Urteil vom Europäischer Gerichtshof - C-183/17

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

31. Januar 2019(*)

„Rechtsmittel – Entwicklungszusammenarbeit – Haushaltsvollzug der Europäischen Union im Rahmen der indirekten Mittelverwaltung – Nichtigkeitsklage – Zulässigkeit – Anfechtbare Handlungen – Beschluss über die Übertragung einer Haushaltsvollzugsaufgabe auf eine andere als die ursprünglich betraute Person – Beschluss, keine neuen Haushaltsvollzugsaufgaben mehr auf die ursprünglich betraute Einrichtung zu übertragen – Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 – Art. 43 – Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 – Art. 43 – Begriff ‚internationale Organisation‘ – Voraussetzungen – Schadensersatzantrag“

In den verbundenen Rechtssachen C‑183/17 P und C‑184/17 P

betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 11. April 2017 von der

International Management Group mit Sitz in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: L. Levi und J.‑Y. de Cara, avocats,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch F. Castillo de la Torre und J. Baquero Cruz als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer M. Vilaras in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer sowie der Richter J. Malenovský (Berichterstatter), L. Bay Larsen, M. Safjan und D. Šváby,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2018,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. September 2018

folgendes

Urteil

1        Mit ihren Rechtsmitteln beantragt die International Management Group (im Folgenden: IMG) die Aufhebung der Urteile des Gerichts der Europäischen Union vom 2. Februar 2017, International Management Group/Kommission (T‑29/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:56, im Folgenden: angefochtenes Urteil T‑29/15), und vom 2. Februar 2017, International Management Group/Kommission (T‑381/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:57, im Folgenden: angefochtenes Urteil T‑381/15) (im Folgenden zusammen: angefochtene Urteile), mit denen dieses Gericht ihre Klagen, mit denen sie in der Rechtssache T‑29/15 die Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses C(2014) 9787 final der Kommission vom 16. Dezember 2014 zur Änderung des Durchführungsbeschlusses C(2013) 7682 über das Jahresaktionsprogramm 2013 für Myanmar/Burma zulasten des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union (im Folgenden: Beschluss vom 16. Dezember 2014) und in der Rechtssache T‑381/15 zum einen die Nichtigerklärung des im Schreiben der Europäischen Kommission an IMG vom 8. Mai 2015 enthaltenen Beschlusses der Kommission (im Folgenden: Beschluss vom 8. Mai 2015) (zusammen mit dem Beschluss vom 16. Dezember 2014: streitige Beschlüsse) sowie zum anderen den Ersatz des durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 verursachten Schadens begehrte, abgewiesen hat.

 Rechtlicher Rahmen

 Die Finanzregelung von 2002

 Verordnung Nr. 1605/2002

2        Die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2002, L 248, S. 1) in der durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1995/2006 des Rates vom 13. Dezember 2006 (ABl. 2006, L 390, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1605/2002) wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2013 durch die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 1605/2002 (ABl. 2012, L 298, S. 1) aufgehoben. Art. 212 Buchst. a der Verordnung Nr. 966/2012 sah jedoch u. a. vor, dass die Art. 53 und 53d der Verordnung Nr. 1605/2002 weiterhin Anwendung auf sämtliche Mittelbindungen finden, die bis zum 31. Dezember 2013 eingegangen sein werden.

3        Art. 53 der Verordnung Nr. 1605/2002 bestimmt:

„Die Kommission führt den Haushalt entsprechend den Artikeln 53a bis 53d nach einer der folgenden Methoden aus:

a)      nach dem Prinzip der zentralen Mittelverwaltung oder

b)      nach dem Prinzip der geteilten oder dezentralen Verwaltung oder

c)      nach dem Prinzip der gemeinsamen Verwaltung mit internationalen Organisationen.“

4        Art. 53d dieser Verordnung sieht u. a. vor:

„(1)      Bei der gemeinsamen Mittelverwaltung werden … bestimmte Haushaltsvollzugsaufgaben internationalen Organisationen … übertragen …

(2)      Die mit der betreffenden internationalen Organisation geschlossenen Vereinbarungen über die Bereitstellung der Finanzmittel müssen genaue Bestimmungen über die Haushaltsvollzugsaufgaben enthalten, die dieser Organisation übertragen werden.

… “

 Verordnung Nr. 2342/2002

5        Die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1605/2002 (ABl. 2002, L 357, S. 1) in der durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 478/2007 der Kommission vom 23. April 2007 (ABl. 2007, L 111, S. 13) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 2342/2002) (zusammen mit der Verordnung Nr. 1605/2002: Finanzregelung 2002) wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2013 von der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 der Kommission vom 29. Oktober 2012 über die Anwendungsbestimmungen für die Verordnung Nr. 966/2012 (ABl. 2012, L 362, S. 1) (im Folgenden zusammen mit der Verordnung Nr. 966/2012: Finanzregelung 2012) aufgehoben.

6        Art. 43 („Gemeinsame Verwaltung“) Abs. 2 der Verordnung Nr. 2342/2002 sah u. a. vor:

„Bei den internationalen Organisationen gemäß Artikel 53d der [Verordnung Nr. 1605/2002] handelt es sich im Einzelnen um:

a)      internationale öffentliche Einrichtungen, die durch zwischenstaatliche Abkommen geschaffen werden, sowie von diesen eingerichtete spezialisierte Agenturen;

… “

 Die Finanzregelung 2012

 Verordnung Nr. 966/2012

7        Die Verordnung Nr. 966/2012 ist gemäß ihrem Art. 214 Abs. 1 am 27. Oktober 2012 in Kraft getreten. Nach Art. 214 Abs. 2 galt sie, unbeschadet besonderer, für andere Artikel dieser Verordnung vorgesehene Daten, ab dem 1. Januar 2013.

8        Zu diesen anderen Artikeln gehört Art. 58 („Arten des Haushaltsvollzugs“), der ausschließlich auf ab dem 1. Januar 2014 eingegangene Mittelbindungen Anwendung findet und dessen Abs. 1 vorsieht:

„Die Kommission führt den Haushalt nach einer der folgenden Methoden aus:

a)      direkt (‚direkte Mittelverwaltung‘) über ihre Dienststellen …

b)      in geteilter Mittelverwaltung mit den Mitgliedstaaten (‚geteilte Mittelverwaltung‘) oder

c)      indirekt (‚indirekte Mittelverwaltung‘) … im Wege der Übertragung von Haushaltsvollzugsaufgaben auf:

i)      Drittländer oder von diesen benannte Einrichtungen,

ii)      internationale Organisationen und deren Agenturen,

… “

9        Die Art. 84 bis 86 der Verordnung Nr. 966/2012 galten ab dem 1. Januar 2013.

10      In Art. 84 („Finanzierungsbeschluss“) der Verordnung heißt es:

„(1)      Jede Ausgabe ist Gegenstand von vier Vorgängen: Mittelbindung, Feststellung, Zahlungsanordnung und Zahlung.

(2)      Der Mittelbindung geht ein Finanzierungsbeschluss des betreffenden Organs oder der Behörden voran, denen das Organ entsprechende Befugnisse übertragen hat, sofern die betreffenden Mittel nicht … ohne Basisrechtsakt verwendet werden können.

(3)      In dem Beschluss nach Absatz 2 werden das verfolgte Ziel, die erwarteten Ergebnisse, die Methode der Umsetzung und ihr Gesamtbetrag angegeben. Er enthält zudem eine Beschreibung der zu finanzierenden Maßnahmen, Angaben zur Höhe der für die einzelnen Maßnahmen vorgesehenen Beträge und den vorläufigen Durchführungszeitplan.

