Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 6 K 217/03

Tatbestand

 
(Überlassen von Datev)
Streitig ist, ob zwei unverzinsliche Darlehen der Gesellschafter mit dem Barwert als niedrigeren Teilwert angesetzt werden können.
Zwischen den Klägern (Kl) und der ... GmbH besteht seit dem 01.01.1991 eine Betriebsaufspaltung. Gesellschafter der Besitzgesellschaft sind die Kl, Herr ... (Kapitalkonto am 1.1.1991 DM 992.013) und Herr ... (Kapitalkonto 1.1.1991 DM 1.367.113). Gesellschafter der Betriebsgesellschaft "... GmbH" sind die Herren ... (DM 50.000)... (DM 26.000) und ... (DM 24.000).
Im Zuge der Betriebsaufspaltung hatten die Kl der Betriebsgesellschaft neben dem Stammkapital jeweils Darlehen in Höhe von DM 131.280,- (...) und DM 517.183,- (...) zu einem Zinssatz in Höhe von 8 v.H. (ab 1.1.1996 zu 5,5 v.H.) überlassen. Die Kl konnten über diese jederzeit ganz oder teilweise verfügen und sie konnten sie auch jederzeit aufstocken. Ab dem 1.1.1997 wurden aufgrund des Nachtragsvertrages vom 20.12.1996 die Darlehen nicht mehr verzinst. Auf den Betriebsüberlassungsvertrag vom 1.1.1991 und die Nachträge wird verwiesen.
Zum 3.12.1999 trafen die Kl bezüglich den Darlehenssummen von DM 600.000,- (...) und DM 1.200.000,- (...) eine neue Regelung, in der unter anderem die Unverzinslichkeit der Darlehen und ein Rangrücktritt der Darlehensgeber vereinbart wurde. Außerdem wurde vereinbart, dass die Darlehen von beiden Seiten nur gekündigt werden können, wenn die Gesellschafterversammlung der GmbH zustimmt. Es wurde eine Tilgung der Darlehen in Höhe von DM 30.000 (an ...) bzw. DM 60.000 (an ...) zum 30.6. eines jeden Jahres vereinbart. Die Darlehensgeber haben dagegen die Möglichkeit jederzeit weitere unverzinsliche Darlehen zur Verfügung zu stellen. Sicherheiten wurden keine gestellt. Bezüglich der diese Teilbeträge übersteigenden bisherigen Darlehensbeträge wurde keine neue Vereinbarung getroffen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vereinbarungen vom 3.12.1999 verwiesen.
In der jeweiligen Sonderbilanz der Besitzgesellschaft schrieben die Kl zum 31.12.1999 die Darlehen auf den Teilwert von DM 487.413,70 (...) und DM 851.167,10 (...) ab und machten dementsprechend Sonderbetriebsausgaben in Höhe von DM 356.278,00 (...) und in Höhe von DM 583.072,00 (...) geltend. Die Betriebsgesellschaft hatte in der Bilanz zum 31.12.1999 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Jahresfehlbetrag von DM 1.328.785,10. Der Beklagte lehnte die Teilwertabschreibung der Darlehen bei der Besitzgesellschaft im Bescheid vom 27.8.2001 ab und setzte sie mit dem Nennwert an.
Dagegen legten die Kl am 21.9.2001 Einspruch ein. Zur Begründung tragen sie vor, dass der niedrigere Teilwert anzusetzen sei, da die Darlehen unverzinslich seien und dass dies ein deren Wert mindernder Umstand sei. Die Bewertung von Forderungen der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft habe nach den allgemeinen Grundsätzen wie bei Forderungen zwischen Fremden zu erfolgen. Hier sei auch wegen des Rangrücktritts keine leichtere Durchsetzbarkeit der Forderung durch die Gesellschafterstellung vorhanden, was sonst einer Abschreibung hätte entgegenstehen können. Außerdem seien den Kl keine anderen Vorteile (verdeckte Verzinsung) zugeflossen und die Grundsätze der Rechtsprechung zu unverzinslichen Darlehen an Arbeitnehmer und Handelsvertreter seien ebenfalls nicht anwendbar, weswegen auch deshalb einer Teilwertabschreibung nichts entgegen stehen würde. Darüber hinaus bestehe durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 nach § 6 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 3 a Einkommensteuergesetz (EStG) ein Abzinsungsgebot für Verbindlichkeiten und Rückstellungen. Dieses sei auf die Aktivseite entsprechend zu übertragen und daher auch die Darlehen abzuschreiben.
