Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 6 K 103/99

Tatbestand

 
(Überlassen von Datev)
Streitig ist die Ablehnung einer beantragten Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Klägerin (Klin) ist eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft mit Sitz in ..., die vertreten wird durch den Geschäftsführer ... mit Wohnsitz in ... Die Klin ist Rechtsnachfolgerin der Firma ... GmbH (...) mit Sitz in ...
Die ... war eine beim Amtsgericht ... eingetragene GmbH. Das Kapital wurde am 31.12.1994 von ... und der Fa ... mbH, ..., gehalten. Gegenstand des Unternehmens der ... war die Entwicklung von ... und ... und der Lieferung von ... auf diesen Gebieten.
Mit notariellem Vertrag vom 25. Juni 1997 wurden sämtliche Gesellschaftsanteile der bisherigen Gesellschafter zum Kaufpreis von DM 1 an die Klägerin übertragen. Herr ... versicherte im Kaufvertrag, dass die der beigefügten Bilanz zum 31. Dezember 1996 zugrunde gelegten Zahlen richtig und vollständig sind. Er leistete dafür Gewähr, dass ihm keine Umstände bekannt sind, dass der ausgewiesene Kapitalfehlbetrag i.H. von DM 654.381,43 um mehr als +/- 10 % von einem späteren etwa festgestellten Kapitalfehlbetrag abweicht. Auf den Vertrag wird verwiesen.
Anschließend wurde mit Verschmelzungsvertrag vom 31. Juli 1997 die ... auf die Klägerin nach § 2 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) rückwirkend zum 31. Dezember 1996 verschmolzen. Das Vermögen der ... wurde mit der Maßgabe übertragen, dass alle ab dem 31. Dezember 1996 (Verschmelzungsstichtag) abgeschlossenen Geschäfte als für Rechnung der ... GmbH (der Klägerin) abgeschlossen gelten. Nach § 4 des Vertrags wurde der Verschmelzung die Bilanz zum 31. Dezember 1996 der ... zugrunde gelegt. Nach § 5 beschäftigte die Gesellschaft im Zeitpunkt der Verschmelzung keine Arbeitnehmer. Auf die Erstellung eines Verschmelzungsberichts und die Durchführung einer Verschmelzungsprüfung und die Erstellung eines Prüfungsberichtes wurde verzichtet. Der Verschmelzung wurde von beiden Gesellschaften zugestimmt. Der Antrag auf Eintragung der Verschmelzung wurde am 28. August 1997 beim zuständigen Handelsregister eingereicht. Auf den Vertrag wird verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 24. Juli 1997 reichte die ... die Steuererklärungen für das Jahr 1996 nebst Bilanz zum 31. Dezember 1996 und die Gewinn- und Verlustrechnung für 1996 am 13. August 1997 beim Finanzamt ... ein. In dieser Bilanz setzte die ... die aus der Vorjahresbilanz fortentwickelten Buchwerte an. So wurden die Konzessionen, gewerblichen Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten i.H. von DM 2.502 (Vorjahr DM 7.502) aktiviert. Dies wurde wie folgt erläutert:
Softwareprogramme DM
2
ähnliche Rechte und DM
2.500
Werte
Die Entwicklung des Kontos ... - Software Programme - wurde wie folgt beschrieben:
10 
Ansch-/Herst-K DM
7.750
Normal AfA DM
7.748
Buchwerte DM
2
11 
Die Entwicklung des Kontos ...: Ähnliche Rechte und Werte
12 
Ansch-/Herst-K DM
15.000
AfA der Vorjahre DM
7.500
AfA 1996 DM
5.000
Buchwert DM
2.500
13 
Aus dem Anlageverzeichnis ergibt sich:
14 
Konto ...: Softwareprogramme
15 
... Textsystem IBM 9.6.1986 ...
16 
...Textsystem F. Vax 28.2.1986...
17 
Konto ...: Ähnliche Rechte und Werte
18 
Eigentumsrechte ... Programme 2.11.1994
19 
Der Bilanzverlust der ... wurde in Höhe von DM 17.907 ausgewiesen. Die nicht abziehbaren Aufwendungen wurden i.H. von DM 2.369 angegeben und der Verlustvortrag zum 31.12.1995 in Höhe von DM 4.503.906.
20 
Dementsprechend erging durch das Finanzamt ... am 5. September 1997 ein Körperschaftsteuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO, in dem das zu versteuernde Einkommen gem. § 47 Abs. 2 KStG i.H. von DM ./. 15.538 und die Körperschaftsteuer in Höhe von DM 0 festgesetzt wurden. Der verbleibende Verlustabzug wurde mit DM 4.519.444 festgestellt.
21 
Am 30. Juli 1998 reichte die Klägerin beim Finanzamt ... geänderte Erklärungen zur Körperschaftsteuer für 1996, zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1996, eine Gewerbesteuererklärung für 1996 und zur Feststellung des Gewerbeverlustes unter Beifügung einer "Übertragungsbilanz" zum 31. Dezember 1996 sowie einer geänderten Gewinn- und Verlustrechnung ein. In diesen Erklärungen wurde ein Steuerbilanzgewinn i.H. von DM 1.001.555 und ein Gesamtbetrag der Einkünfte i.H. von DM 1.003.924 ausgewiesen. Nach Abzug eines Verlustvortrags in gleicher Höhe wurde das zu versteuernde Einkommen in Höhe von DM 0 angegeben. Der verbleibende Verlustabzug zum 31.12.1996 verminderte sich danach auf DM 3.499.982. Die Summe der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals wurde mit DM ./. 726.063 errechnet. In der Gewerbesteuererklärung wurde der Gewinn i.H. von DM 1.003.924 erklärt.
