Urteil vom Europäischer Gerichtshof - C-265/17

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

16. Januar 2019(*)

„Rechtsmittel – Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen – Übernahme von TNT Express durch UPS – Beschluss der Kommission zur Feststellung der Unvereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Binnenmarkt und dem EWR-Abkommen – Von der Kommission erarbeitetes ökonometrisches Modell – Unterlassene Übermittlung der am ökonometrischen Modell vorgenommenen Änderungen – Verletzung der Verteidigungsrechte“

In der Rechtssache C‑265/17 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 16. Mai 2017,

Europäische Kommission, vertreten durch T. Christoforou, N. Khan, H. Leupold und A. Biolan als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

United Parcel Service, Inc., mit Sitz in Atlanta, Georgia (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigte: A. Ryan, Solicitor, F. Hoseinian, advokat, W. Knibbeler, S. A. Pliego und P. van den Berg, advocaten, sowie F. Roscam Abbing, advocate,

Klägerin im ersten Rechtszug,

FedEx Corp. mit Sitz in Memphis, Tennessee (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigte: F. Carlin, Barrister, G. Bushell, Solicitor, und Rechtsanwältin N. Niejahr,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer sowie der Richter A. Arabadjiev, E. Regan, C. G. Fernlund (Berichterstatter) und S. Rodin,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 25. Juli 2018

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 7. März 2017, United Parcel Service/Kommission (T‑194/13, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2017:144), mit dem dieses den Beschluss C(2013) 431 der Kommission vom 30. Januar 2013 zur Feststellung der Unvereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Binnenmarkt und dem EWR-Abkommen (Sache COMP/M.6570 – UPS/TNT Express) (im Folgenden: streitiger Beschluss) für nichtig erklärt hat.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Dem angefochtenen Urteil lässt sich entnehmen, dass die United Parcel Service, Inc. (im Folgenden: UPS) und die TNT Express NV (im Folgenden: TNT) zwei auf den Märkten für internationale Expressbeförderung von Kleinpaketen tätige Gesellschaften sind.

3        Am 15. Juni 2012 meldete UPS bei der Kommission gemäß Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 2004, L 24, S. 1) die geplante Übernahme von TNT an.

4        Am 30. Januar 2013 erließ die Kommission den streitigen Beschluss. Sie erklärte den angemeldeten Zusammenschluss für mit dem Binnenmarkt und dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3) unvereinbar, nachdem sie festgestellt hatte, dass er eine erhebliche Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs auf den betreffenden Dienstleistungsmärkten in 15 Mitgliedstaaten darstelle, nämlich in Bulgarien, der Tschechischen Republik, Dänemark, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, den Niederlanden, Polen, Rumänien, Slowenien, der Slowakei, Finnland sowie Schweden.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

5        Mit am 5. April 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift erhob UPS Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses. Zur Stützung dieser Klage machte sie insbesondere eine Verletzung der Verteidigungsrechte als Klagegrund geltend, mit dem sie der Kommission vorwarf, die streitige Entscheidung auf der Grundlage eines ökonometrischen Modells erlassen zu haben, das sich von dem unterscheide, das während des Verwaltungsverfahrens kontradiktorisch erörtert worden sei.

6        Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht diesem Klagegrund stattgegeben und den streitigen Beschluss für nichtig erklärt.

 Anträge der Parteien

7        Die Kommission beantragt,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben,

–        die Sache an das Gericht zurückzuverweisen und

–        die Entscheidung über die Kosten dieses Rechtszugs vorzubehalten.

8        UPS beantragt,

–        das Rechtsmittel für unzulässig und/oder wirkungslos zu erklären oder

–        es zur Gänze zurückzuweisen oder

–        hilfsweise, ein endgültiges Sachurteil unter Beibehaltung des Tenors des angefochtenen Urteils und Ersetzung der Urteilsgründe zu erlassen, sowie

–        der Kommission die Kosten des Rechtsmittelverfahrens und des Verfahrens vor dem Gericht aufzuerlegen.

 Zum Rechtsmittel

 Zulässigkeit

9        Zunächst macht UPS geltend, dass das Rechtsmittel aufgrund bestimmter Verfahrensfehler als unzulässig bzw. jedenfalls wirkungslos zurückzuweisen sei.

10      Sie bringt als Erstes vor, dass die Kommission bestimmte Sachverhaltsfeststellungen des Gerichts aus dem angefochtenen Urteil bemängle, ohne jedoch eine Tatsachenverfälschung zu behaupten.

