Schlussantrag des Generalanwalts vom Europäischer Gerichtshof - C-697/17

Vorläufige Fassung

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

vom23. Januar 2019(1)

Rechtssache C697/17

Telecom Italia SpA

gegen

Ministero dello Sviluppo Economico,

Infrastrutture e telecomunicazioni per l’Italia SpA (Infratel Italia SpA),

Beteiligte:

Open Fiber SpA

(Vorabentscheidungsersuchen des Consiglio di Stato [Staatsrat, Italien])

„Vorabentscheidungsverfahren – Öffentliche Aufträge – Richtlinie 2014/24/EU – Nicht offenes Verfahren – Wirtschaftsteilnehmer, die zur Abgabe eines Angebots zugelassen sind – Während des Vergabeverfahrens durchgeführte Verschmelzung durch Aufnahme – Notwendigkeit der Wahrung der rechtlichen Identität zwischen der Vorauswahlphase und der Angebotsabgabe“






1.        Der Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) stellt in diesem Vorabentscheidungsverfahren die Frage, ob nach der Richtlinie 2014/24/EU(2) die „rechtliche und wirtschaftliche Identität“ einer zunächst im Rahmen eines nicht offenen Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge ausgewählten Gesellschaft gewahrt bleibt, wenn diese Gesellschaft ihre Verschmelzung mit einer anderen, ebenfalls ausgewählten Gesellschaft, die am Ende kein Angebot abgegeben hat, einleitet.

2.        In gewisser Weise ist die vorliegende Streitigkeit die Kehrseite der dem Urteil MT Højgaard und Züblin(3) zugrunde liegenden Rechtssache, in der ein Bieter bei seiner Vorauswahl einer später aufgelösten Bietergemeinschaft angehörte. Damals war fraglich, ob dieser Bieter nach Auflösung der Gemeinschaft weiterhin im eigenen Namen am Verhandlungsverfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags teilnehmen konnte.

3.        Der Gerichtshof hat mithin erneut Gelegenheit, seine Rechtsprechung zu dem Grundsatz, dass die in der Vorauswahl berücksichtigten Wirtschaftsteilnehmer mit denen identisch sein müssen, die Angebote vorlegen, zu vertiefen.

I.      Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht. Richtlinie 2014/24

4.        Art. 8 bestimmt:

„Diese Richtlinie gilt nicht für öffentliche Aufträge und Wettbewerbe, die hauptsächlich den Zweck haben, dem öffentlichen Auftraggeber die Bereitstellung oder den Betrieb öffentlicher Kommunikationsnetze oder die Bereitstellung eines oder mehrerer elektronischer Kommunikationsdienste für die Öffentlichkeit zu ermöglichen.

Für die Zwecke dieses Artikels haben die Ausdrücke ‚öffentliches Kommunikationsnetz‘ und ‚elektronischer Kommunikationsdienst‘ die gleiche Bedeutung wie in der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates[(4)].“

5.        Art. 18 Abs. 1 sieht vor:

„Die öffentlichen Auftraggeber behandeln alle Wirtschaftsteilnehmer in gleicher und nichtdiskriminierender Weise und handeln transparent und verhältnismäßig.

Das Vergabeverfahren darf nicht mit der Absicht konzipiert werden, es vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie auszunehmen oder den Wettbewerb künstlich einzuschränken. Eine künstliche Einschränkung des Wettbewerbs gilt als gegeben, wenn das Vergabeverfahren mit der Absicht konzipiert wurde, bestimmte Wirtschaftsteilnehmer auf unzulässige Weise zu bevorzugen oder zu benachteiligen.“

6.        Art. 28 lautet:

„(1)      Bei nichtoffenen Verfahren kann jeder Wirtschaftsteilnehmer auf einen Aufruf zum Wettbewerb hin einen Teilnahmeantrag, der die in Anhang V Teil B beziehungsweise Teil C festgelegten Informationen enthält, einreichen, indem er die Informationen für eine qualitative Auswahl vorlegt, die von dem öffentlichen Auftraggeber verlangt werden.

(2)      Lediglich jene Wirtschaftsteilnehmer, die von dem öffentlichen Auftraggeber infolge seiner Bewertung der bereitgestellten Informationen dazu aufgefordert werden, können ein Angebot übermitteln. Die öffentlichen Auftraggeber können die Zahl geeigneter Bewerber, die zur Teilnahme am Verfahren aufgefordert werden, gemäß Artikel 65 begrenzen.

…“

B.      Nationales Recht. Codice dei contratti pubblici (Gesetzbuch über öffentliche Aufträge)(5)

7.        Art. 61 Abs. 3 lautet:

„Nach der Bewertung der bereitgestellten Informationen durch den öffentlichen Auftraggeber können lediglich jene Wirtschaftsteilnehmer ein Angebot übermitteln, die dazu aufgefordert werden.“

8.        Art. 48 Abs. 11 sieht vor:

„In nicht offenen Verfahren oder Verhandlungsverfahren oder bei wettbewerblichen Dialogen kann der einzeln aufgeforderte Wirtschaftsteilnehmer oder der einzeln zum Verfahren des wettbewerblichen Dialogs zugelassene Bewerber das Angebot entweder für sich allein oder als Bevollmächtigter der zusammengeschlossenen Wirtschaftsteilnehmer abgeben.“

II.    Sachverhalt und Vorlagefrage

9.        Die Infratel Italia SpA (im Folgenden: Infratel) führte im Namen des Ministero dello Sviluppo Economico (Ministerium für Wirtschaftsentwicklung, Italien) ein nicht offenes Verfahren zur Vergabe einer Konzession für den Bau, die Unterhaltung und den Betrieb der passiven Infrastruktur für ein im öffentlichen Eigentum stehendes Ultrabreitbandnetz in bestimmten Gebieten durch.

10.      Das in fünf Lose (für ebenso viele geografische Gebiete) aufgeteilte nicht offene Verfahren fand in folgenden Verfahrensabschnitten statt:

a)      Abgabe des Teilnahmeantrags (bis zum 18. Juli 2016),

b)      Versand von Einladungsschreiben an die in der Vorauswahl berücksichtigten Wirtschaftsteilnehmer (bis zum 9. August 2016),

c)      Übermittlung der Angebote (bis zum 17. Oktober 2016).

11.      Die Telecom Italia SpA (Telecom Italia), die Metroweb Sviluppo SpA (Metroweb Sviluppo) und die Enel Open Fiber SpA (Enel Open Fiber)(6) gaben neben weiteren Wirtschaftsteilnehmern Teilnahmeanträge ab (erster Verfahrensabschnitt). Infratel ließ diese zu und forderte die Unternehmen zur Teilnahme (zweiter Verfahrensabschnitt) als ausgewählte Bieter auf.

12.      Metroweb Sviluppo gab, obwohl sie im zweiten Verfahrensabschnitt in der Vorauswahl berücksichtigt worden war, kein Angebot ab und verzichtete damit auf eine Teilnahme am Vergabeverfahren.

13.      Infratel veröffentlichte am 9. Januar 2017 das Verzeichnis der ausgewählten Wettbewerber und am 24. Januar 2017 die vorläufige Rangliste der erfolgreichen Bieter. Bei allen fünf Losen stand Enel Open Fiber an erster Stelle und Telecom Italia an zweiter Stelle, außer bei Los 4, bei dem sie den dritten Platz belegte.

14.      Nach Abschluss des Verfahrens erhielt Telecom Italia Zugang zu den Verwaltungsakten. Die Einsichtnahme ergab, dass zwischen dem Verfahrensabschnitt der Vorauswahl und der Frist für die Abgabe der Angebote (17. Oktober 2016) Metroweb Sviluppo und Enel Open Fiber an einem komplexen gesellschaftsrechtlichen Vorgang beteiligt waren.

