Urteil vom Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt (2. Senat) - 2 K 395/09
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
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Streitig ist die Höhe der Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb. Dabei gibt es im Wesentlichen vier Streitpunkte: (1.) den Zufluss von Vermietungsentgelten der ... Baugesellschaft R. GmbH (C.), (2.) die Bewertung von Forderungsverzichten des Klägers gegenüber der C., (3.) die Berücksichtigung eines „verlorenen Zuschusses“ des Klägers an die C. sowie (4.) die Teilwertabschreibung der C.-Beteiligung des Klägers.
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Der Kläger betrieb in den Streitjahren bis zum 13. Oktober 2000 ein Einzelunternehmen für den Einbau genormter Baufertigteile. Für die Jahre 1998 und 1999 hat der Kläger seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG), für das Jahr 2000 nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt. Der Kläger war des Weiteren Alleingesellschafter der am 06. März 1996 gegründeten C. Deren alleiniger Geschäftsführer war bis zum 01. Februar 1999 der Vater des Klägers, D. B. In der Zeit vom 02. Februar 1999 bis zum 07. Mai 2002 waren der Kläger und sein Vater jeweils einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer. Mit schriftlichem Mietvertrag vom 01. Juni 1998 vermietete der Kläger der C., als deren Vertreter er den Vertrag unterzeichnete, Büroräume und Lager- bzw. Freiflächen in R. rückwirkend zum 01. September 1996 für einen monatlichen Mietzins von netto 2.795,24 DM zuzüglich 16 % Umsatzsteuer i.H.v. 447,24 DM. Die Beteiligten gehen deshalb unstreitig von einer Betriebsaufspaltung zwischen dem Einzelunternehmen des Klägers als Besitzunternehmen und der C. als Betriebsgesellschaft aus. Wegen der Einzelheiten wird auf den in den Akten befindlichen Mietvertrag Bezug genommen.
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Bei einer Betriebsprüfung in der Zeit vom 20. Januar 2003 bis zum 22. Juli 2003 stellte der Beklagte (das Finanzamt - FA - ) fest, dass der in den Streitjahren bei der C. verbuchte Mietaufwand höher war als die durch den Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre erklärten Vermietungsentgelte. Der Kläger gab hierzu im Rahmen der Betriebsprüfung an, im Februar 1999 mit der C. mündlich vereinbart zu haben, dass die monatlich fälligen Mietzinsen in Darlehen umgewandelt werden sollten, sofern die C. aus betrieblichen Gründen nicht fristgerecht zahlen könne.
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Des Weiteren stellte die Betriebsprüfung fest, dass der Kläger als Alleingesellschafter der C. jeweils zur Stärkung des Eigenkapitals der C. mit Einlagenbeschluss vom 08. Februar 2001 rückwirkend zum 31. Dezember 1999 auf Darlehensforderungen i.H.v. insgesamt 55.035,52 DM und mit Einlagenbeschluss vom 31. August 2001 rückwirkend zum 31. Dezember 2000 auf sein Geschäftsführergehalt für Juni bis November 2000 i.H.v. 20.825,16 DM und auf das Nutzungsentgelt eines Pkw Chrysler für Dezember 1999 bis Dezember 2000 i.H.v. 15.600 DM verzichtet hatte; des Weiteren hatte der Kläger am 31. August 2001 beschlossen, bei der C. einen dort als „verlorenen Zuschuss“ bezeichneten Betrag i.H.v. 90.000 DM, den er bis zum 31. Dezember 2002 zahlen sollte, als sonstigen Ertrag im Jahr 2000 einzubuchen; im Jahr 2000 nahm der Kläger wegen dauernder Wertminderung eine Teilwertabschreibung seiner C.-Beteiligung ausgehend vom Buchwert i.H.v. 50.000 DM auf 1 DM vor.
