Beschluss vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 3 V 23/03

Tatbestand

 
(Überlassen von Datev)
I.
Die Antragstellerin will im vorliegenden Verfahren über einen auf zwischenzeitlich geänderte Bescheide bezogenen Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO erreichen, dass für die Dauer des gegen diese Bescheide - letztlich erfolgreich - geführten Einspruchsverfahrens keine Säumniszuschläge erhoben werden. Im Einzelnen liegt dem folgender Sachverhalt und Verfahrensablauf zugrunde:
A.
Die Antragstellerin betreibt den Handel mit Stahlschrott. Sie wurde für die Veranlagungszeiträume 1993-1995 umsatzsteuerlich zunächst beim Finanzamt geführt, wo sie aufgrund vorangemeldeter Vorsteuer-Überschüsse zunächst für das Kalenderjahr 1993 insgesamt 81.756,57 DM und für das Kalenderjahr 1994 insgesamt 45.541,67 DM erstattet erhielt.
Nachdem das Finanzamt zu der Auffassung gelangt war, dass die Antragstellerin nicht als Unternehmerin anzusehen sei, hat es mit Bescheiden vom 16. Februar 1995 die Umsatzsteuer für die Voranmeldungszeiträume 1993 und 1994 auf 0 DM festgesetzt und die erstatteten Beträge mit Fälligkeit per 27. Februar 1995 wieder zurückgefordert. Hiergegen hat die Antragstellerin Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung (AdV) beantragt. Während eine Entscheidung über den Einspruch zunächst unterblieb, wurde der Antrag auf Gewährung von AdV durch Verfügung vom 29. März 1995 abgelehnt, die anschließend eingelegte Beschwerde blieb unbeschieden.
Der zwischenzeitlich zuständig gewordene Antragsgegner (das Finanzamt - FA-) hat unter dem 12. Februar 1997 die (Jahres-)Umsatzsteuer für 1993 und 1994 ebenfalls auf jeweils 0 DM festgesetzt und die bereits am 27. Februar 1995 fällig gewesenen - aber noch nicht entrichteten - Beträge nochmals angefordert. Auch gegen diese Bescheide hat die Antragstellerin Einspruch eingelegt. Zu einem hierauf bezogenen Antrag auf AdV hat das FA mit Verfügung vom 01.10.1997 in der Weise entschieden, dass AdV nur gegen Sicherheitsleistung gewährt werden könne. Gegen diese Verfügung hat die Antragstellerin ebenfalls Einspruch mit dem Ziel einer AdV ohne Sicherheitsleistung einlegen und diesen damit begründen lassen, dass sie Unternehmerin und daher zum Vorsteuerabzug berechtigt sei; hinsichtlich des ihr vom FA zur Klärung dieser Frage übersandten Fragebogens hat sie in diesem Zusammenhang eine baldige Rücksendung in Aussicht gestellt. Über den Rechtsbehelf gegen die Ablehnung einer vorbehaltslosen AdV hat das FA nicht entschieden.
Nachdem die Behörde im Verlauf des betreffend die USt-Jahresbescheide vom 12. Februar 1997 geführten Einspruchsverfahrens zu der Erkenntnis gelangt war, dass die Antragstellerin die Mindestanforderungen für die Anerkennung der Unternehmereigenschaft erfülle, änderte sie unter dem 11. Mai 1998 die Umsatzsteuer-Bescheide 1993-1995, wobei sie die Umsatzsteuer nunmehr erklärungsgemäß auf die folgenden Beträge herabsetzte:
für 1993 auf
./.
81.712 DM,
für 1994 auf
./. 58.037 DM und
für 1995 auf
./. 5.960 DM
Die wegen Nichtentrichtung der am 27. Februar 1995 fälligen gewordenen - und nicht ausgesetzten - Umsatzsteuer-Schulden für 1993 und 1994 entstandenen Säumniszuschläge hat das FA in folgender Höhe ermittelt, ohne dass die Antragstellerin dagegen rechnerische Einwendungen erhoben hätte:
Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 1. Vierteljahr
5.852 DM
1993
Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer Juni 1993
6.650 DM
Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 3. Vierteljahr
7.638 DM
1993
Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 4. Vierteljahr 10.830 DM
1993
Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 1. Vierteljahr 16.264 DM
1994
Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 2. Vierteljahr
988 DM
1994
10 
Mit einem Teil dieser in rechtlicher Hinsicht zwischen den Beteiligten umstrittenen Säumniszuschläge hat das FA gegen die auf den Bescheiden vom 11. Mai 1998 beruhenden Erstattungsansprüche der Antragstellerin aufgerechnet; hinsichtlich der hierfür nicht erforderlichen Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das 4. Vierteljahr 1993 sowie das 1. und 2. Vierteljahr 1994 - insgesamt 27.786,54 DM - hat es die Antragstellerin erneut zur Zahlung aufgefordert. Die Einzelheiten sind aus dem sich an die jeweiligen Festsetzungen der Umsatzsteuer 1993-1995 anschließenden - auf den 24. April 1998 bezogenen - Abrechnungen ersichtlich, auf die verwiesen wird.

Entscheidungsgründe

 
B.
11 
Die auf Erhebung von Säumniszuschlägen für die Dauer von März 1995 bis Mai 1998 bezogene Auseinandersetzung zwischen den Prozessbeteiligten nahm sodann zunächst folgenden Verlauf:
12 
Mit Schreiben vom 28. Mai 1998 ließ die Antragstellerin Einspruch gegen die Bescheide vom 11. Mai 1998 einlegen, wobei sie klarstellte, dass sich der Einspruch gegen "sämtliche festgesetzten Säumniszuschläge und Zinsen" richte. Zur Begründung stützte sie sich darauf, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine AdV bereits bei Fälligkeit der auf den - später korrigierten - Bescheiden vom 16. Februar 1995 beruhenden Nachforderungen erfüllt gewesen seien. Die Festsetzung der Säumniszuschläge sei deshalb nicht gerechtfertigt. Jedenfalls verstoße aber deren Erhebung für die Zeit bis zur Aufhebung der unrichtigen Bescheide gegen das Übermaßverbot. Aus diesem Grunde sei der Erlass der "festgesetzten Säumniszuschläge" geboten, was hilfsweise beantragt wurde.
