Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 8 K 106/02

Tatbestand

 
(Überlassen von Datev)
Der Kläger (Kl.) ist Halter des erstmals am 05. Mai 2000 zugelassenen und von einem Ottomotor mit 1781 cm 3 angetriebenen Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen ... Mit Bescheid vom 19. Februar 2001 befreite der Beklagte (Bekl.) das der EURO-4 Abgasnorm entsprechende Fahrzeug für die Zeit vom 09. Februar 2001 (Tag der erstmaligen Zulassung auf den Kl.) bis 03. September 2003 von der Kraftfahrzeugsteuer. Hierzu hieß es, der Wert der Steuerbefreiung entspreche 600,- DM.
Nachdem dem Kl. für das Fahrzeug ab dem 02. November 2001 ein Saisonkennzeichen für die Monate März bis November zugeteilt worden war, änderte der Bekl. mit seinem angegriffenen Bescheid vom 15. November 2001 den oben genannten Kraftfahrzeugsteuerbescheid nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) dahingehend, dass das Fahrzeug nunmehr vom 02. November 2001 bis 03. September 2003 steuerbefreit wurde.
Hiergegen erhob der Kl. am 26. November 2001 Einspruch. Der Gegenwert von 600,- DM sei erst am 03. März 2005 verbraucht, weil das Fahrzeug seit Erstzulassung am 05. Mai 2000 bereits vom 11. Juli bis 09. Februar 2001 stillgelegt worden sei und in Zukunft jeweils von Dezember bis einschließlich Februar stillgelegt werde. Nach § 3 b Abs. 1 Satz 7 KraftStG sei die Dauer einer vorübergehenden Stillegung bei der Berechnung der Steuerersparnis zu berücksichtigen. Die Steuerpflicht dauere nach § 5 KraftStG nur solange, wie das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen sei. Auch könne die Zeit, während der wegen des Saisonkennzeichens eine Steuerpflicht nicht bestehe, nicht auf die Steuerbefreiung angerechnet werden.
Der Bekl. wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 26. März 2002 als unbegründet zurück. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe mit Urteil vom 12. Juni 2001 (-VII R 74/00-, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 2001, 615) klargestellt, dass die Befreiungsregelung des § 3 b Abs. 1 Satz 7 KraftStG dahingehend auszulegen sei, dass Stillegungszeiten (und damit auch Zeiten bei Saisonkennzeichen) auf die Berechnung der Dauer der Steuerbefreiung keine Auswirkung hätten.
Der Kl. hat am 19. April 2001 Klage erhoben, mit der er, nachdem der Bekl. inzwischen mit Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 01. August 2003 die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 04. September bis 30. November 2003 auf 22,- EUR und jeweils für die Monate März bis November auf 91,- EUR festgesetzt hat, nunmehr beantragt,
den Bekl. unter Abänderung des Kraftfahrzeugsteuerbescheids vom 01. August 2003 zu verpflichten, die Steuerbefreiung für das Fahrzeug des Kl. über den 03. September 2003 hinaus um die Zeit zu verlängern, die sich aus der Nichtanrechnung der Zeiträume, während der das Fahrzeug wegen des Saisonkennzeichens nicht betrieben werden darf, auf die Steuerersparnis ergibt.
Im Hinblick auf die Entscheidung des BFH beziehe sich die Klage nicht auf den Zeitraum der Stillegung vom 11. Juli 2000 bis 09. Februar 2001, sondern richte sich allein gegen die Gleichsetzung der Saisonzulassung mit einer vorübergehenden Stillegung. § 3 b Abs. 1 Satz 7 KraftStG gelte allein für vorübergehende Stillegungszeiten nach § 27 der Straßenverkehrszulassungsverordnung (StVZO) und nicht für eine der Saisonzulassung nach § 23 Abs. 1 b StVZO. Da außerhalb des Betriebszeitraums keine Steuerpflicht bestehe, könne begriffsnotwendig auch kein Verbrauch einer Steuerbefreiung eintreten. Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2002 weist der Kl. darauf hin, dass der angefochtene Bescheid Grundlagenbescheid für die spätere Steuerfestsetzung sei und deshalb mit der Klage eine Beschwer geltend gemacht werde. Zudem sei der Bescheid mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen gewesen. Die Ausweitung des § 3 b Abs. 1 Satz 7 KraftStG durch den Bekl. sei aus Gründen des Gesetzeswortlauts und der Gesetzessystematik fehlerhaft und entspreche auch nicht der Entscheidung des BFH.
