Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 3 K 2804/15

Tenor

1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 9. Oktober 2013 werden die Körperschaftsteuerbescheide und Gewerbesteuermessbetragsbescheide vom 25. Oktober 2010 dahin geändert, dass das zu versteuernde Einkommen und der Gewerbeertrag um außerbilanzielle Gewinnminderungen in Höhe von 222.000 EUR im Jahr 2003 und insgesamt 1.271.272 EUR im Jahr 2004 reduziert werden. Die Ermittlung der festzusetzenden Körperschaftsteuern und Gewerbesteuermessbeträge, die sich hieraus für die Jahre 2003 und 2004 ergeben, wird dem Beklagten übertragen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Veranlagungs- und Erhebungszeiträume 2003 und 2004 (Streitjahre) sowie die Frage, ob Teilwertabschreibungen einer Körperschaft auf Darlehen an ein verbundenes, in Österreich ansässiges Unternehmen und eine Rückstellung für die Inanspruchnahme aus einer diesem Unternehmen zugutekommenden Bürgschaft ertragsteuerlich anzuerkennen sind oder ob sie gemäß § 1 des Außensteuergesetzes in der Fassung nach dem Inkrafttreten des Steuervergünstigungsabbaugesetzes - StVergAbG - vom 16. Mai 2003 (BGBl I 2003, 660) steuerlich zu neutralisieren sind (diese Fassung des AStG wird im Folgenden als AStG 2003 bezeichnet). Der Beklagte, das Finanzamt, stützte die steuerlichen Hinzurechnungen ursprünglich auf § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes in der für die Streitjahre und bis zur Änderung durch das Jahressteuergesetz 2008 - JStG 2008 - vom 20. Dezember 2007 (BGBl I 2007 S. 3150) maßgeblichen Fassung (diese Fassung wird nachfolgend als KStG 2003 bezeichnet). Die Klägerin beruft sich insbesondere darauf, dass Art. 9 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 24. August 2000 (DBA-Österreich 2000, BGBl II 2002, 735) im Streitfall die Anwendung des § 1 AStG 2003 sperre. Das Finanzamt widerspricht dieser Auffassung und sieht sich im Hinblick auf die Anwendung des § 1 AStG 2003 durch die zu den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) ergangenen Nichtanwendungsschreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) gebunden.
Die Klägerin ist eine im Jahr 1966 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Stammkapital von 110.000 EUR. Gegenstand des Unternehmens ist der Handel mit Rohstoffen und Abfällen aller Art sowie inzwischen auch das Recycling von Sekundärrohstoffen, insbesondere von Metallen, die Demontage und Entsorgung von Tanks und Industrieanlagen, die Entsorgung von Altfahrzeugen sowie die Lösung damit zusammenhängender logistischer Aufgaben (vgl. Handelsregisterauszug, Gerichtsakte Bl. 265 ff.). Die Klägerin hielt in den Streitjahren Beteiligungen im In- und Ausland (vgl. zur früheren Firmenstruktur der „X-Gruppe“ auch Bl. 39 der Rechtsbehelfsakte).
Im Streit stehen zwischen den Beteiligten im Jahr 2003 eine Einzelwertberichtigung bzw. Teilwertabschreibung auf Darlehen in Höhe von 222.000 EUR sowie im Jahr 2004 eine weitere in Höhe von 90.972 EUR und eine Rückstellung für eine Verbindlichkeit aus einer Bürgschaft in Höhe von 1.180.300 EUR. Hinsichtlich des jeweiligen Ausweises in den Berichten über die Jahresabschlüsse der Klägerin zum 31. Dezember 2003 und zum 31. Dezember 2004 wird auf die Bilanzakten verwiesen.
Die in den Streitjahren wertberichtigten Darlehen hatte die Klägerin ab dem Jahr 2001 der in Österreich ansässigen Y GmbH (nachfolgend Y-GmbH) gewährt, an deren Stammkapital sie sich im Mai 2001 mit 50% beteiligt hatte. Zweck der Beteiligung an der Y-GmbH war nach den Angaben der Klägerin, den seinerzeit bereits intensiv betriebenen Handel mit Metallrohstoffen durch die eigenständige Produktion von Recyclingmaschinen und Recyclingaggregaten zur Aufbereitung metallischer Rohstoffprodukte zu stärken. Die fragliche Bürgschaft übernahm die Klägerin am 9. April 2003 für ein Darlehen der Bank I an die Y-GmbH über 800.000 EUR. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten der Darlehensverträge und des Bürgschaftsvertrags wird auf Bl. 74 ff. und Bl. 105 f. der Gerichtsakte Bezug genommen. Zur Absicherung der gewährten Darlehen schloss die Klägerin mit der Y-GmbH einen Sicherungsübereignungsvertrag (vgl. Gerichtsakte Bl. 99 ff.).
Die Y-GmbH zahlte am 22. Januar 2002 einen Teilbetrag von 97.146 EUR und am 16. Juni 2002 einen weiteren Teilbetrag von 30.000 EUR an die Klägerin zurück. Später kam es zu einer negativen Geschäftsentwicklung. Am 6. Dezember 2004 beantragte die Y-GmbH die Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen. Das Konkursverfahren wurde durch Beschluss des Landgerichts W vom 7. Dezember 2004 eröffnet. Die Bank I nahm daraufhin mit Schreiben vom 17. Dezember 2004 die Klägerin aus dem Bürgschaftsvertrag in Höhe von 1.180.300 EUR in Anspruch (vgl. Gerichtsakte Bl. 107 f.). Insoweit bildete die Klägerin in ihrem Jahresabschluss zum 31. Dezember 2004 eine Verbindlichkeitsrückstellung. Die Darlehensrückzahlungsansprüche der Klägerin gegen die Y-GmbH valutierten zum Jahresende 2004 noch in Höhe von insgesamt 312.972 EUR. Bereits im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2003 hatte die Klägerin eine Einzelwertberichtigung in Höhe von 222.000 EUR ausgewiesen, im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2004 schrieb sie auch den danach verbleibenden Restbetrag von 90.972 EUR ab. Die Klägerin trägt vor, aufgrund des kapitalersetzenden Charakters der im Konkurs der Y-GmbH nachrangigen Darlehen habe sie die ihr eingeräumten Sicherheiten nicht verwerten können (vgl. dazu Gerichtsakte Bl. 109 ff.). Der Rückgang der Auftragseingänge im Jahr 2004 sei erheblich und unerwartet gewesen.
Nach Eingang der Steuererklärungen für die Streitjahre erließ das Finanzamt zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide, nach Durchführung einer Außenprüfung auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) gestützte Änderungsbescheide (vgl. Gerichtsakte Bl. 63 ff.). In diesen streitgegenständlichen Änderungsbescheiden vom 25. Oktober 2010 erhöhte das Finanzamt das zu versteuernde Einkommen und den Gewerbeertrag wegen der beschriebenen Streitpunkte um 222.000 EUR (2003) bzw. 1.271.272 EUR (2004). Es begründete die Gewinnerhöhungen mit „§ 8b Abs. 2 und 3 KStG“ (2003) bzw. „§ 8b Abs. 3 Satz 3 KStG“ (2004). Den Vorbehalt der Nachprüfung hob das Finanzamt jeweils auf.
Die Klägerin erhob Einspruch und verwies zur Begründung unter anderem auf das Urteil des BFH vom 14. Januar 2009 I R 52/08 (BStBl II 2009, 674). Durch Einspruchsentscheidung vom 9. Oktober 2013 (Gerichtsakte Bl. 59 ff.) wies das Finanzamt den Einspruch mit der Begründung als unbegründet zurück, die in den Streitjahren unter Berufung auf § 1 Abs. 1 AStG 2003 und § 8b Abs. 3 KStG 2003 durchgeführten Einkommenserhöhungen seien rechtmäßig. Hinsichtlich der Einzelheiten des Einspruchsverfahrens wird auf die Rechtsbehelfsakte Bezug genommen.
Die Klägerin erhob daraufhin Klage und begründete diese ausführlich (vgl. Gerichtsakte Bl. 4 f., 38 ff., 131 f., 147 f., 165, 179 ff., 206 ff., 222 ff., 234 f.). Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig und unter vollumfänglicher Rückgängigmachung der auf § 1 AStG 2003 gestützten außerbilanziellen Korrekturen abzuändern. Diese Norm sei im Streitfall tatbestandlich nicht einschlägig und darüber hinaus unionsrechtswidrig (siehe dazu im Einzelnen Gerichtsakte Bl. 43 ff., 52 ff.). Insbesondere sei die Annahme des Finanzamts unzutreffend, dass allein der Umfang der von der Klägerin vorgenommenen Teilwertabschreibungen auf die Vereinbarung nicht fremdüblicher Bedingungen schließen lasse. Die Fremdüblichkeit sowohl der Darlehensvereinbarungen als auch der Bürgschaftsübernahme sei vielmehr zu bejahen (Hinweis auf von der Klägerin als Darlehensnehmerin empfangene Bankdarlehen, vgl. Gerichtsakte Bl. 114 ff.). Die Wertberichtigungen in Höhe von 222.000 EUR und 90.972 EUR sowie die Verbindlichkeitsrückstellung in Höhe von 1.180.300 EUR seien in den Jahresabschlüssen zum 31. Dezember 2003 und zum 31. Dezember 2004 handels- und steuerrechtlich zwingend vorzunehmen bzw. zu bilden gewesen.
Nachdem das Verfahren im Hinblick auf die BFH-Verfahren I R 23/13 und I R 29/14 geruht hatte, machte die Klägerin geltend, die Einkünftekorrekturen des Finanzamts müssten auch an der aus Art. 9 Abs. 1 DBA-Österreich 2000 abzuleitenden Sperrwirkung scheitern. Der Klage sei nunmehr jedenfalls aus diesem Grund stattzugeben. Nach Art. 9 Abs. 1 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD-Musterabkommen - OECD-MA -) sei es den Vertragsstaaten erlaubt, Verrechnungspreiskorrekturen vorzunehmen, wenn ein Unternehmen eines Vertragsstaates mit einem verbundenen Unternehmen des anderen Vertragsstaats im Rahmen wirtschaftlicher oder finanzieller Beziehungen Bedingungen vereinbare, die vom Fremdvergleichsgrundsatz abwichen, und infolge dieser fremdunüblichen Bedingungen die Einkünfte des erstgenannten Unternehmens gemindert würden. Inhaltlich vergleichbar mit § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG 2003 stelle damit auch Art. 9 Abs. 1 OECD-MA eine Vorschrift zur Einkünftekorrektur dar, die greife, wenn miteinander verbundene Unternehmen bzw. einander nahestehende Personen Bedingungen vereinbarten, die dem Fremdvergleich nicht genügten. Gleichwohl habe der BFH in jüngster Zeit mehrfach entschieden, dass Art. 9 Abs. 1 OECD-MA aus der Sicht der Vertragsstaaten nur als Erlaubnisnorm verstanden werden könne und damit die herrschende Auffassung im Schrifttum bestätigt, wonach es für die entsprechende Korrektur einer innerstaatlichen Rechtsgrundlage wie beispielsweise des § 1 AStG bedürfe. Gemäß den beiden Urteilen des BFH vom 17. Dezember 2014 I R 23/13 (BStBl II 2016, 261) und vom 24. Juni 2015 I R 29/14 (BStBl II 2016, 258) komme Art. 9 Abs. 1 OECD-MA in diesem Zusammenhang aber - als Ausprägung der abkommensrechtlichen Schrankenwirkung - zugleich eine begrenzende Sperrwirkung in der Weise zu, dass dieser nur Verrechnungspreiskorrekturen im Hinblick auf die Angemessenheit der vereinbarten Bedingungen „der Höhe nach“ zulasse. Aus der tragenden Erwägung des BFH folge, dass die Art. 9 Abs. 1 OECD-MA nachgebildeten Abkommensnormen gleichfalls nur die Angemessenheit der Höhe des Vereinbarten - also den Verrechnungspreis - berührten. Vereinbarte Bedingungen mögen insoweit zwar geeignet sein, den Verrechnungspreis zu beeinflussen. Einer Überprüfung und Korrektur nach Art. 9 Abs. 1 OECD-MA könne aber stets nur der Verrechnungspreis unterfallen, nicht jedoch die Bedingung als solche.