Im Fall direkter Mittelverwaltung werden in dem Beschluss auch die [betraute] Einrichtung oder Person nach Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe c, die für die Wahl der Einrichtung oder der Person angelegten Kriterien sowie die ihr übertragenen Aufgaben angegeben.

… “

11      Art. 85 („Mittelbindungsarten“) Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:

„Eine Mittelbindung besteht darin, die Mittel vorzumerken, die erforderlich sind, um Zahlungen, die sich aus rechtlichen Verpflichtungen ergeben, zu einem späteren Zeitpunkt leisten zu können.

Eine rechtliche Verpflichtung ist die Handlung, durch die der Anweisungsbefugte eine Verpflichtung eingeht, die eine Belastung zur Folge hat.

… “

12      Art. 86 („Mittelbindungsvorschriften“) Abs. 1 der Verordnung sieht vor:

„Bei allen haushaltswirksamen Maßnahmen muss der zuständige Anweisungsbefugte eine Mittelbindung vornehmen, bevor er eine rechtliche Verpflichtung gegenüber Dritten eingeht … “

 Delegierte Verordnung Nr. 1268/2012

13      In Art. 43 („Besondere Bestimmungen für die indirekte Mittelverwaltung mit internationalen Organisationen“) Abs. 1 der Delegierten Verordnung Nr. 1268/2012 heißt es:

„Bei den internationalen Organisationen gemäß Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer ii der [Verordnung Nr. 966/2012] handelt es sich im Einzelnen um:

a)      internationale öffentliche Einrichtungen, die durch zwischenstaatliche Abkommen geschaffen werden, sowie von diesen eingerichtete spezialisierte Agenturen;

…“

 Verordnung Nr. 883/2013

14      Die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. September 2013 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (Euratom) Nr. 1074/1999 des Rates (ABl. 2013, L 248, S. 1) ist am 1. Oktober 2013 in Kraft getreten.

15      Art. 7 („Durchführung der Untersuchungen“) Abs. 6 dieser Verordnung sieht insbesondere vor:

„Erweist sich bei einer Untersuchung, dass es sinnvoll sein könnte, administrative Sicherungsmaßnahmen zum Schutz der finanziellen Interessen der Union zu ergreifen, so setzt [OLAF] unverzüglich das betroffene Organ, die betroffene Einrichtung oder die betroffene sonstige Stelle über die laufende Untersuchung in Kenntnis. Dabei werden folgende Informationen mitgeteilt:

Die betroffenen Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen können in enger Zusammenarbeit mit [OLAF] jederzeit beschließen, geeignete Sicherungsmaßnahmen, einschließlich Maßnahmen zur Beweissicherung, zu ergreifen und setzen [OLAF] unverzüglich von einem solchen Beschluss in Kenntnis.“

 Vorgeschichte der Rechtsstreite

 Die Rechtsmittelführerin

16      Nach ihren dem Gerichtshof in den Akten vorliegenden Statuten wurde IMG am 25. November 1994 als internationale Organisation mit der Bezeichnung „International Management Group – Infrastructure for Bosnia and Herzegovina“ und Sitz in Belgrad (Serbien) errichtet, um den am Wiederaufbau Bosnien-Herzegowinas beteiligten Staaten zu diesem Zweck eine spezialisierte Stelle zur Verfügung stellen zu können. Seitdem dehnte IMG ihren Tätigkeitsbereich immer weiter aus und schloss am 13. Juni 2012 ein Sitzabkommen mit dem Königreich Belgien.

 Der ursprüngliche Beschluss

17      Am 7. November 2013 erließ die Kommission auf der Grundlage von Art. 84 der Verordnung Nr. 966/2012 den Durchführungsbeschluss C(2013) 7682 final über das Jahresaktionsprogramm 2013 für Myanmar/Burma zulasten des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union (im Folgenden: ursprünglicher Beschluss).

18      In Art. 1 dieses Beschlusses hieß es, dass das Aktionsprogramm für das Jahr 2013 für Myanmar/Burma, wie in den Anhängen 1 und 2 dieses Beschlusses näher ausgeführt, genehmigt sei.

19      Gemäß Art. 3 des Beschlusses konnten die Haushaltsvollzugsaufgaben im Rahmen der gemeinsamen Mittelverwaltung unter der Voraussetzung des Abschlusses einer Übertragungsvereinbarung auf die in den Anhängen 1 und 2 des Beschlusses aufgeführten Einrichtungen übertragen werden.

20      Anhang 2 des Beschlusses beschrieb die zweite Aktion des Aktionsprogramms für das Jahr 2013 für Myanmar/Burma. Die Abschnitte 5 und 8 dieses Anhangs sahen im Wesentlichen vor, dass diese Aktion aus einem Programm zur Entwicklung des Handels bestand, dessen Kosten, die auf 10 Mio. Euro veranschlagt wurden, von der Europäischen Union finanziert würden und dessen Durchführung in gemeinsamer Verwaltung mit IMG sichergestellt würde. Nr. 8.3.1 dieses Anhangs stellte IMG als eine in Myanmar/Burma bereits etablierte und an der Durchführung von unionsfinanzierten Projekten in diesem Staat mitwirkende internationale Organisation vor.

 Der Beschluss vom 16. Dezember 2014 und seine Vorgeschichte

21      Am 17. Februar 2014 setzte das OLAF die Kommission davon in Kenntnis, dass es eine Untersuchung zum Status von IMG eröffnet habe.

22      Am 24. Februar 2014 leitete der Generalsekretär der Kommission diese Information an den Generaldirektor Internationale Zusammenarbeit und Entwicklung dieses Organs weiter, wobei er ihn auf die Möglichkeit hinwies, Sicherungsmaßnahmen auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 6 der Verordnung Nr. 883/2013 zu erlassen.

23      Am 26. Februar 2014 erließ dieser Generaldirektor Sicherungsmaßnahmen auf der Grundlage der genannten Vorschrift. Diese begründete er damit, dass die ursprüngliche Untersuchung des OLAF Zweifel am Status von IMG habe aufkommen lassen (im Folgenden: Sicherungsmaßnahmen vom 26. Februar 2014). Diese Sicherungsmaßnahmen bestanden im Wesentlichen darin, zum einen den Abschluss neuer Übertragungsvereinbarungen mit IMG im Rahmen der indirekten Mittelverwaltung des Unionshaushalts gemäß der Verordnung Nr. 966/2012 und zum anderen die Erstreckung bereits mit IMG geschlossener Übertragungsvereinbarungen im Rahmen der gemeinsamen Verwaltung des Unionshaushalts auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1605/2002 zeitweilig zu verbieten.

24      Am 25. April 2014 richtete dieser Generaldirektor ein Schreiben an IMG (im Folgenden: Schreiben vom 25. April 2014), in dem er sie über drei neue Gesichtspunkte in der Akte der Kommission informierte, nämlich erstens den Umstand, dass fünf Mitgliedstaaten der Union, die nach Angaben von IMG Mitglieder dieser Organisation sein sollten, sich nicht als solche betrachteten, zweitens den Umstand, dass der Generalsekretär der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) angegeben habe, dass IMG keine Sonderorganisation der UNO sei, und drittens, dass Ungewissheiten in Bezug auf die Vollmachten von Personen bestünden, die bestimmte Staaten bei der Unterzeichnung der Gründungsakte von IMG vertreten hätten. Der Generaldirektor Internationale Zusammenarbeit und Entwicklung der Kommission teilte ferner mit, dass er in Anbetracht der sich aus diesen Gesichtspunkten ergebenden Zweifel hinsichtlich des Status von IMG seine Dienststellen angewiesen habe, in Bezug auf diese Organisation vorübergehend auf Verfahren zu verzichten, die die Ausführung von Haushaltsaufgaben durch internationale Organisationen erlauben.