Das FA wies den Einspruch in der Entscheidung vom 6.6.2003 mit der Begründung zurück, dass keine korrespondierende Bilanzierung von Besitz- und Betriebsgesellschaft bei einer Betriebsaufspaltung zu erfolgen habe, und dass die Bilanzierung von Darlehen an Betriebsangehörige auch dann mit dem Nennbetrag zu erfolgen habe, wenn keine bestimmte Gegenleistung des Darlehensempfängers gegenüberstehe. Diese Grundsätze würden auch gelten, wenn Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, um eine wirtschaftliche Krise zu überwinden, dieser zinslos Darlehen einräumen. Daher habe eine Teilwertabschreibung erst dann zu erfolgen, wenn erkennbar sei, dass die Maßnahme ohne Erfolg geblieben sei. Um solche Darlehen würde es sich hier handeln. Auch ein gedachter Erwerber des ganzen Unternehmens würde den gleichen Betrag wie der ursprüngliche Investor für die Darlehen aufwenden, so dass daher eine Abschreibung der Darlehen nicht zulässig sei.
Mit der Klage vom 4.7.2003 tragen die Kl vor, dass die Argumente des FA nur in Bezug auf Teilwertabschreibungen, die durch die Person des Schuldners bedingt seien, zutreffend seien, nicht aber bei Abschreibungen allein aufgrund der Unverzinslichkeit der Forderung, also Umständen die nicht in der Person des Schuldners liegen würden. Unverzinsliche Forderungen seien unabhängig von der wirtschaftlichen Situation der Betriebsgesellschaft mit ihrem Barwert zu bilanzieren, da sonst je nach wirtschaftlicher Situation der Betriebsgesellschaft die Forderung als "echte" Forderung oder als Beteiligung zu bewerten sei.
10 
Die Kl beantragen,
11 
den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 1999 vom 27.8.2001 und die Einspruchsentscheidung vom 6.6.2003 zu ändern und bei Herrn ... einen Betrag in Höhe von DM 356.278,00 und bei Herrn ... einen Betrag in Höhe von DM 583.072,00 als Sonderbetriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen,
12 
hilfsweise die Revision zuzulassen.
13 
Der Beklagte beantragt,
14 
die Klage abzuweisen,
15 
hilfsweise die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
16 
Er trägt vor, dass bei eigenkapitalersetzenden Darlehen, mit Verzicht auf eine angemessene Verzinsung als Stützungsmaßnahme der Betriebsgesellschaft, eine Teilwertabschreibung abzulehnen sei, solange nicht absehbar sei, dass der Belebungsmaßnahme der Erfolg versagt geblieben ist.
17 
Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen und die übrigen Aktenteile sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19.2.2004 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die zulässige Klage ist unbegründet.
