Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 12 K 3789/12

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Streitig ist, ob der Klägerin ein Anspruch auf Vorsteuerabzug zusteht sowie ob der Beklagte zu Recht die Klägerin für Umsatzsteuern gem. § 14c Abs. 3 UStG in Anspruch genommen hat.
1. Die Klägerin ist eine in der Rechtsform einer GmbH betriebene juristische Person und betreibt einen Handel mit Gegenständen des Bedarfs landwirtschaftlicher Betriebe und mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen sowie die Vermittlung solcher Gegenstände und Erzeugnisse. Alleiniger Gesellschafter der Klägerin ist der „X e.V.“ (X). Mitglieder des Alleingesellschafters sind verschiedene landwirtschaftliche Erzeugerringe mit jeweils zwischen 48 und 138 landwirtschaftlichen Mitgliedern, also Landwirten, die hauptsächlich im Bereich der Ferkelerzeugung und Schweinemast tätig sind. Die Erzeugerringe wiederum sind im Y-Verband organisiert, dessen Hauptaufgabe es ist, Leistungs- und Qualitätsprüfungen im Bereich der tierischen Erzeugung durchzuführen und seine Mitgliedsbetriebe zu beraten. Gem. § 2 der Satzung des Vereins besteht dessen Geschäftszweck darin, die Interessen seiner Mitglieder zu vertreten, und zwar insbesondere u.a. durch die Beratung der Mitglieder in allen Fragen der tierischen Veredlung und der Unterstützung von Landwirten beim Bezug und Absatz von Betriebsmitteln und landwirtschaftlichen Produkten. In Tz. 3 der Geschäftsordnung der Klägerin (Stand 2007) ist geregelt, dass die Beratung der Kunden der Klägerin von den Mitarbeitern des Y-Verbands im Auftrag der Gesellschaft wahrgenommen werde. Angestellte Mitarbeiter des Y-Verbands, sog. „Betreuer“, betreuen und beraten die Erzeugerringe „in allen Fütterungs- und Tierhaltungsfragen“, wobei je ein bis zwei Betreuer pro Erzeugerring tätig sind. Die Klägerin verfügt über einen Verwaltungsrat, bestehend aus sechs Mitgliedern des X sowie dem Steuerberater als beratendem Mitglied. Der Verwaltungsrat bestimmt die Grundsätze der Geschäftspolitik der Klägerin. Außerdem verfügt sie über ein Präsidium, bestehend aus drei Personen des Verwaltungsrates, zur Unterstützung der Geschäftsführung. Im Rahmen einer Geschäftsordnung ist sodann anhand genauer Ablaufpläne festgelegt, wie die Handelsgeschäfte der Klägerin abzuwickeln sind und welcher Steuerberater zur Erstellung der Buchhaltung heranzuziehen ist. Geschäftsführer und - soweit ersichtlich - einziger Mitarbeiter der Klägerin ist Herr ... (nachfolgend Y. ). Mit Beschluss vom 18. April 1997 genehmigte der Verwaltungsrat der Klägerin die Aufnahme des Geschäftszweigs „Kommissionshandel mit Vieh und der Handel oder die Vermittlung mit Stalleinrichtungen.
Wesentliches Geschäftsfeld der Klägerin war der Handel mit Betriebsmitteln im landwirtschaftlichen Bereich sowie ein Scannerservice zur Trächtigkeitsuntersuchung bei Schweinen. In den Streitjahren betätigte sich die Klägerin außerdem im Bereich des Handels mit Futtermitteln und von für die Schweinemast bestimmten Ferkeln. Insoweit gab die Klägerin an, als Einkaufs-Kommissionärin tätig zu sein. Für den Wareneinkauf von pauschal der Umsatzsteuer unterliegenden Landwirten gem. § 24 Abs. 1 Nr. 2 UStG nahm die Klägerin den Vorsteuerabzug mit 9% (bis 31. Dezember 2006) bzw. 10,7% (ab 1. Januar 2007) vor. Die angeblichen Ausgangsumsätze an die Abnehmer (Kommittenten) versteuerte die Klägerin mit 7%.
Der Beklagte führte bei der Klägerin ab März 2008 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung - zunächst für die Zeiträume 2004 bis 2007 durch. Diese wurde ab Oktober 2008 als Steuerfahndungsprüfung, welche schließlich die Zeiträume 2004 bis September 2009 umfasste, fortgeführt. Mit Datum vom 3. Dezember 2008 wurde außerdem das Strafverfahren gegen Y. eingeleitet.
Im Rahmen der Prüfung gelangten die Steuerfahnder zu der Überzeugung, dass die „im Zusammenhang mit dem vorgeblichen Einkaufskommissionsgeschäft erforderlichen Ausführungsgeschäfte zwischen dem liefernden Landwirt und“ der Klägerin „nicht getätigt“ worden seien, sondern vielmehr „direkt zwischen den liefernden und erwerbenden Landwirten“ erfolgt seien. Vor diesem Hintergrund versagten die Prüfer den Vorsteuerabzug aus den durch die Klägerin an die liefernden Landwirte erteilten Gutschriften, da diesen keine Lieferungen der Landwirte an die Klägerin im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG zugrunde liegen würden und die Klägerin keinen Kommissionshandel durchführe. Die Klägerin betreibe vielmehr die Erbringung von Serviceleistungen bei der Erstellung von Gutschriften und Rechnungen an die liefernden und abnehmenden Landwirte und die Abwicklung des gesamten Inkassovorgangs im Zusammenhang mit diesen Lieferungen. Die steuerlichen Folgen der von der Klägerin behaupteten Kommissionsgeschäfte machte der Steuerfahndungsprüfer rückgängig.
Hierbei kürzte der Beklagte die Vorsteuerbeträge wie folgt:
Streitjahr
VSt-Kürzung
Zinsen z. USt
Summe 
2004   
.......,... EUR
.......,... EUR
.......,... EUR
2005   
.......,... EUR
.......,... EUR
.......,... EUR
2006   
.......,... EUR
.......,... EUR
.......,... EUR
2007   
.......,... EUR
.......,... EUR
.......,... EUR
2008   
.......,... EUR
.......,... EUR
.......,... EUR
Für 2009 ging er - erstmals - von folgenden Besteuerungsgrundlagen aus:
Streitjahr
VSt-Kürzung
Zinsen z. USt
Summe 
2009   
.......,... EUR
.......,... EUR
.......,... EUR
10 
Zugleich änderte er die Umsatzsteuerbemessungsgrundlage für die von der Klägerin verbuchten, im Rahmen der Steuerfahndungsprüfung jedoch nicht anerkannten Kommissionsgeschäfte, die diese einem Steuersatz von 7% unterworfen hatte:
11 
Streitjahr
Bemessungs-grundlage
hiervon 7%
Diff. zur VSt
2004   
........,... EUR
.......,... EUR
.......,... EUR
2005   
........,... EUR
.......,... EUR
.......,... EUR
2006   
........,... EUR
.......,... EUR
.......,... EUR
2007   
........,... EUR
.......,... EUR
.......,... EUR
2008   
........,... EUR
.......,... EUR
.......,... EUR
12 
Für 2009 ändert er die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer in Höhe von 7% wie folgt:
13 
Streitjahr
Bemessungs-grundlage
hiervon 7%
Diff. zur VSt
2009   
........,... EUR
.......,... EUR
.......,... EUR
14 
Schließlich bewertete er die von der Klägerin - soweit erfolgt - in Rechnung gestellten „Kommissionsgebühren“ als Entgelt für die erbrachten Dienstleistungen und unterwarf die für diese Geschäfte von der Klägerin ausgewiesene Umsatzsteuer der Besteuerung gem. § 14c UStG:
15 
Streitjahr
Steuer § 14c UStG
2004   
.......,... EUR
2005   
.......,... EUR
2006   
.......,... EUR
2007   
.......,... EUR
2008   
.......,... EUR
2009   
.......,... EUR
16 
Wegen der Feststellungen im Einzelnen nimmt der Senat Bezug auf die umfangreichen Ausführungen im Steuerfahndungsbericht vom 25. Februar 2011, Ziff. 722 ff., S. 151ff.. Der Beklagte schloss sich dem an und erließ mit Datum vom 25. Oktober 2011 entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2004 bis 2008 und setzte Zinsen gem. § 233a AO fest.
17 
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 14. November 2011 sowie - nochmals - mit Schreiben vom 21. November 2011 jeweils - auch in Bezug auf die festgesetzten Zinsen - Einsprüche ein.
18 
Am 22. Februar 2012 erließ der Beklagte sodann einen erstmaligen Umsatzsteuerbescheid für 2009. Gegen diesen legte der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 27. Februar 2012 Einspruch ein.
19 
Der Beklagte hat die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2012 als unbegründet zurückgewiesen.
20 
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
21 
Die Klägerin trägt vor, die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide würden gegen § 3 Abs. 3 UStG i. V. m. § 383 ff. HGB, insbesondere Art. 5 Abs. 4 lit. c der Richtlinie 77/388/EWG vom 13. Juni 1977 (6. UStR, bis einschließlich 2006) bzw. (ab 2007) Art. 14 Abs. 2 lit. c der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie verstoßen.´
22 
Im Streitfall liege eine Dauergeschäftsbeziehung zwischen den Beteiligten Personen vor. Insoweit sei es „ausreichend, dass sowohl nach dem Willen des Liefernden, wie auch des abnehmenden Landwirts die Zwischenschaltung der Klägerin gewollt“ gewesen sei.
23 
Ihr Ziel sei es, den Landwirten Vorteile durch den gemeinsamen Bezug von Futter- und Betriebsmitteln zu ermöglichen. Die Klägerin habe - bis zur Durchführung der Steuerfahndungsprüfung in 2009 - „kommissionierte Waren in Form von Kommissionsgeschäften, Kommissionsagentengeschäften bzw. Reihengeschäften“ abgewickelt.
24 
Der Beklagte gehe von einem falschen Sachverhalt aus, wenn er unterstelle, der Geschäftsführer der Klägerin habe gegenüber dem Finanzamt ein „Lügengebäude errichtet“. Die gewählte Vertragsgestaltung und Abwicklung der Vertragsbeziehungen sei in der Literatur anerkannt und auch in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung als steuerlich unproblematisch dargestellt worden. Auch die Finanzverwaltung selbst habe keine grundlegenden Bedenken gegen diese Gestaltung. Bereits vor diesem Hintergrund könne keine Rechtsverletzung, erst Recht aber keine Steuerhinterziehung angenommen werden.
25 
Die Klägerin habe auch ein eigenes finanzielles Risiko gehabt, da die Möglichkeit des Ausfalls von Forderungen bestanden habe, dass Rücklastschriften mit zusätzlichen Gebühren hätten eingezogen werden müssen und aufgrund von Zahlungsverzögerungen auch Zinsnachteile entstanden seien. Regelmäßig sei die Klägerin mit anfallenden Rücklastschriftgebühren belastet worden. Auch hätten Leistungsstörungen vorgelegen, die durch die Klägerin abgewickelt worden seien. Hierbei sei aus verschiedenen Vorgängen ersichtlich, dass durch derartige Leistungsstörungen bei der Klägerin Belastungen in Höhe von 0,77 EUR bis zu 23,40 EUR entstanden seien. Das Gewährleistungsrisiko sei damit jedenfalls teilweise von der Klägerin getragen worden.
26 
Die Klägerin habe zwar nicht die von der Verwaltung empfohlenen Formblätter bzw. den mit der Verwaltung abgestimmten „Mustervertrag des Deutschen Vieh- und Fleischhandelsbundes e.V.“ verwendet und die Geschäfte demgemäß durchgeführt. Grund hierfür sei, dass dieser nicht offiziell zu verwenden sei und nur auf Einzelfälle bezogen sei. Die Klägerin habe daher ein eigenes Vertragsmuster verwendet. Gleichwohl habe sie sich auf diese eigens entwickelten Vertragsmuster verlassen. Demnach sei zur „Konkretisierung der bereits bestehenden und abgewickelten Kommissionsagentengeschäfte zusätzlich ein Liefer- und Abnahmevertrag für Babyferkel zwischen Ferkelerzeuger und dem Aufzüchter abgeschlossen“ worden. Aus dem von der Klägerin weiter entwickelten Vertragswerk folge, dass über die Klägerin „die Abrechnung der Ferkel“ erfolge. Im Rahmen der Vertragsanbahnungen sei jeweils vereinbart worden, dass „der Vorgang über ein Kommissionsagentengeschäft über die Klägerin abgerechnet“ werde. Es handle sich um eine komplizierte Vertragsgestaltung, so dass den Beteiligten nicht vorgeworfen werden könne, wenn sie nicht die „richtigen juristischen Termini verwenden“. Im Streitfall liege „rechtstypisch“ die „seltene Fallgruppe des doppelten Geheißerwerbs“ vor.
27 
Die Klägerin sei vor diesem Hintergrund „jedenfalls Kommissionsagentin“ gewesen und damit umsatzsteuerlich wie ein Kommissionär zu behandeln. Hiergegen spreche auch nicht die Behauptung der Steuerfahndung, dass die Lieferungen direkt zwischen den Landwirten erfolgt seien und erst anschließend eine Abrechnung über die Klägerin erfolgt sei, nachdem von einer Dauergeschäftsbeziehung auszugehen sei.
28 
Zudem sei der Begriff der „Verschaffung der Verfügungsmacht“ höchst umstritten und beim Kommissionsagenten aufgrund der Vorschrift des § 3 Abs. 3 UStG die ursprüngliche Einkaufsleistung auf der Ebene zwischen dem Kommissionsagenten und dem abnehmenden Landwirt wie eine eigenständige zweite Lieferung zu behandeln.
29 
Die Klägerin habe nicht „nur“ Einkaufskommissionsgeschäfte getätigt, sondern auch Verkaufskommissionsgeschäfte mit Rindern, mit Getreide und tragenden Sauen. Außerdem seien Doppelkommissionsgeschäfte eingegangen worden.
30 
Im Streitfall müsse jeder Einzelfall geprüft und gewürdigt werden und nicht „mit Unterstellungen und falschen Behauptungen gearbeitet werden“. Insoweit obliege zudem dem Beklagten die Beweislast für die Versagung des Vorsteuerabzugs, da dieser einen atypischen Geschehensablauf behaupte. Weiter müsse geklärt werden, ob und inwieweit besondere Anforderungen an den „sog. Leistungsaustausch zu stellen sind“. Eine Eigentumsverschaffung sei insoweit jedenfalls nicht entscheidend. Umsatzsteuerlich genüge vielmehr ein Einwirken auf den Gegenstand als solchen. Ein Verschaffen der Verfügungsmacht werde dagegen nicht gefordert. Der Begriff der „Abrechnung“ werde zudem in der Landwirtschaft anders gebraucht als „nach dem zivilrechtlichen Verständnis“. Die Abrechnung sei zudem eine wesentliche Pflicht des Kommissionärs. Entscheidend sei das Innenverhältnis zwischen den Beteiligten.
