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Die Klage ist zulässig und begründet. Die Erhebung und Weiterleitung von Daten im Zusammenhang mit einer Bargeldkontrolle, der der Klägers unterzogen wurde, war rechtswidrig .
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Die Klage ist zulässig. Der Finanzrechtsweg ist nach § 33 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 12a Abs. 4 ZollVG eröffnet. Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig (§ 41 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit, da Wiederholungsgefahr droht. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit der im Rahmen der Kontrolle durchgeführten Maßnahmen konnte auch nicht im Rahmen einer Gestaltungs- oder Leistungsklage begehrt werden (§ 41 Abs. 2 FGO).
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Die Klage ist auch begründet. Bereits die Datenerhebung war danach rechtswidrig.
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1. Nach § 1 Abs. 3 a S. 1 ZollVG wird zur Verhinderung und Verfolgung der Geldwäsche nach § 261 des Strafgesetzbuches unbeschadet der Absätze 1 bis 3 und 4, der §§ 10 bis 12 und der §§ 209 bis 211 der Abgabenordnung die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr in das, aus dem und durch das Zollgebiet der Gemeinschaft sowie das sonstige Verbringen von Bargeld oder gleichgestellten Zahlungsmitteln in den, aus dem und durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes zollamtlich überwacht. Nach § 12 a Abs. 1 S. 1 und 4 ZollVG haben Personen auf Verlangen der Zollbediensteten Bargeld oder gleichgestellte Zahlungsmittel im Wert von 15.000 Euro oder mehr, die sie in die, aus den oder durch die in § 1 Abs. 3 a Satz 1 bezeichneten Gebiete verbringen oder befördern, nach Art, Zahl und Wert anzuzeigen sowie die Herkunft, den wirtschaftlich Berechtigten und den Verwendungszweck darzulegen. Zur Ermittlung des Sachverhaltes haben die Zollbediensteten die Befugnisse nach § 10 ZollVG. Nach dessen Abs. 1 S. 5 können Gepäck, Beförderungsmittel und ihre Ladung zur Feststellung der Einhaltung der Zollvorschriften an Ort und Stelle oder einem anderen geeigneten Ort geprüft werden. Sowohl die Entscheidung über das „Ob“ als auch die Entscheidung über die Art und Weise der Kontrolle unterliegt dabei - im Rahmen der gesetzlichen Grenzen - dem Ermessen der kontrollierenden Beamten.
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Die Kontrollbefugnis besteht nicht nur, wenn keine Zahlungsmittel angemeldet werden. Teilweise wird zwar vertreten, dass bei der Anzeige von Zahlungsmitteln konkrete Anhaltspunkte für das Mitführen weiterer Zahlungsmittel erforderlich, wenn die kontrollierenden Beamten nach § 10 ZollVG weitere Maßnahmen ergreifen wollen. Insbesondere dürfe die Überprüfung nicht auf sonstige Gegenstände oder Unterlagen ausgedehnt werden (vgl. Spatschek/Alvermann, Die Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs nach §§ 12 a ff. FVG - Einführung der „mobilen Steuerfahndung“?, BB 1999, 2107, 2108).
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Eine solche Einschränkung der Befugnisse findet keine Stütze im Gesetz und würde auch die Effektivität der Kontrollen zu sehr beeinträchtigen. Den kontrollierenden Beamten stehen durch die Verweisung auf § 10 ZollVG die gleichen Kontrollrechte zu wie bei einer zollrechtlichen Kontrolle. Aus dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 S. 5 ZollVG geht eindeutig hervor, dass die Prüfung des Gepäcks grundsätzlich „zur Feststellung der Einhaltung der Zollvorschriften“ erlaubt ist. Die Kontrolle des Gepäcks ist demnach generell zur Überprüfung der Angaben der Beteiligten zulässig, mit anderen Worten auch dann, wenn Zahlungsmittel angemeldet wurden. Dabei kann selbstverständlich auch festgestellt werden, dass die Angaben des Beteiligten der Wahrheit entsprechen.
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2. Die Befugnis zur Prüfung des Gepäcks beinhaltet auch die Kontrolle von Unterlagen und sonstigen Schriftstücken, um festzustellen, ob sich zwischen den Seiten Hinweise auf das Mitführen von Zahlungsmitteln wie z.B. Bankquittungen über Barabhebungen, Wertpapiere oder Coupons befinden. Dies ist für eine effektive Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs unbedingt erforderlich und von den Befugnissen nach § 10 ZollVG i.V.m. § 12 a Abs. 1 S. 4 ZollVG mit umfasst. Allerdings sind dabei die Grenzen zu beachten, die der Kontrolle durch das Datenschutzgesetz - BDSG - und durch allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze wie das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gezogen sind.
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a) Nach § 4 Abs. 1 BDSG ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Personenbezogene Daten sind dabei Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (§ 3 Abs. 1 BDSG). Unter der Erhebung von Daten ist nach § 3 Abs. 3 BDSG das Beschaffen von Daten über den Betroffenen zu verstehen.