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Die Betriebsprüfung hatte die Vermietung an die C. im Rahmen der Betriebsaufspaltung als „gewerbliche Verpachtung“ des Klägers behandelt und für die Streitjahre eine Gewinn-ermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erstellt. Danach ergab sich für das Jahr 1998 ein Gewinn i.H.v. 11.462,30 DM, für das Jahr 1999 ein Gewinn i.H.v. 1.861,04 DM und für das Jahr 2000 ein Verlust i.H.v. ./. 27.881,78 DM. Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 05. September 2003 - insbesondere auf dessen Anlage 3 - Bezug genommen.
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Das FA erließ aufgrund der Prüfungsfeststellungen am 18. September 2003 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1998 und 1999 sowie einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 und setzte für das Jahr 1998 eine Einkommensteuer i.H.v. 1.584,49 €, für das Jahr 1999 i.H.v. 13.064,02 € und für das Jahr 2000 i.H.v. 10.949,32 € fest.
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Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Einsprüche vom 08. Oktober 2003 hat der Kläger die Auffassung vertreten, das Mietverhältnis zwischen seinem Einzelunternehmen und der C. sei wegen der unregelmäßigen und nicht vertragsgemäßen Mietzinszahlungen steuerrechtlich nicht anzuerkennen; sämtliche Zahlungen seien verdeckte Gewinnausschüttungen. Die mündliche Vereinbarung von Februar 1999 zur Umwandlung von Mietzins- in Darlehensforderungen sei ebenfalls unwirksam, da Verträge zwischen nahe stehenden Personen schriftlich abzuschließen seien und die C. zu dieser Zeit bereits überschuldet gewesen sei; mithin habe kein Zufluss der Mietzinsen stattgefunden. Der Verzicht auf die Darlehensforderungen gegenüber der C. im Jahr 1999 und der „verlorene Zuschuss“ für die C. im Jahr 2000 seien beim Kläger als Aufwand zu berücksichtigen. Der C.-Anteil sei im Jahr 2000 auf 1 DM abzuschreiben. Das FA wies die Einsprüche mit Einspruchsbescheid vom 27. Februar 2009 als unbegründet zurück.
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Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage trägt der Kläger (nur noch) zu dem Streitpunkt vor, ob und ggf. in welcher Höhe er durch Zahlungen der C. Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat. Er vertritt hierzu die Auffassung, der Mietvertrag vom 01. Juni 1998 sei unwirksam, da er nicht befugt gewesen sei, den Vertrag im Namen der C. abzuschließen. Sein Vater, der damalige alleinige Geschäftsführer der C., sei am Vertragsabschluss nicht beteiligt gewesen und habe dem Vertragsabschluss auch nicht (nachträglich) zugestimmt. Zudem seien an die steuerrechtliche Anerkennung des Vertrages zwischen der GmbH und dem Kläger als beherrschendem Gesellschafter strenge Maßstäbe entsprechend der Grundsätze zu Verträgen zwischen Angehörigen (Fremdvergleich) zu stellen. Danach komme es entscheidend darauf an, ob die Vertragsparteien ihre Hauptpflichten klar und eindeutig vereinbart und wie vereinbart durchgeführt haben. Der Mietvertrag sei jedoch nicht wie vereinbart durchgeführt worden. Dies lasse auf eine fehlende Ernstlichkeit der Vereinbarung schließen. Ein fiktiver Zufluss der Mietzinsen könne nicht angenommen werden, da die flüssigen Mittel der C. aus Kassen- und Bankbeständen zu den Bilanzstichtagen am 31. Dezember 1998, 31. Dezember 1999 und 31. Dezember 2000 die ausstehenden Sozialversicherungsbeiträge und Steuern, nicht aber die ausstehenden Mietzinsen gedeckt hätten; die C. daher zahlungsunfähig gewesen sei.
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Der Kläger beantragt, für 1998 und 1999, die Einkommensteuerbescheide 1998 und 1999 vom 18. September 2003 und den hierzu ergangenen Einspruchsbescheid vom 27. Februar 2009 aufzuheben; für 2000, den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 18. September 2003 und den Einspruchsbescheid vom 27. Februar 2009 aufzuheben und zusätzlich eine zusätzliche Teilwertabschreibung in Höhe von weiteren 90.000 DM zu berücksichtigen.
