dass in diesem Fall die angefochtene Entscheidung aufgehoben und dem Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 207/2009 stattgegeben werden müsse.

34      Die Streithelferin weist zunächst darauf hin, dass die angegriffene Marke für „Kartoffelprodukte für Knabberzwecke“ und „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Gemüse“ eingetragen worden sei. Zwischen diesen beiden Erzeugnissen bestehe auch ein Unterschied, was ihre Art und Herstellung angehe. Zum einen seien Gemüse und Erzeugnisse aus Gemüse ihrer Art nach unterschiedlich. Zum anderen würden die „Kartoffelprodukte für Knabberzwecke“ „[i]m Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellt“, während das „Obst und Gemüse“ „konserviert …, getrocknet … und gekocht“ werde.

35      Kartoffelchips fielen eindeutig in die Kategorie der im Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellten oder zubereiteten Kartoffelprodukte. Wie die Beschwerdekammer zu Recht in Rn. 17 der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe, seien Kartoffelchips kein Gemüse, sondern vielmehr Erzeugnisse aus Gemüse. Es sei daher irrig, zu behaupten, dass Kartoffelchips in die Kategorie „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse“ fielen.

36      Die Beschwerdekammer habe folglich zu Recht angenommen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die angegriffene Marke nicht unmittelbar und ohne weitere Überlegung als beschreibend für die fraglichen Waren ansehen könnten. Eine Kartoffel, sei sie konserviert, getrocknet oder gekocht, könne zwar in Scheiben geschnitten, gehackt oder auf unterschiedliche Art und Weise zubereitet sein, als Gemüse werde sie jedoch als solche nicht als „tief eingebuchtet“ beschrieben werden. Es bedürfe eines zweiten, keinesfalls unmittelbaren gedanklichen Schritts, um zu dem Schluss gelangen zu können, dass das Wort „deep“ einen spezifischen Zuschnitt der streitigen Waren beschreibe. Der Ausdruck „exxtra deep“ sei ungenau, soweit er sich auf die fraglichen Waren beziehe, und stelle allenfalls eine Anspielung auf eine besondere Art und Weise des Zuschnitts des Gemüses oder des Obstes dar.

37      Unter Vorlage eines Beweises in der mündlichen Verhandlung beruft sich die Streithelferin auf eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung des EUIPO vom 30. August 2004 (Sache 2940/2004), in der diese im Rahmen der nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) (später Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009, jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001) vorgenommenen Prüfung der Ähnlichkeit von getrocknetem Obst und Gemüse einerseits und Kartoffelchips andererseits die Ansicht vertreten habe, dass diese beiden Erzeugnisse nach Art und Verwendungszweck unterschiedlich seien.

38      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 sind „Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können“, von der Eintragung ausgeschlossen.

39      Nach ständiger Rechtsprechung verfolgt Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Angaben oder Zeichen, die für Merkmale von Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, beschreibend sind, von jedermann frei verwendet werden können (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, MacLean-Fogg/HABM [LOKTHREAD], T‑339/05, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:172, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Außerdem werden Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der angemeldeten Ware oder Dienstleistung dienen können, gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 als ungeeignet angesehen, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, die darin besteht, die betriebliche Herkunft der Ware oder Dienstleistung zu identifizieren, um es dem Verbraucher, der die mit der Marke gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt, so zu ermöglichen, bei einem weiteren Erwerb seine Entscheidung davon abhängig zu machen, ob er gute oder schlechte Erfahrungen gemacht hat (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, LOKTHREAD, T‑339/05, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:172, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Folglich fällt ein Zeichen unter das in dieser Bestimmung aufgestellte Verbot, wenn es einen hinreichend direkten und konkreten Zusammenhang mit den fraglichen Waren oder Dienstleistungen aufweist, der es dem betreffenden Publikum ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale zu erkennen (vgl. Urteile vom 12. Juni 2007, LOKTHREAD, T‑339/05, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:172, Rn. 29, vom 7. Juli 2011, Cree/HABM [TRUEWHITE], T‑208/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:340, Rn. 14, und vom 14. Januar 2016, Zitro IP/HABM [TRIPLE BONUS], T‑318/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:1, Rn. 20).