15.      Dieser Vorgang ging auf einen Unternehmenszusammenschluss zurück, durch den die Gesellschaften Enel SpA (Enel) und Cassa Depositi e Prestiti SpA (CDP) über ihre Tochtergesellschaft CDP Equity SpA (CDPE) die gemeinsame Kontrolle über das aus der Verschmelzung von Enel Open Fiber mit der Metroweb Italia SpA (Metroweb Italia) entstandene Unternehmen erlangten.

16.      Nach der am 10. Oktober 2016 zwischen der Holdinggesellschaft Enel (die Enel Open Fiber kontrollierte) und Metroweb Italia (die Metroweb Sviluppo kontrollierte) geschlossenen „Investitionsrahmenvereinbarung“ hatte der Vorgang zur Folge, dass

–      Enel und CDPE jeweils 50 % des Gesellschaftskapitals von Enel Open Fiber übernahmen;

–      Enel Open Fiber 100 % des Gesellschaftskapitals von Metroweb Italia erwarb;

–      Metroweb Italia durch Aufnahme die Verschmelzung einiger Gesellschaften der Gruppe Metroweb Italia, u. a. Metroweb Sviluppo, herbeiführte und

–      Enel Open Fiber mit der aus der Verschmelzung der Gruppe Metroweb Italia entstandenen Gesellschaft zu einer „neuen Enel Open Fiber“ verschmolzen wurde(7).

17.      In Umsetzung dieser Vereinbarung wurde Metroweb Sviluppo (eine Teilnehmerin des Vergabeverfahrens) am 17. Oktober 2016 von der Metroweb-Gruppe übernommen. Am 23. Januar 2017 wurde die Verschmelzung durch Aufnahme von Metroweb durch Open Fiber beschlossen.

18.      Das Verschmelzungsvorhaben wurde am 10. November 2016(8) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004(9) bei der Europäischen Kommission angemeldet. Am 15. Dezember 2016 entschied die Kommission, keine Einwände gegen den Vorgang zu erheben(10).

19.      Telecom Italia ging gegen die Vergabe der fünf Lose, in die das nicht offene Verfahren aufgeteilt war, mit fünf Klagen beim Tribunale amministrativo regionale del Lazio (Regionales Verwaltungsgericht Latium, Italien) vor. Dieses wies die Klagen mit fünf Urteilen vergleichbaren Inhalts ab.

20.      Vor diesem Hintergrund hat Telecom Italia fünf Berufungen zum Consiglio di Stato (Staatsrat) gegen diese Urteile eingelegt, der das Verfahren ausgesetzt und folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat:

Ist Art. 28 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2014/24 dahin auszulegen, dass er eine umfassende rechtliche und wirtschaftliche Identität zwischen den in der Vorauswahl berücksichtigten Wirtschaftsteilnehmern und den Wirtschaftsteilnehmern verlangt, die im nicht offenen Verfahren Angebote vorlegen, und ist er insbesondere dahin auszulegen, dass er einer Vereinbarung entgegensteht, die zwischen den Holdinggesellschaften, die zwei in der Vorauswahl berücksichtigte Wirtschaftsteilnehmer kontrollieren, zu einem Zeitpunkt zwischen der Vorauswahl und der Angebotsabgabe geschlossen wird, wenn: a) diese Vereinbarung (u. a.) das Ziel und die Wirkung hat, eine Verschmelzung durch Aufnahme eines der in der Vorauswahl berücksichtigten Unternehmen durch ein anderes dieser Unternehmen herbeizuführen (ein Vorgang, der im Übrigen von der Europäischen Kommission genehmigt wurde); b) die Verschmelzung erst nach der Angebotsabgabe durch das übernehmende Unternehmen vollständig wirksam wurde (weshalb dessen Zusammensetzung zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe gegenüber derjenigen zum Zeitpunkt der Vorauswahl unverändert geblieben war); c) das später übertragende Unternehmen (dessen Zusammensetzung zum Zeitpunkt des Fristablaufs für die Angebotsabgabe unverändert geblieben war) von einer Teilnahme am nicht offenen Verfahren jedoch abgesehen hat, wahrscheinlich in Umsetzung der in der Vereinbarung zwischen den Holdinggesellschaften festgelegten vertraglichen Planung?

21.      Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass sich das streitige Verfahren nicht vollständig nach der Richtlinie 2014/24 oder der Richtlinie 2014/23/EU(11) richte, sondern nur nach den Regeln der Ausschreibung, nach denen Art. 61 CCP anwendbar sei, mit dem Art. 28 der Richtlinie 2014/24 umgesetzt werde.

22.      Die Ausschreibung sehe außerdem vor, dass der Auftrag zugunsten des wirtschaftlich günstigsten Angebots auf der Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses im Sinne des Art. 95 CCP, mit dem Art. 67 der Richtlinie umgesetzt werde, vergeben werden sollte.

23.      Es sei zweifelhaft, ob in einem nicht offenen Verfahren gemäß Art. 28 der Richtlinie 2014/24 der vom Gerichtshof in der Rechtssache MT Højgaard und Züblin(12) aufgestellte Grundsatz der rechtlichen und wirtschaftlichen Identität anwendbar sei.

24.      Die im Januar 2017 vollzogene Verschmelzung sei zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe (Oktober 2016) gerade eingeleitet worden, so dass sich die Struktur von Enel Open Fiber noch nicht verändert habe. Schließlich sei es nicht möglich, nachzuweisen, dass die beteiligten Parteien mit der Verschmelzungsvereinbarung – die zu einer strukturellen und dauerhaften Veränderung der betroffenen Gesellschaften geführt habe – eine Wettbewerbsabsprache im Rahmen des Vergabeverfahrens hätten treffen wollen.

III. Verfahren vor dem Gerichtshof und Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

25.      Die Vorlageentscheidung ist am 11. Dezember 2017 beim Gerichtshof eingegangen. Telecom Italia, Infratel, Open Fiber, die EFTA-Überwachungsbehörde, die italienische Regierung und die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. In der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2018 sind alle Beteiligten mit Ausnahme der EFTA-Überwachungsbehörde erschienen.

26.      Telecom Italia vertritt die Ansicht, dass sich bei einer geplanten Verschmelzung durch Aufnahme eher die tatsächliche als die rechtliche Identität des in der Vorauswahl berücksichtigten übernehmenden Unternehmens verändere und die Verschmelzung dadurch mit dem Grundsatz des Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24 unvereinbar werde.

27.      Außerdem habe das vorlegende Gericht die Komplexität des streitigen Vorgangs unterschätzt, da es sich auf die Prüfung der subjektiven und förmlichen Identität von Enel Open Fiber zum Zeitpunkt des Ablaufs der Frist für die Angebotsabgabe beschränkt und so die gemeinsame Planung zur schrittweisen Aufnahme von Metroweb Sviluppo fragmentiert habe. Tatsächlich habe es sich um eine gemeinsame Planung gehandelt, die unter Außerachtlassung sämtlicher Grundsätze der Bekämpfung kollusiver Absprachen mit der zwischen der Vorauswahl und dem Angebotsabgabetermin geschlossenen bindenden Rahmenvereinbarung eingeleitet, während des laufenden Vergabeverfahrens in Gang gesetzt und nach dem endgültigen Zuschlag, aber noch vor Unterzeichnung des Vertrags, abgeschlossen worden sei. Durch die Rahmenvereinbarung seien beide Gesellschaften ab der Phase der Bekanntmachung zu einem einzigen Entscheidungszentrum verschmolzen gewesen und Metroweb Sviluppo habe daher kein Angebot einreichen müssen, während gleichzeitig die Möglichkeit gewährleistet gewesen sei, dass sie ausgewählt werde, und zwar so, als ob sie ein Angebot abgegeben hätte. Diese Situation müsse genauso behandelt werden wie wenn ein und dasselbe Entscheidungszentrum zwei Angebote abgegeben hätte.

