Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
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Der Kläger ist Steuerberater. Neben seinen Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit erklärte er in seiner Einkommensteuererklärung 1997 unter anderem sonstige Einkünfte aus „Optionen/Spekulationsgeschäfte“ i.H.v. insgesamt xxx.xxx DM (xxx.xxx DM + xxx.xxx DM gesondert und einheitlich festgestellte Einkünfte aus Spekulationsgeschäften i.S.d. § 23 EStG, Bl. 44 der Einkommensteuerakte). Im unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid 1997 vom 1. April 1999 wurde der Gesamtbetrag als Spekulationsgewinn der Besteuerung unterworfen.
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Anlässlich einer Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass die vom Kläger erklärten Prämien aus Optionsgeschäften i.H.v. xxx.xxx DM als Einkünfte gem. § 22 Nr. 3 EStG zu qualifizieren seien, die noch um zu Unrecht geminderte Prämien (Verluste aus den Ausführungsgeschäften i.H.v. xx.xxx DM) auf xxx.xxx DM zu erhöhen seien. Bei den Ausführungsgeschäften (Verkauf innerhalb von sechs Monaten) würden sich rechnerische Spekulationsverluste nach § 23 EStG i.H.v. x.xxx DM ergeben, die mit Blick auf ein laufendes Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof gegenwärtig aber nicht anerkannt werden könnten. Die Ergebnisse der Außenprüfung wurden im geänderten Einkommensteuerbescheid 1997 vom 27. Juni 2001 umgesetzt. Entgegen den Feststellungen des Prüfungsberichts vom 26. Februar 2001 wurden die dort als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG qualifizierten Prämieneinnahmen i.H.v. xxx.xxx DM im geänderten Einkommensteuerbescheid als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften erfasst, während die i.H.v. xxx.xxx DM gesondert festgestellten Spekulationsgewinne als Einkünfte aus Leistungen behandelt wurden. Die Summe der sonstigen Einkünfte belief sich im geänderten Einkommensteuerbescheid damit auf xxx.xxx DM, dessen Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben und hinsichtlich der Anwendung des § 32c EStG für vorläufig erklärt wurde.
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Hiergegen haben die Kläger Einspruch erhoben (Bl. 97 d. Einkommensteuerakte), aufgrund dessen der Einkommensteuerbescheid am 7. August 2001 wegen einer versehentlichen Doppelerfassung ausländischer Kapitalerträge geändert und im übrigen das Ruhen des Einspruchverfahrens ausgesprochen wurde.
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Unter Hinweis auf den Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs zur Verfassungswidrigkeit der Spekulationssteuer beantragte der Kläger mit Schreiben vom 22. Juli 2002 seine Einkünfte aus Spekulationsgewinnen von der Besteuerung freizustellen. Mit Bescheid vom 30. Dezember 2003 wurde die Einkommensteuerfestsetzung 1997 bezüglich der Einkünfte nach § 23 EStG für vorläufig erklärt und zugleich die Erledigung des Einspruchs vom 16. Juli 2001 festgestellt.
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Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b EStG in der für die Veranlagungszeiträume 1997 und 1998 geltenden Fassung vom 9. März 2004 (2 BvL 17/02, BStBl II 2005,56) beantragte der Kläger, seine Einkünfte aus Spekulationsgewinnen von der Besteuerung freizustellen (Bl. 114 und 124 d. Einkommensteuerakte). Das FA lehnte den Änderungsantrag mit Bescheid vom 24. September 2004 ab. Bei der Prüfung des Änderungsantrags habe sich gezeigt, dass die im Betriebsprüfungsbericht festgestellten Einkünfte aus Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG i.H.v. xxx.xxx DM mit den gesondert festgestellten Einkünften aus Spekulationsgeschäften i.H.v. xxx.xxx DM im Einkommensteuerbescheid vom 30. Dezember 2003 vertauscht worden seien. Insofern ergehe ein berichtigter Bescheid, der aber zu keiner Änderung der Steuerfestsetzung führe, weil die Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG von der Verfassungsgerichtsentscheidung nicht betroffen und die Spekulationsgewinne bereits bestandskräftig festgestellt worden seien. Der in seinen Besteuerungsgrundlagen entsprechend geänderte Einkommenssteuerbescheid 1997 erging am 30. September 2004 auf der Grundlage des § 129 AO.