19 
Unverzinsliche Darlehen können nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG mit dem niederen Teilwert angesetzt werden. Grundsätzlich gilt das auch für Darlehen, die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft dieser gewähren, außer diese haben eigenkapitalersetzenden Charakter im Sinne des § 32 a GmbH-Gesetz (GmbHG). Die Gewährung oder das "Stehenlassen" eines Darlehens in der Krise der Kapitalgesellschaft als Eigenkapitalersatz ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und führt eigentlich zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung (Hense/Gandenberger, Beck'sches Handbuch der GmbH, § 8 RN 256). Nach den Urteilen des FG Köln vom 19. November 1998 14 K 7699/96 (EFG 1999, 374-376) und München vom 21. Dezember 2000 10 K 5234/97 (EFG 2001, 485-486, Rev. eingelegt, AZ des BFH IV R 10/01), deren Meinung der Senat teilt, sind diese eigenkapitalersetzenden Darlehen daher nach den gleichen Grundsätzen wie Beteiligungen abzuschreiben, d.h. eine Teilwertabschreibung ist erst dann möglich, wenn aufgrund der weiteren Entwicklung erkennbar ist, dass der Belebungsmaßnahme der Erfolg versagt bleiben wird. Denn eine andere Wertung würde wirtschaftlich vergleichbare Finanzierungsmaßnahmen eines Gesellschafters unterschiedlich behandeln. Bei einem eigenkapitalersetzenden Darlehen treten die üblichen Gesichtspunkte eines Darlehensgebers wie die Erzielung von Zinsgewinnen und die Bonität des Schuldners hinter die gesellschaftlichen Gründe zurück. Es wird bewusst in eine Situation investiert, bei der Eigenkapitalbedarf herrscht und die ohne die gesellschaftliche Motivation bereits bei Darlehenshingabe zu einer Teilwertabschreibung berechtigen würde. Dabei sind alle Finanzierungsmaßnahmen (die Gewährung neuer verzinslicher oder unverzinslicher Darlehen, der Verzicht auf vereinbarte Tilgungen sowie die Umwandlung verzinslicher in unverzinsliche Darlehen usw.) gleich zu beurteilen. Diese Grundsätze gelten gerade auch bei einer Betriebsaufspaltung, da hier wegen der gegenseitigen Verflechtung und Abhängigkeit der Gesellschaften die GmbH eine erhöhte funktionale Bedeutung hat, und der Forderung daher ein anderer Stellenwert als bei fremden Dritten beizumessen ist. Auch ein gedachter Erwerber des gesamten Unternehmens würde deshalb aus diesem Grunde die Forderung mit dem Nominalwert ansetzen.
20 
Der BFH hat in seinem Urteil vom 26. September 1996 IV R 105/94 (Bundessteuerblatt - BStBl - II 1997, 277, 281) an der Rechtsprechung festgehalten, wonach eine verminderte Werthaltigkeit der gegen die Gesellschaft gerichteten Darlehensforderung erst bei Beendigung der Mitunternehmerstellung berücksichtigt wird. Das Imparitätsprinzip komme während des bestehenden Gesellschaftsverhältnisses nicht zur Anwendung. Das gilt in erster Linie für die Teilwertabschreibung wegen der Ungewissheit hinsichtlich der Realisierung der Forderung aber auch wegen der Zinslosigkeit der Forderung.
21 
Die frühere Rechtsprechung (BFH Urteil vom 23. April 1975 I R 236/72, BStBl II 1975, 875), die eine Abschreibung unverzinslicher Darlehensforderungen an Betriebsangehörige und an für den Betrieb tätige Handelsvertreter auf den niedrigeren Teilwert zugelassen hatte, wurde mit Urteil des BFH vom 24. Januar 1990 I R 157/85 (BStBl II 1990, 639) aufgegeben.
22 
Eigenkapitalersetzende Funktion nach § 32 a GmbHG haben Darlehen, wenn Gesellschafter in kritischer Lage der Gesellschaft zur Finanzierung Darlehen gewähren, anstatt Eigenkapital zuzuführen und dies den allgemeinen Grundsätzen kaufmännischer ordnungsgemäßer Unternehmensführung entspricht (Hueck, GmbH-Gesetz, § 32 a RN 41 f.). Für diese eigenkapitalersetzende Funktion spricht z.B. die Kreditunwürdigkeit, die Konkursreife der Gesellschaft, für die Gesellschaft günstige Darlehenskonditionen wie Zinslosigkeit oder die Vereinbarung eines Rangrücktritts (Hueck, § 32 a RN 44 ff; Hense/Gandenberger § 8 RN 214). Die Gewährung des Darlehens kann auch durch "Stehenlassen" erfolgen, d.h. wenn der Gesellschafter sie bei Eintritt der Krise nicht abzieht, obwohl ihm dies zumindest objektiv möglich wäre (BGH vom 14.12.1992, DB 1993, 318, 319; BGH vom 14.6.1993, DB 1993, 1662, 1663). In dem Verfahren, das dem Urteil des BFH vom 6.3.1989 X R 9/86 (BStBl II 1989, 714) zugrunde lag, ging es nur um die zeitliche Inkongruenz der Bilanzierung von Besitz- und Betriebsunternehmen.
