Beschluss vom Finanzgericht Düsseldorf - 4 V 3074/02 AE(KV)
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
1
G r ü n d e:
2I.
3Der Antragsgegner betreibt gegen den Antragsteller die Vollstreckung wegen rückständiger Steuern und steuerlicher Nebenleistungen von derzeit x EUR. Das Einwohnermeldeamt der Stadt A teilte dem Antragsgegner auf Anfrage am 16. Januar 2002 mit, dass der Antragsteller sich seit dem 19. August 1999 mit Hauptwohnsitz in Hongkong abgemeldet habe. Die letzte Anschrift vor seinem Umzug nach Hongkong sei mit in A angemeldet worden. Der Antragsgegner wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 7. Februar 2002 unter dessen Postfachanschrift in A an den Antragsteller und bat ihn, seinen derzeitigen Wohnsitz zum Zwecke der Zustellung einer Aufforderung zur Abgabe eines Vermögensverzeichnisses mitzuteilen. Der Antragsteller teilte dem Antragsgegner hierauf mit Schreiben vom 2. März 2002 mit, dass er seinen Hauptwohnsitz noch immer in Hongkong habe. Er halte sich in unregelmäßigen Abständen in Deutschland auf. Eine Zustellung sei an seinen "Postbevollmächtigten" R in A möglich.
4Der Antragsgegner wandte sich daraufhin mit einem Auskunftsersuchen vom 17. April 2002 an R. Er bat ihn mitzuteilen, unter welcher Anschrift die an den Antragsteller adressierte Post weitergeleitet werde. Die Bemühungen, die erbetene Auskunft von dem Antragsteller zu erhalten, seien erfolglos geblieben bzw. versprächen keinen Erfolg. R wurde darauf hingewiesen, dass er zur Mitwirkung verpflichtet sei und er mit Zwangsmitteln zur Erteilung der erbetenen Auskünfte angehalten werden könne.
5Der Antragsgegner wandte sich ferner mit Schreiben vom 17. April 2002 an das Einwohnermeldeamt der Stadt A und bat um Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Beschränkung des Passes des Antragstellers vorliegen würden. Der Antragsteller schulde rückständige Steuern und steuerliche Nebenleistungen von derzeit x EUR. Er scheine seinen Wohnsitz nach Hongkong verlegt zu haben, um sich seinen steuerlichen Verpflichtungen zu entziehen. Diesem Schreiben wurde eine Aufstellung der vom Antragsgegner ermittelten Abgabenrückstände beigefügt.
6R teilte dem Antragsgegner mit Schreiben vom 10. Mai 2002 mit, der Antragsteller lebe beruflich bedingt teilweise in Hongkong, Peking und London. Die gesamte Korrespondenz werde an seine Postanschrift in Hongkong geleitet. Bei steuerlichen Angelegenheiten würden die entsprechenden Schriftstücke per Fernkopie (Telefax) an eine vom Antragsteller beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in London übermittelt. Der Antragsteller habe im Übrigen versichert, dass die erbetenen Angaben beim Antragsgegner bereits aktenkundig seien.