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Gegen die Ablehnung des Änderungsantrags legte der Kläger ebenso wie gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid 1997 vom 30. September 2004 Einspruch ein. Dem Einspruch half das FA insoweit ab, als es mit Änderungsbescheid vom 16. März 2005 die gesondert festgestellten Spekulationsgewinne 1997 i.H.v xxx.xxx DM nicht mehr der Besteuerung unterwarf. Im übrigen wies es mit Bescheid vom 30. Juni 2005 den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung seiner Einspruchsentscheidung führte das FA aus, der Änderungsantrag sei bis auf die Spekulationsgewinne zu Recht abgelehnt worden, weil es sich bei den im Einkommensteuerbescheid 1997 ursprünglich fehlerhaft als Spekulationsgewinne bezeichneten Einkünften um Einkünfte aus Optionsgeschäften handle, die nach § 22 Nr. 3 EStG zu versteuern seien. Die Änderung des vorläufig festgesetzten Spekulationsgewinns nach § 23 Abs. 1 EStG sei jedenfalls durch § 165 Abs. 2 AO gedeckt. Es könne daher offen bleiben, ob der Bescheid auch wegen einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 129 AO hätte geändert werden dürfen. Die Änderung sei wegen § 165 Abs. 2 AO materiell rechtmäßig.
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Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, bei den streitigen Optionsgeschäften habe er sich in der Regel als Verkäufer von Put-Optionen und damit als sog. Stillhalter verpflichtet, was für jeden wirtschaftlich vernünftig denkenden Marktteilnehmer als Spekulationsgeschäfte zu qualifizieren seien. Den aus den Put-Optionen vereinnahmten Geldern habe er die Kosten des Closings gegenübergestellt und den Saldo als Spekulationsgewinn erklärt. Er habe weder bei Abschluss des Geschäfts, also beim Opening, noch beim Closing Einkünfte nach § 22 Abs. 3 EStG erzielen wollen. Hiervon sei auch das FA in seinem aufgrund der Betriebsprüfung ergangenem Einkommensteuerbescheid vom 27. Juni 2001 ausgegangen. Das FA sei daher nicht zu einer Änderung nach § 129 AO befugt gewesen. Seine Behauptung, die Sachbearbeiterin habe bei der Auswertung des Ergebnisses der Außenprüfung versehentlich eine falsche Kennziffer eingegeben, sei durch nichts belegt. Vielmehr bestehe die Vermutung, dass die Sachbearbeiterin bewusst eine von der Außenprüfung abweichende Einkünftequalifizierung vorgenommen und sich damit der Rechtsauffassung des Klägers angeschlossen habe. § 165 Abs. 2 AO rechtfertige ebenfalls nicht die Änderung des Einkommensteuerbescheides 1997, weil die Änderung hierauf nicht gestützt worden sei.
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den Einkommensteuerbescheid 1997 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2005 zu ändern und dabei die im Bescheid vom 16. März 2005 klassifizierten sonstigen Einkünfte von DM xxx.xxx nicht der Besteuerung zu unterwerfen.
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Es verweist zur Begründung wiederholend und vertiefend darauf, dass bei der Auswertung des Betriebsprüfungsberichts die Einkünfte versehentlich falsch übertragen worden seien. Die Änderung sei jedenfalls durch § 165 Abs. 2 AO gedeckt, weil im Rahmen des Änderungsbetrags die Festsetzung uneingeschränkt aufgehoben oder geändert werden könne. Werde eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Beseitigung der Ungewissheit geändert, seien im Rahmen des Änderungsantrags auch solche Fehler zu berichtigen, die nicht mit dem Grund der Vorläufigkeit zusammenhängen würden. Angesichts dessen könne dahin gestellt bleiben, ob auch eine Berichtigung nach § 129 AO hätte erfolgen können. Entscheidend sei allein, dass der Änderungsbescheid im maßgeblichen Zeitpunkt durch einen Änderungstatbestand materiell-rechtlich gedeckt sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die dem Senat vorliegenden Behördenakten verwiesen (je ein Band Einkommensteuerakten 1997, Rechtsbehelfsakten wegen Einkommensteuer 1997 und Betriebsprüfungsakten).
