Urteil vom Finanzgericht Düsseldorf - 1 K 2024/00 G
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
1
G r ü n d e :
2Streitig ist, ob die Tätigkeit des Klägers derjenigen eines Ingenieurs ähnlich ist.
3Der Kläger, geb. 1957, absolvierte nach dem Besuch der Realschule eine Lehre als technischer Zeichner (1974 bis 1978). Diesen Beruf übte er anschließend bei verschiedenen Unternehmen, u.a. im Bereich des Fassadenbaus, aus. Während dieser Zeit besuchte der Kläger vorübergehend Abendlehrgänge zur Ausbildung zum Maschinenbautechniker, brach die Ausbildung jedoch wegen eines beruflich bedingten Umzuges vorzeitig ab. Am 01.04.1995 meldete der Kläger bei der Stadt A. das Gewerbe "Planungsbüro für Metallbaukonstruktionen" an.
4Der Beklagte erließ daraufhin für die Streitjahre einheitliche Gewerbesteuermessbescheide. Hiergegen legte der Kläger Einsprüche ein. Zu deren Begründung machte er geltend, mit dem Konstruktionsbüro Einkünfte aus selbstständiger Arbeit zu erzielen und daher nicht der Gewerbesteuer zu unterliegen. Er entwickele vornehmlich Metall-, Stahl- und Maschinenbaukonstruktionen unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten und sei daher in vollem Umfang ingenieurähnlich tätig. Der Kläger legte ein Gutachten des beratenden Betriebswirts Dipl.-Kfm. B. vor, einem von der IHK C-Stadt öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Betriebsverlagerungskosten und –unterbrechungsschäden und Bewertung von Maschinen. Der Sachverständige gelangte in dem am 18.04.1997 erstellten Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeit des Klägers derjenigen eines Ingenieurs ähnlich sei, der seine Kenntnisse durch ein Hochschul- oder Fachhochschulstudium erworben habe; insbesondere erfordere sie eine vergleichbar breite Aneignung von Kenntnissen und wiesen die praktischen Arbeiten einen vergleichbaren Schwierigkeitsgrad auf. Der Kläger hatte dem Sachverständigen drei seiner Projekte vorgeführt, die dieser sodann als überdurchschnittlich kompliziert einstufte; zur Lösung der durch die Projekte gestellte Aufgaben seien fachtheoretische Kenntnisse erforderlich, die deutlich über das handwerkliche Können eines technischen Zeichners hinausgingen, und zwar in den Bereichen Fassadenkonstruktion, Statik, Bau-, Verarbeitungs- und Montagetechnik. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens (Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 21.04.1997) Bezug genommen.
5Der Beklagte wies die Einsprüche als unbegründet zurück. Die Berufstätigkeit des Klägers sei derjenigen eines Ingenieurs nicht i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes –EStG- ähnlich. Der Kläger habe weder ein Ingenieur-Studium absolviert noch nachgewiesen, sich die Kenntnisse einer solchen qualifizierten Ausbildung auf andere Weise angeeignet zu haben. Die Tätigkeit des Klägers weise nach seiner – des Beklagten – Feststellung keine derartige fachliche Breite auf, dass sie das Wissen des Kernbereiches des Ingenieur-Berufes (Forschung, Lehre, Entwicklung etc.) erkennbar voraussetze. Sein Aufgabenbereich entspreche – auch unter Einbeziehung der vorgelegten Tätigkeitsbeschreibungen von Auftraggebern - vielmehr demjenigen eines qualifizierten Bautechnikers mit Spezialkenntnissen. Er sei offenbar nur im Zusammenwirken mit anderen Personen, die letztlich für das Projekt verantwortlich gezeichnet hätten, tätig geworden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen B., der seine entgegenstehende Einordnung nicht näher herausgearbeitet habe. Auf den weiteren Inhalt der Einspruchsentscheidung vom 03.03.2000 wird verwiesen.
6Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter; er setze eigenständig und selbstverantwortlich die lediglich umrisshaften gestalterischen Vorgaben des Architekten in technische Entwürfe um und benötige hierzu ingenieurmäßige Kenntnisse. Die von ihm konstruierten Fassaden müssten statischen und physikalischen Anforderungen genügen, die er selbstständig beurteile und rechnerisch auf natur- und technikwissenschaftlicher Grundlage ermittele. Er sei also mit der eigenständigen technischen Planung betraut, ohne sich auf technisch-naturwissenschaftliche Vorgaben anderer stützen zu können.