22 
In dieser "Übertragungsbilanz" wurden folgende Änderungen gegenüber der bisher eingereichten Bilanz zum 31.12.1996 vorgenommen:
23 
Aktiva: "Teilwert" DM bisher DM
... Eigentumsrechte
2.500
2
Software ...
... Software ...
997.500
2.500
... EDV-Anlage ...
20.000
6.497
... Büromaschinen ...
6.000
1.539
... GWG
4.000
0
24 
Daraus ergab sich eine Erhöhung des ausgewiesenen Jahresüberschusses von bisher DM -17.906,12 auf nunmehr DM 1.001.555,88.
25 
Die Steuererklärungen wurden vom Finanzamt ... an den für die Klägerin zuständigen Beklagten weitergeleitet, der mit Schreiben vom 21. August 1998 eine Änderung der Veranlagungen gem. § 164 Abs. 2 AO ablehnte. Nach § 11 Abs. 1 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) könne zwar bei einer Verschmelzung in der Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft statt dem Buchwert ein höherer Wert, höchstens der Teilwert angesetzt werden. Handelsrechtlich sei die übertragende Körperschaft aber zum Ansatz der Buchwerte verpflichtet und dürfe nur dann höhere Werte ansetzen, wenn in früheren Jahren auf ein Wirtschaftsgut außerplanmäßige Abschreibungen vorgenommen worden seien. Solche lägen hier nicht vor. Nach der Auffassung der Steuerverwaltung (BMF-Schreiben vom 25. März 1998, BStBl I 1998, 267, Tz. 11.01) sei wegen der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz gemäß § 5 Abs. 1 EStG auch in der Steuerbilanz kein höherer Wertansatz zulässig. Die Bilanzposten "Konzessionen", "technische Anlagen" sowie "Betriebs-Geschäftsausstattung" könnten in der Übertragungsbilanz nicht aufgestockt werden. Eine Änderung der Veranlagung scheide daher aus.
26 
Gegen die Ablehnung der Änderung der Bescheide legte der Klägervertreter am 25. August 1998 Einsprüche ein. Er trug vor, es sei richtig, dass in der handelsrechtlichen Schlussbilanz i.S. der §§ 238 ff. und 264 ff. HGB der Buchwert angesetzt werden müsse und daher eine Wertaufstockungsmöglichkeit nicht bestehe. Das Wahlrecht gemäß § 11 UmwStG lasse jedoch in der Steuerbilanz der übertragenden Körperschaft eine Werterhöhung zu, unabhängig von dem Wertansatz in der Handelsbilanz. Die Auffassung im Umwandlungssteuererlass vom 25. März 1998 sei eine gesetzwidrige Einschränkung dieses steuerlichen Wahlrechts. Die übertragende Körperschaft entscheide über dieses Wahlrecht mit Blick auf die anfallende Steuerbelastung. Bestünde eine Bindung an die Buchwerte - wie im Handelsrecht gemäß § 17 UmwG - dann würde das in § 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG enthaltene Wahlrecht weitgehend leer laufen und würden Umwandlungen erschweren, statt sie zu erleichtern. Der handelsrechtlich zwingende Ansatz des Buchwertes könne das steuerrechtliche Wahlrecht nicht aufheben, weil das Steuerrecht vorgehe.
27 
Mit Einspruchsentscheidung vom 4. März 1999, auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, wurde der Einspruch zurückgewiesen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG habe die übertragende Körperschaft ein Wahlrecht. Handelsrechtlich gelte § 17 Abs. 2 UmwG mit einer strengen Wertverknüpfung mit Ausnahme der Sonderabschreibungen. Nachdem in § 5 Abs. 1 EStG niedergelegten Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz könnten in der Steuerbilanz nur die fortgeschriebenen Buchwerte angesetzt werden. § 11 Abs. 1 UmwStG stelle keine steuerliche Spezialvorschrift dar, die ein zusätzliches Wahlrecht einräume. Der Umwandlungssteuererlass stelle diese gesetzliche Regelung klar.
28 
Mit der Klage vom 29. März 1999 beantragte der Klägervertreter zunächst nur über die Klage wegen Ablehnung auf Änderung des Körperschaftssteuerbescheides für 1996 gemäß § 164 Abs. 2 AO durch Bescheid vom 5. September 1997 zu entscheiden, das Einkommen im Sinne des § 27 Abs. 2 Nr. 3 KStG (vor Verlustabzug) auf DM 1.003.924 festzustellen und die anderen Teile der Klage ruhen zu lassen. Er trägt vor, der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Handelsrechts für das Steuerrecht in § 5 Abs. 1 EStG komme nicht zur Anwendung, wenn das Steuerrecht hier in § 11 Abs. 1 UmwStG ein Wahlrecht einräume, das mit dem Handelsrecht (hier § 12 UmwStG) nicht übereinstimme. Das UmwStG begünstige die Umstrukturierungsvorgänge durch Verzicht auf die Besteuerung der stillen Reserven bei der übertragenden Kapitalgesellschaft. Das UmwStG ermögliche der übertragenden Gesellschaft, die Besteuerung der stillen Reserven sofort vorzunehmen. Dazu brauche sie nur die stillen Reserven aufzulösen, indem sie die Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert bewerte. Dies lasse § 11 Abs. 1 UmwStG zu. Diese Aufstockung empfehle sich, wenn die übertragende Gesellschaft steuerliche Verlustabzüge besitze, die durch die Aufstockung ausgenutzt werden sollen. Der übernehmende Rechtsträger müsse dann in der Übernahmebilanz stets die Werte des übertragenden Rechtsträgers aus dessen Schlussbilanz fortführen (§ 12 Abs. 1 UmwStG).