23 
Im vorliegenden Fall hatten die Kl die Darlehen bei der Betriebsaufspaltung im Jahre 1991 der Betriebsgesellschaft überlassen. Bis zum 31.12.1999 hatte sich die Ertragslage der GmbH so negativ entwickelt, dass neben den oben genannten Darlehen ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von DM 1.328.785,10 vorhanden war. Die Betriebsgesellschaft befand sich also in einer kritischen Lage. Die Kl haben im Laufe des Jahres 1999 ihre Darlehen nicht nur "stehengelassen" und weiter aufgestockt, was schon zum Vorliegen einer eigenkapitalersetzenden Funktion genügt, da ein Dritter von der Möglichkeit, über die Darlehen zu verfügen, in dieser wirtschaftlichen Situation Gebrauch gemacht hätte bzw. zumindest nicht weiter Geld zugewendet hätte, sondern es wurde sogar bezüglich des größten Teils noch zusätzlich ein neuer Vertrag geschlossen, der die Zinslosigkeit und den Rangrücktritt festschrieb. Dabei wurden Vereinbarungen getroffen, auf die sich fremde Dritte nicht eingelassen hätten. Sicherheiten wurden keine gestellt. Die Kündigung wurde in die freie Entscheidung der Gesellschafterversammlung der Darlehensnehmerin gelegt. Die Darlehen der Kl hatten daher vollumfänglich eine eigenkapitalersetzende Funktion im Sinne des § 32 a GmbHG. Im übrigen kann dahingestellt bleiben, ob die Darlehensverträge vom 3.12.1999 dem unter fremden Dritten Üblichen entsprechen bzw. trotz Tilgungsvereinbarung zu verdeckten Einlagen geführt haben. Eine Teilwertabschreibung lässt sich mit den genannten Vereinbarungen nicht begründen.
24 
Das von den Kl vorgebrachte Argument, unverzinsliche Forderungen seien unabhängig von der wirtschaftlichen Situation der Betriebsgesellschaft mit ihrem Barwert zu bilanzieren, da sonst je nach wirtschaftlicher Situation der Betriebsgesellschaft die Forderung als "echte" Forderung oder als Beteiligung zu bewerten sei, greift nicht. Denn nicht die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft führt zur unterschiedlichen Bewertung der Forderungen, sondern die unterschiedliche Funktion der Forderungen, nämlich deren Eigenkapitalersatz im Sinne von § 32 a GmbHG oder nicht.
25 
Die außerdem von den Kl vorgetragene Auffassung von Hauber/Kiesel (BB 2000, S. 1511 ff), dass wegen des Abzinsungsgebotes von Verbindlichkeiten nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG auch die dazu korrespondierende Forderung abzuschreiben sei, wertet zum einen den eigenkapitalersetzenden Charakter des Darlehens unzutreffend, da dieser zum einen von der Intention des Darlehensgebers bei der Hingabe (s.o.) und vor allem haftungsrechtlich von reinem Fremdkapital abweicht. Zum anderen findet sie darüber hinaus in § 6 EStG keine Grundlage, da der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG bezüglich der Verbindlichkeiten auch den § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG bezüglich der Forderungen neu geregelt hätte, wenn er ein korrespondierendes Abschreibungsgebot für Forderungen hätte einführen wollen.
26 
Ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe des Abzinsungsbetrags scheidet aus den im Urteil des BFH vom 23. April 1979 I R 236/72 (BStBl II 1975, 875) genannten Gründen aus.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
28 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, nach welchen Kriterien im Rahmen einer Betriebsaufspaltung die Abschreibung von unverzinslichen Forderungen zu erfolgen hat, zugelassen. Es ist fraglich, ob § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG wegen der Nichtanwendung des Imparitätsprinzips zu einer Teilwertabschreibung beim Gläubiger der Forderung zwingt.

Gründe

 
18 
Die zulässige Klage ist unbegründet.