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Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 1997 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FA hat den Einkommensteuerbescheid zu Recht dahin geändert, dass es die Einnahmen des Klägers aus Stillhalterprämien als Einkünfte aus Leistungen gem. § 22 Nr. 3 EStG der Besteuerung unterworfen hat. Der Senat hat keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung im Streitjahr 1997.
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1. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Klägers, dass seine Optionsgeschäfte als Stillhalter wegen ihrer wirtschaftlichen Natur als Spekulationsgeschäfte nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG qualifiziert werden müssten. Die Einnahmen des Klägers aus den Optionsgeschäften sind als Einkünfte aus sonstigen Leistungen gemäß § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG zu behandeln. Nach § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG sind sonstige Einkünfte auch Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten noch zu den Einkünften i.S. von § 22 Nr. 1, 1a, 2 oder 4 der Vorschrift gehören. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind dies auch Entgelte, die der Stillhalter als Entschädigung für die Bindung und die Risiken, die er durch das Begeben des Optionsrechts eingeht und unabhängig vom Zustandekommen des Basisgeschäfts allein für das Stillhalten erhält (vgl. BFH-Urteile vom 13. Februar 2008 IX R 68/07, DStR 2008, 765; vom 17. April 2007 IX R 40/06, BStBl II 2007, 608; vom 29. Juni 2004 IX R 26/03, BStBl II 2004, 995, m.w.N.). Dabei trennt der BFH zwischen Eröffnungs-, Basis- und Gegengeschäft (so BFH-Urteile vom 24.06.2003 IX R 2/02, BStBl II 2003, 752, vom 18.12.2002 I R 17/02, BStBl II 2004, 126). Deshalb bilden das die Prämie auslösende Begeben einer Option und das nachfolgende Geschäft (z.B. Glattstellung oder Basisgeschäft) kein einheitliches Termingeschäft. Der Optionsgeber erhält die Prämie als Gegenleistung für eine wirtschaftlich und rechtlich selbständige Leistung, nämlich für seine vertraglich eingegangene Bindung und das damit verbundene Risiko, in Anspruch genommen zu werden. Er behält sie auch dann, wenn er aus der Option nicht in Anspruch genommen wird und ein Basisgeschäft nicht durchführen muss (siehe auch BFH-Urteil vom 28.11.1990 X R 197/87, BStBl II 1991, 300). Unter Beachtung dieser rechtlichen Gegebenheiten hat der Beklagte die vom Kläger erzielten Stillhalterprämien als Einkünfte aus sonstigen Leistungen i.S. von § 22 Nr. 3 EStG bei der Festsetzung der Einkommensteuer für 1997 berücksichtigt, die in ihrer Höhe von xxx.xxx DM unstreitig sind.
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2. Das FA war nach § 165 Abs. 2 AO berechtigt, die bei der Einkommensteuerfestsetzung ursprünglich als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften erfassten xxx.xxx DM im geänderten Bescheid vom 16. März 2005 als Einkünfte aus sonstigen Leistungen der Besteuerung zu unterwerfen. Bei einer Änderung der Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO dürfen sämtliche Fehler, die bei der Steuerfestsetzung unterlaufen sind, beseitigt werden, soweit die Änderung reicht.