31 
Schließlich habe die Klägerin auch mit einer Vielzahl von Landwirten schriftliche Kommissionsverträge abgeschlossen, welche schon „früher bereits mündlich vereinbart wurden und entsprechend auch durchgeführt“ worden seien. Zum Nachweis legte der Bevollmächtigte mit Schreiben vom 11. April 2014 insgesamt 41 Verträge zwischen der Klägerin und verschiedenen Landwirten vor. Datum der Verträge war hierbei der 3. September 2008 (1 Vertrag), 18. September 2008 (1 Vertrag), 23. September 2008 (1 Vertrag), 2. Oktober 2008 (1 Vertrag), 14. Oktober 2008 (1 Vertrag), 22. Oktober (2 Verträge), 23. Oktober 2008 (1 Vertrag), 29. Oktober 2008 (1 Vertrag), 7. November 2008 (1 Vertrag), 11. November 2008 (1 Vertrag), 14. November 2008 (1 Vertrag), 19. November 2008 (8 Verträge), 23. November 2008 (1 Vertrag), 26. November 2008 (1 Vertrag), 4. Dezember 2008 (10 Verträge), 9. Januar 2009 (6 Verträge), 14. Januar 2009 (1 Vertrag), 24. März 2009 (2 Verträge).
32 
Die Klägerin habe unter Einschaltung der Betreuer Maßnahmen zur „Minimierung der Ferkelherkünfte“ vorgenommen, unter Mitwirkung der Betreuer für den Bereich Z.. ein „Konzept der Versorgung von Schweinemästern in Gebieten mit 'Ferkelmangel' entwickelt“, „über die Betreuer und deren Kontakte zu den Landwirten bei der Auswahl der richtigen Genetik für die Schweinemäster […] mitgewirkt“, „unter Hinzuziehung der Betreuer Maßnahmen“ zur Schließung der „‘Abnehmerlücke‘ für Ferkelerzeuger und der 'Lieferantenlücke' für Schweinemäster […] geschlossen“ sowie sich „teils in der Person des Geschäftsführers selbst, teils über die Betreuer in die Lieferbeziehung“ der Beteiligten eingeschaltet und hieran mitgewirkt. Schließlich seien auch „über eigene Mitarbeiter der Klägerin Trächtigkeitsuntersuchungen mit Ultraschallgeräten bei den Sauen der liefernden Landwirte durchgeführt“ worden und so ein „Konzept einer integrativen Ferkelerzeugung“ durchgeführt worden. Dieses System einer „aufeinander abgestimmten Erzeugertätigkeit“ sei steuerlich anzuerkennen, wobei es nicht darauf ankommen dürfte, ob der Mustervertrag des deutschen Vieh- und Fleischhandelsbundes e.V. oder ein eigenes Formblatt „bzw. andere Aufzeichnungen oder bloße Mitteilungen der einbezogenen Landwirte verwendet oder zugrunde gelegt werden, wenn das Geschäft jahrelang praktiziert und auch heute noch in vergleichbarem Umfang von anderen Unternehmen durchgeführt wird.“
33 
Im Streitfall sei nach alledem vom Vorliegen von Kommissionsgeschäften auszugehen.
34 
Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte den Inhalt der Niederschrift der Tz. 11.4 der Umsatzsteuerfachtagung 2012 nur unvollständig vorgelegt und die entsprechende Durchführung der Geschäfte auf Basis der Dienstbesprechung der OFD Q vom 15./16. Oktober 2007 in A dann im Verhältnis zur Klägerin und anderen Unternehmen, bei denen das arbeitsteilige Konzept der Ferkelerzeugung nicht akzeptiert werde, eine verbotene Beihilfe im Sine des Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle, sowie dem aus der Nichtvorlage folgenden Verdacht, dass ein strukturelles Vollzugsdefizit vorliegen könnte, werde außerdem beantragt, ggf. das sogenannte in camera-Verfahren gem. § 86 Abs. 3 FGO einzuleiten.
35 
Die Klägerin beantragt,
36 
das Verfahren auszusetzen, bis über den Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen rechtskräftig entschieden worden sei,
37 
hilfsweise
38 
die geänderten Umsatzsteuerbescheide 2004 bis 2008, jeweils vom 25. Oktober 2011, sämtlich in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2012 aufzuheben sowie den Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 22. Februar 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2012 zu ändern und weitere Vorsteuern in Höhe von .......,... Euro anzuerkennen,
39 
hilfsweise
40 
die Revision zuzulassen,
41 
hilfsweise
42 
das Verfahren auszusetzen und dem EuGH vorzulegen.
43 
Der Beklagte beantragt,
44 
die Klage abzuweisen.
45 
Zur Begründung trägt er vor, die Klägerin erbringe nach den Sachverhaltsfeststellungen der Steuerfahndung keinen Kommissionshandel, sondern Serviceleistungen bei der Erstellung von Gutschriften und Rechnungen an die liefernden und abnehmenden Landwirte und die Abwicklung des gesamten Inkassovorganges im Zusammenhang mit diesen Lieferungen. Soweit die Klägerin von einem Kommissionshandel in Form der Einkaufskommission für die Schweinemäster ausgegangen sei, seien die Folgen der durch die Klägerin angenommenen Kommissionsgeschäfte rückgängig zu machen gewesen.
46 
Die Klägerin sei nicht für den Futtermittel- und Ferkeleinkauf tatsächlich tätig geworden, sondern lediglich „der Form halber buch- und belegmäßig eingeschaltet“ gewesen. Die Warenlieferungen seien vom Erzeuger direkt an die Abnehmer erfolgt, ohne dass die Klägerin in die Leistungskette einbezogen gewesen sei. Eine vertragliche Festlegung zwischen Kommissionär und Kommittent vor Ausführung der Umsätze unter Festlegung von Liefergegenstand und Preis sei nicht erfolgt.
47 
Die von der Klägerin genannten finanziellen Risiken seien durch die Risiken bei der Serviceleistung „Inkasso“ erklärbar. Letztlich habe diese auch nur für Bankgebühren anlässlich der Rückbuchungen gehaftet und eben nicht für tatsächliche Forderungsausfälle. Auch wirtschaftliche Schäden aufgrund von Leistungsstörungen seien bei der Klägerin nicht zu verzeichnen. Die angeblichen Differenzen aufgrund Leistungsstörungen ergäben sich aus den unterschiedlichen Steuersätzen. Bei Zugrundelegung der Bruttobeträge seien die jeweiligen Beträge aber identisch. Zudem sei die Klägerin bei den angeblichen Leistungsstörungen gar nicht in den Vorgang einbezogen gewesen.
48 
Soweit die Klägerin auf den Mustervertrag des Deutschen Vieh- und Fleischhandelsbundes e.V. verweise, sei dieser gerade nicht verwendet worden. Auch gebe es keinerlei Anhaltspunkte, dass die Klägerin eine Vielzahl von Erstkontakten zwischen den Lieferanten hergestellt habe. Auch sei der von der Klägerin angegebene Einigungsrahmen angesichts der bloßen Angabe von Adressen, Liefergegenstand und Firmenbezeichnung der Klägerin nicht nachvollziehbar und aus den Abrechnungsvordrucken nicht zu entnehmen.
49 
Die Klägerin habe schließlich auch während der Steuerfahndungsprüfung und danach mehrere Varianten des Geschäftsablaufs dargestellt. Die Klägerin lege sich selbst nicht fest, welche Tätigkeiten sie genau durchgeführt habe.
50 
Für die umsatzsteuerliche Wertung sei zudem der tatsächliche Sachverhalt, nicht aber die zivilrechtliche Rechtslage entscheidend.
51 
Hinsichtlich der Behauptung, die Klägerin sei als Kommissionsagentin tätig gewesen, werde auf die Entscheidung des BFH vom 19. Februar 1987 IV R 72/83 hingewiesen. Der Begriff des Kommissionsagenten beziehe sich demnach nur auf das Innenverhältnis zwischen Kommissionär und Kommittenten, im Außenverhältnis würden die üblichen Rechtsnormen der §§ 383 ff. HGB gelten. Einen solchen Kommissionsagentenvertrag habe auch die Steuerfahndung nicht unterstellt. Im Streitfall fehle es gerade an den für ein Kommissionsgeschäft erforderlichen Einzelverträgen. Die Ausführungen der Klägerin seien aber auch neben der Sache, da es „im Kern“ darum gehe, „ob es Ausführungsgeschäfte zwischen den liefernden Landwirten (Ferkelzüchter) und der Klägerin gab“. Eine Verfügungsmacht an den Ferkeln habe die Klägerin nie erhalten.
52 
Bis heute sei nicht klar, auf welcher vertraglichen Grundlage die Klägerin bei ihren Geschäften tätig gewesen sei. Dies gelte auch für die im Rahmen der Klagebegründung behauptete „Doppelkommission“. Diese sei ggf. genauso zu beurteilen wie die hier streitigen Umsätze aus der Tätigkeit der Klägerin hinsichtlich der Ferkel und des Futtergetreides.
53 
Der klare Wortlaut der von der Klägerin abgeschlossenen Vereinbarungen bestätige, dass diese lediglich „Abrechnungen“ vorgenommen habe. Vertragspartner des Ferkelerzeugers - wie von dem Bevollmächtigten vorgetragen - seien diese aber nie geworden. Es sei vielmehr auszuschließen, dass ein Landwirt angesichts der Komplexität des Sachverhaltes die im Rahmen der Klage begehrte rechtliche Einordnung als „Lieferung im Dreiecksverhältnis“ erkannt haben könnte. Eine Einbindung der Klägerin in die Geschäftsvorfälle zwischen Lieferanten und Abnehmern habe auch nicht stattgefunden. Entscheidend für den Vorsteuerabzug sei aber gerade eine solche Beteiligung an den einzelnen Ausführungsgeschäften.
54 
Die Klägerin verkenne, dass nach § 3 Abs. 3 UStG ein Kommissionär Lieferungen ausführe. Ein auf Dauer angelegtes Vertragsverhältnis liege demnach nicht vor. Die Auffassung des Bevollmächtigten würde aber dazu führen, dass die Klägerin in einen Vertragsabschluss eingebunden werde, ohne selbst hiervon Kenntnis zu haben. Auch könne nicht nachvollzogen werden, weshalb für Landwirte der Begriff der Abrechnung anders auszulegen sein sollte als im übrigen Rechtsverkehr.
55 
Im Streitfall sei nicht streitig, ob Scheingeschäfte der Klägerin vorliegen würden. Vielmehr sei durch die Ermittlungen der Steuerfahndung nachgewiesen, dass die Klägerin überhaupt keine Geschäfte getätigt habe, aus denen sich eine Vorsteuerabzugsberechtigung ergeben könnte. Die Klägerin sei vielmehr erst im Nachgang der eigentlichen Verträge hierüber informiert worden und habe dann auf der Grundlage der mitgeteilten Angaben die Abrechnung und das Inkasso übernommen.
56 
Die Klägerin versuche im Rahmen des vorliegenden Verfahrens, ihre Tätigkeit auf immer neue rechtliche Grundlagen zu stellen, ohne den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt zugrunde zu legen. Im Streitfall sei aber weder vereinbart worden noch sonst erkennbar, dass eine Vertretung der handelnden Landwirte gewollt gewesen sein könnte. Dies ergebe sich lückenlos auch aus den Aussagen der im Rahmen der Steuerfahndungsprüfung vernommenen Zeugen. Auch für die im Rahmen der Klagebegründung angeführte weitere Vertragskonstruktion des „doppelten Geheißerwerbs“ finde sich kein Beleg im tatsächlich verwirklichten Sachverhalt.
57 
Die Klägerin trage die Beweislast für das Vorliegen der Vorsteuerabzugsberechtigung. Diese habe daher darzulegen und nachzuweisen, dass sie tatsächlich Ausführungsgeschäfte getätigt habe, die zum Vorsteuerabzug berechtigen.
58 
Die Auffassungen Dritter seien für das vorliegende Verfahren nicht bindend.
59 
Am 9. Dezember 2015 hat die mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf die Niederschrift hierzu wird vollumfänglich Bezug genommen.
60 
Der Sach- und Streitstand beruht auf der Gerichtsakte und den von dem Beklagten vorgelegten Behördenakten (§ 71 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO). Das Gericht hat außerdem die Verfahrensakten des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens 12 V 2/12 zum vorliegenden Verfahren beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
61 
1. Die Klage ist unbegründet.
62 
a) Gem. § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Satz 1 FGO hebt das Gericht den angefochtenen Steuerbescheid nur auf oder ändert ihn, soweit dieser rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Unter den gleichen Voraussetzungen spricht das Gericht gem. § 101 FGO die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, einen abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakt zu erlassen. Die angefochtenen Bescheide sind jedoch rechtmäßig; der Beklagte hat zu Recht den begehrten Vorsteuerabzug versagt, Umsatzsteuer gem. § 14c Abs. 3 UStG festgesetzt und die streitgegenständlichen Umsatzsteuerfestsetzungen 2004 bis 2009 nach Durchführung der Außenprüfung geändert.
63 
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) kann der Unternehmer als Vorsteuer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung oder Gutschrift besitzt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UStG). Gem. § 3 Abs. 1 UStG sind Lieferungen eines Unternehmers Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des Handelsgesetzbuchs) liegt gem. § 3 Abs. 3 UStG zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer. Voraussetzung hierfür ist allerdings denknotwendig, dass überhaupt ein Kommissionsgeschäft vereinbart und schließlich auch durchgeführt worden ist. Entsprechend regelt Art. 5 Abs. 4 c) der Richtlinie 77/388/EWG vom 13. Juni 1977 (6. Umsatzsteuerrichtlinie, bis 2006) bzw. Art. 14 Abs. 2 c) der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (RiLi 2006/112/EG vom 28. November 2006, ab 2007) dass auch die Umsätze als Lieferung von Gegenständen gelten, die die Übertragung eines Gegenstands auf Grund eines Vertrags über eine Einkaufs- oder Verkaufskommission zum Gegenstand haben.
64 
Grundsätzlich trägt die Klägerin die Beweislast für die Ausführung einer Lieferung, für die sie den Vorsteuerabzug beansprucht (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Februar 2014 V S 1/14 [PKH], unter 2. b, m. w. Nachw.). Diesen Nachweis hat die Klägerin allerdings nicht geführt. Der Senat ist vielmehr davon überzeugt, dass im Streitfall wie auch immer geartete Kommissionsumsätze oder Umsätze aus Geheißerwerben oder sonstige zum Vorsteuerabzug berechtigende Leistungen an die Klägerin aus den streitigen Geschäften nicht stattgefunden haben und damit auch kein Recht auf Vorsteuerabzug aus solchen Geschäften oder eine Berechtigung der Klägerin zum Umsatzsteuerausweis aus solchen Geschäften bestand. Die Klägerin war vielmehr nach der Überzeugung des Senats nur als Serviceleistungserbringer im Rahmen der erforderlichen Abrechnungen zwischen den beteiligten Landwirten und als Inkassounternehmen sowie - allenfalls - im Rahmen der Koordinierung der von den Betreuern und den anderen Verbandsmitgliedern erfolgten Beratungsleistungen tätig. Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass die Klägerin in ihren Rechnungen zu Unrecht „Kommissionsgebühren“ ausgewiesen hat. Sie war nicht an der Durchführung von Kommissionsgeschäften beteiligt. Sie hat lediglich für ihre Abrechnungen eine Gebühr erhalten.