25      Am 15. Dezember 2014 erhielt die Kommission den vom OLAF nach Abschluss seiner Untersuchung erstellten Bericht (im Folgenden: OLAF‑Bericht), der eine Reihe von Empfehlungen enthielt. In diesem Bericht stellte das OLAF im Wesentlichen fest, dass IMG keine internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 sei, und empfahl der Kommission, Sanktionen gegen IMG zu verhängen und die Beträge zurückzufordern, die an diese wegen ihrer Eigenschaft als internationale Organisation gezahlt worden waren.

26      Am nächsten Tag erließ die Kommission gestützt auf Art. 84 der Verordnung Nr. 966/2012 den Beschluss vom 16. Dezember 2014. Nach Art. 1 dieses Beschlusses wurde Anhang 2 des ursprünglichen Beschlusses durch einen neuen Anhang ersetzt, dessen Abschnitte 1 und 4.3 im Wesentlichen vorsahen, dass nicht mehr IMG, sondern die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (im Folgenden: GIZ) mit der Durchführung des in diesem ursprünglichen Beschluss vorgesehenen Programms zur Entwicklung des Handels im Wege der indirekten Mittelverwaltung betraut wurde.

 Beschluss vom 8. Mai 2015

27      Am 16. Januar 2015 erstellte der juristische Dienst der Kommission einen Vermerk mit dem Titel „Rechtliche Bewertung des [OLAF‑Berichts] zur Untersuchung … in Bezug auf [IMG]“ (im Folgenden: Stellungnahme des juristischen Dienstes).

28      Am 8. Mai 2015 richtete die Kommission ein Schreiben an IMG, um diese über die Konsequenzen zu informieren, die sie aus dem OLAF‑Bericht zu ziehen beabsichtige. In diesem Schreiben teilte sie mit, obwohl sie den meisten Empfehlungen des OLAF nicht nachkommen werde, habe sie u. a. beschlossen, dass ihre Dienststellen erst dann mit IMG neue Übertragungsvereinbarungen nach dem in der Verordnung Nr. 966/2012 für internationale Organisationen vorgesehenen Modus der indirekten Mittelverwaltung abschließen würden, wenn hinsichtlich des Status von IMG als internationale Organisation absolute Gewissheit bestehe. Dieser Teil des Schreibens stellt den in Rn. 1 des vorliegenden Urteils angesprochenen Beschluss vom 8. Mai 2015 dar.

 Die angefochtenen Urteile

 Angefochtenes Urteil T‑29/15

29      Mit Klageschrift, die am 21. Januar 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging und unter dem Aktenzeichen T‑29/15 in das Register eingetragen wurde, erhob IMG eine Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 16. Dezember 2014.

30      Mit Schriftsatz, der am 24. März 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit gegen diese Klage, mit der die Unanfechtbarkeit des Beschlusses vom 16. Dezember 2014 geltend gemacht wurde, weil dieser zum einen keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeuge und zum anderen rein bestätigenden Charakter zu dem Schreiben vom 25. April 2014 habe, mit dem IMG über die Sicherungsmaßnahmen vom 26. Februar 2014 informiert worden sei.

31      Mit Beschluss vom 30. Juni 2015 hat das Gericht die Entscheidung über diese Einrede und die Kostenentscheidung dem Endurteil vorbehalten.

32      Am 2. Februar 2017 erließ das Gericht das angefochtene Urteil T‑29/15, mit dem es die Klage von IMG abwies und dieser die Kosten auferlegte. Hierbei stellte es erstens in den Rn. 28 bis 78 dieses Urteils fest, dass die Unzulässigkeitseinrede der Kommission unbegründet sei, weil der Beschluss vom 16. Dezember 2014 zum einen verbindliche Rechtswirkungen zeitige, indem er IMG endgültig die Möglichkeit zum Abschluss einer Übertragungsvereinbarung nehme, und zum anderen nicht rein bestätigend zu dem Schreiben vom 25. April 2014 sei. Die Klage von IMG gegen diesen Beschluss sei daher zulässig. Zweitens führte das Gericht in den Rn. 79 bis 169 und 174 dieses Urteils aus, dass keiner der sieben von IMG angeführten Klagegründe durchdringe und ihre Klage deshalb als unbegründet abzuweisen sei.

 Angefochtenes Urteil T‑381/15

33      Mit Klageschrift, die am 14. Juli 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging und unter dem Aktenzeichen T‑381/15 in das Register eingetragen wurde, erhob IMG eine Klage, mit der sie die Nichtigerklärung des Beschlusses vom 8. Mai 2015 und den Ersatz des durch diesen verursachten Schadens begehrte.

34      Mit Schriftsatz, der am 25. September 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit gegen diese Klage, mit der sie die Unanfechtbarkeit des Beschlusses vom 8. Mai 2015 insbesondere wegen des Fehlens verbindlicher Rechtsfolgen geltend machte.

35      Mit Beschluss vom 29. Januar 2016 hat das Gericht die Entscheidung über diese Einrede und die Kostenentscheidung dem Endurteil vorbehalten.

36      Am 2. Februar 2017 erließ das Gericht das angefochtene Urteil T‑381/15, mit dem es die Erledigung eines Teils der Klage von IMG feststellte, die Klage im Übrigen abwies und IMG die Kosten auferlegte. Hierbei stellte es zunächst in den Rn. 41 bis 53 und 75 dieses Urteils fest, dass der Beschluss vom 8. Mai 2015 verbindliche Rechtswirkungen gezeitigt habe, da er IMG die Möglichkeit genommen habe, mit der Durchführung neuer Haushaltsaufgaben nach dem Modus der indirekten Mittelverwaltung mit einer internationalen Organisation gemäß Art. 58 Abs. 1 der Verordnung Nr. 966/2012 betraut zu werden, und dass die Nichtigkeitsklage von IMG daher zulässig sei. Sodann führte das Gericht in den Rn. 76 bis 160 des Urteils aus, dass keiner der von IMG vorgebrachten acht Klagegründe durchdringe und ihre Nichtigkeitsklage deshalb als unbegründet abzuweisen sei. Schließlich wies das Gericht in den Rn. 170 bis 173 des Urteils den Schadensersatzantrag von IMG als unbegründet zurück.

37      Außerdem entschied das Gericht in den Rn. 174 bis 184 des angefochtenen Urteils T‑381/15 über einen Antrag der Kommission, der darauf gerichtet war, zwei von IMG beigebrachte Aktenstücke, nämlich den OLAF‑Bericht und die Stellungnahme des juristischen Dienstes, aus den Gerichtsakten zu entfernen. Es wies diesen Antrag in Bezug auf den OLAF‑Bericht zurück und gab ihm in Bezug auf die Stellungnahme des juristischen Dienstes statt.

 Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof

38      Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑183/17 P beantragt IMG,

–        das angefochtene Urteil T‑29/15 aufzuheben, soweit darin ihre Nichtigkeitsklage als unbegründet abgewiesen worden ist;

–        den Rechtsstreit durch Nichtigerklärung des Beschlusses vom 16. Dezember 2014 endgültig zu entscheiden;

–        die Kommission zur Tragung der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Rechtsmittelverfahrens zu verurteilen.

39      Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑184/17 P beantragt IMG,

–        das angefochtene Urteil T‑381/15 aufzuheben, soweit darin ihre Nichtigkeits- und Schadensersatzklage als unbegründet abgewiesen worden ist;

–        den Rechtsstreit endgültig zu entscheiden, indem der Beschluss vom 8. Mai 2015 für nichtig erklärt und die Union zum Ersatz der durch diesen Beschluss verursachten Schäden verurteilt wird;

–        die Kommission zur Tragung der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Rechtsmittelverfahrens zu verurteilen.

