| |
|
Streitig ist, ob dem Kläger in den Streitjahren Sonderabschreibungen nach § 4 Abs. 1 Satz 5 des Gesetzes über Sonderabschreibungen und Abzugsbeträge im Fördergebiet (FördG) für Anzahlungen auf Anschaffungskosten zu gewähren sind.
|
|
|
Der Kläger, ein freiberuflich tätiger Rechtsanwalt und Steuerberater, hatte am 11. November 1994 einen Kaufvertrag über eine noch zu errichtende Eigentumswohnung in ... abgeschlossen. Die betreffende Wohnung sollte spätestens zum 31. März 1996 bezugsfertig sein. Zu diesem Zeitpunkt sollten auch Nutzen und Lasten übergehen. In Erfüllung der vorgenannten kaufvertraglichen Verpflichtungen sind dem Kläger im Jahre 1994 Aufwendungen in Höhe von DM 140.110, hiervon Anzahlung auf den Kaufpreis in Höhe von DM 140.000, im Jahre 1995 DM 4.559 und im Jahre 1996 DM 14.150, hiervon Anzahlung auf den Kaufpreis in Höhe von DM 10.000, entstanden.
|
|
|
Mit den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre 1994, 1995 und 1996 hatte der Kläger für diese Aufwendungen jeweils Sonderabschreibungen nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 FördG in Höhe von jeweils 50 vom Hundert beantragt. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1996 erklärte der Kläger darüber hinaus eine Mietausfallentschädigung in Höhe von DM 4.150 als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Objekts in ... Zunächst wurde die Sonderabschreibung vom Beklagten wie vom Kläger beantragt gewährt. Auch anlässlich einer im Jahre 1997 durchgeführten Betriebsprüfung beim Kläger für die Veranlagungszeiträume 1993 bis 1995 wurden diese Sonderabschreibungen nicht beanstandet.
|
|
|
Dem Beklagten wurde bei der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung des Veranlagungszeitraumes 1997 im Jahre 1999 bekannt, dass der Kläger wegen ständiger Bauverzögerungen die Abnahme des Objekts in ... mit Schreiben vom 19. August 1997 verweigerte und Schadensersatz vom Bauträger verlangte. Der Bauträger bestand jedoch auf Erfüllung des Kaufvertrages. Der Kläger erhob sodann am 7. Oktober 1997 beim Amtsgericht ... eine Teilklage gegen den Bauträger und machte geltend, dass ihm ein Festhalten an dem Kaufvertrag nicht weiter zuzumuten sei und er deshalb Anspruch auf Schadensersatz habe. Diesem Antrag wurde durch Versäumnisurteil vom 19. Februar 1998 entsprochen. Im Anschluss hieran wurde im Mai 1998 an den Kläger aus einer Bankbürgschaft die erste Kaufpreisrate in Höhe von DM 140.000 zurückerstattet. Die verbleibenden zivilrechtlichen Ansprüche gegen den Bauträger konnte der Kläger dagegen nicht realisieren.
|
|
|
Der Beklagte änderte hierauf am 14. April 2000 die bestandskräftigen Steuerbescheide der Streitjahre nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) und versagte die bisher gewährten Sonderabschreibungen. Im Veranlagungszeitraum 1994 berücksichtigte der Beklagte DM 11.467 als vergebliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (Einkommensteuerakten, Veranlagungszeitraum 1994, Anlage zur Änderung des Einkommensteuerbescheids 1994). Der Kläger legte gegen diese Änderungsbescheide am 3. Mai 2000 Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 9. November 2001 wurden die Einsprüche des Klägers vom Beklagten als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte sah auch in der Einspruchsentscheidung die formellen Voraussetzungen für eine Änderung der bestandskräftigen Steuerbescheide im Streitfall als gegeben an, änderte jedoch seine rechtliche Begründung und stütze die Korrektur der Steuerbescheide auf eine andere Rechtsgrundlage. Die Änderungen der bestandskräftigen Steuerbescheide wurden nunmehr mit der Korrekturvorschrift des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO begründet.
