Schlussantrag des Generalanwalts vom Europäischer Gerichtshof - C-607/17

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

JULIANE KOKOTT

vom 10. Januar 2019(1)

Rechtssache C607/17

Skatteverket

gegen

Memira Holding AB

(Vorabentscheidungsersuchen des Högsta förvaltningsdomstol [Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden])

„Vorabentscheidungsersuchen – Nationale Steuergesetzgebung – Niederlassungsfreiheit – Abzug von Verlusten einer ausländischen Tochtergesellschaft im Sitzstaat der Muttergesellschaft im Rahmen einer Fusion– Rechtfertigung der Nichtabzugsfähigkeit von sogenannten finalen Verlusten – Verhältnismäßigkeit eines fehlenden grenzüberschreitenden Verlustausgleichs – Begriff der sogenannten finalen Verluste“






I.      Einleitung

1.        In diesem Verfahren(2) geht es um die Frage, ob eine schwedische Muttergesellschaft aufgrund des Art. 49 in Verbindung mit Art. 54 AEUV berechtigt ist, die Verluste einer 100%igen Tochtergesellschaft mit Sitz in Deutschland von ihren Gewinnen abzuziehen, wenn diese im Wege einer Fusion auf die Muttergesellschaft abgewickelt wird und ihre in Deutschland erwirtschafteten Verluste dort nicht vollständig „nutzen“ konnte.

2.        Die Grundfreiheiten gebieten grundsätzlich keine grenzüberschreitende Verlustnutzung im Konzern. Damit würden die im Ausland entstandenen Verluste untergehen. Lediglich für den Fall der sogenannten finalen Verluste kann aufgrund des Urteils Marks & Spencer der Großen Kammer des Gerichtshofs(3) im Jahr 2005 eine grenzüberschreitende Verlustnutzung unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten geboten sein.

3.        Um diese „finalen Verluste“ ranken sich zahlreiche Probleme, die schon zu mehreren Entscheidungen des Gerichtshofs(4) geführt haben. Diese konnten aber bislang nicht endgültig klären, was die Voraussetzungen für finale Verluste sind, wie auch diese erneute Vorlage zeigt. Insofern wird der Gerichtshof – will er an der Ausnahme der sogenannten finalen Verluste weiterhin festhalten(5) – vermutlich immer wieder Gelegenheit erhalten, dieser Fallgruppe Konturen zu verleihen.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

4.        Den unionsrechtlichen Rahmen des Falles bilden die Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften nach Art. 49 in Verbindung mit Art 54 AEUV und die Richtlinie 2009/133/EG(6) (im Folgenden: Fusionsrichtlinie).

5.        In Bezug auf Verluste der einbringenden Gesellschaft trifft die Fusionsrichtlinie nur in ihrem Art. 6 eine Regelung:

„Wenden die Mitgliedstaaten für den Fall, dass die in Artikel 1 Buchstabe a genannten Vorgänge zwischen Gesellschaften des Mitgliedstaats der einbringenden Gesellschaft erfolgen, Vorschriften an, die die Übernahme der bei der einbringenden Gesellschaft steuerlich noch nicht berücksichtigten Verluste durch die übernehmende Gesellschaft gestatten, so dehnen sie diese Vorschriften auf die Übernahme der bei der einbringenden Gesellschaft steuerlich noch nicht berücksichtigten Verluste durch die in ihrem Hoheitsgebiet gelegenen Betriebsstätten der übernehmenden Gesellschaft aus.“

B.      Schwedisches Recht

6.        Im schwedischen Recht wurde die Fusionsrichtlinie in Kapitel 37 des Inkomstskattelag (1999:1229)(7) umgesetzt.

7.        Eine Fusion wird in § 3 als Umbildung definiert. Sie muss zwei Voraussetzungen gleichzeitig erfüllen. Zum einen muss das gesamte Aktiv- und Passivvermögen zuzüglich sonstiger Verpflichtungen einer Gesellschaft (der einbringenden Gesellschaft) von einer anderen Gesellschaft (der übernehmenden Gesellschaft) übernommen werden. Zum anderen wird die einbringende Gesellschaft ohne Abwicklung aufgelöst. Für die Anwendbarkeit der in den §§ 16 bis 29 enthaltenen speziellen Steuerregelungen für Fusionen muss es sich darüber hinaus um eine qualifizierte Fusion handeln.

8.        Für eine qualifizierte Fusion muss gemäß § 11 die einbringende Gesellschaft unmittelbar vor dem Zusammenschluss mit den Einkünften mindestens eines Teils ihrer unternehmerischen Tätigkeit in Schweden steuerpflichtig sein. Darüber hinaus sieht § 12 vor, dass die übernehmende Gesellschaft unmittelbar nach dem Zusammenschluss mit den Einkünften aus einer unternehmerischen Tätigkeit, für die die einbringende Gesellschaft besteuert wurde, in Schweden steuerpflichtig sein muss. Die Einkünfte dürfen in Schweden nicht aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens ganz oder teilweise von der Steuer befreit sein.

9.        Eine qualifizierte Fusion hat gemäß § 17 Abs. 1 zur Folge, dass die einbringende Gesellschaft aus unternehmerischen Tätigkeiten im Sinne von § 11 keine auf die Fusion zurückzuführenden Einkünfte erzielen oder Verlustabzüge vornehmen darf. Für diese unternehmerischen Tätigkeiten tritt stattdessen gemäß § 18 Abs. 1 die übernehmende Gesellschaft in die steuerliche Situation der einbringenden Gesellschaft ein. Dies bedeutet u. a., dass die übernehmende Gesellschaft unter bestimmten, in den §§ 21 bis 26 genannten Einschränkungen negative Einkünfte der einbringenden Gesellschaft aus früheren Steuerjahren zum Abzug bringen darf.

10.      Um Einkünfte innerhalb einer grenzüberschreitenden Unternehmensgruppe durch Gewinnverlagerung auszugleichen, wird im schwedischen Recht normalerweise auf den Konzernabzug zurückgegriffen. Der Konzernabzug ist in Kapitel 35 a des Inkomstskattelag (1999:1229) geregelt. Gemäß den §§ 2 und 5 ist eine schwedische Muttergesellschaft in Bezug auf einen endgültigen Verlust einer im EWR ansässigen hundertprozentigen ausländischen Tochtergesellschaft unter der Voraussetzung zum Konzernabzug berechtigt, dass u. a. die Tochtergesellschaft abgewickelt wird und die Abwicklung abgeschlossen ist. Allerdings findet die Regelung laut vorlegendem Gericht keine Anwendung auf Fusionen.

III. Ausgangsrechtsstreit

11.      Die Rechtssache betrifft einen Vorbescheid des Skatterättsnämnd (Steuerrechtsausschuss). Der Vorbescheid geht von folgendem Sachverhalt aus:

12.      Die Memira Holding AB (im Folgenden: Memira) ist die Muttergesellschaft in einem Konzern mit Tochtergesellschaften in mehreren Ländern, u. a. in Deutschland. Die Geschäftsergebnisse der deutschen Tochtergesellschaft sind negativ gewesen. Inzwischen ist die wirtschaftliche Tätigkeit dieser Tochtergesellschaft abgewickelt worden. Von der Tochtergesellschaft seien nur noch Schulden und bestimmte liquide Vermögenswerte übrig. Der Konzern denkt nun darüber nach, die deutsche Tochtergesellschaft durch eine grenzüberschreitende Fusion in der schwedischen Muttergesellschaft aufgehen zu lassen. Für die Fusion soll die Tochtergesellschaft ohne Abwicklung aufgelöst werden. Nach der Fusion hat der Konzern keine Gesellschaft mehr in Deutschland. Der Konzern betreibt dann auch keine Geschäfte mehr in Deutschland, weder durch die Muttergesellschaft noch durch eine andere Konzerngesellschaft.

