1. Der Antrag wird abgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Beschwerde wird zugelassen.
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| Streitig ist im Verfahren zur Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Kernbrennstoffsteuer. |
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| Die Antragstellerin betreibt ein Kernkraftwerk und ist Genehmigungsinhaberin im Sinne des Atomgesetzes. Im Juni 2011 befüllte sie den Kernreaktor i.S.d. § 2 Nr. 5 des Kernbrennstoffsteuergesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I, S. 1804 -- KernbrStG) ihres Kernkraftwerks mit Brennelementen i.S.d. § 2 Nr. 2 KernbrStG und löste am 10. Juni 2011 im Kernreaktor sich selbsttragende Kettenreaktionen i.S.d. § 2 Nr. 4 KernbrStG aus. Die dabei verwendeten Brennelemente enthielten xxxxx Gramm Uran 235 und damit Kernbrennstoff i.S.d. § 2 Nr. 1 Buchst. b KernbrStG. |
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| In Bezug auf diesen -- zwischen den Beteiligten unstreitigen -- Sachverhalt errechnete die Antragstellerin in Befolgung der Vorschriften des KernbrStG entsprechend der Menge des verwendeten Kernbrennstoffs in ihrer am 12. Juli 2011 beim Antragsgegner eingereichten Steueranmeldung vom gleichen Tag Kernbrennstoffsteuer in Höhe von xxxxx EUR. Am 15. Juli 2011 hat sie gegen diese -- als Steuerfestsetzung wirkende -- Steueranmeldung Sprungklage erhoben, welche als Einspruch zu behandeln war, nachdem der Antragsgegner seine hierfür erforderliche Zustimmung nicht erteilt hat. Mit Schreiben ebenfalls vom 15. Juli 2011 hat die Antragstellerin beim Antragsgegner Aussetzung der Vollziehung beantragt. Nach der durch Bescheid vom 20. Juli 2011 erfolgten Ablehnung dieses Antrags, hat sie die Steuer in der angemeldeten Höhe bezahlt. |
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| Mit Antrag vom 26. Juli 2011 begehrt die Antragstellerin nunmehr auf der Grundlage des § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Aufhebung der Vollziehung der vorgenannten Steuerfestsetzung durch das Finanzgericht. Die Rechtmäßigkeit dieser Festsetzung sei ernstlich zweifelhaft. Die ihr zugrunde liegenden Vorschriften des KernbrStG verstießen sowohl gegen Europarecht als auch gegen das Grundgesetz (GG). Hierbei geht die Antragstellerin von folgenden Erwägungen aus: |
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| Die Steuer sei mit den Vorgaben des Europarechts nicht zu vereinbaren. Als Input-Besteuerung von Energieerzeugnissen verstoße die Kernbrennstoffsteuer gegen Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2003/96/EG des Rates zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elek-trischem Strom (EnergieStRL). Entgegen der Annahme des Antragsgegners beziehe diese Richtlinie nicht nur Kohlenwasserstoffe in ihren Anwendungsbereich ein; auch als Heizstoff eingesetzte Brennelemente könnten als Substitutionsstoff der EnergieStRL unterfallen. Das KernbrStG verstoße darüber hinaus gegen das sekundärrechtliche Verbot der Erhebung nicht harmonisierter Verbrauchsteuern auf elektrischen Strom durch die Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (VStSystRL). Weiterhin stelle sich die Kernbrennstoffsteuer als vertragswidrige (indirekte) Besteuerung der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) dar, da das EURATOM zustehende Eigentum an dem Kernbrennstoff belastet werde. Schließlich sei in der Erhebung der Kernbrennstoffsteuer ein Verstoß gegen das EURATOM-Vertragsziel der preisgleichen Versorgung zur Sicherung eines wettbewerbsneutralen Bezuges der Brennelemente als Basis eines freien Preiswettbewerbs auf dem Energiemarkt zu sehen. |
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| Das KernbrStG sei überdies formell verfassungswidrig, weil dem Bund nicht die formelle Gesetzgebungskompetenz zum Erlass eines solchen Gesetzes zustehe. Dies folge daraus, dass |
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| - es sich bei der Kernbrennstoffsteuer entgegen der Gesetzesbegründung gerade nicht um eine Verbrauchsteuer i.S.d. Art. 105 Abs. 2, 1. Alternative, 106 Abs. 1 Nr. 2 GG handele, zumal schon aus der Gesetzesbegründung hervorgehe, dass im Regelfall gerade nicht von der für Verbrauchsteuern kennzeichnenden Überwälzbarkeit auf den Endverbraucher ausgegangen werde, |
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| - die Steuer auch keiner anderen Steuerart i.S.der Finanzverfassung zugeordnet werden könne, für die dem Bund die formelle Gesetzgebungskompetenz ohne Zustimmungserfordernis des Bundesrates zustehe, und |
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| - die Finanzverfassung dem Bund als „einfachem“ Gesetzgeber auch nicht die Kompetenz zubillige, neue Steuerarten zu erfinden und damit ohne Änderung des GG den Katalog der in der Finanzverfassung verankerten Steuerarten zu erweitern. |
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| Das KernbrStG verstoße außerdem gegen den durch Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich verbürgten Gleichheitsgrundsatz. Denn die nicht auf den Endverbraucher überwälzbare Steuer belaste die Betreiber von Kernkraftwerken einseitig, was gegen das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und damit gegen eine spezielle Ausprägung der Gewährleistungen des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Das Gesetz sei ferner wegen Verstoßes gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG verfassungswidrig. Als rechtfertigungsbedürftige Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG müsse es mit höherrangigem Recht, insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang stehen; das sei indessen nicht der Fall. Schließlich verstoße die Erhebung der Steuer auch gegen die Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000, was -- unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes -- ebenfalls gegen die Verhältnismäßigkeit der Eigentumsbeeinträchtigung spreche. |
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| Aufgrund der dargelegten Rechtsverstöße sei die Vollziehung der angefochtenen Steueranmeldung aufzuheben. Soweit die Rechtsprechung des BFH die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei Einwendungen gegen die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Bestimmung zusätzlich davon abhängig mache, dass dem Interesse des Steuerpflichtigen im Einzelfall höheres Gewicht als dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zukommt, sei diese vorliegend nicht einschlägig. Denn sie knüpfe an den Geltungsanspruch jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes an. Gerade darauf -- nämlich auf die Zuständigkeit der das Gesetz beschließenden Körperschaft -- beziehe sich indessen ein nicht unwesentlicher Teil der geltend gemachten Zweifel. Abgesehen davon müsse eine -- etwa gleichwohl gebotene -- Interessenabwägung unter den gegebenen Umständen zu ihren Gunsten ausfallen. |
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| Die Antragstellerin beantragt, |
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| die Aufhebung der Vollziehung der Kernbrennstoffsteuer-Anmeldung vom 12. Juli 2011 bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung der Entscheidung über die beim beschließenden Senat unter 11 K 4045/11 anhängige Klage anzuordnen. |