13 
Mit Schreiben vom 7. September 1998 wies das FA die Antragstellerin darauf hin, dass Säumniszuschläge nicht festgesetzt worden, sondern kraft Gesetzes entstanden seien, weshalb ein Einspruch insoweit nicht gegeben sei. Über Einwendungen gegen das Entstehen und die Höhe der Säumniszuschläge könne auf Antrag durch Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO-) entschieden werden, der mit dem Einspruch anfechtbar sei. In Abrechnungsbescheiden könne auch über die Wirksamkeit der von der Antragstellerin beanstandeten Aufrechnungen befunden werden; die Aufrechnungen selbst jedoch seien in Ausübung rechtsgeschäftlicher Gestaltungsrechte erfolgt und unterlägen keinen Rechtsbehelfen. Nicht im Rahmen eines Abrechnungsbescheids überprüft werden könne hingegen die Frage, ob im Zeitpunkt der Fälligkeit von Steuernachforderungen die Voraussetzungen für eine AdV vorgelegen habe. Weiter wies die Behörde darauf hin, dass nach den gesetzlichen Regelungen grundsätzlich auch während eines anhängigen AdV-Verfahrens Säumniszuschläge entstünden, wenn fällige Zahlungen nicht geleistet werden. Zu einer abschließenden Entscheidung über den Antrag auf Erlass der Säumniszuschläge sah sie sich noch nicht in der Lage, bat indessen die Antragstellerin insoweit um Stellungnahme.
14 
In einem weiteren Schreiben vom 18.11.1999 bezifferte das FA die zum 27.02.1995 fällig gewesenen Umsatzsteuerbeträge sowie die wegen Nichtzahlung dieser Beträge bis zum 27.04.1998 verwirkten Säumniszuschläge, führte aus, dass ein Teilbetrag dieser Säumniszuschläge durch Aufrechnung eingezogen worden sei, vertrat die Auffassung, dass lediglich ein hälftiger Erlass der Säumniszuschläge ermessensgerecht sei, weshalb noch 3.675,54 DM zu zahlen seien, und bat den Bevollmächtigten der Antragstellerin abschließend innerhalb eines Monats um Mitteilung, ob er mit der vorgeschlagenen Erledigung des Erlassantrags und des Einspruchs einverstanden ist. In einem Schreiben vom 15.02.2000 nahm der Bevollmächtigte der Antragstellerin nochmals aus seiner Sicht zur Sach- und Rechtslage Stellung und bat abschließend um Erlass bzw. Niederschlagung der gesamten Säumniszuschläge; mit einem hälftigen Erlass könne sich seine Mandantin nicht einverstanden erklären.
15 
Daraufhin wies das FA den Einspruch der Antragstellerin wegen Säumniszuschlägen zur Umsatzsteuer durch Entscheidung vom 13. März 2000 zurück. Dieser sei teilweise unzulässig, nämlich insoweit, als er sich dagegen richte, dass Säumniszuschläge durch Verrechnung mit Steuerguthaben eingezogen worden sind; über die Wirksamkeit der Aufrechnung könne nur in einem Verfahren nach § 218 Abs. 2 AO entschieden werden. Zulässig, aber unbegründet sei der Rechtsbehelf, soweit mit ihm das mit den Umsatzsteuer-Bescheiden verbundene Leistungsgebot bezüglich der Säumniszuschläge angefochten worden sei; mit Einwendungen hinsichtlich des Entstehens oder der Höhe von Abgaben könne ein Rechtsbehelf gegen ein Leistungsgebot nicht begründet werden. Abschließend wies das FA darauf hin, dass über den Antrag auf Erlass der Säumniszuschläge nicht in der Einspruchsentscheidung zu entscheiden gewesen sei, hierüber vielmehr gesondert entschieden werde.
16 
Mit Verwaltungsakt ebenfalls vom 13. März 2000 entschied die Behörde über den Antrag auf Erlass von Säumniszuschlägen dahingehend, dass lediglich die Hälfte der verwirkten Säumniszuschläge erlassen, die andere Hälfte hingegen nicht erlassen werde; ein als Einspruch bezeichneter Rechtsbehelf gegen diese Regelung ist nach Aktenlage nicht eingelegt worden.
17 
Am 14. April 2000 erhob die Antragstellerin Klage mit dem Begehren, die Umsatzsteuer-Bescheide für 1993, 1994 und 1995, jeweils vom 11. Mai 1998, in Form der Einspruchsentscheidung vom 13. März 2000 insoweit aufzuheben, als sie die Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 1993-1995 betreffen; Ablichtungen dieser Steuerverwaltungsakte waren der Klageerhebung beigefügt. Unter Darlegung des der Klageerhebung vorausgegangenen Sachverhalts begehrte die Antragstellerin (mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 19. Juli 2000), das FA zu verurteilen, an sie die sich ohne Berücksichtigung der Aufrechnungen aus den Bescheiden vom 11. Mai 1998 ergebenden Steuer- und Zinsguthaben auszubezahlen, da die vorgenommenen Verrechnungen rechtswidrig gewesen seien. Säumniszuschläge seien nicht angefallen, jedenfalls aber in vollem Umfang zu erlassen. Zur weiteren Begründung wiederholte sie - auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 19. Juli 2000 - ihre bereits in dem der Klageerhebung vorausgegangenen Einspruchsverfahren vorgetragene Argumentation. Das Verfahren ist beim erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen 3 K 84/00 anhängig gewesen.