Nach einem Hinweis des Berichterstatters auf die in der Zeitschrift Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 236 veröffentlichte Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 31. August 2001 - 14 K 679/98- und Anhörung zu einer Entscheidung des Rechtsstreits durch Gerichtsbescheid hat der Kl. mitgeteilt, dass er auf einer mündlichen Verhandlung bestehe. Der mündige Bürger habe Anspruch darauf, sich auf den Gesetzeswortlaut des § 3 b Abs. 2 KraftStG verlassen zu dürfen. Er erachte es deshalb als Rechtsbeugung, wenn Versäumnisse des Gesetzgebers dadurch kaschiert würden, dass danach gefragt werde, was der Gesetzgeber wirklich gewollt habe. Man vermöge auch den Schluss des Niedersächsischen Finanzgerichts zu § 27 Abs. 6 Satz 2 StVZO nicht nachzuvollziehen. Die Saisonzulassung sei ein Unterfall der Zulassung und nicht der vorübergehenden Stilllegung. Unbeantwortet bleibe auch die Frage, was zu geschehen habe, wenn der Bürger sein neuwertiges Fahrzeug bei der Zulassungsbehörde durch Zerschneiden des Briefes endgültig stilllegen lasse und später nach § 27 Abs. 7 StVZO wieder zulasse. Diese endgültige Stilllegung könne schwerlich als Unterfall einer vorübergehenden Stilllegung angesehen werden und führe deshalb zu einer Verlängerung des Steuerbefreiungszeitraums. Diese Ungleichbehandlung von vorübergehender und endgültiger Stillegung führe erkennbar zu einer Verletzung des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), was zur Folge habe, dass auch eine Anrechnung der Dauer der vorübergehenden Stillegung sowie des zulassungsfreien Zeitraums nicht rechtmäßig sei.
10 
Der Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Diese sei bereits unzulässig, weil bei einer Nullfestsetzung grundsätzlich keine Beschwer bestehe. Die Steuer werde nach Ablauf der Steuerbefreiung durch besonderen Bescheid neu festgesetzt. Die Klage sei zudem unbegründet. In seinem Urteil vom 12. Juni 2001 habe der BFH entschieden, dass es für die Berechnung nicht darauf ankomme, ob das Fahrzeug ununterbrochen angemeldet sei. Damit habe der BFH auch ausgedrückt, dass es auf die Art der Zulassung und damit auch auf die Frage, ob ein Saisonkennzeichen erteilt ist, nicht ankomme.
13 
In der mündlichen Verhandlung am 15. Januar 2004 hat der Berichterstatter die Beteiligten darauf hingewiesen, dass auch dann, wenn die Nichtbetriebszeiten bei einem Saisonkennzeichen nicht als Unterfall einer vorübergehenden Stillegung angesehen würden, im Hinblick auf den Normzweck, die Verweisung auf die Jahressteuersätze nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 a KraftStG und die Gesetzgebungsmaterialien eine Abweisung der Klage in Betracht komme.
14 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Kraftfahrzeugsteuerakte des Bekl. und die Niederschrift der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Klage ist mit den obigen Anträgen zulässig.