28.      Infratel hält die Vorlagefrage für unzulässig, weil sie hypothetisch sei, denn das vorlegende Gericht habe keine Zweifel an der Auslegung des anzuwendenden Unionsrechts und habe zum Gegenstand des Ausgangsverfahrens bereits Stellung genommen. Hilfsweise macht sie geltend, es habe bei den in der Vorauswahl berücksichtigten Unternehmen gegenüber denen, die Angebote abgegeben hätten, keine Veränderungen gegeben. Bei der Abgabe ihres Angebots habe Enel Open Fiber als ein einziger Wirtschaftsteilnehmer in derselben Zusammensetzung wie in der Phase der Vorauswahl gehandelt. Durch die Verschmelzung habe sich ihre Rechtspersönlichkeit nicht geändert, und ihre Identität stimme daher mit der des in der Vorauswahl berücksichtigten Unternehmens überein.

29.      Open Fiber spricht sich ebenfalls für die Unzulässigkeit der Vorlagefrage aus, und zwar

–      erstens, weil es um die Vereinbarkeit der Rahmenvereinbarung mit der Richtlinie 2014/24 gehe, obwohl ihre Rechtmäßigkeit im Ausgangsverfahren nicht in Frage gestellt werde;

–      zweitens, weil die Richtlinie 2014/23 zwar einschlägig wäre, sie aber insoweit, als es um eine Konzession für den Bau eines Kommunikationsnetzes gehe, ebenso wie die Richtlinie 2014/24 wegen der in ihnen in Bezug auf Kommunikationsnetze und ‑dienste vorgesehenen Ausnahme unanwendbar sei. Eine Verweisung auf Art. 28 der Richtlinie 2014/24 in den Verfahrensunterlagen sei nicht ersichtlich;

–      drittens, weil das angebliche Verbot einer Verschmelzung von in der Vorauswahl berücksichtigten Unternehmen keinen unionsrechtlichen Grundsatz darstelle;

–      viertens, weil das vorlegende Gericht keinerlei Zweifel hinsichtlich der Auslegung des Unionsrechts habe.

30.      In der Sache teilt Open Fiber den Standpunkt, den das vorlegende Gericht dargelegt hat, und kommt zu dem Ergebnis, dass ihre Einladung zur Phase der Bewertung der Angebote weder Art. 28 der Richtlinie 2014/24 noch der Rechtsprechung des Gerichtshofs widerspreche.

31.      Die italienische Regierung hält die Vorlagefrage ebenfalls für unzulässig. Das vorlegende Gericht beziehe sich nur allgemein auf eine Vorschrift des Unionsrechts und räume ein, dass kein Zusammenhang zwischen dem streitigen Sachverhalt und dieser Vorschrift bestehe, denn das Angebot von Enel Open Fiber sei von derselben juristischen Person abgegeben worden, die zur Teilnahme an dem nicht offenen Verfahren zugelassen gewesen sei.

32.      In der Sache trägt die italienische Regierung vor, dass sich aus Art. 51 Abs. 2 der Richtlinie 2004/17/EG(13) ergebe, dass zwischen dem zur Teilnahme aufgeforderten Wirtschaftsteilnehmer und dem Wirtschaftsteilnehmer, der das Angebot abgebe, eine vollständige wirtschaftliche und rechtliche Identität bestehen müsse. Durch Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24 sei aber eine weniger strenge Anforderung eingeführt worden.

33.      Weder den nationalen Rechtsvorschriften noch den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsätzen lasse sich entnehmen, dass es sich bei der von der Kommission genehmigten und nach der Angebotsabgabe durch die übernehmende Gesellschaft endgültig vollzogenen Verschmelzung durch Aufnahme der in der Vorauswahl berücksichtigten Unternehmen um einen rechtswidrigen Vorgang handele.

34.      Die EFTA-Überwachungsbehörde sieht keinen Verstoß gegen die Anforderung der Identität, wenn – wie es vorliegend der Fall sei – einerseits der Wirtschaftsteilnehmer, der letztendlich das Angebot abgebe, die von dem öffentlichen Auftraggeber aufgestellten Bedingungen erfülle, und andererseits bei der Zulassung der Abgabe seines Angebots die übrigen Wettbewerber nicht in eine ungünstige Position versetzt würden. Das Erfordernis der Identität – bei dem es sich jedenfalls nicht um ein absolutes Erfordernis handele – stehe dem Abschluss einer Vereinbarung, durch die zwei Wirtschaftsteilnehmer verschmolzen würden, die in einem öffentlichen Vergabeverfahren in der Vorauswahl berücksichtigt worden seien, nicht entgegen.

35.      Nach Auffassung der Kommission sollte die Vorlagefrage umformuliert werden, denn sie könne dahin verstanden werden, dass der Gerichtshof nach der Rechtmäßigkeit der Verschmelzungsvereinbarung gefragt werde.

36.      Die Kommission führt aus, dass die im Urteil MT Højgaard und Züblin(14) zur Richtlinie 2004/17 aufgestellten Kriterien unter vergleichbaren, in der Richtlinie 2014/24 geregelten Umständen entsprechend angewendet werden könnten. Sie weist jedoch darauf hin, dass sich der Sachverhalt, der diesem Urteil zugrunde gelegen habe, von dem hier vorliegenden stark unterscheide. Im vorliegenden Fall habe es anders als damals zwischen dem Zeitpunkt der Vorauswahl der Wirtschaftsteilnehmer, die zur Abgabe eines Angebots aufgefordert worden seien, und der Angebotsabgabe keine Identitätsänderung gegeben.

37.      Die Kommission verneint, dass der Abschluss einer Vereinbarung über eine Verschmelzung durch Aufnahme per se eine Verschlechterung der Wettbewerbsposition der anderen Bieter oder einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz mit sich bringe. Diese Gefahr lasse sich ausschließen, wenn zum einen die Parteien gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 139/2004 den Zusammenschluss nicht – nicht einmal teilweise – durchgeführt noch vorab sensible Informationen ausgetauscht hätten, die ihr Verhalten während des öffentlichen Vergabeverfahrens beeinflussen könnten, und zum anderen alle Wirtschaftsteilnehmer, die am Vergabeverfahren beteiligt seien, Kenntnis vom Abschluss der Verschmelzungsvereinbarung hätten.

38.      Die Kommission hält es für unerheblich, dass das übernommene Unternehmen auf die Teilnahme am nicht offenen Verfahren verzichtet habe. Dieser Umstand könne keinen Einfluss auf die Zulassung des übernehmenden Unternehmens zur Phase der Bewertung haben, es sei denn, es komme darin zum Ausdruck, dass die Parteien die Verschmelzungsvereinbarung teilweise umgesetzt hätten, indem sie sensible Informationen, die ihr Verhalten während des Vergabeverfahrens beeinflussen könnten, ausgetauscht und dabei gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen hätten.

IV.    Prüfung

A.      Zur Zulässigkeit der Vorlagefrage

39.      Infratel, Open Fiber und die italienische Regierung sind der Ansicht, die Vorlagefrage sei sowohl aufgrund ihrer angeblichen Irrelevanz für das Ausgangsverfahren als auch wegen ihres angeblich hypothetischen Charakters bzw. weil ihr in Wirklichkeit kein echter Zweifel des vorlegenden Gerichts zugrunde liege, unzulässig.

