Urteil vom Europäischer Gerichtshof - C-627/17

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)

22. November 2018 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verordnung (EG) Nr. 861/2007 – Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen – Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 – Anwendungsbereich – Begriff ‚Parteien‘ – Grenzüberschreitende Rechtssachen“

In der Rechtssache C‑627/17

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Okresný súd Dunajská Streda (Bezirksgericht Dunajská Streda, Slowakische Republik) mit Entscheidung vom 18. September 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 8. November 2017, in dem Verfahren

ZSE Energia, a.s.

gegen

RG,

Beteiligte:

ZSE Energia CZ, s. r. o.,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Achten Kammer F. Biltgen in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zehnten Kammer, des Richters E. Levits (Berichterstatter) und der Richterin M. Berger,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der slowakischen Regierung, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte,

der portugiesischen Regierung, vertreten durch M. J. Castello-Branco, L. Inez Fernandes und M. Figueiredo als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Heller und A. Tokár als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. 2007, L 199, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 517/2013 des Rates vom 13. Mai 2013 (ABl. 2013, L 158, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 861/2007).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der ZSE Energia, a.s. und RG wegen der Beitreibung einer Forderung mit einem Hauptbetrag von 423,74 Euro.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Verordnung Nr. 861/2007

3

Im siebten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 861/2007 heißt es:

„… Die Hindernisse für ein schnelles Urteil mit geringen Kosten verschärfen sich in grenzüberschreitenden Fällen. Es ist daher erforderlich, ein europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen einzuführen. Ziel eines solchen europäischen Verfahrens sollte der erleichterte Zugang zur Justiz sein. …“

4

Im achten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 861/2007 heißt es:

„Mit dem europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen sollten Streitigkeiten mit geringem Streitwert in grenzüberschreitenden Fällen vereinfacht und beschleunigt und die Kosten verringert werden, indem ein fakultatives Instrument zusätzlich zu den Möglichkeiten geboten wird, die nach dem Recht der Mitgliedstaaten bestehen und unberührt bleiben. …“

5

Im elften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 861/2007 heißt es:

„Zur Erleichterung der Einleitung des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen sollte der Kläger ein Klageformblatt ausfüllen und beim zuständigen Gericht einreichen. …“

6

Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 861/2007 lautet:

„Mit dieser Verordnung wird ein europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen eingeführt, damit Streitigkeiten in grenzüberschreitenden Rechtssachen mit geringem Streitwert einfacher und schneller beigelegt und die Kosten hierfür reduziert werden können. Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen steht den Rechtssuchenden als eine Alternative zu den in den Mitgliedstaaten bestehenden innerstaatlichen Verfahren zur Verfügung.“

7

Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 861/2007 sieht vor:

„Diese Verordnung gilt für grenzüberschreitende Rechtssachen in Zivil- und Handelssachen, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt, wenn der Streitwert der Klage ohne Zinsen, Kosten und Auslagen zum Zeitpunkt des Eingangs beim zuständigen Gericht 2000 [Euro] nicht überschreitet. Sie erfasst insbesondere nicht Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten sowie die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte (‚acta jure imperii‘).“

8

In Art. 3 der Verordnung Nr. 861/2007 heißt es:

„(1)   Eine grenzüberschreitende Rechtssache im Sinne dieser Verordnung liegt vor, wenn mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem des angerufenen Gerichts hat.

(3)   Maßgeblicher Augenblick zur Feststellung, ob eine grenzüberschreitende Rechtssache vorliegt, ist der Zeitpunkt, zu dem das Klageformblatt beim zuständigen Gericht eingeht.“

9

Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 861/2007 bestimmt:

„Fällt die erhobene Klage nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung, so unterrichtet das Gericht den Kläger darüber. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin nicht zurück, so verfährt das Gericht mit ihr nach Maßgabe des Verfahrensrechts des Mitgliedstaats, in dem das Verfahren durchgeführt wird.“

10

Art. 19 der Verordnung Nr. 861/2007 lautet:

„Sofern diese Verordnung nichts anderes bestimmt, gilt für das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen das Verfahrensrecht des Mitgliedstaats, in dem das Verfahren durchgeführt wird.“

Slowakisches Recht

11

Nach § 60 des Gesetzes Nr. 160/2015, Zivilprozessordnung, in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anzuwendenden Fassung sind unter „Prozessparteien“ der Kläger und der Beklagte zu verstehen.