11      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das Rechtsmittel nach Art. 256 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf Rechtsfragen beschränkt ist. Daher ist allein das Gericht für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie die Beweiswürdigung zuständig. Die Würdigung der Tatsachen und Beweise ist somit vorbehaltlich ihrer Verfälschung keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle durch den Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren unterliegt (Urteil vom 26. Januar 2017, Masco u. a./Kommission, C‑614/13 P, EU:C:2017:63, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

12      Im vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass die von der Kommission zur Stützung ihres Rechtsmittels geltend gemachten Rechtsfehler die Einhaltung der Verfahrensregeln durch das Gericht wie etwa die Pflicht zur Begründung seiner Entscheidungen sowie zur Entscheidung über die ihm unterbreiteten Klagegründe und Argumente betreffen. Des Weiteren beanstandet die Kommission die Gründe, aus denen das Gericht geschlossen hat, dass sie die während des Verwaltungsverfahrens am ökonometrischen Modell vorgenommenen Änderungen hätte übermitteln müssen, und bestreitet die Rechtsfolgen einer solchen unterlassenen Übermittlung auf die Gültigkeit der streitigen Entscheidung. Entgegen dem Vorbringen von UPS zielen die damit von der Kommission gegen das angefochtene Urteil geltend gemachten Rügen nicht auf die Sachverhaltsfeststellungen, sondern auf verschiedene angebliche Rechtsfehler des Gerichts ab.

13      Als Zweites sei das Rechtsmittel unzulässig, da die Kommission sich insbesondere in den ersten beiden Teilen ihres ersten Rechtsmittelgrundes darauf beschränke, die vom Gericht insbesondere in den Rn. 176, 181, 185, 186, 198 und 203 bis 209 des angefochtenen Urteils verworfenen Argumente zu wiederholen.

14      Zutreffend ist, dass ein Rechtsmittel unzulässig ist, wenn es sich darauf beschränkt, die bereits vor dem Gericht dargelegten Klagegründe und Argumente einschließlich derjenigen, die auf ein ausdrücklich vom Gericht zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, zu wiederholen. Ein solches Rechtsmittel zielt nämlich in Wirklichkeit nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage ab, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels fällt (Urteil vom 10. November 2016, DTS Distribuidora de Televisión Digital/Kommission, C‑449/14 P, EU:C:2016:848, Rn. 28).

15      Dagegen können im ersten Rechtszug geprüfte Rechtsfragen im Rechtsmittelverfahren erneut aufgeworfen werden, wenn ein Rechtsmittelführer die Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts durch das Gericht beanstandet. Könnte ein Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel nicht in dieser Weise auf bereits vor dem Gericht geltend gemachte Klagegründe und Argumente stützen, so würde dies dem Rechtsmittelverfahren nämlich einen Teil seiner Bedeutung nehmen (Urteil vom 10. November 2016, DTS Distribuidora de Televisión Digital/Kommission, C‑449/14 P, EU:C:2016:848, Rn. 29).

16      Im vorliegenden Fall beschränkt sich die Kommission in ihrem Rechtsmittel entgegen dem Vorbringen von UPS nicht auf die bloße Wiedergabe ihrer bereits im ersten Rechtszug geltend gemachten Argumente. Sie rügt nämlich die vom Gericht im angefochtenen Urteil ausgeführten rechtlichen Entscheidungsgründe, insbesondere in den ersten beiden Teilen ihres ersten Rechtsmittelgrundes, mit denen sie dem Gericht vorwirft, sich nicht mit bestimmten in ihrer Klagebeantwortung angeführten Argumenten auseinandergesetzt zu haben.

17      Als Drittes sei das Rechtsmittel jedenfalls als wirkungslos zurückzuweisen, da es nicht zu einer Zurückverweisung der Sache an das Gericht gemäß dem Antrag der Kommission führen könne. Für den Fall, dass dem Rechtsmittel stattgegeben werden sollte, beantrage UPS nämlich, die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses aufrechtzuerhalten, und zwar unter Ersetzung der Urteilsgründe in Richtung einer Nichtigerklärung wegen Begründungsmangels und Verletzung der Verteidigungsrechte durch die Kommission.

18      Hierzu genügt es, festzuhalten, dass die Frage, ob ein Rechtsmittel zur Gänze oder teilweise wirkungslos ist, nicht zur Prüfung seiner Zulässigkeit, sondern zu der seiner Begründetheit gehört.

19      Angesichts dieser Umstände ist das Vorbringen, mit dem UPS die Zulässigkeit des Rechtsmittels sowie bestimmter Rechtsmittelgründe bestreitet, zur Gänze zu verwerfen.