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| Der Antragsgegner beantragt, |
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| Es bestünden keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerfestsetzung. Das KernbrStG stehe in Einklang mit den Vorgaben des Unionsrechts; auch sei das Gesetz formell und materiell verfassungsgemäß. |
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| Ein Verstoß gegen die EnergieStRL könne schon deshalb nicht angenommen werden, weil der Anwendungsbereich dieser Richtlinie durch das KernbrStG nicht berührt werde; die Richtlinie sei weder ihrem Wortlaut nach noch analog anwendbar. Auch eine Umgehung der Regelungen der VStSystRL liege nicht vor; zwischen dem Besteuerungstatbestand und dem Steuertarif des KernbrStG einerseits und der Besteuerung elektrischen Stroms andererseits bestehe kein so unmittelbarer und untrennbarer Zusammenhang, dass die Kernbrennstoffsteuer als auf die Erzeugung von Strom erhoben anzusehen sei. Die Annahme des von der Antragstellerin behaupteten Verstoßes des KernbrStG gegen die Regelungen des EURATOM-Vertrages scheitere daran, dass es sich bei der Kernbrennstoffsteuer weder um einen Ein- oder Ausfuhrzoll noch um eine nach Art. 93 des EURATOM-Vertrages ebenfalls untersagte Abgabe gleicher Wirkung handele; auch eine Diskriminierung im innergemeinschaftlichen Warenverkehr finde für Kernbrennstoffe nicht statt. Die Antragstellerin übersehe bei ihrer Argumentation ferner, dass die Steuerschuldnerschaft nach § 5 Abs. 1 KernbrStG nicht am Eigentum an den Kernbrennstoffen, sondern an deren Nutzung anknüpfe und insofern EURATOM nicht treffe. |
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| Das KernbrStG entspreche auch den nationalen verfassungsrechtlichen Vorgaben. Insbesondere habe der Bund für die Einführung eines solchen Gesetzes nach Art. 105 Abs. 2 i. V. m. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG die Gesetzgebungskompetenz. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin handele es sich bei der Kernbrennstoffsteuer nämlich durchaus um eine Verbrauchsteuer. |
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| Der Gesetzgeber habe mit dem KernbrStG schließlich auch keine Grundrechte der Antragstellerin verletzt. Die Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) seien gewahrt. Ein Verstoß gegen die durch Art. 14 GG gewährleistete Eigentumsgarantie liege schon deshalb nicht vor, weil die Einführung einer lediglich die Renditeerwartungen eines Unternehmers betreffenden gesetzlichen Regelung nicht in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG falle. |
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| Wegen aller Einzelheiten der -- vorstehend lediglich zusammenfassend wiedergegebenen -- Argumentationen der Beteiligten wird auf die Antragsschrift vom 26. Juli 2011 und die ergänzenden Stellungnahmen der Antragstellerin vom 7. September und 11. November 2011 einerseits sowie die Antragserwiderung vom 24. August 2011 und die Stellungnahme vom 14. Oktober 2011 des Antragsgegners andererseits, einschließlich der dort jeweils beigefügten Anlagen, Bezug genommen. |
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| 1. Der Antrag auf Aufhebung der Vollziehung ist zulässig. |
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| Insbesondere ist die in § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO geregelte Zugangsvoraussetzung erfüllt. Danach setzt die Zulässigkeit eines Antrags nach § 69 Abs. 3 FGO grundsätzlich voraus, dass die Finanzbehörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zuvor ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das ist vorliegend geschehen. Der Antragsgegner hat mit Verfügung vom 20. Juli 2011 einen solchen Antrag der Antragstellerin abgelehnt. |
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| Dass der gerichtliche Antrag nach der zwischenzeitlich erfolgten Zahlung der Steuer nicht mehr auf Aussetzung, sondern nunmehr auf Aufhebung der Vollziehung gerichtet ist, steht dem nicht entgegen. Über das ebenfalls in § 69 Abs. 3 FGO (vgl. dort Satz 3) vorgesehene Aufhebungsbegehren ist nach den gleichen Kriterien zu entscheiden wie über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung; diesbezüglich liegt aber eine Entscheidung der Behörde bereits vor. |
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| Ein Antrag auf Aufhebung der Vollziehung mit dem Ziel der Erstattung der entrichteten Steuer ist auch nicht deshalb unzulässig, weil die Steuer aufgrund einer Steueranmeldung entrichtet worden ist. Aus dem Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13. August 1997 I B 30/97 (BFHE 180, 15, BStBl II 1997, 700) ergibt sich nichts anderes. Soweit es dem Antragsteller in jener Entscheidung verwehrt worden ist, im Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO eine Aussetzung oder eine Aufhebung der Vollziehung mit der Maßgabe geltend zu machen, dass bereits entrichtete Beträge an ihn erstattet werden, beruhte das auf der -- vorliegend nicht gegebenen -- Sonderkonstellation, in der er Vergütungsgläubiger war, die Steuer indessen von einem anderen Steuerpflichtigen angemeldet und entrichtet worden war. |
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| 2. Der zulässige Antrag ist indessen nicht begründet. |
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| a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen und -- sollte der Verwaltungsakt bereits vollzogen sein -- die Vollziehung wieder aufheben. Dies soll geschehen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Das wiederum ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH der Fall, wenn bei summarischer Prüfung des Verwaltungsakts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (vgl. z. B. den Beschluss vom 11. Juni 2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663, m.w.N.). Davon kann auch auszugehen sein, wenn Zweifel daran bestehen, ob die gesetzliche Vorschrift, auf der der angefochtene Verwaltungsakt beruht, im Einklang mit dem primären und sekundären europäischen Unionsrecht oder aber mit dem nationalen Verfassungsrecht steht. |
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| Grundsätzlich setzt eine Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung nicht voraus, dass die gegen die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründe überwiegen; es genügt vielmehr, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs ebensowenig auszuschließen ist wie sein Misserfolg. Ist die Rechtslage nicht eindeutig, ist im Regelfall die Vollziehung auszusetzen (vgl. auch den BFH-Beschluss vom 25. August 2009 VI B 69/09, BFHE 226, 85, BStBl II 2009, 826, m.w.N.). |
