Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 6 K 2349/08

Tatbestand

 
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die nach einer Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes –GrEStG– anfallende Grunderwerbsteuer (GrESt) ertragsteuerlich abzugsfähigen Aufwand darstellt.
Die Klägerin ist eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes –KStG– von der Körperschaftsteuer befreite Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
Die Klägerin war zu Beginn des Jahres 1999 zu 95 % an der „X-AG“, , beteiligt; die restlichen 5 % hielt Y unmittelbar. Mit Einbringungs- und Aktienübertragungsvertrag vom 26. Juli 1999 hat Y  diese Aktien (…. Inhaberaktien im Nennbetrag von jeweils... DM) auf die Klägerin übertragen. Mit Gesellschafterbeschluss der Klägerin vom gleichen Tage wurde der Wert dieser Einlage mit.. Mio. DM angesetzt und eine Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 des Handelsgesetzbuches –HGB– gebildet. Grund für die Einlage war die zum 1. August 1999, 0:00 Uhr, beabsichtigte Abspaltung der 100-igen Beteiligung der Klägerin an der X-AG auf eine neu entstehende Beteiligungsgesellschaft von Y. Dies ist die „Z-GmbH“, die nunmehr ausweislich der Vermögensübersicht von Y zu 100% an der X-AG beteiligt ist.
Im Jahresabschluss zum 31. Dezember 1999 hat die Klägerin eine Rückstellung für GrESt in Höhe von.. Mio. DM gebildet und diese als steuerlich abzugsfähige Betriebsausgabe im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung 1999 behandelt. Im erstmaligen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 der Abgabenordnung –AO– stehenden Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr 1999 vom 29. März 2001 folgt das beklagte Finanzamt –FA–  der Steuererklärung der Klägerin.
In der Zeit von Herbst 2005 bis Frühjahr 2007 wurde bei der Klägerin eine Außenprüfung durchgeführt, die sich u. a. auf den hier relevanten Einbringungsvorgang erstreckte (vgl. Bericht über die Außenprüfung vom 18. Juli 2007 – Bp-Bericht). Der Außenprüfer vertrat die Auffassung, dass die GrESt als Anschaffungsnebenkosten zu betrachten sei, die bei dem Wirtschaftsgut „Beteiligungen“ zu aktivieren sei (Bp-Bericht Tz. 18). Das FA schloss sich der Auffassung des Außenprüfers an und erließ mit Datum 25. Oktober 2007 einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 1999 sowie einen Bescheid über Zinsen zur Körperschaftsteuer.
Den gegen den Änderungsbescheid form- und fristgerecht eingelegten Einspruch hat das FA mit Einspruchsentscheidung vom 22. April 2008, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die am 26. Mai 2008 bei Gericht eingegangene Klage, mit der die Klägerin ihr außergerichtliches Begehren weiter verfolgt. Im Wesentlichen wird Folgendes vorgetragen: Im Streitfall liege keine Anschaffung im Sinne des § 255 HGB vor, sondern eine gesellschaftsrechtliche Einlage, sodass es auch nicht zu Anschaffungsnebenkosten kommen könne. Es würden einerseits die Entgeltlichkeit und zum anderen der Moment des Leistungsaustausches fehlen; beides sei aber dem Begriff der „Anschaffung“ wesensimmanent. Die GrESt entstehe nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes – BFH – nicht aufgrund der Einlage, sondern aufgrund fiktiver grundstücksbezogener Erwerbsvorgänge, welche aber zivilrechtlich tatsächlich nicht vorhanden seien. Demnach sei die aufgewendete GrESt als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe zu behandeln.
Die Klägerin beantragt, den Körperschaftsteuerbescheid 1999 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 22. April 2008 dahingehend abzuändern, dass die Grunderwerbsteuer im Rahmen der Besteuerung als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe behandelt wird.
Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.
10 
Unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass aufgrund des engen Zusammenhangs der Vereinigung aller Aktien die GrESt dem Vermögensgegenstand Beteiligung zugeordnet werden könne, das HGB stehe dem nicht entgegen. Auch dass die Einlage der Aktien im Wege der verdeckten Einlage erfolgt sei bedeute nicht, dass das unentgeltlich erfolgt sei. Unabhängig davon sei im Streitfall Entgeltlichkeit gegeben. Dies folge aus der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH Beschluss vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, Bundesssteuerblatt –BStBl- II 1998, 3, zum Problembereich der verdeckten Einlage.
11 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die sich in der finanzgerichtlichen Akte befinden, die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen und die vom FA vorgelegten Steuerakten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2009 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Die Klage ist nicht begründet.
13 
Die strittige GrESt stellt Anschaffungsnebenkosten des Wirtschaftsgutes „Beteiligung“ dar, die bei diesem zu aktivieren sind.
14 
Anschaffungsnebenkosten sind alle Aufwendungen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem „Erwerb“ eines Vermögensgegenstandes stehen und diesem direkt zugemessen werden können. Das GrEStG fingiert als Fall des Erwerbs in § 1 Abs. 3 GrEStG die Vereinigung aller Anteile in einer Hand. Diese Anteilsvereinigung stellt zwar keinen klassischen Erwerbsvorgang im Sinne eines Austauschvertrags dar, wird aber von der Wirkung her in Bezug auf die GrESt diesem steuerlich gleichgestellt. Dies wird auch aus der ständigen Rechtsprechung des BFH deutlich (Urteil vom 9. April 2008 II R 39/06, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen - BFH/NV - 2008, 1529 m. w. N.): Gegenstand der Besteuerung ist sowohl nach Nr. 1 als auch nach Nr. 2 des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht der Erwerb der Anteile als solcher, sondern die durch ihn begründete eigenständige Zuordnung der der Gesellschaft gehörenden Grundstücke (BFH Urteil vom 12. Januar 1994 II R 130/91, Bundessteuerblatt – BStBl - II 1994, 408). Die Tatbestände des § 1 Abs. 3 GrEStG behandeln denjenigen, der Alleingesellschafter einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft wird bzw. geworden ist, so, als gehörten ihm die Grundstücke, die dieser Gesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen sind (vgl. auch BFH-Urteil vom 20. Oktober 1993 II R 116/90, BStBl II 1994, 121).
15 
Somit ist das „Wie“ der die GrESt auslösenden Anteilsvereinigung – Kauf oder wie im Streitfalle Einlage oder sonstiger Fall der Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge – unerheblich; entscheidend ist aus der Sicht des GrEStG, wie der BFH in ständiger Rechtsprechung ausführt, allein das „Dass“, dies bedeutet, dass die Anteilsvereinigung GrESt auslöst.
16 
Diese ist auch in allen Fällen der Anteilsvereinigung – gleich ob Einzelrechtsnachfolge kraft Kaufvertrages oder kraft unentgeltlicher Einlage oder sonstiger Fall der Rechtsnachfolge – ertragsteuerlich als Anschaffungsnebenkosten zu behandeln. Würde man, so wie die Klägerin meint, unterschiedliche ertragsteuerliche Behandlungen hinsichtlich der entstandenen GrESt zulassen, würde dies einer manipulatorischen Behandlung des Anteilsvereinigungsvorgangs durch den Steuerpflichtigen Tür und Tor öffnen.
17 
Der Senat vermag keine beachtlichen und überzeugenden Gründe zu erkennen, warum der streitige Vorgang hinsichtlich der GrESt anders zu behandeln wäre, als wenn die Anteile entgeltlich auf den Erwerber übertragen worden wären, was – insoweit folgt die Klägerin ja auch der herrschenden Meinung – unstreitig zu zu aktivierenden Anschaffungsnebenkosten geführt hätte.
18 
Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls war die Klage somit als unbegründet abzuweisen.
19 
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 135 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Gründe