18 
Erstmals mit ihrem - am 21. März 2003 beim Finanzgericht eingegangenen - Antrag auf mündliche Verhandlung gegen den vorausgegangenen Gerichtsbescheid (vom 17. Februar 2003) machte die Antragstellerin nunmehr auch den Erlass der Säumniszuschläge zum Gegenstand ihres Klagebegehrens. Zur Begründung der Zulässigkeit dieser Klageerweiterung führte sie aus, dass über die Ablehnung des Erlasses der zweiten Hälfte der Säumniszuschläge bereits in der als Verwaltungsakt anzusehenden Äußerung des FA vom 18.11.1999 - ohne Rechtsbehelfsbelehrung - entschieden worden sei. Dagegen habe sie in dem darauf bezogenen Schreiben vom 15.02.2000, jedenfalls aber im Rahmen der mit Schriftsatz vom 19.07.2000 beim Finanzgericht eingereichten Klagebegründung Einspruch erhoben. Nachdem das FA über diesen Rechtsbehelf innerhalb angemessener Frist nicht entschieden habe, seien diesbezüglich die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 FGO erfüllt und sei die Einbeziehung der danach zulässigen Klage in das laufende Verfahren sachdienlich. Die Klage sei insofern auch begründet, da der volle Erlass der festgesetzten Säumniszuschläge geboten gewesen sei; die AdV habe rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Erlasses der Umsatzsteuerbescheide gewährt werden müssen.
19 
Der Senat wies die Klage mit der Begründung ab, dass die angefochtenen Verwaltungsakte vom 11. Mai 1998 Regelungen zu den auf die Umsatzsteuer 1993-1995 bezogenen Säumniszuschlägen nur insofern träfen, als sie diesbezüglich Leistungsgebote im Sinne des § 254 Abs. 1 Satz 1 AO enthielten. Insofern sei die zulässige Klage unbegründet, da - wie das FA zutreffend ausgeführt habe - Leistungsgebote nicht mit Einwendungen hinsichtlich des Entstehens und der Rechtmäßigkeit der darin geltend gemachten Abgabenforderungen angefochten werden könnten. Soweit die Antragstellerin ihre Klage mit dem Ziel eines Erlasses von Säumniszuschlägen erweitert habe, liege darin eine unzulässige Klageänderung, weil hinsichtlich dieses Begehrens mangels einer rechtzeitigen Anfechtung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung die Sachentscheidungsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. Der von der Antragstellerin postulierten Beurteilung der Schriftsätze ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Februar und 19. Juli 2000 als Einspruch gegen die einen Erlass der Säumniszuschläge teilweise ablehnende Entscheidung des FA folgte der Senat dabei nicht. Wegen aller Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des - rechtskräftig gewordenen - Urteils vom 09. April 2003 Bezug genommen.
C.
20 
Im Verlauf des vorgenannten finanzgerichtlichen Verfahrens (3 K 84/00) hat die Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 31. März 2003 beantragt, die zur Umsatzsteuer 1993, 1994 und 1995 ergangenen Vorauszahlungsbescheide vom 16.02.1995 und Jahresbescheide vom 12.02.1997 jeweils mit Wirkung ab Fälligkeit in vollem Umfang auszusetzen, hilfsweise, das FA zu einer entsprechenden AdV zu verpflichten. Die genannten Bescheide seien mit dem Einspruch angefochten, die Gewährung von AdV mit Bescheid vom 01. Oktober 1997 abgelehnt worden. Der gegen diesen Ablehnungsbescheid eingelegte Einspruch sei bisher nicht verbeschieden worden. Deshalb sei der AdV-Antrag nach § 69 Abs. 3, 4 und 7 FGO zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag sei trotz Hauptsacheerledigung nach wie vor zu bejahen, da er sich auf die Beseitigung noch wirksamer Vollzugsfolgen richte. Werde ihm stattgegeben, so fielen die Säumniszuschläge weg, so dass es auf deren - nur teilweise gewährten - Erlass nicht mehr ankomme. Der Antrag sei auch begründet, da die Behörde seinerzeit zur Vermeidung eines Ermessensfehlers AdV der angegriffenen Bescheide ab Einspruchseinlegung habe gewähren müssen; an ihrer - der Antragstellerin - Unternehmereigenschaft habe es nie einen berechtigten Zweifel geben können.
21 
Die Antragstellerin beantragt,
22 
die Vollziehung der Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für den Monat Juni 1993 und das 1., 3. und 4. Kalendervierteljahr 1993 sowie das 1., 2. und 3. Kalendervierteljahr 1994, jeweils vom 16.02.1995, mit Wirkung ab dem 14.03.1995 sowie die Umsatzsteuerbescheide 1993, 1994 und 1995, jeweils vom 12.02.1997, mit Wirkung vom 14.03.1997 in vollem Umfang auszusetzen, hilfsweise, das FA zu entsprechenden Vollziehungsaussetzungen zu verpflichten.
23 
Das FA beantragt,
24 
den Antrag abzuweisen.
25 
Es weist darauf hin, dass es den Einsprüchen gegen die streitgegenständlichen Bescheide mit Änderungsbescheiden vom 15. Mai 1998 in vollem Umfang entsprochen habe. Dadurch seien die dagegen eingeleiteten Einspruchsverfahren in der Hauptsache erledigt worden und ein Rechtsschutzbedürfnis für ein diesbezügliches Aussetzungsverfahren nach § 69 FGO entfallen. Zugleich sei auch der beim FA anhängig gewesene Rechtsbehelf gegen die Ablehnung der AdV unzulässig geworden. Für das Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO sei dies ohnehin nicht von Belang, da dessen Zulässigkeit ohnehin nicht von einer die Ablehnung der AdV bestätigenden förmlichen Einspruchsentscheidung abhänge. Abgesehen davon sei die Ablehnung der AdV-Anträge auch rechtens gewesen, da aufgrund des seinerzeitigen Kenntnisstands keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Festsetzungen bestanden hätten.
II.