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Das bloße Durchblättern von Schriftstücken stellt noch keine Erhebung von Daten dar und ist nach § 12 a Abs. 1 i.V.m. § 10 ZollVG zulässig. Da beim Durchblättern von Papieren von deren Inhalt nicht Kenntnis genommen wird, kann es sich schon begrifflich nicht um das Beschaffen von Daten handeln. Eine Kontrolle von Geschäftspapieren in diesem Sinne ist daher grundsätzlich zulässig.
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b) Eine andere Frage ist im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes und das daraus resultierende Recht auf informationelle Selbstbestimmung die Zulässigkeit der Kontrolle von Geschäftspapieren eines Steuerberaters, die er in seiner beruflichen Eigenschaft erhalten hat. Die Beantwortung dieser Frage richtet sich danach, ob das rechtlich geschützte Vertrauensverhältnis zwischen Steuerberater und Mandant durch diese Maßnahme berührt ist. Dies ist nicht der Fall. Ebenso wie nach einhelliger Auffassung die Anordnung von Außenprüfungen auch bei Personen zulässig ist, die der Verschwiegenheit unterliegen wie Steuerberater, Rechtsanwälte, Ärzte (siehe zuletzt BFH-Beschluss vom 24. August 2006 I S 4/06, BFH/NV 2006, 2034 mit Angaben zur Rechtsprechung und Literatur), muss auch die Bargeldkontrolle eines Steuerberaters, der beruflich unterwegs ist und Mandantenunterlagen mit sich führt, grundsätzlich zulässig sein. Die Zulässigkeit der Anordnung von Außenprüfungen wird nicht zuletzt durch das Gebot einer gleichmäßigen Besteuerung (§ 85 der Abgabenordnung - AO - ) gerechtfertigt, dessen Befolgung beeinträchtigt werden könne, wenn sich Angehörige bestimmter Berufsgruppen unter Berufung auf eine bestehende Verschwiegenheitspflicht generell der Überprüfung ihrer im Besteuerungsverfahren gemachten Angaben entziehen könnten (BFH-Beschluss vom 24. August 2006 , a. a. O). Entsprechendes muss auch für die Kontrolle hinsichtlich des Mitführens von Zahlungsmitteln gelten. Denn auch hier besteht die Gefahr, dass sich der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Personen andernfalls generell der Überprüfung ihrer im Rahmen der Kontrolle gemachten Angaben entziehen.
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Davon zu unterscheiden ist die Frage der Rechtmäßigkeit einzelner während der Kontrolle ergriffener Maßnahmen. Grenzen sind der Kontrolle nämlich dann gesetzt, wenn und soweit durch sie die Verschwiegenheitspflicht nach § 57 Abs. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) bzw. das Auskunftsverweigerungsrecht des Steuerberaters nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 b AO berührt ist. Ob dies bereits beim bloßen Durchblättern von Unterlagen ohne Kenntnisnahme vom Inhalt durch Lesen oder auch nur Überfliegen der Schriftstücke der Fall ist, konnte der Senat offen lassen, da die Maßnahmen bei der durchgeführten Kontrolle weit über das Durchblättern hinausgegangen sind. Vorliegend wurden die Unterlagen nämlich nicht nur durchgeblättert, sondern auch gelesen und elektronisch bzw. in Papierform kopiert.
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3. Das Kopieren und Speichern der genannten Unterlagen stellt unzweifelhaft eine Erhebung von personenbezogenen Daten im Sinne des BDSG dar. Diese Erhebung war rechtswidrig.
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Die zuständigen Zollbehörden dürfen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 1 Abs. 3 a ZollVG und nach § 12 a Abs. 1 und 2 ZollVG erforderlich ist, personenbezogene Daten erheben, verarbeiten und nutzen (§ 12 a Abs 3 S. 1 ZollVG). Die Erhebung der personenbezogenen Daten war vorliegend zur Erfüllung der Aufgaben der Zollbehörden nicht erforderlich.