40.      Ich meine jedoch, dass diesem Einwand nicht gefolgt werden kann.

41.      Der Consiglio di Stato (Staatsrat) hat darauf hingewiesen, dass sich das Vergabeverfahren nach den Ausschreibungsregeln richte und eine von ihnen auf Art. 61 CCP verweise, durch den Art. 28 der Richtlinie 2014/24 umgesetzt werde. Zudem hat Telecom Italia neben anderen Berufungsgründen, die das nationale Recht betreffen, einen Verstoß gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der Identität gerügt(15).

42.      Nachdem es die von der Berufungsführerin geltend gemachten Verstöße gegen innerstaatliches Recht verneint hat, führt das vorlegende Gericht aus, dass es nur noch den auf eine mögliche Verletzung des Unionsrechts gestützten Grund prüfen müsse, der „für die Entscheidung der geprüften Streitigkeit relevant und entscheidend ist, und hinsichtlich dessen die Kammer ein Vorabentscheidungsersuchen im Sinne von Art. 267 AEUV für erforderlich hält“(16).

43.      Vor diesem Hintergrund meine ich, dass die Vermutung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen gelten muss. Es handelt sich bekanntermaßen um eine Vermutung, die widerlegt werden kann, wenn auch nur, wenn sehr genau bestimmte Voraussetzungen vorliegen: a) wenn die erbetene Auslegung oder Beurteilung der Gültigkeit einer unionsrechtlichen Regelung offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, b) wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder c) wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind(17).

44.      In dieser Rechtssache ist meines Erachtens keine dieser drei Voraussetzungen erfüllt. Auch wenn der Consiglio di Stato (Staatsrat) die Gründe darlegt, die seiner Meinung nach für eine bestimmte Auslegung von Art. 28 der Richtlinie 2014/24 sprechen, bedeutet das nicht, dass er keine Zweifel hinsichtlich des Sinns dieser Vorschrift hegt(18).

45.      Das vorlegende Gericht meint, dass seine Auslegung dieser Vorschrift tragfähig sei, dass aber möglicherweise eine andere Auslegung denkbar und deshalb die autorisierte Mitwirkung des Gerichtshofs erforderlich sei. Auf diese Weise arbeitet es gemäß dem Nr. 17 der Empfehlungen an die nationalen Gerichte bezüglich der Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen(19) zugrunde liegenden Geist bei der Rechtsprechung loyal mit dem Gerichtshof zusammen.

B.      Zur Beantwortung der Fragen

46.      Die Kommission legt zu Recht nahe, dass es zweckmäßig sei, die Frage des Consiglio di Stato (Staatsrat) umzuformulieren, da der – irrige – Eindruck entstehen könne, dass sie sich auf die Vereinbarkeit der Verschmelzungsvereinbarung mit dem Unionsrecht beziehe. Tatsächlich hat das Gericht aber weder Zweifel hinsichtlich dieser Vereinbarung noch stellt es ihre Gültigkeit in Frage.

47.      Demnach beschränkt sich der Streit auf die Klärung der Frage, ob Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24 der Zulassung eines Wirtschaftsteilnehmers, der gerade durch Aufnahme mit einem anderen, ebenfalls vorausgewählten Wirtschaftsteilnehmer verschmolzen wird, zur Phase der Bewertung der Angebote (in einem nicht offenen Verfahren) entgegensteht.

48.      Das ist die Frage, die das vorlegende Gericht spezifisch stellt, das, wie ich oben ausgeführt habe(20), Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24 für eine Bestimmung hält, die (aufgrund Verweisung in den nationalen Vorschriften) auf den von ihm zu entscheidenden Fall anwendbar ist und von deren Auslegung der Ausgang des Rechtsstreits abhängt, nachdem die Fragen des innerstaatlichen Rechts, die in ihm zu entscheiden waren, geklärt sind.

49.      Zwar haben Infratel, Open Fiber und die italienische Regierung in der mündlichen Verhandlung diese vom Consiglio di Stato (Staatsrat) vorgenommene Beurteilung ausführlich erörtert, aber ich bin der Auffassung, dass er seine Auslegung des auf den Fall anzuwendenden Rechts vernünftig und hinreichend begründet hat.

50.      Angesichts der klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof, auf der das Verfahren nach Art. 267 AEUV beruht, hat nur der Consiglio di Stato (Staatsrat), der mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der Fragen zu beurteilen, die er dem Gerichtshof stellt(21). Diese Beurteilung setzt eine vorherige Eingrenzung der auf den Fall anwendbaren Regelung voraus, ein Vorgang, gegen den aus den genannten Gründen im vorliegenden Fall unter dem Gesichtspunkt der Vernünftigkeit und der Begründetheit kein Einwand besteht.

1.      Die rechtliche und tatsächliche Identität der in einem nicht offenen Verfahren ausgewählten Wirtschaftsteilnehmer

51.      Letzten Endes geht es darum, in einem Kontext, in dem zwei in der Vorauswahl berücksichtigte Wirtschaftsteilnehmer ihre Verschmelzung durch Aufnahme eines von ihnen vereinbart haben, festzustellen, ob Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24 „eine umfassende rechtliche und wirtschaftliche Identität zwischen den in der Vorauswahl berücksichtigten Wirtschaftsteilnehmern und den Wirtschaftsteilnehmern verlangt, die im nicht offenen Verfahren Angebote vorlegen“. Dabei gelten folgende Besonderheiten:

–      Das Verschmelzungsvorhaben war zu einem Zeitpunkt, der zwischen der Vorauswahl und der Angebotsabgabe liegt, vereinbart und später von der Kommission genehmigt worden;

–      die Verschmelzung wird erst nach der Angebotsabgabe durch das übernehmende Unternehmen vollständig wirksam, und

–      das später übertragene Unternehmen verzichtet auf eine Teilnahme an dem nicht offenen Verfahren.

52.      Das sogenannte „Erfordernis der rechtlichen und tatsächlichen Identität zwischen den in der Vorauswahl berücksichtigten Wirtschaftsteilnehmern und den Wirtschaftsteilnehmern, die die Angebote vorlegen“ findet seine Grundlage in Art. 51 Abs. 3 der Richtlinie 2004/17, wonach die Auftraggeber „die Übereinstimmung der von den ausgewählten Bietern vorgelegten Angebote [prüfen]“. Dies hat der Gerichtshof im Urteil MT Højgaard und Züblin(22), auf das das vorlegende Gericht ausdrücklich Bezug nimmt, festgestellt.

53.      Dieselbe Regel ist in Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24 niedergelegt worden, nach dem „[l]ediglich jene Wirtschaftsteilnehmer, die von dem öffentlichen Auftraggeber infolge seiner Bewertung der bereitgestellten Informationen … dazu aufgefordert werden, [im nicht offenen Verfahren] ein Angebot übermitteln [können]“.

54.      Dieses Erfordernis dient letztendlich der Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Bieter(23). Seine strikte Anwendung würde „zu dem Schluss führen, dass nur die Wirtschaftsteilnehmer, die als solche bei der Vorauswahl berücksichtigt worden sind, Angebote vorlegen und den Zuschlag erhalten können“(24).

55.      Mit Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24 soll sichergestellt werden, dass nicht offene Verfahren wirklich nicht offen sind, in ihnen also nur die Wirtschaftsteilnehmer Angebote abgeben können, die von dem öffentlichen Auftraggeber dazu aufgefordert worden sind. Durch diese Aufforderung wird der Bereich festgelegt, in dem das Vergabeverfahren subjektiv nicht offen durchgeführt wird.