|
|
|
Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2001 erhob der Kläger Klage. Er ist der Ansicht, dass eine materielle und formelle Rechtsgrundlage nicht bestehe, um die bereits gewährten Sonderabschreibungen wieder zu entziehen. Der Nichteintritt eines Tatbestandsmerkmals sei kein Ereignis, sondern ein Nichtereignis, an das keine rechtlichen Folgen geknüpft werden könnten. Es reiche für die Anwendung des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht aus, wenn das spätere Ereignis den nach dem Steuertatbestand rechtserheblichen Sachverhalt anders gestalte. Liege ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal einer Gesetzesbestimmung zum Veranlagungszeitpunkt nicht vor, so sei die Veranlagung von Anfang an eindeutig fehlerhaft gewesen. Spätere Vorgänge oder der Nichteintritt von erwarteten Vorgängen seien ohne Bedeutung für die fehlerhafte Veranlagung und führten nicht zur Anwendung des § 175 AO. Eine Änderung nach dieser Korrekturvorschrift komme nur in Betracht, wenn ein Sachverhalt richtig erfasst und der gesetzliche Tatbestand verwirklicht worden sei. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. Juni 2004 IX R 7/01, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH (BFH/NV) 2004, 1408 betreffe einen völlig anderen Sachverhalt, weil es im Streitfall nicht um eine Weiterveräußerung, sondern um eine Nichtfertigstellung der Eigentumswohnung infolge Insolvenz des Bauträgers gehe. Er, der Kläger, sei nicht vom Vertrag zurückgetreten, sondern habe nur Schadensersatz gefordert. Der Grund für die versagten Sonderabschreibungen sei ausschließlich darin zusehen, dass die Eigentumswohnung nicht angeschafft und daher nicht zur Einkünfteerzielung verwendet worden sei. Diese Tatbestandsvoraussetzungen fehlten jedoch bereits beim Erlass der angefochtenen Steuerbescheide. Sie seien nicht rückwirkend weggefallen, so dass die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht gegeben seien.
|
|
|
Der Kläger beantragt sinngemäß,
|
|
|
die Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 1994, 1995, 1996 vom 14. April 2000, zuletzt geändert durch Bescheide vom 29. September 2000 und 12. März 2001, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. November 2001 insoweit aufzuheben, als sie die Sonderabschreibungen nach § 4 FördG für die in ...... am 11. November 1994 gekaufte Wohnung versagen.
|
|
|
Der Beklagte beantragt unter Hinweis auf seine Einspruchsentscheidung,
|
|
|
|
|
Der Beklagte verweist auf ein Schreiben des Klägers vom 19. August 1997. Der Kläger habe gegenüber dem Bauträger in diesem Schreiben die Annahme der Leistung abgelehnt und Schadensersatzansprüche angekündigt. In einem weiteren Schreiben vom 2. September 1997 habe der Kläger seine Schadensersatzansprüche gegenüber dem Bauträger beziffert. Im Zusammenhang mit der Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO sei maßgebend, dass die rechtswirksame Rückgängigmachung bzw. Auflösung des Kaufertrags erfolgt sei, so dass ein rückwirkendes Ereignis vorliege. Die ursprünglichen Einkommensteuerbescheide seien entgegen der Ansicht des Klägers nicht von Anfang an materiellrechtlich falsch gewesen. Diese Steuerbescheide seien vielmehr rechtmäßig gewesen, solange der Kaufvertrag wirksam gewesen sei. Dieser Zustand habe sich erst durch die spätere Aufhebung des Kaufvertrags geändert.
|
|
|
Mit Beschluss vom 31. Oktober 2003 wurde das Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss des beim BFH anhängigen Revisionsverfahrens unter Aktenzeichen IX R 7/01 angeordnet, nachdem die Beteiligten übereinstimmend das Ruhen des Verfahrens beantragt hatten. Das Verfahren wurde mit Beschluss des Berichterstatters vom 13. Mai 2005 wieder aufgenommen. Mit den Beteiligten wurde am 9. Juni 2005 ein Erörterungstermin durchgeführt.
