Urteil vom Finanzgericht Düsseldorf - 15 K 2016/03 E
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d:
2Streitig ist, ob dem Kläger anlässlich der Veräußerung seines Unternehmens das Wahlrecht zur Zuflussbesteuerung zusteht.
3Die Kläger wurden im Streitjahr 1997 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer beim Beklagten - dem Finanzamt "S-Stadt" - veranlagt. Der Kläger war Inhaber des Einzelunternehmens "C-Firma" in "S-Stadt". Der Kläger war verpflichtet, auf Grund des Erwerbs des Unternehmens im Jahre 1975 an Frau "F" eine lebenslängliche Rente i.H.v. jährlich 32.473,00 DM zu zahlen. Der Kläger versuchte im Vorfeld der geplanten Veräußerung des Unternehmens, die gegenüber Frau "F" bestehende Rentenverpflichtung durch einen Einmalbetrag abzulösen. Dies wurde jedoch von der Rentenberechtigten abgelehnt. Mit notariellem Unternehmenskaufvertrag vom 29. August 1997 veräußerte der Kläger dann sein Einzelunternehmen an Herrn "X" als Käufer. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt 67 Jahre, seine Ehefrau 63 Jahre alt. Der Kaufpreis betrug 800.000,00 DM. Ein Teilbetrag i.H.v. 400.000,00 DM war in bar bis zum 15. September 1997 zu zahlen. Der verbleibenden Restbetrag i.H.v. weiteren 400.000,00 DM war auf Rentenbasis mit einer Laufzeit von 10 Jahren an den Kläger zu zahlen. Zur Absicherung des Restkaufpreises schloss der Erwerber auf sein Leben eine Risikolebensversicherung über 200.000,00 DM zu Gunsten des Klägers ab und brachte für die übrigen 200.000,00 DM eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer Bank bei.
4In seiner für das Streitjahr 1997 eingereichten Einkommensteuererklärung erklärte der Kläger in Zeile 15 der Anlage GSE (Kennziffer 21.30) einen Veräußerungsgewinn nach § 16 Einkommensteuergesetz - EStG - i.H.v. 129.662,00 DM. Der Beklagte veranlagte mit Einkommensteuerbescheid vom 26. August 1998 erklärungsgemäß. Der Bescheid erging nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
5Vom 29. September 1999 bis 25. November 1999 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung durch den Beklagten statt. Nach Auffassung der Betriebsprüferin stand hinsichtlich der im Vertrag vom 29. August 1997 vereinbarten Zeitrente dem Kläger kein Wahlrecht zur Zuflussbesteuerung gemäß R 139 (11) EStR zu. Denn ein Wahlrecht zwischen einer tarifbegünstigten Sofortbesteuerung eines Veräußerungsgewinns und einer nicht tarifbegünstigten Besteuerung nachträglicher Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei einer Zeitrente sei nur dann möglich, wenn die Zeitrente dem Veräußerer langfristig eine Versorgung verschaffe. Der Versorgungscharakter von Zeitrenten sei aber nur dann gegeben, wenn an den Veräußerer monatliche Zahlungen für einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren getätigt würden und durch die sonstige Ausgestaltung des Vertrages eindeutig die Absicht des Veräußerers zur Versorgung zum Ausdruck komme. Beide Merkmale lägen aber im Fall des Klägers nicht vor. Der Versorgungsgedanke komme in dem Vertragswerk nicht zum Ausdruck. Da zudem die andere Hälfte des Kaufpreises i.H.v. 400.000,00 DM laut Vertrag auf Rentenbasis über einen Zeitraum von 10 Jahren abgetragen werden solle, handele es sich vielmehr um Kaufpreisraten. Die Prüferin ermittelte daher den Veräußerungsgewinn wie folgt:
6
Einmalzahlung | 400.000,00 DM |
abgezinste Kaufpreisraten | 385.793,00 DM |
Buchwert PKW | 18.032,00 DM |
Zwischensumme | 803.825,00 DM |
abzgl. Kapitalkonto lt. BP | ./. 178.369,00 DM |
Gewerbesteuerrückstellung | 96.816,00 DM |
= Veräußerungsgewinn | 528.640,00 DM |
7
Der Beklagte erließ einen geänderten Einkommensteuerbescheid, in dem er den Feststellungen der Betriebsprüferin vollumfänglich folgte.
