Entscheidung vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 10 K 2983/11

Tenor

Das Verfahren wird nach §§ 74 FGO i. V. m. Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BVerfGG ausgesetzt. Dem Bundesverfassungsgericht wird folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:

Ist § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des Art. 9 Nr. 5 HBeglG 2004 vom 29. Dezember 2003 (BGBI. I 2003, S. 3076) mit Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG vereinbar?

Tatbestand

 
Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes -EStG- i.d.F. des Art. 9 Nr. 5 des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 (HBegIG 2004) vom 29. Dezember 2003 in formell verfassungsmäßiger Weise zustande gekommen ist. Die Vorschrift ist aus den gleichen Gründen verfassungswidrig, aus denen das Bundesverfassungsgericht -BVerfG- in seinem Beschluss vom 8. Dezember 2009 2 BvR 758/07 -Sammlung der amtlich veröffentlichten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes -BVerfGE- 125, 104, Bundesgesetzblatt -BGBl.- I 2010, 68 die Regelung des § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) als mit den Art. 20 Abs. 2, 38 Abs. 1 Satz 2, 42 Abs. 1 Satz 1 und 76 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar erachtet und eine Verletzung der dortigen Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG festgestellt hat und weshalb der Bundesfinanzhof -BFH- das Bundesverfassungsgericht zur Verfassungswidrigkeit der Änderung des Biersteuergesetzes im gleichen Gesetzgebungsverfahren durch Vorlagebeschluss vom 15. Februar 2011 VII R 4/09 -Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH  -BFH/NV-  2011, 1114 angerufen hat.
Die Änderung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG ist im selben Gesetzgebungsverfahren -unter Einbeziehung des sog. Koch-Steinbrück-Papiers- zustande gekommen, wie die Änderung des § 45a Abs. 2 Satz 3 PBefG durch Art. 24 HBegIG 2004. Aufgrund des besonderen Umstandes, dass das BVerfG in der genannten Entscheidung das Zustandekommen des HBeglG 2004 bereits einer eingehenden verfassungsrechtlichen Überprüfung unterzogen hat, ist zu erwägen, ob unter diesen Bedingungen eine Vorlage an das BVerfG -etwa im Wege einer teleologischen Reduktion des Art. 100 Abs. 1 GG- als entbehrlich erachtet werden könnte, so dass von der Verfassungswidrigkeit der im Streitfall entscheidungserheblichen Norm ohne weitere bzw. nochmalige Befassung des BVerfG auszugehen wäre (BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2009, 2 BvR 758/07, BVerfGE 125, 104; BGBI. I 2010, 68). Dies hat der BFH für die von ihm vorgelegten Fälle abgelehnt, da ihm diese Kompetenz nicht zustehe. Das gleiche gilt für die Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG. Die folgenden Ausführungen folgen den beiden Beschlüsse des BFH vom 15. Februar 2011, VII R 4/09 und VII R 44/09, BFH/NV 2011, 1114.
Da sich jedoch der Tenor der Entscheidung des BVerfG ausschließlich auf § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG bezieht und andere Bestimmungen nicht in Bezug genommen werden, ist eine Richtervorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Auffassung des BFH und des erkennenden Senats unausweichlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das BVerfG trotz der festgestellten formellen Verfassungswidrigkeit des § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG die Norm nicht für nichtig, sondern im Interesse verlässlicher Finanz- und Haushaltsplanung und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs bis zum 30. Juni 2011 für vorläufig anwendbar erklärt hat. Zu einer solchen Fortgeltungs-Anordnung ist das Gericht -selbst wenn es die Unvereinbarkeit des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG mit dem Grundgesetz aufgrund der besonderen Umstände selbst feststellen könnte- nicht befugt. Ergänzend ist zu bemerken, dass der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG durch das Bestätigungsgesetz zum HBegIG 2004 vom 5. April 2011 -unter Beibehaltung der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 reduzierten Werte- eine mit der ursprünglichen Fassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG identische Neuregelung getroffen hat, die nach Überzeugung des Senats in verfassungskonformer Weise zustande gekommen ist. Diese hat jedoch keine Rückwirkung auf den hier maßgeblichen Zeitraum.

Entscheidungsgründe

 
II. Streitig ist die Höhe der steuerlichen Abziehbarkeit von Aufwendungen der Klägerin für Bewirtungen von Personen aus geschäftlichem Anlass. In den Veranlagungszeiträumen 2004 und 2005 entstanden der Klägerin Bewirtungsaufwendungen im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Die Klägerin gab ihre Körperschaftsteuererklärungen 2004 am 14. Juli 2005, für 2005 am 30. Mai 2006 ab. In den von ihr erstellten Jahresbilanzen waren im Jahr 2004 Geschenke über 35 EUR nach § 8 Abs. 1 KStG iVm § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG mit 1.481 EUR, im Jahr 2005 von 2.091 EUR sowie Bewirtungskosten nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG für 2004 mit 2.972 EUR und für 2005 von 1.407 EUR enthalten. Bezüglich der Aufwandsbuchungen wird auf die Saldenlisten Ktonr. 6644 zum 31.12.2004 und 31.12.2005 verwiesen (FG-Akten Bl. 76, 77). Von diesen Bewirtungsaufwendungen berücksichtigte der Beklagte gemäß § 8 Abs. 1 KStG iVm § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. HBeglG 2004 jeweils nur 70% als abziehbare Betriebsausgaben. Die zunächst unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Körperschaftsteuerbescheide für 2004 datieren vom 20. Juli 2005, für 2005 vom 22. Juni 2006. Diese Bescheide wurden bestandskräftig. Aufgrund der Prüfungsanordnung vom 6. August 2008 erging ein Prüfungsbericht vom 26. November 2008, in dem bezüglich der hier streitigen Aufwendungen keine Feststellungen getroffen wurden. Mit den aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen Körperschaftsteuerbescheiden 2004 und für 2005, jeweils vom 26. Februar 2009, wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin form- und fristgerecht Einsprüche ein, mit denen sie sich gegen die Anwendung der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 geänderten Fassung der Regelungen in § 4 Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 2 EStG wandte. Da vor der Anwendung des HBegIG 2004 nur 20% der Bewirtungsaufwendungen hinzugerechnet wurden, begehrt die Klägerin die Reduzierung der Hinzurechnungen um 1/3. Dementsprechend begehrt die Klägerin für 2004 eine Reduzierung der Hinzurechnungen um EUR 991 (2.972,00 ./. 3 = 991,00) und für 2005 um EUR 469,00 (1.407,00 ./. 3 = 469,00). Eine Reduzierung der entsprechenden Zurechnung bei den Aufwendungen für Geschenke begehrt sie im Klageverfahren nicht mehr.
 Die gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2004 und 2005 gerichteten Einsprüche, mit denen die Klägerin weitere 10% der Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben entsprechend der gesetzlichen Regelung vor Inkrafttreten des HBeglG 2004 abziehen wollte, wies der Beklagte durch die Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2011 als unbegründet zurück. Den unter Hinweis auf die beiden BFH-Verfahren VII R 4/09 sowie VII R 44/09 gestellten Antrag auf Ruhen des Einspruchsverfahrens lehnte das beklagte Finanzamt mit dem Hinweis ab, dass es in diesen Verfahren um § 2 Abs. 2 BierStG gehe, nicht jedoch um die streitgegenständliche Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG. Das beklagte Finanzamt vertrat die Auffassung, die streitigen Gesetzesänderungen seien in formell verfassungsmäßiger Weise zustande gekommen.
Dagegen erhob die Klägerin form- und fristgerecht Klage, mit der sie ihr Ziel weiter verfolgt, die abziehbaren Bewirtungsaufwendungen von 70% auf 80% zu erhöhen, da die Absenkung der abzugsfähigen Bewirtungsaufwendungen durch das HBegIG 2004 verfassungswidrig sei. Sie ist der Auffassung, die angefochtenen Bescheide für 2004 und 2005 über Körperschaftsteuer seien insoweit rechtswidrig, da die Änderung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG durch das HBegIG 2004 in formell verfassungswidriger Weise zustande gekommen sei.
Das Bundesverfassungsgericht habe am 8. Dezember 2009 entschieden, dass die Kürzung des Ausgleichsbetrags für Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs gemäß § 45a Abs. 2 Satz 2 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) wegen Mängeln im Gesetzgebungsverfahren verfassungswidrig sei. Diese Regelung habe über das sog. Koch/Steinbrück-Papier Einzug in das Haushaltsbegleitgesetz (HBeglG) 2004 gefunden. Nach Auffassung des BVerfG genüge die Einbeziehung des Koch/Steinbrück-Papiers in das HBegIG 2004 nicht den Anforderungen an die Förmlichkeit des Gesetzgebungsverfahrens und sei somit in formell verfassungswidriger Weise ergangen. Das BVerfG sei der Ansicht, dass nach den Grundsätzen der Parlamentsöffentlichkeit nach Art. 42 Abs. 1 Satz 1 GG die Änderung des Personenbeförderungsgesetzes durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 nicht in formell verfassungsmäßiger Weise zustande gekommen sei. Die Einbringung des Koch/Steinbrück-Papiers in das parlamentarische Verfahren des Deutschen Bundestages und seine Behandlung in dessen Ausschüssen sowie im Plenum hätten dem Vermittlungsausschuss nicht die Kompetenz eröffnet, eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes in den Vermittlungsvorschlag aufzunehmen. Es sei daher zum Ergebnis gekommen, dass die Art der Einbringung des Koch/Steinbrück-Papiers in das parlamentarische Verfahren nicht den Anforderungen an die Förmlichkeit des Gesetzgebungsverfahrens genügt habe.