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| Allerdings ist bei Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit eines formell ordnungsgemäß zustande gekommenen Bundesgesetzes zu beachten, dass Zweifel allein dessen Geltungsanspruch noch nicht beeinträchtigen. Erst die Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit einer solchen Norm berechtigt ein Fachgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG dazu, zur verbindlichen Klärung der Verfassungsmäßigkeit das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anzurufen und damit das Verfahren der konkreten Normenkontrolle einzuleiten (st. Rspr. des BVerfG vgl. z. B. die Nachweise bei Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Rz. 10 zu Art. 100); auch das BVerfG muss mehrheitlich von der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes i.S.d. Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG überzeugt sein, um diese feststellen oder das Gesetz für unvereinbar mit dem GG erklären zu können (§ 15 Abs. 4 Satz 3 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes). Das kann nach Auffassung des Senats nicht ganz ohne Einfluss auf den Entscheidungsmaßstab in dem -- in Bezug auf das Hauptsacheverfahren akzessorischen -- Verfahren zur Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes bleiben. Für dieses auf summarische Prüfung angelegte Verfahren bedeutet das, dass lediglich solche Einwendungen gegen die Verfassungsmäßigkeit einer Norm ernstliche Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 2 FGO begründen und zu einer Aussetzung der Vollziehung führen können, deren Gewicht und Stringenz bereits in dem nur überschlägigen Erkenntnisverfahren erwarten lassen, dass die Feststellung der Verfassungswidrigkeit ernsthaft in Betracht kommt. |
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| Ob der im Schrifttum (vgl. etwa Specker in Deutsche Steuerzeitung --DStZ-- 2010, 800) stark kritisierten Auffassung des BFH zu folgen ist, wonach an eine Aussetzung der Vollziehung bei Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Steuergesetzes weitergehende Anforderungen zu stellen sind und eine solche Anordnung nur dann gerechtfertigt sein kann, wenn überdies das individuelle Aussetzungsinteresse des Steuerpflichtigen das öffentliche Interesse an der Sicherung des Staatshaushalts überwiegt (vgl. hierzu etwa die Beschlüsse vom 20. Juli 1990 III B 144/89, BFHE 162, 542, BStBl II 1991, 104 und zuletzt vom 1. April 2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558; deutlich zurückhaltend allerdings die neuere Rspr. des 6. Senats des BFH, vgl. die Beschlüsse vom 23. August 2007 VI B 42/07, BFHE 218, 558, BStBl II 2007, 799 sowie vom 25. August 2009 VI B 69/09, BFHE 226, 85, BStBl II 2009, 826), lässt der Senat im Streitfall offen. |
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| b) Unter Berücksichtigung der in diesem Antragsverfahren in Bezug auf Prüfungsintensität und Erkenntnismaßstab zu beachtenden Besonderheiten kommt eine Aufhebung der Vollziehung der einer Steuerfestsetzung gleichstehenden Steueranmeldung (§ 168 Satz 1 AO) nicht in Betracht. Nach der danach gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung begründen die von der Antragstellerin vorgetragenen Einwendungen in Bezug auf diese Steuerfestsetzung keine hinreichend gewichtigen Zweifel an deren Rechtmäßigkeit. |
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| Dies gilt zunächst für die Frage der korrekten Anwendung der Vorschriften des KernbrStG auf den im Juni 2011 erfolgten erstmaligen Einsatz von Brennelementen und die dadurch hervorgerufene Auslösung sich selbsttragender Kettenreaktionen im Kernreaktor. Nachdem auch die Antragstellerin diesbezüglich keine Einwendungen erhebt, bedarf das keiner weiteren Ausführungen. |
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| Die der Festsetzung zugrunde liegenden Vorschriften des KernbrStG stehen aber -- vorbehaltlich bei vertiefter Befassung etwa zutage tretender anderer Erkenntnisse -- darüber hinaus auch sowohl mit den Regelungen des GG als auch mit den Vorgaben des Unionsrechts in Einklang. |
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| aa) Insbesondere hält der beschließende Senat die von der Antragstellerin erhobenen -- und vom FG Hamburg in seinem Beschluss vom 16. September 2011 4 V 133/11, EFG 2011, 2103 ff., sowie vom FG München in seinem Beschluss vom 5. Oktober 2011 14 V 2155/11, juris, geteilten -- Bedenken gegen die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das KernbrStG nicht für hinreichend gewichtig, um die Rechtmäßigkeit der auf der Grundlage dieses Gesetzes erfolgten Steuerfestsetzungen ernstlich zweifelhaft erscheinen zu lassen. |
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| Die in Art. 104a ff. GG getroffenen Regelungen über die Finanzverfassung unterscheiden hinsichtlich der Gesetzgebungszuständigkeiten in Art. 105 GG zwischen Zöllen und Finanzmonopolen, für die dem Bund nach Abs. 1 die ausschließliche Kompetenz zukommt, und den übrigen Steuern, für die dem Bund nach Abs. 2 eine konkurrierende Kompetenz unter der Voraussetzung eingeräumt ist, dass ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen. Soweit in Art. 105 Abs. 2 GG an die Ertragshoheit angeknüpft wird, sind die in Art. 106 GG getroffenen Regelungen mit einzubeziehen. Dort sind in den Abs. 1 und 3 die Steuerarten aufgezählt, deren Aufkommen dem Bund entweder allein oder gemeinsam mit den Ländern zusteht. Nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG steht das Aufkommen aus den Verbrauchsteuern grundsätzlich -- d. h. von dort geregelten, vorliegend nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen -- dem Bund zu. Das gilt auch für die Kernbrennstoffsteuer. Deren Einordnung als Verbrauchsteuer im Sinne des Art. 106 GG ist nicht ernstlich zweifelhaft. |
|
| Allerdings sieht der Senat die Kernbrennstoffsteuer nicht schon deshalb als Verbrauchsteuer an, weil sie in § 1 Abs. 1 Satz 2 KernbrStG als solche bezeichnet ist. Für die Verteilung der Gesetzgebungskompetenz für eine Steuer ist deren Bezeichnung nicht entscheidend; vielmehr sind die maßgebenden Kriterien für die Bestimmung der Steuerart die Steuertatbestände, der Steuermaßstab sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen der Steuer, wobei auf die Sicht des traditionellen deutschen Steuerrechts abzustellen ist (st. Rspr. des BVerfG, vgl. bereits das Urteil vom 10. Mai 1962 1 BvL 31/58, BVerfGE 14, 76 ff. <91>, und aus jüngerer Zeit das Urteil vom 4. Februar 2009 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1 ff. <16> zur Hamburgischen Spielgerätesteuer). Wäre es anders, läge es in der Hand jeder als Steuergesetzgeber nach den Regelungen des GG grundsätzlich in Betracht kommenden Gebietskörperschaft, durch eine entsprechende Bezeichnung des Steuergesetzes die Gesetzgebungskompetenz und die Ertragshoheit auch für Rechtsmaterien an sich zu ziehen, für die das GG eine andere Kompetenzzuweisung geregelt hat. |
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| Der in Art. 106 GG verwendete Begriff der Verbrauchsteuer ist zwar im GG selbst nicht definiert; er hat jedoch in der und durch die Rechtsprechung des BFH sowie des BVerfG (insbesondere durch das Urteil des BFH vom 26. Juni 1984 VII R 60/83, BFHE 141, 369 sowie die Urteile des BVerfG vom 7. Mai 1998 2 BvR 1991/95, 2 BvR 2004/95, BVerfGE 98, 106 ff. <123 f.> zur kommunalen Verpackungsteuer und vom 20. April 2004 1 BvR 905/00, BVerfGE 110, 274 ff. <295> zur sog. Ökosteuer) gewisse Konturen erfahren. Danach sind Verbrauchsteuern Warensteuern, die den Verbrauch vertretbarer, regelmäßig zum baldigen Verzehr oder kurzfristigen Verbrauch bestimmter Güter des ständigen Bedarfs belasten. Abgesehen von diesem Steuergegenstand sind Verbrauchsteuern dadurch gekennzeichnet, dass sie an das Verbringen des Verbrauchsguts in den allgemeinen Wirtschaftsverkehr anknüpfen und deshalb regelmäßig bei dem dieses Gut anbietenden Unternehmer erhoben werden, gleichwohl aber auf Abwälzung auf den Verbraucher angelegt sind (vgl. BVerfGE 98, 106 ff. <123 f.>). |