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Wegen der weiteren Anträge und Rügen des Klägers wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 20. März 2013 Bezug genommen.
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Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Das FA ist der Auffassung, der Mietvertrag sei steuerrechtlich anzuerkennen. Der Geschäftsführer der C., der Vater des Klägers, habe dem Abschluss und der Durchführung des Mietvertrages zu keinem Zeitpunkt widersprochen. Die Mietzinsen seien dem Kläger nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Zuflussfiktion von Leistungen bei beherrschenden Gesellschaftern nicht erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung, sondern bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderungen zugeflossen. Eine Zahlungsunfähigkeit der C. habe nicht vorgelegen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Das FA hat zutreffend bei der Festsetzung der Einkommensteuer dem Kläger zugeflossene Mietzinszahlungen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb berücksichtigt. Soweit das FA bei der Gewinnermittlung für die Streitjahre 1999 und 2000 aufgrund der Forderungsverzichte des Klägers gegenüber der C. einen außerordentlichen Aufwand berücksichtigt hat und daneben bei der Gewinnermittlung für das Streitjahr 2000 eine Teilwertabschreibung des durch nachträgliche Anschaffungskosten aufgestockten Buchwerts der Beteiligung des Klägers an der C. vorgenommen hat, wird der Kläger hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt.
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Der Senat war nicht gehindert, in der Sache zu verhandeln und zu entscheiden, obwohl der frühere Prozessbevollmächtigte des Klägers - Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsbeistand H. - mit Schriftsätzen vom 22. Februar 2013 und 04. März 2013 die Verlegung des Termins beantragt hatte. Der Senat war nicht verpflichtet, den für den 20. März 2013 anberaumten Verhandlungstermin gemäß § 155 der Finanzgerichts-ordnung (FGO) i.V.m. § 227 der Zivilprozessordnung (ZPO) aufzuheben oder zu verlegen. Ein erheblicher Grund kann vorliegen, wenn der Prozessbevollmächtigte des Klägers einen anderen, insbesondere einen früher anberaumten Gerichtstermin wahrzunehmen hat (BFH-Beschluss vom 18. April 2011 VIII B 140/10, BFH/NV 2011, 1183). Der frühere Prozessbevollmächtigte des Klägers hat einen solchen erheblichen Grund jedoch nicht glaubhaft dargelegt. Zur Glaubhaftmachung hat der frühere Prozessbevollmächtigte eine Ladung der 11. Zivilkammer des Landgerichts M. vom 15. Februar 2013 zu einer Güteverhandlung am 20. März 2013 um 09.30 Uhr vorgelegt. Die Ladung war jedoch nicht an den früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers, sondern an die H. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in K. (H.) gerichtet. Der frühere Prozessbevollmächtigte ist zwar Geschäftsführer der H. Er ist jedoch als ein nach § 209 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) in die Rechtsanwaltskammer aufgenommener Rechtsbeistand in einem Anwaltsprozess (§ 78 ZPO) nicht postulationsfähig (vgl. BGH-Beschluss vom 18. September 2003 V ZB 9/03, NJW 2003, 3765, m.w.N.), konnte daher für die H. nicht vor dem Landgericht M. auftreten und war folglich nicht gehindert, den Termin vor dem Finanzgericht wahrzunehmen.
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Mit Schriftsatz vom 15. März 2013 zeigte die H. an, nunmehr den Kläger zu vertreten. Einen Terminverlegungsantrag stellte die H. nicht. Soweit der als (Mit-) Geschäftsführer für die H. zum Termin erschienene Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsbeistand Horn in der mündlichen Verhandlung die Ablehnung seiner, als ehemaliger Prozessbevollmächtigter gestellten Terminverlegungsanträge rügt, sieht das Gericht keine Veranlassung seine Entscheidungen zu den gestellten Anträgen zu ändern und nimmt insoweit Bezug auf die Begründungen der ablehnenden Entscheidungen.