10 
Art. 9 Abs. 1 DBA-Österreich 2000 stimme seinem Wortlaut nach vollständig mit Art. 9 Abs. 1 OECD-MA überein. Einkünftekorrekturen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG 2003 seien danach nur insoweit zulässig, wie der vereinbarte Preis seiner Höhe nach dem Fremdvergleich nicht standhalte. Infolgedessen scheide die vom Finanzamt vorgenommene Korrektur nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG 2003 im Hinblick auf die streitbefangenen Teilwertabschreibungen auf die Darlehensforderungen der Klägerin gegen die Y-GmbH sowie hinsichtlich der von ihr zum Abzug gebrachten Aufwendungen aus der Bildung der Rückstellung für die Inanspruchnahme aus der gegenüber der Bank I eingegangenen Bürgschaftsverpflichtung zwingend aus. Ein Korrekturbedarf könnte sich allenfalls ergeben bei den Fragen nach der angemessenen Höhe der Zinsen für die der Y-GmbH eingeräumten Darlehen und nach der Notwendigkeit einer Avalprovision, welche die Klägerin für die Bürgschaftsübernahme gegebenenfalls von der Y-GmbH hätte einfordern müssen.
11 
Die Argumente, mit denen die Finanzverwaltung die mittlerweile gefestigte Rechtsprechung des BFH zur abkommensrechtlichen Sperrwirkung ablehne, seien nicht überzeugend. Die vom Finanzamt vorgenommenen Einkünftekorrekturen bauten auf einer Negierung bzw. Umqualifikation der tatsächlich von der Klägerin vereinbarten Geschäftsbeziehungen und der diesen zugrundeliegenden Bedingungen auf. Dies sei unzulässig. Die von der Finanzverwaltung geltend gemachte historische Auslegung von § 1 AStG gehe fehl. Zwar sei dem Finanzamt insofern zuzustimmen, als § 1 AStG 2003 im innerstaatlichen Recht ursprünglich mit dem Ziel der Transformation von Art. 9 Abs. 1 OECD-MA und dem dort verankerten Fremdvergleichsgrundsatz eingeführt worden sei. Gleichwohl bedeute dies nicht, dass deshalb beide Normen automatisch die Korrektur von aus Gesellschafterdarlehensforderungen vorgenommenen Wertberichtigungen erlaubten. Die Finanzverwaltung habe sich insoweit früher stets auf § 8b Abs. 3 KStG 2003 und gerade nicht auf § 1 AStG 2003 berufen. Erst nach dem BFH-Urteil I R 52/08 (BStBl II 2009, 674) habe sie sich dazu veranlasst gesehen, den Fremdvergleichsgrundsatz innerstaatlich in der Weise zu modifizieren, dass solche Einkünfteberichtigungen fortan auf der Grundlage von § 1 AStG vorzunehmen seien (vgl. das BMF-Schreiben vom 29. März 2011, BStBl I 2011, 277). Nach Auffassung der Klägerin werde damit aber deutlich ein „Auseinanderdriften“ des einst einheitlich verstandenen Fremdvergleichsgrundsatzes nach DBA einerseits und AStG andererseits dokumentiert. Die verwaltungsseitige Überspannung des (innerstaatlichen) Fremdvergleichsgrundsatzes könne nicht in der Weise auf Art. 9 OECD-MA „abfärben“, als nunmehr auch dieser im Sinne der deutschen Finanzverwaltung auszulegen wäre und die Korrektur von Wertberichtigungen auf Gesellschafterdarlehen zulassen würde. Vielmehr sei die Auffassung der Finanzverwaltung gerade die Ursache für den vom BFH ausgemachten Konflikt, der nach der Einschätzung der Klägerin zutreffend im Sinne einer abkommensrechtlichen Sperrwirkung von Art. 9 Abs. 1 OECD-MA gelöst worden sei.
12 
§ 1 Abs. 1 Satz 1 AStG und den dortigen Hinweis „unbeschadet anderer Vorschriften“ dahin zu verstehen, dass die Norm im Sinne eines Treaty override abkommensüberschreibend und unbeschadet Art. 9 Abs. 1 OECD-MA zur Anwendung gelangen solle, könne den Gesetzesmaterialien nicht entnommen werden und stünde zudem im Widerspruch zu den bisher dazu ergangenen Verlautbarungen der deutschen Finanzverwaltung und der ganz herrschenden Auffassung im Schrifttum. Art. 9 Abs. 1 OECD-MA habe keine self-executing-Wirkung, könne daher nicht als Einkünftekorrekturvorschrift qualifiziert werden und entziehe sich infolgedessen der Rangfolgeregelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG schon per se. Dass § 1 AStG 2003 anders als § 50d Abs. 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht als Treaty override zu verstehen sei und demzufolge auch nicht imstande sei, die von Art. 9 OECD-MA ausgehende Schrankenwirkung zu überschreiben, habe der BFH im Urteil I R 29/14 (BStBl II 2016, 258) in aller Deutlichkeit festgestellt.
13 
Doch selbst wenn nicht von einer Sperrwirkung des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA gegenüber § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG auszugehen wäre, führe die fehlende tatbestandliche Eignung von § 1 AStG 2003 im Streitfall zur Begründetheit der Klage. Die vom Finanzamt vorgenommenen Einkünftekorrekturen widersprächen Sinn und Zweck des § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG 2003, insbesondere fehle es im Streitfall an einer Gewinnverlagerung in das Ausland in dem Sinne, dass mit der inländischen Einkünfteminderung eine Einkünfteerhöhung bei einer nahestehenden Person im Ausland korrespondiere.
14 
Die Klägerin beantragt,
die Körperschaftsteuerbescheide und Gewerbesteuermesstragbescheide für 2003 und 2004, jeweils vom 25. Oktober 2010, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Oktober 2013, dahingehend zu ändern, dass bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens sowie des Gewerbeertrags eine Teilwertabschreibung auf Darlehen an die Y-GmbH in Höhe von 222.000 EUR für 2003 und 90.972 EUR für 2004 sowie Aufwendungen aus der Bildung einer Rückstellung für die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaftsverpflichtung gegenüber der Bank I in Höhe von 1.180.300 EUR für 2004 berücksichtigt werden,
hilfsweise dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob die Niederlassungsfreiheit dahingehend auszulegen ist, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, der zufolge Einkünfteminderungen eines Steuerpflichtigen aus Geschäftsbeziehungen zum Ausland mit einer ihm nahestehenden Person aufgrund der Vereinbarung nicht fremdüblicher Bedingungen steuerlich nicht anzuerkennen sind, während eine Berücksichtigung solcher Einkünfteminderungen möglich ist, wenn diese auf Geschäftsbeziehungen zu einer inlandsansässigen Person zurückzuführen sind,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
15 
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
16 
Es hält an seiner § 1 AStG 2003 betreffenden Rechtsauffassung fest und verweist insbesondere auf das BMF-Schreiben vom 30. März 2016 (BStBl I 2016, 455), nach dem die BFH-Urteile I R 23/13 und I R 29/14 nicht über die entschiedenen Einzelfälle hinaus anwendbar seien (vgl. zu den Aspekten der Klageerwiderung im Einzelnen Gerichtsakte Bl. 125, 161, 197, 201, 214, 229, 245 f.; vgl. auch das frühere BMF-Schreiben vom 29. März 2011, BStBl I 2011, 277). Aus den im Nichtanwendungserlass vom 30. März 2016 ausführlich dargestellten Gründen komme es entgegen den Ausführungen des BFH nicht zu einer Sperrwirkung von DBA-Normen gegenüber § 1 AStG.
17 
Das Finanzamt nimmt ergänzend Bezug auf den Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 15. Dezember 2015 2 BvL 1/12 (BVerfGE 141, 1) zur Verfassungsmäßigkeit des § 50d Abs. 8 EStG. Danach folge aus dem Rechtsstaatsprinzip kein Anwendungsvorrang abkommensrechtlicher Bestimmungen. Das gelte sowohl bei einem offenen als auch bei einem verdeckten Treaty override. Daraus folge, dass § 1 AStG 2003 zulässigerweise die Anwendung des Art. 9 OECD-MA überschreibe und damit die Entscheidungen des BFH in den Verfahren I R 23/13 (BStBl II 2016, 261) und I R 29/14 (BStBl II 2016, 258) aus einem anderen Blickwinkel zu würdigen bzw. überholt seien.
18 
Schließlich vertrat das Finanzamt noch die Auffassung, es stelle verdeckte Einlagen der Klägerin in das Vermögen der Y-GmbH dar, dass sie aufgrund des Eintritts des Sicherungsfalles ihrer Bürgschaftsverpflichtung nachgekommen sei, dass sie der Y-GmbH am 10. April 2003 einen weiteren Betrag von 100.000 EUR zur Verfügung gestellt habe und dies als verzinsliches Darlehen bezeichnet habe. Ein fremder Dritter hätte der Y-GmbH angesichts ihrer durch die Hausbank aufgezeigten wirtschaftlichen und finanziellen Situation nach Auffassung des Finanzamts kein weiteres Darlehen mehr ausgereicht. Wie besorgniserregend die wirtschaftliche Situation der Y-GmbH aus der Sicht ihrer Hausbank im Jahr 2003 gewesen sei, sei nicht nur an der Notwendigkeit einer Drittsicherheit abzulesen, sondern auch daran, dass sich die Hausbank über die Nachrangigkeitserklärung der Klägerin die Werthaltigkeit ihrer eigenen bisherigen Sicherheiten habe verbessern lassen. Die Bank habe die Klägerin unterschriftlich bestätigen lassen, dass sie auf die von der wirtschaftlichen Situation der Y-GmbH ausgehende Gefährdung der Finanzierung hingewiesen worden sei. Auch im Hinblick auf die Bürgschaft seien einzig und allein gesellschaftsrechtliche Gründe denkbar, die angesichts dieser Situation die Klägerin zur Übernahme einer Bürgschaft über 800.000 EUR zu Gunsten der Bank veranlasst haben könnten, um das sofortige Aus der Y-GmbH abzuwenden. Unter keinen denkbaren Umständen würde ein gesellschaftsfremder Dritter in dieser Krisensituation das Mehrfache des Betrags seiner offenen Forderungen zusätzlich ins Risiko setzen, um bereits hingegebene und offene Darlehensforderungen (Kapital und Zins) zu retten.