40      Die Kommission beantragt, die beiden Rechtsmittel zurückzuweisen und IMG die Kosten aufzuerlegen.

41      Außerdem hat die Kommission zwei Anschlussrechtsmittel eingelegt, mit denen sie beantragt,

–        die angefochtenen Urteile in beiden Rechtssachen aufzuheben, soweit ihre Unzulässigkeitseinreden zurückgewiesen worden sind, und endgültig über die Rechtsstreite zu entscheiden, indem die Klagen als unzulässig abgewiesen und IMG die Kosten auferlegt werden;

–        darüber hinaus in der Rechtssache C‑184/17 P die Entfernung des OLAF‑Berichts aus den Gerichtsakten anzuordnen.

42      IMG beantragt, diese beiden Anschlussrechtsmittel zurückzuweisen und der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

43      Mit Schreiben vom 8. Februar 2018 sind die Parteien aufgefordert worden, zu einer möglichen Verbindung der beiden Rechtssachen zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung des Gerichtshofs Stellung zu nehmen. Die hat IMG auf dieses Schreiben hin erklärt, insoweit keine Einwände zu haben. Die Kommission hat sich innerhalb der gesetzten Frist nicht geäußert.

44      Mit Beschluss vom 20. März 2018 sind die Rechtssachen C‑183/17 P und C‑184/17 P nach Anhörung des Berichterstatters und des Generalanwalts zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung des Gerichtshofs verbunden worden.

 Zu den Anschlussrechtsmitteln

 Vorbringen der Parteien

45      Die Kommission macht erstens geltend, das Gericht habe in den Rn. 57 bis 63 des angefochtenen Urteils T‑29/15 und in den Rn. 44 bis 48 des angefochtenen Urteils T‑381/15 zu Unrecht die Auffassung vertreten, dass die streitigen Beschlüsse verbindliche Rechtswirkungen gehabt hätten, weil sie IMG die Möglichkeit genommen hätten, neue Übertragungsvereinbarungen im Rahmen einer indirekten Mittelverwaltung von durch den Unionshaushalt finanzierten Projekten zu schließen. Zwar sei durch den Beschluss vom 16. Dezember 2014 der ursprüngliche Beschluss insoweit geändert worden, als die GIZ an die Stelle von IMG als zum Abschluss einer speziellen Übertragungsvereinbarung befugte Einrichtung gesetzt worden sei, und weise der Beschluss vom 8. Mai 2015 darauf hin, dass die Kommission keine neuen Übertragungsvereinbarungen mit IMG mehr schließen wolle. IMG habe jedoch auch keinerlei Anspruch darauf, dass solche Vereinbarungen mit ihr geschlossen würden, so dass die streitigen Beschlüsse ihr gegenüber allenfalls faktische Wirkungen gehabt hätten.

46      Zweitens macht die Kommission geltend, ein Finanzierungsbeschluss wie der Beschluss vom 16. Dezember 2014 sei entgegen den Ausführungen des Gerichts in den Rn. 49 bis 52 des angefochtenen Urteils T‑29/15 ein rein interner Rechtsakt, der keine verbindliche Rechtswirkung gegenüber Dritten erzeuge.

47      Drittens schließlich bringt die Kommission vor, das Gericht habe fehlerhaft entschieden, dass der Beschluss vom 16. Dezember 2014 keinen rein bestätigenden Rechtsakt zu dem Schreiben vom 25. April 2014 darstelle, mit dem IMG über den Erlass der Sicherungsmaßnahmen vom 26. Februar 2014 informiert worden sei. Entgegen den Ausführungen des Gerichts in den Rn. 70 bis 73 des angefochtenen Urteils T‑29/15 habe dieser Beschluss nämlich keine neuen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte enthalten. Außerdem sei, auch wenn diese Sicherungsmaßnahmen und dieser Beschluss auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen gestützt und im Rahmen unterschiedlicher Verfahren erlassen worden seien, wie das Gericht in den Rn. 74 bis 76 dieses Urteils ausgeführt habe, der Beschluss gleichwohl die direkte und zwangsläufige Folge der Sicherungsmaßnahmen.

48      In ihrem Anschlussrechtsmittel in der Rechtssache C‑184/17 P macht die Kommission zudem geltend, dass IMG kein Zugang zum OLAF‑Bericht hätte gewährt werden dürfen.

49      Sie ersucht daher den Gerichtshof darum, diesen Bericht aus der Gerichtsakte zu entfernen.

50      IMG hält diese verschiedenen Argumente für nicht stichhaltig.

 Würdigung durch den Gerichtshof

51      Was erstens das in Rn. 45 des vorliegenden Urteils angesprochene Vorbringen der Kommission betreffend das Fehlen verbindlicher Rechtswirkungen der streitigen Beschlüsse betrifft, so können nach ständiger Rechtsprechung alle Bestimmungen oder Maßnahmen der Organe,Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, gleich welcher Form, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen einer natürlichen oder juristischen Person durch eine qualifizierte Änderung ihrer Rechtsstellung beeinträchtigen, Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein (Urteile vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, EU:C:1981:264, Rn. 9, vom 12. September 2006, Reynolds Tobacco u. a./Kommission, C‑131/03 P, EU:C:2006:541, Rn. 54, und vom 13. Oktober 2011, Deutsche Post und Deutschland/Kommission, C‑463/10 P und C‑475/10 P, EU:C:2011:656, Rn. 37).

52      Im vorliegenden Fall hat das Gericht zunächst in den – von der Kommission nicht gerügten – Rn. 37 bis 42 des angefochtenen Urteils T‑29/15 festgestellt, dass der Beschluss vom 16. Dezember 2014 ein auf der Grundlage von Art. 84 der Verordnung Nr. 966/2012 von diesem Organ erlassener Finanzierungsbeschluss sei, der nicht nur die Rechtswirkung gehabt habe, sondern dessen Gegenstand selbst es gewesen sei, den ursprünglichen Beschluss dahin zu ändern, dass an Stelle von IMG die GIZ als mit der Durchführung der im Rahmen des Aktionsprogramms für Myanmar/Burma für das Jahr 2013 vorgesehenen Aktion der Entwicklung des Handels betraute Einrichtung benannt wurde.

53      Im Rahmen dieser Prüfung hat das Gericht in Rn. 38 dieses Urteils insbesondere festgestellt, dass es zwischen den Parteien unstreitig sei, dass IMG selbst im ursprünglichen Beschluss nur „vorbehaltlich des Abschlusses einer Übertragungsvereinbarung“ als zuständige Stelle benannt worden sei.

54      Unter Berücksichtigung dieser verschiedenen Gesichtspunkte hat das Gericht sodann in den Rn. 44 bis 48 und 57 bis 63 des Urteils festgestellt, dass der Beschluss vom 16. Dezember 2014 verbindliche Rechtswirkungen erzeugt habe, die die Interessen von IMG beeinträchtigen könnten, indem ihr die Möglichkeit zum Abschluss dieser Übertragungsvereinbarung genommen werde.

55      Hierzu ist festzustellen, dass Art. 84 Abs. 2 der Verordnung Nr. 966/2012, auf den sowohl der ursprüngliche Beschluss als auch der Beschluss vom 16. Dezember 2014 gestützt waren, vorsieht, dass einer Mittelbindung ein solcher Beschluss vorangeht. Diese Mittelbindung besteht, wie sich aus den Art. 85 Abs. 1 und Art. 86 Abs. 1 dieser Verordnung ergibt, darin, dass der Anweisungsbefugte zunächst die Mittelbindung der Ausgabe vornimmt und dann eine rechtliche Verpflichtung gegenüber dem Dritten eingeht, der die Zahlungen empfangen soll, die diese Ausgabe konkretisieren. Folglich macht die Kommission zu Recht geltend, dass zu dem Zeitpunkt, als der Beschluss vom 16. Dezember 2014 erlassen wurde, keine rechtliche Verpflichtung gegenüber IMG eingegangen worden war und dass IMG daher keinen Anspruch darauf hatte, dass eine Übertragungsvereinbarung mit ihr geschlossen wird.

