Beschluss vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 2 KO 9/02

Tatbestand

 
In der vom Erinnerungsführer erhobenen Klage ging es um die begünstigte steuerrechtliche Behandlung von Zahlungen, die mit dem Ausscheiden des Erinnerungsführers aus seinem früheren Arbeitsverhältnis zusammenhängen. Es fand zunächst ein erster Rechtsgang vor dem Finanzgericht und dem Bundesfinanzhof (BFH) statt. Nachdem der BFH das Urteil des Finanzgerichts aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückgewiesen hatte, begann dort ein zweiter Rechtsgang. Dort erledigte sich der Rechtsstreit in der Hauptsache. Der Erinnerungsführer war in allen drei Instanzen vom selben Prozessbevollmächtigten vertreten.
Der Erinnerungsführer beantragte im Kostenfestsetzungsantrag, auch für die dritte Instanz eine Prozessgebühr anzusetzen. Der Kostenbeamte lehnte den Antrag mit Hinweis auf § 15 Abs. 1 Satz 2 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) ab. Hiergegen richtet sich die Erinnerung.
Der Erinnerungsführer ist der Ansicht, § 15 Abs. 1 Satz 2 BRAGO greife nicht ein. Die Bestimmung streiche nur für die Fälle die Prozessgebühr, in denen das Verfahren der dritten Instanz lediglich dank § 15 Abs. 1 Satz 1 BRAGO als selbständige kostenrechtliche Angelegenheit behandelt werden dürfe. § 15 Abs. 1 Satz 2 BRAGO schließe eine Prozessgebühr aber dann nicht aus, wenn die dritte Instanz schon aufgrund der allgemeinen Vorschriften der BRAGO als eigenständige kostenrechtliche Angelegenheit behandelt werden müsse. Dies sei im streitigen Verfahren der Fall. Hier ergebe sich schon aus § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO, dass der Prozessbevollmächtigte eine Prozessgebühr auch für die dritte Instanz fordern dürfe. Die dritte Instanz sei nämlich deshalb kostenrechtlich eine selbständige Angelegenheit, weil der Auftrag an den Prozessbevollmächtigten, für die erste Instanz tätig zu werden, durch Erlass des erstinstanzlichen Urteils vom 22. Juli 1999 abgeschlossen worden sei, der Auftrag für die dritte Instanz dem Prozessbevollmächtigten aber erst nach dem zurückweisenden Urteil des BFH vom 24. Januar 2002 habe erteilt werden können. Wegen diesem mehr als zweijährigen Abstand zwischen dem Abschluss der ersten Instanz und dem Beginn der dritten Instanz stehe dem Erinnerungsführer schon wegen § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO eine Prozessgebühr zu, ohne dass die Ausschlussbestimmung des § 15 Abs. 1 Satz 2 BRAGO eingreife .