26 
Der Senat versteht die Anträge der Antragstellerin nicht als Aussetzungsbegehren. Die Vollziehung der in ihrem Antrag bezeichneten Bescheide kann nicht mehr ausgesetzt werden, nachdem an deren Stelle die Änderungsbescheide vom 15. Mai 1998 getreten sind. Denn die Aussetzung der Vollziehung wirkt ex nunc. Um eine in die Zukunft gerichtete Suspendierung der zwischenzeitlich geänderten Bescheide geht es der Antragstellerin indessen auch nicht. Sie will vielmehr die kraft Gesetzes (§ 240 AO) eingetretenen Folgen dieser Bescheide beseitigen. Der Beseitigung bereits eingetretener Vollzugsfolgen eines angefochtenen Bescheids - namentlich der während seiner Geltung verwirkten Säumniszuschläge - dient ein Antrag auf Aufhebung der Vollziehung. Das Gericht deutet das Begehren der Antragstellerin in diesem Sinne.
27 
Aber auch bei diesem Auslegungsverständnis kann ihr Begehren keinen Erfolg haben. Im Zeitpunkt der Antragstellung (im Jahr 2003) bestand nämlich keine verfahrensrechtliche Möglichkeit mehr, eine Aufhebung der Vollziehung der bereits 1998 im Sinne der Antragstellerin geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen zu erwirken.
28 
§ 69 Abs. 3 Satz 3 FGO sieht zwar im Hinblick auf bereits vollzogene Verwaltungsakte grundsätzlich die Möglichkeit der Aufhebung der Vollziehung vor. Die Anwendbarkeit des § 69 Abs. 3 FGO setzt jedoch voraus, dass vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird. Dies kann nur während der Geltung des Verwaltungsaktes geschehen, auf den der Antrag bezogen ist. Hat die Behörde einem dagegen gerichteten Einspruch stattgegeben und ist dieser Verwaltungsakt deshalb geändert oder aufgehoben worden, dann besteht kein Bedürfnis mehr für die Einleitung eines Verfahrens zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Die interimistische Befriedungsfunktion hat mit der dem Rechtsbehelf (in vollem Umfang) abhelfenden Entscheidung des FA ihre Bedeutung verloren.
29 
Der Senat verkennt nicht, dass mit der antragsgemäßen Änderung eines mit dem Einspruch angefochtenen Steuerbescheids nicht alle Wirkungen dieses Bescheids entfallen. Namentlich rechtfertigt der Bescheid - soweit nicht seine Vollziehung ausgesetzt war oder aufgehoben wurde - auch weiterhin die Erhebung der auf seiner Grundlage verwirkten Säumniszuschläge. Deshalb kann ein Antragsteller in einem bereits anhängigen Verfahren nach § 69 FGO bei Änderung des streitgegenständlichen Bescheids auch dazu übergehen, nunmehr Aufhebung der Vollziehung zu verlangen und auf diesem Wege die Basis für die bereits verwirkten Säumniszuschläge anzugreifen (so zutreffend das FG Düsseldorf in dem Beschluss vom 22. September 1978 II 174-175/78 A, EFG 1979, 259). Eine andere Frage ist es jedoch, ob nach Aufhebung oder Änderung eines zuvor mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts noch die Einleitung eines Verfahrens nach § 69 FGO mit dem alleinigen Ziel der Beseitigung der in der Vergangenheit kraft Gesetzes eingetretenen Vollzugsfolgen (Säumniszuschläge) zulässig ist. Diese Frage ist nach Ansicht des Senats zu verneinen.
30 
Gegen die Zulässigkeit der Einleitung eines Verfahrens nach § 69 FGO in Bezug auf einen bereits geänderten Steuerbescheid spricht zunächst der Charakter des Antragsverfahrens nach § 69 FGO als selbständiges Nebenverfahren zu einem - bei der Finanzbehörde, dem Finanzgericht oder dem BFH anhängigen - Hauptsacheverfahren.
31 
In die gleiche Richtung weist die Überlegung, dass die Regelung in § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO - insoweit abweichend von § 69 Abs. 2 Satz 7 FGO - die Möglichkeit der Anordnung der Aufhebung der Vollziehung ausdrücklich für den Fall vorsieht, dass der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen war. Die Erwähnung dieses Zeitpunkts hätte sich erübrigt, wäre der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass Aufhebung der Vollziehung von vornherein in Ansehung eines bereits geänderten oder aufgehobenen Verwaltungsakts beantragt werden kann. Und schließlich würde es dem Grundsatz der Fristgebundenheit rechtsschutzbezogener Anträge widersprechen, wenn Aufhebung der Vollziehung eines nicht mehr wirksamen Verwaltungsakts auch noch Jahre nach dessen antragsgemäßer Änderung (erstmals) in einem Verfahren nach § 69 FGO begehrt werden könnte.
32 
Mit dieser Auslegung des § 69 Abs. 3 FGO wird die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes) nicht unzumutbar eingeschränkt. Dieser Garantie ist hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass ein Steuerpflichtiger während der Geltung eines ihn belastenden Verwaltungsakts im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens einen Antrag nach § 69 FGO stellen und in diesem Zusammenhang nach Abs. 3 Satz 3 dieser Vorschrift auch eine Beseitigung bereits eingetretener Vollzugsfolgen erreichen kann. Diese Möglichkeit hatte auch die Antragstellerin. Sie hatte während der Dauer des gegen die Vorauszahlungsbescheide 1993 und 1994 vom 16.02.1995 und die Umsatzsteuerjahresbescheide für 1993 bis 1995 vom 12.02.1997 geführten Einspruchsverfahrens ausreichend Gelegenheit, ihr Begehren auf Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung nach § 69 FGO an das Finanzgericht heranzutragen. Die Voraussetzungen hierzu waren jedenfalls seit der mit Bescheid des FA vom 29.03.1995 erfolgten Ablehnung einer AdV (für 1993 und 1994) gegeben. Vor diesem Hintergrund ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO in einer Weise auszulegen, dass die Vorschrift eine Antragstellung auch noch nach Änderung oder Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts ermöglicht.