Mit zwei Vorlagebeschlüssen vom 15. Februar 2011 hole derzeit der BFH beim BVerfG nun die Entscheidung darüber ein, ob die ebenfalls durch das HBeglG 2004 geänderten Biersteuersätze als formell verfassungswidrig und nichtig anzusehen seien (BFH-Beschlüsse vom VII R 4/09 a.a.O und VII R 44/09). Die Verfahren seien beim Bundesverfassungsgericht unter den Aktenzeichen 2 BvL 4/11 und 2 BvL 5/11 anhängig. Der BFH komme in seinen Vorlagebeschlüssen VII R 4/09 und VII R 44/09 konsequenterweise zu der Feststellung, dass auch die Änderung des § 2 Abs. 2 BierStG durch das HBegIG 2004 verfassungswidrig sei, da diese Vorschrift ebenso wie der bereits vom BVerfG geprüfte § 45a Abs. 2 PBefG durch das Koch/Steinbrück-Papier in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden sei. Keine Rolle spiele nach Ansicht des BFH dabei, dass der Vorschlag zur Kürzung von Steuervergünstigungen bei der Biersteuer -im Gegensatz zu den Vorschlägen zur Kürzung von Finanzhilfen im Bereich des Personennahverkehrs, die nicht einmal erkennen ließen, welches Gesetz geändert werden sollte- näher konkretisiert sei. Die Frage, ob auch die Vorschläge zur Änderung der Biersteuersätze aufgrund der unzureichenden Konkretisierung einer angemessenen parlamentarischen Beratung weder zugänglich noch darauf angelegt waren, könne, so der BFH, auf sich beruhen, da das Koch/Steinbrück-Papier aufgrund der Art seiner Einführung und seiner Behandlung im parlamentarischen Verfahrensgang keine Grundlage für die vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagene Änderung des Biersteuergesetzes 1993 sein könne.
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Darüber hinaus leide das Gesetzgebungsverfahren an dem Mangel, dass der Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses dem Deutschen Bundestag entgegen § 78 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages nicht mindestens zwei Tage vor dessen endgültiger Beschlussfassung nach Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG zugeleitet worden sei. Diese Ausführungen seien auch für die hier streitige Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG maßgebend. Weder Art. 8 des Gesetzentwurfes der Bundesregierung vom 15. August 2003, der die Änderung von Vorschriften des Einkommensteuergesetzes durch das HBeglG 2004 enthalten habe, noch der weitere Entwurf der Bundesregierung vom 8. September 2003 hätten eine Änderung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG enthalten. Am 17. Oktober 2003 habe der Bundestag den Gesetzesentwurf, wie er vom Haushaltsausschuss empfohlen wurde, nach 2. und 3. Beratung in namentlicher Abstimmung angenommen. Auch Art. 6 dieses Gesetzesentwurfes, der die damals geplanten Änderungen des Einkommensteuergesetzes enthalten habe, gehe mit keiner Silbe auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG ein (BR-Drs. 652/03; BT-Drs.15/1502; BT-Drs.15/1750; vgl. Plenarprotokoll 15/67 vom 17.10.2003, S. 5784 (D) und S. 5785).
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Am 24. Oktober 2003 hätten der federführende Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss dem Bundesrat zu dem Haushaltsbegleitgesetz 2004 gem. Art. 77 Abs. 2 GG empfohlen, den Vermittlungsausschuss mit dem Ziel anzurufen, das Gesetz grundlegend zu überarbeiten und die Vorschläge der Ministerpräsidenten Roland Koch und Peer Steinbrück zum Abbau von Steuervergünstigungen und Finanzhilfen einzubeziehen, die in den Sitzungen des Haushaltsausschusses und des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am 15. Oktober 2003 vorgelegt worden seien. Diesem Vorschlag sei der Bundesrat in seiner 793. Sitzung am 7. November 2003 gefolgt und habe die Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangt. Hierüber sei der Bundestag am 11. November 2003 unterrichtet worden. Erstmals in der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 16. Dezember 2003 werde in Art. 9 des Gesetzentwurfs die gegenständliche Änderung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG ausdrücklich genannt und der Betriebsausgabenabzug für Bewirtungsleistungen von 80% auf 70% reduziert. Eine vorherige Befassung des Plenums des Bundestages sei bis dahin nicht erfolgt. Die eingangs genannten, vom BVerfG sowie dem BFH aufgestellten Grundsätze seien für alle Vorschriften heranzuziehen, die durch das Koch/Steinbrück-Papier in das HBeglG 2004 eingebracht worden seien und die nicht bereits vorher Gegenstand des Regierungsentwurfes 1 bzw. der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses 2 gewesen seien und die bis zu dem fraglichen Veranlagungszeitraum noch nicht durch den Gesetzgeber in verfassungskonformer Weise bestätigt oder neu geregelt worden seien. Zur Vermeidung von Wiederholungen werde auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Dezember 2009 2 BvR 758/07 a.a.O. verwiesen.
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Darunter falle auch die hier streitige Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG, die mit Inkrafttreten des Bestätigungsgesetz HBegIG 2004 zum 5. April 2011 inhaltsgleich neu erlassen worden sei. Sie sei bis zu ihrer Neuregelung in formell verfassungswidriger Weise zustande gekommen, da die Einbringung des Koch/Steinbrück-Papiers in das parlamentarische Verfahren nicht den Anforderungen an die Förmlichkeit des Gesetzgebungsverfahrens genügt habe und das Koch/Steinbrück-Papier nicht als Bundesratsinitiative nach Art. 76 Abs. 1 GG in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden sei.
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Das beklagte Finanzamt könne sich auch nicht auf die bestätigende Regelung des Bestätigungsgesetzes berufen, da der BFH in den zitierten Beschlüssen die behauptete Rückwirkung gerade verneint habe, da das Bestätigungsgesetz nach dessen Art. 8 am Tag nach der Verkündung in Kraft trete und eine Rückwirkung gerade nicht angeordnet worden sei. Das Gleiche gelte in dem vorliegenden Fall. Auch sei die Neuregelung in dem bestätigenden Gesetz vom 5. April 2011 nicht mit Rückwirkung erfolgt. Ebensowenig wie der Bundesfinanzhof sei der erkennende Senat in der Lage, eine Fortgeltung des HaushaltsbegleitG 2004 für die angefochtenen Regelungen anzuordnen.
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 Die Klägerin beantragt,
 1. Der Bescheid für 2004 über Körperschaftsteuer vom 26. Februar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2011 wird dahingehend abgeändert, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von EUR 991,00 anerkannt werden,
 2. Der Bescheid für 2005 über Körperschaftsteuer vom 26. Februar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2011 wird dahingehend abgeändert, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von EUR 469,00 anerkannt werden,
 3. hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
 4. das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BVerfGG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht folgende Frage vorzulegen:
 Ist 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des Art. 9 HBegIG 2004 vom 29. Dezember 2003 (BGBI. I 2003,  3076) mit Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG vereinbar?
 5. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
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Das beklagte Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
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Es bezieht sich auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, das Bundesverfassungsgericht habe die dortigen Normen nicht für nichtig erklärt und dem Gesetzgeber eine Übergangsfrist zur Beseitigung der Mängel eingeräumt. Die Regelungen des Haushaltsbegleitgesetzes blieben anwendbar, wenn eine gesetzliche Neuregelung bis zum 30. Juni 2011 erfolge. Der Gesetzgeber habe daraufhin mit dem Gesetz zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrssteuerlicher Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 5. April 2011 (BGBl. I 2011, 554) reagiert. Die Anwendung der hier streitigen Regelungen beruhe daher nicht mehr nur allein auf dem Haushaltsbegleitgesetz 2004, sondern auch auf dem Gesetz zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften. Die zur Biersteuer ergangenen Vorlagebeschlüsse des BFH seien daher für den Streitfall nicht maßgeblich, da das Bestätigungsgesetz in jedem Fall in verfassungsmäßiger Weise zustande gekommen sei. Es ist im Ergebnis der Auffassung, dass es sich solange um ein formal rechtmäßiges Gesetz handele, solange nicht das BVerfG das Gegenteil festgestellt habe. Deshalb sei die Finanzverwaltung daran gebunden und müsse dieses anwenden.
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Bezüglich des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die im Einspruchs- und Klageverfahren gewechselten Schriftsätze nebst den jeweiligen Anlagen Bezug genommen.
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Die Beteiligten haben nach § 90 Abs. 2 FGO auf mündliche Verhandlung vor dem Senat verzichtet.
III.
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Das Verfahren ist nach § 74 FGO auszusetzen. Es ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu der im Tenor formulierten Vorlagefrage einzuholen, da der Senat von der formellen Verfassungswidrigkeit der streitigen Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG überzeugt ist.
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1. Die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift ist entscheidungserheblich.