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1. Der Kläger hat in den Streitjahren durch die Vermietung von Büroräumen und Lager- bzw. Freiflächen in R. an die C. Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG erzielt; im Jahr 1998 i.H.v. 21.361,80 DM und in den Jahren 1999 und 2000 jeweils i.H.v. 33.542,88 DM.
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Bei beherrschenden Gesellschaftern ist der Zufluss eines Vermögensvorteils nicht erst im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto des Gesellschafters, sondern bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung anzunehmen; denn ein beherrschender Gesellschafter - wie im Streitfall der Kläger - hat es regelmäßig in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen (BFH-Urteile vom 05. Oktober 2004 VIII R 9/03, BFH/NV 2005, 526, und vom 08. Mai 2007 VIII R 13/06, BFH/NV 2007, 2249). Diese Zuflussregel gilt jedenfalls dann, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist, wenn er sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft richtet (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008, VIII R 36/04, BStBl II 2009, 190), und wenn er sich bei der Ermittlung des Einkommens der Gesellschaft ausgewirkt hat (BFH-Urteil vom 03. Februar 2011 VI R 4/10, BFH/NV 2011, 904).
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Im Streitfall wäre die C. - hätte der Kläger die Auszahlung der in den Streitjahren fällig werdenden Mietzinsen gewählt - an den betreffenden Zeitpunkten zu den entsprechenden Zahlungen bereit und fähig gewesen; der Anspruch des Klägers war eindeutig, fällig, unbestritten und richtete sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft. Die Mietzinsansprüche des Klägers gegen die C. sind im Mietvertrag vom 01. Juni 1998 klar und eindeutig geregelt worden. Sollte der Kläger bei Abschluss des Vertrages im Namen der C. ohne Vertretungsmacht gehandelt haben, ist der schwebend unwirksame Vertrag aufgrund seiner tatsächlichen Durchführung genehmigt worden (§ 177 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Die Mietzinsen waren danach monatlich im Voraus, spätestens bis zum 5. Werktag zu zahlen. Das vereinbarte Entgelt war - was unter den Beteiligten nicht streitig ist - nicht unangemessen.
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Die Mietzinsansprüche richteten sich entgegen der Auffassung des Klägers gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft. Denn als Zahlungsunfähigkeit ist nur das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende dauernde Unvermögen des Schuldners anzusehen, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im Wesentlichen zu berichtigen (BFH-Urteil vom 30. Oktober 2001 VIII R 15/01, BStBl II 2002, 138). Die Zahlungsunfähigkeit ist vor dem "Zusammenbruch" des Schuldners im Regelfall zu verneinen, solange ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners noch nicht gestellt wurde (BFH-Urteile vom 05. Oktober 2004 VIII R 9/03, BFH/NV 2005, 526, und vom 08. Mai 2007 VIII R 13/06, BFH/NV 2007, 2249).
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Von dieser Regel ist auch im Streitfall auszugehen. Ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde für die C. bis heute nicht gestellt. Die GmbH war in den Streitjahren - trotz zweifellos vorliegender Finanzierungsengpässe - nicht erkennbar auf Dauer unvermögend, ihre sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im Wesentlichen zu tilgen. Die Jahresabschlüsse der C. für die Jahre 1998 bis 2000 zeigen, dass die vorhandenen Geldmittel zur erfolgreichen Betriebsführung ausreichten. Danach stiegen in den Jahren 1997 bis 2000 die Umsatzerlöse stetig von 739.701,81 DM auf 1.940.973 DM, der Materialaufwand von 185.527 DM auf 721.329,85, der Personalaufwand von 394.695,93 DM auf 984.999,41 DM und damit einhergehend der Personalbestand von 9 auf 23 Personen. Dies belegt, dass die C. in den Streitjahren Verbindlichkeiten anderer Gläubiger durchgehend erfüllen konnte. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass sie nicht auch die Mietzinsansprüche des Klägers hätte befriedigen können (zur Befriedigung von Fremdgläubigern als Indiz für die Möglichkeit zur Befriedigung von Gesellschafteransprüchen, vgl. BFH-Urteil vom 30. Oktober 2001 VIII R 15/01, BStBl II 2002, 138).