7Im Anschluss an einen Erörterungstermin hat das Gericht durch Beweisbeschluss vom 22.05.2003 Herrn Prof. Dr. Ing. D., Lehrstuhl für Stahl- und Verbundbau an der Universität E-Stadt, mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage beauftragt, ob die Tätigkeit des Klägers (Konstruktion von Gebäudeteilen aus Glas und Metall, Bauberatung und –abwicklung) der eines Ingenieurs entspricht und der Kläger aufgrund entweder seiner praktischen Arbeiten oder seines autodidaktisch erworbenen Wissens über Kenntnisse verfügt, die in ihrer Tiefe und Breite der eines Ingenieurs entsprechen.
8Der Sachverständige hat in dem am 25.06.2003 erstellten Gutachten ausgeführt, auf der Grundlage der ihm überlassenen fünf Aktenordner mit Zeichnungen und anderen Unterlagen zum Projekt "...Training Center..." lasse sich die Beweisfrage nicht eindeutig beantworten; die Tiefe und Breite der Kenntnisse des Klägers lasse sich nach den bisher vorgelegten Unterlagen nicht sicher feststellen. Insbesondere sei offen, ob der Kläger eigene Statikberechnungen durchgeführt oder lediglich die Berechnungen anderer übernommen habe. Der Kläger möge etwaige eigene Berechnungen oder auch Auftragsschreiben mit Definitionen der angebotenen Leistungen vorlegen.
9Der Kläger hat daraufhin eine Bescheinigung eines Herrn Dipl.-Ing. F. vom 26.08.2003 vorgelegt, nach der der Kläger alle für die Fassade des Bauvorhabens ABC relevanten Berechnungen und Vorbemessungen erstellt, zudem das Profil und die Befestigungsmittel ausgewählt habe; er – Herr F. - selbst habe die Zeichnungen geprüft und nach diesen Vorgaben die Statik erstellt.
10Der Beklagte hat sodann in einer Stellungnahme ausgeführt, die geltend gemachte Einordnung der Tätigkeit des Klägers sei weiterhin nicht möglich, zumal dieser den Anforderungen des Gutachters zur Vorlage ergänzender Nachweise nicht gefolgt sei; die Bescheinigung des lediglich mit der Prüfung der Zeichnungen beauftragten Statikers F. sei insoweit ungeeignet.
11Das Gericht hat daraufhin einen weiteren Erörterungstermin anberaumt, zu dem auf Anregung des Klägers auch der Sachverständige Prof. Dr. D. geladen worden ist; zugleich ist der Kläger aufgefordert worden, spätestens zu diesem Termin weitere Unterlagen vorzulegen, die dem Nachweis einer ingenieurähnlichen Tätigkeit dienen könnten, etwa selbstständige Berechnungen für die Statik einer Fassade. In der Ladung hat das Gericht angekündigt, dass der Sachverständige den Kläger in dem Termin einer Art Wissensprüfung zwecks Beurteilung der Tiefe und Breite seiner Kenntnisse unterziehen solle. In dem Erörterungstermin hat der Sachverständige zunächst angekündigt, die Prüfung werde voraussichtlich 30 Minuten dauern. Nach wenigen Fragen, die der Kläger nur in einem Fall zutreffend hat beantworten können, hat der Sachverständige erklärt, für ihn stehe bereits jetzt fest, dass der Kläger nicht über die Kenntnisse eines Ingenieurs verfüge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23.01.2004 nebst Anlagen Bezug genommen.
12Der Kläger trägt vor, der Sachverständige sei zu einseitig vorgegangen und habe sich auf eine Beurteilung der Unterlagen beschränkt, statt seine – des Klägers - Kenntnisse vor Ort anhand der erstellten Bauwerke zu beurteilen, sich in dessen Büro die Planungen anzusehen und mit ihm zu diskutieren. Auch die Gesprächsführung des Gutachters im Erörterungstermin sei nicht geeignet gewesen, das Technikwissen auszuloten. Offensichtlich handele es sich bei dem Sachverständigen um einen Theoretiker. An den auf der Website "---.de" vorgestellten Bauten könne man exemplarisch erkennen, dass er, der Kläger, nicht lediglich ein Bauzeichner sei. Die Sache möge daher einem anderen Gutachter anvertraut werden, der die Arbeiten auch vor Ort besichtige.