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG kann ein Gericht die Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Vorschrift nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 2010 2 BvL 59/06, BFH/NV 2010, 2387).
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Im Streitfall ist der Ausgang des anhängigen Revisionsverfahrens von der Gültigkeit des  § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des Art. 9 HBeglG 2004 abhängig. Das FA hat auf der Grundlage dieser Neuregelung die von der Klägerin für die Streitjahre 2004 und 2005 nach § 8 Abs. 1 KStG iVm § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG geschuldete Körperschaftsteuer dem Grunde und der Höhe nach zutreffend festgesetzt. Sollte sich in dem Vorlageverfahren erweisen, dass §§ 8 Abs. 1 KStG iVm § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des HBeglG 2004 mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig ist, könnte die Steuerfestsetzung mit der Folge keinen Bestand haben, sodass der angefochtene Bescheid aufgehoben werden müsste. In diesem Fall wäre die Klage erfolgreich. Andererseits erscheint es nicht ausgeschlossen, dass das BVerfG aus denselben Erwägungen, mit denen es die Fortgeltung des § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG angeordnet hat, von der Feststellung der Nichtigkeit des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des Art. 9 HBeglG absieht und diese Norm ebenfalls -evtl. bis zum Bestätigungsgesetz zum HBegIG 2004 vom 5. April 2011- für vorläufig anwendbar erklärt. In diesem Fall wäre der angefochtene Bescheid rechtmäßig, so dass die Klage als unbegründet zurückzuweisen wäre.
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2. Die streitige Vorschrift ist nach Überzeugung des erkennenden Senats in formell verfassungswidriger Art und Weise zustande gekommen.
24 
a) Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist das vorlegende Gericht gehalten, die für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit maßgeblichen Erwägungen umfassend darzulegen. Dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) genügt ein Vorlagebeschluss nur dann, wenn die Ausführungen des Gerichts erkennen lassen, dass eine solche Prüfung vorgenommen worden ist (BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 2010 2 BvL 59/06, BVerfGE 127, 335, BFH/NV 2010, 2387, unter B.I., m.w.N.). Wie bereits dargelegt, betrifft die Vorlage die Gültigkeit einer Norm, die durch Art. 9 HBeglG 2004 geändert worden ist. Zu Art. 24 dieses Gesetzes liegt bereits eine Entscheidung des BVerfG vor, in der das BVerfG das Gesetzgebungsverfahren beanstandet und festgestellt hat, dass die Einbringung des Koch/Steinbrück-Papiers nicht den Anforderungen an die Förmlichkeiten des Gesetzgebungsverfahrens genügt habe. Der Vermittlungsausschuss habe nicht über die Kompetenz verfügt, eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes in den Vermittlungsvorschlag aufzunehmen. Darüber hinaus habe es an den Voraussetzungen einer Bundesratsinitiative gefehlt.
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b) Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der beschließende Senat auf die Ausführungen des BVerfG in seiner Entscheidung in BVerfGE 125, 104 zum Gang des Gesetzgebungsverfahrens und zur formellen Verfassungswidrigkeit des § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG und den beiden Beschlüsse des BFH vom 15. Februar 2011, VIII R 4/09 und VII R 44/09, BFH/NV 2011, 1114 Bezug.
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Entscheidend ist, dass die Art der Einbringung des Vorschlags zur Änderung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG durch das Koch/Steinbrück-Papier in das parlamentarische Verfahren nicht den Anforderungen an die Förmlichkeiten des Gesetzgebungsverfahrens genügte.
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Das HaushaltsbegleitG 2004 wurde erstmals mit der Bundesratsdrucksache 652/03 vom 15.8.2003 als Gesetzentwurf der Bundesregierung an den Bundesrat zugeleitet. In den Änderungen für das Einkommensteuergesetz in Art. 8 des Entwurfes ist eine Änderung des Art. 4 Abs. 5 EStG nicht enthalten. Mit der Bundestagsdrucksache 15/1502 vom 8.9.2003 wurde der Entwurf an den Bundestag weitergeleitet. Am 9.9.2003 fand ausweislich des Plenarprotokolls 15/58 in der 58. Sitzung vom 9.9.2003, S. 4850 C die erste Beratung im Bundestag statt, mit der das Gesetzesvorhaben an die Ausschüsse überwiesen wurde. Mit der Bundesratsdrucksacke 652/1/03 vom 16.9.2003 empfahlen die Ausschüsse des Bundestages dem Bundesrat, den Gesetzesentwurf abzulehnen. Ausweislich des Plenarprotokolls 791 vom 26.9.2003, S. 282 ff. beriet der Bundesrat das Gesetzesvorhaben, ausweislich der Bundesratsdrucksache 652/02 vom gleichen Tag lehnte der Bundesrat das Gesetzesvorhaben ab. In der Bundestagsdrucksache 15/1639 vom 1.10.2003 wird die Ablehnung mit der Stellungnahme des Bundesrates abgedruckt, ferner erfolgte die Gegenäußerung der Bundesregierung in der gleichen Drucksache. Mit der Drucksache 15/1750 empfahl der Haushaltsausschluss durch Beschluss vom 15.10.2003, den Gesetzesentwurf in der aus der anliegenden Zusammenstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen. Mit der Bundestagsdrucksache 15/1752 formulierten eine Reihe von Abgeordneten der damaligen CDU-Opposition einen Entschließungsantrag zur Ablehnung dieses Gesetzes. In allen diesen Gesetzesentwürfen waren Änderungen des § 4 Abs. 5 EStG nicht enthalten, vielmehr waren im Wesentlichen bei der Einkommensteuer Änderungen der Entfernungspauschale sowie der Aufhebung der Eigenheimzulage Gegenstand der politischen Auseinandersetzung. Mit der Bundestagsdrucksache 15/1752 wurde der Entschließungsantrag der Opposition zur Ablehnung des Gesetzes abgelehnt. Gleichzeitig beschloss der Haushaltsausschuss des deutschen Bundestags Änderungen zum HaushaltbegleitG 2004. In der Bundestagsdrucksache 15/1751, dem Bericht des Haushaltsausschusses vom 16.10.2003, wird auf S. 3-4 folgendes ausgeführt:
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„Als einen weiteren wichtigen Baustein strichen die Koalitionsfraktionen die Koch-Steinbrück-Initiative heraus, die auf nahezu einhellig positive Resonanz gestoßen sei. Sie erinnerten daran, dass für Koch-Steinbrück im Haushaltsentwurf 2004 bereits eine Platzhalterposition ausgewiesen sei und gaben der Erwartung Ausdruck, dass die Koch-Steinbrück-Liste der Steuersubventionskürzungen 1:1 umgesetzt werden solle, soweit der Haushaltsentwurf 2004 nicht bereits weitergehende Regelungen vorsehe. Über den Teil der Finanzhilfekürzungen bei Koch-Steinbrück werde noch zu reden sein. Die Koalitionsfraktionen begrüßten, dass die Minister Dieckmann (NRW) und Riedel (Hessen) das Koch-Steinbrück Papier persönlich in die Beratungen zum HaushaltsbegleitG im Haushaltsausschuss eingeführt und dem Vorsitzenden formal mit der Bitte überreicht haben, es per Umdruck allen Abgeordneten zur Kenntnis zu geben“.
29 
Auf S. 5 dieser Drucksache wird ausgeführt:
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„Die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP legen Wert darauf, dass die Kurzvorstellungen der Vorschläge der Ministerpräsidenten Koch/Steinbrück zum Subventionsabbau durch die beiden anwesenden Landesminister aus Nordrhein-Westfalen und Hessen keine Einbringung in das parlamentarische Verfahren darstellen, zumal die beiden Landesminister auf die Frage, ob es sich dabei um eine Stellungnahme zu dem vorliegenden Gesetzentwurf handele, dieses ausdrücklich nicht bestätigt haben… Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend die inhaltliche Ausgestaltung der angekündigten gesetzlichen Regelungen zur Umsetzung der erforderlichen Einsparungen in der Rentenversicherung, zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und zur Umsetzung der Vorschläge der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück im parlamentarischen Verfahren offen zu legen und ein tragfähiges Konzept zur Finanzierung des Vorziehens der 3. Stufe der Steuerreform vorzulegen.
31 
Mit der Drucksache 15/1753 vom 16.10.2003 formulierten Abgeordnete der FDP einen Entschließungsantrag zur Ablehnung des Gesetzesvorhabens. Ausweislich des Plenarprotokolls 15/67 vom 17. Oktober 2003 wurde das Gesetzesvorhaben in zweiter und dritter Beratung im Bundestag in namentlicher Abstimmung angenommen (Plenarprotokoll 15/67 vom 17.10.2003, S. 5759 bis 5783). Im Rahmen dieser Debatte wurden sowohl die Entfernungspauschale als auch das Streichen der Eigenheimzulage thematisiert, in der Debatte wird die Pressekonferenz erwähnt, die Herr Koch und Herr Steinbrück gemeinsam abgehalten hätten. Das Koch-Steinbrück Papier wird dabei erwähnt, ohne dass jedoch Details hiervon angesprochen werden. In dieser Sitzung erfolgte die Annahme des zu diesem Zeitpunkt in dieser Form vorliegenden Gesetzesbeschlusses.