42      Nach Maßgabe der Bestimmungen und der Rechtsprechung, die in den Rn. 39 bis 41 des vorliegenden Urteils angeführt worden sind, lässt sich der beschreibende Charakter eines Zeichens nur unter Berücksichtigung zum einen der betroffenen Waren oder Dienstleistungen und zum anderen dessen, was die maßgeblichen Verkehrskreise darunter verstehen, beurteilen (vgl. Urteil vom 15. Januar 2015, MEM/HABM [MONACO], T‑197/13, EU:T:2015:16, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Feststellung des beschreibenden Charakters einer Marke nicht nur für die Waren gilt, für die sie unmittelbar beschreibend ist, sondern, wenn eine entsprechende Begrenzung durch den Markenanmelder fehlt, auch für die weitere Kategorie, zu der diese Waren gehören (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. September 2009, Wella/HABM [TAME IT], T‑471/07, EU:T:2009:328, Rn. 18, vom 16. Dezember 2010, Fidelio/HABM [Hallux], T‑286/08, EU:T:2010:528, Rn. 37, und vom 15. Juli 2015, Australian Gold/HABM – Effect Management & Holding [HOT], T‑611/13, EU:T:2015:492, Rn. 44).

44      Schließlich ist daran zu erinnern, dass zwischen dem Anwendungsbereich des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 und dem ihres Art. 7 Abs. 1 Buchst. b eine gewisse Überschneidung besteht, da Zeichen, die für bestimmte Waren und Dienstleistungen, auf die sich Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung bezieht, beschreibend sind, notwendig auch keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung hinsichtlich derselben Waren und Dienstleistungen haben (vgl. Urteil vom 3. Juli 2013, Airbus/HABM [NEO], T‑236/12, EU:T:2013:343, Rn. 42 und 44 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

45      Festzustellen ist vorab, dass die Klägerin nicht die in Rn. 14 der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Würdigung der Beschwerdekammer hinsichtlich der maßgeblichen Verkehrskreise beanstandet, bei denen es sich in Anbetracht der fraglichen Waren und der englischsprachigen Wortbestandteile, aus denen sich die angegriffene Marke zusammensetzt, um die englischsprachige breite Öffentlichkeit der Union handelt, die einen geringen Grad an Aufmerksamkeit an den Tag legen wird. Die Klägerin stellt auch nicht die Bedeutung des Ausdrucks „exxtra deep“ – nämlich als „außergewöhnlich tief“ – in Abrede, wie sie aus Rn. 14 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht.

46      Die Klägerin rügt, die Beschwerdekammer habe den beschreibenden Charakter der angegriffenen Marke für die zu Klasse 29 gehörenden Waren „[i]m Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte oder zubereitete Gemüse- und Kartoffelprodukte für Knabberzwecke“ bejaht, jedoch für die zur selben Klasse gehörenden Waren „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse“ verneint, obwohl die erstgenannten Waren von der allgemeinen Kategorie erfasst sein sollen, die von den letztgenannten Waren gebildet werde. So wirft die Klägerin der Beschwerdekammer vor, sie habe aus der Feststellung des beschreibenden Charakters der angegriffenen Marke für einige spezifische Waren nicht die Konsequenzen für die Prüfung des beschreibenden Charakters dieser Marke für andere Waren, die zu einer allgemeineren Warenkategorie gehörten, gezogen.

47      Damit ist, wie das EUIPO ausdrücklich darlegt, die in der vorliegenden Rechtssache zu beantwortende zentrale Frage die, ob die „[i]m Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte[n] oder zubereitete[n] Gemüse- und Kartoffelprodukte für Knabberzwecke“ von der Kategorie „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse“ umfasst werden.