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Nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO kann eine Steuer vorläufig festgesetzt werden, soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind. Vorläufig festgesetzt werden kann auch ein Teil einer Steuerfestsetzung. Auch bei einer teilweise vorläufigen Steuerfestsetzung bezieht sich die Vorläufigkeit nicht auf einzelne Besteuerungsgrundlagen, sondern auf die Steuerfestsetzung selbst. Denn die Besteuerungsgrundlagen bilden - außer bei einer gesonderten Feststellung - nur einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheides (§ 157 Abs. 2 AO). Sie gehören nicht zur "Regelung" des Steuerbescheides i.S. des § 118 Satz 1 AO. Allerdings wird regelmäßig Grund und Umfang der Vorläufigkeit des Bescheides dadurch angegeben (§ 165 Abs. 1 Satz 3 AO), dass eine einzelne Besteuerungsgrundlage als ungewiss gekennzeichnet wird. Auch in diesem Fall ist "vorläufig" festgesetzt nicht diese Besteuerungsgrundlage, sondern die Steuer selbst, soweit sie auf der im Steuerbescheid als vorläufig gekennzeichneten Besteuerungsgrundlage beruht. Die (materielle) Bestandskraft des Steuerbescheides bleibt in diesem Umfang offen, bis die Ungewissheit beseitigt und das FA den vorläufigen Steuerbescheid gemäß § 165 Abs. 2 Satz 2 AO entsprechend ändert (BFH-Urteil vom 2. März 2000 VI R 48/97, BStBl II 2000, 332).
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Im Rahmen der geänderten Steuerfestsetzung sind - wie auch in anderen Fällen der Korrektur von Steuerbescheiden - materielle Fehler, die bei der ursprünglichen, vorläufigen Steuerfestsetzung unterlaufen sind, zu berichtigen (§ 177 Abs. 1 und 2 AO). § 177 Abs. 4 AO steht dem nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift bleibt u.a. § 165 Abs. 2 AO "unberührt". Das bedeutet aber nicht, dass die Saldierungsmöglichkeit, die § 177 Abs. 1 und 2 AO vorsieht, bei einer Änderung nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO ausgeschlossen sein soll. Die Saldierungsmöglichkeit führt zu einer materiell-rechtlich zutreffenden Besteuerung, indem sämtliche Fehler im Rahmen der Änderung des Steuerbescheides korrigiert werden dürfen.
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Danach durfte das FA die bisher zu Unrecht als Spekulationsgeschäfte erfassten Einkünfte aus den Optionsgeschäften in der geänderten Steuerfestsetzung als Einkünfte aus sonstigen Leistungen behandeln und der Besteuerung unterwerfen. Mit der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung über die Verfassungswidrigkeit der Besteuerung von Spekulationseinkünften in den Jahren 1997 und 1998 war die Ungewissheit über die Einkünfte nach § 23 EStG beseitigt. Im Rahmen der hierdurch veranlassten Änderung zu Gunsten der Klägers durfte das FA die vertauschten Besteuerungsgrundlagen dahin korrigieren, dass die als Spekulationseinkünfte gesondert festgestellten xxx.xxx DM als solche behandelt und damit steuerfrei gestellt werden und die bisher unzutreffend als Spekulationseinkünfte qualifizierten xxx.xxx DM als Einkünfte aus sonstigen Leistungen steuerpflichtig blieben. Das FA machte damit von seiner Saldierungsmöglichkeit Gebrauch. Bei der Änderung des Einkommensteuerbescheids musste es nicht den unzutreffend als Spekulationseinkünfte bezeichneten Betrag von xxx.xxx DM steuerfrei stellen, sondern nur den Betrag in dessen Höhe materiell-rechtlich Spekulationseinkünfte vorlagen. Das war der gesonderte festgestellte Spekulationsgewinn i.H.v. xxx.xxx DM. Die Verrechnung hält sich im Rahmen der geänderten Steuerfestsetzung.
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Ist der angefochtene Änderungsbescheid durch § 165 Abs. 2 AO gedeckt, ist unerheblich, ob auch § 129 AO dem FA eine Änderungsbefugnis eingeräumt hätte. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 25. November 1980 VIII R 32/77, BStBl II 1981, 419, und BFH-Beschlüsse vom 5. Februar 1992 V B 60/91, BFH/NV 1992, 579, und vom 16. August 1995 VIII B 156/94, BFH/NV 1996, 125) ist ein Änderungsbescheid selbst bei Angabe einer fehlerhaften Änderungsgrundlage rechtmäßig, falls er durch den Tatbestand einer anderen Änderungsvorschrift gedeckt ist.
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3. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger an der Besteuerung der Stillhalterprämien in den Jahren 1997 und 1998 auf der Grundlage von § 22 Nr. 3 EStG teilt der Senat nicht und sieht folglich von einer Vorlage an das BVerfG gem. Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. § 80 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) ab.