29 
Das steuerliche Wahlrecht der übertragenden Gesellschaft aus § 11 Abs. 1 UmwStG habe im Handelsrecht keine Parallele. Würde man bei dieser Rechtslage mit dem Grundsatz der formellen Maßgeblichkeit (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EStG) ernst machen, liefe das steuerliche Wahlrecht leer. Das widerspreche dem Begünstigungszweck des § 11 Abs. 1 Satz 1 UmwStG. Deshalb lege § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG nahe, dass Handels- und Steuerbilanz formell selbständig seien, in denen das Betriebsvermögen nach den Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften des HGB und EStG im Prinzip unabhängig voneinander ausgewiesen werde. Nur wenn handelsrechtlich und steuerrechtlich Wahlrechte übereinstimmen würden, müssten sie einheitlich ausgeübt werden. Für die von der Finanzverwaltung in Tz. 11.01 des UmwSt-Erlasses vertretene Rechtsauffassung gebe es keine gesetzliche Grundlage. Der Klägervertreter verweist auf die folgenden Stimmen in der Literatur: Thiel, GmbH R 1997, 145; Mentel, DStR Beilage Heft17/1998, S. 8; Rödder DStR 1997, 1353; Funke GmbH R 1998, 628; Haritz/Petzold Finanzrundschau 1998, 352; Sagasser/Bula Umwandlungen S. 142; Haritz/Bankert UmwStG S. 274 ff.; Weber-Grellet BB 1997, 653.
30 
Da die Bilanz für 1996 vom Berater bereits am 16. Juni erstellt und am 24. Juli 1997 beim zuständigen Finanzamt eingereicht, der Verschmelzungsvertrag jedoch erst am 31. Juli 1997 abgeschlossen worden sei, habe bei Erstellung der ursprünglichen Bilanz auf 31.12.1996 noch kein Bewertungswahlrecht bestanden. Es sei erst am 30. Juli 1998 ausgeübt worden.
31 
Der Teilwert der Software ... sei zutreffend ausgewiesen worden, wie sich daraus ergebe, dass sich die Umsätze der ...-Geschäfte wie folgt entwickelt hätten:
32 
Jahr Wartung Programmierung Software-Beratung
Pflege Verkauf Lizenzen Hardware-Verkauf
1997
39.600
146.598 430.000
31.547 0
1998
32.617
172.444 256.494
13.820 384.175
1999
27.773
136.022 105.318
14.800 266.519
2000
23.362
134.120 486.581
15.360 683.989
2001
26.002
154.850 394.041
36.070 568.989
33 
Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 29. März, 31. März, 14. Mai, 1. Juni, 7. Juni 1999, 29. Oktober 2002, 15. Januar, 7. April und 22. Dezember 2003 verwiesen.
34 
Die Klägerin änderte in der mündlichen Verhandlung ihr Klagebegehren und beantragt,
35 
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 4. März 1999 und des Bescheides vom 21. August 1998 den Beklagten zu verpflichten, der beantragten Änderung der Bilanz zum 31. Dezember 1996 zuzustimmen.
36 
Der Beklagte beantragt,
37 
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
38 
Er verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung. An dem Prinzip der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz sei in diesem Fall festzuhalten. Die Klägerin habe spätestens mit Abgabe der Steuererklärung für das Jahr 1996 am 13. August 1997 bindend den Buchwertansatz gewählt (UmwSt-Erlass Tz. 20.31). Zu diesem Zeitpunkt - aber wohl auch schon am 24. Juli 1997 - sei die Verschmelzung bekannt gewesen. Eine Bilanzberichtigung scheide aus, da der gewählte Buchwertansatz rechtmäßig gewesen sei. Eine Bilanzänderung gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG sei im Fall der Umwandlung nicht möglich. Die Bilanzänderung dürfe sich nur auf die Bewertung des eigenen Betriebsvermögens beziehen. Auswirkungen auf die Besteuerung anderer - wie im Fall der Umwandlung auf die Bilanz der Muttergesellschaft - seien ausgeschlossen. Es handle sich in diesem Fall um eine unzulässige, rückwirkende Sachverhaltsgestaltung.
39 
Das Verfahren wegen Verlustfeststellungsbescheid 1996, Feststellungsbescheid 1996 gem. § 47 Abs. 2 KStG, Gewerbesteuermessbescheid 1996 und Gewerbesteuerverlustfeststellungsbescheid 1996 wurde mit Zustimmung der Beteiligten mit Beschluss vom 26. November 2003 abgetrennt.

Entscheidungsgründe

 
40 
Die Klage ist begründet.
41 
Die Einspruchsentscheidung und der Bescheid über die Ablehnung einer Bilanzänderung werden aufgehoben. Der Beklagte ist verpflichtet, über den Antrag auf Bilanzänderung erneut zu entscheiden. Er ist nicht verpflichtet, die von der Klägerin gewählten Bilanzansätze ohne Überprüfung zu akzeptieren.
42 
Ergeht ein Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO, kann, solange der Vorbehalt der Nachprüfung wirksam ist, die Steuerfestsetzung jederzeit aufgehoben oder geändert werden (§ 164 Abs. 2 Satz 1 AO). Der Steuerfall bleibt nach allen Seiten offen. Der Vorbehalt der Nachprüfung hindert den Eintritt materieller Bestandskraft. Der Nachprüfungsvorbehalt entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft (§ 164 Abs. 4 Satz 1 AO).
43 
Im vorliegenden Fall ist der Körperschaftsteuerbescheid für 1996 vom 5. September 1997 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen. Die Festsetzung konnte daher bei Antragstellung am 30. Juli 1998 geändert werden.
44 
Der Beklagte bestreitet ein steuerliches Bewertungswahlrecht als Voraussetzung für eine Änderung der Bilanz.