7Der Antragsteller hat am 7. Juni 2002 den vorliegenden Antrag gestellt, mit dem er im Wesentlichen vorträgt: Das an R gerichtete Auskunftsersuchen sei ermessensfehlerhaft, weil kein klärungsbedürftiger Sachverhalt vorliege. Es sei nicht erforderlich, die erbetene Auskunft von einem Dritten zu fordern. Darüber hinaus sei das Auskunftsersuchen inhaltlich unbestimmt und nicht ausreichend begründet worden. Es sei nicht dargelegt worden, dass von ihm die erbetenen Angaben nicht zu erlangen gewesen seien. Ferner sei R nicht auf ein ihm möglicherweise zustehendes Auskunftsverweigerungsrecht hingewiesen worden. Er sei zudem vor Ergehen des an R gerichteten Auskunftsersuchens nicht angehört worden. Der Antragsgegner habe des Weiteren seine steuerlichen Verhältnisse unbefugt offenbart. Er habe am 14. Mai 2002 im Bürgerbüro der Stadt A vorgesprochen, um die Erteilung eines neuen Personalausweises zu beantragen. Eine Mitarbeiterin der Stadtverwaltung habe ihm lautstark erklärt, dass er sich zunächst an den Antragsgegner wenden müsse. Auf Rückfrage habe diese Mitarbeiterin mitgeteilt, dass Steuerrückstände von x EUR bestehen würden. Eine andere Sachbearbeiterin der Stadtverwaltung habe ihm einen Briefumschlag ausgehändigt, auf dem seine Steuernummer, der Abgabenbetrag und die Telefonnummer des Sachbearbeiters des Antragsgegners notiert gewesen seien. All dies sei von Dritten wahrnehmbar gewesen. Es liege auch ein Anordnungsgrund vor. Durch die Maßnahmen des Antragsgegners werde sein Ruf als wirtschaftlich solider Geschäftspartner gefährdet. Hierdurch könne ihm erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstehen.
8Der Antragsteller beantragt,
91. dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, an R oder sonstige unbeteiligte Dritte ein Auskunftsersuchen bis zur vollständigen Klärung der Sachverhalte zu richten;
102. dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, seine steuerlichen Verhältnisse an Dritte weiterzugeben;
113. dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, das Steuergeheimnis zu wahren.
12Der Antragsgegner beantragt,
13den Antrag abzulehnen.
14Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Das Auskunftsersuchen gegenüber R sei zu Recht ergangen. Für die Zustellung einer Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung sei die Kenntnis der Anschrift des Antragstellers erforderlich. Eine entsprechende Nachfrage beim Antragsteller sei erfolglos geblieben. Das an R gerichtete Auskunftsersuchen sei ausreichend begründet. Auf ein Auskunftsverweigerungsrecht habe er nicht hingewiesen werden müssen, weil ihm ein solches Recht offenbar nicht zustehe. Im Übrigen könne der Finanzbehörde nicht untersagt werden, derartige Auskunftsersuchen an Dritte zu richten. Die Offenbarung der Abgabenrückstände des Antragstellers gegenüber dem Einwohnermeldeamt der Stadt A sei nach § 30 Abs. 4 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Nr. 4 des Passgesetzes (PassG) zulässig gewesen. Ferner ergebe sich die Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses bereits aus dem Gesetz. Ob andere Behörden gegen Bestimmungen des Datenschutzrechts verstoßen würden, sei hier nicht zu prüfen.
15II.
16Der Senat geht zugunsten des Antragstellers davon aus, dass sein Antrag nicht bereits deshalb unzulässig ist, weil er ihn unter einer Postfachanschrift gestellt hat. Aus den dem Senat vorliegenden Akten ergibt sich, dass die in der Antragsschrift angegebene Anschrift G in A bereits seit dem 19. August 1999 nicht mehr zutreffend ist. Es ist für das Klageverfahren anerkannt, dass die Angabe eines Postfachs zur Bezeichnung des Klägers im Sinne von § 65 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) grundsätzlich nicht ausreicht (vgl. Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 28. Januar 1997 - VII R 33/96 - Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH/NV) 1997, 585 (586 f.); Urteil vom 19. Oktober 2000 - IV R 25/00 - Bundessteuerblatt (BStBl) II 2001, 112 (113)). Es mag zugunsten des Antragstellers anzunehmen sein, dass im Beschlussverfahren nach § 114 Abs. 4 FGO anderes gelten kann. Denn hier kommt grundsätzlich eine Anordnung des persönlichen Erscheinens des Antragstellers (§ 80 Abs. 1 Satz 1 FGO), die diesem zuzustellen wäre, nicht in Betracht. Es kann zudem nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller bei einer Angabe seiner ladungsfähigen Anschrift gewärtigen muss, zur Erzwingung der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verhaftet zu werden (§ 284 Abs. 8 Satz 1 AO) (vgl. hierzu auch: BFH, Urteil vom 19. Oktober 2000 - IV R 25/00 - a.a.O.).