|
|
|
Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozess- und Einkommensteuerakten sowie auf das Protokoll des Erörterungstermins vollinhaltlich verwiesen.
|
|
| |
| 1. Die zulässige Klage ist unbegründet. |
|
| Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht den angefochtenen Steuerbescheid nur dann aufheben oder ändern, wenn dieser rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Der erkennende Senat kann die streitigen Änderungsbescheide vom 14. April 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. November 2001 nicht als rechtswidrig beanstanden. |
|
| Der Beklagte konnte zu Recht die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre durch Änderungsbescheide abändern und somit dem Kläger die bereits gewährten Sonderabschreibungen auf die geleisteten Anzahlungen entziehen. Ein Steuerbescheid darf, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d AO nur aufgehoben oder geändert werden, soweit dies sonst gesetzlich zugelassen ist. Im Streitfall beruht die Korrektur der Einkommensteuerbescheide der Streitjahre zutreffend auf der Rechtsgrundlage des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO. |
|
| Ein Steuerbescheid ist nach dieser vorgenannten Änderungsvorschrift zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit wie im Streitfall nachträglich ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Alle rechtlich bedeutsamen Vorgänge sowie tatsächliche Lebensvorgänge, die steuerlich, ungeachtet der zivilrechtlichen Wirkungen, in der Weise Rückwirkung entfalten, dass nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist, sind nachträglich eingetretene Ereignisse im Sinne des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, m. w. N.; Anwendungserlass zur Abgabenordnung [AEAO] zu § 175 Nr. 2.1). Ob einer nachträglichen Änderung des Sachverhaltes rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt, bestimmt sich hierbei allein nach dem jeweils einschlägigen materiellen Steuerrecht. Nach dem materiellen Steuerrecht - im Streitfall nach den Bestimmungen des Gesetzes über Sonderabschreibungen und Abzugsbeträge im Fördergebiet - ist zu beurteilen, ob zum einen eine Änderung des ursprünglich gegebenen Sachverhalts den Steuertatbestand überhaupt betrifft und ob sich darüber hinaus der bereits entstandene materielle Steueranspruch mit steuerlicher Rückwirkung ändert (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897; AEAO zu § 175 Nr. 2.2). Eine Änderung des Steuerbescheides nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ist darüber hinaus nur zulässig, wenn das rückwirkende Ereignis nach Entstehung des Steueranspruchs und nach dem Erlass des Steuerbescheides, also nachträglich, eingetreten ist. |
|
| Das zur Änderung der ursprünglichen Einkommensteuerbescheide berechtigende rückwirkende Ereignis ist im Streitfall durch den endgültigen Verlust des obligatorischen Verschaffungsanspruchs des Eigentums an dem noch zu errichtenden Objekt in ... aufgrund des vom Kläger bewirkten Versäumnisurteils vom 19. Februar 1998 eingetreten. Es kann dahinstehen, ob der Kläger neben dem aus dem Kaufvertrag vom 11. November 1994 erwachsenen obligatorischen Verschaffungsanspruchs auch ein in der Regel nicht mehr zu entziehendes Anwartschaftsrecht auf Eigentum an dem Objekt in ... begründet hatte. Es reicht nach Ansicht des erkennenden Senats für eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO aus, dass bei Erlass der ursprünglichen Einkommensteuerbescheide der Streitjahre, mit denen der Beklagte die vom Kläger begehrten Sonderabschreibungen auf die geleisteten Anzahlungen noch gewährte, ein obligatorischer Verschaffungsanspruch hinsichtlich des Investitionsobjekts und die nach dem zu erwartenden Geschehensablauf nachfolgende Nutzung zur