33 
Dies ist um so weniger der Fall, als es auch in dem Stadium nach Änderung eines Steuerbescheids noch verfahrensrechtliche Möglichkeiten gibt, die während der Geltung dieses Bescheids entstandenen Säumniszuschläge zu beseitigen. Dies kann nämlich aufgrund eines Antrags auf Erlass der Säumniszuschläge geschehen. Dem dahingehenden Begehren der Antragstellerin hat das FA auch teilweise entsprochen. Soweit das nicht geschehen ist, hätte sie dagegen Klage erheben können. Das hat sie jedoch innerhalb der hierfür gegebenen Frist nicht getan. Wenn sie nunmehr eine gerichtliche Klärung der Frage, ob das FA zu einer Beseitigung der während der Geltung der streitbefangenen Bescheide verwirkten Säumniszuschläge verpflichtet gewesen wäre, nicht mehr herbeiführen kann, ist das nicht auf ein zu enges Verständnis des Regelungsbereichs des § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO zurückzuführen.
34 
Auch der Hilfsantrag hat keinen Erfolg. Ein auf die Verpflichtung der Finanzbehörde gerichteter Antrag auf Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung ist aufgrund der Regelung des § 69 Abs. 7 FGO ausgeschlossen. Insbesondere kann seit dem Inkrafttreten dieser Regelung durch das Grenzpendlergesetz vom 21.12.1992 (BGBl. I 2109) nach einer durch Einspruchsentscheidung bestätigten behördlichen Ablehnung einer AdV hiergegen keine (Verpflichtungs-)Klage mehr erhoben werden. Insofern geht auch der Hinweis der Antragstellerin auf § 46 FGO (vgl. Seite 5 ihres Schriftsatzes vom 31.03.2003) ins Leere. Sie war nicht erst nach Ablauf eines halben Jahres seit Einlegung ihrer Einsprüche gegen die Ablehnung der AdV, sondern schon unmittelbar nach dieser Ablehnung befugt, sich mit ihrem Aussetzungs- bzw. Aufhebungsbegehren an das Gericht zu wenden.
III.
35 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
36 
Die Beschwerde wird nach § 128 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Der Senat misst der Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO mit dem Ziel der Aufhebung der Vollziehung (Satz 3 dieser Vorschrift) auch noch gestellt werden darf, nachdem der Bescheid, um dessen Vollziehung es geht, bereits geändert oder aufgehoben ist, grundsätzliche Bedeutung zu.

Gründe

 
B.
11 
Die auf Erhebung von Säumniszuschlägen für die Dauer von März 1995 bis Mai 1998 bezogene Auseinandersetzung zwischen den Prozessbeteiligten nahm sodann zunächst folgenden Verlauf:
12 
Mit Schreiben vom 28. Mai 1998 ließ die Antragstellerin Einspruch gegen die Bescheide vom 11. Mai 1998 einlegen, wobei sie klarstellte, dass sich der Einspruch gegen "sämtliche festgesetzten Säumniszuschläge und Zinsen" richte. Zur Begründung stützte sie sich darauf, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine AdV bereits bei Fälligkeit der auf den - später korrigierten - Bescheiden vom 16. Februar 1995 beruhenden Nachforderungen erfüllt gewesen seien. Die Festsetzung der Säumniszuschläge sei deshalb nicht gerechtfertigt. Jedenfalls verstoße aber deren Erhebung für die Zeit bis zur Aufhebung der unrichtigen Bescheide gegen das Übermaßverbot. Aus diesem Grunde sei der Erlass der "festgesetzten Säumniszuschläge" geboten, was hilfsweise beantragt wurde.
13 
Mit Schreiben vom 7. September 1998 wies das FA die Antragstellerin darauf hin, dass Säumniszuschläge nicht festgesetzt worden, sondern kraft Gesetzes entstanden seien, weshalb ein Einspruch insoweit nicht gegeben sei. Über Einwendungen gegen das Entstehen und die Höhe der Säumniszuschläge könne auf Antrag durch Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO-) entschieden werden, der mit dem Einspruch anfechtbar sei. In Abrechnungsbescheiden könne auch über die Wirksamkeit der von der Antragstellerin beanstandeten Aufrechnungen befunden werden; die Aufrechnungen selbst jedoch seien in Ausübung rechtsgeschäftlicher Gestaltungsrechte erfolgt und unterlägen keinen Rechtsbehelfen. Nicht im Rahmen eines Abrechnungsbescheids überprüft werden könne hingegen die Frage, ob im Zeitpunkt der Fälligkeit von Steuernachforderungen die Voraussetzungen für eine AdV vorgelegen habe. Weiter wies die Behörde darauf hin, dass nach den gesetzlichen Regelungen grundsätzlich auch während eines anhängigen AdV-Verfahrens Säumniszuschläge entstünden, wenn fällige Zahlungen nicht geleistet werden. Zu einer abschließenden Entscheidung über den Antrag auf Erlass der Säumniszuschläge sah sie sich noch nicht in der Lage, bat indessen die Antragstellerin insoweit um Stellungnahme.
14 
In einem weiteren Schreiben vom 18.11.1999 bezifferte das FA die zum 27.02.1995 fällig gewesenen Umsatzsteuerbeträge sowie die wegen Nichtzahlung dieser Beträge bis zum 27.04.1998 verwirkten Säumniszuschläge, führte aus, dass ein Teilbetrag dieser Säumniszuschläge durch Aufrechnung eingezogen worden sei, vertrat die Auffassung, dass lediglich ein hälftiger Erlass der Säumniszuschläge ermessensgerecht sei, weshalb noch 3.675,54 DM zu zahlen seien, und bat den Bevollmächtigten der Antragstellerin abschließend innerhalb eines Monats um Mitteilung, ob er mit der vorgeschlagenen Erledigung des Erlassantrags und des Einspruchs einverstanden ist. In einem Schreiben vom 15.02.2000 nahm der Bevollmächtigte der Antragstellerin nochmals aus seiner Sicht zur Sach- und Rechtslage Stellung und bat abschließend um Erlass bzw. Niederschlagung der gesamten Säumniszuschläge; mit einem hälftigen Erlass könne sich seine Mandantin nicht einverstanden erklären.