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Es mag zutreffend sein, dass der Kläger als Alleingesellschafter der C. die Auszahlung seiner Mietzinsansprüche verzögert hat, weil er die Liquidität der C. schonen wollte. Da insoweit eine klare und eindeutige Fälligkeitsabrede jedoch nicht getroffen worden ist, konnte er den Zufluss seiner Forderungen nicht dadurch vermeiden, dass er seine Interessen als Gläubiger der Mietzinsen hinter die Interessen der Gesellschaft zurücktreten ließ. Handelte er im Interesse der Gesellschaft, dann handelte er in seiner Eigenschaft als Gesellschafter; der vorübergehende Verzicht auf die Geltendmachung seiner Forderungen ist ein Fall der Gesellschafterfinanzierung (Gewährung eines zinslosen Darlehens, Einlage eines Kapitalnutzungsrechts). Diese setzt den Zufluss des der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Betrages voraus. Der Zufluss wird durch Abkürzung des Zahlungsweges bewirkt; hier durch Schuldumwandlung in Darlehensforderungen (vgl. BFH-Urteil vom 05. Oktober 2004 VIII R 93, BFH/NV 2005, 526).
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Schließlich haben sich die streitigen Vermietungsentgelte, wie es der BFH in seinem Urteil vom 6. März 2013 VI R 4/10, BFH/NV 2011, 904 fordert, bei der Ermittlung des Einkommens der C. ausgewirkt. Denn sie sind unstreitig in den Büchern der Gesellschaft als Mietaufwand erfasst worden. Dem Kläger sind daher in den Streitjahren 1999 und 2000 Mietzinszahlungen der C. i.H.v. jeweils 12 x netto 2.795,24 DM (= 33.542,88 DM) zuzüglich 12 x 16 % Mehrwertsteuer i.H.v. 447,24 DM (= 5.366,88 DM) aus der Vermietung von Büroräumen und Lager- bzw. Freiflächen in R. zugeflossen. Bei der Gewinnermittlung für das Jahr 1998 hat das FA zutreffend nur den bei der C. gebuchten Mietaufwand i.H.v. netto 21.361,80 DM angesetzt, da sich nur insoweit (auch) eine Auswirkung auf die Ermittlung des Einkommens der C. ergibt.
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Soweit der Kläger der Auffassung ist, die Zahlungen seien verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1 und 2 EStG, § 8 Abs. 3 des Körperschaftssteuergesetzes (KStG), sind deren Voraussetzungen im Streitfall nicht gegeben.
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Unter einer vGA ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (BFH-Urteil vom 09. August 2000 I R 12/99, BStBl II 2001, 140). Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist regelmäßig gegeben, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (BFH-Urteil vom 27. März 2001 I R 27/99, BStBl II 2002, 111). Ist der begünstigte Gesellschafter – wie hier – ein beherrschender, kann die Vermögensminderung auch dann ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, wenn der Leistung an den Gesellschafter oder eine diesem nahe stehende Person keine klare und von vornherein abgeschlossene Vereinbarung zugrunde liegt (BFH-Urteil vom 05. Oktober 2004 VIII R 93, BFH/NV 2005, 526). Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall keine vGA vor. Die Mietzinsansprüche des Klägers gegen die C. sind im Mietvertrag vom 01. Juni 1998 klar und eindeutig geregelt und die vereinbarte Miete war nicht unangemessen.