48      Die Beschreibung der zu Klasse 29 gehörenden Waren, für die die angegriffene Marke eingetragen worden ist (vgl. oben, Rn. 3) lässt a priori nicht die Annahme zu, dass die „[i]m Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte[n] oder zubereitete[n] Gemüse- und Kartoffelprodukte für Knabberzwecke“ von der Kategorie des „konservierte[n], getrocknete[n] und gekochte[n] Obst[es] und Gemüse[s]“ umfasst werden. Zum einen sind diese beiden Warenkategorien durch ein Semikolon getrennt. Durch ein Semikolon wird aber eine Unterscheidung zwischen zwei zur selben Klasse gehörenden Warenkategorien getroffen, während Kommata dazu dienen, Artikel innerhalb ein und derselben Warenkategorie voneinander zu trennen (Urteil vom 15. Mai 2014, Louis Vuitton Malletier/HABM, C‑97/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:324, Rn. 96). Zum anderen liegt hier kein Wort oder Begriff, wie z. B. „einschließlich“ oder „insbesondere“, vor, der die Annahme zuließe, dass eine der Kategorien in der anderen enthalten ist (vgl. zum Begriff „einschließlich“ Urteil vom 15. Juli 2015, HOT, T‑611/13, EU:T:2015:492, Rn. 45; vgl. weiter zum Begriff „insbesondere“ Urteile vom 8. Juni 2005, Wilfer/HABM [ROCKBASS], T‑315/03, EU:T:2005:211, Rn. 3 und 64, und vom 12. November 2008, Scilproteins/HABM – Indena [affilene], T‑87/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:487, Rn. 38 und 39; vgl. ferner zum Begriff „einschließlich“ Urteil vom 15. Mai 2014, Louis Vuitton Malletier/HABM, C‑97/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:324, Rn. 97).

49      Sodann ist mit der Klägerin festzustellen, dass die Kategorie „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse“ einem der Oberbegriffe der Überschrift der Klasse 29 der Nizza-Klassifikation („Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten [Gelees], Konfitüren, Kompotte; Eier; Milch und Milchprodukte; Speiseöle und ‑fette“) entspricht.

50      Diese Feststellung allein erlaubt jedoch nicht die Schlussfolgerung, dass die „[i]m Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte[n] oder zubereitete[n] Gemüse- und Kartoffelprodukte für Knabberzwecke“ von der Kategorie des „konservierte[n], getrocknete[n] und gekochte[n] Obst[es] und Gemüse[s]“ erfasst würden.

51      Hierbei ist nämlich zu beachten, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke die Mitteilung Nr. 4/03 des Exekutivdirektors des EUIPO vom 16. Juni 2003 über die Verwendung von Klassenüberschriften in Verzeichnissen der Waren und Dienstleistungen für Gemeinschaftsmarkenanmeldungen und ‑eintragungen nicht mehr in Kraft war, wonach namentlich „die Verwendung eines bestimmten Oberbegriffs aus der Klassenüberschrift alle einzelnen Waren oder Dienstleistungen ab[deckt], die von diesem Oberbegriff abgedeckt sind und ordnungsgemäß derselben Klasse zugeordnet wurden“ (Nr. IV Abs. 2 der Mitteilung).

52      Die Mitteilung Nr. 2/12 des Exekutivdirektors des EUIPO vom 20. Juni 2012 über die Verwendung von Klassenüberschriften in Verzeichnissen der Waren und Dienstleistungen für Gemeinschaftsmarkenanmeldungen und ‑eintragungen, mit der die Mitteilung Nr. 4/03 aufgehoben worden ist, hat in Nr. VIII einen auf den Wortlaut abstellenden Ansatz festgelegt, der darin besteht, den Bestandteilen eines Oberbegriffs ihre natürliche und übliche Bedeutung beizumessen. In Nr. II Buchst. i Abs. 2 der Mitteilung Nr. 1/13 des Exekutivdirektors des EUIPO vom 26. November 2013 wird bestätigt, dass dieser Ansatz auch dann gilt, wenn die Anmeldung nur bestimmte Oberbegriffe aus einer Klassenüberschrift anführt. Schließlich ist dieser sogenannte „wörtliche“ Ansatz durch die Änderung des Art. 28 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 festgeschrieben worden, die durch die Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung Nr. 207/2009 und der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren (ABl. 2015, L 341, S. 21) vorgenommen worden ist. Danach ist „[d]ie Verwendung … der Oberbegriffe der Klassenüberschriften der Nizza-Klassifikation … dahin auszulegen, dass diese alle Waren … einschließen, die eindeutig von der wörtlichen Bedeutung des Begriffs erfasst sind“.