65 
Der Senat gewinnt hierbei seine Überzeugung bereits aus den eigenen Ausführungen des Geschäftsführers der Klägerin und den dem Gericht vorliegenden Geschäftsunterlagen und Abrechnungspapieren der Klägerin. Die Klägerin hat weder vor noch nach der Unterzeichnung schriftlicher Kommissionsverträge - im Anschluss an den Beginn der Steuerfahndungsprüfung - Kommissionsgeschäfte oder vergleichbare, zum Vorsteuerabzug berechtigende Geschäfte, ausgeführt.
66 
aa) Der Geschäftsführer der Klägerin hat selbst erklärt, eine seiner Grundaufgaben sei von Anfang an das Erstellen von Gutschriften und Rechnungen aufgrund von Lieferscheinen gewesen. Er selbst sei bei den Geschäftsabschlüssen nicht anwesend gewesen, die Lieferscheine seien vielmehr von den beteiligten Landwirten unmittelbar ausgefüllt worden. Von diesen sei auch das Gewicht der gelieferten Tiere ermittelt worden. Schon hieraus folgt, dass die Klägerin keine eigenen schuldrechtlichen Verpflichtungen im Sinne eines Kommissions- oder Geheißgeschäftes eingegangen sein kann und damit auch keine Lieferungen an bzw. von der Klägerin ausgeführt worden sein können. Die Aufgabe der Klägerin war auf das bloße Erstellen von Gutschriften und Rechnungen beschränkt. So sind auf den Lieferscheinen - was der Geschäftsführer der Klägerin auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigt hat - jedenfalls bis zum Beginn der Steuerprüfung durch den Beklagten nur der Verkäufer - der Ferkelerzeuger - und der Käufer - der abnehmende Landwirt - bezeichnet. Hinweise auf die Einschaltung eines Dritten, der Klägerin, ergeben sich aus den Lieferscheinen nicht. Der Kaufvertrag wurde zwischen dem Ferkelerzeuger und dem abnehmenden Landwirt abgeschlossen. Eine wie auch immer geartete Beteiligung der Klägerin, die über deren bloße Abrechnungserstellung und Inkassostätigkeit hinausgehen würde, ist hierbei weder vereinbart noch sonst erkennbar. Dies gilt auch für die Inrechnungstellung der Speditionsgebühren, die die Klägerin offenbar im Rahmen ihrer Abrechnungstätigkeit lediglich „durchberechnet“ hat. Jedenfalls war die Klägerin ausweislich der Ausführungen ihres Geschäftsführers auch nicht bei den einzelnen Speditionsbeauftragungen eingeschaltet gewesen; das Transportrisiko trug der Ferkelerzeuger.
67 
Zu einer anderen Würdigung führt auch nicht der Umstand, dass die Einzelgeschäfte bzw. die grundsätzlichen Geschäftsbeziehungen durch die Betreuer in die Wege geleitet worden sein sollen. Selbst bei einer Beratungs- und Vermittlungstätigkeit der Betreuer ergibt sich keine vertragsmäßige Einschaltung der Klägerin im Rahmen von Kommissions- oder Geheißgeschäften. Die Einschaltung und Beratungstätigkeit der Betreuer ist vielmehr im Zusammenhang mit deren originärer Funktion in Ausfüllung der in Tz. 3 der Geschäftsordnung der Klägerin festgelegten Beratungsaufgaben durch angestellte Mitarbeiter des Y-Verbands als Berater „in allen Fütterungs- und Tierhaltungsfragen“ zu sehen. Hierfür - und nicht etwa für die Vermittlung schuldrechtlicher Verträge - haben diese ihre Bezahlung in Form von Provisionen aus dem Gesamtumsatz erhalten, wie der Geschäftsführer der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt hat. Nichts anderes ergibt sich auch aus dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung beispielhaft auch für die streitigen Zeiträume vorgelegten Besuchsprotokoll vom 10. September 2002, welches keinerlei Hinweise auf Verhandlungen oder Absprachen in Bezug auf ein Kommissionsgeschäft enthält. Die behauptete Vereinbarung solcher Kommissionsverträge ohne jede hierauf gerichtete ausdrückliche oder auch nur erkennbare Willenserklärung und Festlegung der wesentlichen Vertragsgrundlagen ist aber fernliegend. Hinzu kommt, dass weder die Klägerin noch ihr Bevollmächtigter zweifelsfrei darlegen, welche Art von Vertrag (Einkaufs-, Verkaufs-, Doppelkommission, Kommissionsagentengeschäft oder Geheißerwerb) eigentlich zustande gekommen sein soll, sondern selbst ausführen, derartige Verträge seien zu kompliziert, als dass erwartet werden könne, dass die beteiligten Landwirte die rechtliche Einordnung ohne weiteres verstehen würden oder auch nur die korrekten „Termini“ verwenden. Vor diesem Hintergrund ist der Senat aber davon überzeugt, dass ein stillschweigender oder konkludenter oder wie auch immer erfolgter schuldrechtlicher Abschluss solcher Rechtsgeschäfte tatsächlich nicht stattgefunden hat.
68 
bb) Die Überzeugung des Senats wird zudem aus den dem Gericht vorliegenden Geschäftsunterlagen der Klägerin bestätigt. Diese belegen, dass die Klägerin keine zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze aus Kommissions- oder ähnlichen Geschäften ausgeführt hat, sondern lediglich mit der Abrechnung der Ferkel- und Getreidekäufe betraut war. So ist in sämtlichen Lieferscheinen ausschließlich der jeweilige Ferkelerzeuger als Verkäufer und der jeweils abnehmende Landwirt als Käufer aufgeführt. Eine schuldrechtliche Ein- oder Zwischenschaltung der Klägerin im Rahmen eines Kommissionsgeschäfts ergibt sich hieraus nicht. Im Gegenteil: Ausweislich der von dem Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung übergebenen Abrechnungspapiere beschränkte sich die Tätigkeit des Geschäftsführers der Klägerin auf das Inkasso der vereinbarten Rechnungsbeträge und die rechnerische Kontrolle der Gesamtbeträge. Diese Tätigkeit ist offensichtlich Teil der Abrechnungstätigkeit der Klägerin. Ein Erwerb „im eigenen Namen“ ergibt sich hieraus aber nicht, auch wenn die Klägerin später - nach Beginn der Steuerfahndungsprüfung, vgl. die Rechnung vom 7. September 2009 - offenbar versucht hat, im Rahmen der Rechnungserstellung ein solches Kommissionsgeschäft „auszuweisen“. Derartige Hinweise finden sich in den zuvor erstellten Rechnungen und Lieferscheinen jedenfalls - mit Ausnahme der teilweise erfolgten Bezeichnung der Provision der Klägerin als „Kommissionsgebühr“ - nicht. Auf die Bezeichnung der Beteiligten kommt es jedoch nicht an.
69 
Auch ausweislich § 1 der Allgemeinen Geschäfts- und Lieferbedingungen der Klägerin fanden die rechtsgeschäftlichen Verbindungen nur zwischen dem Ferkelerzeuger („Verkäufer“) und dem abnehmenden Landwirt („Käufer“) statt. Eine rechtsgeschäftliche Einbindung der Klägerin findet dagegen nicht statt. Wie aber - entgegen dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen - ein zusätzliches Verpflichtungsgeschäft mit dem Ziel der schuldrechtlichen Einbindung der Klägerin im Rahmen von Kommissionsgeschäften - noch dazu ohne konkrete Vereinbarung und damit konkludent - abgeschlossen worden sein soll, ist weder vorgetragen noch erkennbar. In keinem einzigen der zahlreichen Geschäftsvorfälle ist erkennbar oder gar nachgewiesen, dass sich die Beteiligten über die wesentlichen Geschäftsgrundlagen eines Kommissionsgeschäftes geeinigt haben. Die Annahme von Kommissionsgeschäften steht damit im klaren Widerspruch zu den tatsächlich abgeschlossenen Vereinbarungen und dem verwirklichten Lebenssachverhalt.
70 
Ausweislich der im Rahmen der Klagebegründung vorgelegten Vermarktungsmasken war ausdrücklich geregelt, die Klägerin „wickelt den Geldverkehr ab“. Ein Hinweis auf darüber hinausgehende Pflichten und Vereinbarungen ist hieraus nicht zu entnehmen. Auch gem. § 6 des Liefer- und Abnahmevertrags für Babyferkel erfolgte lediglich „die Abrechnung“ über die Klägerin. Diese Vorgehensweise entspricht unmittelbar auch den im Rahmen ihrer Informationsveranstaltungen gegenüber ihren Mitgliedern erteilten Informationen. Bei diesen hat die Klägerin darüber informiert, es bestehe ein großer Wunsch, Ferkel und Getreide „abzurechnen“. Im Rahmen einer Mitgliederversammlung hat die Klägerin dann auch darüber informiert, sie sei „ins Leben gerufen“ worden, „um den Betriebsmittelbezug der Erzeugerringe Baden-Württembergs zu legalisieren“. Auch werde „die Abrechnung von Ferkeln angeboten“. In diesem Zusammenhang schildert die Klägerin sodann ausführlich die steuerlichen Vorteile einer solchen „Abrechnung“. Diese Vorgehensweise findet sich auch in den folgenden Mitgliederversammlungen. Das Angebot der Klägerin wurde demnach zunehmend genutzt. So wurde ausweislich einer Mitgliederversammlung am 13. Dezember 2001 darauf hingewiesen, dass „die Möglichkeit Ferkel und Getreide abzurechnen […] von den Mitgliedern des Ringes B.. nun ebenfalls sehr stark genutzt“ werde. Vor diesem Hintergrund kann ausgeschlossen werden, dass die einzelnen beteiligten Landwirte auch nur im entferntesten vom Abschluss von Kommissionsverträgen ausgehen konnten oder gar mussten. So hat die Klägerin gegenüber den Ferkel- und Getreidelieferanten im Rahmen eines Schreibens vom 27. November 2003 mitgeteilt, dass zukünftig sowohl die Steuernummer als auch das Lieferdatum der Ferkel bzw. des Getreides anzugeben seien. Wenn aber - auch - hiernach die Klägerin offensichtlich noch nicht einmal Einfluss auf das Lieferdatum gehabt hat, sondern sämtliche vertragswesentliche Vereinbarungen unmittelbar zwischen dem Verkäufer und dem Käufer der Ferkel bzw. des Getreides vereinbart worden sind, kann auch keine vertragliche Einbeziehung der Klägerin, die über die bloße Abrechnungstätigkeit hinaus geht, stattgefunden haben.
71 
Dass tatsächlich lediglich eine Abrechnungstätigkeit der Klägerin auch im Hinblick auf die Futtermittel- bzw. Getreidelieferungen erfolgten sollte, wird auch daraus deutlich, dass im Rahmen einer Vorstandssitzung des Erzeugerrings C.. die Entscheidung getroffen wurde, die Futtermittelausschreibungen „ab dem Jahr 2003 über die“ Klägerin „abzurechnen“. Gleiches ergibt sich aus dem Bericht zur Situation der einzelnen Geschäftsbereiche der Klägerin im Jahr 2003, nach dem im Jahr 2003 „....... Ferkel über die“ Klägerin „abgerechnet“ worden sind. Diese Vorgehensweise blieb über die Streitjahre offenbar unverändert. So weist auch der „P.. e.V. am Montag, 8. Januar 2007 auf folgendes hin: „Durch die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes bei Schweinen […] ist es für Ferkelerzeuger noch wichtiger geworden, über einen Vermarktungspartner abzurechnen“.
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Hinzu kommt, dass offenbar auch Nichtmitglieder der Klägerin den Service der „Ferkel- und Getreideabrechnung“ nutzen konnten. Auch insoweit fand keinerlei Einordnung als „Kommissionsgeschäft“ durch die Klägerin statt. Es kann aber ausgeschlossen werden, dass ein und dieselbe Vorgehensweise eine andere rechtsgeschäftliche Natur erfährt, je nachdem, ob ein Mitglied oder ein Nichtmitglied betroffen ist, ohne dass sich die Vorgehensweise jeweils unterscheidet.
73 
Auch die übrigen Beteiligten sind zudem nicht vom Vorliegen von Eigengeschäften der Klägerin in Form von Kommissions- oder ähnlichen Geschäften der Klägerin ausgegangen. So hat z.B. der Erzeugerring M. in einem Rundschreiben vom Februar 2007 darauf hingewiesen, dass „bei direkten Käufen bzw. Verkäufen zwischen pauschalierenden Betrieben ein Mehrwertsteuervorteil mitgenommen werden“ könne, „wenn über die Ü.. abgerechnet wird“ und weiter klar gestellt, „für Sie ändert sich nichts außer dass Sie Ihre Bestellung nicht mehr bei Herrn E.. abgeben sondern bei Herrn Y.“. Hiernach ging die Klägerin selbst nicht davon aus, eine andere Tätigkeit als die bloße Abrechnung von Direktgeschäften zwischen den beteiligten Landwirten auszuüben. Dem entsprechend hat die Klägerin in der Darstellung der „Situation der einzelnen Geschäftsbereiche“ auch lediglich über die „Abrechnung“ von Ferkeln Rechnung gelegt.
74 
Dem entspricht auch die dokumentierte tatsächliche Vorgehensweise im Rahmen der Getreidebestellungen. Insoweit meldeten die Lieferanten von Getreide zur „Abrechnung“ die verkauften Mengen mit der Bitte, „die Abrechnung wie folgt vorzunehmen“. Jedenfalls bis zum Beginn der Umsatzsteuer- bzw. Steuerfahndungsprüfung findet sich - soweit ersichtlich - nicht ein einziger Vorgang - weder in Bezug auf Ferkel- noch auf Getreidekäufe - bei dem die Formulierung „Kommission“ im Rahmen der Verkaufsmeldungen verwendet worden wäre.
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Im Streitfall kann nach alledem nicht davon ausgegangen werden, dass sich, wie der Bevollmächtigte in seinem - weiteren - Schreiben vom 9. Dezember 2015 ausführt, schriftliche Vereinbarungen und einvernehmliche Vertragsdurchführung widersprechen. Ein solcher Fall liegt - wie ausgeführt - jedenfalls bis zur Unterzeichnung einzelner Kommissionsverträge - wie erst ab dem Streitzeitraum 2008 geschehen - nicht vor.