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2. Der Verzicht des Klägers gegenüber der C. auf seine Darlehensforderungen i.H.v. 55.035,52 DM und auf das Nutzungsentgelt für den Pkw Chrysler für Dezember 1999 bis Dezember 2000 i.H.v. 15.600 DM führt bei dem Kläger in den Streitjahren 1999 und 2000 zu keinem außerordentlichen (gewinnmindernden) Aufwand.
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Verzichtet - wie hier - ein Gesellschafter aus betrieblichen Gründen auf eine Forderung gegen „seine Gesellschaft“ gemäß § 397 BGB, kann dies zwar in Höhe des nicht werthaltigen Teils der Forderung zu einer Teilwertabschreibung der Forderung bzw. einer Betriebsausgabe des Gesellschafters führen. Der Kläger hat jedoch nicht in den Streitjahren 1999 und 2000, sondern erst im Jahr 2001 durch die „Einlagenbeschlüsse“ vom 08. Februar 2001 und 31. August 2001 auf seine Forderungen verzichtet. Daher sind dem Kläger etwaige Betriebsausgaben erst im Jahr 2001 entstanden. Im Übrigen waren dem Kläger die bei der C. als Aufwand gebuchten Nutzungsentgelte für den Pkw Chrysler nach der Zuflussfiktion bei beherrschenden Gesellschaftern bereits bei Fälligkeit zugeflossen. Ein rückwirkender, bei dem Kläger zu einem Aufwand führender Verzicht setzt daher eine (Rück-) Zahlung der dem Kläger zugeflossenen Beträge an die C. voraus.
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Das FA ist von einer 47,5 %igen Werthaltigkeit der Forderungen ausgegangen und hat die erlassenen Forderungen bei dem Kläger in entsprechender Höhe in den Jahren 1999 und 2000 als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung und i.H.v. 52,5 % als außerordentlichen Aufwand berücksichtigt. Der Senat ist auf Grund des Verböserungsverbots gehindert, den Gewinn für die Jahre 1999 und 2000 zu erhöhen und eine höhere als die in den angefochtenen Bescheiden festgesetzte Einkommensteuer festzusetzen. Daher ist der Kläger durch die in den angefochtenen Bescheiden festgesetzte Einkommensteuer für 1999 und 2000 nicht in seinen Rechten verletzt.
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3. Der Beschluss des Klägers vom 31. August 2001, bei der C. einen „verlorenen Zuschuss“ i.H.v. 90.000 DM als sonstigen Ertrag im Jahr 2000 einzubuchen, hat bei dem Kläger im Streitjahr 2000 ebenfalls zu keinem außerordentlichen Aufwand geführt. Der Kläger hat den „verlorenen Zuschuss“ im Streitjahr 2000 - unstreitig - nicht an die C. gezahlt. Der Kläger kann den „Zuschuss“ bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erst im Jahr der Zahlung als Aufwand berücksichtigen und bei einem Vermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG erst im Jahr 2001 als Verbindlichkeit passivieren.
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4. Eine Teilwertabschreibung der im Betriebsvermögen des Klägers gehaltenen C.-Beteiligung zum 31. Dezember 2000 kommt nicht in Betracht. Die GmbH-Beteiligung gehört zu den Wirtschaftsgütern des nicht abnutzbaren Anlagevermögens. Diese sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Ist der Teilwert aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger, so kann dieser angesetzt werden.