53      Somit kann, was die angegriffene Marke angeht, die Verwendung eines Oberbegriffs aus der Überschrift der Klasse 29 insbesondere nicht dahin ausgelegt werden, dass damit alle unter diesen Oberbegriff fallenden Waren oder Dienstleistungen erfasst würden, die in der alphabetischen Liste der Klasse 29 in der zum Zeitpunkt der Anmeldung geltenden Ausgabe der Nizza-Klassifikation aufgeführt waren. Vielmehr ist im Rahmen eines Ansatzes wie dem in Rn. 52 des vorliegenden Urteils dargelegten zu prüfen, ob die „[i]m Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte[n] oder zubereitete[n] Gemüse- und Kartoffelprodukte für Knabberzwecke“ von der mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Kategorie des „konservierte[n], getrocknete[n] und gekochte[n] Obst[es] und Gemüse[s]“ umfasst werden.

54      Erstens werden Knabberprodukte (insbesondere Chips), wie ausdrücklich in der Beschreibung der durch die angegriffene Marke gekennzeichneten Waren der Klasse 29 angegeben worden ist, aus Kartoffeln hergestellt, bei denen es sich unbestreitbar um ein Gemüse handelt, wie insbesondere die von der Klägerin dem EUIPO vorgelegte Definition des Oxford English Dictionary belegt, wonach ein Gemüse („vegetable“) „jeder lebende Organismus [ist], der kein Tier ist; speziell ein dem Pflanzenreich angehörender“. Dies wird von der Streithelferin nicht bestritten.

55      Zweitens können Chips, wie die Klägerin hervorhebt, aus anderem Gemüse als Kartoffeln oder aus Obst erzeugt werden.

56      Drittens schließt nichts die Annahme aus, dass Chips aus Gemüse oder Obst als getrocknetes oder gekochtes Gemüse oder Obst anzusehen sind. Wie die Klägerin betont, können Chips frittiert, getrocknet oder gekocht sein.

57      Viertens wird, wie die Klägerin zutreffend darlegt, das zu Klasse 29 gehörende Obst und Gemüse „konserviert …, getrocknet … und gekocht“. Es handelt sich dabei nicht um frisches Obst, das zu Klasse 31 gehört. Die Chips oder – im weiteren Sinne – die „[i]m Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte[n] oder zubereitete[n] Gemüse- und Kartoffelprodukte für Knabberzwecke“ werden vielmehr aus konserviertem, getrocknetem oder gekochtem Gemüse oder Obst hergestellt.

58      Damit ist aus den von der Klägerin angeführten, vom EUIPO nicht bestrittenen Gründen davon auszugehen, dass „[i]m Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte oder zubereitete Gemüse- und Kartoffelprodukte für Knabberzwecke“ der Klasse 29 von der von derselben Klasse erfassten Kategorie „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse“ umfasst werden.

59      Im Übrigen ist zwar die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern allein auf der Grundlage der Verordnung Nr. 207/2009 und nicht auf der Grundlage einer dieser Verordnung vorausgehenden Entscheidungspraxis des EUIPO zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, EU:C:2007:252, Rn. 65, vom 2. Mai 2012, Universal Display/HABM [UniversalPHOLED], T‑435/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:210, Rn. 37, und vom 22. März 2017, Intercontinental Exchange Holdings/EUIPO [BRENT INDEX], T‑430/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:198, Rn. 43), jedoch ist zu beachten, dass das EUIPO nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung bereits ergangene Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten muss, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Mai 2017, Bammer/EUIPO – mydays [MÄNNERSPIELPLATZ], T‑372/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:331, Rn. 60).

60      Im vorliegenden Fall erging die von der Klägerin angeführte Entscheidung der Widerspruchsabteilung vom 23. November 1999 (vgl. oben, Rn. 24) zu einem Sachverhalt, der demjenigen der vorliegenden Rechtssache sehr ähnlich ist. Zum einen ging es dort, wie im vorliegenden Fall, um ein Verfahren zwischen der Klägerin und der Streithelferin. Zum anderen stellte sich wie im vorliegenden Fall die Frage, ob Kartoffelchips zur allgemeineren Kategorie des getrockneten Gemüses gehören.