16 
Der Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 01. August 2003 hat den ursprünglich angegriffenen Bescheid vom 19. Februar 2001 und die Einspruchsentscheidung vom 26. März 2002 ersetzt, soweit der Kl. diese mangels Gewährung einer längeren Steuerbefreiung angegriffen hat, und ist somit nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens geworden. § 68 FGO verlangt keine inhaltliche Einwirkung des ersetzenden oder ändernden Bescheides auf den ursprünglichen Bescheid. Die Vorschrift ist vielmehr schon dann anwendbar, wenn beide Bescheide "dieselbe Steuersache", d.h. dieselben Beteiligten und denselben Besteuerungsgegenstand, betreffen. Die beiden Verwaltungsakte müssen lediglich einen (zumindest teilweise) identischen Regelungsgegenstand haben, damit es zu einem Austausch des Verfahrensgegenstands kommen kann (vgl. BFH, Urt. v. 08. Februar 2001 -VII R 59/99-, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2001, 506). Dementsprechend ist der BFH in der gerade angeführten Entscheidung davon ausgegangen, dass ein nach gesonderter Ablehnung einer Steuerfreistellung nach § 3 KraftStG ergangener Kraftfahrzeugsteuerbescheid diesen im Sinne des § 68 Abs. 1 Satz 1 FGO ersetzt. Nichts Anderes kann hinsichtlich eines Steuerbescheids gelten, der wie hier nach Ablauf einer befristeten Steuerbefreiung nach § 3 b KraftStG die Kraftfahrzeugsteuer festsetzt.
17 
Auch insoweit, als lediglich eine weitere Steuerbefreiung der Sache nach abgelehnt worden ist, fehlt es weder im Hinblick auf den ursprünglich angegriffenen Bescheid noch im Hinblick auf den nunmehr angegriffenen Kraftfahrzeugsteuerbescheid an der notwendigen Beschwer. Denn der Kläger begehrt nicht nur die Aufhebung des Kraftfahrzeugsteuerbescheids, sondern zugleich die Verpflichtung des Bekl. zu der versagten Verlängerung der Steuerbefreiung und macht damit einen sich seiner Ansicht nach aus § 3 b Abs. 1 KraftStG ergebenden Anspruch auf einen begünstigenden Verwaltungsakt geltend. Er hat deshalb eine zulässige Verpflichtungsklage erhoben (vgl. auch das Urteil des BFH v. 12. Juni 2001 a.a.O. S. 615).
18 
Die Klage ist jedoch unbegründet, weil der angegriffene Bescheid rechtmäßig ist und den Kl. daher nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 100 Abs. 1 FGO).
19 
Nach § 3 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 KraftStG ist das Fahrzeug des Kl. ab dem Tage der Erstzulassung am 05. Mai 2000 bis zum 31. Dezember 2005 vorbehaltlich der Sätze 2 bis 7 von der Kraftfahrzeugsteuer befreit. Nach § 3 b Abs. 1 Satz 4 KraftStG wird in den Fällen der Nr. 2 (Vorliegen der Voraussetzungen der Abgasnorm Euro-4 bzw. D-4) bei Antrieb durch Fremdzündungsmotor die befristete Steuerbefreiung nach Satz 3 im Wert von 600,- DM (ab 01. Januar 2002: 306,78 EUR) gewährt. Diese Steuerbefreiung endet nach § 3 b Abs. 1 Satz 7 1. Halbsatz KraftStG, sobald die Steuerersparnis vor dem 01. Januar 2006 auf der Grundlage der Steuersätze gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a in den Fällen der Nr. 2 bei Antrieb durch Fremdzündungsmotor den oben genannten Betrag erreicht hat.
20 
Danach ist die Berechnung der Kraftfahrzeugsteuerbefreiung durch den Bekl. (vgl. dessen Schreiben vom 13. Dezember 2001 - Bl. 6 der Behördenakte), der auf der Grundlage des sich aus § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a KraftStG ergebenden Jahressteuersatzes vom 10,- DM je angefangene 100 cm 3 bei einem Hubraum von 1783 cm 3 (180,- DM Jahressteuer) eine Befreiungsdauer von drei Jahren und 122 Tagen ermittelt und somit das Ende der Steuerbefreiung auf den 03. September 2003 festgesetzt hat, rechtlich nicht zu beanstanden.