19 
Der Berichterstatter wies auf das Senatsurteil vom 12. Januar 2017 3 K 2647/15 (EFG 2017, 635 mit Anm. Graw S. 638) hin und erkundigte sich, ob die Verfahrensbeteiligten mit einem Gerichtsbescheid mit Revisionszulassung einverstanden seien. Während die Prozessbevollmächtigten erklärten, dass hiergegen keine Bedenken bestünden, erklärte das Finanzamt, dass es nicht auf eine mündliche Verhandlung verzichte. Die mündliche Verhandlung fand am 23. November 2017 (Protokoll siehe Gerichtsakte Bl. 268 ff.). Dem Gericht liegen die Verwaltungsakten des Finanzamts vor (Körperschaftsteuer-, Rechtsbehelfs-, Bilanz- und Betriebsprüfungsakten).

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide vom 25. Oktober 2010 sowie die Einspruchsentscheidung vom 9. Oktober 2013 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.
21 
1. Für die vom Finanzamt vorgenommenen außerbilanziellen Hinzurechnungen bzw. Korrekturen der ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlagen in Höhe von 222.000 EUR im Streitjahr 2003 und insgesamt 1.271.272 EUR im Streitjahr 2004 fehlt es nach der für die Streitjahre maßgeblichen Gesetzeslage an einer Rechtsgrundlage. Eine solche ergibt sich weder aus § 8b Abs. 3 KStG 2003 (a) noch aus § 1 AStG 2003 (b); auch eine verdeckte Einlage der Klägerin kann der Senat hinsichtlich der zwischen den Beteiligten streitigen Beträge nicht feststellen (c). Da auch für den vom Finanzamt angenommenen Fall der zu verneinenden Fremdüblichkeit im Streitfall keine Rechtsgrundlage für die vom Finanzamt gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen gegeben ist, muss auf die Frage der Fremdüblichkeit von Darlehen und Bürgschaft im konkreten Einzelfall ebenso wie zum Beispiel auf Fragen des Unionsrechts nicht mehr eingegangen werden (d, e, f).
22 
a) Nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG sind Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in Absatz 2 genannten Anteil entstehen, bei der Gewinnermittlung (KStG 2003) bzw. bei der Ermittlung des Einkommens (KStG-Fassung seit dem 1. Januar 2004 gemäß dem Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz - StVergAbGProtUmsG - vom 22. Dezember 2003, BGBl I S. 2840) nicht zu berücksichtigen. Teilwertabschreibungen auf sog. eigenkapitalersetzende Darlehen sind in diesem Zusammenhang jedoch keine bei der Gewinn- bzw. Einkommensermittlung nicht zu berücksichtigenden Gewinnminderungen im Sinne von § 8b Abs. 3 KStG in der Fassung bis zur Änderung durch das JStG 2008 (vgl. den Leitsatz zu dem in BStBl II 2009, 674 veröffentlichten BFH-Urteil vom 14. Januar 2009 I R 52/08). Für Bürgschaften des Anteilseigners zugunsten der darlehensgewährenden Bank gilt insoweit nichts anderes. Die Darlehen wie auch Bürgschaften erfassenden Änderungen des § 8b Abs. 3 KStG durch das JStG 2008 sind zeitlich im Streitfall noch nicht anwendbar. Die diesbezüglichen Normergänzungen in den Sätzen 4 ff. des § 8b Abs. 3 KStG hatten keine deklaratorische, sondern konstitutive Wirkung. Der Rechtsprechung, dass es sich hierbei nicht lediglich um eine redaktionelle Klarstellung handelte (vgl. dazu im Einzelnen BFH in BStBl II 2009, 674; vgl. auch die BFH-Urteile in BStBl II 2016, 258, BStBl II 2016, 261 und vom 12. April 2017 I R 36/15, juris), hat sich der Senat im Urteil vom 12. Januar 2017 3 K 2647/15 (EFG 2017, 635 mit Anm. Graw S. 638) bereits angeschlossen. Die Revision ist beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 5/17 anhängig.
23 
b) § 1 Abs. 1 AStG 2003 vermag die außerbilanziellen Hinzurechnungen des Finanzamts unter den konkreten Einzelfallumständen nach Maßgabe der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH, die von der Finanzverwaltung gemäß dem in BStBl I 2016, 455 veröffentlichten BMF-Schreiben vom 30. März 2016 erneut abgelehnt wird, ebenfalls nicht zu begründen.
24 
aa) Nach § 1 Abs. 1 AStG 2003 gilt Folgendes: Werden Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus Geschäftsbeziehungen mit einer ihm nahestehenden Person dadurch gemindert, dass er im Rahmen solcher Geschäftsbeziehungen zum Ausland Bedingungen vereinbart, die von denen abweichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten, so sind seine Einkünfte unbeschadet anderer Vorschriften so anzusetzen, wie sie unter den zwischen unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären (Satz 1). Dem Steuerpflichtigen steht eine Person nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG 2003 u.a. dann nahe, wenn die Person an dem Steuerpflichtigen mindestens zu einem Viertel unmittelbar oder mittelbar beteiligt (wesentlich beteiligt) ist oder auf den Steuerpflichtigen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder umgekehrt der Steuerpflichtige an der Person wesentlich beteiligt ist oder auf diese Person unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Eine Geschäftsbeziehung im Sinne der Absätze 1 und 2 ist nach § 1 Abs. 4 AStG 2003 jede den Einkünften zugrunde liegende schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist und entweder beim Steuerpflichtigen oder bei der nahestehenden Person Teil einer Tätigkeit ist, auf die die §§ 13, 15, 18 oder § 21 EStG anzuwenden sind oder im Fall eines ausländischen Nahestehenden anzuwenden wären, wenn die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde (insoweit abweichend von der vorherigen Fassung, vgl. dazu bezogen auf Gesellschafterdarlehen das BFH-Urteil vom 23. Juni 2010 I R 37/09, BStBl II 2010, 895 mit weiteren Nachweisen).
25 
bb) Der BFH hat mehrere die Auslegung des § 1 Abs. 1 AStG 2003 und seiner korrekturauslösenden Tatbestandsvoraussetzungen betreffende Fragen bisher offengelassen (vgl. die knapp gehaltenen Ausführungen in BStBl II 2016, 261 zu den Tatbestandsmerkmalen „Bedingungen“ und „dadurch“ sowie zur Frage der gleichmäßigen Besteuerung in verfassungs- und unionsrechtlicher Hinsicht; vgl. auch BFH in BStBl II 2016, 258 unter II 3 b). Im Hinblick auf das Merkmal „unbeschadet anderer Vorschriften“ hat der BFH entschieden, dass nichts dafür ersichtlich sei, dass § 1 Abs. 1 AStG 2003 abkommensüberschreibend als sog. Treaty override ausgestaltet wäre (so ausdrücklich BFH in BStBl II 2016, 258 unter II 3 c).
26 
Den Klagen, die sich gegen auf § 1 Abs. 1 AStG 2003 gestützte Korrekturen richteten, ist der BFH „jedenfalls im Ausgangspunkt“ aus einem anderen Grunde gefolgt. Er hat entschieden, selbst wenn alle Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AStG 2003 erfüllt wären, müsste eine Einkünftekorrektur wegen einer fehlenden Darlehensbesicherung ausscheiden, weil sie sich nicht mit der Abkommenslage nach Maßgabe des Fremdvergleichsmaßstabs gemäß Art. 9 Abs. 1 des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens vertrüge (so im Verfahren I R 23/13 mit Art. 9 Abs. 1 DBA-USA 1989, im Verfahren I R 29/14 mit Art. IV DBA-Großbritannien 1964; vgl. auch den Beschluss vom 24. März 2015 im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren I B 103/13, BFH/NV 2015, 1009, zu Art. 9 DBA-Russland 1996). Die Art. 9 Abs. 1 OECD-MA entsprechenden Bestimmungen der einschlägigen Abkommen enthielten mit § 1 Abs. 1 AStG 2003 inhaltlich vergleichbare Gewinnkorrekturvorschriften für untereinander verbundene Unternehmen („dealing at arm's length“). Wenn ein Unternehmen eines Vertragsstaats unmittelbar oder mittelbar an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital eines Unternehmens des anderen Vertragsstaats beteiligt ist oder dieselben Personen unmittelbar oder mittelbar an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital eines Unternehmens eines Vertragsstaats und eines Unternehmens des anderen Vertragsstaats beteiligt sind und in diesen Fällen die beiden Unternehmen in ihren kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen an vereinbarte oder auferlegte Bedingungen gebunden sind, die von denen abweichen, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden, so dürfen die Gewinne, die eines der Unternehmen ohne diese Bedingungen erzielt hätte, wegen dieser Bedingungen aber nicht erzielt hat, den Gewinnen dieses Unternehmens zugerechnet und entsprechend besteuert werden. Mit dieser Regelung des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA stimmt auch der für die vorliegende Fallkonstellation maßgebliche Art. 9 Abs. 1 DBA-Österreich 2000 überein.
27 
Die den Fremdvergleichsmaßstab konstitutiv bestimmende abkommensrechtliche Vorschrift erfordert eine innerstaatliche Rechtsgrundlage, die ihrerseits die Gewinnkorrektur nach Maßgabe des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA entsprechenden Artikels des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens ermöglicht; die Vorschrift des Abkommens dient der Gewinnabgrenzung, nicht aber der (unmittelbaren) Gewinnkorrektur (keine sog. „self-executing-Wirkung“; vom BFH so formuliert in BStBl II 2016, 261). Sie legt also nur den „Rahmen“ und die abkommensrechtlichen Bedingungen für die vorzunehmenden Gewinnkorrekturen fest. Zugleich kommt der Vorschrift allerdings als Ausprägung der sog. Schrankenwirkung des Abkommens nach der Rechtsprechung des BFH begrenzende Wirkung zu: Auch wenn sie Korrekturmöglichkeiten des Anwenderstaats nicht schafft, so „sperrt“ sie für ihren Anwendungsbereich doch weiter gehende, innerstaatlich zulässige Korrekturmöglichkeiten jenes Staats. Nur so - durch einen einheitlichen und verbindlichen Beurteilungsmaßstab für beide Vertragsstaaten - lässt sich erreichen, dass die beanstandeten Preise und Preisbestandteile in den einzelnen Staaten nicht doppelt erfasst werden (vgl. BFH in BStBl II 2016, 261).