76 
cc) Auch der Vortrag des Bevollmächtigten belegt, dass eine Einigung über die Einbeziehung der Klägerin in die Lieferkette in Form eines eigenständigen Rechtsgeschäfts im Sinne eines Verpflichtungsvertrags als Kommissionärin nicht stattgefunden hat. So legt sich auch der Bevollmächtigte - auch im Schreiben vom 9. Dezember 2015 - nicht fest, in welchem Fall, welche Geschäfte „als Kommissionsgeschäfte, einige als Kommissionsagentengeschäfte, wieder andere als doppelte Geheißerwerb- bzw. als Reihengeschäft zu beurteilen“ seien, zumal „denkbar […] auch ein Treuhand- oder Strohmanngeschäft sein“ könnte. Dieser vage Sachvortrag steht in Widerspruch zur Behauptung der Klägerin, es habe sich bei den Lieferbeziehungen um „Dauergeschäftsbeziehungen“ zwischen den Beteiligten unter Einschaltung der Betreuer zur Vermittlung der Verträge gehandelt, wenngleich sie noch nicht einmal klar den jeweiligen im Einzelfall vorliegenden Vertragstypus klar benennen kann. Im Übrigen ist jedes Verkaufsgeschäft für sich zu betrachten. Schließlich gibt es für eine - erstmals im Rahmen des in der mündlichen Verhandlung übergebenen Schreibens vom 9. Dezember 2015 behauptete - „Duldungs- oder Anscheinsvollmacht“ der Klägerin keine Anhaltspunkte. Vielmehr schließt der Senat unter Berücksichtigung der vorgelegten Unterlagen sowie des widersprüchlichen klägerischen Vortrags, dass die Klägerin zur Minderung der Steuerlast versucht, dem verwirklichten Sachverhalt nachträglich ein anderes steuerliches Gepräge zu geben.
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dd) Ein anderes Ergebnis ergibt sich zur Überzeugung des Senats auch nicht für die Umsätze in den Zeiträumen, nach denen die Klägerin in 41 Fällen - und damit nur mit einer begrenzten Zahl von Landwirten - schriftliche Kommissionsverträge unterzeichnet und - zumindest teilweise - ihre (Einkaufs-)Formulare entsprechend der Vorschläge ihrer steuerlicher Berater angepasst hat. Unterzeichner dieser Verträge war jeweils nur eine Vertragspartei, eine Einbeziehung der jeweils anderen Vertragspartei fand offenbar nicht statt. Die Unterzeichnung der Vereinbarungen und Verwendung entsprechender Formulare erst nach Beginn der Steuerfahndungsprüfung (blockweise ab September 2008) belegt allerdings die Überzeugung des Senats, dass die Klägerin lediglich den Versuch einer nachträglichen „Umwidmung“ des verwirklichten Sachverhalts zu ihren Gunsten unternimmt. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nach Unterzeichnung dieser Verträge und damit nach Beginn der Steuerfahndungsprüfung tatsächlich Aktivitäten entfaltet hat, die den Nachweis für die tatsächliche Durchführung von Kommissions- oder vergleichbaren Geschäften erbringen könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insoweit folgt der Senat dem von dem Bevollmächtigten in Bezug genommenen Grundsatz, dass bei sich widersprechenden schriftlichen Vereinbarungen und einvernehmlichen Vertragsdurchführungen letztere maßgeblich sind. Allerdings haben sich auch nach Unterzeichnung der schriftlichen Verträge weder in der Vorgehensweise noch in dem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt Änderungen ergeben. So erfolgte die Geschäftsabwicklung weiterhin ausschließlich zwischen Erzeuger und Abnehmer, die Klägerin übernahm lediglich die Rechnungs- und Inkassotätigkeit, was auch - weiterhin - aus dem eigenen Auftreten der Klägerin als bloße Service- und Rechnungsstelle folgt, wobei deren Service auch die Sicherstellung von Handels- und sonstiger Beratungsleistungen umfasst. Auch nach Unterzeichnung der Verträge ist es zudem dem Prozessbevollmächtigten weiterhin nicht möglich, die einzelnen Geschäftsvorfälle zweifelsfrei einem bestimmten Vertragstypus zuzuordnen.
78 
Auch aus dem Vortrag des Geschäftsführers der Klägerin ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich nach dem „Abschluss“ dieser Verträge tatsächlich entscheidungsrelevante Änderungen in der Vorgehensweise der Klägerin ergeben hätten. Der Geschäftsführer der Klägerin hat vielmehr wiederholt erklärt, dass die gleiche Vorgehensweise auch zuvor, also vor Abschluss schriftlicher Vereinbarungen, bereits ausreichend zur Annahme von Kommissionsgeschäften gewesen sei und damit keine geänderte Vorgehensweise stattgefunden habe. Hieraus schließt der Senat, dass die Vereinbarungen nur deshalb abgeschlossen worden sind, um der Vorgehensweise der Klägerin nachträglich zur steuerlichen Anerkennung zu verhelfen. Eine vom Bevollmächtigten geäußerte „Rückbewirkung“ der nun unterschriebenen Verträge auf die Vergangenheit ist steuerlich ausgeschlossen. Hierzu bedarf es keiner Beweiserhebung. Der „Beweisantrag“ im Schreiben vom 9. Dezember 2015 geht daher ins Leere. Dem Beweisantrag ist auch lediglich zu entnehmen, dass der Bevollmächtigte für sämtliche Streitzeiträume vom Vorliegen des identischen Sachverhaltes ausgeht. Hiervon geht auch das Gericht aus. Daher muss das Gericht dem gestellten Beweisantrag nicht nachgehen. Im Übrigen werden die Tatsachen, die der Zeuge bekunden soll, nicht in substantiierter Form bezeichnet. Unbestimmten oder unsubstantiierten Beweisanträgen sowie Beweisermittlungs- und -ausforschungsanträgen braucht das Gericht regelmäßig nicht nachzugehen (Herbert in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 82 Rz. 17 m. w. Nachw.). Der Beweisantrag ist nicht auf eine Tatsachenfeststellung, sondern auf die rechtliche Einordnung eines nicht näher bezeichneten Rechtsgeschäfts durch die Beteiligten gerichtet und damit als untauglicher Beweis anzusehen (vgl. auch Herbert in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 76 Rz. 29 m. w. Nachw.).
79 
Seine Überzeugung, dass die genannten Kommissionsverträge nur deshalb unterzeichnet worden sind, um der Vorgehensweise der Klägerin nachträglich einen steuerlich relevanten „Anstrich“ zu geben, entnimmt der Senat außerdem der Tatsache, dass die Klägerin bzw. dessen früherer Steuerberater im Rahmen einer E-Mail vom 3. Juni 2008 selbst darauf hingewiesen haben, dass die Klägerin „über die reine Rechnungsstellung und Zahlungsvermittlung hinaus eine Art 'Werbung' betreiben bzw. über eine Art Sortimentsangebot verfügen und ggf. auch Preisverhandlungen führen“ solle, „um eine gewisse Daseinsberechtigung nachweisen zu können“. Der Mail waren umfangreiche Informationsschreiben über den notwendigen Inhalt von Kommissionsgeschäften eines beauftragten Rechtsanwaltes beigefügt. Erst im Anschluss an diese Mail wurden die im Rahmen des Klageverfahrens vorgelegten Kommissionserträge unterzeichnet, wohl, wie in der bereits genannten Mail gefordert, „um ggf. etwas in der Hand zu haben“, allerdings mit der Folge, dass „danach der Kommissionär auch die unmittelbare Gewährleistungsverpflichtung und das Delkredere“ trage. Offenbar als weitere Konsequenz hat die Klägerin sodann darauf hingewiesen, dass „bisher“ eine „Abrechnung über die Ü.. ohne Bedenken möglich“ gewesen sei, „doch nun hat ein Steuerprüfer bei der Außenprüfung den MWSt.vorteil nicht anerkannt“. Entsprechend versuchte der frühere Bevollmächtigte der Klägerin auch erst im Rahmen seines Schreibens vom 30. Mai 2008 die Beklagte unter Übernahme der anwaltlichen Formulierungen davon zu überzeugen, dass Kommissionsgeschäfte vorliegen würden.
80 
Auch fällt auf, dass die Klägerin erst nach Beginn der Umsatzsteuer-Sonderprüfung - soweit ersichtlich erstmals im Protokoll der Verwaltungsratssitzung vom 3. Juni 2008 mit dem Datum 30.06.2009 den Begriff „Kommissionsgeschäft“ verwendet hat. Auch dies wertet der Senat als ein Indiz dafür, dass die Klägerin erst nach Beginn der steuerlichen Überprüfung durch den Beklagten die verwendeten Begrifflichkeiten und ihren Sprachgebrauch angepasst hat, um die zu Unrecht erzielten steuerlichen Vorteile zu bewahren. So finden sich auch erstmals nach diesem Zeitpunkt Gutschriften der Klägerin, in denen diese - nur - gegenüber dem Verkäufer ein angebliches „Kommissionsgeschäft“ in Bezug nimmt. Exemplarisch sei hier auf den Vorgang „V..“ vom 21. August 2009 verwiesen. Allerdings fällt auch insoweit auf, dass es sich hierbei offensichtlich nur um eine Scheinbezeichnung handelt, nachdem auch diesem Vorgang - und soweit ersichtlich auch den übrigen Vorgängen - eine bloße „Getreideabrechnung“ - wiederum ohne jeden Hinweis auf ein angebliches Kommissionsgeschäft - zugrunde liegt.
81 
ee) Soweit die Klägerin zum Beleg ihrer Rechtsauffassung vorträgt, es seien Versicherungen abgeschlossen bzw. entsprechende Angebote eingeholt worden, um hierdurch das Vorliegen einer Kommissionstätigkeit zu belegen, vermag auch dies der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. So wurde - offenbar lag jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt auch nach Auffassung der Klägerin noch keine entsprechende Versicherung vor - erstmals am 30. März 2006 in einem Anschreiben an die „Q Versicherung“ ein Angebot für eine Betriebshaftpflichtversicherung eingeholt. Allerdings hat die Klägerin auch hierin ausdrücklich ausgeführt, sie - die Klägerin - vermittle Ferkel und Getreide, wobei „der Bezug von Ferkeln und Getreide […] direkt von Landwirt zu Landwirt“ erfolge. Die „Abwicklung“ dieser Kaufbewegungen „bis hin zur Rechnungsstellung“ sei Aufgabe der Klägerin, wobei auch hierbei kein Hinweis auf ein etwaiges Kommissionsgeschäft oder eine vertragliche Einbeziehung als Zwischenhändlerin erfolgt ist. (Auch) die Versicherung musste hiernach davon ausgehen, dass die „Vermittlung“ dieser Geschäfte lediglich im Rahmen der allgemeinen satzungsmäßigen Serviceleistungserbringung der Klägerin erfolge und demnach nicht gesondert abgedeckt werden müsse. Entsprechend ist auch in dem am 21. März 2007 mit der T. Versicherung abgeschlossenen Nachtrag zur Haftpflichtversicherung als Risikobeschreibung der „Handel mit Futtermitteln, Getreide und Ferkeln“ und die „Auftragsabwicklung, Trächtigkeitsuntersuchungen bei Schweinen“ genannt, die Prämienberechnung umfasst sodann aber nur den Betriebsteil „Futtermittelhandel, Trächtigkeitsuntersuchungen, Vermietung und Bauherrenhaftpflicht“. Im Übrigen belegt der Abschluss einer Versicherung, die auch Kommissionsgeschäfte umfasst, nicht, ob tatsächlich auch derartige Geschäfte - abgeschlossen worden sind.
82 
ff) Dass auch die Klägerin selbst nicht vom Vorliegen eines eigenen Kommissionshandels ausging, folgt schließlich - auch für das Streitjahr 2008 und damit für die Zeiträume nach Unterzeichnung schriftlicher Kommissionsverträge - aus den eigenen Gewinnermittlungen der Klägerin. So weist diese beispielsweise in der Bilanz für 2008 auf Bl. 16 Erlöse zu 7% UST „Futter“ in Höhe von .........,... EUR aus sowie weitere Erlöse zu 19%. Erlöse aus wie auch immer gearteten Kommissiongeschäften für Getreide oder gar Ferkel sind hierin offensichtlich nicht enthalten.
83 
b) Ist der Senat aus den genannten Gründen davon überzeugt, dass die Klägerin keine Lieferungen ausgeführt, sondern lediglich die Erstellung von Rechnungen oder sonstigen Dienstleistungen gegen Entgelt erbracht hat, sind die von ihr ausgestellten Rechnungen nicht ordnungsgemäß. Sie schuldet die darin gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer gem. § 14 c UStG.
84 
c) Der Senat ist nicht verpflichtet, vor dem Erlass einer Entscheidung die von der Klägerin - zuletzt konkretisiert durch Schreiben vom 9. Dezember 2015 - benannten weiteren Zeugen zu vernehmen.
85 
Die Klägerin hat zum einen die Tatsachen, die der jeweilige Zeuge bekunden soll, nicht in substantiierter Form bezeichnet. Unbestimmten oder unsubstantiierten Beweisanträgen sowie Beweisermittlungs- und -ausforschungsanträgen braucht das Gericht regelmäßig nicht nachzugehen (Herbert in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 82 Rz. 17 m. w. Nachw.). Gleiches gilt für Ausforschungsbeweisanträge oder solche Beweisanträge, die nicht auf die Feststellung von Tatsachen gerichtet sind (Herbert in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 76 Rz. 29 m. umfangr. w. Nachw.).
86 
Zum anderen bedarf es einer Beweiserhebung nicht, wenn diese für die zu treffende Entscheidung unerheblich ist, wenn die in Frage stehenden Tatsachen zu Gunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden können oder wenn das Beweismittel oder die Beweiserhebung unzulässig oder untauglich ist (Herbert in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 76 Rz. 28 m. umfangr. w. Nachw.).
87 
aa) Beantragt die Klägerin, Beweis darüber zu erheben, dass ihre Einschaltung zur Minimierung der Ferkelherkünfte, zur Versorgung von Schweinemästern in Gebieten mit Ferkelmangel, zur Auswahl der richtigen Genetik sowie zur Schließung von Lieferantenlücken für die Schweinemäster erforderlich war, geht es ihr um die Feststellung ihrer nicht streitigen satzungsmäßigen Aufgaben zur Beratung der Kunden der Klägerin - auch durch Mitarbeiter des Y-Verbands - im Rahmen der von ihr angebotenen Serviceleistungen. Ihre satzungsmäßigen Aufgaben lassen jedoch nicht auf den Abschluss von Kommissionsgeschäften schließen. Insoweit sind die angebotenen Beweisanträge offensichtlich weder entscheidungsrelevant noch entscheidungstauglich. Soweit sich die genannten Beweisanträge dagegen darauf richten, die rechtliche Wertung des Bevollmächtigten zu stützen, indem die Rechtsmeinung der benannten Zeugen erfragt werden soll, ist der Beweisantrag nicht auf einen Tatsachenbeweis gerichtet und damit auch unter diesem Gesichtspunkt unzulässig.