Einkünfteerzielung vorlagen, während im Zeitpunkt des Erlasses der Änderungsbescheide infolge des rechtskräftigen Versäumnisurteils vom 19. Februar 1998 diese Voraussetzungen des materiellen Rechts zur Sonderabschreibung nachträglich entfallen waren (vgl. zur Weiterveräußerung vor Übergabe des Investitionsobjekts Finanzgericht [FG] München, Beschluss vom 14. April 1999 13 V 445/99, Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 1999, 780; FG München, Urteil vom 28. November 2000 13 K 469/00, EFG 2001, 382; vgl. zur Aufhebung des Kaufvertrags über das Investitionsobjekt FG Berlin, Urteil vom 10. Oktober 2002 1 K 1285/00). |
|
| Dem nach Entstehung des Steueranspruchs und Erlass der Einkommensteuerbescheide der Streitjahre eingetretenen Ereignis in Gestalt des nachträglichen Wegfalls des Verschaffungsanspruchs und der nachfolgenden Nutzungsmöglichkeit zur Einkünfteerzielung kommt nach Ansicht des erkennenden Senats auch rückwirkende steuerliche Bedeutung zu. Der Kläger, der das Investitionsobjekt im Streitfall niemals zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt hatte, hat nach § 4 FördG keinen Anspruch auf die Gewährung von Sonderabschreibungen auf die von ihm geleisteten und ihm nahezu vollständig zurückerstatteten Anzahlungen. |
|
| Nach § 1 FördG können Steuerpflichtige Sonderabschreibungen für begünstigte Investitionen im Fördergebiet nach den Bestimmungen der §§ 2 ff. FördG vornehmen. Begünstigt ist nach § 3 FördG wie im Streitfall unter anderem die Anschaffung eines abnutzbaren, unbeweglichen Wirtschaftsgutes zum Privatvermögen, wenn die Anschaffung bis zum Jahr der Fertigstellung erfolgte und keine Sonderabschreibungen oder Absetzungen für Abnutzungen (AfA) nach § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch genommen wurden. Angeschafft ist das Investitionsobjekt nach § 9a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) mit seiner Lieferung. Handelt es sich wie im Streitfall bei dem Investitionsobjekt um eine noch zu errichtende Eigentumswohnung, wird durch den mit der Abnahme der Wohnung verbundenen Übergang von Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahren das Kaufobjekt geliefert. Abschreibungsbefugt ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 EStG derjenige, der das betreffende Wirtschaftsgut zur Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen einsetzt, der also mit Hilfe des Wirtschaftsguts den Tatbestand der Einkunftserzielung erfüllt. Das ist regelmäßig der rechtliche oder wirtschaftliche Eigentümer im Sinne des § 39 Abs. 1 und Abs. 2 AO (vgl. FG München, Beschluss vom 14. April 1999 13 V 445/99, EFG 1999, 780 m. w. N.). |
|
| Nach § 4 Abs. 1 Satz 5 FördG können Sonderabschreibungen bereits für Anzahlungen auf Anschaffungskosten in Anspruch genommen werden. Durch diese Vorschrift wird die AfA nicht nur wie bei Sonderabschreibungen auf einen Zeitraum vorverlegt, in dem sie in dieser Höhe noch nicht entstanden sind, sondern auch in dem sie dem Grunde nach noch gar nicht anfallen können, weil das Wirtschaftsgut zur Nutzung durch den Abschreibenden noch nicht zur Verfügung steht (vgl. FG München, Beschluss vom 14. April 1999 13 V 445/99, EFG 1999, 780 m. w. N.). Investoren soll es hierdurch ermöglicht werden, Sonderabschreibungen nach dem Gesetz über Sonderabschreibungen und Abzugsbeträge im Fördergebiet vor Abschluss der Investitionen in Anspruch zu nehmen (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 2004 IX R 7/01, BFH/NV 2004, 1408 m. w. N.). |
|