61      Die Widerspruchsabteilung hatte die Ansicht vertreten, dass „Kartoffelchips“ von „getrocknete[m] Gemüse“ erfasst würden und diese Erzeugnisse somit identisch seien. Diese Entscheidung der Widerspruchskammer ist, wie die Klägerin dargelegt hat, ohne dass ihr das EUIPO widersprochen hat, weder von der Beschwerdekammer noch vom Gericht im Urteil vom 21. April 2005, RUFFLES (T‑269/02, EU:T:2005:138), aufgehoben worden.

62      Was die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 22. März 2017 (vgl. oben, Rn. 24) betrifft, die nach der angefochtenen Entscheidung ergangen ist, so ist zwar, wie das EUIPO in der mündlichen Verhandlung betont hat, festzustellen, dass sich diese Entscheidung nicht dazu geäußert hat, ob die „[i]m Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte[n] oder zubereitete[n] Gemüse- und Kartoffelprodukte für Knabberzwecke“ von der Kategorie „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse“ erfasst werden. Die Beschwerdekammer gelangte indessen zu dem Ergebnis, dass das Zeichen #CHIPS namentlich für „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse“ beschreibend sei, da dieses die Form von Chips annehmen könne. Die Beschwerdekammer hat also den beschreibenden Charakter des Zeichens #CHIPS unter Berücksichtigung des Umstands bejaht, dass die maßgeblichen Verkehrskreise eine Anspielung auf eine bestimmte Art und Weise des Zuschnitts des fraglichen Obstes und Gemüses in Form von Chips wahrnehmen werden, während dieselbe Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung ausgeschlossen hatte, dass diese besondere Zuschnittform ein „Merkmal“ der fraglichen Waren im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 darstellen könne. Die von der Klägerin angeführte Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 22. März 2017 lässt somit zumindest eine gewisse Inkohärenz in der neueren Entscheidungspraxis des EUIPO im Bereich des „konservierte[n], getrocknete[n] und gekochte[n] Obst[es] und Gemüse[s]“ erkennen.

63      Soweit es um die Entscheidung der Widerspruchsabteilung vom 30. August 2004 geht, die von der Streithelferin erstmals in der mündlichen Verhandlung angeführt worden ist (vgl. oben, Rn. 37), so ist sie durch die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des EUIPO vom 1. Juli 2005 (Sache R 804/2004‑1) eben mit der Begründung aufgehoben worden, dass die Widerspruchsabteilung die Ähnlichkeit von getrocknetem Obst und Gemüse einerseits und Kartoffelchips andererseits irrig beurteilt habe, indem sie sie verneint habe.

64      Nach alledem ist daher festzustellen, dass die Beschwerdekammer einen Fehler begangen hat, indem sie nicht die Konsequenzen aus der Bejahung des beschreibenden Charakters der angegriffenen Marke für die von der Klasse 29 umfassten „[i]m Extrudier- und Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte[n] oder zubereitete[n] Gemüse- und Kartoffelprodukte für Knabberzwecke“ für die Prüfung des beschreibenden Charakters dieser Marke für das zur selben Klasse gehörende „konservierte …, getrocknete und gekochte …Obst und Gemüse“ gezogen hat.

65      Wie in Rn. 44 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, fehlt darüber hinaus den beschreibenden Zeichen, auf die sich Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 bezieht, auch die Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung.

66      Demgemäß ist dem ersten Klagegrund insgesamt stattzugeben, und die angefochtene Entscheidung ist, ohne dass es einer Entscheidung über den zweiten Klagegrund bedarf, aufzuheben, soweit mit ihr die Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen worden ist, mit der diese die Aufhebung der Entscheidung der Widerspruchsabteilung begehrt hat, soweit diese die angegriffene Marke nicht für „konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse“ der Klasse 29 für nichtig erklärt hatte.

 Kosten

67      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

68      Da das EUIPO insofern unterlegen ist, als die angefochtene Entscheidung aufgehoben wird, sind ihm gemäß dem Antrag der Klägerin seine eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

69      Die Streithelferin, die mit ihren Anträgen unterlegen ist, trägt ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 24. November 2016 (Sache R 482/20164) wird aufgehoben.

2.      Das EUIPO trägt seine eigenen Kosten und die Kosten der PepsiCo, Inc.

3.      Die Intersnack Group GmbH & Co. KG trägt ihre eigenen Kosten.

Kanninen

Schwarcz

Iliopoulos

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 21. November 2018.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.

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Referenzen

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