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Mit der Bundesratsdrucksache 729/03 wurde der mehrheitlich angenommene Gesetzesbeschluss des Bundestags am 17.10.2003 an den Bundesrat übermittelt. Mit der Bundesratsdrucksache 729/1/03 empfahlen am 24.10.2003 der Finanz- und Wirtschaftsausschuss dem Bundesrat, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um das Gesetz grundlegend zu überarbeiten und das Koch-Steinbrück-Papier einzuarbeiten.
33 
Mit dem Koch-Steinbrück-Papier wurde für 3 Jahre für die Jahre 2004 bis 2006 ein pauschaler Subventionsabbau in Höhe von jeweils 4%, insgesamt also 12% vorgeschlagen. Unter Teil B Bereich I Regelabbau werden unter der laufenden Nummer 14 auch die begrenzte Abzugsfähigkeit der Bewirtungsaufwendungen genannt, die mit einem Volumen von 150 Mio EUR geschätzt werden, unter Nummer 15 findet sich die begrenzte Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für Geschenke mit einem Volumen von 125 Mio EUR. Im Teil E, Anhang wird in der Gesamtliste unter I. laufende Nummer 15 bei der begrenzten Abzugsfähigkeit der Bewirtungsaufwendungen als Zielsetzung der Maßnahme die Abgrenzung betrieblicher Aufwendungen von den Kosten der privaten Lebensführung genannt, als Vorschrift § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG und als Abbau der Steuervergünstigung durch Senkung des Prozentsatzes der Abzugsfähigkeit (aus administrativen Gründen in einem Schritt) auf 70%. Auch bei den Geschenken wird eine Senkung auf 35 EUR vorgeschlagen, wobei auch in diesem Fall aus administrativen Gründen kein schrittweiser Abbau erfolgen sollte, sondern die 10% Kürzung bereits im ersten Jahr.
34 
Mit der Drucksache 729/2/03 des Bundesrats vom 6.11.2003 beantragte das Land Baden-Württemberg zum HaushaltsbegleitG eine pauschale Kürzung aller Subventionen. Mit der Bundesratsdrucksache 729/03 beschloss der Bundesrat am 7.11.2003, den Vermittlungsausschuss zur grundlegenden Überarbeitung des Gesetzes anzurufen und dabei das Koch-Steinbrück-Papier einzubeziehen. Der Bundesrat debattierte über das HaushaltsbegleitG (Protokoll 793. Sitzung S. 412 ff.). Der Bundesrat verlangte die Einberufung des Vermittlungsausschusses (a.a.O.) S. 428). Der Bundestag wurde mit der Drucksache 15/1992 am 11.11.2003 von der Anrufung des Vermittlungsausschusses für das HaushaltsbegleitG 2004 informiert. Darin wird ausdrücklich verlangt, die Vorschläge der Ministerpräsidenten Roland Koch und Peer Steinbrück zum Abbau von Steuervergünstigungen und Finanzhilfen einzubeziehen, die in den Sitzungen des Haushaltsausschusses und des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags am 15. Oktober 2003 vorgelegt wurden. Es wird darauf hingewiesen, dass die Vorschläge der Ministerpräsidenten Roland Koch und Peer Steinbrück im Haushaltsauschuss (Ausschussdrucksache 15/8/852) und im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages beraten worden sind. Um einen Subventionsabbau auf breiter Linie zu erreichen, seien darüber hinaus weitere Kürzungen erforderlich. Dies könnte vor allem durch eine pauschale Kürzung aller Subventionen erreicht werden.
35 
Der Vermittlungsausschuss empfahl am 16.12.2003 mit der Drucksache 15/2261:
36 
„Der Bundestag wolle beschließen: Das vom Deutschen Bundestag in seiner 67. Sitzung am 17. Oktober 2003 beschlossene Haushaltbegleitgesetz 2004 (HaushaltsbegleitG 2004) wird nach Maßgabe der in der Anlage zusammengefassten Beschlüsse geändert. Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung hat der Vermittlungsausschuss beschlossen, dass im Deutschen Bundestag über die Änderungen gemeinsam abzustimmen ist.“
37 
In Art. 6 zur Änderung des Einkommensteuergesetzes ist unter Ziffer 1 Nr. 3b enthalten:
38 
In § 4 Abs. 5 wird Satz 1 wie folgt geändert: ….
39 
b) In Nr. 2 Satz 1 wird die Angabe „80 v.H.“ durch die Angabe „70 v.H.“ ersetzt.
40 
In der Folgezeit bis zur Abstimmung im Bundestag wurden die Artikel und Nummern des Gesetzes vor der Abstimmung kurzfristig geändert, u.a. wurden die geplanten Änderungen des Einkommensteuergesetzes statt wie bisher in Artikel 6 in Artikel 9 des Gesetzesentwurfes geregelt. Die Drucksache mit den Gesetzesvorlagen ging den Abgeordneten nicht einmal 24 Stunden vor der Abstimmung zu.
41 
Ausweislich des Plenarprotokolls vom 19.12.2003 15/84 über die 84. Sitzung beantragten die Abgeordneten Petra Pau und Gesine Lötzsch die Beratung der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 von der Tagesordnung abzusetzen, da die hierzu erforderliche Bundestagsdrucksache den Abgeordneten entgegen den Vorgaben der Geschäftsordnung nicht 48 Stunden vor der Abstimmung zugegangen sei. Dieser Antrag wurde abgelehnt. In namentlicher Abstimmung wurde das Gesetzesvorhaben angenommen. Allerdings haben mehrere Abgeordnete unterschiedlicher Fraktionen in verschiedenen Erklärungen zur Geschäftsordnung (Anlagen 2 bis 5 zum Protokoll 15/84), darauf hingewiesen, dass zum Gesetzgebungsverfahren selbst aus verfassungsrechtlicher Hinsicht anzumerken sei, dass es bezogen auf die Beteiligungsrechte der Bundestagsabgeordneten im Sinne von Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG äußerst bedenklich erscheine, wenn wesentliche Entscheidungen im Vermittlungsausschuss und nicht im Rahmen einer ordentlichen Debatte im Plenum des Deutschen Bundestags getroffen würden. Gemeint seien hiermit insbesondere diejenigen Subventionskürzungen und Steueränderungen aus dem Koch-Steinbrück-Papier, welche erstmals im Vermittlungsverfahren eingebracht worden seien. Die Abgeordneten bezweifeln, dass der Vermittlungsausschuss die Kompetenz habe, eine eigene Gesetzesvorlage einzubringen. Dieser sei deshalb an den Rahmen gebunden, der nach den bisherigen Beratungen im Bundestag inhaltlich und formal vorgezeichnet sei. Die Abgeordneten bezweifeln, dass diese Vorgaben im vorliegenden Fall, insbesondere beim Haushaltsbegleitgesetz, erfüllt seien. Bei dem angewandten Verfahren fehle es an Transparenz für den Bürger und die Presse, mithin für die Öffentlichkeit. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die Beschlussvorlagen die Abgeordneten noch nicht einmal 24 Stunden vor der Verabschiedung im Bundestag erreicht hätten.
42 
Am gleichen Tag, dem 19.12.2003 stimmte der Bundestag ausweislich der Bundesratsdrucksache 937/03 dem Gesetzesvorhaben zu. Das Gesetz wurde im BGBl. I 2003, 3076 am 31.12.2003 verkündet und trat in Kraft zum 1.1.2004. Am 5. April 2011 beschloss der Bundestag das Gesetz zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 (BGBl. 2011, 554). Darin war auch die Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG mit der Begrenzung des Abzugs auf 70% enthalten. Nach Art. 8 dieses Gesetzes tritt das Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft.
43 
Am 8.12.2009 entschied das Bundesverfassungsgericht zum Personenbeförderungsgesetz in der Entscheidung 2 BvR 758/07, BVerfGE 125, 104, dass das Verfahren formell verfassungswidrig sei, ordnete jedoch die Weitergeltung der angefochtenen Vorschrift an. Der Bundestag beschloss ein Bestätigungsgesetz, das am 5.4.2011, BGBl. I 2011, 554 in Kraft trat. Darin ist die hier streitige Vorschrift des EStG wortgleich mit der Fassung des Haushaltbegleitgesetz 2004 enthalten. Eine Rückwirkung für die Vorschriften, die bestätigt wurden, u.a. auch die hier streitige Vorschrift, war dort nicht enthalten.
44 
Angesichts dieser dargestellten Gesetzesgeschichte liegen die vom Bundesverfassungsgericht bereits festgestellten Mängel und die Defizite im Hinblick auf das Demokratiegebot auch im Streitfall für die Vorschrift des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG vor.
45 
Wie das BVerfG bereits festgestellt hat, leidet das Gesetzgebungsverfahren außerdem an dem Mangel, dass der Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses dem Deutschen Bundestag entgegen § 78 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages nicht mindestens zwei Tage vor dessen endgültiger Beschlussfassung nach Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG zugeleitet wurde, wie dies von Abgeordneten gerügt wurde.
46 
Bei dieser Sachlage liegt es auf der Hand, dass Art. 9, 15 und Art. 24 HBeglG 2004 in identischer Weise zustande gekommen sind, so dass sich die Entscheidung des BVerfG in BVerfGE 125, 104 nach Überzeugung des erkennenden Senats auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG übertragen lässt.