56.      Würde einem nicht in der Vorauswahl berücksichtigten Wirtschaftsteilnehmer die Angebotsabgabe gestattet, würde er gegenüber den übrigen Wirtschaftsteilnehmern bevorzugt behandelt. Letztere könnten ihre Angebote nämlich erst übermitteln, nachdem sie förmlich die Teilnahme am (nicht offenen) Verfahren beantragt und sich der entsprechenden Bewertung durch den öffentlichen Auftraggeber unterzogen hätten.

57.      In der Rechtssache MT Højgaard und Züblin hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Identitätsanforderung „gesenkt werden [kann], um in einem Verhandlungsverfahren einen angemessenen Wettbewerb … zu gewährleisten“(25). Diese Feststellung ist im Kontext jener Rechtssache zu sehen, der, wie ich bereits ausgeführt habe, ein Sachverhalt zugrunde lag, der sich gegenüber dem hier erörterten genau umgekehrt darstellt.

58.      Generalanwalt Mengozzi beschrieb treffend die Umstände jener Rechtssache, als er sie „in einem tatsächlichen Kontext [ansiedelte], in dem eine Gemeinschaft zweier Unternehmen, die als Handelsgesellschaft gegründet und in einem Vergabeverfahren in der Vorauswahl berücksichtigt wurde, nach Insolvenz eines ihrer beiden Mitglieder aufgelöst wird und der öffentliche Auftraggeber das verbliebene Mitglied anstelle der Gemeinschaft an dem Verfahren weiterhin teilnehmen lässt und diesem Mitglied schließlich, obwohl es als solches nicht vorausgewählt worden ist, den Zuschlag erteilt“(26).

59.      Hätte man den Grundsatz der Identität damals strikt angewandt und wäre folglich zu dem Schluss gelangt, dass das verbliebene Mitglied der Bietergemeinschaft als anderes Rechtssubjekt an dem Verfahren nicht weiter teilnehmen könne, hätte sich die Zahl der Bewerber um den Auftrag auf drei verringert. Dieses Ergebnis widersprach aber der Ausschreibung, bei der der Auftraggeber der Ansicht war, dass es mindestens vier Bewerber geben müsse, um den Wettbewerb zu gewährleisten(27).

60.      Im Rahmen einer ausgeglichenen Abwägung zwischen dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter – dem der Grundsatz der Identität dient – und der Gewährleistung eines wirksamen Wettbewerbs – in einem Fall, in dem die Verringerung der Zahl der Bieter zudem die Vergabe verhindern könnte – gelangte der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung vorliegt, „wenn … es einem der beiden Wirtschaftsteilnehmer einer Bietergemeinschaft, die als solche … zur Vorlage eines Angebots aufgefordert wurde, gestattet [wird], nach der Auflösung dieser Bietergemeinschaft an deren Stelle zu treten und im eigenen Namen an dem Verhandlungsverfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags teilzunehmen, sofern erwiesen ist, dass dieser Wirtschaftsteilnehmer die von dem Auftraggeber festgelegten Anforderungen allein erfüllt und dass seine weitere Teilnahme an diesem Verfahren nicht zu einer Beeinträchtigung der Wettbewerbssituation der übrigen Bieter führt“(28).

61.      Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass sich der Ausschluss des übernehmenden Unternehmens (den Telecom Italia in Wirklichkeit verfolgt) gemeinsam mit dem freiwilligen Rückzug des übernommenen Unternehmens in einer Beschränkung der Zahl der Bieter niederschlagen könnte, die die Vergabe des Auftrags unmöglich machen könnte, weil sie die erforderliche Mindestzahl unterschreitet.

62.      Daher wäre die Änderung der Anforderungen des Grundsatzes der Identität nicht nur um des Wettbewerbs zwischen Bietern, sondern auch um des Grundsatzes der Aufrechterhaltung des Verfahrens selbst willen nicht streitentscheidend. Da der konkrete und besondere Umstand, der der im Urteil MT Højgaard und Züblin(29) gewählten Lösung zugrunde liegt, hier nicht vorliegt, bestehen grundsätzlich keine Gründe, die Identitätsanforderung zu „senken“.

63.      Damals hielt es der Gerichtshof jedoch für sachdienlich, die Identitätsanforderung zu „senken“, da es nicht darum ging, dass ein von den in der Vorauswahl berücksichtigten Bietern vollkommen verschiedener Bieter ein Angebot vorlegen wollte (was, wie ich betonen möchte, der typische Fall ist, den der Gesetzgeber bei Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24 vor Augen hatte). Er stelle fest, dass eine Gesellschaft, die wegen ihrer Verbindung mit einem der in der Vorauswahl berücksichtigten Bieter (vom dem sie in Wirklichkeit ein Bestandteil gewesen war) am Verfahren nicht völlig unbeteiligt war, dies tun konnte.

64.      Wir haben es auch hier mit einem Fall zu tun, in dem eine Änderung der Vermögensstruktur von zwei in der Vorauswahl berücksichtigten Wirtschaftsteilnehmern, von denen einer den anderen übernimmt, erfolgte oder dabei war, zu erfolgen. Es geht also auch hier nicht um die mögliche Beteiligung eines Dritten, der mit dem nicht offenen Verfahren rein gar nichts zu tun hat.

2.      Die Auswirkung der Verschmelzung durch Aufnahme auf die rechtliche und tatsächliche Identität des ausgewählten Bieters

65.      Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts hatte sich die Rechtspersönlichkeit von Enel Open Fiber an dem Tag, an dem diese Gesellschaft, nachdem sie ausgewählt worden war, ihr Angebot einreichte, bei dem es sich genau um den Zeitpunkt des Vergabeverfahrens handelt, nach dem das vorlegende Gericht fragt, nicht geändert. Mit seinen Worten war ihre „Zusammensetzung zum Zeitpunkt des Fristablaufs für die Angebotsabgabe unverändert“.

66.      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass, wie die Kommission hervorgehoben hat(30), die Verschmelzung durch Aufnahme, da sie im Rahmen eines Zusammenschlusses mit unionsweiter Bedeutung erfolgte, nicht ohne vorherige Zustimmung (genau genommen: Unbedenklichkeitserklärung und Erklärung ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt) der Kommission durchgeführt werden konnte, die am 15. Dezember 2016, also zwei Monate nach Ablauf der Frist für die Angebotsabgabe, erteilt wurde.

67.      Was das vorlegende Gericht allerdings wirklich interessiert, ist, ob der Umstand, dass die Verhandlungen über die Verschmelzung bereits liefen, als die zu verschmelzenden Wirtschaftsteilnehmer vom öffentlichen Auftraggeber ausgewählt wurden, in gewisser Weise zu einer tatsächlichen Veränderung der Persönlichkeit von Enel Open Fiber geführt hat, die ausreicht, um festzustellen, dass diese Gesellschaft als Rechtssubjekt de facto nicht mit der in der Vorauswahl berücksichtigten Enel Open Fiber übereinstimmt.

68.      Mit anderen Worten besteht der Zweifel darin, ob es für einen Ausschluss vom (nicht offenen) Vergabeverfahren ausreicht, dass der in der Vorauswahl berücksichtigte Bieter, der einen anderen, ebenfalls in der Vorauswahl berücksichtigten Bieter übernimmt oder übernehmen will, geradedabei ist, seine Vermögensstruktur zu ändern(31).

69.      Für einen Ausschluss spräche, dass die Verschmelzung in einer strukturellen Veränderung der übernehmenden und der übernommenen Gesellschaft ihren Abschluss finden soll und die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung von Bietern daher zwingend verlangen, dass dieses Ergebnis auf den Zeitpunkt vorgezogen wird, in dem mit dem Entwurf der Verschmelzungsvereinbarung bereits eine tatsächliche Vermischung der betroffenen Gesellschaften eingesetzt hat. Es wäre folglich zu einem Bruch der tatsächlichen Identität zwischen demjenigen, der ausgewählt wurde, und demjenigen, der ein Angebot abgegeben hat, gekommen, der insoweit nicht mehr dasselbe Rechtssubjekt wäre.