21 
Die dem Kl. für das Fahrzeug gewährte Steuerbefreiung ist auch nicht um die Zeiten hinauszuschieben, in denen das Fahrzeug wegen des Saisonkennzeichens nicht auf öffentlichen Straßen in Betrieb gesetzt oder abgestellt werden darf (vgl. § 23 Abs. 1 b StVZO).
22 
Dies ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus § 3 b Abs. 1 Satz 7 2. Halbsatz KraftStG, wonach die Dauer einer vorübergehenden Stillegung bei der Berechnung dieser Beträge nicht berücksichtigt wird. Zwar ist diese Vorschrift dahin auszulegen, dass die Tage der vorübergehenden Stillegung bei der Ermittlung der Dauer der Steuerbefreiung mitgezählt werden und es für die Dauer der Steuerbefreiung nicht darauf ankommt, ob das Fahrzeug, nachdem es erstmals zum Verkehr zugelassen worden ist, ununterbrochen angemeldet ist oder aber vorübergehend stillgelegt wird (vgl. das Urt. d. BFH vom 12. Juni 2001). Außerhalb des Betriebszeitraums (vgl. § 23 Abs. 1 b Satz 1 StVZO) ist ein Fahrzeug mit Saisonkennzeichen - wie der Kl. im Ergebnis zu Recht ausführt - jedoch nicht im Sinne des § 3 b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 KraftStG vorübergehend stillgelegt. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG richten sich die in diesem Gesetz verwendeten Begriffe des Verkehrsrechts, wenn - wie hier - nichts anderes bestimmt ist, nach den jeweils geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften. Eine vorübergehende Stillegung erfolgt nach § 27 Abs. 4 a Nr. 1 und Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 StVZO bei zulassungspflichtigen Fahrzeugen durch Ablieferung des Scheins und Entstempelung des amtlichen Kennzeichens. An diesen Voraussetzungen fehlt es beim Saisonkennzeichen (vgl. Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuerkommentar, § 1 Rn. 63 c (Stand: Dezember 2000) und Oberverwaltungsgericht - OVG- Hamburg, Urt. vom 14. August 2001 - 3 Bf 385/00- JURIS - S. 4). Während der vorübergehenden Stilllegung ist das Fahrzeug zudem nicht mehr i.S.d. § 18 Abs. 1 StVZO zum Verkehr zugelassen, während die Zulassung bei Erteilung eines Saisonkennzeichens auch außerhalb des Betriebszeitraums nicht erlischt (vgl. die Begründung der Bundesregierung zur 23. Verordnung zur Änderung der StVZO vom 12. November 1996 - BGBl I S. 1738 - in Bundesverkehrsblatt 1996, 619 f.; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl. 2003, § 23 Rn. 22 a und OVG Hamburg a.a.O.). Der Verordnungsgeber hat dementsprechend den fälschlicherweise seit Einführung des Saisonkennzeichens durch die 23. Verordnung zur Änderung der StVZO in § 23 Abs. 1 b Satz 1 StVZO verwendeten Begriff des Zulassungszeitraums durch den des Betriebszeitraums ersetzt (vgl. die Begründung der Bundesregierung zu der 32. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 20. Juli 2000 -BGBl I S. 1090- in der Bundesratsdrucksache184/00 S. 83 f.). Der Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts (Urt. v. 31. August 2000 a.a.O.; vgl. auch Bruschke, UVR 2001, 324), wonach das Saisonkennzeichen ein Unterfall der vorübergehenden Stillegung sei, vermag der Senat vor diesem Hintergrund nicht zu folgen.