47 
Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Vorschlag zur Kürzung von Steuervergünstigungen bei der Einkommensteuer -im Gegensatz zu den Vorschlägen zur Kürzung von Finanzhilfen im Bereich des Personennahverkehrs, die nicht einmal erkennen ließen, welches Gesetz geändert werden sollte- bereits im Koch-Steinbrück-Papier genau mit den später im Gesetz befindlichen Prozentsätzen konkretisiert ist. Die Frage, ob auch die Vorschläge zur Änderung der Sätze bei den nichtabzugsfähigen Bewirtungsaufwendungen aufgrund der unzureichenden Konkretisierung einer angemessenen parlamentarischen Beratung weder zugänglich noch darauf angelegt waren, kann indes auf sich beruhen, da das Koch/Steinbrück-Papier aufgrund der Art seiner Einführung und seiner Behandlung im parlamentarischen Verfahrensgang keine Grundlage für die vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagene Änderung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG sein konnte. Das Koch/Steinbrück-Papier und damit der Vorschlag zur Änderung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG sind auch nicht als Bundesratsinitiative (Art. 76 Abs. 1 GG) in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden.
48 
Infolge der vom Senat angenommenen Verfassungswidrigkeit des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des Art. 9 HBeglG 2004 war das Klageverfahren gemäß § 74 FGO i.V.m Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BVerfGG auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG darüber einzuholen, ob § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des Art. 9 HBeglG 2004 mit Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG vereinbar ist. Nach Überzeugung des Senats ist Art. 9 HBeglG 2004 -ebenso wie Art. 24 HBeglG 2004- nicht in formell verfassungsmäßiger Weise zustande gekommen.
49 
Demgegenüber ist nach Auffassung des Senats § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in materieller Hinsicht verfassungsgemäß und insbesondere mit Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar.

Gründe

 
II. Streitig ist die Höhe der steuerlichen Abziehbarkeit von Aufwendungen der Klägerin für Bewirtungen von Personen aus geschäftlichem Anlass. In den Veranlagungszeiträumen 2004 und 2005 entstanden der Klägerin Bewirtungsaufwendungen im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Die Klägerin gab ihre Körperschaftsteuererklärungen 2004 am 14. Juli 2005, für 2005 am 30. Mai 2006 ab. In den von ihr erstellten Jahresbilanzen waren im Jahr 2004 Geschenke über 35 EUR nach § 8 Abs. 1 KStG iVm § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG mit 1.481 EUR, im Jahr 2005 von 2.091 EUR sowie Bewirtungskosten nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG für 2004 mit 2.972 EUR und für 2005 von 1.407 EUR enthalten. Bezüglich der Aufwandsbuchungen wird auf die Saldenlisten Ktonr. 6644 zum 31.12.2004 und 31.12.2005 verwiesen (FG-Akten Bl. 76, 77). Von diesen Bewirtungsaufwendungen berücksichtigte der Beklagte gemäß § 8 Abs. 1 KStG iVm § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. HBeglG 2004 jeweils nur 70% als abziehbare Betriebsausgaben. Die zunächst unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Körperschaftsteuerbescheide für 2004 datieren vom 20. Juli 2005, für 2005 vom 22. Juni 2006. Diese Bescheide wurden bestandskräftig. Aufgrund der Prüfungsanordnung vom 6. August 2008 erging ein Prüfungsbericht vom 26. November 2008, in dem bezüglich der hier streitigen Aufwendungen keine Feststellungen getroffen wurden. Mit den aufgrund der Betriebsprüfung ergangenen Körperschaftsteuerbescheiden 2004 und für 2005, jeweils vom 26. Februar 2009, wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin form- und fristgerecht Einsprüche ein, mit denen sie sich gegen die Anwendung der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 geänderten Fassung der Regelungen in § 4 Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 2 EStG wandte. Da vor der Anwendung des HBegIG 2004 nur 20% der Bewirtungsaufwendungen hinzugerechnet wurden, begehrt die Klägerin die Reduzierung der Hinzurechnungen um 1/3. Dementsprechend begehrt die Klägerin für 2004 eine Reduzierung der Hinzurechnungen um EUR 991 (2.972,00 ./. 3 = 991,00) und für 2005 um EUR 469,00 (1.407,00 ./. 3 = 469,00). Eine Reduzierung der entsprechenden Zurechnung bei den Aufwendungen für Geschenke begehrt sie im Klageverfahren nicht mehr.
 Die gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2004 und 2005 gerichteten Einsprüche, mit denen die Klägerin weitere 10% der Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben entsprechend der gesetzlichen Regelung vor Inkrafttreten des HBeglG 2004 abziehen wollte, wies der Beklagte durch die Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2011 als unbegründet zurück. Den unter Hinweis auf die beiden BFH-Verfahren VII R 4/09 sowie VII R 44/09 gestellten Antrag auf Ruhen des Einspruchsverfahrens lehnte das beklagte Finanzamt mit dem Hinweis ab, dass es in diesen Verfahren um § 2 Abs. 2 BierStG gehe, nicht jedoch um die streitgegenständliche Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG. Das beklagte Finanzamt vertrat die Auffassung, die streitigen Gesetzesänderungen seien in formell verfassungsmäßiger Weise zustande gekommen.
Dagegen erhob die Klägerin form- und fristgerecht Klage, mit der sie ihr Ziel weiter verfolgt, die abziehbaren Bewirtungsaufwendungen von 70% auf 80% zu erhöhen, da die Absenkung der abzugsfähigen Bewirtungsaufwendungen durch das HBegIG 2004 verfassungswidrig sei. Sie ist der Auffassung, die angefochtenen Bescheide für 2004 und 2005 über Körperschaftsteuer seien insoweit rechtswidrig, da die Änderung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG durch das HBegIG 2004 in formell verfassungswidriger Weise zustande gekommen sei.
Das Bundesverfassungsgericht habe am 8. Dezember 2009 entschieden, dass die Kürzung des Ausgleichsbetrags für Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs gemäß § 45a Abs. 2 Satz 2 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) wegen Mängeln im Gesetzgebungsverfahren verfassungswidrig sei. Diese Regelung habe über das sog. Koch/Steinbrück-Papier Einzug in das Haushaltsbegleitgesetz (HBeglG) 2004 gefunden. Nach Auffassung des BVerfG genüge die Einbeziehung des Koch/Steinbrück-Papiers in das HBegIG 2004 nicht den Anforderungen an die Förmlichkeit des Gesetzgebungsverfahrens und sei somit in formell verfassungswidriger Weise ergangen. Das BVerfG sei der Ansicht, dass nach den Grundsätzen der Parlamentsöffentlichkeit nach Art. 42 Abs. 1 Satz 1 GG die Änderung des Personenbeförderungsgesetzes durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 nicht in formell verfassungsmäßiger Weise zustande gekommen sei. Die Einbringung des Koch/Steinbrück-Papiers in das parlamentarische Verfahren des Deutschen Bundestages und seine Behandlung in dessen Ausschüssen sowie im Plenum hätten dem Vermittlungsausschuss nicht die Kompetenz eröffnet, eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes in den Vermittlungsvorschlag aufzunehmen. Es sei daher zum Ergebnis gekommen, dass die Art der Einbringung des Koch/Steinbrück-Papiers in das parlamentarische Verfahren nicht den Anforderungen an die Förmlichkeit des Gesetzgebungsverfahrens genügt habe.
Mit zwei Vorlagebeschlüssen vom 15. Februar 2011 hole derzeit der BFH beim BVerfG nun die Entscheidung darüber ein, ob die ebenfalls durch das HBeglG 2004 geänderten Biersteuersätze als formell verfassungswidrig und nichtig anzusehen seien (BFH-Beschlüsse vom VII R 4/09 a.a.O und VII R 44/09). Die Verfahren seien beim Bundesverfassungsgericht unter den Aktenzeichen 2 BvL 4/11 und 2 BvL 5/11 anhängig. Der BFH komme in seinen Vorlagebeschlüssen VII R 4/09 und VII R 44/09 konsequenterweise zu der Feststellung, dass auch die Änderung des § 2 Abs. 2 BierStG durch das HBegIG 2004 verfassungswidrig sei, da diese Vorschrift ebenso wie der bereits vom BVerfG geprüfte § 45a Abs. 2 PBefG durch das Koch/Steinbrück-Papier in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden sei. Keine Rolle spiele nach Ansicht des BFH dabei, dass der Vorschlag zur Kürzung von Steuervergünstigungen bei der Biersteuer -im Gegensatz zu den Vorschlägen zur Kürzung von Finanzhilfen im Bereich des Personennahverkehrs, die nicht einmal erkennen ließen, welches Gesetz geändert werden sollte- näher konkretisiert sei. Die Frage, ob auch die Vorschläge zur Änderung der Biersteuersätze aufgrund der unzureichenden Konkretisierung einer angemessenen parlamentarischen Beratung weder zugänglich noch darauf angelegt waren, könne, so der BFH, auf sich beruhen, da das Koch/Steinbrück-Papier aufgrund der Art seiner Einführung und seiner Behandlung im parlamentarischen Verfahrensgang keine Grundlage für die vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagene Änderung des Biersteuergesetzes 1993 sein könne.