17Gleichwohl ist der Antrag zu 1. nach § 114 Abs. 5 FGO unzulässig. Hiernach kann vorläufiger Rechtsschutz nicht durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 114 Abs. 1 FGO) begehrt werden, wenn ein Fall des § 69 FGO vorliegt. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist mithin nach § 114 Abs. 5 FGO unzulässig, wenn der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz durch die Aussetzung der Vollziehung eines anfechtbaren Verwaltungsakten erlangen kann (vgl. BFH, Beschluss vom 22. August 1995 - VII B 153, 154, 167, 172/95 - BStBl II 1995, 645 (647)). Ein an einen Dritten gerichtetes Auskunftsverlangen (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AO) stellt jedoch einen Verwaltungsakt im Sinne von § 118 Satz 1 AO dar (vgl. BFH, Urteil vom 5. April 1984 - IV R 244/83 - BStBl II 1984, 790). Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - erkennnbar ist, dass das Auskunftsverlangen auch mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden soll (vgl. BFH, Urteil vom 10. November 1998 - VIII R 3/98 - BStBl II 1999, 199 (200)). Obgleich das Auskunftsverlangen an einen Dritten gerichtet ist, könnte der Antragsteller hiergegen Einspruch einlegen (vgl. etwa: Söhn in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO § 93 Rdnr. 92; Tipke in: Tipke/Kruse, AO § 93 Rdnr. 34). Im Rahmen dieses Rechtsbehelfsverfahrens könnte er auch vorläufigen Rechtsschutz erlangen (§ 361 Abs. 2 AO; § 69 Abs. 3 FGO). Eine Umdeutung des Antrags zu 1. in einen entsprechenden Antrag auf Aussetzung der Vollziehung kommt indessen nicht in Betracht. Dies scheitert schon daran, dass weder ersichtlich noch vom Antragsteller dargelegt worden ist, dass gegen das Auskunftsverlangen vom 17. April 2002 Einspruch eingelegt und ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt worden ist (§ 69 Abs. 4 Satz 1 FGO).
18Soweit der Antrag zu 1. dahin zu verstehen sein sollte, dass dem Antragsgegner untersagt werden soll, zukünftig Auskunftsverlangen an Dritte zu richten, ist er gleichfalls unzulässig. Eine vorbeugende Unterlassungsklage ist nur zulässig, wenn die im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten - insbesondere eine Anfechtungsklage und eine Fortsetzungsfeststellungsklage sowie die Aussetzung der Vollziehung - zum wirkungsvollen Schutz der Rechte des Beteiligten nicht ausreichen, weil ein Abwarten einer diese Rechtschutzmöglichkeiten eröffnenden tatsächlichen Rechtsverletzung unzumutbar ist (vgl. BFH, Urteil vom 27. Oktober 1993 - I R 25/92 - BStBl II 1994, 210; Urteil vom 19. März 1998 - VII R 73/97 - Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFHE) 186, 179). Entsprechendes hat für einen Antrag zu gelten, mit dem einer Finanzbehörde im Wege einer einstweiligen Anordnung ein bestimmtes Verhalten untersagt werden soll. Wie dargelegt, steht es dem Antragsteller frei, gegen entsprechende, an Dritte gerichtete Auskunftsverlangen Einspruch einzulegen und um vorläufigen Rechtsschutz nachzusuchen. Es ist nicht ersichtlich, warum dem Antragsteller dies nicht zuzumuten sein sollte. Insbesondere kann nicht ernstlich angenommen werden, dass dem Antragsteller bereits durch das Ergehen von Auskunftsverlangen, die demjenigen entsprechen, das an R gerichtet war, ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstehen könnte. Denn in dem Auskunftsverlangen vom 17. April 2002 wurde R lediglich aufgefordert, die ladungsfähige Anschrift des Antragstellers mitzuteilen, ohne dass hierbei weiter gehende Angaben zu seinen steuerlichen Verhältnissen gemacht wurden.