 Begründetheit

20      Zur Stützung ihres Rechtsmittels macht die Kommission vier Gründe geltend. Sie wirft dem Gericht mit diesen Rechtsmittelgründen, deren zahlreiche Untergliederungen sich teilweise überschneiden, im Wesentlichen drei Rechtsfehler vor. Die ersten beiden beziehen sich auf eine Verletzung der Verteidigungsrechte sowie auf die daraus entstehenden Rechtsfolgen, während der dritte einen Verstoß gegen die Pflicht des Gerichts zur Begründung seiner Entscheidungen zum Gegenstand hat.

 Zur Verletzung der Verteidigungsrechte

–       Vorbringen der Parteien

21      Die Kommission rügt mit dem ersten Rechtsmittelgrund, konkret mit dessen Teilen 2 und 3, die in Rn. 209 des angefochtenen Urteils angeführte Aussage, dass „die Kommission nicht geltend machen [kann], sie sei nicht verpflichtet gewesen, der Klägerin das endgültige Modell der ökonometrischen Analyse vor Erlass des [streitigen] Beschlusses zu übermitteln“.

22      Die Kommission bestreitet das Bestehen einer solchen Verpflichtung.

23      Als Erstes hält sie sich für nicht verpflichtet, nach dem Stadium der Mitteilung der Beschwerdepunkte allfällige weitere Zwischenbeurteilungen der ihren Beschwerdepunkten zugrunde liegenden Umstände mitzuteilen, da sich diese Beurteilungen während des Verfahrens ändern könnten. Im vorliegenden Fall sei die Analyse des Verhältnisses zwischen dem Konzentrationsniveau und den Preisen anhand der seitens UPS und TNT vorgelegten Daten vorgenommen worden. Die Methodik, auf deren Grundlage diese Daten mittels eines ökonometrischen Modells bewertet worden seien, sei unter Berücksichtigung des Vorbringens der UPS angepasst worden. Die Infragestellung der von der Kommission vorgenommenen Beurteilung dieser Daten gehöre nicht zu den Verteidigungsrechten, sondern zur Prüfung der Begründetheit der streitigen Entscheidung.

24      Als Zweites wendet sich die Kommission gegen die Ausführungen in den Rn. 199 und 200 des angefochtenen Urteils, auf deren Grundlage das Gericht in Rn. 209 dieses Urteils festgehalten habe, dass die Kommission verpflichtet gewesen sei, UPS vor Erlass der streitigen Entscheidung die endgültige Fassung des Modells zu übermitteln. Der Bezugnahme auf das Urteil vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala (C‑413/06 P, EU:C:2008:392, Rn. 61) in Rn. 200 des angefochtenen Urteils komme keine Relevanz zu. Aus jenem Urteil gehe nämlich hervor, dass die Kommission in ihren endgültigen Beschluss zwar keine anderen Beschwerdepunkte aufnehmen könne als jene, die den Unternehmen mitgeteilt worden seien, diese Mitteilung jedoch vorläufig sei und ihr Inhalt geändert werden könne, wobei insoweit die einzige Verpflichtung in der Begründung des endgültigen Beschlusses bestehe.

25      Auch das Urteil vom 9. März 2015, Deutsche Börse/Kommission (T‑175/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:148, Rn. 247), auf das Rn. 199 des angefochtenen Urteils Bezug nimmt, ist nach Auffassung der Kommission nicht relevant. Das Gericht habe in jenem Urteil das Argument einer Verletzung der Verteidigungsrechte nämlich verworfen, weil die Kommission weder verpflichtet sei, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgenommenen Beurteilungen aufrechtzuerhalten, noch, im endgültigen Beschluss die etwaigen Unterschiede zu ihren Beurteilungen aus dieser Mitteilung zu erläutern.

26      Als Drittes macht die Kommission geltend, dass die Vorgehensweise des Gerichts nicht mit der Systematik und den Fristen der Verordnung Nr. 139/2004 vereinbar sei. Das Gericht habe im angefochtenen Urteil anklingen lassen, dass die Kommission vor Erlass ihres Beschlusses den Anmeldern alle ihre internen Überlegungen mitteilen müsse. Das Recht auf Akteneinsicht gemäß Art. 17 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 802/2004 der Kommission vom 7. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 2004, L 133, S. 1) erstrecke sich jedoch nicht auf interne Unterlagen der Kommission. Ein solcher Ansatz, den das Gericht im Übrigen nicht auf ökonometrische Analysen beschränkt habe, gefährde das von sehr kurzen Fristen geprägte Fusionskontrollverfahren.

27      Die UPS tritt diesem Vorbringen entgegen.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

28      Zunächst ist festzuhalten, dass die Wahrung der Verteidigungsrechte einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellt, der anwendbar ist, wann immer die Verwaltung beabsichtigt, gegenüber einer Person eine sie beschwerende Maßnahme zu erlassen (Urteil vom 18. Dezember 2008, Sopropé, C‑349/07, EU:C:2008:746, Rn. 36).