45 
Ist ein Bilanzansatz weder dem Grunde noch der Höhe nach fehlerhaft i.S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG, kann er unter Umständen durch einen anderen, gesetzlich wahlweise zulässigen Ansatz ersetzt werden. Die Bilanz kann auch in der Weise geändert werden, dass sich der Gewinn erhöht (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1975 I R 47/74, BStBl II 1976, 212). Ein solches Wahlrecht ergibt sich aus § 3 Satz 1 und § 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG.
46 
Wird eine GmbH gemäß § 24 i.V. mit § 1 Abs. 1 und § 15 UmwG in der Weise umgewandelt, dass ihr Vermögen unter Ausschluss der Abwicklung auf einen ihrer Gesellschafter übertragen wird (Fall einer verschmelzenden Umwandlung oder up-stream-merger), dann vollzieht sich der Vermögensübergang durch Gesamtrechtsnachfolge. Mit der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Handelsregister ist die bisherige GmbH aufgelöst. Ihr Vermögen einschließlich der Schulden geht auf den Gesellschafter als Gesamtrechtsnachfolger über (§ 24 i.V. mit § 5 UmwG; vgl. BFH-Urteil vom 14. Oktober 1992 I R 17/92, BStBl II 1993, 352).
47 
Die ... wurde gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit § 2 UmwG ohne Abwicklung durch Übertragung des Vermögens auf einen anderen bestehenden Rechtsträger (die Klägerin) aufgelöst. Dazu wurde gemäß § 4 Abs. 1 UmwG ein Verschmelzungsvertrag beschlossen. Auf den Verschmelzungsbericht wurde verzichtet. Es wurde von den Anteilsinhabern gemäß § 13 UmwG die Verschmelzung beschlossen. Die Verschmelzung wurde gemäß § 16 UmwG zum Handelsregister angemeldet. Der Anmeldung wurde gemäß § 17 Abs. 2 UmwG eine Schlussbilanz beigefügt. Für diese Schlussbilanz gelten gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 UmwG die Vorschriften über die Jahresbilanz und deren Prüfung entsprechend. Daher gelten die §§ 252-256, 279-283, 340 e - 340 h HGB. Aufwertungen sind nur im Rahmen der HGB-Vorschriften (§ 253 Abs. 5, § 280 HGB), also bei früheren Sonderabschreibungen zulässig. Im Übrigen müssen die Buchwerte fortgeführt werden (vgl. Müller in Kallmayer, UmwG, Kommentar 2. Auflage, § 17 Rz. 27).
48 
Daraus kann - entgegen der Ansicht des Beklagten - nicht gefolgert werden, dass der Gesetzgeber beabsichtigt habe, die handelsrechtliche und die steuerrechtliche Schlussbilanz nicht auseinanderfallen zu lassen. Nach § 3 Satz 1 UmwStG und nach § 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG kann in der Schlussbilanz für Wirtschaftsgüter ein höherer Wert als der Buchwert angesetzt werden, soweit der Teilwert der Wirtschaftsgüter nicht überschritten wird. Es ist nirgends, nicht einmal in der Regierungsbegründung zum Ausdruck gebracht worden, dass die handelsrechtliche Beschränkung auch für die Steuerbilanz gelten soll. Es handelt sich um ein autonomes steuerliches Wahlrecht, dem ein handelsrechtliches Wahlrecht nicht entspricht. Damit kann die formelle Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) nicht zum Zuge kommen, die für die Inanspruchnahme eines steuerlichen Wahlrechts die übereinstimmende Ausübung in der handelsrechtlichen Jahresbilanz voraussetzt. Das ist nur möglich, wenn ein inhaltlich gleiches handelsrechtliches Wahlrecht besteht. Ist das nicht der Fall - wie im vorliegenden Fall - muss das steuerliche Wahlrecht als lex specialis unabhängig von der Bilanzierung in der handelsrechtlichen Schlussbilanz ausgeübt werden können (Müller in Kallmayer, a.a.O., § 17 Rz. 37; Widmann/Mayer UmwStG, § 3 Rz. 304 m.w.N. und § 11 Rz. 23, S. 374; Schaumburg in Lutter, UmwG, 2. Auflage, Anhang § 122 Rz. 90 und Schaumburg/Rödder, § 11 UmwStG, Rn. 9; Bärwaldt in Haritz/Benkert, UmwStG Komm., § 11 Anm. 10).
49 
Weber-Grellet (Betriebsberater 1997, 653) führt dazu aus, § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG gelte nicht für Wahlrechte des Umwandlungssteuergesetzes, sondern nur für Wahlrechte des Einkommensteuergesetzes. Jedes Gesetz beziehe sich nur auf seinen Regelungsbereich. Der Gesetzgeber hätte zwar die Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG auf Wahlrechte des UmwStG erstrecken können, habe dies aber nicht getan. Eine entsprechende Anwendung komme nicht in Betracht. Es fehle eine Gesetzeslücke i.S. einer planwidrigen Unvollständigkeit. Es gebe auch keine diagonale Maßgeblichkeit zwischen dem handelsrechtlichen Ansatz des Übernehmers und dem steuerrechtlichen Ansatz des Übertragenden. Für eine derartige weitgehende Maßgeblichkeit biete § 5 Abs. 1 EStG keine Rechtsgrundlage. Das Konstrukt einer diagonalen Maßgeblichkeit überschreite Wortlaut, Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 EStG, der nur die Bilanzen des selben Rechtsträgers verbinde.