28 
Nach der inzwischen gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH entfaltet der abkommensrechtliche Grundsatz des „dealing at arm's length“ bei verbundenen Unternehmen eine Sperrwirkung (vgl. die BFH-Urteile vom 11. Oktober 2012 I R 75/11, BStBl II 2013, 1046, in BStBl II 2016, 258 und BStBl II 2016, 261). Tragende Erwägung des BFH ist es, dass in den maßgeblichen Vergleichsmaßstab des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA nur diejenigen (Sachverhalts-)Umstände einbezogen sind, welche sich auf die besagten „wirtschaftlichen oder finanziellen Bedingungen“ auswirken, also die Angemessenheit (Höhe) des Vereinbarten berühren; eine Gewinnkorrektur, die sich nicht nur auf die Angemessenheit (Höhe) des Vereinbarten erstreckt, sondern - in einem zweistufigen Vorgehen - gleichermaßen auf dessen „Grund“ (Üblichkeit der Konditionen, Ernsthaftigkeit), ist den Vergleichsmaßstäben des „dealing at arm's length“ als Gegenstand der Angemessenheitsprüfung fremd.
29 
Auch im Hinblick auf § 1 Abs. 1 AStG 2003 kann danach eine Einkommenskorrektur im Ergebnis nur dann in Betracht kommen, wenn der vereinbarte Preis seiner Höhe, also seiner Angemessenheit nach dem Fremdvergleichsmaßstab nicht standhält. Zwar ist unter dem Ausdruck der „vereinbarten Bedingungen“ in Art. 9 Abs. 1 OECD-MA grundsätzlich alles zu subsumieren, was Gegenstand der kaufmännischen und finanziellen Beziehungen und damit Gegenstand des schuldrechtlichen Leistungsaustauschs zwischen den verbundenen Unternehmen ist, so dass neben dem Preis sämtliche weiteren Geschäftsbedingungen einbezogen sind. Es bleibt indessen dabei, dass sich die Vereinbarungskonditionen vor dem Grundsatz des in Art. 9 Abs. 1 OECD-MA angelegten Prüfmaßstabs nur insofern auswirken, als deren „Qualität“ die Zinshöhe im Fremdvergleich „nach oben“ oder „nach unten“ beeinflusst; die Konditionen bilden insoweit stets (nur) die Grundlage für die Überprüfung der Verrechnungspreise (vgl. zum Ganzen die BFH-Urteile in BStBl II 2016, 258 und BStBl II 2016, 261 mit weiteren Nachweisen, siehe dort auch die weiteren Ausführungen zum sog. Konzernrückhalt).
30 
Der BFH-Rechtsprechung zur Sperrwirkung hat sich der Senat mit Blick auf Art. 9 Abs. 1 DBA-Schweiz in seinem Urteil vom 12. Januar 2017 3 K 2647/15 (EFG 2017, 635) angeschlossen (Az. BFH I R 5/17). Aus ihr folgt im Ergebnis bzw. jedenfalls als Zwischenergebnis (vgl. unten c zur verdeckten Einlage), dass eine über § 1 Abs. 1 AStG 2003 ermöglichte Einkommenskorrektur sich nur auf jene Beträge beziehen kann, welche durch einen nicht fremdvergleichsgerechten, zu niedrigen Preis bzw. bei Darlehen zu niedrigen Zins bewirkt werden, und dass im Umfang von Teilwertabschreibungen eine Korrektur ausscheiden muss (vgl. BFH in BStBl II 2016, 261 unter II 2 c). Der in § 1 AStG 2003 in nationales Recht umgesetzte abkommensrechtliche Grundsatz des „dealing at arm's length“ ermöglicht demgegenüber nicht die Korrektur einer Abschreibung, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auf den Teilwert der Forderung auf Rückzahlung der Darlehensvaluta und auf Zinsrückstände vorzunehmen ist (vgl. BFH in BStBl II 2016, 258).
31 
Soweit die Klage gegen die Hinzurechnungsbeträge von 222.000 EUR (2003) und 90.972 EUR (2004) gerichtet ist, liegt der Sachverhalt des vorliegenden Streitfalls parallel zu den vom BFH in BStBl II 2016, 258 und 261 entschiedenen Fällen. Nach Maßgabe dieser Entscheidungen ist die Klage insoweit in rechtlicher Hinsicht in vollem Umfang begründet. In tatsächlicher Hinsicht steht zudem zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2, Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG (hier in Verbindung mit § 8 Abs. 1 KStG 2003 und § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes) erfüllt waren und die zum Jahresende 2003 und 2004 vorgenommenen Teilwertabschreibungen der Höhe nach nicht zu beanstanden sind.
32 
cc) Dass der Senat der im Widerspruch zur BFH-Rechtsprechung stehenden Auffassung der Finanzverwaltung gemäß dem in BStBl I 2016, 455 veröffentlichten BMF-Schreiben nicht folgt, wurde im Urteil vom 12. Januar 2017 3 K 2647/15 (EFG 2017, 635; Rev. anhängig unter Az. I R 5/17) ebenfalls bereits begründet. Der Senat geht mangels neuerer Erkenntnisse nach wie vor davon aus, dass der I. Senat des BFH auch in seiner heutigen Besetzung an seiner bisherigen Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. BFH-Urteil vom 12. April 2017 I R 36/15, juris, unter II 2 b aa).
33 
Dem steht insbesondere nicht der Beschluss des Zweiten Senats des BVerfG vom 15. Dezember 2015 2 BvL 1/12 (BVerfGE 141, 1) entgegen, wonach eine einfachrechtliche Gesetzesvorschrift des nationalen Steuerrechts, welche die abkommensrechtliche Regelung eines Doppelbesteuerungsabkommens überschreibt (sog. Treaty override), nicht als verfassungswidrig anzusehen ist. Zwar war der BFH in seinem Vorlagebeschluss vom 10. Januar 2012 I R 66/09 (BFH/NV 2012, 1056), den er durch einen weiteren Beschluss vom 10. Juni 2015 I R 66/09 (BFH/NV 2015, 1250) ergänzte, noch von der Verfassungswidrigkeit des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG 2002 in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2003) vom 15. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2645) wegen eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1 GG) überzeugt. Nachdem das BVerfG die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift ungeachtet des damit einhergehenden Völkerrechtsverstoßes bejaht hatte, ist der BFH dieser Entscheidung des BVerfG im nachfolgenden Beschluss vom 29. Juni 2016 I R 66/09 (BFH/NV 2016, 1688) gefolgt. Das ändert indes nichts daran, dass nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH schon nicht ersichtlich ist, dass es sich bei § 1 AStG überhaupt um eine Abkommensüberschreibung im Sinne eines Treaty override handelt (vgl. BFH in BStBl II 2016, 258 unter II 3 c). Auch dieser Auffassung ist der Senat im Urteil vom 12. Januar 2017 3 K 2647/15 (EFG 2017, 635; Az. Rev. I R 5/17) gefolgt. Auch alle anderen Finanzgerichte, deren jüngere Entscheidungen zum Verhältnis von Art. 9 Abs. 1 OECD-MA und § 1 AStG im Zeitraum vor Inkrafttreten des § 8b Abs. 3 Sätze 4 ff. KStG bislang veröffentlicht worden sind, sind den Entscheidungen des BFH gefolgt (vgl. die Urteile des FG Düsseldorf vom 10. November 2015 6 K 2095/13 K, EFG 2017, 553 mit Anm. Hennigfeld S. 554, Az. Rev. I R 73/16, und vom 27. Juni 2017 6 K 896/17 K, G, EFG 2017, 1332 mit Anm. Rode S. 1333, Az. Rev. I R 54/17, des FG Köln vom 17. Mai 2017 9 K 1361/14, EFG 2017, 1738 mit Anm. Pint S. 1740, Az. Rev. I R 51/17, des FG Münster vom 18. Mai 2017 3 K 2872/14 G, F, juris, Az. NZB I B 57/17; zu der Frage der Sperrwirkung des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA im Hinblick auf den sowohl Inlandsfälle als auch grenzüberschreitende Fälle erfassenden § 8b Abs. 3 Sätze 4 ff. KStG vgl. die eine solche Sperrwirkung verneinenden Entscheidungen des FG Münster vom 17. August 2016 10 K 2301/13 K, EFG 2016, 1810 mit Anm. Vasel S. 1816, des FG Hamburg vom 9. Februar 2017 5 K 9/15, EFG 2017, 763 mit Anm. Kreth S. 768, die Rev. ist beim BFH anhängig unter Az. I R 19/17, und des FG Berlin-Brandenburg vom 29. August 2017 11 V 11184/17, EFG 2017, 1692 mit Anm. Lorenz S. 1696, die Beschwerde ist beim BFH anhängig unter Az. I B 102/17; vgl. auch Gosch, KStG, 3. Aufl. 2015, § 8b Rz. 278b ff.).
34 
dd) Die den Veranlagungs- bzw. Erhebungszeitraum 2004 betreffenden Bescheide sind auch insoweit rechtswidrig, als das Finanzamt die Rückstellung für die Inanspruchnahme aus der Bürgschaftsverpflichtung gegenüber der Bank I zum Anlass für eine außerbilanzielle Gewinnkorrektur in Höhe von 1.180.300 EUR genommen hat. Auch in dieser Hinsicht stützt das Finanzamt die angefochtenen Bescheide zu Unrecht auf § 1 AStG 2003.
35 
Der Senat versteht die oben unter bb wiedergegebene neuere höchstrichterliche Rechtsprechung des BFH zu § 1 AStG 2003 und die ihr zugrundeliegenden Erwägungen dahin, dass danach auch eine Bürgschaft „dem Grunde nach“ und ein aus ihr infolge der Inanspruchnahme der Bürgin resultierender Aufwand keine Einkünftekorrektur nach § 1 AStG 2003 zu rechtfertigen vermag (vgl. zur Rechtslage vor der mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2003 in Kraft getretenen Neufassung des § 1 Abs. 4 AStG 2003 durch das StVergAbG und zur Auslegung des Begriffs „Geschäftsbeziehung“ die BFH-Urteile vom 29. November 2000, I R 85/99, BStBl II 2000, 720 und vom 27. August 2008 I R 28/07, BFH/NV 2009, 123 sowie die BMF-Schreiben vom 17. Oktober 2002, BStBl I 2002, 1025 und vom 12. Januar 2010, BStBl I 2010, 34; vgl. auch die BFH-Entscheidungen vom 29. April 2009 I R 26/08, BFH/NV 2009, 1648 und in BStBl II 2010, 895).