23 
Die Zeiten außerhalb des Betriebszeitraums führen gleichwohl nicht zu einer Verlängerung der Steuerbefreiung. Dies legt schon der Wortlaut des § 3 b Abs. 1 Satz 7 1. Halbsatz KraftStG nahe, wonach die Steuerbefreiung endet, sobald die Steuerersparnis vor dem 01. Januar 2006 auf der Grundlage der Steuersätze nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a einen bestimmten Betrag erreicht hat. Denn bei diesen Steuersätzen handelt es sich um Jahressteuersätze. Auch der Normzweck spricht für eine solche Auslegung, weil mit der Steuerbefreiung ein Anreiz zum schnellen Umstieg auf schadstoffarme Fahrzeuge geboten werden sollte und hierfür erforderlich ist, dass die steuerlich geförderten emissionsschwachen Fahrzeuge auch tatsächlich am Straßenverkehr teilnehmen. Die Zulassung mit einem Saisonkennzeichen widerspricht dieser Intention, weil in diesem Fall außerhalb des Betriebszeitraums des besonders schadstoffarmen Wagens möglicherweise mit einem weniger emissionsarmen Fahrzeug gefahren wird (vgl. FG Münster, Urt. v. 13. Juli 1999 - 13 K 893/99 -, EFG 1999, 1100 und Niedersächsisches FG, Urt. v. 31. August 2000, a.a.O. S. 237). Aus der betragsmäßigen Erwähnung der Steuerersparnis in § 3 b Abs. 1 KraftStG lässt sich demgegenüber nicht ableiten, dass im Rahmen des § 3 b KraftStG ausnahmslos auf den konkret ersparten Steuerbetrag abzustellen ist. Dies ergibt sich, wie der BFH in seinem Urteil vom 12. Juni 2001 (a.a.O. S. 616) zu Recht ausgeführt hat, daraus, dass der Gesetzgeber das zuvor geltende zeitraumbezogene System der Steuerbefreiung in den §§ 3 e und 3 f KraftStG nicht grundlegend ändern wollte. Nach den Gesetzgebungsmaterialien dient dementsprechend auch die auf Initiative des Bundesrats mit dem Gesetz zur stärkeren Berücksichtigung der Schadstoffemissionen bei der Besteuerung von Personenkraftwagen - KraftStÄndG 1997 - vom 18. April 1997 (BGBl I S. 805) eingefügte ausdrückliche Regelung in § 3 b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 KraftStG lediglich der Klarstellung, dass wie bisher vorübergehende Stillegungen die Dauer der Steuerbefreiung nicht verlängern (so die Stellungnahme des Bundesrates BT-Drucks 13/5360 S. 2 Ziff. 3). Der Gesetzgeber ist somit selbst nicht davon ausgegangen, dass sich ohne eine anderslautende ausdrückliche Regelung der Zeitraum der Steuerbefreiung um Zeiten verlängert, in denen aus anderen Gründen ohnehin keine Kraftfahrzeugsteuer zu zahlen war. Somit greift auch die Argumentation des KL, der Gesetzgeber hätte Saisonkennzeichen ausdrücklich der vorübergehenden Stillegung gleichsetzen müssen, nicht durch.
24 
Bedenken gegen diese Auslegung bestehen entgegen der Auffassung des Kl. auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG. Insbesondere ergibt sich daraus, dass der Kl. eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen vorübergehender und endgültiger Stillegung von Fahrzeugen geltend macht, keine Verstoß der Vorschrift des § 3 b KraftStG insgesamt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.
25 
Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.
26 
Die Revision war zuzulassen, weil die Frage, ob die Zeiten außerhalb des Betriebszeitraums bei einem Fahrzeug mit Saisonkennzeichen zu einer Verlängerung der Steuerbefreiung nach § 3 b Abs. 1 KraftStG führen können, grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat.

Gründe

 
15 
Die Klage ist mit den obigen Anträgen zulässig.