50 
Lediglich das BMF-Schreiben vom 25. März 1998 (BStBl I 1998, 268 Tz. 11.01) und Müller-Gatermann (Steuerberatung 1998, 106, 108) vertreten die Auffassung, gemäß § 5 Abs. 1 EStG bestehe in der Steuerbilanz eine Bindung an die Handelsbilanz, und in dieser sei von Ausnahmefällen abgesehen, eine Wertaufholung nicht zulässig, so dass das steuerrechtliche Wahlrecht in § 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG praktisch leer laufe.
51 
Dem folgt der Senat nicht. Vielmehr folgt der Senat der vermittelnden Ansicht von Frotscher (Kommentar zum KStG, UmwStG, § 11 Rn. 21). Danach lässt § 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG ein Wahlrecht zu. Allerdings handelt es sich um ein Bewertungswahlrecht und nicht um ein Ansatzwahlrecht (vgl. auch Dehmer, UmwG 2. Auflage, 1996, § 11 Rz. 23). Es besteht also kein Wahlrecht für die Bilanzierung dem Grunde nach. Selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter einschließlich des Firmenwertes dürfen nicht angesetzt werden, da sonst der Ansatz und nicht nur der Wert geändert würde. Das ergibt sich auch aus Tz. 03.07 und Tz. 11.19 des BMF-Schreibens vom 25. März 1998 (s.o.).
52 
Im vorliegenden Fall hat die ... in der Verschmelzungsbilanz im Wesentlichen die Software, die 1994 für DM 15.000 erworben wurde, mit dem angeblichen Teilwert i.H. von DM 997.500 angesetzt. Wegen der übrigen Wertveränderungen wird auf die Verschmelzungsbilanz auf den 31.12.1996 verwiesen.
53 
Der Bekl hatte daher die Möglichkeit einer Bilanzänderung zuzustimmen. Die Ermessensentscheidung des Finanzamts darüber, ob es einer Bilanzänderung zustimmt, ist nur dann rechtswidrig, wenn die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 102 FGO). Das Erfordernis der Zustimmung bezweckt, eine Verzögerung des Besteuerungsverfahrens durch einseitige, schwerwiegende Bilanzänderungen entgegenzuwirken. Einer beantragten Bilanzänderung ist im Allgemeinen zuzustimmen, wenn sich die tatsächlichen Grundlagen, von denen der Steuerpflichtige bei der Ausübung eines (Bewertungs-)Wahlrechts ausgegangen ist, nach Einreichung der Bilanz erheblich verändert haben (BFH-Urteil vom 9. August 1989 X R 110/87, BStBl II 1990, 195).
54 
Im vorliegenden Fall ist nach Einreichung der Bilanz am 13. August 1997 durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590) und der anschließenden weiteren Änderungen des § 27 Abs. 3 UmwStG durch das Gesetz zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997 (BGBl I 1997, 3.121) zweifelhaft geworden, ob Verlustvorträge bei einer Verschmelzung noch möglich sind, wenn die Anmeldung zum Handelsregister nach dem 5. August 1997 erfolgt ist. Unter diesen Umständen ist eine Veränderung der tatsächlichen Umstände eingetreten, die den Antrag auf Änderung der Bilanz nicht missbräuchlich erscheinen lässt. Die Ausübung des Wahlrechts durch die Klägerin ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Änderung des Bilanzansatzes zu einer nachträglichen Veränderung des Sachverhalts führen würde. Durch eine Bilanzänderung können nicht bei der Erfüllung des steuerlichen Tatbestandes ausgeübte Gestaltungsrechte rückgängig gemacht oder beseitigt werden. Demgemäß sind tatsächliche Geschäftsvorfälle, wie die Entnahme eines Wirtschaftsgutes, die Widmung eines Wirtschaftsguts als gewillkürtes Betriebsvermögens und die Anschaffung und Veräußerung von Wirtschaftsgütern einer Bilanzänderung nicht zugänglich (BFH-Urteil vom 9. April 1981 I R 191/77, BStBl II 1981, 620; FG Köln, Urteil vom 5. Februar 1997 10 K 139/91, EFG 1997, 812).
55 
Auch wird nicht die Tatsache einer Gesamtrechtsnachfolge verändert. Durch die Bilanzänderung wird kein unentgeltlicher Erwerb zu einem entgeltlichen Erwerb. Das Wahlrecht hat keinen Einfluss auf Dritte, deren Veräußerungsgewinn oder deren Anschaffungskosten für die Beteiligung verändert würde. Die Klägerin hat als Alleingesellschafterin der ... für diese und für sich selbst die steuerlichen Werte der Schlussbilanz der ... verändert, mit der Folge, dass gemäß § 174 AO die Einlagewerte für die übernommenen Wirtschaftsgüter in ihrer eigenen Bilanz geändert werden müssen. Dagegen bestehen keine Bedenken, weil dies nicht als Veränderung des Tatbestandes anzusehen ist.
56 
Für den Streitfall folgt daraus, dass der Beklagte nicht von vorn herein berechtigt war, die Zustimmung zur Bilanzänderung zu verweigern. Tatsächlich hat der Beklagte sein Ermessen nicht ausgeübt, weil er die Bilanzänderung gemäß § 5 Abs. 1 EStG auf der Grundlage der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz für unzulässig angesehen hat. Die fehlende Ausübung des Ermessens (Ermessensunterschreitung) macht den Verwaltungsakt über die Ablehnung des Antrags auf Bilanzänderung rechtswidrig. Die Aufhebung dieser Entscheidung und der Einspruchsentscheidung besagt jedoch nichts darüber aus, ob die Bilanzänderung in ihren Werten zutreffend ist. Darüber muss jedoch im vorliegenden Verfahren nicht entschieden werden. Der Beklagte hat - von seinem Rechtsstandpunkt ausgehend - die Bilanzansätze bisher nicht geprüft. Prüfen sollte der Beklagte auch, ob sich seine Zuständigkeit aus § 20 Abs. 1 AO ergibt, weil dies im Hinblick auf § 127 AO von Bedeutung sein kann.