29      Für die Fusionskontrollverfahren ist dieser Grundsatz in Art. 18 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 und, ausführlicher, in Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 802/2004 enthalten. Diese Bestimmungen verlangen insbesondere, dass die Kommission Einwände den Anmeldern schriftlich mitteilt und ihnen eine Frist zur schriftlichen Äußerung setzt (Urteil vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, EU:C:2008:392, Rn. 62).

30      Diese Bestimmungen werden durch jene über das Recht auf Akteneinsicht ergänzt, das einen Ausfluss des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte darstellt (Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 68). So folgt aus Art. 18 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 und aus Art. 17 der Verordnung Nr. 802/2004, dass die unmittelbar Betroffenen nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorbehaltlich insbesondere der berechtigten Interessen der Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse Recht auf Akteneinsicht haben, wobei sich diese Akteneinsicht weder auf vertrauliche Informationen noch auf interne Dokumente der Kommission oder der zuständigen mitgliedstaatlichen Behörden erstreckt.

31      Die Wahrung der Verteidigungsrechte vor Erlass eines Beschlusses im Fusionskontrollbereich erfordert es somit, dass die Anmelder in die Lage versetzt werden, ihren Standpunkt bezüglich der Richtigkeit und Relevanz sämtlicher Umstände, auf die die Kommission ihren Beschluss zu stützen beabsichtigt, sachdienlich vorzutragen (vgl. entsprechend Urteil vom 22. Oktober 2013, Sabou, C‑276/12, EU:C:2013:678, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Hinsichtlich der im Rahmen von Fusionskontrollverfahren verwendeten ökonometrischen Modelle ist festzuhalten, dass die erforderliche Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung in diesem Bereich in der Prüfung besteht, inwieweit ein solcher Zusammenschluss die für den Stand des Wettbewerbs auf den betroffenen Märkten maßgebenden Faktoren verändern könnte. Diese Art von Untersuchung erfordert es, sich die verschiedenen Ursache-Wirkungs-Ketten vor Augen zu führen und von denjenigen mit der größten Wahrscheinlichkeit auszugehen (Urteil vom 15. Februar 2005, Kommission/Tetra Laval, C‑12/03 P, EU:C:2005:87, Rn. 42 und 43).

33      Dazu ermöglicht es die Verwendung ökonometrischer Modelle, das Verständnis des geplanten Zusammenschlusses zu verbessern, indem einige seiner Wirkungen bestimmt und gegebenenfalls quantifiziert werden, und so einen Beitrag zur Qualität der Beschlüsse der Kommission zu leisten. Es ist somit erforderlich, die Anmelder in die Lage zu versetzen, zu diesen Modellen Stellung nehmen zu können, wenn die Kommission ihren Beschluss darauf stützen möchte.

34      Die Übermittlung dieser Modelle sowie der ihrer Entwicklung zugrunde liegenden Methodenauswahl ist umso notwendiger, als sie, wie die Generalanwältin in Nr. 43 ihrer Schlussanträge ausführt, zur Sicherstellung der Verfahrensgerechtigkeit gemäß dem Grundsatz der guten Verwaltung nach Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union beiträgt.

35      Die Kommission ist jedoch der Auffassung, nicht zur Übermittlung sämtlicher Änderungen an einem in Zusammenarbeit mit den am Zusammenschluss beteiligten Parteien entwickelten Modell, auf das sich die mitgeteilten Beschwerdepunkte bezögen, verpflichtet zu sein. In diesem Stadium könnten sich demnach die Beschwerdepunkte ändern und die an den Modellen vorgenommenen Änderungen seien den nicht der Akteneinsicht unterliegenden internen Dokumenten gleichzuhalten.

36      Zwar hat die Mitteilung der Beschwerdepunkte ihrer Natur nach vorläufigen Charakter und ist Änderungen anlässlich der späteren Beurteilung zugänglich, die die Kommission auf der Grundlage der von den Beteiligten vorgelegten Stellungnahmen und weiterer Tatsachenfeststellungen vornimmt (Urteil vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, EU:C:2008:392, Rn. 63). Aufgrund dieses vorläufigen Charakters hindert die Mitteilung der Beschwerdepunkte die Kommission keineswegs daran, ihre Auffassung zugunsten der betroffenen Unternehmen zu ändern, ohne dazu verpflichtet zu sein, eventuelle Unterschiede gegenüber ihrer vorläufigen Beurteilung in dieser Mitteilung zu erläutern (Urteil vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, EU:C:2008:392, Rn. 63 bis 65).