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Das BVerfG hat zwar in seinem Urteil 9. März 2004 bei der Besteuerung von Spekulationsgewinnen aus privaten Wertpapiergeschäften im Zeitraum 1997 und 1998 ein gleichheitswidriges Erhebungsdefizit erkannt. Die Übertragung der diesem Urteil zugrunde liegenden Grundsätze auf die Besteuerung der in diesem Verfahren streitigen Optionsgeschäfte ist aber nicht ohne weiteres möglich und im Ergebnis jedenfalls für das Streitjahr abzulehnen. Wie das BVerfG in seinem Beschluss vom 18. April 2006 (2 BvL 8/05, BFH/NV 2006, Beil. 3, 364, zum Veranlagungszeitraum 1996) selbst ausgeführt hat - ohne sich allerdings mangels Zulässigkeit der Vorlage in der Sache verbindlich zu äußern -, spricht gegen eine mögliche, allein unter dem Gesichtspunkt eines Erhebungsdefizits zu erwägende (so auch FG Münster im Vorlagebeschluss vom 5. April 2005 - 8 K 4710/01 E, EFG 2005,1117) Verfassungswidrigkeit von § 22 Nr. 3 EStG, dass die Fragen möglicher struktureller Erhebungsdefizite bei den Einkünften aus Stillhaltergeschäften - anders als bei den Wertpapierspekulationsgeschäften - weder im Schrifttum noch in der Rechtsprechung aufgeworfen worden waren und sie deshalb dem Gesetzgeber nicht zuzurechnen sind.
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Auch der erkennende Senat ist der Auffassung, dass selbst dann, wenn für Optionsgeschäfte in den Jahren 1997 und 1998 kein normatives Umfeld bestanden haben sollte, das die tatsächliche Lastengleichheit der Steuerpflichtigen gewährleistete, dieses mögliche Erhebungsdefizit dem Gesetzgeber jedenfalls nicht zuzurechnen ist und deshalb die Norm in den Streitjahren 1997 und 1998 nicht wegen eines Erhebungsdefizits verfassungswidrig ist (so auch FG Hamburg, Urteil vom 6. November 2008 5 K 137/07, juris).
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Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 1997 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FA hat den Einkommensteuerbescheid zu Recht dahin geändert, dass es die Einnahmen des Klägers aus Stillhalterprämien als Einkünfte aus Leistungen gem. § 22 Nr. 3 EStG der Besteuerung unterworfen hat. Der Senat hat keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung im Streitjahr 1997.
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1. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Klägers, dass seine Optionsgeschäfte als Stillhalter wegen ihrer wirtschaftlichen Natur als Spekulationsgeschäfte nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG qualifiziert werden müssten. Die Einnahmen des Klägers aus den Optionsgeschäften sind als Einkünfte aus sonstigen Leistungen gemäß § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG zu behandeln. Nach § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG sind sonstige Einkünfte auch Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten noch zu den Einkünften i.S. von § 22 Nr. 1, 1a, 2 oder 4 der Vorschrift gehören. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind dies auch Entgelte, die der Stillhalter als Entschädigung für die Bindung und die Risiken, die er durch das Begeben des Optionsrechts eingeht und unabhängig vom Zustandekommen des Basisgeschäfts allein für das Stillhalten erhält (vgl. BFH-Urteile vom 13. Februar 2008 IX R 68/07, DStR 2008, 765; vom 17. April 2007 IX R 40/06, BStBl II 2007, 608; vom 29. Juni 2004 IX R 26/03, BStBl II 2004, 995, m.w.N.). Dabei trennt der BFH zwischen Eröffnungs-, Basis- und Gegengeschäft (so BFH-Urteile vom 24.06.2003 IX R 2/02, BStBl II 2003, 752, vom 18.12.2002 I R 17/02, BStBl II 2004, 126). Deshalb bilden das die Prämie auslösende Begeben einer Option und das nachfolgende Geschäft (z.B. Glattstellung oder Basisgeschäft) kein einheitliches Termingeschäft. Der Optionsgeber erhält die Prämie als Gegenleistung für eine wirtschaftlich und rechtlich selbständige Leistung, nämlich für seine vertraglich eingegangene Bindung und das damit verbundene Risiko, in Anspruch genommen zu werden. Er behält sie auch dann, wenn er aus der Option nicht in Anspruch genommen wird und ein Basisgeschäft nicht durchführen muss (siehe auch BFH-Urteil vom 28.11.1990 X R 197/87, BStBl II 1991, 300). Unter Beachtung dieser rechtlichen Gegebenheiten hat der Beklagte die vom Kläger erzielten Stillhalterprämien als Einkünfte aus sonstigen Leistungen i.S. von § 22 Nr. 3 EStG bei der Festsetzung der Einkommensteuer für 1997 berücksichtigt, die in ihrer Höhe von xxx.xxx DM unstreitig sind.