8Die Kläger legten gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid Einspruch ein und trugen zur Begründung vor, ihnen stehe das Wahlrecht zwischen der sofortigen Versteuerung im Zeitpunkt der Veräußerung oder einer Versteuerung als nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Zuflusszeitpunkt zu. Dieses Wahlrecht werde bei Veräußerungsleibrenten eingeräumt. Der Bundesfinanzhof - BFH - führe im Urteil vom 30.Januar 1974 IV R 80/70, BFHE 111, 477, BStBl II 1974, 452 ausdrücklich aus, dass selbst bei einer Leibrente mit einer Laufzeit von 10 Jahren das Wahlrecht, die Zuflussbesteuerung zu wählen, eröffnet sei. Ausschlaggebend sei hierbei auch eine Besteuerung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dem Veräußerer stünden nämlich mangels Zuflusses die Mittel noch nicht zur Verfügung, mit denen die Steuerschuld beglichen werden solle. Von einem Veräußerungsgewinn sei daher nur dann auszugehen, wenn der Veräußerer problemlos auf die Gegenleistung zurückgreifen könne. Denn nur dann sei seine gegenwärtige Leistungsfähigkeit gesteigert. Hintergrund für die Vereinbarung der wiederkehrenden Rentenbezüge neben dem Festentgelt sei zudem der Wunsch des Klägers gewesen, im Alter von 68 Jahren seine Versorgung für die Dauer von 10 Jahren abzusichern. Denn ohne die vereinbarte Versorgungsrente hätten die laufenden monatlichen Bezüge nicht ausgereicht, die fixen Belastungen von ca. 5.700,00 DM und die Aufwendungen für den ungebundenen Lebensbedarf i.H.v. ca. 3.000,00 DM abzudecken. Es hätte sich eine Versorgungslücke von jährlich ca. 45.860,00 DM ergeben. Ursächlich für diese Versorgungslücke sei die für den Kläger bestehende Verpflichtung, Frau "F" eine lebenslängliche Rente aus dem Erwerb des veräußerten Unternehmens aus dem Jahr 1975 zu zahlen. Die vereinbarten Rentenzahlungen hätten daher trotz der Dauer von exakt 10 Jahren reinen Versorgungscharakter gehabt. Nachdem Frau "F" einer Ablösung der Rentenberechtigung nicht zugestimmt habe, sei es Ziel gewesen, der Rentenverpflichtung gegenüber Frau "F" ein gleichartiges Rentenrecht gegenüber zu stellen. Dabei sei berücksichtigt worden, dass die Rentenberechtigte Frau "F" im Zeitpunkt der Veräußerung des Unternehmens durch den Kläger das 82. Lebensjahr vollendet habe. Zu diesem Zeitpunkt habe für Frau "F" eine statistische Lebenserwartung von 6 Jahren bestanden. Im Hinblick auf diese statistische Lebenserwartung habe der Kläger eine Rentenvereinbarung mit dem Erwerber des Unternehmens über 10 Jahre begründet.
9Mit Einspruchsentscheidung vom 10.03.2003 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, dass nur kaufmännische Überlegungen für die Bestimmung des Kaufpreises maßgebend gewesen seien und damit nicht die Versorgung des Veräußerers beabsichtigt war. Auch der Wortlaut des Kaufvertrages liefere keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Versorgung des Klägers ausschlaggebend für die bewilligte Zahlungsform gewesen sei. Im Übrigen sei der Kläger durchaus in der Lage gewesen, den Lebensunterhalt aus den laufenden Einkünften zu finanzieren. Auch gehe die Tendenz in Rechtsprechung und Literatur dahin, ein Wahlrecht zwischen Sofort- und Zuflussversteuerung nur noch für den Fall einzuräumen, dass ein Betrieb gegen eine lebenslängliche Rente veräußert werde.