88 
bb) Die gleichen Erwägungen gelten für den unter Beweisantritt gestellten Vortrag der Berechnung von Futterrationen und Abstimmung von Fütterungskonzepten zwischen Ferkelerzeuger und Schweinemäster, Beratung und Abstimmung zwischen Ferkelerzeuger und Schweinemäster über Zuschlagshöhe und Preise. Insoweit widerspricht der Bevollmächtigte zudem dem Vortrag der Klägerin, vertreten durch ihren Geschäftsführer, der auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung erneut bestätigt hat, dass sich die Preise und Zuschläge nach den hierfür geltenden Notierungen gerichtet haben und die Klägerin deren korrekte Berechnung nachträglich kontrolliert und ggf. korrigiert hat. Soweit der Bevollmächtigte insoweit mit seinen Ausführungen den Eindruck erwecken möchte, die Klägerin habe echte Preisverhandlungen im eigenen Namen geführt, so steht dieser Vortrag im deutlichen Widerspruch zum klaren Inhalt der Akten und den Ausführungen der Klägerin - ihres Geschäftsführers - selbst. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich mit solchen „aus der Luft gegriffenen“ Behauptungen, die noch dazu im Widerspruch zum eigenen Sachvortrag der Klägerin und dem klaren Inhalt der Akten stehen, zu befassen (vgl. auch BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2001 VIII B 132/00, BFH/NV 2002, 661).
89 
cc) Die Einbindung der Betreuer im Auftrag der Klägerin in die - wie auch immer rechtlich einzuordnenden Geschäftsbeziehungen zu den einzelnen Landwirten stellt ebenfalls weder ein Indiz noch gar einen Nachweis für das behauptete Vorliegen von Kommissionsverträgen dar. Die Einschaltung der Betreuer folgt vielmehr bereits aus Tz. 3 der Satzung der Klägerin in deren Funktion zur Gewährleistung der satzungsmäßigen Aufgaben der Klägerin. Auch hierzu bedarf es offenkundig keiner eigenen Beweiserhebung durch das Gericht.
90 
dd) Soweit der Bevollmächtigte unter Beweisantritt die Behauptung aufstellt, die Klägerin sei bei der Reklamationsbearbeitung und zur Sicherstellung der Zahlung bzw. von Forderungsausfällen, „insbesondere durch Übernahme der Delkredere-Haftung“ notwendig „zwischengeschaltet“ gewesen, ist auch diesem Beweisantrag nicht nachzugehen. Er ist nicht geeignet, ein Kommissionsgeschäft zu belegen. Zum einen handelt es sich auch insoweit um einen reinen Beweisausforschungsantrag, nachdem der Bevollmächtigte selbst formuliert, hierzu könnten die benannten Zeugen „Aussagen“ machen. Tatsächlich sind der Klägerin lediglich Belastungen in Höhe von 0,77 EUR bis zu 23,40 EUR entstanden. Diese, nicht bestrittenen, Beträge stellen aber ersichtlich lediglich Risiken dar, die sich durch die Zahlungsabwicklung für die beteiligten Landwirte ergeben haben. Darüber hinaus richtet sich der Antrag nicht auf den Beweis von Tatsachen, sondern auf die Einholung der Rechtsauffassung der benannten Zeugen und ist damit als untauglicher Beweisantrag zu qualifizieren.
91 
ee) Soweit sich die - weiteren - Beweisanträge des Bevollmächtigten schließlich darauf beziehen, die Einschaltung der Klägerin sei zur Durchführung eines abgestimmten Systems der Schweinezucht und Unterstützung der Ferkelerzeuger bei den Trächtigkeitsuntersuchungen mit Ultraschallgeräten und Sauenplaner erforderlich gewesen, Auswertungen und Betriebsvergleiche zur Verfügung zu stellen und die Beteiligten bei dem preisgünstigen Einkauf von Mineralfuttermitteln und weiteren Betriebsmitteln zu unterstützen, richten sich diese nicht auf die Gewinnung entscheidungserheblicher Tatsachen. Die Beratung und Koordinierung gehört bereits zur satzungsmäßigen Aufgabe der Klägerin und ist zudem selbst bei Wahrunterstellung kein Nachweis für das Vorliegen und die tatsächliche Durchführung von Kommissions- oder anderen, zu einer Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin aus diesen Geschäften führenden eigenständigen Verträgen. Die Durchführung von Ultraschall- und Trächtigkeitsuntersuchungen stellte zudem eine eigenständige und als solche auch eigenständig vergütete Tätigkeit der Klägerin außerhalb der behaupteten Kommissionsverträge dar.
92 
d) Der Senat ist nicht verpflichtet, vor einer Entscheidung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Überprüfung der Weigerung des Beklagten, die Protokollierung der Dienstbesprechung der Steuerverwaltung der Umsatzsteuer-Fachtagung 2012 (dort Tz. 11.4) sowie der USt-HSGL-Besprechung 2013 (dort Tz. 6.1) vorzulegen, gem. § 86 Abs. 3 FGO herbeizuführen. Gem. § 86 Abs. 1 FGO sind Behörden zur Vorlage von Urkunden und Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet, sofern durch deren Vorlage nicht durch das Steuergeheimnis (§ 30 AO) geschützte Verhältnisse Dritter unbefugt offenbart werden. Verweigert eine Behörde die Vorlage solcher Unterlagen, stellt der Bundesfinanzhof gem. § 86 Abs. 3 FGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung elektronischer Dokumente oder die Verweigerung der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall jedoch nicht vor.
93 
Zwar hat der Bevollmächtigte ausdrücklich im Rahmen des Erörterungstermins den Antrag gestellt, das sog. „In-Camera-Verfahren“ gem. § 86 Abs. 3 FGO durchzuführen. Der Antrag ist jedoch unzulässig.
94 
§ 86 Abs. 3 FGO setzt voraus, dass das Finanzgericht im finanzgerichtlichen Verfahren die Vorlage der betreffenden Unterlagen oder die Erteilung von Auskünften angeordnet hatte und die ersuchte Behörde sich daraufhin geweigert hat, dieser Aufforderung nachzukommen (BFH-Beschluss vom 18. Juli 2006 X B 65/06, BFH/NV 2006, 1699). Voraussetzung einer Feststellung i.S. von § 86 Abs. 3 Satz 1 FGO ist daher, dass das Gericht, wenn es im Rahmen eines bei ihm anhängigen Verfahrens Steuerakten vom Finanzamt anfordert und diese nicht vollständig vorgelegt werden, weiterhin, d.h. auch noch zum Zeitpunkt der erstrebten Entscheidung des BFH, auf der lückenlosen Vorlage besteht (BFH-Beschluss vom 25. Februar 2014 V B 60/12, BStBl II 2014, 478). An einer derartigen Aufforderung durch das Gerichts fehlt es im Streitfall. Das Gericht sieht auch keine Veranlassung, den Beklagten zur Vorlage der von dem Bevollmächtigten geforderten Niederschriften über die genannten Dienstbesprechungen aufzufordern. Das Gericht ist an den Inhalt derartiger Dienstbesprechungen zum einen nicht gebunden. Zum anderen teilt der Senat die vorgetragene - bloße - Vermutung des Bevollmächtigten, aus den Niederschriften sei „möglicherweise nachzuweisen, dass ein strukturelles Vollzugsdefizit oder Erhebungsdefizit vorliege“, nicht. Die Unterstellung des Prozessbevollmächtigten, „er gehe davon aus, dass in vielen anderen Sachverhalten die Finanzverwaltung die Geschäftsabwicklung, wie sie bisher praktiziert worden sei, weiterhin toleriere“, überzeugt das Gericht nicht.
95 
e) Der Senat war auch nicht verpflichtet, das Verfahren auszusetzen und den Rechtsstreit im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens dem EuGH vorzulegen.
96 
Gemäß Art. 267 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Buchst. a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV - ABl EU Nr. C 115 S. 47) kann der Senat die Rechtsfragen, die für die Entscheidung des Streitfalls entscheidungserheblich sind und die Auslegung von Unionsrecht betreffen, vorlegen. Allerdings bestehen derartige Zweifel, welche eine Vorlage an den EuGH erforderlich machen könnten nicht, so dass bereits aus diesem Grund eine Vorlage an den EuGH ausscheidet. Der Bevollmächtigte hat zwar im Schreiben vom 9. Dezember 2015 aus seiner Sicht „grundsätzliche Rechtsfragen“ formuliert, auf deren Beurteilung kommt es im Streitfall aber mangels Verwirklichung des für die Stellung der Rechtsfragen unterstellten Sachverhaltes gar nicht an. Im Streitfall erfolgte gerade keine „Zwischenschaltung“ der Klägerin als „Kommissionärin, Kommissionsagentin, Händlerin, Treuhänderin, Geschäftsbesorgers, Auftragnehmers oder Strohmanns“, wie der Bevollmächtigte - wiederum ohne jede Festlegung auf einen bestimmten Vertragstypus - unterstellt, sondern lediglich eine Einschaltung der Klägerin als „Abrechner“ und Serviceleister im Rahmen von deren satzungsmäßigen Aufgaben. Auf die Beantwortung der von dem Bevollmächtigten formulierten Vorlagefragen kommt es damit im Streitfall nicht an. Ein Handeln im eigenen Namen der Klägerin mit Bezug auf die streitgegenständlichen Veräußerungsvorgänge lag im Streitfall jedenfalls nicht vor.
97 
Soweit der Bevollmächtigte darüber hinaus Vertrauensschutzgesichtspunkte im Hinblick auf die von der Klägerin verwendeten Formulare als weiteren Vorlagegrund anführt, fehlt es schon an der substantiierten Darlegung eines konkreten europarechtlichen Bezugs. Darüber hinaus liegen aber auch insoweit keine Zweifel des Senats an der Auslegung europäischer Rechtsvorschriften vor, die eine solche Vorlage erforderlich machen könnten. Im Streitfall kommt es auf einen solchen Vertrauensschutz der Klägerin gar nicht an, nachdem diese aus den genannten Gründen nicht den dem Beklagten möglicherweise jahrelang vorgetäuschten Sachverhalt verwirklicht hat.
98 
f) Der Senat war schließlich auch nicht verpflichtet, das Verfahren gem. § 74 FGO bis zu einer Entscheidung des Beklagten über den Billigkeitserlass gem. § 163 AO auszusetzen.
99 
Nach § 74 FGO kann das Gericht das Klageverfahren aussetzen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist. Die Entscheidung darüber ist eine Ermessensentscheidung, bei der insbesondere prozessökonomische Gesichtspunkte und die Interessen der Beteiligten abzuwägen sind (BFH-Urteil vom 20. September 2007 IV R 32/06, BFH/NV 2008, 569, unter II.2.a, m.w.N.). Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO ist zwar ein Grundlagenbescheid für die Steuerfestsetzung. Das die Steuerfestsetzung betreffende Verfahren kann deshalb gemäß § 74 FGO ausgesetzt werden, um die Entscheidung der Finanzverwaltung über den Erlass einer Billigkeitsmaßnahme herbeizuführen. Ob dies geschieht, steht jedoch im Ermessen des Gerichts, bei dem das auszusetzende Verfahren anhängig ist. Werden - wie vorliegend - die beiden Verfahren getrennt durchgeführt und wird der Billigkeitsantrag nach § 163 AO erst kurz vor der mündlichen Verhandlung gestellt, entspricht eine Verfahrensaussetzung weder prozessökonomischen Gründen noch den Interessen der Beteiligten an einer zeitnahen Entscheidung (BFH-Urteil vom 10. September 2015 V R 17/14, BFH/NV 2016, 80). Nichts anderes gilt, wenn der Antrag auf Erlass einer Billigkeitsmaßnahme wie im Streitfall erst im Mai 2015 und damit etwa 2 ½ Jahre nach Klageeingang gestellt worden und der gegen die Ablehnung des Antrags erhobene Einspruch erst unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung - im Streitfall am 8. Dezember 2015 - erhoben worden ist. Auch im Streitfall war damit eine zeitgleiche Entscheidung über den Billigkeitsantrag bereits im Rahmen des Festsetzungsverfahrens - wie von § 163 Satz 3 AO grundsätzlich vorgesehen - bereits deshalb nicht möglich, weil die Klägerin den Billigkeitsantrag nach § 163 AO erst Jahre nach Erhebung der vorliegenden Klage und damit mehrere Jahre nach Bekanntgabe der Umsatzsteuerfestsetzung gestellt hat.
100 
Im Streitfall kommt hinzu, dass der Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf Vorschlag des Gerichts einen weitgehenden Erledigungsvorschlag unterbreitet hat, welcher bereits Billigkeitscharakter hatte, die Klägerin, vertreten durch ihren Geschäftsführer und ihren Bevollmächtigten, diesen jedoch umgehend abgelehnt hat. Auch vor diesem Hintergrund vermag der Senat weder eine Sachdienlichkeit einer Verfahrensunterbrechung noch prozessökonomische Gründe hierfür zu erkennen. Vielmehr ist der Senat davon überzeugt, dass mit dem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens lediglich eine Verfahrensverzögerung erreicht werden soll. Damit ist der Antrag rechtsmissbräuchlich und nicht sachdienlich.
101 
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
102 
3. Die Revision war mangels Vorliegens von Revisionszulassungsgründen im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen.

Gründe

 
61 
1. Die Klage ist unbegründet.
62 
a) Gem. § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Satz 1 FGO hebt das Gericht den angefochtenen Steuerbescheid nur auf oder ändert ihn, soweit dieser rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Unter den gleichen Voraussetzungen spricht das Gericht gem. § 101 FGO die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, einen abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakt zu erlassen. Die angefochtenen Bescheide sind jedoch rechtmäßig; der Beklagte hat zu Recht den begehrten Vorsteuerabzug versagt, Umsatzsteuer gem. § 14c Abs. 3 UStG festgesetzt und die streitgegenständlichen Umsatzsteuerfestsetzungen 2004 bis 2009 nach Durchführung der Außenprüfung geändert.