36 
Zu bedenken ist bei einer Bürgschaft wie jener im Streitfall zunächst, dass der eigentliche Bürgschaftsvertrag im Gegensatz zu einem unmittelbar gewährten Darlehen nicht direkt zwischen den verbundenen Unternehmen geschlossen wird, sondern zwischen der bürgenden Anteilseignerin und der darlehensgebenden Bank. Zwischen der Klägerin als Bürgin und der Hauptschuldnerin (Y-GmbH) bestand das sog. Deckungsverhältnis. Nach Aktenlage lag insoweit kein entgeltlicher Geschäftsbesorgungs- bzw. Avalvertrag vor (vgl. § 675 BGB), sondern ein bloßer (unentgeltlicher) Auftrag. Die vom Finanzamt vorgenommene außerbilanzielle Hinzurechnung von 1.180.300 EUR bezieht sich hingegen auf die Inanspruchnahme aus dem von der Klägerin mit der Bank geschlossenen Bürgschaftsvertrag. Hierfür eröffnet § 1 AStG 2003 nach Maßgabe der bisher ergangenen BFH-Rechtsprechung jedoch keine Korrekturmöglichkeit für das Finanzamt. Ob dies für den im Streitjahr 2004 konkret korrigierten Betrag mit der aus Art. 9 Abs. 1 DBA-Österreich 2000 abzuleitenden Sperrwirkung und/oder mit der insoweit a priori fehlenden Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 AStG 2003 (keine Einkünfteminderung aus der Geschäftsbeziehung mit der nahestehenden Person) zu begründen ist, kann im vorliegenden Urteil letztlich offengelassen werden.
37 
ee) Infolge der insolvenzbedingten Wertlosigkeit des Rückgriffsanspruchs der Klägerin zum 31. Dezember 2004 kann dahinstehen, ob die sich aus der Rückstellungsbildung ergebende Gewinnminderung durch einen zu aktivierenden und gegebenenfalls seinerseits wertgeminderten Rückgriffsanspruch der Klägerin gegen die Y-GmbH zu reduzieren ist oder im Fall einer rechtlich und wirtschaftlich noch bestehenden Rückgriffsforderung bei der Bemessung der Rückstellung betragsmindernd zu berücksichtigen ist (vgl. BFH-Urteil vom 5. Mai 2015 X R 48/13, BFH/NV 2015, 1358 mit weiteren Nachweisen).
38 
Der Vollständigkeit halber sei bezüglich der Rückstellung für die Bürgschaftsverbindlichkeit ferner angefügt, dass sich weder bei Annahme einer Drohverlustrückstellung noch bei unmittelbarer Passivierung der Verbindlichkeit aus der Bürgschaftsinanspruchnahme am Ergebnis etwas ändern würde. Angemerkt sei lediglich noch, dass bei Annahme einer Drohverlustrückstellung das in § 5 Abs. 4a EStG geregelte steuerliche Passivierungsverbot gemäß der Rechtsprechung des BFH bei Bürgschaften nicht eingreift (vgl. die BFH-Entscheidungen vom 11. April 2003 IV B 176/02, BFH/NV 2003, 919, vom 22. August 2006 X B 30/06, BFH/NV 2006, 2253 und vom 18. April 2012 X R 5/10, BStBl II 2013, 785; vgl. ferner auch das Urteil des FG München vom 2. März 2009 7 K 1770/06, EFG 2009, 917 sowie Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 36. Auflage 2017, § 5 Rz. 450 und Rz. 550 „Bürgschaft“). Mangels Ergebnisrelevanz wird von weiteren Ausführungen zur handels- und steuerbilanziellen Behandlung abgesehen.
39 
c) Anhaltspunkte dafür, dass die von der Klägerin geschlossenen, hier relevanten Verträge (Darlehensverträge, Bürgschaftsvertrag) beispielsweise wegen Vorliegen eines Scheingeschäfts nach § 41 Abs. 2 AO steuerlich anders zu qualifizieren sein könnten, sind nicht ersichtlich. Dass die Darlehen wie auch die Bürgschaft in tatsächlicher Hinsicht ernstlich gewollt waren, erachtet der Senat nach Gesamtwürdigung aller ihm vorliegenden Informationen als unzweifelhaft. Der Senat sieht auch keine feststellbaren Anhaltspunkte für eine wie auch immer zu begründende verdeckte Einlage.
40 
aa) Wird ein einzelnes Wirtschaftsgut im Wege der verdeckten Einlage übertragen, erhöhen sich gemäß § 8 Abs. 1 KStG in Verbindung mit § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG die Anschaffungskosten der Beteiligung an einer anderen Kapitalgesellschaft um den Teilwert des eingelegten Wirtschaftsguts (vgl. das BFH-Urteil vom 12. April 2017 I R 36/15, juris und zu verdeckten Einlagen allgemein Gosch, KStG, 3. Aufl. 2015, § 8 Rz. 105 ff. und Schmidt/Kulosa, EStG, 36. Auflage 2017, § 6 Rz. 741 ff. mit weiteren Nachweisen; vgl. auch § 8 Abs. 1 KStG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG und die durch das Jahressteuergesetz 2007 eingefügten Sätze 3 ff. des § 8 Abs. 3 KStG, BGBl I 2006, 2878).
41 
Verdeckte Einlage ist die Zuwendung eines bilanzierbaren Vermögensvorteils aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ohne Entgelt in Gestalt von Gesellschaftsrechten (vgl. die BFH-Urteile vom 28. April 2004 I R 20/03, BFH/NV 2005, 19, vom 27. Mai 2009 I R 53/08, BFH/NV 2010, 375 und vom 15. März 2017 I R 67/15, BFH/NV 2017, 1276; vgl. auch den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BStBl II 1998, 307). Anders ausgedrückt liegt eine verdeckte Einlage vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person der Gesellschaft einen einlagefähigen Vermögensvorteil zuwendet, ohne dass der Gesellschafter hierfür neue Gesellschaftsanteile erhält, und wenn diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat (vgl. BFH-Urteil vom 23. August 2017 VI R 4/16, juris). Letztere Voraussetzung ist gegeben, wenn ein Nichtgesellschafter der Gesellschaft den Vermögensvorteil bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht eingeräumt hätte. Als verdeckte Einlagen sind nur Wirtschaftsgüter geeignet, die das Vermögen der Kapitalgesellschaft vermehrt haben, sei es durch den Ansatz oder die Erhöhung eines Aktivpostens, sei es durch den Wegfall oder die Verminderung eines Passivpostens. Ob das Vermögen der Kapitalgesellschaft durch den Ansatz oder die Erhöhung eines Aktivpostens oder durch den Wegfall oder die Verminderung eines Passivpostens vermehrt ist, bestimmt sich nach Bilanzrecht (vgl. das BFH-Urteil vom 23. August 2017 VI R 4/16, juris, mit weiteren Nachweisen).
42 
bb) Dass eine oder mehrere für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche verdeckte Einlagen in diesem Sinne vorliegen, hat das Finanzamt lediglich behauptet, insofern aber keine feststellbaren Sachverhaltsumstände dargelegt bzw. in hinreichend nachvollziehbarer Weise ermittelt. Für den Senat ist nach umfassender Würdigung aller Einzelfallumstände weder ersichtlich, dass die von der Klägerin an die Y-GmbH gewährten Darlehen von Beginn an oder zumindest nachträglich als verdeckte Einlagen zu qualifizieren wären, noch ist erkennbar, worin das Finanzamt den Einlagegegenstand und die Einlagehandlung der Klägerin im Hinblick auf die Bürgschaft auszumachen zu können glaubt.
43 
cc) Das Finanzamt hat sich auch nicht mit den BFH-Urteilen auseinandergesetzt, die zur Frage verdeckter Einlagen bei Bürgschaften ergangen sind. Im Urteil vom 4. März 2008 IX R 78/06 (BStBl II 2008, 575) hat der BFH entschieden, Gegenstand einer verdeckten Einlage könne nur eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Zuwendung eines bilanzierungsfähigen Vermögensvorteils sein, die nicht den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entspreche. Weder durch die Übernahme der Bürgschaft noch durch die Leistung des Bürgen an den Gläubiger werde das bilanzierungsfähige Vermögen der Gesellschaft vermehrt (Hinweis auf BFH-Urteil vom 12. Dezember 2000 VIII R 36/97, BFH/NV 2001, 761). Auch der Ausfall der Regressforderung aus einer eigenkapitalersetzenden Bürgschaft führt danach nicht zu einer verdeckten Einlage (vgl. BFH-Urteile vom 18. Dezember 2001 VIII R 27/00, BStBl II 2002, 733 und vom 31. Mai 2005 X R 36/02, BStBl II 2005, 707; zum Anwendungsbereich des § 17 EStG vgl. ferner BFH-Urteil vom 24. Januar 2012 IX R 34/10, DStR 2012, 854).
44 
d) Etwaige tatsächliche Fragen, ob und inwieweit das Verhältnis zwischen Klägerin und Y-GmbH in den Streitjahren 2003 und 2004 in fremdüblicher Weise oder aber in nicht fremdüblicher Weise ausgestaltet war, bedürfen aus den vorstehend genannten Rechtsgründen für die Zwecke der vorliegenden Entscheidung keiner näheren Überprüfung mehr. Das gilt insbesondere für die Bürgschaftserklärung, bei welcher nach Aktenlage jedenfalls auf den ersten Blick der Auffassung des Finanzamts insofern zu folgen ist, als die besseren Gründe dafür sprechen dürften, dass sich eine fremdübliche Bürgschaft schwerlich bejahen lässt. Sollte es nach Maßgabe neuerer Rechtsgrundsätze des BFH darauf ankommen, wäre hierauf in einem etwaigen zweiten Rechtsgang im Einzelnen einzugehen.
45 
e) Wie der Streitfall auf der Grundlage des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG in der Fassung des JStG 2008 zu beurteilen wäre, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, weil die Normergänzung erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 gilt und nicht zurückwirkt (vgl. dazu das BFH-Urteil vom 12. April 2017 I R 36/15, juris; zur Neufassung vgl. auch das rechtskräftige Urteil des FG Münster in EFG 2016, 1810 sowie die Entscheidungen des FG Hamburg in EFG 2017, 763 und des FG Berlin-Brandenburg in EFG 2017, 1692, gegen die beim BFH unter den Aktenzeichen I R 19/17 und I B 102/17 ein Revisions- und ein Beschwerdeverfahren anhängig sind).
46 
f) Angesichts der aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH abgeleiteten Klagestattgabe gleichfalls nicht mehr entscheidungserheblich sind Fragen zur Vereinbarkeit des § 1 AStG 2003 mit dem Unionsrecht (vgl. zur Vereinbarkeit des § 1 AStG 2003 mit der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 in Verbindung mit Art. 54 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -, zuvor: Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EGV - das Vorabentscheidungsersuchen des FG Rheinland-Pfalz vom 28. Juni 2016 1 K 1472/13, IStR 2016, 676; Az. des EuGH: C-382/16; vgl. auch den diesbezüglichen Aussetzungsbeschluss des BFH vom 5. April 2017 im Revisionsverfahren I R 14/16 gegen das Urteil des Sächsischen FG vom 26. Januar 2016 3 K 653/11, EFG 2016, 1328 mit Anm. Stalbold).
47 
2. Die Entscheidung, die Berechnung der für die Streitjahre festzusetzenden Körperschaftsteuern und Gewerbesteuermessbeträge auf das Finanzamt zu übertragen, beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), der Zuziehungsbeschluss auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Kostentragung des in vollem Umfang unterlegenen Finanzamts folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709, 711 der Zivilprozessordnung.