12

Gemäß § 81 dieses Gesetzes ist Streithelfer, wer sich am Verfahren auf Seiten des Klägers oder des Beklagten beteiligt und ein rechtliches Interesse am Ausgang des Verfahrens hat.

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

13

ZSE Energia, die ihren Sitz in Bratislava (Slowakische Republik) hat, erhob bei dem vorlegenden Gericht eine Klage auf Zahlung einer Forderung in Höhe von 423,74 Euro, zuzüglich Verzugszinsen, gemäß dem europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen.

14

Sie bediente sich hierfür des in Anhang I der Verordnung Nr. 861/2007 enthaltenen Formblatts A, auf dem sie als Klägerin 1 genannt war.

15

Des Weiteren wurde auf diesem Formblatt die in der Tschechischen Republik niedergelassene ZSE Energia CZ, s. r. o. als Klägerin 2 angegeben. In der gegenständlichen Klage hieß es, dass ZSE Energia CZ eine Vereinbarung mit ZSE Energia geschlossen habe, nach der ZSE Energia CZ gegen Provision die Verwaltung und Beitreibung bestimmter Forderungen von ZSE Energia, darunter die Forderung gegenüber RG mit Wohnsitz in Vojka nad Dunajom (Slowakische Republik), vornehme.

16

Die Klägerin 2 teilte dem vorlegenden Gericht mit gesondertem Schriftsatz in der Anlage zur Klageschrift mit, dass sie dem anhängigen Rechtsstreit als Streithelferin im Sinne von § 81 der Zivilprozessordnung beitrete, da sie ein rechtliches Interesse am Ausgang des Verfahrens habe.

17

Mit dem in Anhang II der Verordnung Nr. 861/2007 enthaltenen Formblatt B forderte das vorlegende Gericht die Klägerinnen 1 und 2 auf, das Formblatt A zu berichtigen. Es wies darauf hin, dass die in Rede stehende Klage Angaben zu zwei Klägerinnen enthalte, dass auf dem Formblatt aber angegeben sei, dass die Forderung nur gegenüber der Klägerin 1 zu begleichen sei. In der Annahme, dass die Klägerin 2 nicht die eigentliche Klägerin sei, ersuchte das vorlegende Gericht darum, nur die Klägerin 1 in der Klage zu nennen oder in dieser zu ergänzen, welche Forderung die Beklagte gegenüber der Klägerin 2 zu begleichen habe.

18

Auf dieses Ersuchen hin übermittelte ZSE Energia dem vorlegenden Gericht ein gebührend berichtigtes Formblatt A, auf dem allein diese Gesellschaft als „Kläger“ genannt war, während ZSE Energia CZ darin nur als „Streithelfer“ angeführt wurde.

19

Das vorlegende Gericht fragte sich daraufhin, ob der ihm vorliegende Rechtsstreit eine grenzüberschreitende Rechtssache darstellt, die in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 861/2007 fällt.

20

Unter diesen Umständen hat der Okresný súd Dunajská Streda (Bezirksgericht Dunajská Streda, Slowakische Republik) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist der Ausdruck „eine der Parteien“ in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 861/2007 dahin auszulegen, dass er auch den „Streithelfer“ umfasst, d. h. eine am Verfahren beteiligte Person, bei der es sich weder um den Kläger noch um den Beklagten handelt, sondern die dem Verfahren nur beitritt, um die Anträge des Klägers oder des Beklagten zu unterstützen?