13Der Kläger beantragt,
14die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide ersatzlos aufzuheben,
15hilfsweise, ein neues Sachverständigengutachten einzuholen.
16Der Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Der Beklagte wendet im Wesentlichen Folgendes ein:
19Der Kläger habe nicht anhand seiner praktischen Arbeiten den ihm obliegenden Nachweis erbringen können, über die für den sog. Katalogberuf erforderlichen theoretischen Kenntnisse zu verfügen. Der Sachverständige habe sehr wohl die praktischen Arbeit des Klägers begutachtet, dabei allerdings nicht feststellen können, dass nicht ein Statiker, sondern der Kläger selbst die erforderlichen Berechnungen durchgeführt habe. In der Wissensprüfung habe der Kläger nicht einmal die Grundkenntnisse eines Ingenieurs nachweisen können. Der Hinweis auf die aktuelle Internetseite des Klägers sei unerheblich, da es allein auf die Tätigkeit in den Streitjahren 1995 bis 1997 ankomme; zudem ergebe sich aus der Website, dass zum Team des Klägers auch ein (anderer) Bauingenieur gehöre. Weiterer Aufklärungsbedarf bestehe nicht.
20Die Klage ist unbegründet.
21Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger führt einen der Gewerbesteuer unterliegenden Gewerbebetrieb i.S.v. § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes –GewStG- i.V.m. § 15 Abs.1 Nr. 1 EStG; es kann nicht festgestellt werden, dass seine Tätigkeit derjenigen eines Ingenieurs i.S.v. § 18 Abs.1 Nr. 1 EStG ähnlich ist.
22Nach § 18 Abs.1 Nr. 1 EStG übt eine freiberufliche Tätigkeit auch derjenige aus, der zwar nicht Ingenieur ist, aber einen der Berufstätigkeit der Ingenieure ähnlichen Beruf hat. Das setzt grundsätzliche eine Ausbildung voraus, die mit derjenigen eines Ingenieurs (Studium an einer Hoch-, Fachhoch oder Ingenieurschule) vergleichbar ist; diese Voraussetzung erfüllt der Kläger, der eine Lehre zum technischen Zeichner absolviert hat, unstreitig nicht.
23Ein ähnlicher Beruf kann allerdings auch dann vorliegen, wenn die praktische Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen mathematisch-technische Kenntnisse voraussetzt, die üblicherweise nur durch eine Berufsausbildung als Ingenieur vermittelt werden. Der Steuerpflichtige muss in einem solchen Fall die auf andere Weise, z.B. durch Selbststudium, erworbenen und denen eines Ingenieurs vergleichbaren Kenntnisse anhand seiner praktischen Arbeiten nachweisen können. Darüber hinaus muss die derart nachgewiesene qualifizierte Arbeit den wesentlichen Teil der Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen ausmachen. Die Anerkennung einer ausgeübten Tätigkeit als ähnlicher Beruf setzt die Vergleichbarkeit mit der fachlichen Breite des Ingenieurberufes voraus, so dass die ausgeübte Tätigkeit nicht nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Ingenieurberuf erfassen darf (Urteil des Bundesfinanzhofes –BFH- vom 07.09.1989 IV R 156/86, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1991, 359). Soll von der Art der ausgeübten Tätigkeit auf den Kenntnisstand und die Qualifikation des Berufsausübenden geschlossen werden, so muss sich diese Tätigkeit an der allgemeinen Aufgabenbeschreibung des Vergleichsberufes messen lassen. Darin liegt keine unzulässige Bevorzugung des Ingenieurs, der in einem nicht ausbildungsadäquaten Aufgabenbereich tätig ist. Denn dieser vermag auch relativ einfach erscheinende Probleme anhand seiner umfassenden theoretischen Ausbildung in einem größeren Zusammenhang zu sehen und damit sicherer zu beurteilen als derjenige, der nur auf seine praktische Berufserfahrung zurückgreifen kann (Urteil des BFH vom 11.07.1991 IV R 73/90, Bundessteuerblatt –BStBl- II 1991, 878). Entgegen dem vom Kläger angeführten Urteil des FG Rheinland/Pfalz vom 30.08.2000 1 K 3014/97, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG- 2001, 20, setzt eine Anerkennung als Freiberufler muss die als freiberuflich in Betracht kommende Arbeit den Schwerpunkt der Tätigkeit des Steuerpflichtigen ausmachen und hat der Autodidakt Kenntnisse nachzuweisen, die dem Niveau des eine entsprechende Ausbildung aufweisenden Freiberuflers entsprechen – und zwar nicht nur in Teilbereichen, sondern in allen Hauptbereichen, die für eine erfolgreiche Abschlussprüfung beherrscht werden müssten (Urteil des BFH vom 19.09.2002 IV R 74/00, BStBl II 2003, 27, mit dem die o.a. Vorentscheidung des FG Rheinland/Pfalz aufgehoben worden ist; außerdem Beschlüsse des BFH vom 13.12.1999 IV B 68/99, BFH/NV 2000, 705; vom 14.11.2000 IV B 156/99, BFH/NV 2001, 593).