13.      Bei der deutschen Tochtergesellschaft sind aus früheren Jahren Verluste von insgesamt rund 7,6 Mio. Euro aufgelaufen. Dabei handelt es sich um auf nicht rentable Geschäfte in Deutschland zurückzuführende Verluste. Diese Verluste dürften bei der Besteuerung der Tochtergesellschaft in Deutschland abgezogen werden, und nicht geltend gemachte Verluste könnten ohne zeitliche Begrenzung vorgetragen und mit etwaigen Gewinnen der Tochtergesellschaft in den kommenden Jahren verrechnet werden. Dagegen sei es nach deutschem Recht nicht möglich, Verluste durch eine Fusion auf ein anderes in Deutschland steuerpflichtiges Unternehmen zu übertragen.

14.      Nach Auffassung des Steuerrechtsausschusses sind bei einer Fusion mit der deutschen Tochtergesellschaft nicht die für die Gesellschaft nach Unionsrecht geltenden Voraussetzungen für den Abzug negativer Einkünfte erfüllt. Bei der Beurteilung der Frage, ob es sich um einen endgültigen Verlust handele, sei nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs darauf abzustellen, wie die Verluste nach dem Recht im Sitzstaat der Tochtergesellschaft behandelt würden. Da nach deutschem Recht keine Möglichkeit bestehe, die Verluste bei einer Fusion mit einem anderen in Deutschland steuerpflichtigen Unternehmen geltend zu machen, seien diese nicht als endgültig im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs anzusehen. Folglich liege insoweit auch kein Verstoß gegen Unionsrecht vor.

15.      Gegen den Vorbescheid haben sowohl das Skatteverk (Steuerbehörde) als auch die Antragstellerin Memira beim Högsta förvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden) Rechtsmittel eingelegt.

IV.    Vorabentscheidungsersuchen und Verfahren vor dem Gerichtshof

16.      Der mit dem Rechtsstreit befasste Högsta förvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof) hat dem Gerichtshof folgende Fragen vorgelegt:

1.      Ist bei der Beurteilung der Frage, ob ein Verlust einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft endgültig im Sinne etwa der Rechtssache A ist und die Muttergesellschaft somit nach Art. 49 AEUV diesen Verlust abziehen darf, relevant, dass gemäß den im Mitgliedstaat der Tochtergesellschaft geltenden Regelungen für andere Rechtssubjekte, die mit der Gesellschaft, bei der die Verluste entstanden sind, nicht identisch sind, die Möglichkeit zum Verlustabzug beschränkt ist?

2.      Sollte eine Beschränkung im Sinne von Frage 1 relevant sein, ist dann zu berücksichtigen, ob es im konkreten Fall im Mitgliedstaat der Tochtergesellschaft tatsächlich noch ein anderes Rechtssubjekt gibt, das einen Verlustabzug hätte vornehmen können, wenn dies dort zulässig wäre?

17.      Zu diesen Fragen haben im Verfahren vor dem Gerichtshof Memira, das Königreich Schweden, die Bundesrepublik Deutschland, das Vereinigte Königreich, die Republik Finnland, die Italienische Republik und die Europäische Kommission schriftlich Stellung genommen. An der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2018 haben sich die schwedische Steuerbehörde, das Königreich Schweden, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Finnland und die Europäische Kommission beteiligt.

V.      Rechtliche Würdigung

A.      Zu den Vorlagefragen

18.      Beide Vorlagefragen beziehen sich auf finale Verluste einer im Wege der Fusion untergehenden Tochtergesellschaft.

19.      Mit seiner ersten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht ausdrücklich wissen, ob für die Frage, ob der „Verlust einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft endgültig im Sinne etwa der Rechtssache A ist“, relevant ist, dass im Sitzstaat der Tochtergesellschaft eine Verlustnutzung durch Dritte eingeschränkt ist.

20.      Konkret stellt sich dabei die Frage, ob die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 in Verbindung mit Art 54 AEUV) Schweden verpflichtet, die über die Jahre aufgelaufenen (genauer: vorgetragenen) Verluste einer in Deutschland ansässigen Tochtergesellschaft zu berücksichtigen, wenn diese mit der Muttergesellschaft fusioniert und dadurch liquidiert wird. Die Verluste könnten aufgrund des deutschen Steuerrechts nicht im Rahmen einer Fusion genutzt werden und würden daher aufgrund der Liquidation in Deutschland untergehen.

21.      Sollte die erste Frage zu bejahen sein, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob sich daran etwas ändert, wenn im konkreten Fall kein anderes Rechtssubjekt vorhanden ist, das einen Verlustvortrag hätte vornehmen können. Gemeint ist damit offenbar, dass keine andere Konzerngesellschaft in dem Sitzstaat der Tochtergesellschaft vorhanden ist. Dieser Aspekt kann zusammen mit der ersten Frage beantwortet werden.

22.      Auch wenn beide Fragen sich auf die Auslegung der Rechtsprechung des Gerichtshofs beziehen – das Gericht stellt primär auf die Rechtssache A(8) ab, die die Aussagen der Rechtssache Marks & Spencer(9) auf eine grenzüberschreitende Fusion übertragen hat –, setzen sie voraus, dass eine Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit vorliegt.

23.      Da aber das Unionsrecht mit der Fusionsrichtlinie eine eigene Rechtsnorm für die steuerlichen Konsequenzen grenzüberschreitender Zusammenschlüsse von Gesellschaften enthält, ist zunächst diese speziellere Vorschrift zu prüfen (dazu unter Nrn. 25 ff.). Denn der Gerichtshof hat mehrfach entschieden, dass „jede nationale Regelung in einem Bereich, der auf Unionsebene abschließend harmonisiert wurde, anhand der fraglichen Harmonisierungsmaßnahme und nicht anhand des Primärrechts zu beurteilen“ ist.(10)

24.      Selbst wenn die Fusionsrichtlinie eine solch abschließende Harmonisierung darstellen würde, könnte dies aber nicht verhindern, dass die Richtlinie primärrechtskonform auszulegen und gegebenenfalls inzident auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundfreiheiten zu prüfen wäre. Denn der Gerichtshof hat schon früh entschieden, dass das Verbot von Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs nicht nur für nationale Maßnahmen, sondern auch für Maßnahmen der Unionsorgane gilt.(11) Die Verträge als Primärrecht bleiben „Grundlage, Rahmen und Grenze“(12) aller Rechtsakte der Union. Daher wird, sollte sich aus der Fusionsrichtlinie keine Verlustverrechnung ergeben, anschließend eine Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit zu prüfen sein (dazu unter Nrn. 28 ff.).

B.      Verlustnutzung nach Maßgabe der Fusionsrichtlinie

25.      Ein Sachverhalt wie der des Ausgangsverfahrens fällt unstreitig in den Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie. Diese Richtlinie soll nach ihren Erwägungsgründen 2 und 3 eine gemeinsame Regelung treffen, um zum Wohle des Binnenmarkts eine steuerliche Benachteiligung grenzüberschreitender gegenüber innerstaatlichen Fusionen zu beseitigen. Der neunte Erwägungsgrund bezieht in dieses Ziel ausdrücklich die steuerliche Berücksichtigung von Verlusten mit ein.

26.      Dementsprechend enthält die Richtlinie in ihrem Art. 6 auch eine Regelung zur Übernahme steuerlich noch nicht berücksichtigter Verluste der einbringenden Gesellschaft durch die übernehmende Gesellschaft. Danach kann die übernehmende Gesellschaft Verluste einer in einem anderen Mitgliedstaat (hier Deutschland) ansässigen einbringenden Gesellschaft auf eine Betriebsstätte der übernehmenden Gesellschaft in diesem Mitgliedstaat (Deutschland) übertragen, sofern eine solche Übertragung auch zwischen Gesellschaften dieses Mitgliedstaats möglich ist.

27.      Art. 6 der Fusionsrichtlinie geht damit allenfalls von einer Berücksichtigung eines Verlustvortrags der einbringenden Gesellschaft in ihrem Sitzstaat (hier Deutschland) aus. Eine Berücksichtigung des Verlustvortrags im Mitgliedstaat der übernehmenden Gesellschaft (hier Schweden) wird nicht erwähnt. Daraus kann durchaus der Schluss gezogen werden, dass eine solche Verlustberücksichtigung unionsrechtlich auch nicht geboten ist. Dies gilt insbesondere, wenn im neunten Erwägungsgrund der Richtlinie das Problem der (ausländischen) Verluste der einbringenden Gesellschaft gesehen wurde und speziell durch Art. 6 der Fusionsrichtlinie in einer ganz bestimmten Art geregelt wurde. Eine Nutzung des in Deutschland vorgetragenen Verlustes für die Zwecke der schwedischen Besteuerung ergibt sich aus der Fusionsrichtlinie jedenfalls nicht.