16 
Der Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 01. August 2003 hat den ursprünglich angegriffenen Bescheid vom 19. Februar 2001 und die Einspruchsentscheidung vom 26. März 2002 ersetzt, soweit der Kl. diese mangels Gewährung einer längeren Steuerbefreiung angegriffen hat, und ist somit nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens geworden. § 68 FGO verlangt keine inhaltliche Einwirkung des ersetzenden oder ändernden Bescheides auf den ursprünglichen Bescheid. Die Vorschrift ist vielmehr schon dann anwendbar, wenn beide Bescheide "dieselbe Steuersache", d.h. dieselben Beteiligten und denselben Besteuerungsgegenstand, betreffen. Die beiden Verwaltungsakte müssen lediglich einen (zumindest teilweise) identischen Regelungsgegenstand haben, damit es zu einem Austausch des Verfahrensgegenstands kommen kann (vgl. BFH, Urt. v. 08. Februar 2001 -VII R 59/99-, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2001, 506). Dementsprechend ist der BFH in der gerade angeführten Entscheidung davon ausgegangen, dass ein nach gesonderter Ablehnung einer Steuerfreistellung nach § 3 KraftStG ergangener Kraftfahrzeugsteuerbescheid diesen im Sinne des § 68 Abs. 1 Satz 1 FGO ersetzt. Nichts Anderes kann hinsichtlich eines Steuerbescheids gelten, der wie hier nach Ablauf einer befristeten Steuerbefreiung nach § 3 b KraftStG die Kraftfahrzeugsteuer festsetzt.
17 
Auch insoweit, als lediglich eine weitere Steuerbefreiung der Sache nach abgelehnt worden ist, fehlt es weder im Hinblick auf den ursprünglich angegriffenen Bescheid noch im Hinblick auf den nunmehr angegriffenen Kraftfahrzeugsteuerbescheid an der notwendigen Beschwer. Denn der Kläger begehrt nicht nur die Aufhebung des Kraftfahrzeugsteuerbescheids, sondern zugleich die Verpflichtung des Bekl. zu der versagten Verlängerung der Steuerbefreiung und macht damit einen sich seiner Ansicht nach aus § 3 b Abs. 1 KraftStG ergebenden Anspruch auf einen begünstigenden Verwaltungsakt geltend. Er hat deshalb eine zulässige Verpflichtungsklage erhoben (vgl. auch das Urteil des BFH v. 12. Juni 2001 a.a.O. S. 615).
18 
Die Klage ist jedoch unbegründet, weil der angegriffene Bescheid rechtmäßig ist und den Kl. daher nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 100 Abs. 1 FGO).
19 
Nach § 3 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 KraftStG ist das Fahrzeug des Kl. ab dem Tage der Erstzulassung am 05. Mai 2000 bis zum 31. Dezember 2005 vorbehaltlich der Sätze 2 bis 7 von der Kraftfahrzeugsteuer befreit. Nach § 3 b Abs. 1 Satz 4 KraftStG wird in den Fällen der Nr. 2 (Vorliegen der Voraussetzungen der Abgasnorm Euro-4 bzw. D-4) bei Antrieb durch Fremdzündungsmotor die befristete Steuerbefreiung nach Satz 3 im Wert von 600,- DM (ab 01. Januar 2002: 306,78 EUR) gewährt. Diese Steuerbefreiung endet nach § 3 b Abs. 1 Satz 7 1. Halbsatz KraftStG, sobald die Steuerersparnis vor dem 01. Januar 2006 auf der Grundlage der Steuersätze gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a in den Fällen der Nr. 2 bei Antrieb durch Fremdzündungsmotor den oben genannten Betrag erreicht hat.