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| Gemessen daran können auch die in § 2 Nrn. 1 bis 3 KernbrStG definierten Kernbrennstoffe als verbrauchsfähige Güter und damit als -- wenn auch untypische -- taugliche Gegenstände einer Verbrauchsteuer beurteilt werden. Dass sie nach Gebrauch -- also nach dem „Abbrennen“ der Brennstäbe -- substanziell noch vorhanden sind, steht dem nicht entgegen. Denn sie sind in diesem Zustand bis zu einer etwaigen Aufbereitung bzw. Anreicherung wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll zur Wärmegewinnung und damit auch zur Stromerzeugung nutzbar. Verbrauchsfähig im Sinne des Verbrauchsteuerrechts ist ein Gut auch dann, wenn es aufgrund seines Gebrauchs trotz physischer Fortexistenz seinen wirtschaftlichen Wert verliert (so auch Jatzke, Die Kernbrennstoffsteuer - ein Exot im Deutschen Verbrauchsteuerecht, ZfZ 2010, 278 ff. <280> unter Hinweis auf das zu den Voraussetzungen eines Verbrauchs bei Mineralölen ergangene Urteil des BFH vom 6. Dezember 2005 VII R 43/04, BFHE 212, 340, BFH/NV 2006, 689). |
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| Auch der Umstand, dass sich der so verstandene Verbrauch der Kernbrennstoffe ausschließlich innerhalb eines Produktionsprozesses vollzieht, dürfte die Qualifizierung der Kernbrennstoffsteuer als Verbrauchsteuer nicht ausschließen. Immerhin hat das BVerfG in seiner Entscheidung zur Öko-Steuer (BVerfGE 110, 274 ff. <295>, mit Hinweisen auf seine ältere Rspr.) hervorgehoben, dass der Begriff der Verbrauchsteuer nach traditionellem deutschem Steuerrecht nicht nur Steuern auf Güter des "letzten" Verbrauchs im Sinne einer Belastung des Verbrauchs im privaten Haushalt umfasse, sondern auch den produktiven Bereich betreffe; es gebe keinen Rechtssatz, der das Anknüpfen einer Verbrauchsteuer an ein Produktionsmittel verbiete (im Ergebnis ebenso Wernsmann, Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Kernbrennstoffsteuer, NVwZ 2011, 1367, a. A. Birk, Handelsblatt Steuerboard vom 21. Juli 2011, zweifelnd auch das FG Hamburg in seinem Beschluss vom 16. September 2011 4 V 133/11, EFG 2011, 2103). |
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| Anders als die Finanzgerichte Hamburg und München (a. a. O.) hält der Senat die an die Kernbrennstoffsteuer als Verbrauchsteuer anknüpfende Gesetzgebungskompetenz des Bundes bei summarischer Beurteilung auch insofern für hinreichend geklärt, als diese Kompetenz die Abwälzbarkeit der Steuer nicht zwingend voraussetzt. Dabei verkennt der Senat nicht, dass das BVerfG in seinen Urteilen zur kommunalen Verpackungsteuer und zur Ökosteuer (a. a. O.) auch die Abwälzbarkeit der Steuer als Voraussetzung einer Verbrauchsteuer jeweils noch im Rahmen seiner Prüfung der Gesetzgebungszuständigkeit erörtert und bejaht hatte. Denn das BVerfG ist bei diesem Erkenntnisstand nicht stehen geblieben. Es hat vielmehr im Jahr 2009 seine Rechtsprechung zu der ebenfalls auf Abwälzbarkeit angelegten Aufwandsteuer in seiner Entscheidung zur Hamburgischen Spielgerätesteuer (BVerfGE 123, 1 ff. <18>) in diesem Punkt weiterentwickelt und -- insoweit gegen die vorausgegangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des BFH -- einem materiellen Verständnis der Kompetenznormen eine Absage erteilt. Es unterscheidet nunmehr für die kompetenzrechtliche Prüfung im Interesse der Formenklarheit zwischen dem Begriff und den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Steuer. Die von Marktgegebenheiten abhängige Abwälzbarkeit der Steuer sei zwar Bedingung ihrer materiellen Verfassungsmäßigkeit, lasse jedoch die Gesetzgebungskompetenz unberührt; sie sei kein den Charakter dieser Steuer prägendes Wesensmerkmal. Beurteile man dies anders und mache die Gesetzgebungskompetenz für eine Aufwandsteuer (auch) von einem bestimmten Grad ihrer Abwälzbarkeit auf die Destinatäre abhängig, dann könne dies zu dem Ergebnis führen, dass die Kompetenz zur Regelung einer Steuerart -- je nach deren näherer Ausgestaltung -- in einem Veranlagungszeitraum von Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG gedeckt wäre, in einem anderen nicht. |
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| Der Senat hat keine Zweifel daran, dass diese Erwägungen auf Verbrauchsteuern übertragen werden können (ebenso Wernsmann NVwZ 2011, 1367 f.). Auch für deren verfassungsrechtliche Kompetenzgrundlage kann es nicht auf den Grad der -- von den jeweils aktuellen Gegebenheiten auf dem Strommarkt abhängigen -- Abwälzbarkeit der Steuer auf die Bezieher von Atomstrom ankommen. Als Voraussetzung für die Gesetzgebungskompetenz des Bundes zum Erlass eines Verbrauchsteuergesetzes erforderlich, aber auch ausreichend ist es allein, dass der Steuergegenstand eines solchen Gesetzes an den Verbrauch einer näher definierten Ware anknüpft. Das ist indessen durch die Regelungen in §§ 1 und 2 KernbrStG ersichtlich gewährleistet. |
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| bb) Auch die weiteren verfassungsrechtlichen Erwägungen der Antragstellerin vermögen die Verfassungsmäßigkeit des KernbrStG nicht ernsthaft in Frage zu stellen. Der Senat vermag bei summarischer Prüfung keinen Verstoß dieses Gesetzes gegen grundrechtliche Gewährleistungen zu erkennen. |
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| aaa) Insbesondere verstößt das KernbrStG nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. |
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| (1) Der in der genannten Vorschrift geregelte -- sowohl für die Rechtsetzung wie auch die Rechtsanwendung geltende -- allgemeine Gleichheitssatz verlangt zwar, dass wesentlich Gleiches auch gleich behandelt wird; er gebietet aber zugleich, dass wesentlich ungleiche Sachverhalte ungleich behandelt werden. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Für den Sachbereich des Steuerrechts verbürgt der allgemeine Gleichheitssatz den Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten. Dabei billigt das BVerfG dem Gesetzgeber für die Auswahl des Steuergegenstandes und damit für die Erschließung einer bestimmten Steuerquelle in ständiger Rechtsprechung einen weitreichenden Spielraum zu (vgl. z. B. BVerfGE 123, 1 ff. <20 f.> und 117, 1 ff. <30>, jeweils m. w. N.). |