2.

Für den Fall, dass der „Streithelfer“ nicht als „Partei“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 861/2007 anzusehen ist:

Fällt ein mit dem Formblatt A in Gang gesetztes Verfahren zwischen dem Kläger und dem Beklagten, wenn diese ihren Wohnsitz in dem Mitgliedstaat haben, in dem auch das angerufene Gericht seinen Sitz hat, und nur der „Streithelfer“ seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 861/2007 in den Anwendungsbereich dieser Verordnung?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

21

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 861/2007 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Parteien“ bloß die klagende und die beklagte Partei des Ausgangsverfahrens oder auch einen „Streithelfer“ umfasst, der dem Verfahren beitritt, um die Anträge der einen oder der anderen Partei des Ausgangsverfahrens zu unterstützen.

22

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 861/2007 weder der Begriff „Parteien“ definiert noch insoweit auf das Recht der Mitgliedstaaten verwiesen wird. Nach ständiger Rechtsprechung folgt aus den Erfordernissen sowohl der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts als auch des Gleichheitsgrundsatzes, dass die Begriffe einer Bestimmung des Unionsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Europäischen Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen (vgl. u. a. Urteil vom 7. August 2018, Bichat u. a., C‑61/17, C‑62/17 und C‑72/17, EU:C:2018:653, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23

Der Begriff „Parteien“ in Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung muss daher in der Unionsrechtsordnung eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten.

24

Insoweit ist zum einen festzustellen, dass es der Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 861/2007 für sich genommen nicht zulässt, mit Sicherheit zu behaupten, dass der Begriff „Parteien“ nicht auch den Begriff „Streithelfer“ umfasst.

25

Zum anderen ist hinsichtlich der Zweifel, die das vorlegende Gericht zur Auslegung des Begriffs „Parteien“ aufgrund einer etwaigen Inkohärenz in der slowakischen Sprachfassung der Verordnung Nr. 861/2007 äußert, darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen des Unionsrechts im Licht der Fassungen in allen Sprachen der Union einheitlich ausgelegt und angewandt werden müssen. Weichen die verschiedenen Sprachfassungen eines Rechtstexts der Union voneinander ab, muss die fragliche Vorschrift anhand der allgemeinen Systematik und des Zwecks der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört (Urteil vom 1. März 2016, Alo und Osso, C‑443/14 und C‑444/14, EU:C:2016:127, Rn. 27).

26

Was den allgemeinen Aufbau der Verordnung Nr. 861/2007 angeht, ist mit dem vorlegenden Gericht darauf hinzuweisen, dass diese Verordnung nur die Rechte und Pflichten der klagenden und der beklagten Partei des Ausgangsverfahrens regelt. So sind die in den Anhängen I und III dieser Verordnung enthaltenen Formblätter A und C vom „Kläger“ (Formblatt A) und vom „Beklagten“ (Formblatt C) auszufüllen. Dagegen ist, mit Ausnahme der Rubriken der Formblätter, die die Verordnung Nr. 861/2007 dem zuständigen Gericht vorbehält, für andere gegebenenfalls an dem Ausgangsrechtsstreit beteiligte Personen keine weitere Rubrik vorgesehen.

27

Folglich kann aus dem allgemeinen Aufbau der Verordnung Nr. 861/2007 abgeleitet werden, dass eine Beteiligung von Streithelfern an den unter diese Verordnung fallenden Rechtssachen nicht vorgesehen war.

28

Diese Würdigung wird durch das Ziel der Verordnung Nr. 861/2007 bestätigt. In ihren Erwägungsgründen 7 und 8 sowie in ihrem Art. 1 wird nämlich hervorgehoben, dass das Ziel des fakultativen europäischen Verfahrens ein dreifaches ist. Damit soll es ermöglicht werden, Streitigkeiten in grenzüberschreitenden Rechtssachen mit geringem Streitwert einfacher, schneller und mit geringeren Kosten beizulegen. Ein solches Ziel ließe sich indes nicht verwirklichen, wenn das geschaffene Verfahren die Beteiligung einer dritten Person, etwa als Streithelfer, zuließe.