10 
Darüber hinaus leide das Gesetzgebungsverfahren an dem Mangel, dass der Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses dem Deutschen Bundestag entgegen § 78 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages nicht mindestens zwei Tage vor dessen endgültiger Beschlussfassung nach Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG zugeleitet worden sei. Diese Ausführungen seien auch für die hier streitige Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG maßgebend. Weder Art. 8 des Gesetzentwurfes der Bundesregierung vom 15. August 2003, der die Änderung von Vorschriften des Einkommensteuergesetzes durch das HBeglG 2004 enthalten habe, noch der weitere Entwurf der Bundesregierung vom 8. September 2003 hätten eine Änderung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG enthalten. Am 17. Oktober 2003 habe der Bundestag den Gesetzesentwurf, wie er vom Haushaltsausschuss empfohlen wurde, nach 2. und 3. Beratung in namentlicher Abstimmung angenommen. Auch Art. 6 dieses Gesetzesentwurfes, der die damals geplanten Änderungen des Einkommensteuergesetzes enthalten habe, gehe mit keiner Silbe auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG ein (BR-Drs. 652/03; BT-Drs.15/1502; BT-Drs.15/1750; vgl. Plenarprotokoll 15/67 vom 17.10.2003, S. 5784 (D) und S. 5785).
11 
Am 24. Oktober 2003 hätten der federführende Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss dem Bundesrat zu dem Haushaltsbegleitgesetz 2004 gem. Art. 77 Abs. 2 GG empfohlen, den Vermittlungsausschuss mit dem Ziel anzurufen, das Gesetz grundlegend zu überarbeiten und die Vorschläge der Ministerpräsidenten Roland Koch und Peer Steinbrück zum Abbau von Steuervergünstigungen und Finanzhilfen einzubeziehen, die in den Sitzungen des Haushaltsausschusses und des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am 15. Oktober 2003 vorgelegt worden seien. Diesem Vorschlag sei der Bundesrat in seiner 793. Sitzung am 7. November 2003 gefolgt und habe die Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangt. Hierüber sei der Bundestag am 11. November 2003 unterrichtet worden. Erstmals in der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 16. Dezember 2003 werde in Art. 9 des Gesetzentwurfs die gegenständliche Änderung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG ausdrücklich genannt und der Betriebsausgabenabzug für Bewirtungsleistungen von 80% auf 70% reduziert. Eine vorherige Befassung des Plenums des Bundestages sei bis dahin nicht erfolgt. Die eingangs genannten, vom BVerfG sowie dem BFH aufgestellten Grundsätze seien für alle Vorschriften heranzuziehen, die durch das Koch/Steinbrück-Papier in das HBeglG 2004 eingebracht worden seien und die nicht bereits vorher Gegenstand des Regierungsentwurfes 1 bzw. der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses 2 gewesen seien und die bis zu dem fraglichen Veranlagungszeitraum noch nicht durch den Gesetzgeber in verfassungskonformer Weise bestätigt oder neu geregelt worden seien. Zur Vermeidung von Wiederholungen werde auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Dezember 2009 2 BvR 758/07 a.a.O. verwiesen.
12 
Darunter falle auch die hier streitige Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG, die mit Inkrafttreten des Bestätigungsgesetz HBegIG 2004 zum 5. April 2011 inhaltsgleich neu erlassen worden sei. Sie sei bis zu ihrer Neuregelung in formell verfassungswidriger Weise zustande gekommen, da die Einbringung des Koch/Steinbrück-Papiers in das parlamentarische Verfahren nicht den Anforderungen an die Förmlichkeit des Gesetzgebungsverfahrens genügt habe und das Koch/Steinbrück-Papier nicht als Bundesratsinitiative nach Art. 76 Abs. 1 GG in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden sei.
13 
Das beklagte Finanzamt könne sich auch nicht auf die bestätigende Regelung des Bestätigungsgesetzes berufen, da der BFH in den zitierten Beschlüssen die behauptete Rückwirkung gerade verneint habe, da das Bestätigungsgesetz nach dessen Art. 8 am Tag nach der Verkündung in Kraft trete und eine Rückwirkung gerade nicht angeordnet worden sei. Das Gleiche gelte in dem vorliegenden Fall. Auch sei die Neuregelung in dem bestätigenden Gesetz vom 5. April 2011 nicht mit Rückwirkung erfolgt. Ebensowenig wie der Bundesfinanzhof sei der erkennende Senat in der Lage, eine Fortgeltung des HaushaltsbegleitG 2004 für die angefochtenen Regelungen anzuordnen.
14 
 Die Klägerin beantragt,
 1. Der Bescheid für 2004 über Körperschaftsteuer vom 26. Februar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2011 wird dahingehend abgeändert, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von EUR 991,00 anerkannt werden,
 2. Der Bescheid für 2005 über Körperschaftsteuer vom 26. Februar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juli 2011 wird dahingehend abgeändert, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von EUR 469,00 anerkannt werden,
 3. hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
 4. das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BVerfGG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht folgende Frage vorzulegen:
 Ist 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des Art. 9 HBegIG 2004 vom 29. Dezember 2003 (BGBI. I 2003,  3076) mit Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG vereinbar?
 5. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
15 
Das beklagte Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
16 
Es bezieht sich auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, das Bundesverfassungsgericht habe die dortigen Normen nicht für nichtig erklärt und dem Gesetzgeber eine Übergangsfrist zur Beseitigung der Mängel eingeräumt. Die Regelungen des Haushaltsbegleitgesetzes blieben anwendbar, wenn eine gesetzliche Neuregelung bis zum 30. Juni 2011 erfolge. Der Gesetzgeber habe daraufhin mit dem Gesetz zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrssteuerlicher Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 vom 5. April 2011 (BGBl. I 2011, 554) reagiert. Die Anwendung der hier streitigen Regelungen beruhe daher nicht mehr nur allein auf dem Haushaltsbegleitgesetz 2004, sondern auch auf dem Gesetz zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften. Die zur Biersteuer ergangenen Vorlagebeschlüsse des BFH seien daher für den Streitfall nicht maßgeblich, da das Bestätigungsgesetz in jedem Fall in verfassungsmäßiger Weise zustande gekommen sei. Es ist im Ergebnis der Auffassung, dass es sich solange um ein formal rechtmäßiges Gesetz handele, solange nicht das BVerfG das Gegenteil festgestellt habe. Deshalb sei die Finanzverwaltung daran gebunden und müsse dieses anwenden.
17 
Bezüglich des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die im Einspruchs- und Klageverfahren gewechselten Schriftsätze nebst den jeweiligen Anlagen Bezug genommen.
18 
Die Beteiligten haben nach § 90 Abs. 2 FGO auf mündliche Verhandlung vor dem Senat verzichtet.
III.
19 
Das Verfahren ist nach § 74 FGO auszusetzen. Es ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu der im Tenor formulierten Vorlagefrage einzuholen, da der Senat von der formellen Verfassungswidrigkeit der streitigen Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG überzeugt ist.
20 
1. Die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift ist entscheidungserheblich.
21 
a) Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG kann ein Gericht die Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Vorschrift nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 2010 2 BvL 59/06, BFH/NV 2010, 2387).
22 
Im Streitfall ist der Ausgang des anhängigen Revisionsverfahrens von der Gültigkeit des  § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des Art. 9 HBeglG 2004 abhängig. Das FA hat auf der Grundlage dieser Neuregelung die von der Klägerin für die Streitjahre 2004 und 2005 nach § 8 Abs. 1 KStG iVm § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG geschuldete Körperschaftsteuer dem Grunde und der Höhe nach zutreffend festgesetzt. Sollte sich in dem Vorlageverfahren erweisen, dass §§ 8 Abs. 1 KStG iVm § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des HBeglG 2004 mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig ist, könnte die Steuerfestsetzung mit der Folge keinen Bestand haben, sodass der angefochtene Bescheid aufgehoben werden müsste. In diesem Fall wäre die Klage erfolgreich. Andererseits erscheint es nicht ausgeschlossen, dass das BVerfG aus denselben Erwägungen, mit denen es die Fortgeltung des § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG angeordnet hat, von der Feststellung der Nichtigkeit des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des Art. 9 HBeglG absieht und diese Norm ebenfalls -evtl. bis zum Bestätigungsgesetz zum HBegIG 2004 vom 5. April 2011- für vorläufig anwendbar erklärt. In diesem Fall wäre der angefochtene Bescheid rechtmäßig, so dass die Klage als unbegründet zurückzuweisen wäre.
23 
2. Die streitige Vorschrift ist nach Überzeugung des erkennenden Senats in formell verfassungswidriger Art und Weise zustande gekommen.