63 
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) kann der Unternehmer als Vorsteuer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung oder Gutschrift besitzt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UStG). Gem. § 3 Abs. 1 UStG sind Lieferungen eines Unternehmers Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des Handelsgesetzbuchs) liegt gem. § 3 Abs. 3 UStG zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer. Voraussetzung hierfür ist allerdings denknotwendig, dass überhaupt ein Kommissionsgeschäft vereinbart und schließlich auch durchgeführt worden ist. Entsprechend regelt Art. 5 Abs. 4 c) der Richtlinie 77/388/EWG vom 13. Juni 1977 (6. Umsatzsteuerrichtlinie, bis 2006) bzw. Art. 14 Abs. 2 c) der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (RiLi 2006/112/EG vom 28. November 2006, ab 2007) dass auch die Umsätze als Lieferung von Gegenständen gelten, die die Übertragung eines Gegenstands auf Grund eines Vertrags über eine Einkaufs- oder Verkaufskommission zum Gegenstand haben.
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Grundsätzlich trägt die Klägerin die Beweislast für die Ausführung einer Lieferung, für die sie den Vorsteuerabzug beansprucht (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Februar 2014 V S 1/14 [PKH], unter 2. b, m. w. Nachw.). Diesen Nachweis hat die Klägerin allerdings nicht geführt. Der Senat ist vielmehr davon überzeugt, dass im Streitfall wie auch immer geartete Kommissionsumsätze oder Umsätze aus Geheißerwerben oder sonstige zum Vorsteuerabzug berechtigende Leistungen an die Klägerin aus den streitigen Geschäften nicht stattgefunden haben und damit auch kein Recht auf Vorsteuerabzug aus solchen Geschäften oder eine Berechtigung der Klägerin zum Umsatzsteuerausweis aus solchen Geschäften bestand. Die Klägerin war vielmehr nach der Überzeugung des Senats nur als Serviceleistungserbringer im Rahmen der erforderlichen Abrechnungen zwischen den beteiligten Landwirten und als Inkassounternehmen sowie - allenfalls - im Rahmen der Koordinierung der von den Betreuern und den anderen Verbandsmitgliedern erfolgten Beratungsleistungen tätig. Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass die Klägerin in ihren Rechnungen zu Unrecht „Kommissionsgebühren“ ausgewiesen hat. Sie war nicht an der Durchführung von Kommissionsgeschäften beteiligt. Sie hat lediglich für ihre Abrechnungen eine Gebühr erhalten.
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Der Senat gewinnt hierbei seine Überzeugung bereits aus den eigenen Ausführungen des Geschäftsführers der Klägerin und den dem Gericht vorliegenden Geschäftsunterlagen und Abrechnungspapieren der Klägerin. Die Klägerin hat weder vor noch nach der Unterzeichnung schriftlicher Kommissionsverträge - im Anschluss an den Beginn der Steuerfahndungsprüfung - Kommissionsgeschäfte oder vergleichbare, zum Vorsteuerabzug berechtigende Geschäfte, ausgeführt.
66 
aa) Der Geschäftsführer der Klägerin hat selbst erklärt, eine seiner Grundaufgaben sei von Anfang an das Erstellen von Gutschriften und Rechnungen aufgrund von Lieferscheinen gewesen. Er selbst sei bei den Geschäftsabschlüssen nicht anwesend gewesen, die Lieferscheine seien vielmehr von den beteiligten Landwirten unmittelbar ausgefüllt worden. Von diesen sei auch das Gewicht der gelieferten Tiere ermittelt worden. Schon hieraus folgt, dass die Klägerin keine eigenen schuldrechtlichen Verpflichtungen im Sinne eines Kommissions- oder Geheißgeschäftes eingegangen sein kann und damit auch keine Lieferungen an bzw. von der Klägerin ausgeführt worden sein können. Die Aufgabe der Klägerin war auf das bloße Erstellen von Gutschriften und Rechnungen beschränkt. So sind auf den Lieferscheinen - was der Geschäftsführer der Klägerin auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigt hat - jedenfalls bis zum Beginn der Steuerprüfung durch den Beklagten nur der Verkäufer - der Ferkelerzeuger - und der Käufer - der abnehmende Landwirt - bezeichnet. Hinweise auf die Einschaltung eines Dritten, der Klägerin, ergeben sich aus den Lieferscheinen nicht. Der Kaufvertrag wurde zwischen dem Ferkelerzeuger und dem abnehmenden Landwirt abgeschlossen. Eine wie auch immer geartete Beteiligung der Klägerin, die über deren bloße Abrechnungserstellung und Inkassostätigkeit hinausgehen würde, ist hierbei weder vereinbart noch sonst erkennbar. Dies gilt auch für die Inrechnungstellung der Speditionsgebühren, die die Klägerin offenbar im Rahmen ihrer Abrechnungstätigkeit lediglich „durchberechnet“ hat. Jedenfalls war die Klägerin ausweislich der Ausführungen ihres Geschäftsführers auch nicht bei den einzelnen Speditionsbeauftragungen eingeschaltet gewesen; das Transportrisiko trug der Ferkelerzeuger.
67 
Zu einer anderen Würdigung führt auch nicht der Umstand, dass die Einzelgeschäfte bzw. die grundsätzlichen Geschäftsbeziehungen durch die Betreuer in die Wege geleitet worden sein sollen. Selbst bei einer Beratungs- und Vermittlungstätigkeit der Betreuer ergibt sich keine vertragsmäßige Einschaltung der Klägerin im Rahmen von Kommissions- oder Geheißgeschäften. Die Einschaltung und Beratungstätigkeit der Betreuer ist vielmehr im Zusammenhang mit deren originärer Funktion in Ausfüllung der in Tz. 3 der Geschäftsordnung der Klägerin festgelegten Beratungsaufgaben durch angestellte Mitarbeiter des Y-Verbands als Berater „in allen Fütterungs- und Tierhaltungsfragen“ zu sehen. Hierfür - und nicht etwa für die Vermittlung schuldrechtlicher Verträge - haben diese ihre Bezahlung in Form von Provisionen aus dem Gesamtumsatz erhalten, wie der Geschäftsführer der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt hat. Nichts anderes ergibt sich auch aus dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung beispielhaft auch für die streitigen Zeiträume vorgelegten Besuchsprotokoll vom 10. September 2002, welches keinerlei Hinweise auf Verhandlungen oder Absprachen in Bezug auf ein Kommissionsgeschäft enthält. Die behauptete Vereinbarung solcher Kommissionsverträge ohne jede hierauf gerichtete ausdrückliche oder auch nur erkennbare Willenserklärung und Festlegung der wesentlichen Vertragsgrundlagen ist aber fernliegend. Hinzu kommt, dass weder die Klägerin noch ihr Bevollmächtigter zweifelsfrei darlegen, welche Art von Vertrag (Einkaufs-, Verkaufs-, Doppelkommission, Kommissionsagentengeschäft oder Geheißerwerb) eigentlich zustande gekommen sein soll, sondern selbst ausführen, derartige Verträge seien zu kompliziert, als dass erwartet werden könne, dass die beteiligten Landwirte die rechtliche Einordnung ohne weiteres verstehen würden oder auch nur die korrekten „Termini“ verwenden. Vor diesem Hintergrund ist der Senat aber davon überzeugt, dass ein stillschweigender oder konkludenter oder wie auch immer erfolgter schuldrechtlicher Abschluss solcher Rechtsgeschäfte tatsächlich nicht stattgefunden hat.
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bb) Die Überzeugung des Senats wird zudem aus den dem Gericht vorliegenden Geschäftsunterlagen der Klägerin bestätigt. Diese belegen, dass die Klägerin keine zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze aus Kommissions- oder ähnlichen Geschäften ausgeführt hat, sondern lediglich mit der Abrechnung der Ferkel- und Getreidekäufe betraut war. So ist in sämtlichen Lieferscheinen ausschließlich der jeweilige Ferkelerzeuger als Verkäufer und der jeweils abnehmende Landwirt als Käufer aufgeführt. Eine schuldrechtliche Ein- oder Zwischenschaltung der Klägerin im Rahmen eines Kommissionsgeschäfts ergibt sich hieraus nicht. Im Gegenteil: Ausweislich der von dem Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung übergebenen Abrechnungspapiere beschränkte sich die Tätigkeit des Geschäftsführers der Klägerin auf das Inkasso der vereinbarten Rechnungsbeträge und die rechnerische Kontrolle der Gesamtbeträge. Diese Tätigkeit ist offensichtlich Teil der Abrechnungstätigkeit der Klägerin. Ein Erwerb „im eigenen Namen“ ergibt sich hieraus aber nicht, auch wenn die Klägerin später - nach Beginn der Steuerfahndungsprüfung, vgl. die Rechnung vom 7. September 2009 - offenbar versucht hat, im Rahmen der Rechnungserstellung ein solches Kommissionsgeschäft „auszuweisen“. Derartige Hinweise finden sich in den zuvor erstellten Rechnungen und Lieferscheinen jedenfalls - mit Ausnahme der teilweise erfolgten Bezeichnung der Provision der Klägerin als „Kommissionsgebühr“ - nicht. Auf die Bezeichnung der Beteiligten kommt es jedoch nicht an.
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Auch ausweislich § 1 der Allgemeinen Geschäfts- und Lieferbedingungen der Klägerin fanden die rechtsgeschäftlichen Verbindungen nur zwischen dem Ferkelerzeuger („Verkäufer“) und dem abnehmenden Landwirt („Käufer“) statt. Eine rechtsgeschäftliche Einbindung der Klägerin findet dagegen nicht statt. Wie aber - entgegen dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen - ein zusätzliches Verpflichtungsgeschäft mit dem Ziel der schuldrechtlichen Einbindung der Klägerin im Rahmen von Kommissionsgeschäften - noch dazu ohne konkrete Vereinbarung und damit konkludent - abgeschlossen worden sein soll, ist weder vorgetragen noch erkennbar. In keinem einzigen der zahlreichen Geschäftsvorfälle ist erkennbar oder gar nachgewiesen, dass sich die Beteiligten über die wesentlichen Geschäftsgrundlagen eines Kommissionsgeschäftes geeinigt haben. Die Annahme von Kommissionsgeschäften steht damit im klaren Widerspruch zu den tatsächlich abgeschlossenen Vereinbarungen und dem verwirklichten Lebenssachverhalt.
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Ausweislich der im Rahmen der Klagebegründung vorgelegten Vermarktungsmasken war ausdrücklich geregelt, die Klägerin „wickelt den Geldverkehr ab“. Ein Hinweis auf darüber hinausgehende Pflichten und Vereinbarungen ist hieraus nicht zu entnehmen. Auch gem. § 6 des Liefer- und Abnahmevertrags für Babyferkel erfolgte lediglich „die Abrechnung“ über die Klägerin. Diese Vorgehensweise entspricht unmittelbar auch den im Rahmen ihrer Informationsveranstaltungen gegenüber ihren Mitgliedern erteilten Informationen. Bei diesen hat die Klägerin darüber informiert, es bestehe ein großer Wunsch, Ferkel und Getreide „abzurechnen“. Im Rahmen einer Mitgliederversammlung hat die Klägerin dann auch darüber informiert, sie sei „ins Leben gerufen“ worden, „um den Betriebsmittelbezug der Erzeugerringe Baden-Württembergs zu legalisieren“. Auch werde „die Abrechnung von Ferkeln angeboten“. In diesem Zusammenhang schildert die Klägerin sodann ausführlich die steuerlichen Vorteile einer solchen „Abrechnung“. Diese Vorgehensweise findet sich auch in den folgenden Mitgliederversammlungen. Das Angebot der Klägerin wurde demnach zunehmend genutzt. So wurde ausweislich einer Mitgliederversammlung am 13. Dezember 2001 darauf hingewiesen, dass „die Möglichkeit Ferkel und Getreide abzurechnen […] von den Mitgliedern des Ringes B.. nun ebenfalls sehr stark genutzt“ werde. Vor diesem Hintergrund kann ausgeschlossen werden, dass die einzelnen beteiligten Landwirte auch nur im entferntesten vom Abschluss von Kommissionsverträgen ausgehen konnten oder gar mussten. So hat die Klägerin gegenüber den Ferkel- und Getreidelieferanten im Rahmen eines Schreibens vom 27. November 2003 mitgeteilt, dass zukünftig sowohl die Steuernummer als auch das Lieferdatum der Ferkel bzw. des Getreides anzugeben seien. Wenn aber - auch - hiernach die Klägerin offensichtlich noch nicht einmal Einfluss auf das Lieferdatum gehabt hat, sondern sämtliche vertragswesentliche Vereinbarungen unmittelbar zwischen dem Verkäufer und dem Käufer der Ferkel bzw. des Getreides vereinbart worden sind, kann auch keine vertragliche Einbeziehung der Klägerin, die über die bloße Abrechnungstätigkeit hinaus geht, stattgefunden haben.
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Dass tatsächlich lediglich eine Abrechnungstätigkeit der Klägerin auch im Hinblick auf die Futtermittel- bzw. Getreidelieferungen erfolgten sollte, wird auch daraus deutlich, dass im Rahmen einer Vorstandssitzung des Erzeugerrings C.. die Entscheidung getroffen wurde, die Futtermittelausschreibungen „ab dem Jahr 2003 über die“ Klägerin „abzurechnen“. Gleiches ergibt sich aus dem Bericht zur Situation der einzelnen Geschäftsbereiche der Klägerin im Jahr 2003, nach dem im Jahr 2003 „....... Ferkel über die“ Klägerin „abgerechnet“ worden sind. Diese Vorgehensweise blieb über die Streitjahre offenbar unverändert. So weist auch der „P.. e.V. am Montag, 8. Januar 2007 auf folgendes hin: „Durch die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes bei Schweinen […] ist es für Ferkelerzeuger noch wichtiger geworden, über einen Vermarktungspartner abzurechnen“.
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Hinzu kommt, dass offenbar auch Nichtmitglieder der Klägerin den Service der „Ferkel- und Getreideabrechnung“ nutzen konnten. Auch insoweit fand keinerlei Einordnung als „Kommissionsgeschäft“ durch die Klägerin statt. Es kann aber ausgeschlossen werden, dass ein und dieselbe Vorgehensweise eine andere rechtsgeschäftliche Natur erfährt, je nachdem, ob ein Mitglied oder ein Nichtmitglied betroffen ist, ohne dass sich die Vorgehensweise jeweils unterscheidet.
73 
Auch die übrigen Beteiligten sind zudem nicht vom Vorliegen von Eigengeschäften der Klägerin in Form von Kommissions- oder ähnlichen Geschäften der Klägerin ausgegangen. So hat z.B. der Erzeugerring M. in einem Rundschreiben vom Februar 2007 darauf hingewiesen, dass „bei direkten Käufen bzw. Verkäufen zwischen pauschalierenden Betrieben ein Mehrwertsteuervorteil mitgenommen werden“ könne, „wenn über die Ü.. abgerechnet wird“ und weiter klar gestellt, „für Sie ändert sich nichts außer dass Sie Ihre Bestellung nicht mehr bei Herrn E.. abgeben sondern bei Herrn Y.“. Hiernach ging die Klägerin selbst nicht davon aus, eine andere Tätigkeit als die bloße Abrechnung von Direktgeschäften zwischen den beteiligten Landwirten auszuüben. Dem entsprechend hat die Klägerin in der Darstellung der „Situation der einzelnen Geschäftsbereiche“ auch lediglich über die „Abrechnung“ von Ferkeln Rechnung gelegt.