70.      Ich halte dieses Argument aber nicht für überzeugend. Zum einen lässt es außer Acht, dass in dieser Rechtssache beide Wirtschaftsteilnehmer (der übernehmende und der übernommene) vor der Verschmelzung in der Vorauswahl für die Angebotsabgabe berücksichtigt worden waren, so dass sich sowohl von einem Bruch ihrer tatsächlichenIdentität als auch von ihrem – ebenfalls tatsächlichen – Fortbestand sprechen ließe.

71.      Zum anderen erscheint mir eine solch weite Ausdehnung der Anforderung der tatsächlichenIdentität bei einer Verschmelzung von Gesellschaften durch Aufnahme unverhältnismäßig. Bei einem derartigen Vorgang behält die übernehmende Gesellschaft ihre Rechtspersönlichkeit und erhöht ihr Vermögen, indem sie das Vermögen der übernommenen Gesellschaft in ihres aufnimmt(32). In Wirklichkeit unterscheidet sich diese Änderung des Vermögens des übernehmenden Unternehmens in tatsächlicher Hinsicht nicht von derjenigen, die durch eine Erhöhung des Gesellschaftskapitals oder andere, ähnliche Vorgänge bewirkt würde. Könnten in der Vorauswahl berücksichtigte Bieter solche gesellschaftsrechtlichen Vorgänge während eines nicht offenen Ausschreibungsverfahrens nicht einleiten, weil sie sonst ihre tatsächliche Identität verfälschen würden, würde ihre unternehmerische Fähigkeit in unnötiger und unverhältnismäßiger Weise beeinträchtigt.

72.      In der mündlichen Verhandlung hat sich Telecom Italia abweichend von ihren schriftlichen Erklärungen geäußert und eingeräumt, dass diese Art von Vorgängen (einschließlich der Verschmelzungen) unter dem hier wesentlichen Gesichtspunkt unbeachtlich sei, wenn sie Wirtschaftsteilnehmer einbezöge, die am Ausschreibungsverfahren nicht beteiligt seien. Damit erkennt sie meines Erachtens an, dass ihre Rüge in Wirklichkeit weniger die Wahrung der tatsächlichen Identität des in der Vorauswahl berücksichtigten Bieters betrifft (denn würde man ihrer ursprünglichen These folgen, würde sie sich auch bei einer Verschmelzung mit jedem anderen Unternehmen ändern), als vielmehr die Gefahren kollusiver Verhaltensweisen, die mit der Verschmelzung mit einem anderen Bewerber, der an derselben Ausschreibung beteiligt ist, verbunden sein könnten.

73.      Das Verbot von Veränderungen in der Aktionärsstruktur des in der Vorauswahl berücksichtigten Unternehmens während eines laufenden nicht offenen Vergabeverfahrens könnte darüber hinaus zu Rechtsunsicherheit führen, wie der Consiglio di Stato (Staatsrat) in seinem Vorlagebeschluss hervorhebt(33).

74.      Die Richtlinie 2014/24 selbst sieht die Möglichkeit vor, dass ein neuer Auftragnehmer aufgrund einer Unternehmensumstrukturierung (u. a. wegen einer Verschmelzung) den ausgewählten Auftragnehmer ersetzt, ohne dass ein neues Vergabeverfahren eingeleitet werden müsste(34). Werden die Bedingungen erfüllt, die der Gesetzgeber hierfür aufgestellt hat(35), vermag ich nicht zu erkennen, warum diese Bestimmung nicht auch auf den Fall eines laufenden Verfahrens angewendet werden kann(36).

75.      Schließlich sollte darauf hingewiesen werden, dass ein möglicher darauf gestützter Ausschlussgrund ausdrücklich in den Verfahrensdokumenten, den nationalen Bestimmungen oder dem einschlägigen Unionsrecht vorgesehen seien muss. Dies ist vorliegend nicht der Fall, so dass die Ausführungen im Urteil Specializuotas transportas(37), wonach „[d]en Bietern … eine … Verpflichtung [aufzuerlegen, die] weder im anwendbaren nationalen Recht noch in der Ausschreibung oder den Verdingungsunterlangen enthalten ist, … keine eindeutig festgelegte Bedingung im Sinne der … angeführten Rechtsprechung [wäre]“(38), uneingeschränkt gelten.

3.      Der Grundsatz der Gleichbehandlung mit den (übrigen) ausgewählten Wirtschaftsteilnehmern

76.      Ausgehend vom Fortbestand der beiden in der Vorauswahl berücksichtigten Wirtschaftsteilnehmer (der übernehmenden und der übernommenen Gesellschaft) bin ich der Ansicht, dass keine Gründe für die Feststellung einer Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in Bezug auf die übrigen Bieter ersichtlich sind. Keiner dieser Bieter muss mit einem Wirtschaftsteilnehmer, der am nicht offenen Verfahren völlig unbeteiligt ist, in Wettbewerb treten, sondern nur mit einem Wettbewerber, der eine unbestreitbare tatsächliche Verbindung zu den beiden Wirtschaftsteilnehmern aufweist, die in der Vorauswahl berücksichtigt wurden und sich derselben Bewertung unterziehen mussten.

77.      Daher liegt keine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe vor, der hier vor allem von Bedeutung ist. Unabhängig davon, dass Enel Open Fiber später mit einem anderen der in der Vorauswahl berücksichtigten Wirtschaftsteilnehmer verschmolzen wurde, hat sie jedenfalls auch das Verfahren zur Vorauswahl erfolgreich durchlaufen, so dass ihre Umstände sich von Grund auf von denen eines Dritten unterscheiden, der zur Angebotsabgabe aufgefordert wird, ohne an dem Verfahren, das die zum nicht offenen Verfahren zugelassenen Wirtschaftsteilnehmer durchlaufen mussten, teilnehmen zu müssen.

78.      Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter, der die Entwicklung eines gesunden und effektiven Wettbewerbs zwischen den sich um einen öffentlichen Auftrag bewerbenden Unternehmen fördern soll, gebietet, dass alle Bieter bei der Abfassung ihrer Angebote die gleichen Chancen haben. Er setzt also voraus, dass die Angebote aller Wettbewerber den gleichen Bedingungen unterworfen sein müssen(39), und seine Wirkung erstreckt sich auf das gesamte Vergabeverfahren, insbesondere den Zeitpunkt, zu dem die Bieter ihre Angebote vorbereiten, und den Zeitpunkt, zu dem diese vom öffentlichen Auftraggeber beurteilt werden(40).

79.      Konnte der Umstand, dass die Verschmelzung der beiden Wirtschaftsteilnehmer zwar nach dem Ablauf der Frist für die Abgabe der Angebote, aber vor ihrer endgültigen Bewertung erfolgte(41), die übrigen Bieter benachteiligen, weil sie in eine Situation der Ungleichheit versetzt wurden? Das glaube ich nicht. Entscheidend ist, dass der Auftrag schlussendlich an denjenigen vergeben wird, der die Ausschreibungsbedingungen erfüllt, immer vorausgesetzt, dass der Auftragnehmer während des Verfahrens nicht bevorzugt behandelt wurde.

80.      Soweit hier von Belang, sind, da es sich um ein nicht offenes Verfahren handelt, insbesondere folgende Faktoren relevant:

–      Zum einen wurde Enel Open Fiber ordnungsgemäß in der Vorauswahl berücksichtigt und erhielt ihre Rechtspersönlichkeit auch dann unverändert aufrecht, als sich ihre Aktionärsstruktur durch die Übernahme eines anderen Bieters veränderte.