24 
a) Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist das vorlegende Gericht gehalten, die für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit maßgeblichen Erwägungen umfassend darzulegen. Dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) genügt ein Vorlagebeschluss nur dann, wenn die Ausführungen des Gerichts erkennen lassen, dass eine solche Prüfung vorgenommen worden ist (BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 2010 2 BvL 59/06, BVerfGE 127, 335, BFH/NV 2010, 2387, unter B.I., m.w.N.). Wie bereits dargelegt, betrifft die Vorlage die Gültigkeit einer Norm, die durch Art. 9 HBeglG 2004 geändert worden ist. Zu Art. 24 dieses Gesetzes liegt bereits eine Entscheidung des BVerfG vor, in der das BVerfG das Gesetzgebungsverfahren beanstandet und festgestellt hat, dass die Einbringung des Koch/Steinbrück-Papiers nicht den Anforderungen an die Förmlichkeiten des Gesetzgebungsverfahrens genügt habe. Der Vermittlungsausschuss habe nicht über die Kompetenz verfügt, eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes in den Vermittlungsvorschlag aufzunehmen. Darüber hinaus habe es an den Voraussetzungen einer Bundesratsinitiative gefehlt.
25 
b) Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der beschließende Senat auf die Ausführungen des BVerfG in seiner Entscheidung in BVerfGE 125, 104 zum Gang des Gesetzgebungsverfahrens und zur formellen Verfassungswidrigkeit des § 45a Abs. 2 Satz 3 Variante 1 PBefG und den beiden Beschlüsse des BFH vom 15. Februar 2011, VIII R 4/09 und VII R 44/09, BFH/NV 2011, 1114 Bezug.
26 
Entscheidend ist, dass die Art der Einbringung des Vorschlags zur Änderung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG durch das Koch/Steinbrück-Papier in das parlamentarische Verfahren nicht den Anforderungen an die Förmlichkeiten des Gesetzgebungsverfahrens genügte.
27 
Das HaushaltsbegleitG 2004 wurde erstmals mit der Bundesratsdrucksache 652/03 vom 15.8.2003 als Gesetzentwurf der Bundesregierung an den Bundesrat zugeleitet. In den Änderungen für das Einkommensteuergesetz in Art. 8 des Entwurfes ist eine Änderung des Art. 4 Abs. 5 EStG nicht enthalten. Mit der Bundestagsdrucksache 15/1502 vom 8.9.2003 wurde der Entwurf an den Bundestag weitergeleitet. Am 9.9.2003 fand ausweislich des Plenarprotokolls 15/58 in der 58. Sitzung vom 9.9.2003, S. 4850 C die erste Beratung im Bundestag statt, mit der das Gesetzesvorhaben an die Ausschüsse überwiesen wurde. Mit der Bundesratsdrucksacke 652/1/03 vom 16.9.2003 empfahlen die Ausschüsse des Bundestages dem Bundesrat, den Gesetzesentwurf abzulehnen. Ausweislich des Plenarprotokolls 791 vom 26.9.2003, S. 282 ff. beriet der Bundesrat das Gesetzesvorhaben, ausweislich der Bundesratsdrucksache 652/02 vom gleichen Tag lehnte der Bundesrat das Gesetzesvorhaben ab. In der Bundestagsdrucksache 15/1639 vom 1.10.2003 wird die Ablehnung mit der Stellungnahme des Bundesrates abgedruckt, ferner erfolgte die Gegenäußerung der Bundesregierung in der gleichen Drucksache. Mit der Drucksache 15/1750 empfahl der Haushaltsausschluss durch Beschluss vom 15.10.2003, den Gesetzesentwurf in der aus der anliegenden Zusammenstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen. Mit der Bundestagsdrucksache 15/1752 formulierten eine Reihe von Abgeordneten der damaligen CDU-Opposition einen Entschließungsantrag zur Ablehnung dieses Gesetzes. In allen diesen Gesetzesentwürfen waren Änderungen des § 4 Abs. 5 EStG nicht enthalten, vielmehr waren im Wesentlichen bei der Einkommensteuer Änderungen der Entfernungspauschale sowie der Aufhebung der Eigenheimzulage Gegenstand der politischen Auseinandersetzung. Mit der Bundestagsdrucksache 15/1752 wurde der Entschließungsantrag der Opposition zur Ablehnung des Gesetzes abgelehnt. Gleichzeitig beschloss der Haushaltsausschuss des deutschen Bundestags Änderungen zum HaushaltbegleitG 2004. In der Bundestagsdrucksache 15/1751, dem Bericht des Haushaltsausschusses vom 16.10.2003, wird auf S. 3-4 folgendes ausgeführt:
28 
„Als einen weiteren wichtigen Baustein strichen die Koalitionsfraktionen die Koch-Steinbrück-Initiative heraus, die auf nahezu einhellig positive Resonanz gestoßen sei. Sie erinnerten daran, dass für Koch-Steinbrück im Haushaltsentwurf 2004 bereits eine Platzhalterposition ausgewiesen sei und gaben der Erwartung Ausdruck, dass die Koch-Steinbrück-Liste der Steuersubventionskürzungen 1:1 umgesetzt werden solle, soweit der Haushaltsentwurf 2004 nicht bereits weitergehende Regelungen vorsehe. Über den Teil der Finanzhilfekürzungen bei Koch-Steinbrück werde noch zu reden sein. Die Koalitionsfraktionen begrüßten, dass die Minister Dieckmann (NRW) und Riedel (Hessen) das Koch-Steinbrück Papier persönlich in die Beratungen zum HaushaltsbegleitG im Haushaltsausschuss eingeführt und dem Vorsitzenden formal mit der Bitte überreicht haben, es per Umdruck allen Abgeordneten zur Kenntnis zu geben“.
29 
Auf S. 5 dieser Drucksache wird ausgeführt:
30 
„Die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP legen Wert darauf, dass die Kurzvorstellungen der Vorschläge der Ministerpräsidenten Koch/Steinbrück zum Subventionsabbau durch die beiden anwesenden Landesminister aus Nordrhein-Westfalen und Hessen keine Einbringung in das parlamentarische Verfahren darstellen, zumal die beiden Landesminister auf die Frage, ob es sich dabei um eine Stellungnahme zu dem vorliegenden Gesetzentwurf handele, dieses ausdrücklich nicht bestätigt haben… Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend die inhaltliche Ausgestaltung der angekündigten gesetzlichen Regelungen zur Umsetzung der erforderlichen Einsparungen in der Rentenversicherung, zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und zur Umsetzung der Vorschläge der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück im parlamentarischen Verfahren offen zu legen und ein tragfähiges Konzept zur Finanzierung des Vorziehens der 3. Stufe der Steuerreform vorzulegen.
31 
Mit der Drucksache 15/1753 vom 16.10.2003 formulierten Abgeordnete der FDP einen Entschließungsantrag zur Ablehnung des Gesetzesvorhabens. Ausweislich des Plenarprotokolls 15/67 vom 17. Oktober 2003 wurde das Gesetzesvorhaben in zweiter und dritter Beratung im Bundestag in namentlicher Abstimmung angenommen (Plenarprotokoll 15/67 vom 17.10.2003, S. 5759 bis 5783). Im Rahmen dieser Debatte wurden sowohl die Entfernungspauschale als auch das Streichen der Eigenheimzulage thematisiert, in der Debatte wird die Pressekonferenz erwähnt, die Herr Koch und Herr Steinbrück gemeinsam abgehalten hätten. Das Koch-Steinbrück Papier wird dabei erwähnt, ohne dass jedoch Details hiervon angesprochen werden. In dieser Sitzung erfolgte die Annahme des zu diesem Zeitpunkt in dieser Form vorliegenden Gesetzesbeschlusses.
32 
Mit der Bundesratsdrucksache 729/03 wurde der mehrheitlich angenommene Gesetzesbeschluss des Bundestags am 17.10.2003 an den Bundesrat übermittelt. Mit der Bundesratsdrucksache 729/1/03 empfahlen am 24.10.2003 der Finanz- und Wirtschaftsausschuss dem Bundesrat, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um das Gesetz grundlegend zu überarbeiten und das Koch-Steinbrück-Papier einzuarbeiten.
33 
Mit dem Koch-Steinbrück-Papier wurde für 3 Jahre für die Jahre 2004 bis 2006 ein pauschaler Subventionsabbau in Höhe von jeweils 4%, insgesamt also 12% vorgeschlagen. Unter Teil B Bereich I Regelabbau werden unter der laufenden Nummer 14 auch die begrenzte Abzugsfähigkeit der Bewirtungsaufwendungen genannt, die mit einem Volumen von 150 Mio EUR geschätzt werden, unter Nummer 15 findet sich die begrenzte Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für Geschenke mit einem Volumen von 125 Mio EUR. Im Teil E, Anhang wird in der Gesamtliste unter I. laufende Nummer 15 bei der begrenzten Abzugsfähigkeit der Bewirtungsaufwendungen als Zielsetzung der Maßnahme die Abgrenzung betrieblicher Aufwendungen von den Kosten der privaten Lebensführung genannt, als Vorschrift § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG und als Abbau der Steuervergünstigung durch Senkung des Prozentsatzes der Abzugsfähigkeit (aus administrativen Gründen in einem Schritt) auf 70%. Auch bei den Geschenken wird eine Senkung auf 35 EUR vorgeschlagen, wobei auch in diesem Fall aus administrativen Gründen kein schrittweiser Abbau erfolgen sollte, sondern die 10% Kürzung bereits im ersten Jahr.