48 
3. Die Revision ist auch hier wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (vgl. das Senatsurteil zum DBA-Schweiz vom 12. Januar 2017 3 K 2647/15, gegen welches die Finanzverwaltung das beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 5/17 anhängige Revisionsverfahren führt; vgl. ferner die oben unter 1 b cc zitierten BFH-Verfahren I R 73/16 zum DBA-Belgien, I R 51/17 zum DBA-China, I R 54/17 zum alten DBA-Großbritannien und I B 57/17 zum DBA-Polen). Mit der „grenzüberschreitenden“ Bürgschaft beinhaltet der vorliegende Streitfall darüber hinaus einen zusätzlichen Aspekt, den das Finanzamt mit der Revision nunmehr einer höchstrichterlichen Prüfung und Klärung zuführen kann.

Gründe

 
20 
Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide vom 25. Oktober 2010 sowie die Einspruchsentscheidung vom 9. Oktober 2013 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.
21 
1. Für die vom Finanzamt vorgenommenen außerbilanziellen Hinzurechnungen bzw. Korrekturen der ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlagen in Höhe von 222.000 EUR im Streitjahr 2003 und insgesamt 1.271.272 EUR im Streitjahr 2004 fehlt es nach der für die Streitjahre maßgeblichen Gesetzeslage an einer Rechtsgrundlage. Eine solche ergibt sich weder aus § 8b Abs. 3 KStG 2003 (a) noch aus § 1 AStG 2003 (b); auch eine verdeckte Einlage der Klägerin kann der Senat hinsichtlich der zwischen den Beteiligten streitigen Beträge nicht feststellen (c). Da auch für den vom Finanzamt angenommenen Fall der zu verneinenden Fremdüblichkeit im Streitfall keine Rechtsgrundlage für die vom Finanzamt gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen gegeben ist, muss auf die Frage der Fremdüblichkeit von Darlehen und Bürgschaft im konkreten Einzelfall ebenso wie zum Beispiel auf Fragen des Unionsrechts nicht mehr eingegangen werden (d, e, f).
22 
a) Nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG sind Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in Absatz 2 genannten Anteil entstehen, bei der Gewinnermittlung (KStG 2003) bzw. bei der Ermittlung des Einkommens (KStG-Fassung seit dem 1. Januar 2004 gemäß dem Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz - StVergAbGProtUmsG - vom 22. Dezember 2003, BGBl I S. 2840) nicht zu berücksichtigen. Teilwertabschreibungen auf sog. eigenkapitalersetzende Darlehen sind in diesem Zusammenhang jedoch keine bei der Gewinn- bzw. Einkommensermittlung nicht zu berücksichtigenden Gewinnminderungen im Sinne von § 8b Abs. 3 KStG in der Fassung bis zur Änderung durch das JStG 2008 (vgl. den Leitsatz zu dem in BStBl II 2009, 674 veröffentlichten BFH-Urteil vom 14. Januar 2009 I R 52/08). Für Bürgschaften des Anteilseigners zugunsten der darlehensgewährenden Bank gilt insoweit nichts anderes. Die Darlehen wie auch Bürgschaften erfassenden Änderungen des § 8b Abs. 3 KStG durch das JStG 2008 sind zeitlich im Streitfall noch nicht anwendbar. Die diesbezüglichen Normergänzungen in den Sätzen 4 ff. des § 8b Abs. 3 KStG hatten keine deklaratorische, sondern konstitutive Wirkung. Der Rechtsprechung, dass es sich hierbei nicht lediglich um eine redaktionelle Klarstellung handelte (vgl. dazu im Einzelnen BFH in BStBl II 2009, 674; vgl. auch die BFH-Urteile in BStBl II 2016, 258, BStBl II 2016, 261 und vom 12. April 2017 I R 36/15, juris), hat sich der Senat im Urteil vom 12. Januar 2017 3 K 2647/15 (EFG 2017, 635 mit Anm. Graw S. 638) bereits angeschlossen. Die Revision ist beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 5/17 anhängig.
23 
b) § 1 Abs. 1 AStG 2003 vermag die außerbilanziellen Hinzurechnungen des Finanzamts unter den konkreten Einzelfallumständen nach Maßgabe der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH, die von der Finanzverwaltung gemäß dem in BStBl I 2016, 455 veröffentlichten BMF-Schreiben vom 30. März 2016 erneut abgelehnt wird, ebenfalls nicht zu begründen.
24 
aa) Nach § 1 Abs. 1 AStG 2003 gilt Folgendes: Werden Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus Geschäftsbeziehungen mit einer ihm nahestehenden Person dadurch gemindert, dass er im Rahmen solcher Geschäftsbeziehungen zum Ausland Bedingungen vereinbart, die von denen abweichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten, so sind seine Einkünfte unbeschadet anderer Vorschriften so anzusetzen, wie sie unter den zwischen unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären (Satz 1). Dem Steuerpflichtigen steht eine Person nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG 2003 u.a. dann nahe, wenn die Person an dem Steuerpflichtigen mindestens zu einem Viertel unmittelbar oder mittelbar beteiligt (wesentlich beteiligt) ist oder auf den Steuerpflichtigen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder umgekehrt der Steuerpflichtige an der Person wesentlich beteiligt ist oder auf diese Person unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Eine Geschäftsbeziehung im Sinne der Absätze 1 und 2 ist nach § 1 Abs. 4 AStG 2003 jede den Einkünften zugrunde liegende schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist und entweder beim Steuerpflichtigen oder bei der nahestehenden Person Teil einer Tätigkeit ist, auf die die §§ 13, 15, 18 oder § 21 EStG anzuwenden sind oder im Fall eines ausländischen Nahestehenden anzuwenden wären, wenn die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde (insoweit abweichend von der vorherigen Fassung, vgl. dazu bezogen auf Gesellschafterdarlehen das BFH-Urteil vom 23. Juni 2010 I R 37/09, BStBl II 2010, 895 mit weiteren Nachweisen).
25 
bb) Der BFH hat mehrere die Auslegung des § 1 Abs. 1 AStG 2003 und seiner korrekturauslösenden Tatbestandsvoraussetzungen betreffende Fragen bisher offengelassen (vgl. die knapp gehaltenen Ausführungen in BStBl II 2016, 261 zu den Tatbestandsmerkmalen „Bedingungen“ und „dadurch“ sowie zur Frage der gleichmäßigen Besteuerung in verfassungs- und unionsrechtlicher Hinsicht; vgl. auch BFH in BStBl II 2016, 258 unter II 3 b). Im Hinblick auf das Merkmal „unbeschadet anderer Vorschriften“ hat der BFH entschieden, dass nichts dafür ersichtlich sei, dass § 1 Abs. 1 AStG 2003 abkommensüberschreibend als sog. Treaty override ausgestaltet wäre (so ausdrücklich BFH in BStBl II 2016, 258 unter II 3 c).
26 
Den Klagen, die sich gegen auf § 1 Abs. 1 AStG 2003 gestützte Korrekturen richteten, ist der BFH „jedenfalls im Ausgangspunkt“ aus einem anderen Grunde gefolgt. Er hat entschieden, selbst wenn alle Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AStG 2003 erfüllt wären, müsste eine Einkünftekorrektur wegen einer fehlenden Darlehensbesicherung ausscheiden, weil sie sich nicht mit der Abkommenslage nach Maßgabe des Fremdvergleichsmaßstabs gemäß Art. 9 Abs. 1 des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens vertrüge (so im Verfahren I R 23/13 mit Art. 9 Abs. 1 DBA-USA 1989, im Verfahren I R 29/14 mit Art. IV DBA-Großbritannien 1964; vgl. auch den Beschluss vom 24. März 2015 im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren I B 103/13, BFH/NV 2015, 1009, zu Art. 9 DBA-Russland 1996). Die Art. 9 Abs. 1 OECD-MA entsprechenden Bestimmungen der einschlägigen Abkommen enthielten mit § 1 Abs. 1 AStG 2003 inhaltlich vergleichbare Gewinnkorrekturvorschriften für untereinander verbundene Unternehmen („dealing at arm's length“). Wenn ein Unternehmen eines Vertragsstaats unmittelbar oder mittelbar an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital eines Unternehmens des anderen Vertragsstaats beteiligt ist oder dieselben Personen unmittelbar oder mittelbar an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital eines Unternehmens eines Vertragsstaats und eines Unternehmens des anderen Vertragsstaats beteiligt sind und in diesen Fällen die beiden Unternehmen in ihren kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen an vereinbarte oder auferlegte Bedingungen gebunden sind, die von denen abweichen, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden, so dürfen die Gewinne, die eines der Unternehmen ohne diese Bedingungen erzielt hätte, wegen dieser Bedingungen aber nicht erzielt hat, den Gewinnen dieses Unternehmens zugerechnet und entsprechend besteuert werden. Mit dieser Regelung des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA stimmt auch der für die vorliegende Fallkonstellation maßgebliche Art. 9 Abs. 1 DBA-Österreich 2000 überein.
27 
Die den Fremdvergleichsmaßstab konstitutiv bestimmende abkommensrechtliche Vorschrift erfordert eine innerstaatliche Rechtsgrundlage, die ihrerseits die Gewinnkorrektur nach Maßgabe des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA entsprechenden Artikels des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens ermöglicht; die Vorschrift des Abkommens dient der Gewinnabgrenzung, nicht aber der (unmittelbaren) Gewinnkorrektur (keine sog. „self-executing-Wirkung“; vom BFH so formuliert in BStBl II 2016, 261). Sie legt also nur den „Rahmen“ und die abkommensrechtlichen Bedingungen für die vorzunehmenden Gewinnkorrekturen fest. Zugleich kommt der Vorschrift allerdings als Ausprägung der sog. Schrankenwirkung des Abkommens nach der Rechtsprechung des BFH begrenzende Wirkung zu: Auch wenn sie Korrekturmöglichkeiten des Anwenderstaats nicht schafft, so „sperrt“ sie für ihren Anwendungsbereich doch weiter gehende, innerstaatlich zulässige Korrekturmöglichkeiten jenes Staats. Nur so - durch einen einheitlichen und verbindlichen Beurteilungsmaßstab für beide Vertragsstaaten - lässt sich erreichen, dass die beanstandeten Preise und Preisbestandteile in den einzelnen Staaten nicht doppelt erfasst werden (vgl. BFH in BStBl II 2016, 261).
28 
Nach der inzwischen gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH entfaltet der abkommensrechtliche Grundsatz des „dealing at arm's length“ bei verbundenen Unternehmen eine Sperrwirkung (vgl. die BFH-Urteile vom 11. Oktober 2012 I R 75/11, BStBl II 2013, 1046, in BStBl II 2016, 258 und BStBl II 2016, 261). Tragende Erwägung des BFH ist es, dass in den maßgeblichen Vergleichsmaßstab des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA nur diejenigen (Sachverhalts-)Umstände einbezogen sind, welche sich auf die besagten „wirtschaftlichen oder finanziellen Bedingungen“ auswirken, also die Angemessenheit (Höhe) des Vereinbarten berühren; eine Gewinnkorrektur, die sich nicht nur auf die Angemessenheit (Höhe) des Vereinbarten erstreckt, sondern - in einem zweistufigen Vorgehen - gleichermaßen auf dessen „Grund“ (Üblichkeit der Konditionen, Ernsthaftigkeit), ist den Vergleichsmaßstäben des „dealing at arm's length“ als Gegenstand der Angemessenheitsprüfung fremd.