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| Entschließt sich der Gesetzgeber, eine bestimmte Steuerquelle zu erschließen, andere dagegen nicht auszuschöpfen, so ist der allgemeine Gleichheitssatz nicht verletzt, wenn finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische oder steuertechnische Erwägungen die verschiedene Behandlung motivieren, wobei es genügt, dass einer der genannten Gründe die verschiedene Behandlung trägt (so etwa der Beschluss des BVerfG vom 6. Dezember 1983 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325 ff. <354>, m. w. N., zur kommunalen Zweitwohnungssteuer); spätestens seit im Jahr 1994 auch der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen durch Einfügung des Art. 20a Aufnahme in das GG gefunden hat, können auch Belange des Umweltschutzes Anknüpfungspunkt für eine unterschiedliche Behandlung von Sachverhalten sein. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers endet erst dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also kein einleuchtender Grund mehr für die Gleich- oder Ungleichbehandlung besteht. Nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen der gesetzgeberischen Freiheit (Willkürverbot) ist vom BVerfG nachzuprüfen (vgl. nochmals BVerfGE 65, 325 ff. <354>, sowie -- auf den Besteuerungsmaßstab bezogen -- BVerfGE 123, 1 ff. <20 f.>; vgl. ferner das BFH-Urteil vom 14. Oktober 1987 II R 11/85, BFHE 151, 285, BStBl II 1988, 73). |
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| (2) Die Auswahl von Kernbrennstoffen als Steuergegenstand einer Verbrauchsteuer erscheint bei summarischer Beurteilung nicht willkürlich. Zwar wird aufgrund des KernbrStG die Erzeugung von Energie durch Spaltung von Kernbrennstoffen anders behandelt als andere Methoden der Energieerzeugung; die Betreiber von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen werden mit einer Steuer belastet, der die Betreiber anderer Kraftwerke nicht ausgesetzt sind. Die darin liegende Ungleichbehandlung beruht indessen auf Unterschieden im Sachverhalt, nämlich darauf, auf welche Art und Weise die Energie jeweils erzeugt wird. Dass der Gesetzgeber diese Unterschiede für besteuerungserheblich erachtet hat, vermag der Senat nicht zu beanstanden. Das gilt nicht zuletzt deshalb, weil er den Verbrauch fossiler Brennstoffe seit jeher zum Gegenstand von Verbrauchsteuern gemacht hat. Auch für eine an den Verbrauch von Kernbrennstoffen anknüpfende Steuer lassen sich sachliche Gründe anführen. |
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| Diese liegen zum einen in dem Ziel der Haushaltskonsolidierung. Dieses Ziel ist in der Begründung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Gesetzentwurfs (BT-Drs. 17/3054 vom 18. September 2010) vorrangig erwähnt. Die dort sowohl im Zusammenhang mit der Darstellung von „Problem und Ziel“ der angestrebten Regelung als auch im Allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung gemachten Ausführungen lassen jedoch daneben auch einen speziellen Bezug zu den durch den Betrieb von Anlagen, in denen durch Spaltung von Kernbrennstoffen Energie erzeugt wird, verursachten (Folge-)Kosten erkennen, wenn dort gerade auf die besondere Belastung des Haushalts mit den Kosten des Weiterbetriebs und der anschließenden Stilllegung der Schachtanlage hingewiesen wird. Vor dem Hintergrund des Beschlusses des Bundeskabinetts vom 28. September 2010 erweist sich das KernbrStG auch als Bestandteil des von der Bundesregierung entwickelten Energiekonzepts für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung (vgl. dazu die über www.bundesregierung.de/Content/DE/StatischeSeiten/Breg/Energiekonzept/dokumente.htmlabrufbare PDF-Datei, dort insbesondere auf Seite 16 unten). |
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| Ihre Einführung ist gerade unter dem Aspekt des allgemeinen Gleichheitssatzes umso weniger zu beanstanden, als auch der Verbrauch fossiler Brennstoffe durch Abgaben belastet ist. An diesen knüpfen nämlich das Energiesteuergesetz (EnergieStG) und zuvor das Mineralölsteuergesetz seit jeher steuerliche Belastungen. Mit der Besteuerung auch des Verbrauchs von Kernbrennstoffen hat der Gesetzgeber die im EnergieStG getroffene Belastungsentscheidung lediglich ergänzt und auf einen weiteren Bereich der -- wenn auch in anderer Weise -- umweltbeeinträchtigenden Energiegewinnung erstreckt. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das europäische Emissionshandelssystem zwar die Betreiber CO2 emittierender Kraftwerke, nicht aber die Betreiber von Kernkraftwerken mit zusätzlichen Kosten belastet. |
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| Mit der Einführung des KernbrStG hat der Gesetzgeber mithin im Ergebnis Wettbewerbsvorteile ausgeglichen, die die Erzeugung von Energie mittels Spaltung von Kernbrennstoffen aufgrund ihrer abgabenrechtlichen Privilegierung bislang strukturell gegenüber anderen Energieträgern hatten. Es kann offen bleiben, ob vor diesem Hintergrund eine steuerliche Belastung auch des Verbrauchs mittels Spaltung von Kernbrennstoffen erzeugter Energie nicht sogar gleichheitsrechtlich geboten war. Jedenfalls greift bei summarischer Betrachtung der Vorwurf der Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG in Bezug auf die Einführung einer Steuer, die diese Belastung zur Folge hat, nicht durch. |
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| bbb) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin vermag der beschließende Senat auch keinen Verstoß gegen deren Freiheitsgrundrechte zu erkennen. |
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| (1) In Bezug auf die von ihr herangezogene Eigentumsgarantie des Art. 14 GG ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es nach der Rechtsprechung des BVerfG schon zweifelhaft ist, ob eine Belastung mit Steuern den Schutzbereich des Art. 14 GG überhaupt berührt. Während dessen Erster Senat hierin bis zur Grenze der erdrosselnden Wirkung von Abgaben keine Beeinträchtigung des Schutzbereichs des Art. 14 GG sieht, sondern die Verfassungsmäßigkeit der Intensität der Steuerbelastung am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GG prüft, hat der Zweite Senat bislang offengelassen, ob Abgaben generell Eigentumsbeeinträchtigungen darstellen, dies aber jedenfalls für Abgaben bejaht, die an das Innehaben einer bestimmten Eigentumsposition anknüpfen (vgl. hierzu die bei Jarass/Pieroth, Kommentar zum GG, 11. Aufl. 2011, Rz. 32a zu Art. 14 nachgewiesene Rechtsprechung). Da die Kernbrennstoffe gemäß Art. 86 des EURATOM-Vertrages (in seiner durch den Vertrag von Lissabon 2007 neu verabschiedeten Fassung; vgl. ABl. der EU 2010 C 84/99) im Eigentum der Europäischen Atomgemeinschaft (EURATOM) stehen, nennt die Antragstellerin folgerichtig nicht diese selbst, sondern ihr Eigentum an den kerntechnischen Anlagen als Gegenstand der eigentumsrechtlichen Gewährleistungen. |
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| Unabhängig davon, welchem Verständnis bezüglich des Schutzbereichs des Art. 14 GG der Vorzug zu geben ist, besteht Übereinstimmung dahingehend, dass die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Auferlegung von Steuerlasten durch die allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit begrenzt werden (vgl. hierzu und zum Folgenden den Beschluss des BVerfG vom 18. Januar 2006 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 ff. <114 f.>). Allerdings bietet die Belastung mit Steuern den im Verhältnismäßigkeitsprinzip enthaltenen Geboten der Eignung und Erforderlichkeit kaum greifbare Anhaltspunkte für eine Begrenzung. Jenseits erdrosselnder Wirkung werden zur Deckung des staatlichen Finanzierungsbedarfs erhobene Steuern an diesem Zweck gemessen grundsätzlich geeignet und erforderlich sein. Aber auch, soweit man den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf die darin enthaltenen Anforderungen der Angemessenheit und Zumutbarkeit bezieht, läuft jede auf eigentumsschonende Besteuerung gerichtete Forderung Gefahr, dem Gesetzgeber eine -- so in der Verfassung nicht vorgesehene -- verfassungsgerichtliche Ausgaben- und damit auch eine Aufgabenbeschränkung aufzuerlegen. |