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Vorliegend ist eine dauernde Wertminderung unter die Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung i.H.v. 50.000 DM nicht erkennbar. Eine solche ergibt sich nicht bereits daraus, dass hohe Verluste im Beteiligungsunternehmen entstanden sind. Denn für den Wert der Beteiligung sind nicht nur die Ertragslage und die Ertragsaussichten, sondern auch der Vermögenswert und die funktionale Bedeutung des Beteiligungsunternehmens maßgebend. Wird die Beteiligung – wie hier – im Rahmen einer Betriebsaufspaltung vom Besitzunternehmen gehalten, hat ihre funktionale Bedeutung für die Wertbestimmung besonders Gewicht (BFH-Urteil vom 06. November 2003 IV R 10/01, BStBl II 2004, 416). Es ist demnach eine Gesamtbetrachtung der Ertragsaussichten von Besitz- und Betriebsunternehmen notwendig; sind die Ertragsaussichten dauerhaft so gering, dass der gedachte Erwerber des Besitzunternehmens für die Anteile am Betriebsunternehmen einen Preis zahlen würde, der unter dem Buchwert der Beteiligung am Betriebsunternehmen liegt, ist eine Teilwertabschreibung gerechtfertigt. Der Steuerpflichtige hat hierfür konkrete Tatsachen und Umstände darzulegen; gelingt ihm die entsprechende Nachweisführung nicht, ist eine Teilwertabschreibung zu versagen (BFH-Urteil vom 10. November 2005 IV R 13/04, BStBl II 2006, 618).
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Der Kläger hat keine entsprechenden Nachweise geführt. Der Hinweis auf die Jahresabschlüsse der C. für die Streitjahre allein ist nicht ausreichend. Der Steuerpflichtige hat mehr Umstände darzulegen, als etwaige Verluste der Kapitalgesellschaft (vgl. Kulosa in Schmidt, EStG, 31. Aufl., § 6 Rn. 283 u. 307, jeweils m.w.N.). Im Übrigen zeigen die Jahresabschlüsse - wie vorstehend ausgeführt -, dass die vorhandenen Geldmittel zur erfolgreichen Betriebsführung ausreichten. Verbindlichkeiten (anderer Gläubiger) konnten danach in den Streitjahren durchgehend erfüllt werden. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die GmbH-Anteile des Klägers zum 31. Dezember 2000 dauerhaft im Wert gemindert waren. Eine Teilwertabschreibung ist daher zu versagen.
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Das FA hat nach dem sogenannten Stuttgarter-Verfahren einen um nachträgliche Anschaffungskosten aufgestockten Buchwert von 93.443,82 DM (= 50.000 DM Anschaffungskosten + 26.141,87 DM nachträgliche Anschaffungskosten wegen Darlehensverzicht + 17.301,95 DM nachträgliche Anschaffungskosten wegen Lohn- und Nutzungsentgeltverzicht) zum 31. Dezember 2000 um 54.514,82 DM auf 38.929 DM abgeschrieben. Der Senat ist auf Grund des Verböserungsverbots gehindert, den Gewinn für das Jahr 2000 zu erhöhen und eine höhere als die in dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Einkommensteuer festzusetzen. Daher ist der Kläger durch die in dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Einkommensteuer für 2000 nicht in seinen Rechten verletzt.
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Dem Antrag des Geschäftsführers der Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung, die Betriebsprüferin J. des Finanzamts W. als Zeugin darüber zu vernehmen, ob ihr alle Rechnungen, Verträge, Zahlungsnachweise sowie Verträge über Darlehensgewährung vorgelegen haben, folgt der Senat nicht. Denn der Antrag ist unsubstantiiert. Gemäß § 82 FGO i.V.m. § 373 ZPO wird der Zeugenbeweis durch die Bezeichnung der Tatsachen, über welche die Vernehmung des Zeugen stattfinden soll, angetreten. Ein vollständiger Beweisantrag hat danach das konkrete Beweisthema und das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme in Bezug auf konkrete Tatsachen anzugeben (Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung - AO - FGO, § 81 FGO Rn. 37, m.w.N.). Der Kläger hat jedoch weder dargelegt, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten, noch inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts zu einer anderen Entscheidung hätte führen können.