29 
Auch im Hinblick auf § 1 Abs. 1 AStG 2003 kann danach eine Einkommenskorrektur im Ergebnis nur dann in Betracht kommen, wenn der vereinbarte Preis seiner Höhe, also seiner Angemessenheit nach dem Fremdvergleichsmaßstab nicht standhält. Zwar ist unter dem Ausdruck der „vereinbarten Bedingungen“ in Art. 9 Abs. 1 OECD-MA grundsätzlich alles zu subsumieren, was Gegenstand der kaufmännischen und finanziellen Beziehungen und damit Gegenstand des schuldrechtlichen Leistungsaustauschs zwischen den verbundenen Unternehmen ist, so dass neben dem Preis sämtliche weiteren Geschäftsbedingungen einbezogen sind. Es bleibt indessen dabei, dass sich die Vereinbarungskonditionen vor dem Grundsatz des in Art. 9 Abs. 1 OECD-MA angelegten Prüfmaßstabs nur insofern auswirken, als deren „Qualität“ die Zinshöhe im Fremdvergleich „nach oben“ oder „nach unten“ beeinflusst; die Konditionen bilden insoweit stets (nur) die Grundlage für die Überprüfung der Verrechnungspreise (vgl. zum Ganzen die BFH-Urteile in BStBl II 2016, 258 und BStBl II 2016, 261 mit weiteren Nachweisen, siehe dort auch die weiteren Ausführungen zum sog. Konzernrückhalt).
30 
Der BFH-Rechtsprechung zur Sperrwirkung hat sich der Senat mit Blick auf Art. 9 Abs. 1 DBA-Schweiz in seinem Urteil vom 12. Januar 2017 3 K 2647/15 (EFG 2017, 635) angeschlossen (Az. BFH I R 5/17). Aus ihr folgt im Ergebnis bzw. jedenfalls als Zwischenergebnis (vgl. unten c zur verdeckten Einlage), dass eine über § 1 Abs. 1 AStG 2003 ermöglichte Einkommenskorrektur sich nur auf jene Beträge beziehen kann, welche durch einen nicht fremdvergleichsgerechten, zu niedrigen Preis bzw. bei Darlehen zu niedrigen Zins bewirkt werden, und dass im Umfang von Teilwertabschreibungen eine Korrektur ausscheiden muss (vgl. BFH in BStBl II 2016, 261 unter II 2 c). Der in § 1 AStG 2003 in nationales Recht umgesetzte abkommensrechtliche Grundsatz des „dealing at arm's length“ ermöglicht demgegenüber nicht die Korrektur einer Abschreibung, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auf den Teilwert der Forderung auf Rückzahlung der Darlehensvaluta und auf Zinsrückstände vorzunehmen ist (vgl. BFH in BStBl II 2016, 258).
31 
Soweit die Klage gegen die Hinzurechnungsbeträge von 222.000 EUR (2003) und 90.972 EUR (2004) gerichtet ist, liegt der Sachverhalt des vorliegenden Streitfalls parallel zu den vom BFH in BStBl II 2016, 258 und 261 entschiedenen Fällen. Nach Maßgabe dieser Entscheidungen ist die Klage insoweit in rechtlicher Hinsicht in vollem Umfang begründet. In tatsächlicher Hinsicht steht zudem zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2, Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG (hier in Verbindung mit § 8 Abs. 1 KStG 2003 und § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes) erfüllt waren und die zum Jahresende 2003 und 2004 vorgenommenen Teilwertabschreibungen der Höhe nach nicht zu beanstanden sind.
32 
cc) Dass der Senat der im Widerspruch zur BFH-Rechtsprechung stehenden Auffassung der Finanzverwaltung gemäß dem in BStBl I 2016, 455 veröffentlichten BMF-Schreiben nicht folgt, wurde im Urteil vom 12. Januar 2017 3 K 2647/15 (EFG 2017, 635; Rev. anhängig unter Az. I R 5/17) ebenfalls bereits begründet. Der Senat geht mangels neuerer Erkenntnisse nach wie vor davon aus, dass der I. Senat des BFH auch in seiner heutigen Besetzung an seiner bisherigen Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. BFH-Urteil vom 12. April 2017 I R 36/15, juris, unter II 2 b aa).
33 
Dem steht insbesondere nicht der Beschluss des Zweiten Senats des BVerfG vom 15. Dezember 2015 2 BvL 1/12 (BVerfGE 141, 1) entgegen, wonach eine einfachrechtliche Gesetzesvorschrift des nationalen Steuerrechts, welche die abkommensrechtliche Regelung eines Doppelbesteuerungsabkommens überschreibt (sog. Treaty override), nicht als verfassungswidrig anzusehen ist. Zwar war der BFH in seinem Vorlagebeschluss vom 10. Januar 2012 I R 66/09 (BFH/NV 2012, 1056), den er durch einen weiteren Beschluss vom 10. Juni 2015 I R 66/09 (BFH/NV 2015, 1250) ergänzte, noch von der Verfassungswidrigkeit des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG 2002 in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2003) vom 15. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2645) wegen eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1 GG) überzeugt. Nachdem das BVerfG die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift ungeachtet des damit einhergehenden Völkerrechtsverstoßes bejaht hatte, ist der BFH dieser Entscheidung des BVerfG im nachfolgenden Beschluss vom 29. Juni 2016 I R 66/09 (BFH/NV 2016, 1688) gefolgt. Das ändert indes nichts daran, dass nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH schon nicht ersichtlich ist, dass es sich bei § 1 AStG überhaupt um eine Abkommensüberschreibung im Sinne eines Treaty override handelt (vgl. BFH in BStBl II 2016, 258 unter II 3 c). Auch dieser Auffassung ist der Senat im Urteil vom 12. Januar 2017 3 K 2647/15 (EFG 2017, 635; Az. Rev. I R 5/17) gefolgt. Auch alle anderen Finanzgerichte, deren jüngere Entscheidungen zum Verhältnis von Art. 9 Abs. 1 OECD-MA und § 1 AStG im Zeitraum vor Inkrafttreten des § 8b Abs. 3 Sätze 4 ff. KStG bislang veröffentlicht worden sind, sind den Entscheidungen des BFH gefolgt (vgl. die Urteile des FG Düsseldorf vom 10. November 2015 6 K 2095/13 K, EFG 2017, 553 mit Anm. Hennigfeld S. 554, Az. Rev. I R 73/16, und vom 27. Juni 2017 6 K 896/17 K, G, EFG 2017, 1332 mit Anm. Rode S. 1333, Az. Rev. I R 54/17, des FG Köln vom 17. Mai 2017 9 K 1361/14, EFG 2017, 1738 mit Anm. Pint S. 1740, Az. Rev. I R 51/17, des FG Münster vom 18. Mai 2017 3 K 2872/14 G, F, juris, Az. NZB I B 57/17; zu der Frage der Sperrwirkung des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA im Hinblick auf den sowohl Inlandsfälle als auch grenzüberschreitende Fälle erfassenden § 8b Abs. 3 Sätze 4 ff. KStG vgl. die eine solche Sperrwirkung verneinenden Entscheidungen des FG Münster vom 17. August 2016 10 K 2301/13 K, EFG 2016, 1810 mit Anm. Vasel S. 1816, des FG Hamburg vom 9. Februar 2017 5 K 9/15, EFG 2017, 763 mit Anm. Kreth S. 768, die Rev. ist beim BFH anhängig unter Az. I R 19/17, und des FG Berlin-Brandenburg vom 29. August 2017 11 V 11184/17, EFG 2017, 1692 mit Anm. Lorenz S. 1696, die Beschwerde ist beim BFH anhängig unter Az. I B 102/17; vgl. auch Gosch, KStG, 3. Aufl. 2015, § 8b Rz. 278b ff.).
34 
dd) Die den Veranlagungs- bzw. Erhebungszeitraum 2004 betreffenden Bescheide sind auch insoweit rechtswidrig, als das Finanzamt die Rückstellung für die Inanspruchnahme aus der Bürgschaftsverpflichtung gegenüber der Bank I zum Anlass für eine außerbilanzielle Gewinnkorrektur in Höhe von 1.180.300 EUR genommen hat. Auch in dieser Hinsicht stützt das Finanzamt die angefochtenen Bescheide zu Unrecht auf § 1 AStG 2003.
35 
Der Senat versteht die oben unter bb wiedergegebene neuere höchstrichterliche Rechtsprechung des BFH zu § 1 AStG 2003 und die ihr zugrundeliegenden Erwägungen dahin, dass danach auch eine Bürgschaft „dem Grunde nach“ und ein aus ihr infolge der Inanspruchnahme der Bürgin resultierender Aufwand keine Einkünftekorrektur nach § 1 AStG 2003 zu rechtfertigen vermag (vgl. zur Rechtslage vor der mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2003 in Kraft getretenen Neufassung des § 1 Abs. 4 AStG 2003 durch das StVergAbG und zur Auslegung des Begriffs „Geschäftsbeziehung“ die BFH-Urteile vom 29. November 2000, I R 85/99, BStBl II 2000, 720 und vom 27. August 2008 I R 28/07, BFH/NV 2009, 123 sowie die BMF-Schreiben vom 17. Oktober 2002, BStBl I 2002, 1025 und vom 12. Januar 2010, BStBl I 2010, 34; vgl. auch die BFH-Entscheidungen vom 29. April 2009 I R 26/08, BFH/NV 2009, 1648 und in BStBl II 2010, 895).
36 
Zu bedenken ist bei einer Bürgschaft wie jener im Streitfall zunächst, dass der eigentliche Bürgschaftsvertrag im Gegensatz zu einem unmittelbar gewährten Darlehen nicht direkt zwischen den verbundenen Unternehmen geschlossen wird, sondern zwischen der bürgenden Anteilseignerin und der darlehensgebenden Bank. Zwischen der Klägerin als Bürgin und der Hauptschuldnerin (Y-GmbH) bestand das sog. Deckungsverhältnis. Nach Aktenlage lag insoweit kein entgeltlicher Geschäftsbesorgungs- bzw. Avalvertrag vor (vgl. § 675 BGB), sondern ein bloßer (unentgeltlicher) Auftrag. Die vom Finanzamt vorgenommene außerbilanzielle Hinzurechnung von 1.180.300 EUR bezieht sich hingegen auf die Inanspruchnahme aus dem von der Klägerin mit der Bank geschlossenen Bürgschaftsvertrag. Hierfür eröffnet § 1 AStG 2003 nach Maßgabe der bisher ergangenen BFH-Rechtsprechung jedoch keine Korrekturmöglichkeit für das Finanzamt. Ob dies für den im Streitjahr 2004 konkret korrigierten Betrag mit der aus Art. 9 Abs. 1 DBA-Österreich 2000 abzuleitenden Sperrwirkung und/oder mit der insoweit a priori fehlenden Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 AStG 2003 (keine Einkünfteminderung aus der Geschäftsbeziehung mit der nahestehenden Person) zu begründen ist, kann im vorliegenden Urteil letztlich offengelassen werden.