19 
Unverzinsliche Darlehen können nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG mit dem niederen Teilwert angesetzt werden. Grundsätzlich gilt das auch für Darlehen, die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft dieser gewähren, außer diese haben eigenkapitalersetzenden Charakter im Sinne des § 32 a GmbH-Gesetz (GmbHG). Die Gewährung oder das "Stehenlassen" eines Darlehens in der Krise der Kapitalgesellschaft als Eigenkapitalersatz ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und führt eigentlich zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung (Hense/Gandenberger, Beck'sches Handbuch der GmbH, § 8 RN 256). Nach den Urteilen des FG Köln vom 19. November 1998 14 K 7699/96 (EFG 1999, 374-376) und München vom 21. Dezember 2000 10 K 5234/97 (EFG 2001, 485-486, Rev. eingelegt, AZ des BFH IV R 10/01), deren Meinung der Senat teilt, sind diese eigenkapitalersetzenden Darlehen daher nach den gleichen Grundsätzen wie Beteiligungen abzuschreiben, d.h. eine Teilwertabschreibung ist erst dann möglich, wenn aufgrund der weiteren Entwicklung erkennbar ist, dass der Belebungsmaßnahme der Erfolg versagt bleiben wird. Denn eine andere Wertung würde wirtschaftlich vergleichbare Finanzierungsmaßnahmen eines Gesellschafters unterschiedlich behandeln. Bei einem eigenkapitalersetzenden Darlehen treten die üblichen Gesichtspunkte eines Darlehensgebers wie die Erzielung von Zinsgewinnen und die Bonität des Schuldners hinter die gesellschaftlichen Gründe zurück. Es wird bewusst in eine Situation investiert, bei der Eigenkapitalbedarf herrscht und die ohne die gesellschaftliche Motivation bereits bei Darlehenshingabe zu einer Teilwertabschreibung berechtigen würde. Dabei sind alle Finanzierungsmaßnahmen (die Gewährung neuer verzinslicher oder unverzinslicher Darlehen, der Verzicht auf vereinbarte Tilgungen sowie die Umwandlung verzinslicher in unverzinsliche Darlehen usw.) gleich zu beurteilen. Diese Grundsätze gelten gerade auch bei einer Betriebsaufspaltung, da hier wegen der gegenseitigen Verflechtung und Abhängigkeit der Gesellschaften die GmbH eine erhöhte funktionale Bedeutung hat, und der Forderung daher ein anderer Stellenwert als bei fremden Dritten beizumessen ist. Auch ein gedachter Erwerber des gesamten Unternehmens würde deshalb aus diesem Grunde die Forderung mit dem Nominalwert ansetzen.
20 
Der BFH hat in seinem Urteil vom 26. September 1996 IV R 105/94 (Bundessteuerblatt - BStBl - II 1997, 277, 281) an der Rechtsprechung festgehalten, wonach eine verminderte Werthaltigkeit der gegen die Gesellschaft gerichteten Darlehensforderung erst bei Beendigung der Mitunternehmerstellung berücksichtigt wird. Das Imparitätsprinzip komme während des bestehenden Gesellschaftsverhältnisses nicht zur Anwendung. Das gilt in erster Linie für die Teilwertabschreibung wegen der Ungewissheit hinsichtlich der Realisierung der Forderung aber auch wegen der Zinslosigkeit der Forderung.
21 
Die frühere Rechtsprechung (BFH Urteil vom 23. April 1975 I R 236/72, BStBl II 1975, 875), die eine Abschreibung unverzinslicher Darlehensforderungen an Betriebsangehörige und an für den Betrieb tätige Handelsvertreter auf den niedrigeren Teilwert zugelassen hatte, wurde mit Urteil des BFH vom 24. Januar 1990 I R 157/85 (BStBl II 1990, 639) aufgegeben.
22 
Eigenkapitalersetzende Funktion nach § 32 a GmbHG haben Darlehen, wenn Gesellschafter in kritischer Lage der Gesellschaft zur Finanzierung Darlehen gewähren, anstatt Eigenkapital zuzuführen und dies den allgemeinen Grundsätzen kaufmännischer ordnungsgemäßer Unternehmensführung entspricht (Hueck, GmbH-Gesetz, § 32 a RN 41 f.). Für diese eigenkapitalersetzende Funktion spricht z.B. die Kreditunwürdigkeit, die Konkursreife der Gesellschaft, für die Gesellschaft günstige Darlehenskonditionen wie Zinslosigkeit oder die Vereinbarung eines Rangrücktritts (Hueck, § 32 a RN 44 ff; Hense/Gandenberger § 8 RN 214). Die Gewährung des Darlehens kann auch durch "Stehenlassen" erfolgen, d.h. wenn der Gesellschafter sie bei Eintritt der Krise nicht abzieht, obwohl ihm dies zumindest objektiv möglich wäre (BGH vom 14.12.1992, DB 1993, 318, 319; BGH vom 14.6.1993, DB 1993, 1662, 1663). In dem Verfahren, das dem Urteil des BFH vom 6.3.1989 X R 9/86 (BStBl II 1989, 714) zugrunde lag, ging es nur um die zeitliche Inkongruenz der Bilanzierung von Besitz- und Betriebsunternehmen.