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2. Das FA war nach § 165 Abs. 2 AO berechtigt, die bei der Einkommensteuerfestsetzung ursprünglich als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften erfassten xxx.xxx DM im geänderten Bescheid vom 16. März 2005 als Einkünfte aus sonstigen Leistungen der Besteuerung zu unterwerfen. Bei einer Änderung der Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO dürfen sämtliche Fehler, die bei der Steuerfestsetzung unterlaufen sind, beseitigt werden, soweit die Änderung reicht.
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Nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO kann eine Steuer vorläufig festgesetzt werden, soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind. Vorläufig festgesetzt werden kann auch ein Teil einer Steuerfestsetzung. Auch bei einer teilweise vorläufigen Steuerfestsetzung bezieht sich die Vorläufigkeit nicht auf einzelne Besteuerungsgrundlagen, sondern auf die Steuerfestsetzung selbst. Denn die Besteuerungsgrundlagen bilden - außer bei einer gesonderten Feststellung - nur einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheides (§ 157 Abs. 2 AO). Sie gehören nicht zur "Regelung" des Steuerbescheides i.S. des § 118 Satz 1 AO. Allerdings wird regelmäßig Grund und Umfang der Vorläufigkeit des Bescheides dadurch angegeben (§ 165 Abs. 1 Satz 3 AO), dass eine einzelne Besteuerungsgrundlage als ungewiss gekennzeichnet wird. Auch in diesem Fall ist "vorläufig" festgesetzt nicht diese Besteuerungsgrundlage, sondern die Steuer selbst, soweit sie auf der im Steuerbescheid als vorläufig gekennzeichneten Besteuerungsgrundlage beruht. Die (materielle) Bestandskraft des Steuerbescheides bleibt in diesem Umfang offen, bis die Ungewissheit beseitigt und das FA den vorläufigen Steuerbescheid gemäß § 165 Abs. 2 Satz 2 AO entsprechend ändert (BFH-Urteil vom 2. März 2000 VI R 48/97, BStBl II 2000, 332).
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Im Rahmen der geänderten Steuerfestsetzung sind - wie auch in anderen Fällen der Korrektur von Steuerbescheiden - materielle Fehler, die bei der ursprünglichen, vorläufigen Steuerfestsetzung unterlaufen sind, zu berichtigen (§ 177 Abs. 1 und 2 AO). § 177 Abs. 4 AO steht dem nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift bleibt u.a. § 165 Abs. 2 AO "unberührt". Das bedeutet aber nicht, dass die Saldierungsmöglichkeit, die § 177 Abs. 1 und 2 AO vorsieht, bei einer Änderung nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO ausgeschlossen sein soll. Die Saldierungsmöglichkeit führt zu einer materiell-rechtlich zutreffenden Besteuerung, indem sämtliche Fehler im Rahmen der Änderung des Steuerbescheides korrigiert werden dürfen.