24Die vorliegenden Gesamtumstände unter Einbeziehung des Ergebnisses der Beweisaufnahme lassen nicht die Feststellung zu, dass die in den Streitjahren vom Kläger ausgeübte Tätigkeit ingenieurähnlicher Kenntnisse voraussetzt; der Kläger hat den nach den Grundsätzen der Feststellungslast von ihm zu führenden Nachweis, im Streitzeitraum die erforderlichen Kenntnisse besessen zu haben, nicht erbringen können.
25Den ihm obliegenden Nachweis solcher Kenntnisse, die üblicherweise nur durch eine Berufsausbildung als Ingenieur vermittelt werden, hat der Kläger nicht durch das Gutachten des Dipl.-Kfm. B. vom 18.04.1997 führen können; das Gericht schließt sich insoweit der von beiden Beteiligten im Erörterungstermin vom 21.03.2003 übereinstimmend vertretenen Ansicht an. Der dortige Sachverständige ist selbst kein Ingenieur, sondern Betriebswirt und auch als Sachverständiger für ein hier nicht einschlägiges Sachgebiet öffentlich bestellt. Zudem ist das von Dipl.-Kfm. B. aufgezeigte Ergebnis, wie vom Beklagten bereits in der Einspruchsentscheidung dargelegt, nicht hinreichend substantiiert und nachvollziehbar. Insbesondere hat der Sachverständige nicht oder zumindest nicht erkennbar geprüft, ob die Projekte des Klägers ausschließlich auf dessen eigenen Berechnungen beruhten. Offen ist zudem, welche – überprüfbaren – Gründe die Schlussfolgerung des B. rechtfertigen können, die Kenntnisse des Klägers entsprächen denen eines ausgebildeten Ingenieurs, zumal hierzu das vom Sachverständigen bescheinigte "deutliche Hinausgehen über das handwerkliche Können eines technischen Zeichners" allein nicht ausreicht.
26Auch mit dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen D. hat der Kläger nicht den Nachweis ingenieurähnlicher Kenntnisse erbringen können. Der Sachverständige hat den Inhalt der vom Kläger mit Schriftsatz vom 26.05.2000 dem Gericht zum "Nachweis der Komplexität" seiner Arbeiten überreichten fünf Aktenordner zu dem Projekt "... Training Center ..." begutachtet. Er ist dort zunächst zu dem Zwischenergebnis gelangt, dass die Arbeiten als ingenieurähnlich in Betracht kommen, er dies allerdings erst dann hinreichend sicher feststellen könne, wenn der Kläger zusätzlich nachweise, die dem Projekt zugrunde liegenden Berechnungen selbst erstellt zu haben. Zu diesem Zwischenergebnis ist der Gutachter nicht etwa als reiner Theoretiker – so die Beanstandung des Klägers – gelangt, sondern auch aus eigener mehrjähriger Erfahrung als Leiter technischer Büros (Gutachten S. 2) und unter Berücksichtigung der gesamten Spannbreite der Tätigkeiten als technischer Zeichner, Konstrukteur, Statiker und Projektleiter. Das Zwischenergebnis ist auch ohne weiteres plausibel, weil nur ein eigenständiges Erstellen der Konstruktionspläne durch den Kläger dessen Ingenieurkenntnisse nachweisen kann.