C.      Beschränkung der Niederlassungsfreiheit

28.      Jedoch könnte aus der durch die Art. 49 und 54 AEUV gewährten Niederlassungsfreiheit der übernehmenden Gesellschaft ein Gebot der Verlustberücksichtigung folgen.

29.      Mit der Niederlassungsfreiheit, die Art. 49 AEUV den Unionsbürgern gewährt, ist gemäß Art. 54 AEUV für die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Union haben, das Recht verbunden, ihre Tätigkeit in anderen Mitgliedstaaten durch eine Tochtergesellschaft, Zweigniederlassung oder Agentur auszuüben.

30.      Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit sind nach ständiger Rechtsprechung alle Maßnahmen, die die Ausübung dieser Freiheit unterbinden, behindern oder weniger attraktiv machen.(13)

31.      Eine steuerrechtliche Regelung eines Mitgliedstaats verstößt gegen die Niederlassungsfreiheit der Gesellschaften, wenn sich daraus eine ungleiche Behandlung zum Nachteil der Gesellschaften, die von dieser Freiheit Gebrauch machen, ergibt, wenn die ungleiche Behandlung Situationen betrifft, die objektiv miteinander vergleichbar sind, und wenn sie nicht durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt oder im Hinblick auf das entsprechende Ziel nicht verhältnismäßig ist.(14)

1.      Ungleichbehandlung

32.      An einer Ungleichbehandlung bestehen hier aber Zweifel. Das schwedische Recht erlaubt einen Verlustausgleich im Rahmen einer Fusion laut dem vorlegenden Gericht nur bei einer qualifizierten Fusion. Diese setzt voraus, dass die untergehende Gesellschaft (deren Verluste genutzt werden sollen) in Schweden steuerpflichtige Einkünfte haben muss.

33.      Damit knüpft die schwedische Regelung nicht an einen grenzüberschreitenden Sachverhalt, sondern allein an die Steuerpflicht der Einkünfte an. Mittels einer Fusion mit einer in Schweden ansässigen Tochtergesellschaft, die dort nur steuerfreie Einkünfte erzielt, könnten aufgelaufene Verluste auch nicht im Wege einer Fusion auf die Muttergesellschaft übertragen werden. Insoweit differenziert die schwedische Regelung ihrem Wortlaut nach nicht zwischen einem inländischen und einem ausländischen Sachverhalt. Es fehlt an einem unmittelbaren diskriminierenden Charakter der fraglichen Regelung.

34.      Verboten sind aber auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen(15) (sogenannte versteckte bzw. mittelbare Diskriminierung).

35.      In der Rechtssache Hervis Sport entschied der Gerichtshof, dass eine mittelbare Diskriminierung vorliegen kann, wenn die meisten Unternehmen, die aufgrund ihres hohen Umsatzes unter der starken Progression der Steuer leiden, Teil einer Gruppe mit Verbindung in einen anderen Mitgliedstaat sind.(16) Wie ich jedoch an anderer Stelle bereits ausgeführt habe, kann allein eine überwiegende Betroffenheit ausländischer Unternehmen nicht ausreichen.(17)

36.      Vielmehr sind engere Voraussetzungen nötig. So sollen lediglich solche Fälle erfasst werden, die rein formal betrachtet keine Diskriminierung darstellen, aber wie eine solche wirken.(18) Eine versteckt diskriminierende Regelung muss daher ihrem Wesen nach(19) insbesondere ausländische Unternehmen betreffen.

37.      Bei der Anknüpfung an die Steuerpflicht der Einkünfte ist dies zu bejahen. Zwar mag es auch steuerbefreite (d. h. nicht steuerpflichtige) inländische Einkünfte geben, bei denen dann keine Fusion unter Verlustnutzung möglich wäre. Es mag darüber hinaus auch im Ausland ansässige Unternehmen mit inländischen Einkünften (insbesondere bei Betriebsstätteneinkünften) geben, bei denen eine grenzüberschreitende Fusion mit einer gewissen Verlustnutzung möglich wäre.

38.      Allerdings ist das Unternehmensteuerrecht seinem Wesen nach durch den Dualismus von im Inland steuerpflichtigen und im Ausland nicht steuerpflichtigen Einkünften geprägt. Damit beinhaltet das Merkmal der steuerpflichtigen Einkünfte seinem Wesen nach einen territorialen Bezug. Insofern führt die Anknüpfung der Verlustberücksichtigung im Rahmen einer Fusion an die Steuerpflicht der Einkünfte der einbringenden Gesellschaft strukturell zu einer Benachteiligung einer Fusion mit ausländischen Gesellschaften.

39.      Diese Ungleichbehandlung ist geeignet, die Ausübung der Niederlassungsfreiheit durch die Gründung von Tochtergesellschaften in anderen Mitgliedstaaten weniger attraktiv zu machen, da im Falle einer Fusion keine Verlustnutzung bei der Muttergesellschaft möglich wäre. Sie ist jedoch nur dann mit den Bestimmungen des Vertrags unvereinbar, wenn sie objektiv miteinander vergleichbare Situationen betrifft.

2.      Vergleichbarkeit

40.      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die Vergleichbarkeit eines grenzüberschreitenden Sachverhalts mit einem innerstaatlichen Sachverhalt unter Berücksichtigung des mit den fraglichen nationalen Bestimmungen verfolgten Ziels zu prüfen.(20) Welches (subjektive) Ziel der schwedische Gesetzgeber mit seinen steuerrechtlichen Regelungen im Rahmen einer Fusion verfolgt, lässt sich dem Vorabentscheidungsersuchen nicht explizit entnehmen.

41.      Das Ziel aller Steuerregelungen ist aber grundsätzlich die Erzielung von Einnahmen für den Staat. Insofern kann durchaus davon gesprochen werden, dass die Beschränkung der Verrechnung von Verlusten, denen keine steuerpflichtigen Einkünfte gegenübergestanden haben, der Sicherung des Steueraufkommens dient. Diesen Konnex sieht die schwedische Regelung ausdrücklich vor, wenn eine Verlustübertragung im Wege einer Fusion an das Vorliegen steuerpflichtiger Einkünfte anknüpft.

42.      Deutschland ist der Ansicht, dass es insoweit an einer Vergleichbarkeit fehle. Dies wird mit einem Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Timac Agro Deutschland(21) und meine Schlussanträge in der Rechtssache Kommission/Vereinigtes Königreich(22) begründet.

43.      Bislang hat der Gerichtshof für die Frage der Vergleichbarkeit von in- und ausländischen Betriebsstätten darauf abgestellt, ob der betreffende Mitgliedstaat auch die Steuerhoheit über die ausländische Betriebsstätte ausübt. So entschied er ausdrücklich(23): „Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Situation einer in Österreich belegenen Betriebsstätte, über deren Ergebnisse die Bundesrepublik Deutschland keine Steuerhoheit ausübt und deren Verluste in Deutschland nicht mehr abzugsfähig sind, in Bezug auf Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung oder Abschwächung einer Doppelbesteuerung der Gewinne einer gebietsansässigen Gesellschaft nicht mit der Situation einer in Deutschland belegenen Betriebsstätte vergleichbar ist.“ Dieser Gedanke könnte ebenfalls für im Ausland ansässige und nicht im Inland besteuerte Tochtergesellschaften gelten.