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| (2) Gestützt auf diese vom BVerfG entwickelten Maßstäbe geht der Senat davon aus, dass eine Steuerbelastung jedenfalls dann keinen unzulässigen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht darstellt, wenn sie dem Grundrechtsträger von dem Erfolg der gewerblichen Nutzung seines Eigentums, mag sie auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Rendite führen, noch so viel belässt, dass deren Fortsetzung lohnend erscheint. Dass diese Grenze durch das KernbrStG überschritten wurde, hat die Antragstellerin weder behauptet noch glaubhaft gemacht. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass es ihr infolge der zusätzlichen Belastung mit der Kernbrennstoffsteuer nicht mehr gelingen könnte, ihre kerntechnischen Anlagen rentierlich zu betreiben. |
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| (3) Soweit die Antragstellerin einen Anspruch auf weitergehende Verschonung ihrer durch Art. 14 GG geschützten Rechtsgüter daraus ableitet, dass eine an den Verbrauch von Waren anknüpfende Steuer auch auf Abwälzbarkeit angelegt sein müsse, um verfassungsrechtlichen Anforderungen zu genügen, überzeugt diese Auffassung in Bezug auf die Kernbrennstoffsteuer nicht. Bei dieser Auffassung wird nämlich nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Postulat der Abwälzbarkeit auf den Endverbraucher bei Verbrauchsteuern darauf beruht, dass diese aus Gründen der Gewährleistung einer effektiven Steueraufsicht typischerweise als indirekte Steuern ausgestaltet sind, d. h. tatbestandlich an ein dem materiellen Belastungsziel vorgelagertes Verhalten anknüpfen. |
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| Die Voraussetzung der Abwälzbarkeit soll -- wenn auch nicht in jedem Einzelfall, so doch grundsätzlich, jedenfalls aber tendenziell -- gewährleisten, dass die Steuerbelastung letztlich den Destinatär, also denjenigen trifft, bei dem der Verbrauch der mit der Steuer belegten Ware konkret stattfindet. Die Kernbrennstoffsteuer in ihrer Ausgestaltung durch das KernbrStG hingegen ist -- anders als herkömmliche Verbrauchsteuern -- keine indirekte, sondern eine direkte Verbrauchsteuer. Das materielle Belastungsziel des Gesetzes ist der Verbrauch von Kernbrennstoffen; dieser findet im Unternehmen des Betreibers einer entsprechend eingerichteten Anlage statt. Nach dem im Ökosteuer-Urteil (BVerfGE 110, 274 ff <296>) dargelegten und mit Nachweisen versehenen verfassungsgerichtlichen Befund, wonach es keinen Rechtssatz gebe, der das Anknüpfen einer Verbrauchsteuer an ein Produktionsmittel verbietet, begegnet aber auch dies keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. |
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| Wenn danach für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer solchen -- direkten -- Verbrauchsteuer das Kriterium der Abwälzbarkeit überhaupt noch eine Rolle spielt, dann dürfen an die Abwälzbarkeit der Steuer auf die Abnehmer der durch Verbrauch des Steuergegenstandes erzeugten Energie jedenfalls keine besonderen Anforderungen gestellt werden. Es muss vielmehr genügen, dass der Betreiber einer entsprechenden Anlage die Energieerzeugung mittels der Spaltung von Kernbrennstoffen auch bei Einbeziehung der Steuer in die Selbstkosten noch wirtschaftlich betreiben kann. Dass die Steuer seinen Ertrag schmälert, ändert nichts daran, dass sie in diesem Fall letztlich über den Strompreis von den Stromkunden getragen wird. Die Abwälzbarkeit setzt nicht voraus, dass der Stromerzeuger den Strompreis im Hinblick auf die Steuer wenn nicht ganz, so jedenfalls teilweise erhöhen kann. |
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| (4) An der Einführung des KernbrStG war der Gesetzgeber auch nicht durch die Verständigung gehindert, die die Bundesregierung am 14. Juni 2000 mit den Energieversorgungsunternehmen getroffen hatte. |
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| In den dort unter III. 2. zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Betrieb der Anlagen während der Restlaufzeit festgehaltenen Abreden ist zwar geregelt, dass die Bundesregierung keine Initiative ergreift, mit der die Nutzung der Kernenergie durch einseitige Maßnahmen beeinträchtigt wird, und dies namentlich auch für das Steuerrecht gilt. Unabhängig davon, welcher der im Verfahren betreffend die Abgrenzung der Kompetenzen von Bund und Ländern im Zusammenhang mit der Nachrüstung des Kernkraftwerks innerhalb des Zweiten Senats des BVerfG vertretenen divergierenden Auffassungen zur Bindungswirkung der Vereinbarung vom 14. Juni 2000 (vgl. hierzu die Ausführungen im Urteil vom 19. Februar 2002 2 BvG 2/00, BVerfGE 104, 249 ff., dort auf S. 268 -- Senatsmehrheit -- einerseits und auf S. 277 f. -- dissenting vote -- andererseits) der Vorzug zu geben ist, beeinträchtigt die vertragliche Erklärung der damaligen Bundesregierung jedoch weder das Recht sämtlicher Parteien des deutschen Bundestages, eine damit nicht in Einklang stehende Gesetzesinitiative zu starten, noch hinderte es den Deutschen Bundestag, ein solches Gesetz zu beschließen. Denn die Zusage der Bundesregierung war in Bezug auf eine etwaige steuerliche Belastung nur auf die Unterlassung einer diesbezüglichen Initiative gerichtet (zum Initiativrecht der Bundesregierung vgl. Art. 76 Abs. 1 GG). Mehr hat die Bundesregierung nicht erklärt. Mehr konnte sie den anderen Beteiligten der Vereinbarung auch nicht versprechen. Insbesondere konnte sie keinen wirksamen Verzicht auf die Verabschiedung von Gesetzen erklären, die zu steuerlichen Belastungen bei den Betreibern von Kernkraftwerken führen. Das folgt schon daraus, dass die Gesetzgebung nicht in die Kompetenz der Bundesregierung fällt, sondern nach Maßgabe des Art. 77 GG in erster Linie dem Deutschen Bundestag zukommt. Das gilt nicht nur für die Einführung, Änderung und Aufhebung von (Steuer-)Gesetzen, sondern auch für den Verzicht auf entsprechende gesetzliche Maßnahmen. Ein anderes -- von der Antragstellerin postuliertes -- Verständnis von der Bindungswirkung der Vereinbarung vom 14. Juni 2000 führte dazu, dass die Bundesregierung den Gesetzgeber durch entsprechendes vertragliches Agieren in seinen Zuständigkeiten einengen und ihm vorschreiben könnte, was zu tun oder zu lassen ist. Ein solches Verständnis entspricht ersichtlich nicht dem GG. Es ist deshalb abzulehnen. |
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| Hiervon ausgehend ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Initiative zur Verabschiedung des KernbrStG ausweislich der Materialien (vgl. BT-Drs. 17/3054) nicht von der Bundesregierung -- schon gar nicht von derjenigen, die im Jahr 2000 die Vereinbarung unterzeichnet hatte -- ausgegangen ist, sondern von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP. Ferner -- und vor allem -- hat der Deutsche Bundestag das Gesetz sodann in formell nicht zu beanstandender Weise beschlossen. Durch die von einer längst nicht mehr amtierenden Bundesregierung 10 Jahre zuvor eingegangene Vereinbarung war er daran nicht gehindert. |