56      Wie das Gericht in den Rn. 42 und 59 des angefochtenen Urteils T‑29/15 ausgeführt hat, werden allerdings in einem Mittelbindungsbeschluss gemäß Art. 84 Abs. 3 der Verordnung Nr. 966/2012 auch „die betraute Einrichtung oder Person …, die für [ihre] Wahl … angelegten Kriterien sowie die ihr übertragenen Aufgaben“ angegeben. So war im ursprünglichen Beschluss IMG als mit einer der im Rahmen des Aktionsprogramms für Myanmar/Burma für das Jahr 2013 vorgesehenen Aktionen betraute Einrichtung gewählt worden.

57      Außerdem ergibt sich aus Art. 53d Abs. 2 der Verordnung Nr. 1605/2002, der zum Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Beschlusses anwendbar war, dass eine Übertragungsvereinbarung, wie sie in diesem Beschluss vorgesehen ist, die Modalitäten des Vollzugs der zuvor in einem gegebenen Fall auf eine internationale Organisation übertragenen Haushaltsaufgaben präzisieren muss. Dem Abschluss dieser Vereinbarung muss somit notwendigerweise der Erlass eines Finanzierungsbeschlusses vorausgehen, die dieser Organisation solche Aufgaben zuweist; er kann nur mit diesem Beschluss erfolgen. Daher hat der Verlust der Eigenschaft als mit den fraglichen Aufgaben betraute Einrichtung automatisch den Verlust der Möglichkeit zum Abschluss der entsprechenden Übertragungsvereinbarung zur Folge. Gegenstand und Rechtswirkung des Beschlusses vom 16. Dezember 2014 war aber gerade die Benennung der GIZ als betraute Einrichtung, um es der Kommission zu ermöglichen, eine Übertragungsvereinbarung mit dieser Einrichtung anstelle von IMG zu schließen.

58      Unter diesen Umständen hat das Gericht in den Rn. 44, 45, 57, 59, 60 und 62 des angefochtenen Urteils T‑29/15 zu Recht festgestellt, dass IMG durch den Beschluss vom 16. Dezember 2014 sowohl die Rechtsstellung einer für die Übertragung einer Haushaltsaufgabe gewählten Einrichtung als auch jede tatsächliche Möglichkeit genommen wurde, die entsprechende Übertragungsvereinbarung zu schließen.

59      Der Verlust einer solchen Rechtsstellung stellt aber offensichtlich eine verbindliche Rechtswirkung dar, die geeignet ist, die Interessen von IMG zu beeinträchtigen. Der Verlust jeder tatsächlichen Möglichkeit, die entsprechende Übertragungsvereinbarung zu schließen, ist, wie in Rn. 57 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die automatische Folge dieses Verlusts einer Rechtsstellung und stellt insofern auch eine verbindliche Rechtswirkung dar.

60      Der von der Kommission zur Stützung ihres Anschlussrechtsmittels in der Rechtssache C‑183/17 P vorgebrachte Grund ist daher, soweit damit das Fehlen einer verbindlichen Rechtswirkung des Beschlusses vom 16. Dezember 2014 geltend gemacht wird, als unbegründet zurückzuweisen.

61      Was den Beschluss vom 8. Mai 2015 betrifft, ist vorab festzustellen, dass dieser keine zukünftige Absicht zum Ausdruck bringt, wie die Kommission indes behauptet, sondern einen gefassten und gegenwärtigen Beschluss, keine Übertragungsvereinbarung mehr zu schließen, „bis hinsichtlich des Status von IMG als internationale Organisation absolute Gewissheit besteht“. Insoweit nimmt er dem Betroffenen jede tatsächliche Aussicht auf die Übertragung neuer Haushaltsvollzugsaufgaben und die Gewährung der entsprechenden Mittel im Rahmen einer indirekten Mittelverwaltung des Unionshaushalts, wie das Gericht in den Rn. 44 und 45 des angefochtenen Urteils T‑381/15 dargelegt hat.

62      Der Gerichtshof hat aber bereits entschieden, dass, wenn eine von der Kommission gegenüber einer bestimmten Person in Ausübung eigener Befugnisse erlassene Entscheidung zur Folge hat, dass diese Person allein durch den Erlass dieser Entscheidung alle echten Chancen auf die Gewährung einer Unionsfinanzierung einbüßt, diese Wirkung als verbindliche Rechtswirkung dieser Entscheidung anzusehen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. April 1997, Geotronics/Kommission, C‑395/95 P, EU:C:1997:210, Rn. 14 und 15).

63      Der von der Kommission zur Stützung ihres Anschlussrechtsmittels in der Rechtssache C‑184/17 P vorgebrachte Grund ist daher auch als unbegründet zurückzuweisen, soweit damit das Fehlen einer verbindlichen Rechtswirkung des Beschlusses vom 8. Mai 2015 geltend gemacht wird.

64      Was zweitens das in Rn. 46 des vorliegenden Urteils wiedergegebene Vorbringen der Kommission betrifft, wonach ein Finanzierungsbeschluss wie der in den vorliegenden Rechtssachen in Rede stehende als ein Rechtsakt ohne jede verbindliche Rechtswirkung gegenüber Dritten anzusehen sei, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung Rechtsakte, die nur im verwaltungsinternen Bereich der sie erlassenden Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union Wirkungen entfalten sollen, grundsätzlich keine mit der Nichtigkeitsklage gemäß Art. 263 AEUV anfechtbare Rechtsakte sein können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Februar 1988, Les Verts/Parlament, 190/84, EU:C:1988:94, Rn. 8, und vom 6. April 2000, Spanien/Kommission, C‑443/97, EU:C:2000:190, Rn. 28).

65      Im vorliegenden Fall genügt jedoch die Feststellung, dass dem Gericht, da es aus den in den Rn. 57 bis 59 des vorliegenden Urteils genannten Gründen zu Recht angenommen hat, dass der Beschluss vom 16. Dezember 2014 auf die Erzeugung verbindlicher Rechtswirkungen gegenüber IMG abgezielt hatte, nicht vorgeworfen werden kann, einen Rechtsfehler begangen zu haben, indem es in den Rn. 49 bis 52 des angefochtenen Urteils T‑29/15 das Vorbringen der Kommission, wonach dieser Beschluss nur in ihrem internen Bereich Rechtswirkungen entfalte, als unbegründet zurückgewiesen hat.

66      Drittens schließlich macht die Kommission, wie in Rn. 47 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, geltend, dass der Beschluss vom 16. Dezember 2014 als „rein bestätigender Rechtsakt zu einem früheren Rechtsakt“, nämlich dem Schreiben vom 25. April 2014, mit dem IMG vom Erlass der Sicherungsmaßnahmen vom 26. Februar 2014 informiert wurde, hätte eingestuft werden müssen.

67      Ein Rechtsakt ist als rein bestätigend zu einem anderen Rechtsakt anzusehen, wenn er ihm gegenüber keinen neuen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt enthält (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. April 1970, Nebe/Kommission, 24/69, EU:C:1970:22, Rn. 8, und vom 3. April 2014, Kommission/Niederlande und ING Groep, C‑224/12 P, EU:C:2014:213, Rn. 69).

68      Im vorliegenden Fall hat das Gericht in den Rn. 70 bis 73 des angefochtenen Urteils T‑29/15 festgestellt, dass, während die Prüfung des Inhalts der Sicherungsmaßnahmen vom 26. Februar 2014 gezeigt habe, dass diese die Wirkung gehabt hätten, den Abschluss einer Übertragungsvereinbarung wie der von dem ursprünglichen Beschluss erfassten mit IMG vorübergehend auszusetzen, die Prüfung des Beschlusses vom 16. Dezember 2014 ergeben habe, dass sein Inhalt die verbindliche Rechtswirkung gehabt habe, IMG in spezifischer und endgültiger Weise die Möglichkeit zum Abschluss einer solchen Vereinbarung zu nehmen.