–      Zum anderen gab Metroweb Sviluppo, der übernommene Bieter, schließlich kein Angebot ab, obwohl sie in der Vorauswahl berücksichtigt worden war. Dies bedeutet letztlich, dass sich die Verschmelzung der beiden Wirtschaftsteilnehmer in der Abgabe eines einzigen Angebots niederschlug.

81.      Tatsächlich war der Verzicht von Metroweb auf ihre Bewerbung im Hinblick auf die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht einmal unbedingt erforderlich, denn der Gerichtshof hat festgestellt, dass miteinander verbundene Bieter in demselben Verfahren gleichzeitig Angebote abgeben können, sofern es sich nicht um „abgesprochene oder abgestimmte, d. h. weder eigenständige noch unabhängige, und ihnen deshalb gegenüber den anderen Bietern möglicherweise ungerechtfertigte Vorteile verschaffende Angebote“(42) handelt.

82.      In Wahrheit hätten die möglichen Risiken einer kollusiven Absprache im Rahmen des Verschmelzungsvorgangs genau genommen nichts mit einer Veränderung der tatsächlichen Identität von Enel Open Fiber zu tun, sondern mit der Tatsache, dass es unzulässige Kontakte zwischen zwei Bietern gegeben haben könnte, und zwar unabhängig davon, ob sie gerade an einer Verschmelzung beteiligt waren oder nicht.

83.      Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei den Angeboten von Metroweb Sviluppo und Enel Open Fiber um abgesprochene oder abgestimmte Angebote gehandelt hätte. Jedenfalls wurde am Ende nur eines von ihnen abgegeben und dadurch die Gefahr einer kollusiven Absprache ausgeräumt.

84.      Der Consiglio di Stato (Staatsrat) schließt zudem ausdrücklich aus, dass die Verschmelzungsvereinbarung auf eine Umgehung der Regeln des Wettbewerbs abzielt und mit ihr „im Wesentlichen das Gleichgewicht des Vergabeverfahrens zulasten der übrigen Wettbewerber und der Vergabestelle gestört werden soll … Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der aufgrund der Rahmenvereinbarung vom 10. Oktober 2016 erfolgte Zusammenschluss für sich ein Kartellvergehen der an der Ausschreibung Beteiligten darstellt“(43).

85.      Man könnte sich allerdings fragen, in welchen Fällen eine Verschmelzung, die noch im Werden begriffen ist, geeignet ist, den Gleichheitsgrundsatz zu beeinträchtigen. Ich schließe nicht aus, dass diese Möglichkeit abstrakt besteht, wenn die Verschmelzung unter Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 der Fusionskontrollverordnung(44) begonnen hat, de facto wirksam zu werden und einen Informationsaustausch zwischen den beteiligten – und in der Vorauswahl berücksichtigten – Wirtschaftsteilnehmern ermöglicht, der ihnen einen Vorteil gegenüber den übrigen Bietern verschaffen könnte(45).

86.      Ob dies hier der Fall war, ist vom vorlegenden Gericht festzustellen, das allerdings – wie bereits ausgeführt – im Vorlagebeschluss dargelegt hat, dass die strukturelle Verschmelzung der beiden Gesellschaften seiner Ansicht nach „weit entfernt ist von einer kollusiven Absprache zwischen zwei Bietern, die das Gleichgewicht innerhalb einer einzigen Ausschreibung verändern wollen“(46).

87.      Zusammenfassend ist die Abgabe eines Angebots durch einen Bieter während seiner Verschmelzung mit einem anderen, ebenfalls ausgewählten Bieter mit Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24 vereinbar, es sei denn, die beiden Wirtschaftsteilnehmer sprechen oder stimmen ihr Vorgehen im Rahmen des nicht offenen Vergabeverfahrens in einer Weise ab, die es ihnen ermöglicht, gegenüber den anderen Bietern ungerechtfertigte Vorteile zu erlangen, was festzustellen Sache des nationalen Gerichts ist.

V.      Ergebnis

88.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, dem Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) wie folgt zu antworten:

Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass es ihm nicht zuwiderläuft, dass in einem nicht offenen Verfahren in der Phase der Bewertung der Angebote ein Wirtschaftsteilnehmer zugelassen wird, der eine Vereinbarung über eine Verschmelzung durch Aufnahme eines anderen, ebenfalls ausgewählten Wirtschaftsteilnehmers geschlossen hat, sofern

–      diese Verschmelzungsvereinbarung vor der Phase der Angebotsabgabe weder rechtlich noch tatsächlich vollzogen worden ist und

–      die beiden Wirtschaftsteilnehmer ihr Vorgehen im Rahmen des nicht offenen Vergabeverfahrens nicht in einer Weise abgesprochen oder abgestimmt haben, die es ihnen ermöglicht, gegenüber den anderen Bietern ungerechtfertigte Vorteile zu erlangen, was festzustellen Sache des nationalen Gerichts ist.


1      Originalsprache: Spanisch.


2      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. 2014, L 94, S. 65).


3      Urteil vom 24. Mai 2016 (C‑396/14, EU:C:2016:347).


4      Richtlinie vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. 2002, L 108, S. 33).


5      Gesetzesvertretendes Dekret Nr. 50 vom 18. April 2016 (GURI Nr. 91 vom 19. April 2016) zur Schaffung eines Gesetzbuchs über öffentliche Aufträge, durch das u. a. die Bestimmungen der Richtlinie 2014/24 umgesetzt werden (im Folgenden: CCP).


6      Open Fiber ist seit Dezember 2016 die Bezeichnung von Enel Open Fiber.


7      Vgl. Rn. 9 der Entscheidung der Kommission vom 15. Dezember 2016 zur Feststellung der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Binnenmarkt und dem EWR-Abkommen (Sache M.8234 – Enel/CDP Equity/Cassa Depositi e Prestiti/Enel Open Fiber/Metroweb Italia).


8      ABl. 2016, C 427, S. 5.


9      Verordnung des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“) (ABl. 2004, L 24, S. 1).


10      ABl. 2017, C 15, S. 1.


11      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (ABl. 2014, L 94, S. 1).


12      Rechtssache C‑396/14, EU:C:2016:347.


13      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser‑, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. 2004, L 134, S. 1).


14      Rechtssache C‑396/14, EU:C:2016:347.


15      Konkret machte Telecom Italia eine „Verletzung des sich aus Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU und der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden, im Rahmen des nicht offenen Verfahrens geltenden Grundsatzes der rechtlichen und wirtschaftlichen Identität zwischen den Subjekten, die bei der Vorauswahl berücksichtigt wurden, und denen, die Angebote abgeben“, geltend (Nr. 7.3 des Vorlagebeschlusses).


16      Nr. 7.4 des Vorlagebeschlusses.


17      So z. B. die Urteile vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 24 und 25), vom 4. Mai 2016, Pillbox 38 (C‑477/14, EU:C:2016:324, Rn. 15 und 16), vom 5. Juli 2016, Ognyanov (C‑614/14, EU:C:2016:514, Rn. 19), vom 15. November 2016, Ullens de Schooten (C‑268/15, EU:C:2016:874, Rn. 54), vom 28. März 2017, Rosneft (C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 50 und 155), vom 10. Juli 2018, Jehovan todistajat (C‑25/17, EU:C:2018:551, Rn. 31), und vom 4. Oktober 2018, Kantarev (C‑571/16, EU:C:2018:807, Rn. 44).