44.      Allerdings existiert eine ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs zur grenzüberschreitenden Verlustnutzung zwischen Tochter- und Muttergesellschaften, bei denen eine Vergleichbarkeit stillschweigend oder ausdrücklich bejaht wurde.(24)

45.      Zudem hat der Gerichtshof unlängst in der Rechtssache A/S Bevola in Bezug auf finale Verluste einer gebietsfremden Betriebsstätte eine Vergleichbarkeit von besteuerten inländischen und nicht besteuerten ausländischen Betriebsstätten wiederum ausdrücklich bejaht.(25) Dies muss dann wohl erst recht für besteuerte inländische und nicht besteuerte ausländische beherrschte Tochtergesellschaften gelten.

46.      Schließlich ist das Kriterium der Vergleichbarkeit unscharf. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass alle Sachverhalte in irgendeinem Aspekt vergleichbar sind, wenn sie nicht identisch sind,(26) sollte dieser Prüfungspunkt ohnehin aufgegeben werden.(27)

47.      Angesichts dessen ist also eine Vergleichbarkeit anzunehmen. Bestehende Unterschiede – hier die fehlende Symmetrie zwischen der Besteuerung der Gewinne und der Berücksichtigung der Verluste(28) – bei einer ausländischen einbringenden Gesellschaft und einer inländischen einbringenden Gesellschaft sind erst auf der Ebene der Rechtfertigung zu berücksichtigen. Folglich ist eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gegeben.

3.      Rechtfertigung

48.      Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit kann durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Rechtfertigungsgründe können hier die Wahrung der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten und die Vermeidung einer doppelten Verlustberücksichtigung (obwohl nur einmal besteuert wurde) sein.(29) Darüber hinaus muss die Maßnahme geeignet sein, die Erreichung ihres Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was dafür erforderlich ist.(30)

a)      Erste Frage: Relevanz der fehlenden Verlustübertragung im Wege einer Fusion nach den Regeln des Staates der einbringenden Gesellschaft

49.      Mit der ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob es für die Rechtfertigung der schwedischen Verlustabzugsbeschränkung relevant ist, dass nach dem Recht der übertragenden Gesellschaft (hier nach deutschem Recht) keine Möglichkeit besteht, die Verluste bei einer Fusion mit einem anderen in Deutschland steuerpflichtigen Rechtssubjekt geltend zu machen.

50.      Der Gerichtshof(31) hat entschieden, dass die Grundfreiheiten grundsätzlich keine grenzüberschreitende Verlustnutzung im Konzern gebieten. Lediglich für den Fall der sogenannten finalen Verluste sei es unverhältnismäßig, wenn der Mitgliedstaat der Muttergesellschaft eine Verlustberücksichtigung verweigert, obwohl die ausländische Tochtergesellschaft alle Möglichkeiten zur Berücksichtigung der Verlustberücksichtigung ausgeschöpft hat und keine Möglichkeit mehr besteht, dass diese Verluste irgendwie noch berücksichtigt werden können. Dies muss der Steuerpflichtige nachweisen.(32) Allein durch eine Liquidation nach einer Fusion könne jedoch nicht nachgewiesen werden, dass es keine Möglichkeit gäbe, die Verluste im Sitzstaat der Tochtergesellschaft zu berücksichtigen.(33)

1)      Zum Rechtfertigungsgrund der Vermeidung einer doppelten Verlustberücksichtigung

51.      Hier könnte der Rechtfertigungsrund der Vermeidung einer doppelten Verlustberücksichtigung eingreifen. Eine doppelte Verlustberücksichtigung scheint im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen zu sein. Laut Angaben des vorlegenden Gerichts verfügt Memira noch über bestimmte liquide Vermögenswerte. Hinsichtlich dieses Rechtfertigungsgrundes ist es Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob Memira tatsächlich nachgewiesen hat, dass die deutsche Tochtergesellschaft insoweit wirklich alle in Deutschland vorgesehenen Möglichkeiten der Berücksichtigung von Verlusten ausgeschöpft hat.(34) Wenn nicht, dann liegen auch keine finalen Verluste vor.

2)      Zum Rechtfertigungsgrund der Wahrung der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse

52.      Was die ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten angeht, ist darauf hinzuweisen, dass es sich um ein vom Gerichtshof anerkanntes legitimes Ziel handelt,(35) aufgrund dessen es erforderlich sein kann, auf die wirtschaftlichen Tätigkeiten der in einem dieser Mitgliedstaaten ansässigen Steuerpflichtigen, sowohl was Gewinne als auch was Verluste betrifft, nur dessen Steuerrecht anzuwenden.(36)

53.      Im vorliegenden Fall scheidet aufgrund dieses Rechtfertigungsgrundes die Annahme von zu berücksichtigenden finalen Verlusten jedoch aus zwei Gründen aus. Zum einen würde eine Berücksichtigung der in Deutschland über die Jahre erwirtschafteten Verluste der Tochtergesellschaft die Steuerautonomie der Mitgliedstaaten verletzen (unter i). Zum anderen liegt die Voraussetzung von rechtlich zwar nutzbaren, jedoch faktisch nicht nutzbaren Verlusten im vorliegenden Fall nicht vor (unter ii).

i)      Berücksichtigung der Steuerautonomie der Mitgliedstaaten

54.      Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, können die Grundfreiheiten nicht zur Folge haben, den Mitgliedstaat des Sitzes dieser Muttergesellschaft zu verpflichten, eine Verlustberücksichtigung zu deren Gunsten mit einem Betrag vorzusehen, der seinen Ursprung allein im Steuersystem eines anderen Mitgliedstaats hat, da sonst die Steuerautonomie des erstgenannten Mitgliedstaats durch die Ausübung der Steuerhoheit des anderen Mitgliedstaats beschränkt würde.(37)

–       Ausschluss der Verlustübertragung im Rahmen einer Fusion im Staat der Tochtergesellschaft

55.      Insofern kann – so der Gerichtshof ausdrücklich(38) – „die Endgültigkeit der Verluste einer gebietsfremden Tochtergesellschaft im Sinne der Rn. 55 des Urteils Marks & Spencer[(39)] nicht von dem Umstand herrühren, dass der Mitgliedstaat, in dem diese Tochtergesellschaft ihren Sitz hat, jegliche Möglichkeit des Verlustvortrags ausschließt“.(40) Denn dann müsste ein Mitgliedstaat sein Steuerrecht an dasjenige eines anderen anpassen.

56.      Wenn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs(41) die Endgültigkeit der Verluste nicht von dem Umstand herrühren kann, dass der Mitgliedstaat, in dem die Tochtergesellschaft ihren Sitz hat, jegliche Möglichkeit des Verlustvortrags ausschließt, dann muss dies auch für einen Ausschluss einer Verlustübertragung auf einen Dritten (hier im Rahmen einer Fusion) gelten. Schon deshalb ist die schwedische Regelung nicht unverhältnismäßig.

–       Zur Finalität vorgetragener Verluste

57.      Ohnehin hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Grundfreiheiten dem nicht entgegenstehen, wenn ein grenzüberschreitend verrechenbarer Verlust immer am Ende des Veranlagungszeitraums als finaler Verlust festzustellen ist.(42) Damit ist jeder vortragsfähige Verlust – jedenfalls zunächst(43) – nicht final. Dies ist im vorliegenden Fall von Bedeutung, da eine Verlustverrechnung der über die Jahre in Deutschland vorgetragenen Verluste begehrt wird.

58.      Diese angesammelten (vorgetragenen) Verluste, die in einem Jahr als nicht final gelten (weil sie vortragsfähig sind oder ihre Verlustverrechnung nach nationalem Recht ausgeschlossen war), können aber nicht später zu finalen Verlusten werden, weil aufgrund der Liquidation ein weiterer Verlustvortrag ausscheidet.

59.      Andernfalls würden die zunächst erfolgreichen Tätigkeiten in Deutschland allein in Deutschland besteuert, die anschließend verlustbringenden Tätigkeiten hingegen durch das Steueraufkommen anderer Staaten finanziert. Dies widerspräche der Wahrung einer angemessenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse.