69      Damit hat das Gericht die neuen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte hervorgehoben, die den Beschluss vom 16. Dezember 2014 gegenüber den Sicherungsmaßnahmen vom 26. Februar 2014 kennzeichnen.

70      Daher ist der von der Kommission zur Stützung ihres Anschlussrechtsmittels in der Rechtssache C‑183/17 P vorgebrachte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen, soweit damit geltend gemacht wird, der Beschluss vom 16. Dezember 2014 sei ein „rein bestätigender Rechtsakt zu einem früheren Rechtsakt“.

71      Da keiner der von der Kommission zur Stützung ihrer Anschlussrechtsmittel vorgebrachten Rechtsmittelgründe durchzudringen vermag, sind diese Anschlussrechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

72      Darüber hinaus braucht über den Antrag der Kommission, den OLAF‑Bericht aus der Akte zu entfernen, nicht entschieden zu werden, weil dieser gegenstandslos geworden ist, da die Kommission dem Gerichtshof in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, IMG diesen Bericht von sich aus übermittelt zu haben.

 Zu den Rechtsmitteln

73      Zur Stützung ihrer Rechtsmittel, die auf die Aufhebung der angefochtenen Urteile abzielen, soweit darin ihre Nichtigkeitsklagen als unbegründet abgewiesen worden sind, bringt IMG vier Rechtsmittelgründe in der Rechtssache C‑183/17 P bzw. fünf Rechtsmittelgründe in der Rechtssache C‑184/17 P vor. Darüber hinaus erhebt sie mehrere Rügen in Bezug auf die Behandlung bestimmter Aktenstücke aus den Gerichtsakten durch das Gericht.

74      Außerdem bringt IMG zur Stützung ihres Rechtsmittels, das auf die Aufhebung des angefochtenen Urteils T‑381/15 abzielt, soweit darin ihre Schadensersatzklage als unbegründet abgewiesen worden ist, einen sechsten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑184/17 P vor.

75      Zunächst ist der zweite Rechtsmittelgrund zu prüfen, den IMG in den verbundenen Rechtssachen jeweils vorgebracht hat.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund in den Rechtssachen C183/17 P und C184/17 P

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

76      IMG macht erstens geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es festgestellt habe, dass der Kommission kein Rechtsfehler und kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei, als sie die streitigen Beschlüsse gestützt auf Gründe erlassen habe, die sich auf Zweifel dieses Organs hinsichtlich ihres Status als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 beziehen. Die von der Kommission zur Begründung ihrer Zweifel vorgelegten Beweise beträfen nämlich nur einen Teil der 16 Mitglieder von IMG und nicht den Status dieser Einrichtung als internationale Organisation im Sinne der genannten Regelungen als solchen.

77      Zweitens habe das Gericht den Sachverhalt verfälscht, indem es die von IMG vorgebrachten Argumente gegen die Begründetheit der streitigen Beschlüsse pauschal zurückgewiesen habe, statt die zahlreichen von der Betroffenen im Anhang zu ihren Schriftsätzen zur Bestätigung ihres Status als internationale Organisation vorgelegten Dokumente (Statuten, Gründungsprotokoll, Sitzabkommen mit dem Königreich Belgien, Erklärungen von Botschaftern etc.) zu prüfen. Diese Dokumente, die der Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Beschlüsse zur Verfügung gestanden hätten, belegten aber, dass IMG eine internationale Organisation sei, die im Jahr 1994 auf der Basis eines von 16 Staaten sowie dem Amt der Europäischen Gemeinschaften für humanitäre Hilfe (ECHO) im Anschluss an eine Sitzung der Arbeitsgruppe des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen geschlossenen zwischenstaatlichen Abkommens gegründet worden sei, um den am Wiederaufbau von Bosnien-Herzegowina beteiligten Staaten zu diesem Zweck eine spezielle Einrichtung zur Verfügung stellen zu können.

78      In ihrer Klagebeantwortung macht die Kommission geltend, dass die zu entscheidende Frage bei die Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Urteile nicht sei, ob IMG den Status einer internationalen Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 besitze, sondern vielmehr, ob das Organ unter Berücksichtigung der Zweifel, die hieran bestanden hätten, beschließen durfte, IMG nicht mehr im Hinblick auf diesen Status mit Haushaltsvollzugsaufgaben zu betrauen. In diesem Zusammenhang beschränkten sich die in Rn. 76 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Argumente von IMG darauf, die Tatsachen- und Beweiswürdigung des Gerichts zu rügen, und seien insofern als unzulässig zurückzuweisen, weil sie nicht der Kontrolle des Gerichtshofs im Rechtsmittelverfahren unterlägen. Außerdem sei das Argument, die von der Kommission zur Begründung der in den streitigen Beschlüssen zum Ausdruck gebrachten Zweifel vorgelegten Beweise beträfen nur einen Teil der 16 Mitglieder der IMG, in der ersten Instanz nicht vorgebracht worden und müsse daher aufgrund seiner Neuheit als in der Rechtsmittelinstanz unzulässig zurückgewiesen werden. Jedenfalls habe das Gericht mit seiner Feststellung, dass die Zweifel in Bezug auf den Status von IMG als internationale Organisation die streitigen Beschlüsse rechtfertigten, weder einen Rechtsfehler begangen noch die von IMG vorgelegten Beweisstücke verfälscht.

79      In ihrer Erwiderung bringt IMG ergänzend vor, dass ihr Vorbringen die rechtliche Stichhaltigkeit der vom Gericht in den angefochtenen Urteilen in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der streitigen Beschlüsse im Hinblick auf die Finanzregelungen von 2002 und 2012 ausgeführte Argumentation in Frage stelle und daher zulässig sei.

 Würdigung durch den Gerichtshof

–       Zur Zulässigkeit

80      Da die Kommission die Zulässigkeit einiger der von IMG zur Stützung ihres jeweils zweiten Rechtsmittelgrundes vorgebrachten Rügen in Frage stellt, ist vorab daran zu erinnern, dass es zulässig ist, dass ein Rechtsmittelführer vor dem Gerichtshof die Auslegung und Anwendung des Unionsrechts durch das Gericht im ersten Rechtszug beanstandet (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Juli 2000, Salzgitter/Kommission, C‑210/98 P, EU:C:2000:397, Rn. 43, und vom 12. September 2006, Reynolds Tobacco u. a./Kommission, C‑131/03 P, EU:C:2006:541, Rn. 51) und in diesem Rahmen Rechtsmittelgründe geltend macht, mit denen die Begründetheit der von diesem Gericht im angefochtenen Urteil vorgenommenen Beurteilungen aus rechtlichen Erwägungen gerügt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. Juni 2011, Diputación Foral de Vizcaya u. a./Kommission, C‑465/09 P bis C‑470/09 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:372, Rn. 146, und vom 4. September 2014, Spanien/Kommission, C‑197/13 P, EU:C:2014:2157, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

81      Im vorliegenden Fall macht IMG aber mit ihren in Rn. 76 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Rügen einen Fehler geltend, den das Gericht bei der Anwendung der Finanzregelungen von 2002 und 2012 in den Rn. 102 bis 106 und 113 des angefochtenen Urteils T‑29/15 sowie in den Rn. 98 bis 103, 108 und 109 des angefochtenen Urteils T‑381/15 in Beantwortung von Klagegründen, mit denen IMG die Rechtmäßigkeit der streitigen Beschlüsse im Hinblick auf diese Regelungen beanstandet hat, begangen haben soll.