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| cc) Die Anwendung des KernbrStG verstößt bei summarischer Prüfung auch nicht gegen primäres und/oder sekundäres Europarecht. |
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| aaa) Die abschließende Klärung der Vereinbarkeit von nationalen Gesetzen mit primärem und/oder sekundärem Europarecht obliegt zwar grundsätzlich dem EuGH. Das bedeutet indessen nicht, dass ein Gesetz schon deshalb bis zu einer solchen Klärung von seiner Anwendung zu suspendieren wäre, weil in einem Verfahren vor einem nationalen Gericht diesbezügliche Einwendungen erhoben und begründet werden (so die ständige Rspr. des BFH, vgl. etwa den Beschluss vom 29. November 2007 I B 181/07, BFH/NV 2008, 294, am Ende, sowie die von Koch in Gräber, FGO, 7. Aufl. 2010, Rz. 122 zu § 69 nachgewiesene Rspr. des EuGH). Vielmehr ist es Aufgabe der nationalen Gerichte, sich im Verfahren zur Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes auf der Grundlage einer summarischen Prüfung eine Auffassung von der Vereinbarkeit des einschlägigen Gesetzes mit dem Europarecht zu bilden und sodann am Maßstab des § 69 Abs. 2 FGO darüber zu entscheiden, ob einer Anwendung dieses Gesetzes im konkreten Fall vorläufig Einhalt zu gebieten ist oder nicht. |
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| bbb) Der Einwand, das KernbrStG verstoße gegen das Verbot der Erhebung nicht harmonisierter Verbrauchsteuern auf elektrischen Strom, macht dies nicht erforderlich; er erweist sich nicht als stichhaltig. |
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| (1) Normative Grundlage eines solchen Verbots könnte allenfalls die VStSystRL, namentlich deren Art. 1 sein. Während dessen Abs. 1 den Anwendungsbereich dieser Richtlinie auf Steuern bezieht, die den Verbrauch bestimmter, nachfolgend unter Verweis auf die speziellen Richtlinien bezeichneter Warengruppen (sog. verbrauchsteuerpflichtiger Waren) regeln, eröffnet Abs. 2 für solche Steuergegenstände unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, weitere indirekte Steuern einzuführen oder beizubehalten. Abs. 3 ergänzt dies in Satz 1 durch eine Verdeutlichung der Grenzen des Anwendungsbereichs der Richtlinie und in Satz 2 durch eine Regelung, die für von Mitgliedstaaten außerhalb des Anwendungsbereichs geregelte Steuern festlegt, dass deren Erhebung im grenzüberschreitenden Handelsverkehr zwischen Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich ziehen darf. Aus der ausdrücklichen Bezugnahme auf die Richtlinie 2003/96/EG im Wortlaut des Art. 1 Abs. 1 VStSystRL folgt, dass Energieerzeugnisse und Strom nicht allgemein, sondern nur insoweit vom Anwendungsbereich der VStSystRL erfasst werden, als ihr Verbrauch in der EnergieStRL eine Regelung erfahren hat. Das ist in Bezug auf Kernbrennstoffe jedoch gerade nicht der Fall (vgl. auch Jatzke, a. a. O.). |
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| (2) Die EnergieStRL regelt ihren sachlichen Anwendungsbereich in Art. 2. In dessen Abs. 1 und 2 hat der Rat der Europäischen Union die harmonisierten Erzeugnisse nach Maßgabe ihrer Einordnung in die Tarifpositionen der Kombinierten Nomenklatur (KN) in ihrer zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung (ABl. EG 2001 Nr. L 279 S. 1) definiert. Unzweifelhaft sind Uran 233 und Uran 235 sowie Plutonium 239 und Plutonium 241 in keine der dort genannten Tarifpositionen einzureihen. |
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| Der in Art. 2 Abs. 1 und 2 enthaltene Katalog bestimmt die in den Anwendungsbereich der EnergieStRL fallenden Erzeugnisse zwar nicht abschließend. Vielmehr ergibt sich aus § 2 Abs. 3 EnergieStRL, dass die Richtlinie auch andere zum Verbrauch zu Heizzwecken bestimmte Erzeugnisse (sog. Substitutionserzeugnisse) einbeziehen will. Wie sich aus dem 3. Unterabs. zu Art. 2 Abs. 3 ergibt, gilt dies jedoch nur unter der weiteren Voraussetzung, dass es sich dabei um Kohlenwasserstoffe handelt. Darum geht es bei den in § 2 Nr. 1 KernbrStG definierten Kernbrennstoffen jedoch gerade nicht. |
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| Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kann die EnergieStRL auf Kernbrennstoffe auch nicht analog angewandt werden. Dabei ist der Antragstellerin durchaus hinsichtlich der abstrakten Voraussetzungen einer analogen Anwendung einer Norm oder eines Normkomplexes darin zu folgen, dass die über ihren Wortlaut hinaus in Erwägung gezogene Erstreckung von Richtlinienvorgaben den Zielen der jeweiligen Richtlinie entsprechen muss, so dass die ungeregelte Situation bei folgerichtig wertender Betrachtung mit der geregelten Situation vergleichbar ist, und dass überdies eine planwidrige Regelungslücke vorliegen muss. |
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| Der Senat hält es indessen für wenig wahrscheinlich, dass die Energieerzeugung mit Hilfe von Kernbrennstoffen im Rahmen der jahrelangen Beratungen und Verhandlungen der Mitgliedstaaten über die EnergieStRL aus dem Blick geraten sein könnte, wie es Voraussetzung für die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke wäre. Nach der vom Antragsgegner geschilderten -- nicht bestrittenen -- Entstehungsgeschichte der EnergieStRL (vgl. S. 4 des Schriftsatzes vom 24. August 2011; FG-ABl. 349) liegt es näher, dass dabei die Besteuerung der Kernenergie ganz bewusst ausgeklammert wurde, sei es, weil die Richtlinie in erster Linie die Besteuerung klimaschädlicher CO2-Emissionen zum Ziel hatte, welche bei der energetischen Verwertung von Kernbrennstoffen nicht anfallen, sei es, weil über die Besteuerung von Kernbrennstoffen eine Einigung unter allen Mitgliedstaaten nicht zu erzielen war. Dann aber ist eine Erstreckung der EnergieStRL über ihren Regelungsbereich hinaus nicht zulässig. Der EuGH hat in dem von beiden Verfahrensbeteiligten für ihre jeweilige Auffassung in Anspruch genommenen Urteil vom 1. Oktober 2009 Rs. C-247/08 - Gaz de France - (Slg. 2009 I-09225) unter Bezugnahme auf frühere Entscheidungen betont, dass es den Gemeinschaftsorganen freistehe, einen Bereich nur schrittweise zu harmonisieren oder nationale Vorschriften nur in Etappen anzugleichen; die Durchführung solcher Maßnahmen sei nämlich im Allgemeinen schwierig, da sie voraussetze, dass die zuständigen Gemeinschaftsorgane anhand von unterschiedlichen und komplexen nationalen Bestimmungen gemeinsame Vorschriften ausarbeiten, die den im EG-Vertrag festgelegten Zielen entsprechen und die Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit der Mitglieder des Rates oder, wie im steuerlichen Bereich, sogar deren einstimmige Zustimmung finden. Dem ist nichts hinzuzufügen. |
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| Fallen danach Kernbrennstoffe nicht in den Regelungsbereich der EnergieStRL, dann ist die Ausgestaltung einer ihren Verbrauch belastenden Steuer auch nicht an das dort -- wenngleich mit Ausnahmen -- verwirklichte Konzept einer „Output-Lösung“ gebunden (ebenso auch Jatzke, ZfZ 2011, 278 ff. <281>). |