| Der § 4 FördG ist jedoch kein selbständiger Begünstigungstatbestand. Diese Bestimmung regelt lediglich die Bemessungsgrundlage für Sonderabschreibungen und setzt die Erfüllung der Tatbestände der §§ 1 bis 3 FördG, damit die Anschaffung des betreffenden Wirtschaftsguts voraus (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 2004 IX R 7/01, BFH/NV 2004, 1408; BFH-Urteil vom 28. Juni 2002 IX R 51/01, BFHE 199, 388, BStBl II 2002, 758, BFH-Urteil vom 14. Januar 2004 IX R 33/03, BFH/NV 2004, 582). Darüber hinaus muss der Steuerpflichtige das angeschaffte Wirtschaftsgut zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des Förderzeitraums auch zur Einkünfteerzielung einsetzen, denn der Steuerpflichtige kann die von ihm getragenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines bebauten Grundstücks im Wege der AfA, verteilt auf die Nutzungsdauer, nur als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen, wenn er dieses Grundstück zur Erzielung von Vermietungseinkünften nutzt (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 2004 IX R 7/01, BFH/NV 2004, 1408 m. w. N.). |
|
| Ist die - tatsächliche, nicht nur beabsichtigte - nachfolgende Nutzung nach dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen für Anzahlungen auf Anschaffungskosten, steht dem Kläger im Streitfall diese materiellrechtliche Berechtigung ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Versäumnisurteils vom 19. Februar 1998 nicht mehr zu. Der Verschaffungsanspruch aus dem Kaufvertrag war untergegangen, so dass eine nachfolgende Nutzung des Objekts zur Einkünfteerzielung ausgeschlossen war. |
|
| Anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass dem Kläger Schadensersatz zugeflossen ist, der als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung behandelt wurde. Der Kläger war auch diesbezüglich nicht zur Vornahme von AfA berechtigt, denn er hat das Investitionsobjekt nicht zur Erzielung dieser Einkünfte genutzt (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 2004 IX R 7/01, BFH/NV 2004, 1408 m. w. N.). |
|
| 2. Der Senat hielt es für zweckmäßig, gemäß § 90 Abs. 1 FGO mit dem vorliegenden Gerichtsbescheid zu entscheiden. |
|
| 3. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe vorlag. |
|
| |
| 1. Die zulässige Klage ist unbegründet. |
|
| Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht den angefochtenen Steuerbescheid nur dann aufheben oder ändern, wenn dieser rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Der erkennende Senat kann die streitigen Änderungsbescheide vom 14. April 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. November 2001 nicht als rechtswidrig beanstanden. |
|
| Der Beklagte konnte zu Recht die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre durch Änderungsbescheide abändern und somit dem Kläger die bereits gewährten Sonderabschreibungen auf die geleisteten Anzahlungen entziehen. Ein Steuerbescheid darf, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d AO nur aufgehoben oder geändert werden, soweit dies sonst gesetzlich zugelassen ist. Im Streitfall beruht die Korrektur der Einkommensteuerbescheide der Streitjahre zutreffend auf der Rechtsgrundlage des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO. |
|
| Ein Steuerbescheid ist nach dieser vorgenannten Änderungsvorschrift zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit wie im Streitfall nachträglich ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Alle rechtlich bedeutsamen Vorgänge sowie tatsächliche Lebensvorgänge, die steuerlich, ungeachtet der zivilrechtlichen Wirkungen, in der Weise Rückwirkung entfalten, dass nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist, sind nachträglich eingetretene Ereignisse im Sinne des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, m. w. N.; Anwendungserlass zur Abgabenordnung [AEAO] zu § 175 Nr. 2.1). Ob einer nachträglichen Änderung des Sachverhaltes rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt, bestimmt sich hierbei allein nach dem jeweils einschlägigen materiellen