60.      Ähnlich geht der Gerichtshof in dem Urteil Kommission/Vereinigtes Königreich davon aus, dass sich an der einmal fehlenden Finalität nichts mehr ändert.(44) Jedenfalls deuten die Aussagen dort darauf hin, dass allenfalls der in dem letzten Jahr der Abwicklung erwirtschaftete Verlust der Tochtergesellschaft noch irgendwie (grenzüberschreitend) verrechnet werden können muss, nicht aber die bis dahin aufgelaufenen und nach nationalem (hier deutschen) Recht vorgetragenen Verluste.(45) Daher gebietet die Niederlassungsfreiheit keine grenzüberschreitende Verrechnung dieser vorgetragenen Verluste.

–       Wahlrecht des Steuerpflichtigen

61.      Darüber hinaus steht das Prinzip der Autonomie der Steuerrechtsordnungen einem Wahlrecht der Steuerpflichtigen entgegen. Würde nämlich den Gesellschaften – so der Gerichtshof ausdrücklich(46) – die Möglichkeit eingeräumt, für die Berücksichtigung ihrer Verluste im Mitgliedstaat ihrer Niederlassung oder für deren Berücksichtigung in einem anderen Mitgliedstaat zu optieren, so würde dadurch die Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten erheblich beeinträchtigt, da die Steuerbemessungsgrundlage im ersten Staat um die übertragenen Verluste erweitert und im zweiten Staat entsprechend verringert würde.

62.      Die Beschränkung der Verlustberücksichtigung auf Gesellschaften mit steuerpflichtigen Einkünften in Schweden im Rahmen einer Fusion erklärt sich aber gerade vor dem Hintergrund, dass andernfalls ein Wahlrecht innerhalb eines Konzerns entstünde, wie auch die Kommission hervorhebt. Der Konzern könnte frei wählen, in welchem Mitgliedstaat (Sitzstaat irgendeiner aufnehmenden Konzerngesellschaft) er im Fall der Erfolglosigkeit die Verluste seiner Gesellschaften verwerten möchte. Dieser Gesichtspunkt ist im Hinblick auf die Annahme und Definition „finaler Verluste“ zu berücksichtigen.

63.      Fusionen mit Tochtergesellschaften mit hohen Verlustvorträgen könnten in solche Länder verlagert werden, die – wie in Schweden der Fall – einen Verlustübergang im Wege einer Fusion erlauben, wenn eine Fusion im Staat der Tochtergesellschaft nicht verlustwahrend möglich ist. Je nachdem in welchem Mitgliedstaat der Konzern über entsprechende Gewinne verfügt und die höchste Steuer zahlen müsste, wäre eine entsprechende Fusion am effektivsten. Dies gilt umso mehr, als die schwedischen Fusionsvorschriften nicht voraussetzen, dass beide Gesellschaften einem Konzern zugehörig sind, wie dies in dem dem Urteil Marks & Spencer(47) zugrunde liegenden Sachverhalt der Fall war.

64.      Aus diesem Urteil folgt im Übrigen – im Einklang mit dem Territorialitätsprinzip – ein Vorrang einer Verlustnutzung im Sitzstaat, hier in Deutschland. Auch wenn das deutsche Steuerrecht keine Verlustübertragung im Wege einer Fusion erlaubt, so erlaubt es doch bei einer Anteilsübertragung zum Zweck der Sanierung der angeschlagenen Gesellschaft einen Erhalt der Verluste und im Ergebnis eine Verlustnutzung durch die neuen Anteilseigner.(48) Auch deshalb kann Memira nicht für eine Verlustberücksichtigung in Schweden optieren.

ii)    Differenzierung zwischen faktischer und rechtlicher Finalität?

65.      Fast alle Verfahrensbeteiligten trennen vor diesem Hintergrund für die Beurteilung der Finalität eines Verlustes zwischen rechtlich und faktisch nicht verwertbaren (d. h. finalen) Verlusten.

66.      Verluste, die deshalb nicht nutzbar sind, weil sie im Mitgliedstaat der Entstehung rechtlich nicht anerkannt oder aufgrund rechtlicher Beschränkungen nicht verwertbar (z. B. nicht vor- oder rücktragbar) sind, sollen keine finalen Verluste im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs darstellen. Lediglich solche Verluste, die rechtlich zwar verwertbar wären, faktisch in der Zukunft aber nicht verwertet werden können, könnten als finale Verluste betrachtet werden. Das überzeugt aufgrund der Autonomie der Steuerrechtsordnungen (Nrn. 54 ff.).

67.      Zweifelhaft erscheint mir aber, ob es rechtlich verwertbare, aber faktisch nicht verwertbare Verluste überhaupt geben kann. Ich möchte dies an einem Beispiel veranschaulichen. Der einzige Fall, bei dem trotz unbeschränkter Verlustvortrags- und Verlustrücktragsmöglichkeit ein Verlust verbliebe, wäre der Fall eines insgesamt defizitären Unternehmens, welches nie ausreichend Gewinn erwirtschaftet hat, auch nachdem alle Wirtschaftsgüter veräußert wurden. In diesem Fall würde sich auch der Verlust des letzten Jahres trotz Verlustrücktragsmöglichkeit (faktisch) nicht auswirken können.

68.      Aber auch in diesem Fall bestünde immer noch die Möglichkeit, diese Verluste mit der Veräußerung des Unternehmens im Ergebnis auf einen Käufer zu übertragen,(49) sofern der Sitzmitgliedstaat dies zulässt. Der Käufer wird den Wert der bestehenden Verluste über den Kaufpreis des Unternehmens berücksichtigen, so dass der Verkäufer insoweit diese Verluste „realisiert“.

69.      Wenn die jeweilige Rechtsordnung eine Übertragung der Verluste auf andere Personen ermöglicht, dann ist eine Verwertung dieser Verluste immer auch faktisch möglich. Sie ist vielleicht im Einzelfall nicht von besonderem Erfolg gekrönt, weil der Erwerber eines defizitären Unternehmens nicht unbedingt viel Geld für ein solches ausgeben wird. Dies ändert aber nichts an einer faktischen Verwertbarkeit der Verluste.

70.      Damit basiert die Endgültigkeit der Verluste auch in diesem Fall entweder auf der Rechtsordnung des Mitgliedstaats (Ausschluss jeder Verlustübertragungsmöglichkeit) oder auf der Entscheidung des Steuerpflichtigen, die Gesellschaft nicht zu veräußern, sondern im Wege einer Fusion zu liquidieren. In beiden Fällen ist aber nicht einleuchtend, warum eine fehlende Verlustberücksichtigung in einem anderen Mitgliedstaat dann unverhältnismäßig sein sollte. Nicht ohne Grund verlangt der Gerichtshof, dass alle Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten ausgeschöpft wurden. Dazu gehört auch eine Übertragung der Verluste auf einen Dritten im Wege eines Verkaufs.

iii) Finale Verluste im Sinne von Bevola?

71.      Dem steht auch nicht das jüngere Urteil Bevola(50) entgegen. Zum einen hat der Gerichtshof dort „lediglich“ die Marks & Spencer-Ausnahme auf „finale“ Verluste von Betriebsstätten übertragen und nicht die oben vorgenommenen Einschränkungen in Frage gestellt.(51) Insbesondere hat er sich nicht näher zu der Frage geäußert, wann finale Verluste vorliegen.

72.      Zum anderen wird in diesem neueren Urteil schwerpunktmäßig(52) mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip argumentiert. Dies mag in einer Betriebsstättenkonstellation noch verständlich sein, da Betriebsstätten rechtlich einen unselbständigen Teil des Unternehmens eines Steuerpflichtigen darstellen. Bei Tochter- und Enkelgesellschaften würde diese Argumentation jedoch nicht greifen. Diese sind selbständige Rechtspersonen, die auch eine eigenständige finanzielle Leistungsfähigkeit (wenn man darunter die Fähigkeit, aufgrund ihrer Einkünfte Steuern zu zahlen, versteht) aufweisen.(53) Dass es für die zutreffende Besteuerung der Leistungsfähigkeit der Muttergesellschaft notwendig sei, die Verluste der Tochtergesellschaft zu berücksichtigen, hat der Gerichtshof – und dies zu Recht – nicht entschieden.