34 
Mit der Drucksache 729/2/03 des Bundesrats vom 6.11.2003 beantragte das Land Baden-Württemberg zum HaushaltsbegleitG eine pauschale Kürzung aller Subventionen. Mit der Bundesratsdrucksache 729/03 beschloss der Bundesrat am 7.11.2003, den Vermittlungsausschuss zur grundlegenden Überarbeitung des Gesetzes anzurufen und dabei das Koch-Steinbrück-Papier einzubeziehen. Der Bundesrat debattierte über das HaushaltsbegleitG (Protokoll 793. Sitzung S. 412 ff.). Der Bundesrat verlangte die Einberufung des Vermittlungsausschusses (a.a.O.) S. 428). Der Bundestag wurde mit der Drucksache 15/1992 am 11.11.2003 von der Anrufung des Vermittlungsausschusses für das HaushaltsbegleitG 2004 informiert. Darin wird ausdrücklich verlangt, die Vorschläge der Ministerpräsidenten Roland Koch und Peer Steinbrück zum Abbau von Steuervergünstigungen und Finanzhilfen einzubeziehen, die in den Sitzungen des Haushaltsausschusses und des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags am 15. Oktober 2003 vorgelegt wurden. Es wird darauf hingewiesen, dass die Vorschläge der Ministerpräsidenten Roland Koch und Peer Steinbrück im Haushaltsauschuss (Ausschussdrucksache 15/8/852) und im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages beraten worden sind. Um einen Subventionsabbau auf breiter Linie zu erreichen, seien darüber hinaus weitere Kürzungen erforderlich. Dies könnte vor allem durch eine pauschale Kürzung aller Subventionen erreicht werden.
35 
Der Vermittlungsausschuss empfahl am 16.12.2003 mit der Drucksache 15/2261:
36 
„Der Bundestag wolle beschließen: Das vom Deutschen Bundestag in seiner 67. Sitzung am 17. Oktober 2003 beschlossene Haushaltbegleitgesetz 2004 (HaushaltsbegleitG 2004) wird nach Maßgabe der in der Anlage zusammengefassten Beschlüsse geändert. Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung hat der Vermittlungsausschuss beschlossen, dass im Deutschen Bundestag über die Änderungen gemeinsam abzustimmen ist.“
37 
In Art. 6 zur Änderung des Einkommensteuergesetzes ist unter Ziffer 1 Nr. 3b enthalten:
38 
In § 4 Abs. 5 wird Satz 1 wie folgt geändert: ….
39 
b) In Nr. 2 Satz 1 wird die Angabe „80 v.H.“ durch die Angabe „70 v.H.“ ersetzt.
40 
In der Folgezeit bis zur Abstimmung im Bundestag wurden die Artikel und Nummern des Gesetzes vor der Abstimmung kurzfristig geändert, u.a. wurden die geplanten Änderungen des Einkommensteuergesetzes statt wie bisher in Artikel 6 in Artikel 9 des Gesetzesentwurfes geregelt. Die Drucksache mit den Gesetzesvorlagen ging den Abgeordneten nicht einmal 24 Stunden vor der Abstimmung zu.
41 
Ausweislich des Plenarprotokolls vom 19.12.2003 15/84 über die 84. Sitzung beantragten die Abgeordneten Petra Pau und Gesine Lötzsch die Beratung der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 von der Tagesordnung abzusetzen, da die hierzu erforderliche Bundestagsdrucksache den Abgeordneten entgegen den Vorgaben der Geschäftsordnung nicht 48 Stunden vor der Abstimmung zugegangen sei. Dieser Antrag wurde abgelehnt. In namentlicher Abstimmung wurde das Gesetzesvorhaben angenommen. Allerdings haben mehrere Abgeordnete unterschiedlicher Fraktionen in verschiedenen Erklärungen zur Geschäftsordnung (Anlagen 2 bis 5 zum Protokoll 15/84), darauf hingewiesen, dass zum Gesetzgebungsverfahren selbst aus verfassungsrechtlicher Hinsicht anzumerken sei, dass es bezogen auf die Beteiligungsrechte der Bundestagsabgeordneten im Sinne von Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG äußerst bedenklich erscheine, wenn wesentliche Entscheidungen im Vermittlungsausschuss und nicht im Rahmen einer ordentlichen Debatte im Plenum des Deutschen Bundestags getroffen würden. Gemeint seien hiermit insbesondere diejenigen Subventionskürzungen und Steueränderungen aus dem Koch-Steinbrück-Papier, welche erstmals im Vermittlungsverfahren eingebracht worden seien. Die Abgeordneten bezweifeln, dass der Vermittlungsausschuss die Kompetenz habe, eine eigene Gesetzesvorlage einzubringen. Dieser sei deshalb an den Rahmen gebunden, der nach den bisherigen Beratungen im Bundestag inhaltlich und formal vorgezeichnet sei. Die Abgeordneten bezweifeln, dass diese Vorgaben im vorliegenden Fall, insbesondere beim Haushaltsbegleitgesetz, erfüllt seien. Bei dem angewandten Verfahren fehle es an Transparenz für den Bürger und die Presse, mithin für die Öffentlichkeit. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die Beschlussvorlagen die Abgeordneten noch nicht einmal 24 Stunden vor der Verabschiedung im Bundestag erreicht hätten.
42 
Am gleichen Tag, dem 19.12.2003 stimmte der Bundestag ausweislich der Bundesratsdrucksache 937/03 dem Gesetzesvorhaben zu. Das Gesetz wurde im BGBl. I 2003, 3076 am 31.12.2003 verkündet und trat in Kraft zum 1.1.2004. Am 5. April 2011 beschloss der Bundestag das Gesetz zur bestätigenden Regelung verschiedener steuerlicher und verkehrsrechtlicher Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 (BGBl. 2011, 554). Darin war auch die Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG mit der Begrenzung des Abzugs auf 70% enthalten. Nach Art. 8 dieses Gesetzes tritt das Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft.
43 
Am 8.12.2009 entschied das Bundesverfassungsgericht zum Personenbeförderungsgesetz in der Entscheidung 2 BvR 758/07, BVerfGE 125, 104, dass das Verfahren formell verfassungswidrig sei, ordnete jedoch die Weitergeltung der angefochtenen Vorschrift an. Der Bundestag beschloss ein Bestätigungsgesetz, das am 5.4.2011, BGBl. I 2011, 554 in Kraft trat. Darin ist die hier streitige Vorschrift des EStG wortgleich mit der Fassung des Haushaltbegleitgesetz 2004 enthalten. Eine Rückwirkung für die Vorschriften, die bestätigt wurden, u.a. auch die hier streitige Vorschrift, war dort nicht enthalten.
44 
Angesichts dieser dargestellten Gesetzesgeschichte liegen die vom Bundesverfassungsgericht bereits festgestellten Mängel und die Defizite im Hinblick auf das Demokratiegebot auch im Streitfall für die Vorschrift des § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG vor.
45 
Wie das BVerfG bereits festgestellt hat, leidet das Gesetzgebungsverfahren außerdem an dem Mangel, dass der Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses dem Deutschen Bundestag entgegen § 78 Abs. 5 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages nicht mindestens zwei Tage vor dessen endgültiger Beschlussfassung nach Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG zugeleitet wurde, wie dies von Abgeordneten gerügt wurde.
46 
Bei dieser Sachlage liegt es auf der Hand, dass Art. 9, 15 und Art. 24 HBeglG 2004 in identischer Weise zustande gekommen sind, so dass sich die Entscheidung des BVerfG in BVerfGE 125, 104 nach Überzeugung des erkennenden Senats auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG übertragen lässt.
47 
Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Vorschlag zur Kürzung von Steuervergünstigungen bei der Einkommensteuer -im Gegensatz zu den Vorschlägen zur Kürzung von Finanzhilfen im Bereich des Personennahverkehrs, die nicht einmal erkennen ließen, welches Gesetz geändert werden sollte- bereits im Koch-Steinbrück-Papier genau mit den später im Gesetz befindlichen Prozentsätzen konkretisiert ist. Die Frage, ob auch die Vorschläge zur Änderung der Sätze bei den nichtabzugsfähigen Bewirtungsaufwendungen aufgrund der unzureichenden Konkretisierung einer angemessenen parlamentarischen Beratung weder zugänglich noch darauf angelegt waren, kann indes auf sich beruhen, da das Koch/Steinbrück-Papier aufgrund der Art seiner Einführung und seiner Behandlung im parlamentarischen Verfahrensgang keine Grundlage für die vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagene Änderung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG sein konnte. Das Koch/Steinbrück-Papier und damit der Vorschlag zur Änderung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG sind auch nicht als Bundesratsinitiative (Art. 76 Abs. 1 GG) in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden.
48 
Infolge der vom Senat angenommenen Verfassungswidrigkeit des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des Art. 9 HBeglG 2004 war das Klageverfahren gemäß § 74 FGO i.V.m Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BVerfGG auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG darüber einzuholen, ob § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des Art. 9 HBeglG 2004 mit Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1 und Art. 76 Abs. 1 GG vereinbar ist. Nach Überzeugung des Senats ist Art. 9 HBeglG 2004 -ebenso wie Art. 24 HBeglG 2004- nicht in formell verfassungsmäßiger Weise zustande gekommen.
49 
Demgegenüber ist nach Auffassung des Senats § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in materieller Hinsicht verfassungsgemäß und insbesondere mit Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar.

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