Steuerrecht. Nach dem materiellen Steuerrecht - im Streitfall nach den Bestimmungen des Gesetzes über Sonderabschreibungen und Abzugsbeträge im Fördergebiet - ist zu beurteilen, ob zum einen eine Änderung des ursprünglich gegebenen Sachverhalts den Steuertatbestand überhaupt betrifft und ob sich darüber hinaus der bereits entstandene materielle Steueranspruch mit steuerlicher Rückwirkung ändert (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897; AEAO zu § 175 Nr. 2.2). Eine Änderung des Steuerbescheides nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ist darüber hinaus nur zulässig, wenn das rückwirkende Ereignis nach Entstehung des Steueranspruchs und nach dem Erlass des Steuerbescheides, also nachträglich, eingetreten ist. |
|
| Das zur Änderung der ursprünglichen Einkommensteuerbescheide berechtigende rückwirkende Ereignis ist im Streitfall durch den endgültigen Verlust des obligatorischen Verschaffungsanspruchs des Eigentums an dem noch zu errichtenden Objekt in ... aufgrund des vom Kläger bewirkten Versäumnisurteils vom 19. Februar 1998 eingetreten. Es kann dahinstehen, ob der Kläger neben dem aus dem Kaufvertrag vom 11. November 1994 erwachsenen obligatorischen Verschaffungsanspruchs auch ein in der Regel nicht mehr zu entziehendes Anwartschaftsrecht auf Eigentum an dem Objekt in ... begründet hatte. Es reicht nach Ansicht des erkennenden Senats für eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO aus, dass bei Erlass der ursprünglichen Einkommensteuerbescheide der Streitjahre, mit denen der Beklagte die vom Kläger begehrten Sonderabschreibungen auf die geleisteten Anzahlungen noch gewährte, ein obligatorischer Verschaffungsanspruch hinsichtlich des Investitionsobjekts und die nach dem zu erwartenden Geschehensablauf nachfolgende Nutzung zur Einkünfteerzielung vorlagen, während im Zeitpunkt des Erlasses der Änderungsbescheide infolge des rechtskräftigen Versäumnisurteils vom 19. Februar 1998 diese Voraussetzungen des materiellen Rechts zur Sonderabschreibung nachträglich entfallen waren (vgl. zur Weiterveräußerung vor Übergabe des Investitionsobjekts Finanzgericht [FG] München, Beschluss vom 14. April 1999 13 V 445/99, Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 1999, 780; FG München, Urteil vom 28. November 2000 13 K 469/00, EFG 2001, 382; vgl. zur Aufhebung des Kaufvertrags über das Investitionsobjekt FG Berlin, Urteil vom 10. Oktober 2002 1 K 1285/00). |
|
| Dem nach Entstehung des Steueranspruchs und Erlass der Einkommensteuerbescheide der Streitjahre eingetretenen Ereignis in Gestalt des nachträglichen Wegfalls des Verschaffungsanspruchs und der nachfolgenden Nutzungsmöglichkeit zur Einkünfteerzielung kommt nach Ansicht des erkennenden Senats auch rückwirkende steuerliche Bedeutung zu. Der Kläger, der das Investitionsobjekt im Streitfall niemals zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt hatte, hat nach § 4 FördG keinen Anspruch auf die Gewährung von Sonderabschreibungen auf die von ihm geleisteten und ihm nahezu vollständig zurückerstatteten Anzahlungen. |
|
| Nach § 1 FördG können Steuerpflichtige Sonderabschreibungen für begünstigte Investitionen im Fördergebiet nach den Bestimmungen der §§ 2 ff. FördG vornehmen. Begünstigt ist nach § 3 FördG wie im Streitfall unter anderem die Anschaffung eines abnutzbaren, unbeweglichen Wirtschaftsgutes zum Privatvermögen, wenn die Anschaffung bis zum Jahr der Fertigstellung erfolgte und keine Sonderabschreibungen oder Absetzungen für Abnutzungen (AfA) nach § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch genommen wurden. Angeschafft ist das Investitionsobjekt nach § 9a der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) mit seiner Lieferung. Handelt es sich wie im Streitfall bei dem Investitionsobjekt um