19Der Antrag zu 2. ist zulässig. Dabei geht der Senat entsprechend § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO zugunsten des Antragstellers davon aus, dass er mit diesem Begehren auf die Offenbarung seiner steuerlichen Verhältnisse gegenüber dem Einwohnermeldeamt der Stadt A durch den Antragsgegner abzielt. Dies ist zwar bereits mit dem Schreiben des Antragsgegners vom 17. April 2002 geschehen. Die insoweit im Hauptsacheverfahren statthafte Feststellungsklage ist jedoch ein Rechtsschutzziel, das im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mit der einstweiligen Anordnung (§ 114 Abs. 1 FGO) verfolgt werden kann (vgl. etwa: Lange in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO § 114 Rdnr. 22; Gräber/Koch, FGO, 5. Auflage 2002, § 114 Rdnr. 19). Im Hinblick auf den gesetzlichen Schutz des Steuergeheimnisses (§ 30 AO) kann der Antragsteller auch geltend machen, ein berechtigtes Interesse an der Feststellung zu haben, dass der Antragsgegner zu derartigen Offenbarungen gegenüber einem Einwohnermeldeamt nicht befugt gewesen sei und auch zukünftig nicht befugt sei (§ 41 Abs. 1 FGO).
20Der Antrag zu 2. ist indessen unbegründet. Nach § 114 Abs. 1 Satz 1 FGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Ferner ist eine einstweilige Anordung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden (§ 114 Abs. 1 Satz 2 FGO). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer Regelung (Anordnungsgrund) bezeichnet und glaubhaft gemacht werden (§ 114 Abs. 3 FGO in Verbindung mit § 920 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Bezeichnung und Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs bedeuten, dass der Antragsteller den Anspruch rechtlich schlüssig darlegen und dessen tatsächliche Voraussetzungen (§ 294 ZPO) glaubhaft machen muss (vgl. etwa: BFH, Beschluss vom 18. März 1992 - X B 59/91 - BFH/NV 1992, 618 (619)).
21Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch gegenüber dem Antragsgegner rechtlich schlüssig dargelegt. Der Senat ist vielmehr bei der in dem vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung der Auffassung, dass der Antragsgegner befugt war, die Abgabenrückstände des Antragstellers gegenüber dem Einwohnermeldeamt der Stadt A als der für die Entziehung oder Beschränkung seines Passes zuständigen Behörde zu offenbaren. Allerdings vermag der Senat nicht der Ansicht des Antragsgegners zu folgen, wonach sich eine Befugnis zur Offenbarung der Abgabenrückstände des Antragstellers hier aus § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Nr. 4 PassG ergeben soll. Weder § 7 PassG noch die sonstigen Bestimmungen dieses Gesetzes ermächtigen die Finanzbehörden ausdrücklich im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO zur Offenbarung steuerlicher Verhältnisse eines anderen. § 22 Abs. 2 PassG ermächtigt lediglich die Passbehörden zur Übermittlung von Daten aus dem Passregister in bestimmten Fällen. Es kann hier letztlich auch dahinstehen, ob der Antragsgegner zur Offenbarung der Abgabenrückstände des Antragstellers gegenüber dem Einwohnermeldeamt der Stadt A nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO befugt war, weil die Entziehung oder Beschränkung des Geltungsbereichs seines Passes der Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens - eines Verwaltungsverfahrens in Steuersachen im Sinne von § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a AO - dienen soll (vgl. in diesem Sinn: Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Mai 1998 - 3 K 1802/97 - Juris-Dokument STRE987116070). Hiergegen könnte indessen sprechen, dass das auf die Entziehung oder Beschränkung des Geltungsbereichs eines Passes gerichtete Verwaltungserfahren kein Verfahren ist, mit dem unmittelbar steuerliche Befugnisse wahrgenommen oder steuerliche Pflichten durchgesetzt werden sollen (vgl. zum gewerberechtlichen Untersagungsverfahren: BFH, Urteil