73.      Der Konzernausgleich stellt steuerrechtlich betrachtet vielmehr eine Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips dar, weil die Leistungsfähigkeit mehrerer Rechtssubjekte zusammengerechnet wird. Die Einbeziehung weiterer Rechtssubjekte kann daher jedenfalls nicht mit dem Grundsatz einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit begründet werden.

74.      Im Gegenteil widerspricht es sogar vielmehr dem Grundsatz einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, wenn ein Mitgliedstaat nur eine Seite (d. h. nur die Einkünfte oder nur die Ausgaben) berücksichtigt. Meines Wissens gibt es zudem weder einen allgemeinen steuerrechtlichen noch einen allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz, dass am Ende eines Lebenszyklus einer Rechtsperson alle Verluste irgendwie ausgeglichen werden müssten. Insbesondere gebietet das Leistungsfähigkeitsprinzip hier keinen Verlustexport in andere Mitgliedstaaten.

75.      Auch nach Maßgabe des Urteils Bevola liegen hier also keine abzugsfähigen finalen Verluste vor, die von Deutschland nach Schweden exportiert werden können.

iv)    Zwischenergebnis unter Berücksichtigung eines „fairen Binnenmarktes“

76.      Dieses aus der Rechtsprechung abgeleitete Ergebnis überzeugt auch im Hinblick auf einen „fairen“ Binnenmarkt, der angesichts der sogenannten BEPS-Debatte(54) wieder etwas mehr in den Fokus gerückt ist. Denn eine grenzüberschreitende Verlustverrechnungsmöglichkeit finaler Verluste würde gerade in der vorliegenden besonderen Konstellation vor allem große grenzüberschreitend agierende Konzerne gegenüber kleineren (in der Regel nicht grenzüberschreitend tätigen) Unternehmen begünstigen. Wenn z. B. Memira weiß, dass letztendlich alle aufgelaufenen Verluste aus dem deutschen Geschäftsmodell mit den Gewinnen anderer Konzerngesellschaften in anderen Mitgliedstaaten verrechnet werden können, dann kann Memira bei dem Versuch, sich auf dem deutschen Markt zu positionieren, ganz anders im Wettbewerb auftreten als ein deutscher Mitbewerber, der davon ausgehen muss, dass seine Verluste untergehen werden, wenn er seine Geschäftstätigkeit in Deutschland einstellt. Für Memira wären die „deutschen Verluste“ eine viel geringere Belastung als für einen inländischen Konkurrenten ohne eine entsprechende Konzernstruktur.

77.      Unter Berücksichtigung dessen und bei konsequenter Anwendung der Rechtsprechung des Gerichtshofs (vgl. dazu Nrn. 51 ff. und die dort angeführte Rechtsprechung) gelangt man also zu folgendem Ergebnis: Ist die Verlustnutzung im Sitzstaat der Tochtergesellschaft rechtlich ausgeschlossen, liegen keine finalen Verluste vor. Wenn eine Verlustnutzung durch den Sitzstaat möglich ist, dann muss der Steuerpflichtige diese Möglichkeiten ausgeschöpft haben. Darunter fällt ausweislich des Urteil Marks & Spencer(55) auch eine Realisierung der Verluste durch Übertragung auf einen Dritten, an der es hier fehlt. Insofern kann auch deshalb konstatiert werden, dass bei Memira keine finalen Verluste vorliegen.

78.      Damit ist hier der Ausschluss der Verrechnung der Verluste einer im Ausland ansässigen und im Inland nicht besteuerten Tochtergesellschaft im Rahmen einer Fusion durch Schweden nicht unverhältnismäßig.

3)      Antwort auf die erste Frage

79.      Damit ist die erste Frage wie folgt zu beantworten: Art. 49 in Verbindung mit Art. 54 AEUV setzt für eine grenzüberschreitende Verlustverrechnung voraus, dass es rechtlich möglich ist, die Verluste im Sitzstaat der Tochtergesellschaft zu berücksichtigen, und diese Möglichkeit durch den Steuerpflichtigen wahrgenommen wurde. Unter eine solche Berücksichtigungsmöglichkeit fällt auch eine Realisierung der Verluste im Wege einer Fusion mit einem Dritten oder eine Realisierung im Wege eines Verkaufs der Gesellschaft an einen Dritten. Ersteres ist in Deutschland nicht möglich, Letzteres in eingeschränktem Maße schon, wurde aber von Memira nicht wahrgenommen. Damit fehlt es auf jeden Fall an den Voraussetzungen für die Annahme eines finalen Verlustes.

b)      Zweite Frage: Relevanz der konkreten Fusionsmöglichkeit im Konzern

80.      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob in dem Fall, dass eine verlustwahrende Fusion in dem Sitzstaat ausgeschlossen ist, sich an der Beurteilung der Finalität etwas ändert, wenn es im konkreten Fall tatsächlich „kein anderes Rechtssubjekt gibt, dass einen Verlustabzug hätte vornehmen können, wenn dieser zulässig gewesen wäre“.

81.      Diese Frage ist etwas schwer verständlich, da kaum denkbar ist, dass kein anderes Rechtssubjekt in ganz Deutschland existieren würde, das einen Verlustabzug hätte vornehmen können. Gemeint ist wohl, ob finale Verluste auch dann vorliegen, wenn Memira – wie dies Italien in seiner Stellungnahme herausgearbeitet hat – konkret noch über eine andere Konzerngesellschaft in Deutschland verfügt, mit der eine Fusion möglich gewesen wäre, oder ob es für die Verneinung der Finalität ausreicht, dass abstrakt bei einer Fusion mit einer Konzerngesellschaft in Deutschland die Verluste untergegangen wären.

82.      Die Antwort folgt bereits aus der Tatsache, dass es rechtlich verwertbare, aber faktisch nicht verwertbare Verluste nicht geben kann (dazu oben, Nrn. 67 ff.). Insofern macht es keinen Unterschied, ob Memira im konkreten Fall noch über eine weitere Konzerngesellschaft in Deutschland verfügt.

83.      Darüber hinaus ergibt sich die Antwort auf die zweite Frage auch bereits aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs. Danach kommt eine grenzüberschreitende Berücksichtigung „ausländischer“ Verluste nur in Betracht, wenn die gebietsfremde Tochtergesellschaft die im Staat ihres Sitzes vorgesehenen Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten gegebenenfalls durch Übertragung auf einen Dritten ausgeschöpft hat und keine Möglichkeit besteht, dass diese Verluste von einem Dritten (im Sitzstaat) berücksichtigt werden.(56) Der Gerichtshof spricht ausdrücklich von einem Dritten und nicht von einer weiteren konzernzugehörigen Person, wie im Ergebnis mehr oder weniger alle beteiligten Mitgliedstaaten betonen.

84.      Insofern ist entweder eine Übertragung auf irgendeinen Dritten möglich (dazu zählt auch der wirtschaftliche Verlustübergang bei einem Verkauf der Gesellschaft auf die neuen Anteilseigner), so dass finale Verluste im Sinne der Marks & Spencer-Rechtsprechung ausscheiden. Oder der Mitgliedstaat hat einen Verlustübergang rechtlich (wie in Deutschland z. B. hinsichtlich einer Fusion) ausgeschlossen. Dann ist es auch nicht unverhältnismäßig, wenn ein solcher Ausschluss auch im Staat der Muttergesellschaft berücksichtigt wird.

VI.    Entscheidungsvorschlag

85.      Aus diesen Gründen schlage ich vor, die Vorlagefragen des Högsta förvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden) wie folgt zu beantworten:

1.      Art. 49 in Verbindung mit Art. 54 AEUV setzt für eine grenzüberschreitende Verlustverrechnung voraus, dass es rechtlich möglich ist, die Verluste im Sitzstaat der Tochtergesellschaft zu berücksichtigen, und diese Möglichkeit durch den Steuerpflichtigen wahrgenommen wurde. Unter eine solche Berücksichtigungsmöglichkeit fällt auch eine Realisierung der Verluste im Wege einer Fusion mit einem Dritten oder eine Realisierung im Wege eines Verkaufs der Gesellschaft an einen Dritten.