74 
Dem entspricht auch die dokumentierte tatsächliche Vorgehensweise im Rahmen der Getreidebestellungen. Insoweit meldeten die Lieferanten von Getreide zur „Abrechnung“ die verkauften Mengen mit der Bitte, „die Abrechnung wie folgt vorzunehmen“. Jedenfalls bis zum Beginn der Umsatzsteuer- bzw. Steuerfahndungsprüfung findet sich - soweit ersichtlich - nicht ein einziger Vorgang - weder in Bezug auf Ferkel- noch auf Getreidekäufe - bei dem die Formulierung „Kommission“ im Rahmen der Verkaufsmeldungen verwendet worden wäre.
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Im Streitfall kann nach alledem nicht davon ausgegangen werden, dass sich, wie der Bevollmächtigte in seinem - weiteren - Schreiben vom 9. Dezember 2015 ausführt, schriftliche Vereinbarungen und einvernehmliche Vertragsdurchführung widersprechen. Ein solcher Fall liegt - wie ausgeführt - jedenfalls bis zur Unterzeichnung einzelner Kommissionsverträge - wie erst ab dem Streitzeitraum 2008 geschehen - nicht vor.
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cc) Auch der Vortrag des Bevollmächtigten belegt, dass eine Einigung über die Einbeziehung der Klägerin in die Lieferkette in Form eines eigenständigen Rechtsgeschäfts im Sinne eines Verpflichtungsvertrags als Kommissionärin nicht stattgefunden hat. So legt sich auch der Bevollmächtigte - auch im Schreiben vom 9. Dezember 2015 - nicht fest, in welchem Fall, welche Geschäfte „als Kommissionsgeschäfte, einige als Kommissionsagentengeschäfte, wieder andere als doppelte Geheißerwerb- bzw. als Reihengeschäft zu beurteilen“ seien, zumal „denkbar […] auch ein Treuhand- oder Strohmanngeschäft sein“ könnte. Dieser vage Sachvortrag steht in Widerspruch zur Behauptung der Klägerin, es habe sich bei den Lieferbeziehungen um „Dauergeschäftsbeziehungen“ zwischen den Beteiligten unter Einschaltung der Betreuer zur Vermittlung der Verträge gehandelt, wenngleich sie noch nicht einmal klar den jeweiligen im Einzelfall vorliegenden Vertragstypus klar benennen kann. Im Übrigen ist jedes Verkaufsgeschäft für sich zu betrachten. Schließlich gibt es für eine - erstmals im Rahmen des in der mündlichen Verhandlung übergebenen Schreibens vom 9. Dezember 2015 behauptete - „Duldungs- oder Anscheinsvollmacht“ der Klägerin keine Anhaltspunkte. Vielmehr schließt der Senat unter Berücksichtigung der vorgelegten Unterlagen sowie des widersprüchlichen klägerischen Vortrags, dass die Klägerin zur Minderung der Steuerlast versucht, dem verwirklichten Sachverhalt nachträglich ein anderes steuerliches Gepräge zu geben.
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dd) Ein anderes Ergebnis ergibt sich zur Überzeugung des Senats auch nicht für die Umsätze in den Zeiträumen, nach denen die Klägerin in 41 Fällen - und damit nur mit einer begrenzten Zahl von Landwirten - schriftliche Kommissionsverträge unterzeichnet und - zumindest teilweise - ihre (Einkaufs-)Formulare entsprechend der Vorschläge ihrer steuerlicher Berater angepasst hat. Unterzeichner dieser Verträge war jeweils nur eine Vertragspartei, eine Einbeziehung der jeweils anderen Vertragspartei fand offenbar nicht statt. Die Unterzeichnung der Vereinbarungen und Verwendung entsprechender Formulare erst nach Beginn der Steuerfahndungsprüfung (blockweise ab September 2008) belegt allerdings die Überzeugung des Senats, dass die Klägerin lediglich den Versuch einer nachträglichen „Umwidmung“ des verwirklichten Sachverhalts zu ihren Gunsten unternimmt. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nach Unterzeichnung dieser Verträge und damit nach Beginn der Steuerfahndungsprüfung tatsächlich Aktivitäten entfaltet hat, die den Nachweis für die tatsächliche Durchführung von Kommissions- oder vergleichbaren Geschäften erbringen könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Insoweit folgt der Senat dem von dem Bevollmächtigten in Bezug genommenen Grundsatz, dass bei sich widersprechenden schriftlichen Vereinbarungen und einvernehmlichen Vertragsdurchführungen letztere maßgeblich sind. Allerdings haben sich auch nach Unterzeichnung der schriftlichen Verträge weder in der Vorgehensweise noch in dem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt Änderungen ergeben. So erfolgte die Geschäftsabwicklung weiterhin ausschließlich zwischen Erzeuger und Abnehmer, die Klägerin übernahm lediglich die Rechnungs- und Inkassotätigkeit, was auch - weiterhin - aus dem eigenen Auftreten der Klägerin als bloße Service- und Rechnungsstelle folgt, wobei deren Service auch die Sicherstellung von Handels- und sonstiger Beratungsleistungen umfasst. Auch nach Unterzeichnung der Verträge ist es zudem dem Prozessbevollmächtigten weiterhin nicht möglich, die einzelnen Geschäftsvorfälle zweifelsfrei einem bestimmten Vertragstypus zuzuordnen.
78 
Auch aus dem Vortrag des Geschäftsführers der Klägerin ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich nach dem „Abschluss“ dieser Verträge tatsächlich entscheidungsrelevante Änderungen in der Vorgehensweise der Klägerin ergeben hätten. Der Geschäftsführer der Klägerin hat vielmehr wiederholt erklärt, dass die gleiche Vorgehensweise auch zuvor, also vor Abschluss schriftlicher Vereinbarungen, bereits ausreichend zur Annahme von Kommissionsgeschäften gewesen sei und damit keine geänderte Vorgehensweise stattgefunden habe. Hieraus schließt der Senat, dass die Vereinbarungen nur deshalb abgeschlossen worden sind, um der Vorgehensweise der Klägerin nachträglich zur steuerlichen Anerkennung zu verhelfen. Eine vom Bevollmächtigten geäußerte „Rückbewirkung“ der nun unterschriebenen Verträge auf die Vergangenheit ist steuerlich ausgeschlossen. Hierzu bedarf es keiner Beweiserhebung. Der „Beweisantrag“ im Schreiben vom 9. Dezember 2015 geht daher ins Leere. Dem Beweisantrag ist auch lediglich zu entnehmen, dass der Bevollmächtigte für sämtliche Streitzeiträume vom Vorliegen des identischen Sachverhaltes ausgeht. Hiervon geht auch das Gericht aus. Daher muss das Gericht dem gestellten Beweisantrag nicht nachgehen. Im Übrigen werden die Tatsachen, die der Zeuge bekunden soll, nicht in substantiierter Form bezeichnet. Unbestimmten oder unsubstantiierten Beweisanträgen sowie Beweisermittlungs- und -ausforschungsanträgen braucht das Gericht regelmäßig nicht nachzugehen (Herbert in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 82 Rz. 17 m. w. Nachw.). Der Beweisantrag ist nicht auf eine Tatsachenfeststellung, sondern auf die rechtliche Einordnung eines nicht näher bezeichneten Rechtsgeschäfts durch die Beteiligten gerichtet und damit als untauglicher Beweis anzusehen (vgl. auch Herbert in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 76 Rz. 29 m. w. Nachw.).
79 
Seine Überzeugung, dass die genannten Kommissionsverträge nur deshalb unterzeichnet worden sind, um der Vorgehensweise der Klägerin nachträglich einen steuerlich relevanten „Anstrich“ zu geben, entnimmt der Senat außerdem der Tatsache, dass die Klägerin bzw. dessen früherer Steuerberater im Rahmen einer E-Mail vom 3. Juni 2008 selbst darauf hingewiesen haben, dass die Klägerin „über die reine Rechnungsstellung und Zahlungsvermittlung hinaus eine Art 'Werbung' betreiben bzw. über eine Art Sortimentsangebot verfügen und ggf. auch Preisverhandlungen führen“ solle, „um eine gewisse Daseinsberechtigung nachweisen zu können“. Der Mail waren umfangreiche Informationsschreiben über den notwendigen Inhalt von Kommissionsgeschäften eines beauftragten Rechtsanwaltes beigefügt. Erst im Anschluss an diese Mail wurden die im Rahmen des Klageverfahrens vorgelegten Kommissionserträge unterzeichnet, wohl, wie in der bereits genannten Mail gefordert, „um ggf. etwas in der Hand zu haben“, allerdings mit der Folge, dass „danach der Kommissionär auch die unmittelbare Gewährleistungsverpflichtung und das Delkredere“ trage. Offenbar als weitere Konsequenz hat die Klägerin sodann darauf hingewiesen, dass „bisher“ eine „Abrechnung über die Ü.. ohne Bedenken möglich“ gewesen sei, „doch nun hat ein Steuerprüfer bei der Außenprüfung den MWSt.vorteil nicht anerkannt“. Entsprechend versuchte der frühere Bevollmächtigte der Klägerin auch erst im Rahmen seines Schreibens vom 30. Mai 2008 die Beklagte unter Übernahme der anwaltlichen Formulierungen davon zu überzeugen, dass Kommissionsgeschäfte vorliegen würden.
80 
Auch fällt auf, dass die Klägerin erst nach Beginn der Umsatzsteuer-Sonderprüfung - soweit ersichtlich erstmals im Protokoll der Verwaltungsratssitzung vom 3. Juni 2008 mit dem Datum 30.06.2009 den Begriff „Kommissionsgeschäft“ verwendet hat. Auch dies wertet der Senat als ein Indiz dafür, dass die Klägerin erst nach Beginn der steuerlichen Überprüfung durch den Beklagten die verwendeten Begrifflichkeiten und ihren Sprachgebrauch angepasst hat, um die zu Unrecht erzielten steuerlichen Vorteile zu bewahren. So finden sich auch erstmals nach diesem Zeitpunkt Gutschriften der Klägerin, in denen diese - nur - gegenüber dem Verkäufer ein angebliches „Kommissionsgeschäft“ in Bezug nimmt. Exemplarisch sei hier auf den Vorgang „V..“ vom 21. August 2009 verwiesen. Allerdings fällt auch insoweit auf, dass es sich hierbei offensichtlich nur um eine Scheinbezeichnung handelt, nachdem auch diesem Vorgang - und soweit ersichtlich auch den übrigen Vorgängen - eine bloße „Getreideabrechnung“ - wiederum ohne jeden Hinweis auf ein angebliches Kommissionsgeschäft - zugrunde liegt.
81 
ee) Soweit die Klägerin zum Beleg ihrer Rechtsauffassung vorträgt, es seien Versicherungen abgeschlossen bzw. entsprechende Angebote eingeholt worden, um hierdurch das Vorliegen einer Kommissionstätigkeit zu belegen, vermag auch dies der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. So wurde - offenbar lag jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt auch nach Auffassung der Klägerin noch keine entsprechende Versicherung vor - erstmals am 30. März 2006 in einem Anschreiben an die „Q Versicherung“ ein Angebot für eine Betriebshaftpflichtversicherung eingeholt. Allerdings hat die Klägerin auch hierin ausdrücklich ausgeführt, sie - die Klägerin - vermittle Ferkel und Getreide, wobei „der Bezug von Ferkeln und Getreide […] direkt von Landwirt zu Landwirt“ erfolge. Die „Abwicklung“ dieser Kaufbewegungen „bis hin zur Rechnungsstellung“ sei Aufgabe der Klägerin, wobei auch hierbei kein Hinweis auf ein etwaiges Kommissionsgeschäft oder eine vertragliche Einbeziehung als Zwischenhändlerin erfolgt ist. (Auch) die Versicherung musste hiernach davon ausgehen, dass die „Vermittlung“ dieser Geschäfte lediglich im Rahmen der allgemeinen satzungsmäßigen Serviceleistungserbringung der Klägerin erfolge und demnach nicht gesondert abgedeckt werden müsse. Entsprechend ist auch in dem am 21. März 2007 mit der T. Versicherung abgeschlossenen Nachtrag zur Haftpflichtversicherung als Risikobeschreibung der „Handel mit Futtermitteln, Getreide und Ferkeln“ und die „Auftragsabwicklung, Trächtigkeitsuntersuchungen bei Schweinen“ genannt, die Prämienberechnung umfasst sodann aber nur den Betriebsteil „Futtermittelhandel, Trächtigkeitsuntersuchungen, Vermietung und Bauherrenhaftpflicht“. Im Übrigen belegt der Abschluss einer Versicherung, die auch Kommissionsgeschäfte umfasst, nicht, ob tatsächlich auch derartige Geschäfte - abgeschlossen worden sind.
82 
ff) Dass auch die Klägerin selbst nicht vom Vorliegen eines eigenen Kommissionshandels ausging, folgt schließlich - auch für das Streitjahr 2008 und damit für die Zeiträume nach Unterzeichnung schriftlicher Kommissionsverträge - aus den eigenen Gewinnermittlungen der Klägerin. So weist diese beispielsweise in der Bilanz für 2008 auf Bl. 16 Erlöse zu 7% UST „Futter“ in Höhe von .........,... EUR aus sowie weitere Erlöse zu 19%. Erlöse aus wie auch immer gearteten Kommissiongeschäften für Getreide oder gar Ferkel sind hierin offensichtlich nicht enthalten.
83 
b) Ist der Senat aus den genannten Gründen davon überzeugt, dass die Klägerin keine Lieferungen ausgeführt, sondern lediglich die Erstellung von Rechnungen oder sonstigen Dienstleistungen gegen Entgelt erbracht hat, sind die von ihr ausgestellten Rechnungen nicht ordnungsgemäß. Sie schuldet die darin gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer gem. § 14 c UStG.
84 
c) Der Senat ist nicht verpflichtet, vor dem Erlass einer Entscheidung die von der Klägerin - zuletzt konkretisiert durch Schreiben vom 9. Dezember 2015 - benannten weiteren Zeugen zu vernehmen.
85 
Die Klägerin hat zum einen die Tatsachen, die der jeweilige Zeuge bekunden soll, nicht in substantiierter Form bezeichnet. Unbestimmten oder unsubstantiierten Beweisanträgen sowie Beweisermittlungs- und -ausforschungsanträgen braucht das Gericht regelmäßig nicht nachzugehen (Herbert in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 82 Rz. 17 m. w. Nachw.). Gleiches gilt für Ausforschungsbeweisanträge oder solche Beweisanträge, die nicht auf die Feststellung von Tatsachen gerichtet sind (Herbert in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 76 Rz. 29 m. umfangr. w. Nachw.).