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| (3) Da es sich mithin bei Kernbrennstoffen nicht um verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne des Art. 1 Abs. 1 VStSystRL handelt, können Mitgliedstaaten hierauf eigene Steuern erheben. Das ergibt sich explizit aus Art. 1 Abs. 3 Satz 1 VStSystRL. Die in Art. 1 Abs. 3 Satz 2 VStSystRL geregelten inhaltlichen Einschränkungen des den Mitgliedstaaten verbliebenen Freiraums werden durch das KernbrStG nicht berührt; die allein Betreiber inländischer Kernkraftwerke betreffende Steuerpflicht hat ersichtlich keine Auswirkungen auf den grenzüberschreitenden Handelsverkehr. |
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| ccc) Das KernbrStG beinhaltet nach Auffassung des Senats schließlich auch keinen Verstoß gegen den EURATOM-Vertrag (in seiner Fassung des Vertrags von Lissabon; vgl. ABl. der EU 2010 C 84/99). Dieser Vertrag verbietet den Mitgliedstaaten bei summarischer Beurteilung nicht die Besteuerung des Verbrauchs von Kernbrennstoffen. |
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| (1) Der Antragstellerin ist zuzugeben, dass die Mitgliedstaaten der von ihnen gegründeten EURATOM in Art. 191 dieses Vertrages durch Bezugnahme auf das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der EU (nachfolgend: Protokoll) Privilegien eingeräumt haben, die auch den Bereich der Besteuerung betreffen. So regelt Art. 3 des Protokolls in seinem Abs. 1, dass die Union, ihre Guthaben, Einkünfte und sonstigen Vermögensgegenstände von jeder direkten Steuer befreit seien, und begründet in seinem Abs. 2 zugunsten der Union einen generellen Anspruch gegenüber den Mitgliedstaaten auf eine Entlastung von indirekten Steuern, die auf für den Dienstbedarf benötigten Waren lasten. Die für direkte Steuern einschlägige Vorschrift des Art. 3 Abs. 1 des Protokolls begründet danach eine persönliche und sachliche Steuerbefreiung zugunsten der EU, die über Art. 191 des EURATOM-Vertrags auch EURATOM zugutekommt. Art. 3 des Protokolls regelt indessen keine Befreiung von einer Kernbrennstoffe betreffenden Verbrauchsteuer. Da überdies die Kernbrennstoffsteuer nicht EURATOM als Eigentümerin der Kernbrennstoffe, sondern die Antragstellerin als Inhaberin eines Nutzungs- und Verbrauchsrechts im Sinne des Art. 87 des EURATOM-Vertrags trifft, sind die Regelungen des Protokolls vorliegend nicht einschlägig. |
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| (2) Die Besteuerung des Verbrauchs von Kernbrennstoffen durch einen Mitgliedstaat verstößt auch weder gegen die in Art. 192 Abs. 1 Satz 1 EURATOM-Vertrag begründete Verpflichtung, alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen zu treffen, die sich aus diesem Vertrag oder aus Handlungen der Organe der Gemeinschaft ergeben, noch gegen die in Art. 192 Abs. 2 EURATOM-Vertrag geregelte Unterlassungsverpflichtung, die auf Maßnahmen bezogen ist, welche die Verwirklichung der Ziele dieses Vertrags gefährden könnten. |
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| Auch die Antragstellerin räumt in ihrem Schriftsatz vom 7. September 2011 ein, dass die Regelungen in Art. 192 EURATOM-Vertrag trotz der in der Präambel und in Art. 1 und 2 des Vertrags erwähnten Aufgaben und Ziele die Mitgliedstaaten nicht verpflichten, Kernkraftwerke zu errichten oder deren Betrieb zu ermöglichen. Wenn sie daran anschließend ausführt, dass unterhalb dieser Grenze die Förderpflicht nicht eingeschränkt sei, dann überzeugt das allerdings nicht. Ist es einem Mitgliedstaat schon nicht untersagt, sich ganz gegen die gewerbliche Nutzung der Kernenergie zu entscheiden, dann leuchtet es nicht ein, weshalb eine an eine Verbrauchsbesteuerung geknüpfte Zulassung dieser Nutzung verboten sein soll. Weitaus näherliegend erscheint es dem Senat bei summarischer Prüfung, dass der EURATOM-Vertrag das souveräne Recht der Mitgliedstaaten auf Schaffung und Entwicklung eines eigenen Energiemixes unangetastet ließ. Er sieht sich in dieser Einschätzung durch die vom Antragsgegner als Anlagen zu Tz. 3.3 seiner Antragserwiderung vom 24. August 2011 vorgelegten Quellen bestätigt. |
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| (3) Ein Verbot der Besteuerung des Verbrauchs von Kernbrennstoffen folgt schließlich auch nicht aus Art. 93 Abs. 1 a) EUIRATOM-Vertrag. Denn es handelt sich bei der im KernbrStG geregelten Abgabe weder um einen Einfuhr- oder Ausfuhrzoll noch um eine Abgabe gleicher Wirkung oder um eine mengenmäßigen Beschränkungen der Ein- und Ausfuhr von Kernbrennstoffen. |
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| Selbst wenn infolge der Einführung des KernbrStG die Einfuhr von Kernbrennstoffen nach Deutschland nicht mehr so attraktiv sein sollte wie vor dem 1. Januar 2011, rechtfertigte dies nicht die Schlussfolgerung, das Gesetz begründe im Vergleich zu Einfuhr- und Ausfuhrzöllen eine Abgabe gleicher Wirkung. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Begriff der „Abgabe gleicher Wirkung“ nicht eng zu verstehen ist, sondern nach der Rechtsprechung des EuGH „jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten“ erfasst, „die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern“ (so die Ausführungen in dessen Urteil vom 11. Juli 1974, Rs. C-8/74 - Dassonville - Slg. 1974, 837 ff.). Auch bei einer weiten Auslegung setzt die Qualifizierung einer Abgabe als eine solche mit zollgleicher Wirkung indessen stets voraus, dass ihre Belastung an einen Grenzübertritt anknüpft (so auch Herrmann in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Kommentar; Rz. 12 zu Art. 30 AEUV; ebenso Kamann in Streinz, EUV/AEUV, Kommentar, 2. Aufl. 2012, Rz. 12 zu Art. 30 AEUV, jeweils m.w.N.). |
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| Wie Art. 30 AEUV verbietet auch Art. 93 Abs. 1 EURATOM-Vertrag nur grenzkausale Abgaben, also solche Abgaben, bei denen der Grenzübertritt der Ware in irgendeiner Weise besteuerungserheblich ist. Das ist bei der Kernbrennstoffsteuer aber gerade nicht der Fall. Abgesehen davon, dass das KernbrStG keine Handelsregelungen enthält, die Kernbrennstoffsteuer insbesondere nicht darauf gerichtet ist, in irgendeiner Weise den innergemeinschaftlichen Warenverkehr zu regulieren, knüpfen dessen Regelungen auch nicht an den Grenzübertritt der Kernbrennstoffe an. Bei dem KernbrStG handelt es sich vielmehr um eine mitgliedstaatliche Regelung, die inländische und ins Inland verbrachte Waren nach den gleichen Kriterien erfasst. |
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| Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. |
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| Die Beschwerde war in nach § 128 Abs. 3 Satz 2 FGO gebotener entsprechender Anwendung des § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, da den von der Antragstellerin aufgeworfenen Rechtsfragen wegen ihrer Auswirkungen auf die weitere Anwendbarkeit des KernbrStG bereits im Verfahren zur Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und dies außerdem mit Rücksicht auf die beiden beim BFH unter VII B 171/11 und VII B 185/11 (betreffend die Beschlüsse der Finanzgerichte Hamburg und München) anhängigen Beschwerdeverfahren zur Vermeidung divergierender Rechtsprechung geboten erscheint (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). |
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