2.      Für dieses Ergebnis ist es irrelevant, ob der Konzern im konkreten Fall noch über weitere Gesellschaften im Mitgliedstaat der Tochtergesellschaft verfügt, auf die ein Verlustübertrag möglich gewesen wäre.


1      Originalsprache: Deutsch.


2      Siehe auch C‑608/17 und meine Schlussanträge vom gleichen Tag.


3      Urteil vom 13. Dezember 2005 (C‑446/03, EU:C:2005:763).


4      Ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Urteile vom 4. Juli 2018, NN (C‑28/17, EU:C:2018:526), vom 12. Juni 2018, Bevola und Jens W. Trock (C‑650/16, EU:C:2018:424), vom 17. Dezember 2015, Timac Agro Deutschland (C‑388/14, EU:C:2015:829), vom 3. Februar 2015, Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑172/13, EU:C:2015:50), vom 7. November 2013, K (C‑322/11, EU:C:2013:716), vom 21. Februar 2013, A (C‑123/11, EU:C:2013:84), sowie vom 15. Mai 2008, Lidl Belgium (C‑414/06, EU:C:2008:278).


5      Darauf deutet die ausdrückliche Übertragung der Marks & Spencer-Rechtsprechung in der Rechtssache Bevola (Urteil vom 12. Juni 2018, Bevola und Jens W. Trock, C‑650/16, EU:C:2018:424, Rn. 63 und 64) auf ausländische Betriebsstättenverluste wohl hin. Andererseits wird die Rechtsfigur der finalen Verluste von mehreren Stimmen im Gerichtshof auch für entbehrlich gehalten: vgl. nur Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache K (C‑322/11, EU:C:2013:183, Nrn. 66 ff. und 87) sowie meine Schlussanträge in der Rechtssache Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑172/13, EU:C:2014:2321, Nrn. 41 ff.) und in der Rechtssache A (C‑123/11, EU:C:2012:488, Nrn. 50 ff.).


6      Richtlinie des Rates vom 19. Oktober 2009 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensanteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, sowie für die Verlegung des Sitzes einer Europäischen Gesellschaft oder einer Europäischen Genossenschaft von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat (ABl. 2009, L 310, S. 34), durch die die Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 mit gleichlautendem Titel (ABl. 1990, L 225, S. 1) neu gefasst wurde. Diese Richtlinie wurde geändert durch die Richtlinie 2013/13/EU des Rates vom 13. Mai 2013 zur Anpassung bestimmter Richtlinien im Bereich Steuern anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien (ABl. 2013, L 141, S. 30) und ist nicht zu verwechseln mit der Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten (ABl. 2005, L 310, S. 1), die sich mit den gesellschaftsrechtlichen Aspekten bestimmter grenzüberschreitender Zusammenschlüsse befasst.


7      Gesetz Nr. 1229 aus dem Jahr 1999 über die Körperschaft- und Einkommensteuer.


8      Urteil vom 21. Februar 2013 (C‑123/11, EU:C:2013:84).


9      Urteil vom 13. Dezember 2005 (C‑446/03, EU:C:2005:763).


10      So zuletzt erst wieder Urteile vom 8. März 2017, Euro Park Service (C‑14/16, EU:C:2017:177, Rn. 19), vom 12. November 2015, Visnapuu (C‑198/14, EU:C:2015:751, Rn. 40), vom 11. Dezember 2003, Deutscher Apothekerverband (C‑322/01, EU:C:2003:664, Rn. 64), sowie vom 16. Dezember 2008, Gysbrechts und Santurel Inter (C‑205/07, EU:C:2008:730, Rn. 33) – wenngleich im konkreten Fall immer eine fehlende Bindung an das Primärrecht ablehnend.


11      Urteile vom 2. September 2015, Groupe Steria (C‑386/14, EU:C:2015:524, Rn. 39), vom 18. September 2003, Bosal (C‑168/01, EU:C:2003:479, Rn. 25 und 26), vom 23. Februar 2006, Keller Holding (C‑471/04, EU:C:2006:143, Rn. 45), vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation (C‑446/04, EU:C:2006:774, Rn. 46), vom 29. Februar 1984, REWE-Zentrale (37/83, EU:C:1984:89, Rn. 18), und vom 26. Oktober 2010, Schmelz (C‑97/09, EU:C:2010:632, Rn. 50).


12      Urteil vom 5. Oktober 1978, Viola (26/78, EU:C:1978:172, Rn. 9/14).


13      Urteile vom 29. November 2011, National Grid Indus (C‑371/10, EU:C:2011:785, Rn. 36), vom 21. Mai 2015, Verder LabTec (C‑657/13, EU:C:2015:331, Rn. 34), und vom 16. April 2015, Kommission/Deutschland (C‑591/13, EU:C:2015:230, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).


14      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Juli 2018, NN (C‑28/17, EU:C:2018:526, Rn. 18), vom 25. Februar 2010, X Holding (C‑337/08, EU:C:2010:89, Rn. 20), sowie vom 12. Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation (C‑446/04, EU:C:2006:774, Rn. 167).


15      Vgl. u. a. Urteile vom 5. Dezember 1989, Kommission/Italien (C‑3/88, EU:C:1989:606, Rn. 8), vom 13. Juli 1993, Commerzbank (C‑330/91, EU:C:1993:303, Rn. 14), vom 14. Februar 1995, Schumacker (C‑279/93, EU:C:1995:31, Rn. 26), vom 8. Juli 1999, Baxter u. a. (C‑254/97, EU:C:1999:368, Rn. 10), vom 25. Januar 2007, Meindl (C‑329/05, EU:C:2007:57, Rn. 21), vom 18. März 2010, Gielen (C‑440/08, EU:C:2010:148, Rn. 37), vom 1. Juni 2010, Blanco Pérez und Chao Gómez (C‑570/07 und C‑571/07, EU:C:2010:300, Rn. 117 und 118), vom 5. Februar 2014, Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C‑385/12, EU:C:2014:47, Rn. 30), und vom 8. Juni 2017, Van der Weegen u. a. (C‑580/15, EU:C:2017:429, Rn. 33); siehe auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C‑385/12, EU:C:2013:531, Nr. 34).


16      Urteil vom 5. Februar 2014, Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C‑385/12, EU:C:2014:47, Rn. 39 ff.).


17      Vgl. dazu meine Schlussanträge in der Rechtssache ANGED (C‑233/16, EU:C:2017:852, Nrn. 34 ff.) und in der Rechtssache Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C‑385/12, EU:C:2013:531, Nr. 41).


18      Siehe dazu bereits meine Schlussanträge in der Rechtssache ANGED (C‑233/16, EU:C:2017:852, Nr. 38) und in der Rechtssache Hervis Sport- és Divatkereskedelmi (C‑385/12, EU:C:2013:531, Nr. 40).


19      So auch im Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit Urteil vom 1. Juni 2010, Blanco Pérez und Chao Gómez (C‑570/07 und C‑571/07, EU:C:2010:300, Rn. 119).


20      Urteile vom 4. Juli 2018, NN (C‑28/17, EU:C:2018:526, Rn. 31), vom 12. Juni 2018, Bevola und Jens W. Trock (C‑650/16, EU:C:2018:424, Rn. 32), vom 22. Juni 2017, Bechtel (C‑20/16, EU:C:2017:488, Rn. 53), vom 12. Juni 2014, SCA Group Holding u. a. (C‑39/13 bis C‑41/13, EU:C:2014:1758, Rn. 28), und vom 25. Februar 2010, X Holding (C‑337/08, EU:C:2010:89, Rn. 22).


21      Urteil vom 17. Dezember 2015 (C‑388/14, EU:C:2015:829, Rn. 65), welches auf das Urteil vom 17. Juli 2014, Nordea Bank (C‑48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 24), und das Urteil vom 14. Dezember 2006, Denkavit Internationaal und Denkavit France (C‑170/05, EU:C:2006:783, Rn. 34 und 35), Bezug nimmt.


22      C‑172/13, EU:C:2014:2321, Nr. 26 – allerdings habe ich dort im konkreten Fall eine Vergleichbarkeit bejaht (siehe Nr. 29).