 
12 
Die Klage ist nicht begründet.
13 
Die strittige GrESt stellt Anschaffungsnebenkosten des Wirtschaftsgutes „Beteiligung“ dar, die bei diesem zu aktivieren sind.
14 
Anschaffungsnebenkosten sind alle Aufwendungen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem „Erwerb“ eines Vermögensgegenstandes stehen und diesem direkt zugemessen werden können. Das GrEStG fingiert als Fall des Erwerbs in § 1 Abs. 3 GrEStG die Vereinigung aller Anteile in einer Hand. Diese Anteilsvereinigung stellt zwar keinen klassischen Erwerbsvorgang im Sinne eines Austauschvertrags dar, wird aber von der Wirkung her in Bezug auf die GrESt diesem steuerlich gleichgestellt. Dies wird auch aus der ständigen Rechtsprechung des BFH deutlich (Urteil vom 9. April 2008 II R 39/06, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen - BFH/NV - 2008, 1529 m. w. N.): Gegenstand der Besteuerung ist sowohl nach Nr. 1 als auch nach Nr. 2 des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht der Erwerb der Anteile als solcher, sondern die durch ihn begründete eigenständige Zuordnung der der Gesellschaft gehörenden Grundstücke (BFH Urteil vom 12. Januar 1994 II R 130/91, Bundessteuerblatt – BStBl - II 1994, 408). Die Tatbestände des § 1 Abs. 3 GrEStG behandeln denjenigen, der Alleingesellschafter einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft wird bzw. geworden ist, so, als gehörten ihm die Grundstücke, die dieser Gesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen sind (vgl. auch BFH-Urteil vom 20. Oktober 1993 II R 116/90, BStBl II 1994, 121).
15 
Somit ist das „Wie“ der die GrESt auslösenden Anteilsvereinigung – Kauf oder wie im Streitfalle Einlage oder sonstiger Fall der Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge – unerheblich; entscheidend ist aus der Sicht des GrEStG, wie der BFH in ständiger Rechtsprechung ausführt, allein das „Dass“, dies bedeutet, dass die Anteilsvereinigung GrESt auslöst.
16 
Diese ist auch in allen Fällen der Anteilsvereinigung – gleich ob Einzelrechtsnachfolge kraft Kaufvertrages oder kraft unentgeltlicher Einlage oder sonstiger Fall der Rechtsnachfolge – ertragsteuerlich als Anschaffungsnebenkosten zu behandeln. Würde man, so wie die Klägerin meint, unterschiedliche ertragsteuerliche Behandlungen hinsichtlich der entstandenen GrESt zulassen, würde dies einer manipulatorischen Behandlung des Anteilsvereinigungsvorgangs durch den Steuerpflichtigen Tür und Tor öffnen.
17 
Der Senat vermag keine beachtlichen und überzeugenden Gründe zu erkennen, warum der streitige Vorgang hinsichtlich der GrESt anders zu behandeln wäre, als wenn die Anteile entgeltlich auf den Erwerber übertragen worden wären, was – insoweit folgt die Klägerin ja auch der herrschenden Meinung – unstreitig zu zu aktivierenden Anschaffungsnebenkosten geführt hätte.
18 
Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls war die Klage somit als unbegründet abzuweisen.
19 
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 135 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

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