27Der damit zu Recht ergangenen Aufforderung des Sachverständigen D., Unterlagen zum Nachweis eigener Berechnungen und Vorbemessungen nachzureichen, ist der Kläger nicht nachgekommen. Die einzig vorgelegte Bestätigung des Dipl.-Ing. F. vom 24.08.2003 genügt den Anforderungen aus den bereits vom Beklagten angeführten Gründen nicht; F. war nach eigenen Angaben nur mit der Prüfung der Zeichnungen betraut, ohne daher zuverlässig bekunden zu können, auf welcher Grundlage der Kläger diese Zeichnungen gefertigt hat. Auch auf die gerichtliche Anforderung hat der Kläger keine weiteren Unterlagen übersandt. Der Kläger hat sich stattdessen auf den Vortrag seines Begehrens beschränkt, der Sachverständige möge sich seine Arbeiten vor Ort ansehen und dort deren Qualität mit ihm diskutieren. Eine solche Ortsbesichtigung und Diskussion vermag jedoch die zu Recht angeforderte Vorlage der aufgeführten Unterlagen nicht zu ersetzten. Nur anhand von Dokumenten können Qualität und Urheber der Beiträge überprüft werden, die zum Entstehen eines Projektes beigetragen haben; das (End-)Projekt selbst vermag hierüber keinen zuverlässigen und nachprüfbaren Aufschluss zu geben.
28Die anschließend auf Anregung des Klägers durchgeführte Wissensprüfung hat ebenfalls nicht den erforderlichen Nachweis ingenieurähnlicher Kenntnisse erbracht.
29Lässt sich aus den festgestellten Tatsachen zum Erwerb und Einsatz der Kenntnisse erkennen, dass der Steuerpflichtige über hineichende Kenntnisse verfügen könnte, ein Nachweis aber anhand praktischer Arbeiten nicht geführt werden kann, kommt als ergänzendes Beweismittel eine Wissensprüfung in Betracht; diese kann im Wege eines Sachverständigengutachtens erbracht werden, indem der Gutachter den Steuerpflichtigen gewissermaßen examiniert (Urteile des BFH vom 26.06.2002 IV R 56/00, BStBl II 2002, 768; vom 19.09.2002 IV R 74/00, BStBl II 2003, 27).
30Der Kläger hat in der am 23.01.2004 vom Gutachter durchgeführten Wissensprüfung die erforderlichen Kenntnisse eines Ingenieurs ebenfalls nicht nachweisen können. Der Sachverständige hat als Ergebnis der Prüfung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, die gestellten Fragen, etwa zu den Begriffen Schnittgröße und Schubmittelpunkt oder zur Ermittlung der Schraubenkräfte, seien so grundlegend, dass bereits deren Nichtbeantwortung bzw. unrichtige Beantwortung durch den Kläger die Feststellung zulasse, dass der Kläger nicht über die Kenntnisse eines Ingenieurs verfüge. Der Einwand des Klägers, der Sachverständige habe die Prüfung zu sehr auf die Theorie ausgerichtet, vermag nicht zu überzeugen. Die Wissensprüfung sollte gerade als Beweismittel dienen, die theoretischen Kenntnisse eines Ingenieurs in seiner erforderlichen für eine Ingenieurprüfung relevanten Tiefe und Breite, nicht etwa beschränkt auf den aktuellen Ausschnitt der Arbeiten des Klägers, nachzuweisen, weil dies anhand der praktischen Arbeiten nicht gelungen war. Zudem verfügt der Gutachter nach Einschätzung des Gerichtes auch insoweit über die erforderliche Sachkunde, zumal er im Rahmen einer früheren Tätigkeit im Ministerium für Bau und Wohnen Prüfungserfahrungen mit angehenden Prüfingenieuren hat sammeln können.
31Das Gericht sieht nach Würdigung der Gesamtumstände davon ab, gemäß § 82 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 412 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) eine neue Begutachtung anzuordnen. Das vorliegende Gutachten des Sachverständigen D. ist nach obigen Ausführungen nicht mit Mängeln behaftet – erst recht nicht mit schwerwiegenden Mängeln, die es zur Sachverhaltsfeststellung als unzureichend oder sonst als ungenügend i. S. v. § 412 Abs. 1 ZPO erscheinen lassen (vgl. Urteile des BFH vom 26.01.1988 VIII R 29/87, BFH/NV 1988, 788; vom 05.04.1990 VII R 50/88, BFH/NV 1991, 204).
32Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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