Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 11 K 129/06
Tatbestand
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(Überlassen von Datev)
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Streitig ist, ob die Ablehnung der Korrektur einer Kindergeldfestsetzung rechtmäßig ist.
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Die Klägerin ist Mutter dreier Kinder, die im Februar 1989, im Dezember 1990 und im August 1998 geboren wurden. Ihr Ehemann ist in der Schweiz als Grenzgänger tätig.
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Im November 2002 hatte die Klägerin die Gewährung von Kindergeld bei der Beklagten beantragt. Daraufhin setzte die Beklagte mit Bescheid vom 25.02.2003 Kindergeld fest; dieser Bescheid ist unstreitig fehlerhaft, weil er die dem Ehemann gezahlte schweizerische Familienzulage in voller Höhe anrechnet, während sie richtigerweise lediglich in Höhe des kantonalen Regelsatzes anzurechnen gewesen wäre. Dieser Bescheid ist indes bestandskräftig geworden.
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Am 16.03.2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, ihr rückwirkend Kindergeld zu erstatten, soweit zu Unrecht der Gesamtbetrag in Anrechnung gebracht wurde. Diesen Antrag wies die Beklagte am 04.05.2006 für die Vergangenheit zurück. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 18.05.2006).
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Mit ihrer Klage strebt die Klägerin das Ziel an, höhere Kindergeld-Unterschiedsbeträge rückwirkend zu erhalten. Sie lässt hierzu vortragen, dass sowohl § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) wie auch die §§ 172 ff. Abgabenordnung (AO) Änderungsmöglichkeiten vorsähen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerseite vom 31.05.2006 verwiesen.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid der Familienkasse X vom 04.05.2006 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 18.05.2006 aufzuheben und Kindergeld-Unterschiedsbeträge bereits von Juni 2002 bis Mai 2006 festzusetzen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie ist der Auffassung, dass der angegriffene Bescheid in Fassung der Einspruchsentscheidung Rechtsfehler nicht erkennen lasse.
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Dem Gericht haben die bei der Beklagten für die Klägerin geführten, den Streitfall betreffenden Akten vorgelegen. Auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze wird verwiesen. Am 9. Oktober 2007 ist der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen worden. Am 15. November 2007 hat in der Streitsache eine mündliche Verhandlung stattgefunden, die vertagt wurde. Die Beteiligten haben übereinstimmend auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
14
Der Bescheid der Beklagten in Fassung der Einspruchsentscheidung verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
15
Der von der Klägerin begehrten Festsetzung von Kindergeld steht die Bestandskraft des Bescheides vom 25.02.2003 entgegen. Dieser Bescheid ist weder nach § 70 Abs. 2 ff. EStG, noch nach den §§ 172 ff. AO 1977 änderbar.
16
Nach § 70 Abs. 2 EStG ist die Festsetzung des Kindergeldes aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die für den Anspruch auf Kindergeld erheblichen Verhältnisse ändern. Die Aufhebung oder Änderung erfolgt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse. Eine Änderung der Verhältnisse i. S. d. § 70 Abs. 2 EStG ist die Änderung der tatsächlichen oder auch rechtlichen Verhältnisse des Anspruchsberechtigten oder des Kindes. § 70 Abs. 2 EStG ist daher nicht anwendbar, wenn die Familienkasse das Recht von Anfang an fehlerhaft angewendet hat (BFH-Urteil III R 13/06 vom 28. Juni 2006, BFH/NV 2006, 2204 m.w.N.).
17
Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 sind Steuerbescheide zugunsten des Steuerpflichtigen aufzuheben oder zu ändern, soweit nachträglich Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Tatsache i.S.d. § 173 AO 1977 ist, was Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Steuertatbestandes sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art. Keine Tatsachen sind dagegen rechtliche Schlussfolgerungen, insbesondere juristische Wertungen und Subsumtionen oder eine geänderte Rechtsauffassung der Finanzverwaltung, d. h. eine andere rechtliche Wertung bereits bekannter Tatsachen (vgl. BFH III R 13/06 a.a.O.).
18
An einer solchen neuen Tatsache fehlt es im Streitfall; sämtliche Tatsachen, also etwa die Höhe der kantonalen Kinderzulage und auch die Höhe der vom Arbeitgeber ausgezahlten Kinderzulage waren bei Erlass des Bescheides vom 25.02.2003 bereits bekannt.
19
Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe sieht das Gericht ab, weil es der für zutreffend erachteten und ausführlichen Begründung der Einspruchsentscheidung folgt (§ 105 Abs. 5 FGO).
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Die Klage konnte mithin keinen Erfolg haben.
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Die Kostenentscheidung hat ihren Grund in § 135 Abs. 1 FGO.
Gründe
13
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
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Der Bescheid der Beklagten in Fassung der Einspruchsentscheidung verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
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Der von der Klägerin begehrten Festsetzung von Kindergeld steht die Bestandskraft des Bescheides vom 25.02.2003 entgegen. Dieser Bescheid ist weder nach § 70 Abs. 2 ff. EStG, noch nach den §§ 172 ff. AO 1977 änderbar.
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Nach § 70 Abs. 2 EStG ist die Festsetzung des Kindergeldes aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die für den Anspruch auf Kindergeld erheblichen Verhältnisse ändern. Die Aufhebung oder Änderung erfolgt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse. Eine Änderung der Verhältnisse i. S. d. § 70 Abs. 2 EStG ist die Änderung der tatsächlichen oder auch rechtlichen Verhältnisse des Anspruchsberechtigten oder des Kindes. § 70 Abs. 2 EStG ist daher nicht anwendbar, wenn die Familienkasse das Recht von Anfang an fehlerhaft angewendet hat (BFH-Urteil III R 13/06 vom 28. Juni 2006, BFH/NV 2006, 2204 m.w.N.).
17
Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 sind Steuerbescheide zugunsten des Steuerpflichtigen aufzuheben oder zu ändern, soweit nachträglich Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Tatsache i.S.d. § 173 AO 1977 ist, was Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Steuertatbestandes sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art. Keine Tatsachen sind dagegen rechtliche Schlussfolgerungen, insbesondere juristische Wertungen und Subsumtionen oder eine geänderte Rechtsauffassung der Finanzverwaltung, d. h. eine andere rechtliche Wertung bereits bekannter Tatsachen (vgl. BFH III R 13/06 a.a.O.).
18
An einer solchen neuen Tatsache fehlt es im Streitfall; sämtliche Tatsachen, also etwa die Höhe der kantonalen Kinderzulage und auch die Höhe der vom Arbeitgeber ausgezahlten Kinderzulage waren bei Erlass des Bescheides vom 25.02.2003 bereits bekannt.
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Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe sieht das Gericht ab, weil es der für zutreffend erachteten und ausführlichen Begründung der Einspruchsentscheidung folgt (§ 105 Abs. 5 FGO).
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Die Klage konnte mithin keinen Erfolg haben.
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Die Kostenentscheidung hat ihren Grund in § 135 Abs. 1 FGO.