57 
Der hilfsweise vorgebrachte Einwand des Beklagten, die Klägerin habe von einem eventuellen Wahlrecht unwiderruflich Gebrauch gemacht, als sie am 24. Juli 1997 die Bilanz mit dem Ansatz der Buchwerte eingereicht hatte, trifft nicht zu. Auch nach Einreichen der Bilanz beim Finanzamt kann der Steuerpflichtige die Bilanz noch ändern, sofern sich die Änderung der Bilanz auf das steuerliche Ergebnis auswirkt, jedoch gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG nur noch mit Zustimmung des Finanzamts (vgl. BFH-Urteil vom 21. Januar 1992 VIII R 72/87, BStBl II 1992, 958). Die ursprünglich eingereichte Bilanz schließt daher die Bilanzänderung nicht aus.
58 
Die Klage hatte mit dem bis zur mündlichen Verhandlung gestellten Antrag nur teilweisen Erfolg, so dass der Senat gem. § 136 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) die bis dahin entstandenen Kosten verhältnismäßig geteilt hat. Die Klage hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrags hatte Erfolg, so dass insoweit der Beklagte die Kosten gemäß § 135 Abs. 1 FGO zu tragen hat.
59 
Der Streitwert bis zur mündlichen Verhandlung war letztlich auf die Verschiebung eines Verlustvortrags gerichtet, dessen steuerliche Auswirkung ungewiss geblieben ist. Der Streitwert wird deshalb auf 10 v.H. des im Streitjahr zu verbrauchenden Verlustvortrags geschätzt, also auf DM 100.392. Der Streitwert nach Einschränkung des Klageantrags auf die Neubescheidung wird gem. § 13 Abs. 1 Satz 2 Gerichtskostengesetz auf DM 8.000 festgesetzt.
60 
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, weil Rechtsprechung zur Maßgeblichkeit der Handelsbilanz im Falle der Verschmelzung bisher nicht zu finden ist und die Auffassungen in der Literatur überwiegend von der Auffassung des Bundesministers der Finanzen abweichen.

Gründe

 
40 
Die Klage ist begründet.
41 
Die Einspruchsentscheidung und der Bescheid über die Ablehnung einer Bilanzänderung werden aufgehoben. Der Beklagte ist verpflichtet, über den Antrag auf Bilanzänderung erneut zu entscheiden. Er ist nicht verpflichtet, die von der Klägerin gewählten Bilanzansätze ohne Überprüfung zu akzeptieren.
42 
Ergeht ein Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO, kann, solange der Vorbehalt der Nachprüfung wirksam ist, die Steuerfestsetzung jederzeit aufgehoben oder geändert werden (§ 164 Abs. 2 Satz 1 AO). Der Steuerfall bleibt nach allen Seiten offen. Der Vorbehalt der Nachprüfung hindert den Eintritt materieller Bestandskraft. Der Nachprüfungsvorbehalt entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft (§ 164 Abs. 4 Satz 1 AO).
43 
Im vorliegenden Fall ist der Körperschaftsteuerbescheid für 1996 vom 5. September 1997 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen. Die Festsetzung konnte daher bei Antragstellung am 30. Juli 1998 geändert werden.
44 
Der Beklagte bestreitet ein steuerliches Bewertungswahlrecht als Voraussetzung für eine Änderung der Bilanz.
45 
Ist ein Bilanzansatz weder dem Grunde noch der Höhe nach fehlerhaft i.S. des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG, kann er unter Umständen durch einen anderen, gesetzlich wahlweise zulässigen Ansatz ersetzt werden. Die Bilanz kann auch in der Weise geändert werden, dass sich der Gewinn erhöht (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1975 I R 47/74, BStBl II 1976, 212). Ein solches Wahlrecht ergibt sich aus § 3 Satz 1 und § 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG.
46 
Wird eine GmbH gemäß § 24 i.V. mit § 1 Abs. 1 und § 15 UmwG in der Weise umgewandelt, dass ihr Vermögen unter Ausschluss der Abwicklung auf einen ihrer Gesellschafter übertragen wird (Fall einer verschmelzenden Umwandlung oder up-stream-merger), dann vollzieht sich der Vermögensübergang durch Gesamtrechtsnachfolge. Mit der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Handelsregister ist die bisherige GmbH aufgelöst. Ihr Vermögen einschließlich der Schulden geht auf den Gesellschafter als Gesamtrechtsnachfolger über (§ 24 i.V. mit § 5 UmwG; vgl. BFH-Urteil vom 14. Oktober 1992 I R 17/92, BStBl II 1993, 352).
47 
Die ... wurde gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit § 2 UmwG ohne Abwicklung durch Übertragung des Vermögens auf einen anderen bestehenden Rechtsträger (die Klägerin) aufgelöst. Dazu wurde gemäß § 4 Abs. 1 UmwG ein Verschmelzungsvertrag beschlossen. Auf den Verschmelzungsbericht wurde verzichtet. Es wurde von den Anteilsinhabern gemäß § 13 UmwG die Verschmelzung beschlossen. Die Verschmelzung wurde gemäß § 16 UmwG zum Handelsregister angemeldet. Der Anmeldung wurde gemäß § 17 Abs. 2 UmwG eine Schlussbilanz beigefügt. Für diese Schlussbilanz gelten gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 UmwG die Vorschriften über die Jahresbilanz und deren Prüfung entsprechend. Daher gelten die §§ 252-256, 279-283, 340 e - 340 h HGB. Aufwertungen sind nur im Rahmen der HGB-Vorschriften (§ 253 Abs. 5, § 280 HGB), also bei früheren Sonderabschreibungen zulässig. Im Übrigen müssen die Buchwerte fortgeführt werden (vgl. Müller in Kallmayer, UmwG, Kommentar 2. Auflage, § 17 Rz. 27).