29

In diesem Zusammenhang ist auch – in Übereinstimmung mit den schriftlichen Erklärungen der slowakischen Regierung und der Kommission – darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber anlässlich der Annahme der Verordnung (EU) 2015/2421 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung Nr. 861/2007 (ABl. 2015, L 341, S. 1) den Willen zum Ausdruck gebracht hat, die Begriffsbestimmung für grenzüberschreitende Rechtssachen – entgegen dem diesbezüglichen Vorschlag der Kommission (COM[2013] 794 final) – nicht zu erweitern. Dieser Wille des Unionsgesetzgebers würde verkannt, wenn der Umstand, dass ein Streithelfer seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hat als dem, in dem der Kläger und der Beklagte ihren Wohnsitz haben, ausreichte, um den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 861/2007 auf einen Rechtsstreit wie das Ausgangsverfahren zu erstrecken.

30

Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 861/2007 dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Parteien“ nur die klagende und die beklagte Partei des Ausgangsverfahrens umfasst.

Zur zweiten Frage

31

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 861/2007 dahin auszulegen sind, dass ein Rechtsstreit dann in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt, wenn die klagende und die beklagte Partei ihren Wohnsitz in dem Mitgliedstaat haben, in dem auch das angerufene Gericht seinen Sitz hat.

32

Hierzu genügt der Hinweis, dass Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 861/2007 den Anwendungsbereich der Verordnung ausdrücklich auf grenzüberschreitende Rechtssachen beschränkt. Nach Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung, wie vom Gerichtshof in Rn. 30 des vorliegenden Urteils ausgelegt, liegt eine grenzüberschreitende Rechtssache vor, wenn die klagende und/oder die beklagte Partei ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem des angerufenen Gerichts hat.

33

Folglich fällt ein Rechtsstreit wie das Ausgangsverfahren, in dem die klagende und die beklagte Partei ihren Wohnsitz in dem Mitgliedstaat haben, in dem auch das angerufene Gericht seinen Sitz hat, nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 861/2007.

34

Der Vollständigkeit halber sei daran erinnert, dass die Verordnung Nr. 861/2007 ausweislich ihres achten Erwägungsgrundes ein Instrument ist, das, wenn die für seine Anwendung aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind, zusätzlich zu den Möglichkeiten geboten wird, die nach dem Recht der Mitgliedstaaten bestehen.

35

Fällt die erhobene Klage nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 861/2007, so findet demnach das in dem Mitgliedstaat, in dem das Verfahren durchgeführt wird, anwendbare Verfahrensrecht weiterhin Anwendung. In einem solchen Fall ist es gemäß Art. 4 Abs. 3 dieser Verordnung Sache des vorlegenden Gerichts, den Kläger darüber zu unterrichten und, wenn er seine Klage daraufhin nicht zurücknimmt, mit dieser nach Maßgabe des anzuwendenden nationalen Verfahrensrechts zu verfahren.

36

Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 861/2007 dahin auszulegen sind, dass ein Rechtsstreit wie das Ausgangsverfahren, in dem die klagende und die beklagte Partei ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem Mitgliedstaat haben, in dem auch das angerufene Gericht seinen Sitz hat, nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt.

Kosten

37

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen in der durch die Verordnung (EU) Nr. 517/2013 des Rates vom 13. Mai 2013 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Parteien“ nur die klagende und die beklagte Partei des Ausgangsverfahrens umfasst.

 

2.

Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 861/2007 in der durch die Verordnung Nr. 517/2013 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass ein Rechtsstreit wie das Ausgangsverfahren, in dem die klagende und die beklagte Partei ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem Mitgliedstaat haben, in dem auch das angerufene Gericht seinen Sitz hat, nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Slowakisch.

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