37 
ee) Infolge der insolvenzbedingten Wertlosigkeit des Rückgriffsanspruchs der Klägerin zum 31. Dezember 2004 kann dahinstehen, ob die sich aus der Rückstellungsbildung ergebende Gewinnminderung durch einen zu aktivierenden und gegebenenfalls seinerseits wertgeminderten Rückgriffsanspruch der Klägerin gegen die Y-GmbH zu reduzieren ist oder im Fall einer rechtlich und wirtschaftlich noch bestehenden Rückgriffsforderung bei der Bemessung der Rückstellung betragsmindernd zu berücksichtigen ist (vgl. BFH-Urteil vom 5. Mai 2015 X R 48/13, BFH/NV 2015, 1358 mit weiteren Nachweisen).
38 
Der Vollständigkeit halber sei bezüglich der Rückstellung für die Bürgschaftsverbindlichkeit ferner angefügt, dass sich weder bei Annahme einer Drohverlustrückstellung noch bei unmittelbarer Passivierung der Verbindlichkeit aus der Bürgschaftsinanspruchnahme am Ergebnis etwas ändern würde. Angemerkt sei lediglich noch, dass bei Annahme einer Drohverlustrückstellung das in § 5 Abs. 4a EStG geregelte steuerliche Passivierungsverbot gemäß der Rechtsprechung des BFH bei Bürgschaften nicht eingreift (vgl. die BFH-Entscheidungen vom 11. April 2003 IV B 176/02, BFH/NV 2003, 919, vom 22. August 2006 X B 30/06, BFH/NV 2006, 2253 und vom 18. April 2012 X R 5/10, BStBl II 2013, 785; vgl. ferner auch das Urteil des FG München vom 2. März 2009 7 K 1770/06, EFG 2009, 917 sowie Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 36. Auflage 2017, § 5 Rz. 450 und Rz. 550 „Bürgschaft“). Mangels Ergebnisrelevanz wird von weiteren Ausführungen zur handels- und steuerbilanziellen Behandlung abgesehen.
39 
c) Anhaltspunkte dafür, dass die von der Klägerin geschlossenen, hier relevanten Verträge (Darlehensverträge, Bürgschaftsvertrag) beispielsweise wegen Vorliegen eines Scheingeschäfts nach § 41 Abs. 2 AO steuerlich anders zu qualifizieren sein könnten, sind nicht ersichtlich. Dass die Darlehen wie auch die Bürgschaft in tatsächlicher Hinsicht ernstlich gewollt waren, erachtet der Senat nach Gesamtwürdigung aller ihm vorliegenden Informationen als unzweifelhaft. Der Senat sieht auch keine feststellbaren Anhaltspunkte für eine wie auch immer zu begründende verdeckte Einlage.
40 
aa) Wird ein einzelnes Wirtschaftsgut im Wege der verdeckten Einlage übertragen, erhöhen sich gemäß § 8 Abs. 1 KStG in Verbindung mit § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG die Anschaffungskosten der Beteiligung an einer anderen Kapitalgesellschaft um den Teilwert des eingelegten Wirtschaftsguts (vgl. das BFH-Urteil vom 12. April 2017 I R 36/15, juris und zu verdeckten Einlagen allgemein Gosch, KStG, 3. Aufl. 2015, § 8 Rz. 105 ff. und Schmidt/Kulosa, EStG, 36. Auflage 2017, § 6 Rz. 741 ff. mit weiteren Nachweisen; vgl. auch § 8 Abs. 1 KStG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG und die durch das Jahressteuergesetz 2007 eingefügten Sätze 3 ff. des § 8 Abs. 3 KStG, BGBl I 2006, 2878).
41 
Verdeckte Einlage ist die Zuwendung eines bilanzierbaren Vermögensvorteils aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ohne Entgelt in Gestalt von Gesellschaftsrechten (vgl. die BFH-Urteile vom 28. April 2004 I R 20/03, BFH/NV 2005, 19, vom 27. Mai 2009 I R 53/08, BFH/NV 2010, 375 und vom 15. März 2017 I R 67/15, BFH/NV 2017, 1276; vgl. auch den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BStBl II 1998, 307). Anders ausgedrückt liegt eine verdeckte Einlage vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person der Gesellschaft einen einlagefähigen Vermögensvorteil zuwendet, ohne dass der Gesellschafter hierfür neue Gesellschaftsanteile erhält, und wenn diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat (vgl. BFH-Urteil vom 23. August 2017 VI R 4/16, juris). Letztere Voraussetzung ist gegeben, wenn ein Nichtgesellschafter der Gesellschaft den Vermögensvorteil bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht eingeräumt hätte. Als verdeckte Einlagen sind nur Wirtschaftsgüter geeignet, die das Vermögen der Kapitalgesellschaft vermehrt haben, sei es durch den Ansatz oder die Erhöhung eines Aktivpostens, sei es durch den Wegfall oder die Verminderung eines Passivpostens. Ob das Vermögen der Kapitalgesellschaft durch den Ansatz oder die Erhöhung eines Aktivpostens oder durch den Wegfall oder die Verminderung eines Passivpostens vermehrt ist, bestimmt sich nach Bilanzrecht (vgl. das BFH-Urteil vom 23. August 2017 VI R 4/16, juris, mit weiteren Nachweisen).
42 
bb) Dass eine oder mehrere für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche verdeckte Einlagen in diesem Sinne vorliegen, hat das Finanzamt lediglich behauptet, insofern aber keine feststellbaren Sachverhaltsumstände dargelegt bzw. in hinreichend nachvollziehbarer Weise ermittelt. Für den Senat ist nach umfassender Würdigung aller Einzelfallumstände weder ersichtlich, dass die von der Klägerin an die Y-GmbH gewährten Darlehen von Beginn an oder zumindest nachträglich als verdeckte Einlagen zu qualifizieren wären, noch ist erkennbar, worin das Finanzamt den Einlagegegenstand und die Einlagehandlung der Klägerin im Hinblick auf die Bürgschaft auszumachen zu können glaubt.
43 
cc) Das Finanzamt hat sich auch nicht mit den BFH-Urteilen auseinandergesetzt, die zur Frage verdeckter Einlagen bei Bürgschaften ergangen sind. Im Urteil vom 4. März 2008 IX R 78/06 (BStBl II 2008, 575) hat der BFH entschieden, Gegenstand einer verdeckten Einlage könne nur eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Zuwendung eines bilanzierungsfähigen Vermögensvorteils sein, die nicht den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entspreche. Weder durch die Übernahme der Bürgschaft noch durch die Leistung des Bürgen an den Gläubiger werde das bilanzierungsfähige Vermögen der Gesellschaft vermehrt (Hinweis auf BFH-Urteil vom 12. Dezember 2000 VIII R 36/97, BFH/NV 2001, 761). Auch der Ausfall der Regressforderung aus einer eigenkapitalersetzenden Bürgschaft führt danach nicht zu einer verdeckten Einlage (vgl. BFH-Urteile vom 18. Dezember 2001 VIII R 27/00, BStBl II 2002, 733 und vom 31. Mai 2005 X R 36/02, BStBl II 2005, 707; zum Anwendungsbereich des § 17 EStG vgl. ferner BFH-Urteil vom 24. Januar 2012 IX R 34/10, DStR 2012, 854).
44 
d) Etwaige tatsächliche Fragen, ob und inwieweit das Verhältnis zwischen Klägerin und Y-GmbH in den Streitjahren 2003 und 2004 in fremdüblicher Weise oder aber in nicht fremdüblicher Weise ausgestaltet war, bedürfen aus den vorstehend genannten Rechtsgründen für die Zwecke der vorliegenden Entscheidung keiner näheren Überprüfung mehr. Das gilt insbesondere für die Bürgschaftserklärung, bei welcher nach Aktenlage jedenfalls auf den ersten Blick der Auffassung des Finanzamts insofern zu folgen ist, als die besseren Gründe dafür sprechen dürften, dass sich eine fremdübliche Bürgschaft schwerlich bejahen lässt. Sollte es nach Maßgabe neuerer Rechtsgrundsätze des BFH darauf ankommen, wäre hierauf in einem etwaigen zweiten Rechtsgang im Einzelnen einzugehen.
45 
e) Wie der Streitfall auf der Grundlage des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG in der Fassung des JStG 2008 zu beurteilen wäre, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, weil die Normergänzung erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 gilt und nicht zurückwirkt (vgl. dazu das BFH-Urteil vom 12. April 2017 I R 36/15, juris; zur Neufassung vgl. auch das rechtskräftige Urteil des FG Münster in EFG 2016, 1810 sowie die Entscheidungen des FG Hamburg in EFG 2017, 763 und des FG Berlin-Brandenburg in EFG 2017, 1692, gegen die beim BFH unter den Aktenzeichen I R 19/17 und I B 102/17 ein Revisions- und ein Beschwerdeverfahren anhängig sind).
46 
f) Angesichts der aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH abgeleiteten Klagestattgabe gleichfalls nicht mehr entscheidungserheblich sind Fragen zur Vereinbarkeit des § 1 AStG 2003 mit dem Unionsrecht (vgl. zur Vereinbarkeit des § 1 AStG 2003 mit der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 in Verbindung mit Art. 54 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -, zuvor: Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EGV - das Vorabentscheidungsersuchen des FG Rheinland-Pfalz vom 28. Juni 2016 1 K 1472/13, IStR 2016, 676; Az. des EuGH: C-382/16; vgl. auch den diesbezüglichen Aussetzungsbeschluss des BFH vom 5. April 2017 im Revisionsverfahren I R 14/16 gegen das Urteil des Sächsischen FG vom 26. Januar 2016 3 K 653/11, EFG 2016, 1328 mit Anm. Stalbold).
47 
2. Die Entscheidung, die Berechnung der für die Streitjahre festzusetzenden Körperschaftsteuern und Gewerbesteuermessbeträge auf das Finanzamt zu übertragen, beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), der Zuziehungsbeschluss auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Kostentragung des in vollem Umfang unterlegenen Finanzamts folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709, 711 der Zivilprozessordnung.
48 
3. Die Revision ist auch hier wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (vgl. das Senatsurteil zum DBA-Schweiz vom 12. Januar 2017 3 K 2647/15, gegen welches die Finanzverwaltung das beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 5/17 anhängige Revisionsverfahren führt; vgl. ferner die oben unter 1 b cc zitierten BFH-Verfahren I R 73/16 zum DBA-Belgien, I R 51/17 zum DBA-China, I R 54/17 zum alten DBA-Großbritannien und I B 57/17 zum DBA-Polen). Mit der „grenzüberschreitenden“ Bürgschaft beinhaltet der vorliegende Streitfall darüber hinaus einen zusätzlichen Aspekt, den das Finanzamt mit der Revision nunmehr einer höchstrichterlichen Prüfung und Klärung zuführen kann.

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