82      Außerdem ist festzustellen, dass mit dem Argument, die von der Kommission zur Begründung der in den streitigen Beschlüssen zum Ausdruck gebrachten Zweifel vorgelegten Beweise beträfen nur einen Teil der 16 Mitglieder von IMG, aus rechtlichen Erwägungen die Beurteilung des Gerichts zum einen in Rn. 103 des angefochtenen Urteils T‑29/15, die auf Rn. 89 dieses Urteils verweist, die wiederum auf Rn. 85 dieses Urteils verweist, und zum anderen in Rn. 98 des angefochtenen Urteils T‑381/15, die auf dessen Rn. 85 verweist, gerügt werden soll, wonach diese Beschlüsse unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem sie ergangen sind, als u. a. durch diese Beweise gerechtfertigt anzusehen seien. Eine solche Rüge kann im Licht der in Rn. 80 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung im Rechtsmittelverfahren nicht aus dem Grund als unzulässig zurückgewiesen werden, dass sie nicht im ersten Rechtszug erhoben worden sei.

83      Die von IMG zur Stützung ihres jeweils zweiten Rechtsmittelgrundes in den verbundenen Rechtssachen vorgebrachten Rügen sind daher zulässig.

–       Zur Begründetheit

84      Zur Begründetheit ist festzustellen, dass der zweite Rechtsmittelgrund der Rechtsmittel auf die Rn. 102 bis 106 und 113 des angefochtenen Urteils T‑29/15 bzw. auf die Rn. 98 bis 103, 108 und 109 des angefochtenen Urteils T‑381/15 abzielt.

85      Insoweit hat IMG vor dem Gericht zum einen die Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 16. Dezember 2014 im Hinblick auf die Finanzregelungen von 2002 und 2012 sowie zum anderen die Rechtmäßigkeit des Beschlusses vom 8. Mai 2015 im Hinblick auf die Finanzregelung von 2012 in Zweifel gezogen. In diesem Rahmen hat sie, wie das Gericht in den Rn. 102 und 104 des angefochtenen Urteils T‑29/15 sowie in Rn. 96 des angefochtenen Urteils T‑381/15 festgestellt hat, u. a. geltend gemacht, sie sei eine durch ein zwischenstaatliches Abkommen geschaffene internationale Organisation im Sinne dieser Regelungen, wie aus den verschiedenen vor der Kommission wie auch dem Gericht vorgelegten Beweisstücken hervorgehe.

86      Um diese Argumente zu widerlegen hat das Gericht zunächst, in den Rn. 103 und 105 des angefochtenen Urteils T‑29/15 sowie in Rn. 98 des angefochtenen Urteils T‑381/15, ausgeführt, dass die Kommission in den streitigen Beschlüssen Zweifel am Status von IMG als internationale Organisation geäußert habe, indem sie sich auf die im Schreiben vom 25. April 2014 – wie es in Rn. 24 des vorliegenden Urteils wiedergegeben worden ist – vorgebrachten Gesichtspunkte gestützt habe.

87      Sodann hat das Gericht in den Rn. 104 bis 105 des angefochtenen Urteils T‑29/15 und in Rn. 102 des angefochtenen Urteils T‑381/15 festgestellt, dass die von IMG vorgebrachten Argumente und Beweise nicht geeignet seien, eine fehlende Begründetheit der von der Kommission in den streitigen Beschlüssen auf der Grundlage der fraglichen Gesichtspunkte geäußerten Zweifel darzutun.

88      Insoweit ist festzustellen, dass nach den Art. 53 und 53d Abs. 1 der Verordnung Nr. 1605/2002 sowie nach Art. 58 Abs. 1 der Verordnung Nr. 966/2012, durch die die Verordnung Nr. 1605/2002 aufgehoben und ersetzt worden ist, die Kommission den Unionshaushalt u. a. ausführen kann, indem sie Haushaltsvollzugsaufgaben auf internationale Organisationen überträgt.

89      Aus diesen Vorschriften ergibt sich, dass die Kommission, wenn sie den Erlass eines Beschlusses beabsichtigt, durch den Haushaltsvollzugsaufgaben unter diesem Gesichtspunkt auf eine bestimmte Einrichtung übertragen werden, verpflichtet ist, sich zu vergewissern, dass diese Einrichtung die Eigenschaft einer internationalen Organisation besitzt.

90      Erlässt die Kommission nach dem Erlass eines Beschlusses über die Übertragung von Haushaltsvollzugsaufgaben auf eine bestimmte Einrichtung in deren Eigenschaft als internationale Organisation Beschlüsse wie die streitigen Beschlüsse auf der Grundlage von Gesichtspunkten, die ihrer Ansicht nach geeignet sind, diese Eigenschaft in Frage zu stellen, müssen diese Beschlüsse zudem in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht gerechtfertigt sein.

91      Der Begriff „internationale Organisation“ im Sinne der Art. 53 und 53d der Verordnung Nr. 1605/2002 und des Art. 58 der Verordnung Nr. 966/2012 wurde in Art. 43 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2342/2002 und dann in Art. 43 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1268/2012, durch die die Verordnung Nr. 2342/2002 aufgehoben und ersetzt worden ist, gleichlautend definiert. Nach diesen Vorschriften umfasst er u. a. „internationale öffentliche Einrichtungen, die durch zwischenstaatliche Abkommen geschaffen werden, sowie von diesen eingerichtete spezialisierte Agenturen“.

92      Im vorliegenden Fall hat das Gericht die Rechtmäßigkeit der streitigen Beschlüsse nicht im Hinblick auf diese Definition geprüft, sondern nur festgestellt, dass die von IMG vorgebrachten Argumente und Beweismittel die Zweifel der Kommission am Status von IMG als internationale Organisation nicht in Frage stellten.

93      Diese Feststellung ist aber rechtsfehlerhaft, da keiner der vom Gericht vorgebrachten, in Rn. 86 des vorliegenden Urteils genannten Gesichtspunkte zur Rechtfertigung der Zweifel der Kommission rechtlich geeignet ist, diese zu begründen.

94      Was den ersten dieser Gesichtspunkte betrifft, der die Frage betrifft, ob mehrere von IMG als Mitglied dargestellte Staaten tatsächlich Mitglieder der Organisation waren, geht nämlich aus den Feststellungen des Gerichts selbst hervor, dass die insoweit gehegten Zweifel der Kommission nur „bestimmte“ Mitglieder von IMG betrafen, und zwar genauer fünf von insgesamt 16. Solche Zweifel, selbst wenn man unterstellt, dass sie begründet sind, führen aber völkerrechtlich nicht dazu, dass die Einrichtung, deren Mitglieder diese Staaten nicht – oder nicht mehr – sein sollen, ihre Eigenschaft als „internationale Organisation“ verliert, erst recht nicht, wenn die betreffenden Staaten, wie hier, nur eine kleine Minderheit der Mitglieder der fraglichen Einrichtung darstellen.

95      Was den zweiten Gesichtspunkt angeht, der sich auf Zweifel an den Vollmachten von Personen bezieht, die bestimmte Staaten bei der Unterzeichnung der Gründungsakte von IMG vertreten haben, ist ebenfalls festzustellen, dass dieser möglicherweise die Gültigkeit der Unterschriftshandlungen speziell dieser Staaten bei der Gründung von IMG in Frage stellen könnte, aber nicht die Gültigkeit der Gründung dieser Einrichtung selbst, da die geltend gemachten etwaigen Vertretungsmängel nur eine begrenzte Zahl der teilnehmenden Staaten betrafen.