18      In Nr. 8.4 a. E. des Vorlagebeschlusses wird ausgeführt: „Etwas anderes ergäbe sich nur, wenn der Gerichtshof entscheiden würde, dass das Unionsrecht den Abschluss von Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern in ein- und demselben laufenden Vergabeverfahren verbietet, auf deren Grundlage ein nach dem Unionsrecht grundsätzlich zulässiger Vorgang wie die Verschmelzung durch Aufnahme erfolgt.“


19      „Das vorlegende Gericht kann auch knapp darlegen, wie die zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen seines Erachtens beantwortet werden sollten.“ Dies kann sich „für den Gerichtshof … als nützlich erweisen“ (ABl. 2018, C 257, S. 1).


20      Vgl. Nrn. 21 bis 23, 41 und 42 der vorliegenden Schlussanträge.


21      Statt aller Urteil vom 26. Juni 2007, Ordre des barreaux francophones et germanophone u. a. (C‑305/05, EU:C:2007:383, Rn. 18).


22      Rechtssache C‑396/14, EU:C:2016:347, Rn. 40.


23      Dieser Grundsatz, „der die Entwicklung eines gesunden und effektiven Wettbewerbs zwischen den sich um einen öffentlichen Auftrag bewerbenden Unternehmen fördern soll, gebietet, dass alle Bieter bei der Abfassung ihrer Angebote die gleichen Chancen haben, was voraussetzt, dass die Angebote aller Wettbewerber den gleichen Bedingungen unterworfen sein müssen“. Urteil MT Højgaard und Züblin (C‑396/14, EU:C:2016:347, Rn. 38).


24      Ebd., Rn. 39.


25      Ebd., Rn. 41.


26      Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache MT Højgaard und Züblin (C‑396/14, EU:C:2015:774, Nr. 48).


27      Vgl. die Ausführungen in den Rn. 10 und 42 des Urteils MT Højgaard und Züblin (C‑396/14, EU:C:2016:347).


28      Urteil MT Højgaard und Züblin (C‑396/14, EU:C:2016:347, Rn. 44, Hervorhebung nur hier).


29      Rechtssache C‑396/14, EU:C:2016:347.


30      Rn. 31 ihrer schriftlichen Erklärungen.


31      Telecom Italia hat in ihren schriftlichen Erklärungen (Rn. 31) ausgeführt, dass „vor diesem Hintergrund das [spätere] formal-rechtliche Schicksal der übernommenen Gesellschaft (Metroweb Sviluppo) … uninteressant ist; vielmehr reicht es für die Unvereinbarkeit der Verschmelzung mit … dem in Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24 niedergelegten Grundsatz aus, dass sich weniger die rechtliche als die tatsächliche Identität der aufnehmenden Gesellschaft (Open Fiber) ändert“.


32      Gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2011/35/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Verschmelzung von Aktiengesellschaften (ABl. 2011, L 110, S. 1) ist „Verschmelzung durch Aufnahme“ der Vorgang, durch den „eine oder mehrere Gesellschaften ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen im Wege der Auflösung ohne Abwicklung auf eine andere Gesellschaft übertragen, und zwar gegen Gewährung von Aktien der übernehmenden Gesellschaft an die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft oder Gesellschaften und gegebenenfalls einer baren Zuzahlung, die den zehnten Teil des Nennbetrags oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, des rechnerischen Wertes der gewährten Aktien nicht übersteigt“.


33      „Würden die aus Art. 28 Abs. 2 ableitbaren Grundsätze derart weit ausgelegt, wären die Konsequenzen für die öffentlichen Auftraggeber nur schwer zu handhaben, und es bestünde fortwährend die Gefahr, dass die Vergabeunterlagen nachträglich rechtswidrig werden könnten. Eine solche Situation widerspräche eindeutig dem allgemeinen Grundsatz der Beständigkeit rechtlicher Sachverhalte“ (Nr. 8.3 a. E. des Vorlagebeschlusses).


34      Konkret ist in Art. 72 Abs. 1 Buchst. d Ziff. ii der Sachverhalt geregelt, „dass ein anderer Wirtschaftsteilnehmer, der die ursprünglich festgelegten qualitativen Eignungskriterien erfüllt, im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung – einschließlich Übernahme, Fusion, Erwerb oder Insolvenz – ganz oder teilweise an die Stelle des ursprünglichen Auftragnehmers tritt, sofern dies keine weiteren wesentlichen Änderungen des Auftrags zur Folge hat und nicht dazu dient, die Anwendung dieser Richtlinie zu umgehen“.


35      Diese Möglichkeit beruht sowohl auf dem Grundsatz des Fortbestehens des Vertrags als auch auf dem Erfordernis, etwaige Anteilseignerwechsel nicht zu beeinträchtigen, indem in die normale Abwicklung gesellschaftsrechtlicher Vorgänge eingegriffen wird. Letztere könnten davon abhängen, ob sich die in den Beteiligungsverhältnissen eingetretenen Änderungen negativ auf die nicht offenen Vergabeverfahren auswirken können. Die Gesellschaften wären mithin daran gehindert, Verfahren zur unternehmerischen Neustrukturierung einzuleiten.


36      Im 110. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/24 heißt es: „… Der erfolgreiche Bieter, der den Auftrag ausführt, sollte jedoch – insbesondere wenn der Auftrag an mehr als ein Unternehmen vergeben wurde – während des Zeitraums der Auftragsausführung gewisse strukturelle Veränderungen durchlaufen können, wie etwa eine rein interne Umstrukturierung, eine Übernahme, einen Zusammenschluss oder Unternehmenskauf oder eine Insolvenz. Derartige strukturelle Veränderungen sollten nicht automatisch neue Vergabeverfahren für sämtliche von dem betreffenden Bieter ausgeführten öffentlichen Aufträge erfordern.“


37      Urteil vom 17. Mai 2018 (C‑531/16, EU:C:2018:324).


38      Ebd., Rn. 24.


39      Urteil vom 12. März 2015, eVigilo (C‑538/13, EU:C:2015:166, Rn. 33, und die dort angeführte Rechtsprechung).


40      Statt aller Urteil vom 16. Dezember 2008, Michaniki (C‑213/07, EU:C:2008:731, Rn. 45).


41      Wie ich bereits ausgeführt habe (Nr. 17), fand die Verschmelzung am 23. Januar 2017 statt, während die vorläufige Rangliste der Bieter, auf die die fünf Lose entfielen, am 24. Januar 2017 veröffentlicht wurde.


42      Specializuotas transportas (C‑531/16, EU:C:2018:324, Rn. 29).


43      Vorlagebeschluss, Nr. 8.4.


44      Wonach „[e]in Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung … oder ein Zusammenschluss, der von der Kommission … geprüft werden soll, … weder vor der Anmeldung noch so lange vollzogen werden [darf], bis er aufgrund einer Entscheidung … für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt worden ist“.


45      Es würde sich um die in der oben wiedergegebenen Rn. 29 des Urteils Specializuotas transportas (C‑531/16, EU:C:2018:324) angeführten Fälle handeln. Eine solche Konstellation wäre denkbar, wenn die vor Erlass der Kommissionsentscheidung erfolgende tatsächliche (und rechtswidrige) Durchführung einer Verschmelzung, die vor Angebotsabgabe eingeleitet worden war, den Inhalt des Angebots von Enel Open Fiber in derselben Weise beeinflusst hätte wie wenn dieses Unternehmen und Metroweb Sviluppo abgesprochen hätten, ihre Verhaltensweisen während der aufeinanderfolgenden Verfahrensabschnitte zum Nachteil der übrigen Wirtschaftsteilnehmer aufeinander abzustimmen.


46      Vorlagebeschluss, Nr. 8.4.

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