86 
Zum anderen bedarf es einer Beweiserhebung nicht, wenn diese für die zu treffende Entscheidung unerheblich ist, wenn die in Frage stehenden Tatsachen zu Gunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden können oder wenn das Beweismittel oder die Beweiserhebung unzulässig oder untauglich ist (Herbert in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 76 Rz. 28 m. umfangr. w. Nachw.).
87 
aa) Beantragt die Klägerin, Beweis darüber zu erheben, dass ihre Einschaltung zur Minimierung der Ferkelherkünfte, zur Versorgung von Schweinemästern in Gebieten mit Ferkelmangel, zur Auswahl der richtigen Genetik sowie zur Schließung von Lieferantenlücken für die Schweinemäster erforderlich war, geht es ihr um die Feststellung ihrer nicht streitigen satzungsmäßigen Aufgaben zur Beratung der Kunden der Klägerin - auch durch Mitarbeiter des Y-Verbands - im Rahmen der von ihr angebotenen Serviceleistungen. Ihre satzungsmäßigen Aufgaben lassen jedoch nicht auf den Abschluss von Kommissionsgeschäften schließen. Insoweit sind die angebotenen Beweisanträge offensichtlich weder entscheidungsrelevant noch entscheidungstauglich. Soweit sich die genannten Beweisanträge dagegen darauf richten, die rechtliche Wertung des Bevollmächtigten zu stützen, indem die Rechtsmeinung der benannten Zeugen erfragt werden soll, ist der Beweisantrag nicht auf einen Tatsachenbeweis gerichtet und damit auch unter diesem Gesichtspunkt unzulässig.
88 
bb) Die gleichen Erwägungen gelten für den unter Beweisantritt gestellten Vortrag der Berechnung von Futterrationen und Abstimmung von Fütterungskonzepten zwischen Ferkelerzeuger und Schweinemäster, Beratung und Abstimmung zwischen Ferkelerzeuger und Schweinemäster über Zuschlagshöhe und Preise. Insoweit widerspricht der Bevollmächtigte zudem dem Vortrag der Klägerin, vertreten durch ihren Geschäftsführer, der auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung erneut bestätigt hat, dass sich die Preise und Zuschläge nach den hierfür geltenden Notierungen gerichtet haben und die Klägerin deren korrekte Berechnung nachträglich kontrolliert und ggf. korrigiert hat. Soweit der Bevollmächtigte insoweit mit seinen Ausführungen den Eindruck erwecken möchte, die Klägerin habe echte Preisverhandlungen im eigenen Namen geführt, so steht dieser Vortrag im deutlichen Widerspruch zum klaren Inhalt der Akten und den Ausführungen der Klägerin - ihres Geschäftsführers - selbst. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich mit solchen „aus der Luft gegriffenen“ Behauptungen, die noch dazu im Widerspruch zum eigenen Sachvortrag der Klägerin und dem klaren Inhalt der Akten stehen, zu befassen (vgl. auch BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2001 VIII B 132/00, BFH/NV 2002, 661).
89 
cc) Die Einbindung der Betreuer im Auftrag der Klägerin in die - wie auch immer rechtlich einzuordnenden Geschäftsbeziehungen zu den einzelnen Landwirten stellt ebenfalls weder ein Indiz noch gar einen Nachweis für das behauptete Vorliegen von Kommissionsverträgen dar. Die Einschaltung der Betreuer folgt vielmehr bereits aus Tz. 3 der Satzung der Klägerin in deren Funktion zur Gewährleistung der satzungsmäßigen Aufgaben der Klägerin. Auch hierzu bedarf es offenkundig keiner eigenen Beweiserhebung durch das Gericht.
90 
dd) Soweit der Bevollmächtigte unter Beweisantritt die Behauptung aufstellt, die Klägerin sei bei der Reklamationsbearbeitung und zur Sicherstellung der Zahlung bzw. von Forderungsausfällen, „insbesondere durch Übernahme der Delkredere-Haftung“ notwendig „zwischengeschaltet“ gewesen, ist auch diesem Beweisantrag nicht nachzugehen. Er ist nicht geeignet, ein Kommissionsgeschäft zu belegen. Zum einen handelt es sich auch insoweit um einen reinen Beweisausforschungsantrag, nachdem der Bevollmächtigte selbst formuliert, hierzu könnten die benannten Zeugen „Aussagen“ machen. Tatsächlich sind der Klägerin lediglich Belastungen in Höhe von 0,77 EUR bis zu 23,40 EUR entstanden. Diese, nicht bestrittenen, Beträge stellen aber ersichtlich lediglich Risiken dar, die sich durch die Zahlungsabwicklung für die beteiligten Landwirte ergeben haben. Darüber hinaus richtet sich der Antrag nicht auf den Beweis von Tatsachen, sondern auf die Einholung der Rechtsauffassung der benannten Zeugen und ist damit als untauglicher Beweisantrag zu qualifizieren.
91 
ee) Soweit sich die - weiteren - Beweisanträge des Bevollmächtigten schließlich darauf beziehen, die Einschaltung der Klägerin sei zur Durchführung eines abgestimmten Systems der Schweinezucht und Unterstützung der Ferkelerzeuger bei den Trächtigkeitsuntersuchungen mit Ultraschallgeräten und Sauenplaner erforderlich gewesen, Auswertungen und Betriebsvergleiche zur Verfügung zu stellen und die Beteiligten bei dem preisgünstigen Einkauf von Mineralfuttermitteln und weiteren Betriebsmitteln zu unterstützen, richten sich diese nicht auf die Gewinnung entscheidungserheblicher Tatsachen. Die Beratung und Koordinierung gehört bereits zur satzungsmäßigen Aufgabe der Klägerin und ist zudem selbst bei Wahrunterstellung kein Nachweis für das Vorliegen und die tatsächliche Durchführung von Kommissions- oder anderen, zu einer Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin aus diesen Geschäften führenden eigenständigen Verträgen. Die Durchführung von Ultraschall- und Trächtigkeitsuntersuchungen stellte zudem eine eigenständige und als solche auch eigenständig vergütete Tätigkeit der Klägerin außerhalb der behaupteten Kommissionsverträge dar.
92 
d) Der Senat ist nicht verpflichtet, vor einer Entscheidung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Überprüfung der Weigerung des Beklagten, die Protokollierung der Dienstbesprechung der Steuerverwaltung der Umsatzsteuer-Fachtagung 2012 (dort Tz. 11.4) sowie der USt-HSGL-Besprechung 2013 (dort Tz. 6.1) vorzulegen, gem. § 86 Abs. 3 FGO herbeizuführen. Gem. § 86 Abs. 1 FGO sind Behörden zur Vorlage von Urkunden und Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet, sofern durch deren Vorlage nicht durch das Steuergeheimnis (§ 30 AO) geschützte Verhältnisse Dritter unbefugt offenbart werden. Verweigert eine Behörde die Vorlage solcher Unterlagen, stellt der Bundesfinanzhof gem. § 86 Abs. 3 FGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, der Übermittlung elektronischer Dokumente oder die Verweigerung der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall jedoch nicht vor.
93 
Zwar hat der Bevollmächtigte ausdrücklich im Rahmen des Erörterungstermins den Antrag gestellt, das sog. „In-Camera-Verfahren“ gem. § 86 Abs. 3 FGO durchzuführen. Der Antrag ist jedoch unzulässig.
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§ 86 Abs. 3 FGO setzt voraus, dass das Finanzgericht im finanzgerichtlichen Verfahren die Vorlage der betreffenden Unterlagen oder die Erteilung von Auskünften angeordnet hatte und die ersuchte Behörde sich daraufhin geweigert hat, dieser Aufforderung nachzukommen (BFH-Beschluss vom 18. Juli 2006 X B 65/06, BFH/NV 2006, 1699). Voraussetzung einer Feststellung i.S. von § 86 Abs. 3 Satz 1 FGO ist daher, dass das Gericht, wenn es im Rahmen eines bei ihm anhängigen Verfahrens Steuerakten vom Finanzamt anfordert und diese nicht vollständig vorgelegt werden, weiterhin, d.h. auch noch zum Zeitpunkt der erstrebten Entscheidung des BFH, auf der lückenlosen Vorlage besteht (BFH-Beschluss vom 25. Februar 2014 V B 60/12, BStBl II 2014, 478). An einer derartigen Aufforderung durch das Gerichts fehlt es im Streitfall. Das Gericht sieht auch keine Veranlassung, den Beklagten zur Vorlage der von dem Bevollmächtigten geforderten Niederschriften über die genannten Dienstbesprechungen aufzufordern. Das Gericht ist an den Inhalt derartiger Dienstbesprechungen zum einen nicht gebunden. Zum anderen teilt der Senat die vorgetragene - bloße - Vermutung des Bevollmächtigten, aus den Niederschriften sei „möglicherweise nachzuweisen, dass ein strukturelles Vollzugsdefizit oder Erhebungsdefizit vorliege“, nicht. Die Unterstellung des Prozessbevollmächtigten, „er gehe davon aus, dass in vielen anderen Sachverhalten die Finanzverwaltung die Geschäftsabwicklung, wie sie bisher praktiziert worden sei, weiterhin toleriere“, überzeugt das Gericht nicht.
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e) Der Senat war auch nicht verpflichtet, das Verfahren auszusetzen und den Rechtsstreit im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens dem EuGH vorzulegen.
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Gemäß Art. 267 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Buchst. a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV - ABl EU Nr. C 115 S. 47) kann der Senat die Rechtsfragen, die für die Entscheidung des Streitfalls entscheidungserheblich sind und die Auslegung von Unionsrecht betreffen, vorlegen. Allerdings bestehen derartige Zweifel, welche eine Vorlage an den EuGH erforderlich machen könnten nicht, so dass bereits aus diesem Grund eine Vorlage an den EuGH ausscheidet. Der Bevollmächtigte hat zwar im Schreiben vom 9. Dezember 2015 aus seiner Sicht „grundsätzliche Rechtsfragen“ formuliert, auf deren Beurteilung kommt es im Streitfall aber mangels Verwirklichung des für die Stellung der Rechtsfragen unterstellten Sachverhaltes gar nicht an. Im Streitfall erfolgte gerade keine „Zwischenschaltung“ der Klägerin als „Kommissionärin, Kommissionsagentin, Händlerin, Treuhänderin, Geschäftsbesorgers, Auftragnehmers oder Strohmanns“, wie der Bevollmächtigte - wiederum ohne jede Festlegung auf einen bestimmten Vertragstypus - unterstellt, sondern lediglich eine Einschaltung der Klägerin als „Abrechner“ und Serviceleister im Rahmen von deren satzungsmäßigen Aufgaben. Auf die Beantwortung der von dem Bevollmächtigten formulierten Vorlagefragen kommt es damit im Streitfall nicht an. Ein Handeln im eigenen Namen der Klägerin mit Bezug auf die streitgegenständlichen Veräußerungsvorgänge lag im Streitfall jedenfalls nicht vor.
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Soweit der Bevollmächtigte darüber hinaus Vertrauensschutzgesichtspunkte im Hinblick auf die von der Klägerin verwendeten Formulare als weiteren Vorlagegrund anführt, fehlt es schon an der substantiierten Darlegung eines konkreten europarechtlichen Bezugs. Darüber hinaus liegen aber auch insoweit keine Zweifel des Senats an der Auslegung europäischer Rechtsvorschriften vor, die eine solche Vorlage erforderlich machen könnten. Im Streitfall kommt es auf einen solchen Vertrauensschutz der Klägerin gar nicht an, nachdem diese aus den genannten Gründen nicht den dem Beklagten möglicherweise jahrelang vorgetäuschten Sachverhalt verwirklicht hat.
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f) Der Senat war schließlich auch nicht verpflichtet, das Verfahren gem. § 74 FGO bis zu einer Entscheidung des Beklagten über den Billigkeitserlass gem. § 163 AO auszusetzen.
99 
Nach § 74 FGO kann das Gericht das Klageverfahren aussetzen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist. Die Entscheidung darüber ist eine Ermessensentscheidung, bei der insbesondere prozessökonomische Gesichtspunkte und die Interessen der Beteiligten abzuwägen sind (BFH-Urteil vom 20. September 2007 IV R 32/06, BFH/NV 2008, 569, unter II.2.a, m.w.N.). Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO ist zwar ein Grundlagenbescheid für die Steuerfestsetzung. Das die Steuerfestsetzung betreffende Verfahren kann deshalb gemäß § 74 FGO ausgesetzt werden, um die Entscheidung der Finanzverwaltung über den Erlass einer Billigkeitsmaßnahme herbeizuführen. Ob dies geschieht, steht jedoch im Ermessen des Gerichts, bei dem das auszusetzende Verfahren anhängig ist. Werden - wie vorliegend - die beiden Verfahren getrennt durchgeführt und wird der Billigkeitsantrag nach § 163 AO erst kurz vor der mündlichen Verhandlung gestellt, entspricht eine Verfahrensaussetzung weder prozessökonomischen Gründen noch den Interessen der Beteiligten an einer zeitnahen Entscheidung (BFH-Urteil vom 10. September 2015 V R 17/14, BFH/NV 2016, 80). Nichts anderes gilt, wenn der Antrag auf Erlass einer Billigkeitsmaßnahme wie im Streitfall erst im Mai 2015 und damit etwa 2 ½ Jahre nach Klageeingang gestellt worden und der gegen die Ablehnung des Antrags erhobene Einspruch erst unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung - im Streitfall am 8. Dezember 2015 - erhoben worden ist. Auch im Streitfall war damit eine zeitgleiche Entscheidung über den Billigkeitsantrag bereits im Rahmen des Festsetzungsverfahrens - wie von § 163 Satz 3 AO grundsätzlich vorgesehen - bereits deshalb nicht möglich, weil die Klägerin den Billigkeitsantrag nach § 163 AO erst Jahre nach Erhebung der vorliegenden Klage und damit mehrere Jahre nach Bekanntgabe der Umsatzsteuerfestsetzung gestellt hat.
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Im Streitfall kommt hinzu, dass der Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf Vorschlag des Gerichts einen weitgehenden Erledigungsvorschlag unterbreitet hat, welcher bereits Billigkeitscharakter hatte, die Klägerin, vertreten durch ihren Geschäftsführer und ihren Bevollmächtigten, diesen jedoch umgehend abgelehnt hat. Auch vor diesem Hintergrund vermag der Senat weder eine Sachdienlichkeit einer Verfahrensunterbrechung noch prozessökonomische Gründe hierfür zu erkennen. Vielmehr ist der Senat davon überzeugt, dass mit dem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens lediglich eine Verfahrensverzögerung erreicht werden soll. Damit ist der Antrag rechtsmissbräuchlich und nicht sachdienlich.
101 
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
102 
3. Die Revision war mangels Vorliegens von Revisionszulassungsgründen im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen.

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