96      Zum dritten Gesichtspunkt, wonach der UN-Generalsekretär gegenüber dem OLAF angegeben habe, dass IMG keine Sonderorganisation der UNO sei, genügt die Feststellung, dass dieser rechtlich unerheblich ist. Wie nämlich Rn. 91 des vorliegenden Urteils zu entnehmen ist, setzen die Finanzregelungen von 2002 und 2012 keineswegs voraus, dass eine Einrichtung eine Sonderorganisation der UNO sein muss, um als „internationale Organisation“ qualifiziert werden zu können. Außerdem war es vorliegend unstreitig, dass IMG nie vorgegeben hat, eine solche Organisation zu sein, sondern die Eigenschaft einer „internationale[n] öffentliche[n Einrichtung], die durch zwischenstaatliche Abkommen geschaffen [wurde]“, für sich beanspruchte, wie aus den in Rn. 85 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Feststellungen des Gerichts klar hervorgeht.

97      Nach alledem ist der von IMG zur Stützung ihrer Rechtsmittel in den Rechtssachen C‑183/17 P und C‑184/17 P jeweils vorgebrachte zweite Rechtsmittelgrund, mit dem geltend gemacht wird, das Gericht habe in den angefochtenen Urteilen fehlerhaft festgestellt, dass der Kommission kein Rechtsfehler und kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei, als sie den Erlass der streitigen Beschlüsse mit ihren Zweifeln hinsichtlich des Status von IMG als „internationale Organisation“ im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 gerechtfertigt habe, begründet. Den Rechtsmittelgründen ist daher stattzugeben, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob diese Entscheidung des Gerichts darüber hinaus auch eine Sachverhaltsverfälschung enthält.

 Zu den Folgerungen, die daraus zu ziehen sind, dass dem jeweils zweiten Rechtsmittelgrund stattgegeben wird

98      Was die Folgerungen betrifft, die aus dem in der vorstehenden Randnummer festgestellten Rechtsfehler zu ziehen sind, ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Zurückweisung der Klagegründe von IMG in Bezug auf den Rechtsfehler, den die Kommission dadurch begangen hat, dass sie die streitigen Beschlüsse mit ihren Zweifeln am Status von IMG als internationale Organisation rechtfertigte, den tragenden Grund für den Tenor der angefochtenen Urteile darstellt, soweit mit ihnen die Nichtigkeitsklagen dieser Einrichtung abgewiesen worden sind.

99      Die angefochtenen Urteile sind daher aufzuheben, soweit mit ihnen die Nichtigkeitsklagen von IMG als unbegründet abgewiesen wurden, ohne dass die anderen von IMG vorgebrachten Rechtsmittelgründe und Rügen geprüft zu werden brauchen.

100    Zweitens hatte, wie in Rn. 33 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, IMG in der Rechtssache T‑381/15 auch einen Antrag auf Ersatz der Schäden gestellt, die ihr durch den Beschluss vom 8. Mai 2015 entstanden sein sollen, indem die Kommission darin erklärte, dass sie keine neuen Übertragungsvereinbarungen im Rahmen einer indirekten Mittelverwaltung des Unionshaushalts mehr mit IMG schließen werde.

101    Das Gericht hat aber folgerichtig auch diesen Schadensersatzantrag auf der Grundlage der in Rn. 97 des vorliegenden Urteils dargestellten rechtsfehlerhaften Beurteilung zurückgewiesen, wie sich aus den Rn. 170 und 172 des angefochtenen Urteils T‑381/15 ergibt.

102    Daher ist das angefochtene Urteil T‑381/15 auch aufzuheben, soweit darin dieser Schadensersatzantrag als unbegründet zurückgewiesen wurde.

 Zu den Nichtigkeitsklagen und zum Schadensersatzantrag

103    Ist der Rechtsstreit teilweise zur Entscheidung reif, kann der Gerichtshof nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union selbst endgültig über diesen Teil des Rechtsstreits entscheiden und die Rechtssache im Übrigen an das Gericht zurückverweisen.

104    Im vorliegenden Fall ist es angebracht, dass der Gerichtshof endgültig über die beiden Nichtigkeitsklagen entscheidet, die zur Entscheidung reif sind. Wie sich nämlich aus den Rn. 92 bis 96 des vorliegenden Urteils ergibt, sind die streitigen Beschlüsse rechtswidrig, da die von der Kommission zu ihrer Begründung angeführten Gesichtspunkte nicht geeignet sind, die Eigenschaft von IMG als internationale Organisation im Sinne der Finanzregelungen von 2002 und 2012 in Frage zu stellen. Diese Beschlüsse sind daher insgesamt für nichtig zu erklären.

105    Was den Schadensersatzantrag in der Rechtssache T‑381/15 betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass – wie in Rn. 101 des vorliegenden Urteils ausgeführt – das Gericht ihn ausschließlich auf der Grundlage seiner Beurteilung zurückgewiesen hat, wonach der Kommission weder ein Rechtsfehler noch ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei, indem sie den Erlass des Beschlusses vom 8. Mai 2015 mit ihren Zweifeln am Status von IMG als internationale Organisation gerechtfertigt habe. Zwar geht aus den vorstehenden Randnummern hervor, dass diese Beurteilung mit einem Rechtsfehler behaftet ist; es ist jedoch weiter erforderlich, die übrigen Argumente der Parteien in Bezug auf diesen Schadensersatzantrag zu prüfen, insbesondere diejenigen, die sich auf das Bestehen und den Umfang der von IMG behaupteten Schäden beziehen, über die vor dem Gerichtshof im Übrigen nicht verhandelt worden ist.

106    Nach alledem ist festzustellen, dass dieser Teil des Rechtsstreits nicht zur Entscheidung reif und die Rechtssache daher insoweit an das Gericht zurückzuverweisen ist.

 Kosten

107    Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet.

108    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

109    Da im vorliegenden Fall die Kommission in den Rechtssachen C‑183/17 P, C‑184/17 P und T‑29/15 unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag von IMG die Kosten in diesen drei Rechtssachen aufzuerlegen.

110    In Bezug auf die Rechtssache T‑381/15 dagegen ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission zwar im Rahmen der Nichtigkeitsklage von IMG unterlegen ist, die Rechtssache in Bezug auf den mit dieser Nichtigkeitsklage verbundenen Schadensersatzantrag aber noch nicht entscheidungsreif ist und an das Gericht zurückverwiesen werden muss.

111    Folglich ist die Kostenentscheidung in dieser Rechtssache nach Art. 137 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, vorzubehalten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Urteile des Gerichts der Europäischen Union vom 2. Februar 2017, International Management Group/Kommission (T29/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:56), und vom 2. Februar 2017, International Management Group/Kommission (T381/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:57), werden aufgehoben.

2.      Der Durchführungsbeschluss C(2014) 9787 final der Kommission vom 16. Dezember 2014 zur Änderung des Durchführungsbeschlusses C(2013) 7682 über das Jahresaktionsprogramm 2013 für Myanmar/Burma zulasten des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Union wird für nichtig erklärt.

3.      Der Beschluss der Europäischen Kommission, keine neuen Übertragungsvereinbarungen in der indirekten Mittelverwaltung mehr mit der International Management Group zu schließen, der in ihrem Schreiben vom 8. Mai 2015 enthalten ist, wird für nichtig erklärt.

4.      Die Rechtssache T381/15 wird zur Entscheidung über den Antrag der International Management Group auf Ersatz der Schäden, die dieser Einrichtung durch den in Nr. 3 des Tenors genannten Beschluss der Kommission entstanden sein sollen, an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.

5.      Die Anschlussrechtsmittel werden zurückgewiesen.

6.      Die Kommission trägt die Kosten in den Rechtssachen C183/17 P, C184/17 P und T29/15.

7.      In der Rechtssache T381/15 bleibt die Kostenentscheidung vorbehalten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprachen: Englisch und Französisch.

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