15 
Daraufhin wies das FA den Einspruch der Antragstellerin wegen Säumniszuschlägen zur Umsatzsteuer durch Entscheidung vom 13. März 2000 zurück. Dieser sei teilweise unzulässig, nämlich insoweit, als er sich dagegen richte, dass Säumniszuschläge durch Verrechnung mit Steuerguthaben eingezogen worden sind; über die Wirksamkeit der Aufrechnung könne nur in einem Verfahren nach § 218 Abs. 2 AO entschieden werden. Zulässig, aber unbegründet sei der Rechtsbehelf, soweit mit ihm das mit den Umsatzsteuer-Bescheiden verbundene Leistungsgebot bezüglich der Säumniszuschläge angefochten worden sei; mit Einwendungen hinsichtlich des Entstehens oder der Höhe von Abgaben könne ein Rechtsbehelf gegen ein Leistungsgebot nicht begründet werden. Abschließend wies das FA darauf hin, dass über den Antrag auf Erlass der Säumniszuschläge nicht in der Einspruchsentscheidung zu entscheiden gewesen sei, hierüber vielmehr gesondert entschieden werde.
16 
Mit Verwaltungsakt ebenfalls vom 13. März 2000 entschied die Behörde über den Antrag auf Erlass von Säumniszuschlägen dahingehend, dass lediglich die Hälfte der verwirkten Säumniszuschläge erlassen, die andere Hälfte hingegen nicht erlassen werde; ein als Einspruch bezeichneter Rechtsbehelf gegen diese Regelung ist nach Aktenlage nicht eingelegt worden.
17 
Am 14. April 2000 erhob die Antragstellerin Klage mit dem Begehren, die Umsatzsteuer-Bescheide für 1993, 1994 und 1995, jeweils vom 11. Mai 1998, in Form der Einspruchsentscheidung vom 13. März 2000 insoweit aufzuheben, als sie die Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 1993-1995 betreffen; Ablichtungen dieser Steuerverwaltungsakte waren der Klageerhebung beigefügt. Unter Darlegung des der Klageerhebung vorausgegangenen Sachverhalts begehrte die Antragstellerin (mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 19. Juli 2000), das FA zu verurteilen, an sie die sich ohne Berücksichtigung der Aufrechnungen aus den Bescheiden vom 11. Mai 1998 ergebenden Steuer- und Zinsguthaben auszubezahlen, da die vorgenommenen Verrechnungen rechtswidrig gewesen seien. Säumniszuschläge seien nicht angefallen, jedenfalls aber in vollem Umfang zu erlassen. Zur weiteren Begründung wiederholte sie - auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 19. Juli 2000 - ihre bereits in dem der Klageerhebung vorausgegangenen Einspruchsverfahren vorgetragene Argumentation. Das Verfahren ist beim erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen 3 K 84/00 anhängig gewesen.
18 
Erstmals mit ihrem - am 21. März 2003 beim Finanzgericht eingegangenen - Antrag auf mündliche Verhandlung gegen den vorausgegangenen Gerichtsbescheid (vom 17. Februar 2003) machte die Antragstellerin nunmehr auch den Erlass der Säumniszuschläge zum Gegenstand ihres Klagebegehrens. Zur Begründung der Zulässigkeit dieser Klageerweiterung führte sie aus, dass über die Ablehnung des Erlasses der zweiten Hälfte der Säumniszuschläge bereits in der als Verwaltungsakt anzusehenden Äußerung des FA vom 18.11.1999 - ohne Rechtsbehelfsbelehrung - entschieden worden sei. Dagegen habe sie in dem darauf bezogenen Schreiben vom 15.02.2000, jedenfalls aber im Rahmen der mit Schriftsatz vom 19.07.2000 beim Finanzgericht eingereichten Klagebegründung Einspruch erhoben. Nachdem das FA über diesen Rechtsbehelf innerhalb angemessener Frist nicht entschieden habe, seien diesbezüglich die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 FGO erfüllt und sei die Einbeziehung der danach zulässigen Klage in das laufende Verfahren sachdienlich. Die Klage sei insofern auch begründet, da der volle Erlass der festgesetzten Säumniszuschläge geboten gewesen sei; die AdV habe rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Erlasses der Umsatzsteuerbescheide gewährt werden müssen.
19 
Der Senat wies die Klage mit der Begründung ab, dass die angefochtenen Verwaltungsakte vom 11. Mai 1998 Regelungen zu den auf die Umsatzsteuer 1993-1995 bezogenen Säumniszuschlägen nur insofern träfen, als sie diesbezüglich Leistungsgebote im Sinne des § 254 Abs. 1 Satz 1 AO enthielten. Insofern sei die zulässige Klage unbegründet, da - wie das FA zutreffend ausgeführt habe - Leistungsgebote nicht mit Einwendungen hinsichtlich des Entstehens und der Rechtmäßigkeit der darin geltend gemachten Abgabenforderungen angefochten werden könnten. Soweit die Antragstellerin ihre Klage mit dem Ziel eines Erlasses von Säumniszuschlägen erweitert habe, liege darin eine unzulässige Klageänderung, weil hinsichtlich dieses Begehrens mangels einer rechtzeitigen Anfechtung der ablehnenden Verwaltungsentscheidung die Sachentscheidungsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. Der von der Antragstellerin postulierten Beurteilung der Schriftsätze ihres Prozessbevollmächtigten vom 15. Februar und 19. Juli 2000 als Einspruch gegen die einen Erlass der Säumniszuschläge teilweise ablehnende Entscheidung des FA folgte der Senat dabei nicht. Wegen aller Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des - rechtskräftig gewordenen - Urteils vom 09. April 2003 Bezug genommen.