Entscheidungsgründe

 
Die Erinnerung ist nicht begründet. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers steht für die dritte Instanz keine Prozessgebühr zu. Dies verbietet § 15 Abs. 1 Satz 2 BRAGO.
§ 15 Abs. 1 Satz 2 BRAGO ist ein Teil der Vorschriften, die die BRAGO speziell für Rechtszüge und Rechtsgänge erlassen hat. Geht es also darum, ob dem Prozessbevollmächtigten für die dritte Instanz einer finanzgerichtlichen Auseinandersetzung eine Prozessgebühr zusteht, ist diese Bestimmung auch anzuwenden.
Außerdem teilt der Senat nicht die Auffassung des Erinnerungsführers, im Streitfall ergebe sich schon aus den allgemeinen Vorschriften der BRAGO ein selbständiger Anspruch auf eine Prozessgebühr für die dritte Instanz, ohne dass auf die speziell für Rechtszüge und Rechtsgänge konzipierten Vorschriften in der BRAGO zurückgegriffen werden müsse.
Wird nämlich ein Rechtsanwalt, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist, beauftragt, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, so erhält er nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vorne herein hiermit beauftragt worden wäre (§ 13 Abs. 5 Satz 1 BRAGO). Wäre diese Vorschrift nicht durch die speziell für Rechtszüge und Rechtsgänge geschaffenen Vorschriften der BRAGO ergänzt worden, so könnte der Prozessbevollmächtigte des Erinnerungsführers neben den Gebühren für die erste Instanz weder für die zweite Instanz noch für die dritte Instanz weitere Gebühren erhalten. Denn wenn es die §§ 13 Abs. 2 Satz 2 BRAGO und 15 Abs. 1 BRAGO nicht gäbe, könnte ein Rechtsanwalt für seine Tätigkeit als Prozessbevollmächtigter in einem Rechtsstreit immer nur eine Prozessgebühr erhalten, gleichgültig wie viel Rechtszüge und Rechtsgänge der Rechtsstreit dauert. Denn dann wäre ein Rechtsstreit unabhängig von der Zahl der Instanzen immer nur eine Angelegenheit im Sinne der BRAGO. Der allgemeine kostenrechtliche Begriff der Angelegenheit in der BRAGO geht nämlich sehr weit. Er umfasst jeden einheitlichen Lebensvorgang mit innerem Zusammenhang (Gerold, Schmidt, von Eicken, Madert, BRAGO, 15. Auflage, § 13 Randziffer 5). Streiten sich also die Parteien um die begünstigte steuerrechtliche Behandlung von Zahlungen, die mit dem Ausscheiden des Klägers aus seinem früheren Arbeitsverhältnis zusammenhängen, vor Gericht über mehrere Instanzen hinweg, so wäre dieser Rechtsstreit - gäbe es die Spezialvorschriften des § 13 Abs. 2 Satz 2 BRAGO und des § 15 Abs. 1 BRAGO nicht - eine kostenrechtliche Angelegenheit, für die dem Rechtsanwalt nur einmal eine Gebühr zustünde.
Aus diesen Gründen kann auch § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO im Streitfall dem Prozessbevollmächtigten keine Prozessgebühr für die dritte Instanz gewähren. Denn da der Prozessbevollmächtigte nicht nur in der ersten Instanz, sondern auch in der zweiten Instanz tätig war, fehlt es an dem in § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO geforderten zweijährigen Abstand. Der Prozessbevollmächtigte wäre dann in derselben kostenrechtlichen Angelegenheit - wenn auch aufgrund dreier Aufträge - kontinuierlich ohne nennenswerte Unterbrechung tätig gewesen.
Dass ein Rechtsanwalt gleichwohl für jeden Rechtszug und für jeden Rechtsgang Gebühren fordern kann, ist somit nur dank der Sondervorschriften des § 13 Abs. 2 Satz 2 BRAGO und des § 15 Abs. 1 BRAGO möglich. Da insbesondere § 15 Abs. 1 Satz 1 BRAGO dem Rechtsanwalt einen gesonderten Gebührenanspruch auch für den zweiten Rechtsgang eröffnet, muss aber auch die gleichzeitig vorgenommene teilweise Einschränkung des Gebührenanspruchs in § 15 Abs. 1 Satz 2 BRAGO beachtet werden. Diese lässt für den zweiten Rechtsgang keine Prozessgebühr für den ersten Rechtszug zu.
10 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Gründe