37      Allerdings erlauben diese Erwägungen nicht den Schluss, dass die Kommission nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte das Wesen eines ökonometrischen Modells ändern könnte, auf dessen Grundlage sie ihre Einwände stützen möchte, ohne diese Änderung den beteiligten Unternehmen zur Kenntnis zu bringen und es ihnen zu ermöglichen, dazu Stellung zu nehmen. Eine solche Auslegung würde nämlich dem Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte sowie den Bestimmungen des Art. 18 Abs. 3 der Verordnung Nr. 139/2004 zuwiderlaufen, die zum einen erfordern, dass die Kommission ihre Beschlüsse nur auf die Einwände stützt, zu denen die Betroffenen Stellung nehmen konnten, und zum anderen ein Recht auf Akteneinsicht zumindest für die unmittelbar Betroffenen vorsehen. Auch ist ausgeschlossen, dass solche Umstände als interne Dokumente im Sinne von Art. 17 der Verordnung Nr. 802/2004 qualifiziert werden könnten.

38      Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Beschleunigungsgebot, das die allgemeine Systematik der Verordnung Nr. 139/2004 kennzeichnet, die Kommission im Hinblick auf den Erlass der abschließenden Entscheidung zur Einhaltung strikter Fristen verpflichtet (Urteil vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, EU:C:2008:392, Rn. 49). Die Kommission ist verpflichtet, dieses Beschleunigungsgebot mit der Einhaltung der Verteidigungsrechte in Einklang zu bringen.

39      Im vorliegenden Fall hat das Gericht zunächst in den Rn. 199 und 200 des angefochtenen Urteils die sich aus dem Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte ergebenden Anforderungen richtig dargestellt und sodann verschiedene Sachverhaltsfeststellungen vorgenommen, die von der Kommission in ihrem Rechtsmittel nicht bestritten worden sind.

40      So hat das Gericht in den Rn. 201 und 211 bis 213 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass sich die Kommission auf die Endfassung des ökonometrischen Modells gestützt habe, um die Zahl der Mitgliedstaaten zu bestimmen, auf deren Hoheitsgebiet der geplante Zusammenschluss zu einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs führen würde.

41      In Rn. 202 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass die Entscheidung für die Endfassung des ökonometrischen Modells am 21. November 2012, d. h. mehr als zwei Monate vor dem Erlass des streitigen Beschlusses, getroffen worden sei, und in Rn. 203, dass die Kommission diese Endfassung nicht UPS übermittelt habe. In den Rn. 205 bis 208 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgehalten, dass die Änderungen in dieser Endfassung gegenüber den während des Verwaltungsverfahrens erörterten Modellen nicht vernachlässigbar gewesen seien.

42      Des Weiteren hat die Kommission, wie die Generalanwältin in Nr. 61 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, keine Anhaltspunkte dafür geliefert, aufgrund welcher konkreten Gründe es ihr zu jenem Zeitpunkt praktisch unmöglich gewesen sein soll, UPS zu dieser Endfassung unter Setzung einer kurzen Antwortfrist anzuhören.

43      Angesichts dieser Umstände konnte das Gericht somit rechtsfehlerfrei in Rn. 209 des angefochtenen Urteils schließen, dass „die Kommission nicht geltend machen [kann], sie sei nicht verpflichtet gewesen, der Klägerin das endgültige Modell der ökonometrischen Analyse vor Erlass des [streitigen] Beschlusses zu übermitteln“.

44      Somit ist der erste Rechtsmittelgrund in seinem zweiten und seinem dritten Teil als unbegründet zurückzuweisen.

 Zu den Rechtsfolgen einer Verletzung der Verteidigungsrechte

–       Vorbringen der Parteien

45      Die Kommission wendet sich in den jeweils ersten beiden Teilen des zweiten und des vierten Rechtsmittelgrundes gegen die Beurteilung des Gerichts in Rn. 210 des angefochtenen Urteils, in der es ausgeführt hat, dass „die Verteidigungsrechte der Klägerin verletzt worden [sind], so dass der [streitige] Beschluss für nichtig zu erklären ist, sofern die Klägerin hinreichend nachgewiesen hat, dass sie zumindest eine geringe Chance gehabt hätte, sich sachdienlicher zu verteidigen, wenn es diesen Verfahrensmangel nicht gegeben hätte, wobei sie nicht zu beweisen braucht, dass in diesem Fall der [streitige] Beschluss anders ausgefallen wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Oktober 2011, Solvay/Kommission, C‑109/10 P, EU:C:2011:686, Rn. 57)“.

46      Als Erstes bringt die Kommission vor, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es das in Rn. 57 des Urteils vom 25. Oktober 2011, Solvay/Kommission (C‑109/10 P, EU:C:2011:686), entwickelte Rechtsprechungskriterium auf den vorliegenden Fall angewendet habe.