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Den Antrag des Geschäftsführers der Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung, die Handakte der Betriebsprüferin einzusehen, war ebenfalls nicht zu entsprechen. Dem Gericht haben die Arbeitsakten der Betriebsprüferin vorgelegen. Diese hat der Geschäftsführer der Prozessbevollmächtigten als früherer Prozessbevollmächtigter des Klägers eingesehen. Ob darüber hinaus etwaige „Handakten der Betriebsprüferin“ existieren, entzieht sich der Kenntnis des Senats. Das Gericht trifft keine Verpflichtung, den Sachverhalt ohne bestimmten Anlass und gleichsam "ins Blaue hinein" zu erforschen (BFH-Beschlüsse vom 01. September 2006 VIII B 81/05, BFH/NV 2006, 2297, und vom 22. August 2006 I B 21/06, BFH/NV 2007, 10). Aufklärungsmaßnahmen muss das Gericht vielmehr nur dann ergreifen, wenn ein Anlass hierzu besteht, der sich aus den beigezogenen Akten, dem Beteiligtenvorbringen oder sonstigen Umständen ergibt (BFH-Beschlüsse vom 03. August 2005 I B 9/05, BFH/NV 2005, 2227, und vom 13. September 2007 VI B 100/06, BFH/NV 2007, 2331). Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist für den Senat nicht erkennbar, dass streitrelevante Unterlagen fehlen und sich solche in etwaigen „Handakten der Betriebsprüferin“ befinden könnten.
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Über die Rügen der überlangen Verfahrensdauer und der Verzögerung hat gemäß § 155 Satz 2 FGO der Bundesfinanzhof zu entscheiden, falls der Kläger dort eine Entschädigungsklage gemäß § 155 Satz 2 FGO i.V.m. § 201 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) erhebt.
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Der Antrag auf Vorlage an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg (EGMR) während des finanzgerichtlichen Klageverfahrens ist unzulässig. Der Kläger kann sich in Steuer- oder Abgabenstreitigkeiten nicht mit Erfolg auf einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK) berufen. Die Artikel der MRK kommen wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters der Besteuerung nicht zur Anwendung (BFH-Beschluss vom 15. November 2006 XI B 17/06, BFH/NV 2007, 474, m.w.N.). Es handelt sich nicht um zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK (EGMR-Entscheidungen vom 16. März 2006 77792/01, juris, und vom 13. Januar 2005 62023/00, Europäische Grundrechte Zeitschrift - EuGRZ - 2005, 234).
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Die Rüge fehlender Einlasskontrollen am Einlass des Gerichtsgebäudes ist nicht entscheidungserheblich. Der Dienstbetrieb im Gerichtsgebäude war nicht gestört. Der Geschäftsführer der Prozessbevollmächtigten des Klägers konnte ausweislich des Protokolls der öffentlichen Sitzung vom 20. März 2013 ohne Einlasskontrollen die Prozessvertretung des Klägers wahrnehmen.
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Eine Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO) erübrigt sich, da nach der getroffenen Kostenentscheidung der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
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Die Revision war nicht zuzulassen. Der Senat sieht keine Zulassungsgründe i.S.d. § 115 Abs. 2 FGO.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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Referenzen
- EStG § 4 Gewinnbegriff im Allgemeinen 1x
- 2011 VIII B 140/10 1x (nicht zugeordnet)
- 2003 V ZB 9/03 1x (nicht zugeordnet)
- 2004 VIII R 9/03 2x (nicht zugeordnet)
- 2007 VIII R 13/06 2x (nicht zugeordnet)
- VIII R 36/04 1x (nicht zugeordnet)
- 2011 VI R 4/10 1x (nicht zugeordnet)
- 2001 VIII R 15/01 2x (nicht zugeordnet)
- 2013 VI R 4/10 1x (nicht zugeordnet)
- 2000 I R 12/99 1x (nicht zugeordnet)
- 2001 I R 27/99 1x (nicht zugeordnet)
- 2003 IV R 10/01 1x (nicht zugeordnet)
- 2005 IV R 13/04 1x (nicht zugeordnet)
- 2006 VIII B 81/05 1x (nicht zugeordnet)
- 2006 I B 21/06 1x (nicht zugeordnet)
- 2005 I B 9/05 1x (nicht zugeordnet)
- 2007 VI B 100/06 1x (nicht zugeordnet)
- 2006 XI B 17/06 1x (nicht zugeordnet)