Urteil vom Finanzgericht Düsseldorf - 13 K 5746/02 E
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Kläger sind für das Streitjahr 2000 mit Bescheid vom 16.5.2002 zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute. Strittig ist der Umfang der Kürzung des sog. Sonderausgabenvorwegabzuges nach § 10 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a Einkommensteuergesetz -EStG-.
4Der Kläger erzielte Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit. Er war zugleich bei der "A" GmbH und bei der "B" GmbH beschäftigt. Die "A" GmbH führte entsprechend dem Bruttogehalt des Klägers von 13.000 DM p.a. Sozialversicherungsbeiträge ab. Die "B" GmbH zahlte weder Sozialversicherungsbeiträge noch sonstige sog. Zukunftssicherungsleistungen für den Kläger. Die Einnahmen aus diesem Beschäftigungsverhältnis betrugen 113.711 DM p.a.
5Der Beklagte kürzte bei der Steuerfestsetzung den o.g. Vorwegabzug um 16 v.H. der gesamten Einnahmen, also auch der Gehaltszahlungen der "B" GmbH, aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers auf 0,- DM. Der dagegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg. Daraufhin haben die Kläger am 18.10.2002 Klage erhoben.
6Sie sind der Auffassung,
7der Gehaltsteil hinsichtlich dessen keine Zukunftssicherungsleistungen durch den Arbeitgeber erbracht worden seien, sei nicht in die Bemessung der Kürzung des Vorwegabzuges einzubeziehen. Zwei voneinander unabhängige Arbeitsverhältnisse seien einer unterschiedlichen und getrennten rechtlichen Bewertung zu unterziehen. Das Finanzgericht Berlin habe in einem Urteil vom 20.1.2000 4 K 4031/97 entschieden, dass eine Kürzung nur für den Teil des Gehalts vorzunehmen sei, sofern der Arbeitgeber hierfür Zukunftssicherungsleistungen erbracht habe.
8Die Kläger beantragen,
9als Bemessungsgrundlage für die Kürzung des Vorwegabzuges die Vergütung des Arbeitsverhältnisses "A" GmbH in Höhe von DM 13.000 zu Grunde zu legen und den Vorwegabzug zu gewähren,
10hilfsweise, die Revision zuzulassen.
11Der Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er beruft sich auf den Gesetzeswortlaut, wonach sämtliche Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit der Berechnung der Kürzung des Vorwegabzuges zu Grunde zu legen seien.
14II.
15Die Klage ist unbegründet.
16Nach § 10 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a EStG ist der Sonderausgabenvorwegabzug i.S.v. § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG u.a. dann um 16 v.H. der Summe der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 ohne Versorgungsbezüge zu kürzen, wenn für die Zukunftssicherung des Steuerpflichtigen Leistungen im Sinne von § 3 Nr. 62 EStG erbracht werden.
17Die Leistungen im Sinne von § 3 Nr. 62 EStG (Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung) sind nach dem Gesetzeswortlaut lediglich Auslöser für die Kürzung des Vorwegabzuges. Die Höhe der Kürzung bemisst sich nach der Summe der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit. Das Gesetz enthält diesbezüglich keine Einschränkung im Hinblick auf die Art der Einnahmen (z.B. laufender Arbeitslohn, geldwerte Vorteile, Abfindungen), auf die Anzahl der Arbeitgeber oder auf sonstige Besonderheiten der Zusammensetzung der Summe der Einnahmen.
18Diese gesetzliche pauschalierende und typisierende Regelung ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen und deren Abwicklung hat der Gesetzgeber Raum für generalisierende Regelungen. Dabei entstehende Härten und Ungerechtigkeiten müssen hingenommen werden, wenn die Benachteiligung nur eine kleine Zahl von Personen betrifft und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (vgl. Bundesfinanzhof -BFH- Urteil vom 16.10.2002 XI R 75/00, Bundessteuerblatt -BStBl.- Teil II 2003, Seite 289; BFH- Urteil vom 16.10.2002 XI R 71/00, BStBl. II 2003, 343; BFH- Urteil vom 16.10.2002 XI R 23/00, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH 2003, 463: Aufhebung des Urteils des Finanzgerichts Berlin, auf das sich die Kläger berufen haben). Besonderheiten im Einzelfall können jedoch allenfalls im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 Abgabenordnung Berücksichtigung finden (vgl. BFH- Urteil in BStBl. II 2003, 289).
19Die Grenzen der danach zulässigen Typisierung sind im Falle der der Kläger nach Auffassung des Senates noch nicht überschritten. Der Senat verkennt nicht, dass durch die deutliche Differenz zwischen den sozialversicherungspflichtigen und den nicht versicherungspflichtigen Einnahmen ein gemessen an Gesichtspunkten der Einzelfallgerechtigkeit unbefriedigendes steuerliches Ergebnis erzielt wird. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung soll jedoch gerade eine differenzierte Ermittlung im Einzelfall vermieden werden.
20Der Fall der Kläger ist auch nicht vergleichbar mit dem von dem BFH in seinem Beschluss vom 14.4.2003 XI B 226/02 zugunsten der Antragsteller entschiedenen Sachverhalt, in dem die Antragstellerin sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn bezog, während der Antragsteller Arbeitslohn ohne Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers bezog. Es handelte sich dort um zwei Steuersubjekte, bei denen in Frage stand, ob sich die Zusammenfassung der Einnahmen für Zwecke der Ermittlung des Kürzungsbetrages aus der Einheit der zusammenveranlagten Ehegatten beim Sonderausgabenabzug rechtfertigen lässt.
21Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-) zuzulassen. Die zu entscheidende Rechtsfrage war, soweit ersichtlich, in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation noch nicht Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Sie dürfte zudem für eine Vielzahl von Fällen über den zu entscheidenden Fall hinaus von Bedeutung sein, da die Reichweite der Typisierung im Falle des § 10 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a EStG (vgl. BFH- Beschluß vom 14.4.2003 XI B 226/02) sowie die Grenzziehung zwischen einer noch zulässigen Typisierung und unzulässiger Ungleichbehandlung in Frage steht.
22Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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