vom 10. Februar 1987 - VII R 77/84 - BStBl II 1987, 545 (547 f.)). Gleichwohl war die Offenbarung der Abgabenrückstände des Antragstellers gegenüber dem Einwohnermeldeamt der Stadt A jedenfalls nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO zulässig. Hiernach ist die Offenbarung steuerlicher Verhältnisse eines anderen zulässig, soweit für sie ein zwingendes öffentliches Interesse besteht. Eine passbeschränkende Maßnahme nach den §§ 7 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2, 8 PassG bei einer Person, die sich ihren steuerlichen Verpflichtungen entziehen will, dient der unverzichtbaren Beschaffung staatlicher Mittel (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NW), Beschluss vom 2. Januar 1996 - 25 B 3037/95 - Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl) 1996, 576 (577)). Ohne Einhaltung der Steuerpflicht besteht die Gefahr, dass die Rechts- und Staatsordnung nicht aufrechterhalten werden kann. Es ist daher zulässig, eine Person durch passrechtliche Maßnahmen (§§ 7 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2, 8 PassG) daran zu hindern, sich seiner Steuerpflicht zu entziehen (vgl. OVG NW, Beschluss vom 2. Januar 1996 - 25 B 3037/95 - a.a.O.). Die Wahrnehmung dieses öffentlichen Interesses durch die Passbehörde ist indessen regelmäßig nur dann möglich, wenn die Finanzbehörde befugt ist, die Abgabenrückstände eines Steuerpflichtigen, bei dem die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 4 PassG vorliegen können, der Passbehörde gegenüber zu offenbaren. Hiervon geht offenbar auch das OVG NW in seinem Beschluss vom 2. Januar 1996 (- 25 B 3037/95 - a.a.O.) als selbstverständlich aus. Dies entspricht zudem der Rechtslage für das gewerberechtliche Untersagungsverfahren. Insoweit ist geklärt, dass die Finanzbehörde nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO befugt ist, die Abgabenrückstände eines Steuerpflichtigen der Gewerbebehörde gegenüber zu offenbaren, weil anders regelmäßig ein gewerberechtliches Untersagungsverfahren nicht durchgeführt werden kann (vgl. BFH, Urteil vom 10. Februar 1987 - VII R 77/84 - a.a.O. (549)). Es bestand mithin ein zwingendes öffentliches Interesse im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO an der Offenbarung der Abgabenrückstände gegenüber dem Einwohnermeldeamt der Stadt A. Ob die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 4 PassG tatsächlich vorliegen, ist in dem vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen (§ 33 Abs. 1 FGO). Demgemäß obliegt es auch nicht der Prüfungsbefugnis des Senats der Frage nachzugehen, ob die Bediensteten des Einwohnermeldeamtes der Stadt A ihrer Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses (§ 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe c AO) nachgekommen sind. Die Stadt A ist nicht Antragsgegnerin in dem vorliegenden finanzgerichtlichen Verfahren.
22Es kann dahinstehen, ob der Antrag zu 3. inhaltlich ausreichend konkretisiert ist (vgl. hierzu etwa: Gräber/Koch, FGO § 114 Rdnr. 13). Der Antrag zu 3. ist jedenfalls unbegründet. Der Antragsteller hat insoweit die tatsächlichen Voraussetzungen für die Annahme eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht (§ 114 Abs. 3 FGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner das zugunsten des Antragstellers gesetzlich bestehende Steuergeheimnis (§ 30 Abs. 1 AO) nicht wahren würde. Wie dargelegt, war der Antragsgegner gegenüber dem Einwohnermeldeamt der Stadt A zur Offenbarung der Abgabenrückstände des Antragstellers nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO befugt. Der Antragsgegner hat daher hierdurch das Steuergeheimnis nicht verletzt. Der Antragsteller hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner ansonsten das Steuergeheimnis nicht wahrt.
23Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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