 
Die Erinnerung ist nicht begründet. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers steht für die dritte Instanz keine Prozessgebühr zu. Dies verbietet § 15 Abs. 1 Satz 2 BRAGO.
§ 15 Abs. 1 Satz 2 BRAGO ist ein Teil der Vorschriften, die die BRAGO speziell für Rechtszüge und Rechtsgänge erlassen hat. Geht es also darum, ob dem Prozessbevollmächtigten für die dritte Instanz einer finanzgerichtlichen Auseinandersetzung eine Prozessgebühr zusteht, ist diese Bestimmung auch anzuwenden.
Außerdem teilt der Senat nicht die Auffassung des Erinnerungsführers, im Streitfall ergebe sich schon aus den allgemeinen Vorschriften der BRAGO ein selbständiger Anspruch auf eine Prozessgebühr für die dritte Instanz, ohne dass auf die speziell für Rechtszüge und Rechtsgänge konzipierten Vorschriften in der BRAGO zurückgegriffen werden müsse.
Wird nämlich ein Rechtsanwalt, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist, beauftragt, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, so erhält er nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vorne herein hiermit beauftragt worden wäre (§ 13 Abs. 5 Satz 1 BRAGO). Wäre diese Vorschrift nicht durch die speziell für Rechtszüge und Rechtsgänge geschaffenen Vorschriften der BRAGO ergänzt worden, so könnte der Prozessbevollmächtigte des Erinnerungsführers neben den Gebühren für die erste Instanz weder für die zweite Instanz noch für die dritte Instanz weitere Gebühren erhalten. Denn wenn es die §§ 13 Abs. 2 Satz 2 BRAGO und 15 Abs. 1 BRAGO nicht gäbe, könnte ein Rechtsanwalt für seine Tätigkeit als Prozessbevollmächtigter in einem Rechtsstreit immer nur eine Prozessgebühr erhalten, gleichgültig wie viel Rechtszüge und Rechtsgänge der Rechtsstreit dauert. Denn dann wäre ein Rechtsstreit unabhängig von der Zahl der Instanzen immer nur eine Angelegenheit im Sinne der BRAGO. Der allgemeine kostenrechtliche Begriff der Angelegenheit in der BRAGO geht nämlich sehr weit. Er umfasst jeden einheitlichen Lebensvorgang mit innerem Zusammenhang (Gerold, Schmidt, von Eicken, Madert, BRAGO, 15. Auflage, § 13 Randziffer 5). Streiten sich also die Parteien um die begünstigte steuerrechtliche Behandlung von Zahlungen, die mit dem Ausscheiden des Klägers aus seinem früheren Arbeitsverhältnis zusammenhängen, vor Gericht über mehrere Instanzen hinweg, so wäre dieser Rechtsstreit - gäbe es die Spezialvorschriften des § 13 Abs. 2 Satz 2 BRAGO und des § 15 Abs. 1 BRAGO nicht - eine kostenrechtliche Angelegenheit, für die dem Rechtsanwalt nur einmal eine Gebühr zustünde.
Aus diesen Gründen kann auch § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO im Streitfall dem Prozessbevollmächtigten keine Prozessgebühr für die dritte Instanz gewähren. Denn da der Prozessbevollmächtigte nicht nur in der ersten Instanz, sondern auch in der zweiten Instanz tätig war, fehlt es an dem in § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO geforderten zweijährigen Abstand. Der Prozessbevollmächtigte wäre dann in derselben kostenrechtlichen Angelegenheit - wenn auch aufgrund dreier Aufträge - kontinuierlich ohne nennenswerte Unterbrechung tätig gewesen.
Dass ein Rechtsanwalt gleichwohl für jeden Rechtszug und für jeden Rechtsgang Gebühren fordern kann, ist somit nur dank der Sondervorschriften des § 13 Abs. 2 Satz 2 BRAGO und des § 15 Abs. 1 BRAGO möglich. Da insbesondere § 15 Abs. 1 Satz 1 BRAGO dem Rechtsanwalt einen gesonderten Gebührenanspruch auch für den zweiten Rechtsgang eröffnet, muss aber auch die gleichzeitig vorgenommene teilweise Einschränkung des Gebührenanspruchs in § 15 Abs. 1 Satz 2 BRAGO beachtet werden. Diese lässt für den zweiten Rechtsgang keine Prozessgebühr für den ersten Rechtszug zu.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

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