C.
20 
Im Verlauf des vorgenannten finanzgerichtlichen Verfahrens (3 K 84/00) hat die Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 31. März 2003 beantragt, die zur Umsatzsteuer 1993, 1994 und 1995 ergangenen Vorauszahlungsbescheide vom 16.02.1995 und Jahresbescheide vom 12.02.1997 jeweils mit Wirkung ab Fälligkeit in vollem Umfang auszusetzen, hilfsweise, das FA zu einer entsprechenden AdV zu verpflichten. Die genannten Bescheide seien mit dem Einspruch angefochten, die Gewährung von AdV mit Bescheid vom 01. Oktober 1997 abgelehnt worden. Der gegen diesen Ablehnungsbescheid eingelegte Einspruch sei bisher nicht verbeschieden worden. Deshalb sei der AdV-Antrag nach § 69 Abs. 3, 4 und 7 FGO zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag sei trotz Hauptsacheerledigung nach wie vor zu bejahen, da er sich auf die Beseitigung noch wirksamer Vollzugsfolgen richte. Werde ihm stattgegeben, so fielen die Säumniszuschläge weg, so dass es auf deren - nur teilweise gewährten - Erlass nicht mehr ankomme. Der Antrag sei auch begründet, da die Behörde seinerzeit zur Vermeidung eines Ermessensfehlers AdV der angegriffenen Bescheide ab Einspruchseinlegung habe gewähren müssen; an ihrer - der Antragstellerin - Unternehmereigenschaft habe es nie einen berechtigten Zweifel geben können.
21 
Die Antragstellerin beantragt,
22 
die Vollziehung der Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für den Monat Juni 1993 und das 1., 3. und 4. Kalendervierteljahr 1993 sowie das 1., 2. und 3. Kalendervierteljahr 1994, jeweils vom 16.02.1995, mit Wirkung ab dem 14.03.1995 sowie die Umsatzsteuerbescheide 1993, 1994 und 1995, jeweils vom 12.02.1997, mit Wirkung vom 14.03.1997 in vollem Umfang auszusetzen, hilfsweise, das FA zu entsprechenden Vollziehungsaussetzungen zu verpflichten.
23 
Das FA beantragt,
24 
den Antrag abzuweisen.
25 
Es weist darauf hin, dass es den Einsprüchen gegen die streitgegenständlichen Bescheide mit Änderungsbescheiden vom 15. Mai 1998 in vollem Umfang entsprochen habe. Dadurch seien die dagegen eingeleiteten Einspruchsverfahren in der Hauptsache erledigt worden und ein Rechtsschutzbedürfnis für ein diesbezügliches Aussetzungsverfahren nach § 69 FGO entfallen. Zugleich sei auch der beim FA anhängig gewesene Rechtsbehelf gegen die Ablehnung der AdV unzulässig geworden. Für das Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO sei dies ohnehin nicht von Belang, da dessen Zulässigkeit ohnehin nicht von einer die Ablehnung der AdV bestätigenden förmlichen Einspruchsentscheidung abhänge. Abgesehen davon sei die Ablehnung der AdV-Anträge auch rechtens gewesen, da aufgrund des seinerzeitigen Kenntnisstands keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Festsetzungen bestanden hätten.
II.
26 
Der Senat versteht die Anträge der Antragstellerin nicht als Aussetzungsbegehren. Die Vollziehung der in ihrem Antrag bezeichneten Bescheide kann nicht mehr ausgesetzt werden, nachdem an deren Stelle die Änderungsbescheide vom 15. Mai 1998 getreten sind. Denn die Aussetzung der Vollziehung wirkt ex nunc. Um eine in die Zukunft gerichtete Suspendierung der zwischenzeitlich geänderten Bescheide geht es der Antragstellerin indessen auch nicht. Sie will vielmehr die kraft Gesetzes (§ 240 AO) eingetretenen Folgen dieser Bescheide beseitigen. Der Beseitigung bereits eingetretener Vollzugsfolgen eines angefochtenen Bescheids - namentlich der während seiner Geltung verwirkten Säumniszuschläge - dient ein Antrag auf Aufhebung der Vollziehung. Das Gericht deutet das Begehren der Antragstellerin in diesem Sinne.
27 
Aber auch bei diesem Auslegungsverständnis kann ihr Begehren keinen Erfolg haben. Im Zeitpunkt der Antragstellung (im Jahr 2003) bestand nämlich keine verfahrensrechtliche Möglichkeit mehr, eine Aufhebung der Vollziehung der bereits 1998 im Sinne der Antragstellerin geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen zu erwirken.
28 
§ 69 Abs. 3 Satz 3 FGO sieht zwar im Hinblick auf bereits vollzogene Verwaltungsakte grundsätzlich die Möglichkeit der Aufhebung der Vollziehung vor. Die Anwendbarkeit des § 69 Abs. 3 FGO setzt jedoch voraus, dass vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird. Dies kann nur während der Geltung des Verwaltungsaktes geschehen, auf den der Antrag bezogen ist. Hat die Behörde einem dagegen gerichteten Einspruch stattgegeben und ist dieser Verwaltungsakt deshalb geändert oder aufgehoben worden, dann besteht kein Bedürfnis mehr für die Einleitung eines Verfahrens zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Die interimistische Befriedungsfunktion hat mit der dem Rechtsbehelf (in vollem Umfang) abhelfenden Entscheidung des FA ihre Bedeutung verloren.
