Urteil vom Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt (5. Senat) - 5 K 41/17

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

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Streitig ist, ob die Klägerin die in einer Rechnung der C. (C.) offen ausgewiesene Umsatzsteuer i. H. v. 19.228 € als Vorsteuer abziehen kann.

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Die Klägerin, eine GbR, an der die Gesellschafter hälftig beteiligt sind, vermietet und verpachtet eigene oder fremde Wohn-, Geschäfts- und Landwirtschaftsgrundstücke.

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Im Ergebnis einer Betriebsprüfung (Bp) verneinte die Prüferin den Vorsteuerabzug aus der ihr vorgelegten Rechnung der C. 01/2007 vom 2. Januar 2007 (im Folgenden „Erstrechnung“, Bl. 252 Bp-Arbeitsakte = Bl. 85 Einspruchsakte). Diese Erstrechnung enthält u.a. einen Briefkopf der C., keine Steuernummer der C. und keinen Leistungszeitpunkt. Des Weiteren wird in dieser Rechnung Bezug genommen auf einen Beratungsvertrag vom 18. April 2005. Der Rechnungsbetrag i. H. v. 120.428 € wurde am 29. Dezember 2006 in bar vom Konto der Klägerin abgehoben und am 2. Januar 2007 auf das in der Erstrechnung der C. angegebene Konto eingezahlt. Wegen der weiteren Feststellungen der Prüferin wird auf Tz. 17 des Bp-Berichts vom 13. September 2013 verwiesen.

4

Für die C. wurde nach Umfirmierung in die D. und Sitzverlegung im Jahr 2008 von Amts wegen im Handelsregister im Jahr 2010 die Auflösung eingetragen.

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Das beklagte Finanzamt (FA) folgte der Prüferin und versagte im auf § 164 Abgabenordnung (AO) gestützten Änderungsbescheid vom 1. Oktober 2013 den Vorsteuerabzug.

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Im Rahmen des dagegen angestrengten Einspruchsverfahrens legte die Klägerin u. a. auch eine Kopie ihres Auftrags vom 18. April 2005 vor und führte umfangreich zu den Umständen des Zustandekommens und der Durchführung des Beratungsauftrags aus. Des Weiteren legte die Klägerin auch eine Rechnung vom 2. Januar 20007 ohne Briefkopf der C. (im Folgenden "Zweitrechnung", Bl. 85 Einspruchsakte) vor.

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Nachdem das FA in seiner Stellungnahme vom April 2014 u.a. die fehlende Steuernummer und die fehlende Unterschrift des Rechnungsausstellers bemängelt sowie eine Rechnungskorrektur wegen des Erlöschens der C. für nicht mehr möglich gehalten hatte legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 27. Mai 2014 u. a. weiteren Schriftverkehr vor. Danach sei bezüglich der kritisierten formalen Rechnungsanforderungen den Prozessbevollmächtigten erst im Zusammenhang mit den Anmerkungen des FA nach Rückfrage bei der Klägerin weiterer Schriftverkehr vorgelegt worden. Danach erbat die Klägerin wegen eines Fehlers im Betrag der Rechnung 01/2007 unter dem 9. Januar 2007 von der C. eine korrigierte Rechnung. Mit Schreiben vom 22. Januar 2007 (Bl. 201 Einspruchsakte) übersandte die C. der Klägerin die Stornorechnung 02/2007 (Bl. 203 Einspruchsakte) und die Rechnung 03/2007 (im Folgenden "Drittrechnung", Bl. 202 Einspruchsakte) jeweils gleichen Datums. Storno- und Drittrechnung enthalten im Vergleich zur Zweitrechnung einen anders gestalteten Briefkopf der C. im Vergleich zur Erstrechnung und nunmehr die Steuernummer der C.. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen und zu den vorgelegten Unterlagen wird auf die Einspruchsakte Bezug genommen

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Mit Einspruchsentscheidungen vom 21. August 2014 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück.

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Dagegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen zu den Umständen der Beratungstätigkeit umfänglich vertieft. Die Abhebung des Rechnungsbetrages bereits am 29. Dezember 2006 sei erfolgt, weil die Klägerin wusste, dass sie die Rechnungslegung erwartet und in bar begleichen wollte.

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Nachdem das FA darauf hingewiesen hatte, dass die korrigierten Rechnungen erstmals nach einer entsprechenden Stellungnahme des FA im Einspruchsverfahren eingereicht worden seien und nicht erkennbar sei, wann sie ausgestellt worden seien, unterschiedliche Briefköpfe verwendet worden seien, bot die Klägerin als Beweis zur Erstellung der Storno- und Drittrechnung Zeugenbeweis des Geschäftsführers der C. an.