20 
Danach ist die Berechnung der Kraftfahrzeugsteuerbefreiung durch den Bekl. (vgl. dessen Schreiben vom 13. Dezember 2001 - Bl. 6 der Behördenakte), der auf der Grundlage des sich aus § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a KraftStG ergebenden Jahressteuersatzes vom 10,- DM je angefangene 100 cm 3 bei einem Hubraum von 1783 cm 3 (180,- DM Jahressteuer) eine Befreiungsdauer von drei Jahren und 122 Tagen ermittelt und somit das Ende der Steuerbefreiung auf den 03. September 2003 festgesetzt hat, rechtlich nicht zu beanstanden.
21 
Die dem Kl. für das Fahrzeug gewährte Steuerbefreiung ist auch nicht um die Zeiten hinauszuschieben, in denen das Fahrzeug wegen des Saisonkennzeichens nicht auf öffentlichen Straßen in Betrieb gesetzt oder abgestellt werden darf (vgl. § 23 Abs. 1 b StVZO).
22 
Dies ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus § 3 b Abs. 1 Satz 7 2. Halbsatz KraftStG, wonach die Dauer einer vorübergehenden Stillegung bei der Berechnung dieser Beträge nicht berücksichtigt wird. Zwar ist diese Vorschrift dahin auszulegen, dass die Tage der vorübergehenden Stillegung bei der Ermittlung der Dauer der Steuerbefreiung mitgezählt werden und es für die Dauer der Steuerbefreiung nicht darauf ankommt, ob das Fahrzeug, nachdem es erstmals zum Verkehr zugelassen worden ist, ununterbrochen angemeldet ist oder aber vorübergehend stillgelegt wird (vgl. das Urt. d. BFH vom 12. Juni 2001). Außerhalb des Betriebszeitraums (vgl. § 23 Abs. 1 b Satz 1 StVZO) ist ein Fahrzeug mit Saisonkennzeichen - wie der Kl. im Ergebnis zu Recht ausführt - jedoch nicht im Sinne des § 3 b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 KraftStG vorübergehend stillgelegt. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG richten sich die in diesem Gesetz verwendeten Begriffe des Verkehrsrechts, wenn - wie hier - nichts anderes bestimmt ist, nach den jeweils geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften. Eine vorübergehende Stillegung erfolgt nach § 27 Abs. 4 a Nr. 1 und Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 StVZO bei zulassungspflichtigen Fahrzeugen durch Ablieferung des Scheins und Entstempelung des amtlichen Kennzeichens. An diesen Voraussetzungen fehlt es beim Saisonkennzeichen (vgl. Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuerkommentar, § 1 Rn. 63 c (Stand: Dezember 2000) und Oberverwaltungsgericht - OVG- Hamburg, Urt. vom 14. August 2001 - 3 Bf 385/00- JURIS - S. 4). Während der vorübergehenden Stilllegung ist das Fahrzeug zudem nicht mehr i.S.d. § 18 Abs. 1 StVZO zum Verkehr zugelassen, während die Zulassung bei Erteilung eines Saisonkennzeichens auch außerhalb des Betriebszeitraums nicht erlischt (vgl. die Begründung der Bundesregierung zur 23. Verordnung zur Änderung der StVZO vom 12. November 1996 - BGBl I S. 1738 - in Bundesverkehrsblatt 1996, 619 f.; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl. 2003, § 23 Rn. 22 a und OVG Hamburg a.a.O.). Der Verordnungsgeber hat dementsprechend den fälschlicherweise seit Einführung des Saisonkennzeichens durch die 23. Verordnung zur Änderung der StVZO in § 23 Abs. 1 b Satz 1 StVZO verwendeten Begriff des Zulassungszeitraums durch den des Betriebszeitraums ersetzt (vgl. die Begründung der Bundesregierung zu der 32. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 20. Juli 2000 -BGBl I S. 1090- in der Bundesratsdrucksache184/00 S. 83 f.). Der Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts (Urt. v. 31. August 2000 a.a.O.; vgl. auch Bruschke, UVR 2001, 324), wonach das Saisonkennzeichen ein Unterfall der vorübergehenden Stillegung sei, vermag der Senat vor diesem Hintergrund nicht zu folgen.