47      Während dieses Kriterium nur die Konsequenzen der unterlassenen Mitteilung eines entlastenden Umstandes betreffe, stelle das in Rede stehende ökonometrische Modell kein Beweismittel, sondern ein Hilfsmittel dar, das der Kommission die Beurteilung der wahrscheinlichen Preisauswirkungen des Zusammenschlusses ermögliche. Sollte es sich dennoch um ein Beweismittel handeln, so würde dieses Modell lediglich einen potenziell entlastenden Umstand bilden. Die bloße Tatsache, dass das Modell dazu geführt habe, die Zahl der nationalen Märkte, auf denen der Zusammenschluss zu einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs führen könnte, von 29 auf 15 zu reduzieren, sei insoweit nicht ausreichend. Darüber hinaus erlaube es der Umstand allein, dass einer der von der Kommission angenommenen Faktoren in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ungünstiger gewesen sei als im endgültigen Beschluss, für sich genommen nicht, davon auszugehen, dass die der Beurteilung dieser Faktoren dienlichen Beweismittel im Stadium dieses Beschlusses zu entlastenden Elementen geworden wären.

48      Für die Kommission folgt daraus, dass das Gericht die Regel über die aus der unterlassenen Übermittlung von belastendem Material resultierende Verletzung der Verteidigungsrechte nach dem Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission (C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, EU:C:2004:6, Rn. 72 und 73) anwenden hätte müssen, wonach der Ausschluss eines nicht übermittelten belastenden Schriftstücks als Beweismittel nur bei Fehlen jedweder anderer Belege, von denen die Parteien im Verwaltungsverfahren Kenntnis hatten, zur Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses führen könne.

49      Als Zweites macht die Kommission geltend, dass selbst unter der Annahme einer Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte von UPS diese entgegen der Ansicht des Gerichts in Rn. 222 des angefochtenen Urteils jedenfalls nicht zur Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses führen könne.

50      Die Kommission verweist darauf, dass sie in ihrem Vorbringen im ersten Rechtszug geltend gemacht habe, dass die Feststellung einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs auf einem einzigen Markt genüge, um einen Zusammenschluss für mit dem Binnenmarkt unvereinbar zu erklären. Nun hätte der geplante Zusammenschluss in Dänemark und in den Niederlanden zugleich eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs und negative Auswirkungen auf die Preise mit sich gebracht. Zumindest für diese beiden Märkte bleibe somit jedweder Fehler im Zusammenhang mit dem ökonometrischen Modell hinsichtlich des Preisniveaus folgenlos, da sich die Feststellung einer Wettbewerbsbehinderung auf andere Anhaltspunkte stütze. Angesichts dieser Umstände ist die Kommission der Ansicht, dass das Gericht den Klagegrund der Missachtung der Verteidigungsrechte als ins Leere gehend hätte verwerfen müssen.

51      Schließlich kann UPS nach Auffassung der Kommission nicht behaupten, dass sie bei Kenntnis der Endfassung des ökonometrischen Modells in der Lage gewesen wäre, Korrekturmaßnahmen vorzuschlagen.

52      UPS tritt dem Vorbringen der Kommission entgegen.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

53      Wie in den Rn. 32 bis 34 des vorliegenden Urteils ausgeführt, stellen die ökonometrischen Modelle ihrer Natur und Funktion nach quantitative Behelfe zur Untersuchung der voraussichtlichen Entwicklung dar, die die Kommission im Rahmen der Fusionskontrollverfahren vornimmt. Die methodologischen Grundlagen dieser Modelle müssen möglichst objektiv sein, um das Ergebnis dieser Untersuchung nicht in die eine oder die andere Richtung zu verzerren. Diese Faktoren tragen so zur Unparteilichkeit und zur Qualität der Entscheidungen der Kommission bei, wovon letztlich das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Unternehmen in die Legitimität des unionsrechtlichen Fusionskontrollverfahrens abhängt.

54      Angesichts dieser Merkmale kann ein ökonometrisches Modell nicht als be- oder entlastendes Beweismittel je nach den mit ihm zu gewinnenden Ergebnissen und der darauf beruhenden weiteren Nutzung zur Stützung oder Verwerfung bestimmter Einwände gegen einen Zusammenschluss qualifiziert werden. Unter dem Blickwinkel der Wahrung der Verteidigungsrechte hängt die Frage, ob die unterlassene Übermittlung eines ökonometrischen Modells an die Zusammenschlussbeteiligten die Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission rechtfertigt, nicht von der Vorabqualifikation dieses Modells als be- oder entlastendes Beweismittel ab, wie die Generalanwältin im Wesentlichen in Nr. 40 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat.