23 
Im vorliegenden Fall hatten die Kl die Darlehen bei der Betriebsaufspaltung im Jahre 1991 der Betriebsgesellschaft überlassen. Bis zum 31.12.1999 hatte sich die Ertragslage der GmbH so negativ entwickelt, dass neben den oben genannten Darlehen ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von DM 1.328.785,10 vorhanden war. Die Betriebsgesellschaft befand sich also in einer kritischen Lage. Die Kl haben im Laufe des Jahres 1999 ihre Darlehen nicht nur "stehengelassen" und weiter aufgestockt, was schon zum Vorliegen einer eigenkapitalersetzenden Funktion genügt, da ein Dritter von der Möglichkeit, über die Darlehen zu verfügen, in dieser wirtschaftlichen Situation Gebrauch gemacht hätte bzw. zumindest nicht weiter Geld zugewendet hätte, sondern es wurde sogar bezüglich des größten Teils noch zusätzlich ein neuer Vertrag geschlossen, der die Zinslosigkeit und den Rangrücktritt festschrieb. Dabei wurden Vereinbarungen getroffen, auf die sich fremde Dritte nicht eingelassen hätten. Sicherheiten wurden keine gestellt. Die Kündigung wurde in die freie Entscheidung der Gesellschafterversammlung der Darlehensnehmerin gelegt. Die Darlehen der Kl hatten daher vollumfänglich eine eigenkapitalersetzende Funktion im Sinne des § 32 a GmbHG. Im übrigen kann dahingestellt bleiben, ob die Darlehensverträge vom 3.12.1999 dem unter fremden Dritten Üblichen entsprechen bzw. trotz Tilgungsvereinbarung zu verdeckten Einlagen geführt haben. Eine Teilwertabschreibung lässt sich mit den genannten Vereinbarungen nicht begründen.
24 
Das von den Kl vorgebrachte Argument, unverzinsliche Forderungen seien unabhängig von der wirtschaftlichen Situation der Betriebsgesellschaft mit ihrem Barwert zu bilanzieren, da sonst je nach wirtschaftlicher Situation der Betriebsgesellschaft die Forderung als "echte" Forderung oder als Beteiligung zu bewerten sei, greift nicht. Denn nicht die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft führt zur unterschiedlichen Bewertung der Forderungen, sondern die unterschiedliche Funktion der Forderungen, nämlich deren Eigenkapitalersatz im Sinne von § 32 a GmbHG oder nicht.
25 
Die außerdem von den Kl vorgetragene Auffassung von Hauber/Kiesel (BB 2000, S. 1511 ff), dass wegen des Abzinsungsgebotes von Verbindlichkeiten nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG auch die dazu korrespondierende Forderung abzuschreiben sei, wertet zum einen den eigenkapitalersetzenden Charakter des Darlehens unzutreffend, da dieser zum einen von der Intention des Darlehensgebers bei der Hingabe (s.o.) und vor allem haftungsrechtlich von reinem Fremdkapital abweicht. Zum anderen findet sie darüber hinaus in § 6 EStG keine Grundlage, da der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG bezüglich der Verbindlichkeiten auch den § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG bezüglich der Forderungen neu geregelt hätte, wenn er ein korrespondierendes Abschreibungsgebot für Forderungen hätte einführen wollen.
26 
Ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe des Abzinsungsbetrags scheidet aus den im Urteil des BFH vom 23. April 1979 I R 236/72 (BStBl II 1975, 875) genannten Gründen aus.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
28 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, nach welchen Kriterien im Rahmen einer Betriebsaufspaltung die Abschreibung von unverzinslichen Forderungen zu erfolgen hat, zugelassen. Es ist fraglich, ob § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG wegen der Nichtanwendung des Imparitätsprinzips zu einer Teilwertabschreibung beim Gläubiger der Forderung zwingt.

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