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Danach durfte das FA die bisher zu Unrecht als Spekulationsgeschäfte erfassten Einkünfte aus den Optionsgeschäften in der geänderten Steuerfestsetzung als Einkünfte aus sonstigen Leistungen behandeln und der Besteuerung unterwerfen. Mit der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung über die Verfassungswidrigkeit der Besteuerung von Spekulationseinkünften in den Jahren 1997 und 1998 war die Ungewissheit über die Einkünfte nach § 23 EStG beseitigt. Im Rahmen der hierdurch veranlassten Änderung zu Gunsten der Klägers durfte das FA die vertauschten Besteuerungsgrundlagen dahin korrigieren, dass die als Spekulationseinkünfte gesondert festgestellten xxx.xxx DM als solche behandelt und damit steuerfrei gestellt werden und die bisher unzutreffend als Spekulationseinkünfte qualifizierten xxx.xxx DM als Einkünfte aus sonstigen Leistungen steuerpflichtig blieben. Das FA machte damit von seiner Saldierungsmöglichkeit Gebrauch. Bei der Änderung des Einkommensteuerbescheids musste es nicht den unzutreffend als Spekulationseinkünfte bezeichneten Betrag von xxx.xxx DM steuerfrei stellen, sondern nur den Betrag in dessen Höhe materiell-rechtlich Spekulationseinkünfte vorlagen. Das war der gesonderte festgestellte Spekulationsgewinn i.H.v. xxx.xxx DM. Die Verrechnung hält sich im Rahmen der geänderten Steuerfestsetzung.
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Ist der angefochtene Änderungsbescheid durch § 165 Abs. 2 AO gedeckt, ist unerheblich, ob auch § 129 AO dem FA eine Änderungsbefugnis eingeräumt hätte. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 25. November 1980 VIII R 32/77, BStBl II 1981, 419, und BFH-Beschlüsse vom 5. Februar 1992 V B 60/91, BFH/NV 1992, 579, und vom 16. August 1995 VIII B 156/94, BFH/NV 1996, 125) ist ein Änderungsbescheid selbst bei Angabe einer fehlerhaften Änderungsgrundlage rechtmäßig, falls er durch den Tatbestand einer anderen Änderungsvorschrift gedeckt ist.
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3. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger an der Besteuerung der Stillhalterprämien in den Jahren 1997 und 1998 auf der Grundlage von § 22 Nr. 3 EStG teilt der Senat nicht und sieht folglich von einer Vorlage an das BVerfG gem. Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. § 80 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) ab.
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Das BVerfG hat zwar in seinem Urteil 9. März 2004 bei der Besteuerung von Spekulationsgewinnen aus privaten Wertpapiergeschäften im Zeitraum 1997 und 1998 ein gleichheitswidriges Erhebungsdefizit erkannt. Die Übertragung der diesem Urteil zugrunde liegenden Grundsätze auf die Besteuerung der in diesem Verfahren streitigen Optionsgeschäfte ist aber nicht ohne weiteres möglich und im Ergebnis jedenfalls für das Streitjahr abzulehnen. Wie das BVerfG in seinem Beschluss vom 18. April 2006 (2 BvL 8/05, BFH/NV 2006, Beil. 3, 364, zum Veranlagungszeitraum 1996) selbst ausgeführt hat - ohne sich allerdings mangels Zulässigkeit der Vorlage in der Sache verbindlich zu äußern -, spricht gegen eine mögliche, allein unter dem Gesichtspunkt eines Erhebungsdefizits zu erwägende (so auch FG Münster im Vorlagebeschluss vom 5. April 2005 - 8 K 4710/01 E, EFG 2005,1117) Verfassungswidrigkeit von § 22 Nr. 3 EStG, dass die Fragen möglicher struktureller Erhebungsdefizite bei den Einkünften aus Stillhaltergeschäften - anders als bei den Wertpapierspekulationsgeschäften - weder im Schrifttum noch in der Rechtsprechung aufgeworfen worden waren und sie deshalb dem Gesetzgeber nicht zuzurechnen sind.
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Auch der erkennende Senat ist der Auffassung, dass selbst dann, wenn für Optionsgeschäfte in den Jahren 1997 und 1998 kein normatives Umfeld bestanden haben sollte, das die tatsächliche Lastengleichheit der Steuerpflichtigen gewährleistete, dieses mögliche Erhebungsdefizit dem Gesetzgeber jedenfalls nicht zuzurechnen ist und deshalb die Norm in den Streitjahren 1997 und 1998 nicht wegen eines Erhebungsdefizits verfassungswidrig ist (so auch FG Hamburg, Urteil vom 6. November 2008 5 K 137/07, juris).
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