55      Unter Berücksichtigung der Bedeutung der ökonometrischen Modelle für die Untersuchung der voraussichtlichen Auswirkungen eines Zusammenschlusses würde eine Erhöhung der zur Nichtigerklärung eines Beschlusses aufgrund einer Verletzung der Verteidigungsrechte durch – wie im vorliegenden Fall – eine fehlende Übermittlung der ausgewählten methodologischen Grundlagen, im Besonderen in Bezug auf die diesen Modellen innewohnenden statistischen Techniken, erforderlichen Beweisschwelle, wie es im Wesentlichen die Kommission befürwortet, dem Ziel zuwiderlaufen, die Kommission zu Transparenz bei der Erarbeitung der in den Fusionskontrollverfahren verwendeten ökonometrischen Modelle anzuhalten, und die Effektivität der nachfolgenden gerichtlichen Kontrolle ihrer Entscheidungen mindern.

56      Daraus folgt, dass das Gericht in Rn. 210 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei erkannt hat, dass „die Verteidigungsrechte der Klägerin verletzt worden [sind], so dass der [streitige] Beschluss für nichtig zu erklären ist, sofern die Klägerin hinreichend nachgewiesen hat, dass sie zumindest eine geringe Chance gehabt hätte, sich sachdienlicher zu verteidigen, wenn es diesen Verfahrensmangel nicht gegeben hätte, wobei sie nicht zu beweisen braucht, dass in diesem Fall der [streitige] Beschluss anders ausgefallen wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Oktober 2011, Solvay/Kommission, C‑109/10 P, EU:C:2011:686, Rn. 57)“.

57      Folglich konnte das Gericht entgegen der Auffassung der Kommission nicht aussprechen, dass der von UPS im ersten Rechtszug geltend gemachte Klagegrund der Verletzung der Verteidigungsrechte aufgrund des Umstands ins Leere gehe, dass die Kommission für den dänischen und den niederländischen Markt das Bestehen einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs unabhängig von jedweder Berücksichtigung des ökonometrischen Modells festgestellt habe.

58      Somit sind jeweils die ersten beiden Teile des zweiten und des vierten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.

 Zum Verstoß gegen die Begründungspflicht

–       Vorbringen der Parteien

59      Als Erstes wendet sich die Kommission mit dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes sowie dem zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes gegen Rn. 198 des angefochtenen Urteils, die wie folgt lautet:

„Zur Beurteilung des ersten Teils des zweiten Klagegrundes, der sich auf die wahrscheinlichen Auswirkungen des Zusammenschlusses auf die Preise bezieht, ist zu prüfen, ob die Verteidigungsrechte der Klägerin durch die Bedingungen beeinträchtigt wurden, unter denen die betreffende ökonometrische Analyse auf ein ökonometrisches Modell gestützt wurde, das sich von dem unterschied, das während des Verwaltungsverfahrens kontradiktorisch erörtert worden war.“

60      Das Gericht habe es so unterlassen, auf das in Rn. 181 des angefochtenen Urteils zusammengefasste Vorbringen der Kommission einzugehen, mit dem sie geltend gemacht habe, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte nur provisorischen Charakter aufweise und ihr daher das Recht zustehe, diese später abzuändern oder neue Umstände hinzuzufügen, sofern der Beschluss dieselben Rügen enthalte, die den Parteien bereits mitgeteilt worden seien. Es stelle aber einen Rechtsfehler dar, wenn nicht jedes von einer Partei im ersten Rechtszug vorgebrachte Argument rechtlich zutreffend berücksichtigt werde (Urteil vom 2. April 2009, France Télécom/Kommission, C‑202/07 P, EU:C:2009:214, Rn. 41). Da das Gericht keinerlei Erklärung dafür abgegeben habe, warum es das Eingehen auf ein Hauptargument der Kommission nicht für erforderlich erachtet habe, habe es seine Begründungspflicht verletzt (Urteil vom 19. Dezember 2012, Mitteldeutsche Flughafen und Flughafen Leipzig-Halle/Kommission, C‑288/11 P, EU:C:2012:821, Rn. 83).

61      Als Zweites wirft die Kommission dem Gericht mit dem ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes vor, das im ersten Rechtszug im Zuge ihrer Beantwortung auf die vom Gericht nach der mündlichen Verhandlung vom 6. April 2016 gestellten Fragen dargelegte Vorbringen nicht berücksichtigt zu haben, wonach die Verwendung einer kontinuierlichen Variablen für das Stadium der Vorhersage im ökonometrischen Modell nicht nur gerechtfertigt sei, sondern darüber hinaus aus der von UPS im Zusammenhang mit dem Stadium der Schätzung vorgeschlagenen Methodologie „intuitiv hervorgehe“. Es könne nicht behauptet werden, dass das angefochtene Urteil diesbezüglich eine zumindest implizite Begründung beinhalte, so dass nicht davon auszugehen sei, dass das Gericht das Vorbringen der Kommission geprüft hätte.