eine noch zu errichtende Eigentumswohnung, wird durch den mit der Abnahme der Wohnung verbundenen Übergang von Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahren das Kaufobjekt geliefert. Abschreibungsbefugt ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 EStG derjenige, der das betreffende Wirtschaftsgut zur Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen einsetzt, der also mit Hilfe des Wirtschaftsguts den Tatbestand der Einkunftserzielung erfüllt. Das ist regelmäßig der rechtliche oder wirtschaftliche Eigentümer im Sinne des § 39 Abs. 1 und Abs. 2 AO (vgl. FG München, Beschluss vom 14. April 1999 13 V 445/99, EFG 1999, 780 m. w. N.). |
|
| Nach § 4 Abs. 1 Satz 5 FördG können Sonderabschreibungen bereits für Anzahlungen auf Anschaffungskosten in Anspruch genommen werden. Durch diese Vorschrift wird die AfA nicht nur wie bei Sonderabschreibungen auf einen Zeitraum vorverlegt, in dem sie in dieser Höhe noch nicht entstanden sind, sondern auch in dem sie dem Grunde nach noch gar nicht anfallen können, weil das Wirtschaftsgut zur Nutzung durch den Abschreibenden noch nicht zur Verfügung steht (vgl. FG München, Beschluss vom 14. April 1999 13 V 445/99, EFG 1999, 780 m. w. N.). Investoren soll es hierdurch ermöglicht werden, Sonderabschreibungen nach dem Gesetz über Sonderabschreibungen und Abzugsbeträge im Fördergebiet vor Abschluss der Investitionen in Anspruch zu nehmen (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 2004 IX R 7/01, BFH/NV 2004, 1408 m. w. N.). |
|
| Der § 4 FördG ist jedoch kein selbständiger Begünstigungstatbestand. Diese Bestimmung regelt lediglich die Bemessungsgrundlage für Sonderabschreibungen und setzt die Erfüllung der Tatbestände der §§ 1 bis 3 FördG, damit die Anschaffung des betreffenden Wirtschaftsguts voraus (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 2004 IX R 7/01, BFH/NV 2004, 1408; BFH-Urteil vom 28. Juni 2002 IX R 51/01, BFHE 199, 388, BStBl II 2002, 758, BFH-Urteil vom 14. Januar 2004 IX R 33/03, BFH/NV 2004, 582). Darüber hinaus muss der Steuerpflichtige das angeschaffte Wirtschaftsgut zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des Förderzeitraums auch zur Einkünfteerzielung einsetzen, denn der Steuerpflichtige kann die von ihm getragenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines bebauten Grundstücks im Wege der AfA, verteilt auf die Nutzungsdauer, nur als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen, wenn er dieses Grundstück zur Erzielung von Vermietungseinkünften nutzt (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 2004 IX R 7/01, BFH/NV 2004, 1408 m. w. N.). |
|
| Ist die - tatsächliche, nicht nur beabsichtigte - nachfolgende Nutzung nach dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen für Anzahlungen auf Anschaffungskosten, steht dem Kläger im Streitfall diese materiellrechtliche Berechtigung ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Versäumnisurteils vom 19. Februar 1998 nicht mehr zu. Der Verschaffungsanspruch aus dem Kaufvertrag war untergegangen, so dass eine nachfolgende Nutzung des Objekts zur Einkünfteerzielung ausgeschlossen war. |
|
| Anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass dem Kläger Schadensersatz zugeflossen ist, der als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung behandelt wurde. Der Kläger war auch diesbezüglich nicht zur Vornahme von AfA berechtigt, denn er hat das Investitionsobjekt nicht zur Erzielung dieser Einkünfte genutzt (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 2004 IX R 7/01, BFH/NV 2004, 1408 m. w. N.). |
|
| 2. Der Senat hielt es für zweckmäßig, gemäß § 90 Abs. 1 FGO mit dem vorliegenden Gerichtsbescheid zu entscheiden. |
|
| 3. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe vorlag. |
|