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Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über Umsatzsteuer 2006 vom 01.10.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.08.2014 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer (die Vorsteuer in Höhe von 19.228 € anerkennend) auf 53.530,69 € herabgesetzt wird.

12

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

13

Das FA sieht zusammenfassend insbesondere die Leistungserbringung für das Unternehmen der Klägerin für nicht gegeben und den Leistungsnachweis als nicht erbracht an.

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Dem Senat haben bei seiner Entscheidung sechs Bände Akten des FA vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage gegen die infolge der Bp geänderte Umsatzsteuerfestsetzung 2006 ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Vorsteuerabzugsrecht zu. Die Klägerin war bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht im Besitz einer zur Ausübung des Vorsteuerabzugs berechtigenden formell ordnungsgemäßen Rechnung. In keiner der vorliegenden Rechnungen ist der Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung angegeben. Daher konnte es der Senat dahinstehen lassen, ob die Beratungsleistungen der C. als für das Unternehmen der Klägerin bezogen anzusehen sein könnten.

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1. Gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) setzt die Ausübung des Vorsteuerabzugs u. a. voraus, dass der Unternehmer eine nach den § 14 ausgestellte Rechnung besitzt. Zu diesen zwingend notwendigen Pflichtangaben für Rechnungen gehört nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG auch die Angabe des Zeitpunkts der Lieferung oder sonstigen Leistung. Eine solche Angabe ist vorliegend jedoch offenkundig in keiner der vorliegenden drei Rechnungen enthalten.

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a) Die Angabe des Tages der Lieferung oder sonstigen Leistung ist nach dem Gesetz erforderlich, weil ohne eine solche Angabe der Besteuerungszeitraum nicht bestimmt werden kann, in dem der Leistungsempfänger die Vorsteuer abziehen kann (§§ 16 Abs. 2 Satz 1, 18 Abs. 1 Satz 2 UStG). Gerade der vorliegende Fall mit der Bargeldabhebung am 29. Dezember 2006 vor Erstrechnungslegungsdatum vom 2. Januar 2007 und den hierzu gegebenen Ausführungen der Klägerin zu den Gründen der Bargeldabhebung illustriert in besonderer prägnanter Weise, dass der Senat nicht schon durch die Rechnung selbst in der Lage versetzt worden ist zu prüfen, an welchem Tag, in welchem Jahr genau die Lieferung oder sonstige Leistung erbracht worden sein soll.

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b) Soweit sich der Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung auch aus anderen Dokumenten ergeben kann, sofern in der Rechnung eindeutig darauf hingewiesen wird und sich aus den in der Rechnung in Bezug genommenen Unterlagen der Zeitpunkt ergibt (ständige BFH-Rechtsprechung, z.B. Urteil vom 16. Januar 2014 V R 28/13, BStBl II 2014, 867 zur Leistungsbeschreibung), verhilft dies vorliegend der Klage gerade nicht zum Erfolg. Aus dem in den drei Rechnungen jeweils in Bezug genommenen Beratungsauftrag vom 18. April 2005 der Klägerin an die C. ergibt sich, dass der Beratungsbericht durch die C. in zeitlicher Hinsicht bis zum 31. März 2007 vorzulegen war. Die Klägerin begehrt den Vorsteuerabzug jedoch im Streitjahr 2006.

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2. Die nationale Pflicht zur Angabe des Zeitpunkts der Lieferung oder sonstigen Leistung als Voraussetzung zum Vorsteuerabzug entspricht auch dem Unionsrecht. Art. 18 Abs. 1, Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 1 7. Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG ("6. EG-Richtlinie" nunmehr Art. 226 Nr. 7 Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) sah im Streitjahr 2006 ebenfalls eine identische Pflichtangabe als Vorsteuerabzugsvoraussetzung vor. Es verstößt auch nicht gegen den europarechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass der Leistungszeitpunkt in einer Rechnung anzugeben ist (BFH-Urteil vom 17. Dezember 2008 XI R 62/07, BStBl II 2009, 432).

20

3. Soweit nach der BFH-Rechtsprechung in zeitlicher Hinsicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung vorgelegt werden kann (BFH-Urteil vom 20. Oktober 2016 V R 26/15, DB 2016, 3019-3021 = DStR 2016, 2967-2969), war dies vorliegend nicht der Fall. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass es keine weiteren Rechnungen bezüglich des streitgegenständlichen Sachverhalts geben würde und die im Einspruchsverfahren vorgelegten Rechnungen, die identisch mit dem im Klageverfahren vorgelegten Rechnungen seien, alle hierzu verfügbaren Unterlagen seien.

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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.


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