48 
Daraus kann - entgegen der Ansicht des Beklagten - nicht gefolgert werden, dass der Gesetzgeber beabsichtigt habe, die handelsrechtliche und die steuerrechtliche Schlussbilanz nicht auseinanderfallen zu lassen. Nach § 3 Satz 1 UmwStG und nach § 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG kann in der Schlussbilanz für Wirtschaftsgüter ein höherer Wert als der Buchwert angesetzt werden, soweit der Teilwert der Wirtschaftsgüter nicht überschritten wird. Es ist nirgends, nicht einmal in der Regierungsbegründung zum Ausdruck gebracht worden, dass die handelsrechtliche Beschränkung auch für die Steuerbilanz gelten soll. Es handelt sich um ein autonomes steuerliches Wahlrecht, dem ein handelsrechtliches Wahlrecht nicht entspricht. Damit kann die formelle Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) nicht zum Zuge kommen, die für die Inanspruchnahme eines steuerlichen Wahlrechts die übereinstimmende Ausübung in der handelsrechtlichen Jahresbilanz voraussetzt. Das ist nur möglich, wenn ein inhaltlich gleiches handelsrechtliches Wahlrecht besteht. Ist das nicht der Fall - wie im vorliegenden Fall - muss das steuerliche Wahlrecht als lex specialis unabhängig von der Bilanzierung in der handelsrechtlichen Schlussbilanz ausgeübt werden können (Müller in Kallmayer, a.a.O., § 17 Rz. 37; Widmann/Mayer UmwStG, § 3 Rz. 304 m.w.N. und § 11 Rz. 23, S. 374; Schaumburg in Lutter, UmwG, 2. Auflage, Anhang § 122 Rz. 90 und Schaumburg/Rödder, § 11 UmwStG, Rn. 9; Bärwaldt in Haritz/Benkert, UmwStG Komm., § 11 Anm. 10).
49 
Weber-Grellet (Betriebsberater 1997, 653) führt dazu aus, § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG gelte nicht für Wahlrechte des Umwandlungssteuergesetzes, sondern nur für Wahlrechte des Einkommensteuergesetzes. Jedes Gesetz beziehe sich nur auf seinen Regelungsbereich. Der Gesetzgeber hätte zwar die Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG auf Wahlrechte des UmwStG erstrecken können, habe dies aber nicht getan. Eine entsprechende Anwendung komme nicht in Betracht. Es fehle eine Gesetzeslücke i.S. einer planwidrigen Unvollständigkeit. Es gebe auch keine diagonale Maßgeblichkeit zwischen dem handelsrechtlichen Ansatz des Übernehmers und dem steuerrechtlichen Ansatz des Übertragenden. Für eine derartige weitgehende Maßgeblichkeit biete § 5 Abs. 1 EStG keine Rechtsgrundlage. Das Konstrukt einer diagonalen Maßgeblichkeit überschreite Wortlaut, Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 EStG, der nur die Bilanzen des selben Rechtsträgers verbinde.
50 
Lediglich das BMF-Schreiben vom 25. März 1998 (BStBl I 1998, 268 Tz. 11.01) und Müller-Gatermann (Steuerberatung 1998, 106, 108) vertreten die Auffassung, gemäß § 5 Abs. 1 EStG bestehe in der Steuerbilanz eine Bindung an die Handelsbilanz, und in dieser sei von Ausnahmefällen abgesehen, eine Wertaufholung nicht zulässig, so dass das steuerrechtliche Wahlrecht in § 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG praktisch leer laufe.
51 
Dem folgt der Senat nicht. Vielmehr folgt der Senat der vermittelnden Ansicht von Frotscher (Kommentar zum KStG, UmwStG, § 11 Rn. 21). Danach lässt § 11 Abs. 1 Satz 2 UmwStG ein Wahlrecht zu. Allerdings handelt es sich um ein Bewertungswahlrecht und nicht um ein Ansatzwahlrecht (vgl. auch Dehmer, UmwG 2. Auflage, 1996, § 11 Rz. 23). Es besteht also kein Wahlrecht für die Bilanzierung dem Grunde nach. Selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter einschließlich des Firmenwertes dürfen nicht angesetzt werden, da sonst der Ansatz und nicht nur der Wert geändert würde. Das ergibt sich auch aus Tz. 03.07 und Tz. 11.19 des BMF-Schreibens vom 25. März 1998 (s.o.).
52 
Im vorliegenden Fall hat die ... in der Verschmelzungsbilanz im Wesentlichen die Software, die 1994 für DM 15.000 erworben wurde, mit dem angeblichen Teilwert i.H. von DM 997.500 angesetzt. Wegen der übrigen Wertveränderungen wird auf die Verschmelzungsbilanz auf den 31.12.1996 verwiesen.
53 
Der Bekl hatte daher die Möglichkeit einer Bilanzänderung zuzustimmen. Die Ermessensentscheidung des Finanzamts darüber, ob es einer Bilanzänderung zustimmt, ist nur dann rechtswidrig, wenn die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 102 FGO). Das Erfordernis der Zustimmung bezweckt, eine Verzögerung des Besteuerungsverfahrens durch einseitige, schwerwiegende Bilanzänderungen entgegenzuwirken. Einer beantragten Bilanzänderung ist im Allgemeinen zuzustimmen, wenn sich die tatsächlichen Grundlagen, von denen der Steuerpflichtige bei der Ausübung eines (Bewertungs-)Wahlrechts ausgegangen ist, nach Einreichung der Bilanz erheblich verändert haben (BFH-Urteil vom 9. August 1989 X R 110/87, BStBl II 1990, 195).