62      Als Drittes macht die Kommission mit dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes und mit dem dritten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes geltend, dass das Gericht es in den Rn. 198 bis 222 des angefochtenen Urteils unterlassen habe, auf ihre Argumentation einzugehen, dass der auf eine Verletzung der Verteidigungsrechte abzielende Klagegrund von UPS ins Leere gehe, weil die Feststellung einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs auf dem dänischen und dem niederländischen Markt nicht ausschließlich auf den Ergebnissen des ökonometrischen Modells beruhe. Es sei widersprüchlich, dass das angefochtene Urteil die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses wegen Verletzung der Verteidigungsrechte ausspreche, obwohl in dessen Rn. 217 und 218 festgehalten sei, dass die Endfassung des ökonometrischen Modells zum einen habe „zumindest in bestimmten Staaten die von der Kommission berücksichtigten qualitativen Informationen in Frage stellen“ können und zum anderen es der Kommission ermöglicht habe, die Zahl der Mitgliedstaaten herabzusetzen, in denen der Zusammenschluss zu einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs geführt hätte.

63      UPS tritt dem Vorbringen der Kommission entgegen.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

64      Hinsichtlich der im ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes sowie im zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes ausgeführten ersten Rüge genügt es festzuhalten, dass sich das Gericht angesichts der in den Rn. 198 bis 209 des angefochtenen Urteils enthaltenen Begründung implizit aber eindeutig mit dem in der Rn. 181 des angefochtenen Urteils zusammengefassten Vorbringen der Kommission auseinandergesetzt hat. Somit ist diese erste Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

65      Was die im ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes enthaltene zweite Rüge betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht durch die Ausführungen in den Rn. 198 bis 208 des angefochtenen Urteils seine Auffassung in Rn. 209 dieses Urteils rechtsrichtig begründet hat, wonach „die Kommission nicht geltend machen [kann], sie sei nicht verpflichtet gewesen, der Klägerin das endgültige Modell der ökonometrischen Analyse vor Erlass des [streitigen] Beschlusses zu übermitteln“.

66      Im Besonderen hat das Gericht in Rn. 205 des angefochtenen Urteils festgehalten, dass die von der Kommission am ökonometrischen Modell vorgenommenen Änderungen nicht vernachlässigbar gewesen seien. Des Weiteren hat das Gericht in Rn. 207 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass „sich die Kommission im Stadium der Schätzung auf eine diskrete Variable und im Stadium der Vorhersage auf eine kontinuierliche Variable [stützte]“, und in Rn. 208 dieses Urteils erkannt, dass, „[a]uch wenn die Verwendung einer diskreten Variable Gegenstand wiederholter Diskussionen während des Verwaltungsverfahrens war, … doch aus der Akte nicht [hervorgeht], dass dies hinsichtlich der Anwendung verschiedener Variablen in verschiedenen Stadien der ökonometrischen Analyse ebenfalls der Fall war“.

67      Mit diesen Gründen hat das Gericht seine Entscheidung rechtlich ausreichend begründet und implizit, aber eindeutig das Vorbringen der Kommission zurückgewiesen, wonach die UPS „intuitiv“ in der Lage gewesen wäre, die am ökonometrischen Modell vorgenommenen Änderungen zu erkennen. Folglich ist die zweite Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

68      Zur im zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes sowie im dritten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes ausgeführten dritten Rüge genügt die Feststellung, dass dieses Vorbringen auf der Prämisse beruht, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, indem es in Rn. 210 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, dass die festgestellte Verletzung der Verteidigungsrechte die Nichtigerklärung nach sich ziehe, „sofern die Klägerin hinreichend nachgewiesen hat, dass sie zumindest eine geringe Chance gehabt hätte, sich sachdienlicher zu verteidigen, wenn es diesen Verfahrensmangel nicht gegeben hätte, wobei sie nicht zu beweisen braucht, dass in diesem Fall der [streitige] Beschluss anders ausgefallen wäre“. Diese Prämisse ist aber aus den zuvor in den Rn. 53 bis 58 des vorliegenden Urteils angegebenen Gründen unrichtig. Daher ist auch die dritte Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

69      Aus den gesamten vorstehenden Erwägungen folgt, dass das Rechtsmittel zur Gänze zurückzuweisen ist.

 Kosten

70      Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem entsprechenden Antrag von UPS die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Die Europäische Kommission trägt die Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.

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