23 
Die Zeiten außerhalb des Betriebszeitraums führen gleichwohl nicht zu einer Verlängerung der Steuerbefreiung. Dies legt schon der Wortlaut des § 3 b Abs. 1 Satz 7 1. Halbsatz KraftStG nahe, wonach die Steuerbefreiung endet, sobald die Steuerersparnis vor dem 01. Januar 2006 auf der Grundlage der Steuersätze nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a einen bestimmten Betrag erreicht hat. Denn bei diesen Steuersätzen handelt es sich um Jahressteuersätze. Auch der Normzweck spricht für eine solche Auslegung, weil mit der Steuerbefreiung ein Anreiz zum schnellen Umstieg auf schadstoffarme Fahrzeuge geboten werden sollte und hierfür erforderlich ist, dass die steuerlich geförderten emissionsschwachen Fahrzeuge auch tatsächlich am Straßenverkehr teilnehmen. Die Zulassung mit einem Saisonkennzeichen widerspricht dieser Intention, weil in diesem Fall außerhalb des Betriebszeitraums des besonders schadstoffarmen Wagens möglicherweise mit einem weniger emissionsarmen Fahrzeug gefahren wird (vgl. FG Münster, Urt. v. 13. Juli 1999 - 13 K 893/99 -, EFG 1999, 1100 und Niedersächsisches FG, Urt. v. 31. August 2000, a.a.O. S. 237). Aus der betragsmäßigen Erwähnung der Steuerersparnis in § 3 b Abs. 1 KraftStG lässt sich demgegenüber nicht ableiten, dass im Rahmen des § 3 b KraftStG ausnahmslos auf den konkret ersparten Steuerbetrag abzustellen ist. Dies ergibt sich, wie der BFH in seinem Urteil vom 12. Juni 2001 (a.a.O. S. 616) zu Recht ausgeführt hat, daraus, dass der Gesetzgeber das zuvor geltende zeitraumbezogene System der Steuerbefreiung in den §§ 3 e und 3 f KraftStG nicht grundlegend ändern wollte. Nach den Gesetzgebungsmaterialien dient dementsprechend auch die auf Initiative des Bundesrats mit dem Gesetz zur stärkeren Berücksichtigung der Schadstoffemissionen bei der Besteuerung von Personenkraftwagen - KraftStÄndG 1997 - vom 18. April 1997 (BGBl I S. 805) eingefügte ausdrückliche Regelung in § 3 b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 KraftStG lediglich der Klarstellung, dass wie bisher vorübergehende Stillegungen die Dauer der Steuerbefreiung nicht verlängern (so die Stellungnahme des Bundesrates BT-Drucks 13/5360 S. 2 Ziff. 3). Der Gesetzgeber ist somit selbst nicht davon ausgegangen, dass sich ohne eine anderslautende ausdrückliche Regelung der Zeitraum der Steuerbefreiung um Zeiten verlängert, in denen aus anderen Gründen ohnehin keine Kraftfahrzeugsteuer zu zahlen war. Somit greift auch die Argumentation des KL, der Gesetzgeber hätte Saisonkennzeichen ausdrücklich der vorübergehenden Stillegung gleichsetzen müssen, nicht durch.
24 
Bedenken gegen diese Auslegung bestehen entgegen der Auffassung des Kl. auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG. Insbesondere ergibt sich daraus, dass der Kl. eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen vorübergehender und endgültiger Stillegung von Fahrzeugen geltend macht, keine Verstoß der Vorschrift des § 3 b KraftStG insgesamt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.
25 
Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.
26 
Die Revision war zuzulassen, weil die Frage, ob die Zeiten außerhalb des Betriebszeitraums bei einem Fahrzeug mit Saisonkennzeichen zu einer Verlängerung der Steuerbefreiung nach § 3 b Abs. 1 KraftStG führen können, grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat.

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