54 
Im vorliegenden Fall ist nach Einreichung der Bilanz am 13. August 1997 durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590) und der anschließenden weiteren Änderungen des § 27 Abs. 3 UmwStG durch das Gesetz zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19. Dezember 1997 (BGBl I 1997, 3.121) zweifelhaft geworden, ob Verlustvorträge bei einer Verschmelzung noch möglich sind, wenn die Anmeldung zum Handelsregister nach dem 5. August 1997 erfolgt ist. Unter diesen Umständen ist eine Veränderung der tatsächlichen Umstände eingetreten, die den Antrag auf Änderung der Bilanz nicht missbräuchlich erscheinen lässt. Die Ausübung des Wahlrechts durch die Klägerin ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Änderung des Bilanzansatzes zu einer nachträglichen Veränderung des Sachverhalts führen würde. Durch eine Bilanzänderung können nicht bei der Erfüllung des steuerlichen Tatbestandes ausgeübte Gestaltungsrechte rückgängig gemacht oder beseitigt werden. Demgemäß sind tatsächliche Geschäftsvorfälle, wie die Entnahme eines Wirtschaftsgutes, die Widmung eines Wirtschaftsguts als gewillkürtes Betriebsvermögens und die Anschaffung und Veräußerung von Wirtschaftsgütern einer Bilanzänderung nicht zugänglich (BFH-Urteil vom 9. April 1981 I R 191/77, BStBl II 1981, 620; FG Köln, Urteil vom 5. Februar 1997 10 K 139/91, EFG 1997, 812).
55 
Auch wird nicht die Tatsache einer Gesamtrechtsnachfolge verändert. Durch die Bilanzänderung wird kein unentgeltlicher Erwerb zu einem entgeltlichen Erwerb. Das Wahlrecht hat keinen Einfluss auf Dritte, deren Veräußerungsgewinn oder deren Anschaffungskosten für die Beteiligung verändert würde. Die Klägerin hat als Alleingesellschafterin der ... für diese und für sich selbst die steuerlichen Werte der Schlussbilanz der ... verändert, mit der Folge, dass gemäß § 174 AO die Einlagewerte für die übernommenen Wirtschaftsgüter in ihrer eigenen Bilanz geändert werden müssen. Dagegen bestehen keine Bedenken, weil dies nicht als Veränderung des Tatbestandes anzusehen ist.
56 
Für den Streitfall folgt daraus, dass der Beklagte nicht von vorn herein berechtigt war, die Zustimmung zur Bilanzänderung zu verweigern. Tatsächlich hat der Beklagte sein Ermessen nicht ausgeübt, weil er die Bilanzänderung gemäß § 5 Abs. 1 EStG auf der Grundlage der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz für unzulässig angesehen hat. Die fehlende Ausübung des Ermessens (Ermessensunterschreitung) macht den Verwaltungsakt über die Ablehnung des Antrags auf Bilanzänderung rechtswidrig. Die Aufhebung dieser Entscheidung und der Einspruchsentscheidung besagt jedoch nichts darüber aus, ob die Bilanzänderung in ihren Werten zutreffend ist. Darüber muss jedoch im vorliegenden Verfahren nicht entschieden werden. Der Beklagte hat - von seinem Rechtsstandpunkt ausgehend - die Bilanzansätze bisher nicht geprüft. Prüfen sollte der Beklagte auch, ob sich seine Zuständigkeit aus § 20 Abs. 1 AO ergibt, weil dies im Hinblick auf § 127 AO von Bedeutung sein kann.
57 
Der hilfsweise vorgebrachte Einwand des Beklagten, die Klägerin habe von einem eventuellen Wahlrecht unwiderruflich Gebrauch gemacht, als sie am 24. Juli 1997 die Bilanz mit dem Ansatz der Buchwerte eingereicht hatte, trifft nicht zu. Auch nach Einreichen der Bilanz beim Finanzamt kann der Steuerpflichtige die Bilanz noch ändern, sofern sich die Änderung der Bilanz auf das steuerliche Ergebnis auswirkt, jedoch gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG nur noch mit Zustimmung des Finanzamts (vgl. BFH-Urteil vom 21. Januar 1992 VIII R 72/87, BStBl II 1992, 958). Die ursprünglich eingereichte Bilanz schließt daher die Bilanzänderung nicht aus.
58 
Die Klage hatte mit dem bis zur mündlichen Verhandlung gestellten Antrag nur teilweisen Erfolg, so dass der Senat gem. § 136 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) die bis dahin entstandenen Kosten verhältnismäßig geteilt hat. Die Klage hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrags hatte Erfolg, so dass insoweit der Beklagte die Kosten gemäß § 135 Abs. 1 FGO zu tragen hat.
59 
Der Streitwert bis zur mündlichen Verhandlung war letztlich auf die Verschiebung eines Verlustvortrags gerichtet, dessen steuerliche Auswirkung ungewiss geblieben ist. Der Streitwert wird deshalb auf 10 v.H. des im Streitjahr zu verbrauchenden Verlustvortrags geschätzt, also auf DM 100.392. Der Streitwert nach Einschränkung des Klageantrags auf die Neubescheidung wird gem. § 13 Abs. 1 Satz 2 Gerichtskostengesetz auf DM 8.000 festgesetzt.
60 
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, weil Rechtsprechung zur Maßgeblichkeit der Handelsbilanz im Falle der Verschmelzung bisher nicht zu finden ist und die Auffassungen in der Literatur überwiegend von der Auffassung des Bundesministers der Finanzen abweichen.

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