29 
Der Senat verkennt nicht, dass mit der antragsgemäßen Änderung eines mit dem Einspruch angefochtenen Steuerbescheids nicht alle Wirkungen dieses Bescheids entfallen. Namentlich rechtfertigt der Bescheid - soweit nicht seine Vollziehung ausgesetzt war oder aufgehoben wurde - auch weiterhin die Erhebung der auf seiner Grundlage verwirkten Säumniszuschläge. Deshalb kann ein Antragsteller in einem bereits anhängigen Verfahren nach § 69 FGO bei Änderung des streitgegenständlichen Bescheids auch dazu übergehen, nunmehr Aufhebung der Vollziehung zu verlangen und auf diesem Wege die Basis für die bereits verwirkten Säumniszuschläge anzugreifen (so zutreffend das FG Düsseldorf in dem Beschluss vom 22. September 1978 II 174-175/78 A, EFG 1979, 259). Eine andere Frage ist es jedoch, ob nach Aufhebung oder Änderung eines zuvor mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts noch die Einleitung eines Verfahrens nach § 69 FGO mit dem alleinigen Ziel der Beseitigung der in der Vergangenheit kraft Gesetzes eingetretenen Vollzugsfolgen (Säumniszuschläge) zulässig ist. Diese Frage ist nach Ansicht des Senats zu verneinen.
30 
Gegen die Zulässigkeit der Einleitung eines Verfahrens nach § 69 FGO in Bezug auf einen bereits geänderten Steuerbescheid spricht zunächst der Charakter des Antragsverfahrens nach § 69 FGO als selbständiges Nebenverfahren zu einem - bei der Finanzbehörde, dem Finanzgericht oder dem BFH anhängigen - Hauptsacheverfahren.
31 
In die gleiche Richtung weist die Überlegung, dass die Regelung in § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO - insoweit abweichend von § 69 Abs. 2 Satz 7 FGO - die Möglichkeit der Anordnung der Aufhebung der Vollziehung ausdrücklich für den Fall vorsieht, dass der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen war. Die Erwähnung dieses Zeitpunkts hätte sich erübrigt, wäre der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass Aufhebung der Vollziehung von vornherein in Ansehung eines bereits geänderten oder aufgehobenen Verwaltungsakts beantragt werden kann. Und schließlich würde es dem Grundsatz der Fristgebundenheit rechtsschutzbezogener Anträge widersprechen, wenn Aufhebung der Vollziehung eines nicht mehr wirksamen Verwaltungsakts auch noch Jahre nach dessen antragsgemäßer Änderung (erstmals) in einem Verfahren nach § 69 FGO begehrt werden könnte.
32 
Mit dieser Auslegung des § 69 Abs. 3 FGO wird die Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes) nicht unzumutbar eingeschränkt. Dieser Garantie ist hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass ein Steuerpflichtiger während der Geltung eines ihn belastenden Verwaltungsakts im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens einen Antrag nach § 69 FGO stellen und in diesem Zusammenhang nach Abs. 3 Satz 3 dieser Vorschrift auch eine Beseitigung bereits eingetretener Vollzugsfolgen erreichen kann. Diese Möglichkeit hatte auch die Antragstellerin. Sie hatte während der Dauer des gegen die Vorauszahlungsbescheide 1993 und 1994 vom 16.02.1995 und die Umsatzsteuerjahresbescheide für 1993 bis 1995 vom 12.02.1997 geführten Einspruchsverfahrens ausreichend Gelegenheit, ihr Begehren auf Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung nach § 69 FGO an das Finanzgericht heranzutragen. Die Voraussetzungen hierzu waren jedenfalls seit der mit Bescheid des FA vom 29.03.1995 erfolgten Ablehnung einer AdV (für 1993 und 1994) gegeben. Vor diesem Hintergrund ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO in einer Weise auszulegen, dass die Vorschrift eine Antragstellung auch noch nach Änderung oder Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts ermöglicht.
33 
Dies ist um so weniger der Fall, als es auch in dem Stadium nach Änderung eines Steuerbescheids noch verfahrensrechtliche Möglichkeiten gibt, die während der Geltung dieses Bescheids entstandenen Säumniszuschläge zu beseitigen. Dies kann nämlich aufgrund eines Antrags auf Erlass der Säumniszuschläge geschehen. Dem dahingehenden Begehren der Antragstellerin hat das FA auch teilweise entsprochen. Soweit das nicht geschehen ist, hätte sie dagegen Klage erheben können. Das hat sie jedoch innerhalb der hierfür gegebenen Frist nicht getan. Wenn sie nunmehr eine gerichtliche Klärung der Frage, ob das FA zu einer Beseitigung der während der Geltung der streitbefangenen Bescheide verwirkten Säumniszuschläge verpflichtet gewesen wäre, nicht mehr herbeiführen kann, ist das nicht auf ein zu enges Verständnis des Regelungsbereichs des § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO zurückzuführen.
34 
Auch der Hilfsantrag hat keinen Erfolg. Ein auf die Verpflichtung der Finanzbehörde gerichteter Antrag auf Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung ist aufgrund der Regelung des § 69 Abs. 7 FGO ausgeschlossen. Insbesondere kann seit dem Inkrafttreten dieser Regelung durch das Grenzpendlergesetz vom 21.12.1992 (BGBl. I 2109) nach einer durch Einspruchsentscheidung bestätigten behördlichen Ablehnung einer AdV hiergegen keine (Verpflichtungs-)Klage mehr erhoben werden. Insofern geht auch der Hinweis der Antragstellerin auf § 46 FGO (vgl. Seite 5 ihres Schriftsatzes vom 31.03.2003) ins Leere. Sie war nicht erst nach Ablauf eines halben Jahres seit Einlegung ihrer Einsprüche gegen die Ablehnung der AdV, sondern schon unmittelbar nach dieser Ablehnung befugt, sich mit ihrem Aussetzungs- bzw. Aufhebungsbegehren an das Gericht zu wenden.
III.
35 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
36 
Die Beschwerde wird nach § 128 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Der Senat misst der Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO mit dem Ziel der Aufhebung der Vollziehung (Satz 3 dieser Vorschrift) auch noch gestellt werden darf, nachdem der Bescheid, um dessen Vollziehung es geht, bereits geändert oder aufgehoben ist, grundsätzliche Bedeutung zu.

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