23      Urteil vom 17. Dezember 2015, Timac Agro Deutschland (C‑388/14, EU:C:2015:829, Rn. 65), unter Hinweis auf das Urteil vom 17. Juli 2014, Nordea Bank (C‑48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 24), und das Urteil vom 14. Dezember 2006, Denkavit Internationaal und Denkavit France (C‑170/05, EU:C:2006:783, Rn. 34 und 35).


24      Urteile vom 4. Juli 2018, NN (C‑28/17, EU:C:2018:526, Rn. 35), vom 3. Februar 2015, Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑172/13, EU:C:2015:50, Rn. 22 ff.), vom 21. Februar 2013, A (C‑123/11, EU:C:2013:84, Rn. 35), sowie vom 13. Dezember 2005, Marks & Spencer (C‑446/03, EU:C:2005:763, Rn. 27 ff.).


25      Urteil vom 12. Juni 2018, Bevola und Jens W. Trock (C‑650/16, EU:C:2018:424, Rn. 38 und 39).


26      Zwar sagt ein deutsches Sprichwort, dass man Äpfel nicht mit Birnen vergleichen könne. Aber auch Äpfel und Birnen haben Gemeinsamkeiten (so sind beide Kernobst) und sind damit insofern auch vergleichbar.


27      Dies hatte ich dem Gerichtshof schon in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Nordea Bank (C‑48/13, EU:C:2014:153, Nrn. 21 bis 28) vorgeschlagen.


28      Vgl. dazu ausdrücklich Urteile vom 6. September 2012, Philips Electronics (C‑18/11, EU:C:2012:532), und vom 15. Mai 2008, Lidl Belgium (C‑414/06, EU:C:2008:278, Rn. 33).


29      Urteil vom 13. Dezember 2005, Marks & Spencer (C‑446/03, EU:C:2005:763, Rn. 43 ff.).


30      Urteile vom 29. November 2011, National Grid Indus (C‑371/10, EU:C:2011:785, Rn. 42), vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C‑196/04, EU:C:2006:544, Rn. 47), und vom 13. Dezember 2005, Marks & Spencer (C‑446/03, EU:C:2005:763, Rn. 35).


31      Urteil vom 13. Dezember 2005, Marks & Spencer (C‑446/03, EU:C:2005:763).


32      Urteil vom 13. Dezember 2005, Marks & Spencer (C‑446/03, EU:C:2005:763, Rn. 55 und 56).


33      Urteil vom 21. Februar 2013, A (C‑123/11, EU:C:2013:84, Rn. 51 und 52).


34      In diesem Sinne auch Urteil vom 21. Februar 2013, A (C‑123/11, EU:C:2013:84, Rn. 54).


35      Urteile vom 7. November 2013, K (C‑322/11, EU:C:2013:716, Rn. 50), vom 29. November 2011, National Grid Indus (C‑371/10, EU:C:2011:785, Rn. 45), und vom 6. September 2012, Philips Electronics (C‑18/11, EU:C:2012:532, Rn. 23); Urteil vom 13. Dezember 2005, Marks & Spencer (C‑446/03, EU:C:2005:763, Rn. 45 und 46).


36      Urteile vom 7. November 2013, K (C‑322/11, EU:C:2013:716, Rn. 50), vom 15. Mai 2008, Lidl Belgium (C‑414/06, EU:C:2008:278, Rn. 31), vom 18. Juli 2007, Oy AA (C‑231/05, EU:C:2007:439, Rn. 54), und vom 13. Dezember 2005, Marks & Spencer (C‑446/03, EU:C:2005:763, Rn. 45).


37      In diesem Sinne bereits die Urteile vom 21. Dezember 2016, Masco Denmark und Damixa (C‑593/14, EU:C:2016:984, Rn. 41), und vom 30. Juni 2011, Meilicke u. a. (C‑262/09, EU:C:2011:438, Rn. 33).


38      Urteil vom 3. Februar 2015, Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑172/13, EU:C:2015:50, Rn. 33).


39      Urteil vom 13. Dezember 2005 (C‑446/03, EU:C:2005:763).


40      Vgl. Urteil vom 7. November 2013, K (C‑322/11, EU:C:2013:716, Rn. 75 bis 79 und die dort angeführte Rechtsprechung)


41      Urteile vom 3. Februar 2015, Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑172/13, EU:C:2015:50, Rn. 33), vom 17. Dezember 2015, Timac Agro Deutschland (C‑388/14, EU:C:2015:829, Rn. 54).


42      Urteil vom 3. Februar 2015, Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑172/13, EU:C:2015:50, Rn. 31 und 36).


43      Die Bundesrepublik Deutschland vertritt daher die Ansicht, dass nur der im letzten Jahr entstehende Verlust aufgrund der faktisch fehlenden Vortragsfähigkeit als sogenannter finaler Verlust zu betrachten ist, während die vorgetragenen Verluste ihren Charakter als nicht finale Verluste nicht mehr verlieren.


44      Vgl. Urteil vom 3. Februar 2015 (C‑172/13, EU:C:2015:50, Rn. 37).


45      So wird der EuGH zum Teil auch verstanden – vgl. die Stellungnahme von Deutschland in diesem Verfahren und z. B. David Eisendle, „Grenzüberschreitende Verlustverrechnung im Jahre 11 nach Marks & Spencer“, ISR 2016, 37 (42).


46      Urteile vom 15. Mai 2008, Lidl Belgium (C‑414/06, EU:C:2008:278, Rn. 32), vom 18. Juli 2007, Oy AA (C‑231/05, EU:C:2007:439, Rn. 55), und vom 13. Dezember 2005, Marks & Spencer (C‑446/03, EU:C:2005:763, Rn. 46).


47      Urteil vom 13. Dezember 2005 (C‑446/03, EU:C:2005:763).


48      Die entsprechende Vorschrift in § 8c KStG war als sogenannte Sanierungsklausel erst unlängst Gegenstand eines Verfahrens vor dem Gerichtshof (Urteil vom 28. Juni 2018, Andres [Insolvenz Heitkamp BauHolding]/Kommission (C‑203/16 P, EU:C:2018:505).


49      Diesen Punkt spricht z. B. der EuGH, Urteil vom 21. Februar 2013, A (C‑123/11, EU:C:2013:84, Rn. 52 ff.), ausdrücklich an.


50      Urteil vom 12. Juni 2018, Bevola und Jens W. Trock (C‑650/16, EU:C:2018:424, Rn. 61 ff.).


51      Im Gegenteil – der Gerichtshof hat ausdrücklich das nationale Gericht damit beauftragt, festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Annahme eines finalen Verlusts überhaupt vorliegen – vgl. Urteil vom 12. Juni 2018, Bevola und Jens W. Trock (C‑650/16, EU:C:2018:424, Rn. 65).


52      Urteil vom 12. Juni 2018, Bevola und Jens W. Trock (C‑650/16, EU:C:2018:424, Rn. 39 und 59); siehe auch Urteil vom 4. Juli 2018, NN (C‑28/17, EU:C:2018:526, Rn. 35).


53      Die Annahme einer zu rechtlich relevanten grenzüberschreitenden Leistungsfähigkeit von Konzernen würde wohl nur neue Gestaltungsperspektiven für große internationale Konzerne eröffnen. Bedenklich daher das Urteil vom 4. Juli 2018, NN (C‑28/17, EU:C:2018:526, Rn. 35).


54      Darunter wird vereinfacht ausgedrückt die Steuergestaltung sogenannter multinationaler Konzerne verstanden, die innerhalb der bisherigen Steuersysteme über (rechtlich legale) Möglichkeiten verfügen, ihre Bemessungsgrundlagen in Hochsteuerländern zu minimieren und die Gewinne in Niedrigsteuerländer (Base Erosion and Profit Shifting) zu verlagern.


55      Urteil vom 13. Dezember 2005 (C‑446/03, EU:C:2005:763, Rn. 55).


56      Urteile vom 13. Dezember 2005, Marks & Spencer (C‑446/03, EU:C:2005:763, Rn. 55), und vom 21. Februar 2013, A (C‑123/11, EU:C:2013:84, Rn. 56 a. E.).

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