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Schon die Art der erhobenen Daten lassen Zweifel aufkommen, inwieweit sie überhaupt geeignet sein könnten, der Erfüllung der in § 1 Abs. 3 a und § 12 a Abs. 1 und 2 ZollVG genannten Aufgaben der Zollverwaltung zu dienen. Diese bestehen nämlich lediglich in der Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs. Zwar erfolgt die Überwachung „zur Verhinderung und Verfolgung der Geldwäsche“ (§ 1 Abs. 3 a ZollVG). Eine generelle Aufgabenzuweisung zur Bekämpfung der Geldwäsche wurde jedoch nur den Zollfahndungsämtern erteilt (§ 1 Abs. 3 c ZollVG). Vorraussetzung für eine Datenerhebung im Rahmen von Bargeldkontrollen ist daher nicht, dass sie zur Bekämpfung der Geldwäsche erfolgt, sondern dem Auffinden von Zahlungsmitteln dient. Entsprechend heißt es auch in der zum Zeitpunkt der Kontrolle gültigen Verwaltungsvorschrift zur Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs, die sich noch auf die wortgleiche Regelung im FVG bezog (BargeldVV, Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung Z 2761, 148. Lieferung vom 30. Oktober 2000, Abs 41 Unterabs. 4):
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„Gemäß § 12 a Abs. 4 S. 1 FVG sind die Kontrollbeamten ferner auch in Fällen, in denen keine Zahlungsmittel aufgefunden worden sind, befugt, zur Feststellung von Anhaltspunkten für eine grenzüberschreitenden Bargeldbeförderung personenbezogene Daten zu erheben soweit die Datenerhebung verhältnismäßig ist.“
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Zwar erfolgt die Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs zum Zwecke der Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche. Dies dehnt ausweislich der klar abgegrenzten Aufgabenzuweisung jedoch nicht den Kompetenzbereich der Zollbehörden über die Bargeldkontrollen auf den Bereich der Geldwäschebekämpfung aus. Auch wenn sich daher aus Bilanzen und Tauschverträgen theoretisch Hinweise auf Geldwäsche ergeben könnten, ist eine verdachtsunabhängige Erhebung dieser Daten ohne konkrete Anhaltspunkte für einen Geldwäscheverdacht im Rahmen einer Bargeldkontrolle unzulässig, soweit sich aus den genannten Unterlagen keine Hinweise auf das Mitführen von Zahlungsmitteln ergeben können. Dies findet indirekt auch seinen Niederschlag in der zitierten BargeldVV (a. a. O.). Dort heißt es in Abs 41 Unterabs. 4 weiter:
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„Zulässig ist danach die Prüfung gefundener Dokumente, die erfahrungsgemäß Hinweise auf eine Bargeldbeförderung enthalten können (z.B. Bankunterlagen).“
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Im Umkehrschluss ist damit auch nach der Verwaltungsvorschrift nach eine Prüfung von Unterlagen, aus denen sich erfahrungsgemäß keine Hinweise auf das Mitführen von Zahlungsmitteln ergeben können, unzulässig. Es ist nicht ersichtlich, wie aus der Erhebung von Daten aus Bilanzen und Tauschverträgen auf das Mitführen von Zahlungsmitteln geschlossen werden könnte. Eine diesbezügliche Datenerhebung ist daher zur Erfüllung der den Zollbehörden zugewiesenen Aufgaben nicht erforderlich und damit rechtswidrig.
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Entsprechendes gilt, wenn Zahlungsmittel angemeldet oder gefunden werden. Auch dann ist die Erhebung personenbezogener Daten nur zulässig, um deren Zahl und Wert, ihre Herkunft und den wirtschaftlich Berechtigten zu ermitteln (§ 12 a Abs. 1 S. 1 ZollVG). Die Bilanzen und Verträge sind nicht geeignet, Aufschluss über das angemeldete Bargeld in Höhe von ca. 300 Euro zu erteilen. Selbst wenn man davon ausginge, dass die kopierten Unterlagen grundsätzlich geeignet wären, Erkenntnisse über gegebenenfalls - weitere - mitgeführte Zahlungsmittel zu gewinnen, wäre eine Erhebung dieser Daten unzulässig, da keine - weiteren - Zahlungsmittel gefunden wurden.
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4. Eine Weiterleitung erhobener Daten ist nur zulässig, wenn diese rechtmäßig erhoben wurden. Dies ergibt sich aus dem Zusammenhang des Gesetzestextes, in dem es in § 12 a Abs 3 S. 2 ZollVG bezüglich der Weiterleitung an Strafverfolgungsbehörden und die zuständige Verwaltungsbehörde heißt:
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„Die Zollbehörden können diese Daten … übermitteln ….“
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Schon grammatikalisch beziehen sich „diese Daten“ auf die „zur Erfüllung ihrer Aufgaben“ erhobenen Daten. Die im folgenden Satz der Vorschrift geregelte Weiterleitung an andere Finanzbehörden kann sich daher ebenfalls nur auf rechtmäßig erhobene Daten beziehen. Dies wird durch den Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf des Steuerbereinigungsgesetz 1999 vom 11. November 1999 (Bundestagsdrucksache 14/2070) bestätigt. Dort heißt es auf Seite 34 zu Buchstabe c im zweiten Absatz:
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„Weiterhin nicht übermittelt werden dürfen eventuell steuerlich relevante Unterlagen, die nur zufällig bei der Überprüfung des betroffenen Bürgers im Rahmen einer Bargeldkontrolle gefunden werden, ohne einen konkreten Zusammenhang zu gefundenen Zahlungsmitteln zu haben.“
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Die Weiterleitung der Daten war daher ebenfalls unzulässig.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1 und 143 Abs. 1 FGO.
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Die Revision war zuzulassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
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