10Mit ihrer Klage halten die Kläger weiterhin an der Zuflussbesteuerung fest. Es sei kein sachliches Differenzierungskriterium dafür ersichtlich, weshalb bei einer unterstellten Laufzeit der Leibrente von 10 Jahren und einem Monat das Wahlrecht zur Zuflussbesteuerung eröffnet sein solle, hingegen bei einer Laufzeit von exakt 10 Jahren dieses Wahlrecht nicht bestehen solle. Die zeitliche Differenz von einem Monat ändere nichts daran, dass in beiden Fällen der Versorgungscharakter der regelmäßig wiederkehrenden Rentenleistungen im Vordergrund stehe. Zudem sei die Entscheidung des BFH vom 19. August 1999 IV R 67/98, BFHE 190, 150, BStBl II 2000, 179 zu berücksichtigen. Zwar sei in dem dortigen Streitfall die Frage streitig gewesen, ob bei der Wahl der Sofortversteuerung auf Grund der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils gegen Leibrente der Tod des Rentenberechtigten als rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO anzusehen sei. Inzidenter habe der BFH jedoch dort entschieden, dass die Ausübung des Wahlrechts zwischen Sofortversteuerung und Zuflussbesteuerung auch möglich sei, wenn die Veräußerung des Gesellschaftsanteils gegen eine Leibrente in 120 gleichen Monatsraten (mithin also exakt 10 Jahren) erfolge.
11Der Beklagte hat am 23. Juni 2000 den Einkommensteuerbescheid 1997 aus nicht streitbefangenen Gründen geändert.
12Die Kläger beantragen,
13den Einkommensteuerbescheid 1997 vom 23. Juni 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. März 2003 in der Weise zu ändern, dass die Rentenzahlungen, die der Kläger seit der Betriebsveräußerung i.H. eines monatlichen Betrags von 4.151,00 DM erhält, erst bei Zufluss zu versteuern sind.
14Der Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Er verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung.
17Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
18E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
19Die Klage ist nicht begründet.
20Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Beklagte hat die von den Klägern empfangenen Kaufpreisraten zu Recht nicht als nachträgliche gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Abs. 1, 24 Nr. 2 EStG besteuert, sondern zu Recht die Zahlung von Kaufpreisraten angenommen.
211. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören Gewinne, die bei der Veräußerung eines Einzelunternehmens erzielt werden (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Veräußerungsgewinn ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den nach § 4 Abs. 1 oder 5 EStG ermittelten Wert des Einzelunternehmens übersteigt (§ 16 Abs. 2 EStG). Der Gewinn aus der Veräußerung eines Einzelunternehmens ist nach der Regelung des § 16 Abs. 1 und 2 EStG im Zeitpunkt der Veräußerung verwirklicht und in dem Veranlagungszeitraum zu versteuern, in den dieser Zeitpunkt fällt. Dies gilt unabhängig davon, ob der Veräußerungspreis sofort fällig oder ganz oder teilweise langfristig gestundet ist und wann der Veräußerungspreis dem Veräußerer tatsächlich zufließt (vgl. Beschluss des BFH vom 12. Mai 1999 IV B 52/98, BFH/NV 1999, 1330 und Urteil vom 26. Juli 1984 IV R 137/82, BFHE 141, 525, BStBl II 1984, 829).
222. Für bestimmte Fälle der Betriebsveräußerung gegen Ratenzahlung gestehen Rechtsprechung und Verwaltung (R 139 Abs. 11 EStR) dem Steuerpflichtigen abweichend vom gesetzlichen Normalfall ein Wahlrecht zu zwischen einer tarifbegünstigten Besteuerung des Veräußerungsgewinns im Zeitpunkt der Betriebs- oder Anteilsveräußerung nach Maßgabe der §§ 16, 34 EStG und einer nicht tarifbegünstigten Besteuerung nachträglicher Einkünfte aus Gewerbebetrieb im jeweiligen Jahr des Zuflusses des Veräußerungserlöses nach Maßgabe der §§ 15 Abs. 1, 24 Nr. 2 EStG. Dieses Wahlrecht stellt rechtssystematisch eine Billigkeitsregelung unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Besteuerung dar, welche ihre innere Rechtfertigung in einer teleologischen Reduktion des (zwingenden) Anwendungsbereichs der §§ 16, 34 EStG im Verhältnis zu § 24 Nr. 2 EStG findet. Wählt der Steuerpflichtige die Zuflussbesteuerung, dann bezieht er ab dem vorgenannten Zeitpunkt in voller Höhe nachträgliche nicht tarifbegünstigte Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15 Abs. 1, 24 Nr. 2 EStG), sobald und soweit die Summe der einzelnen wiederkehrenden Bezüge den Buchwert i.S.v. § 16 Abs. 2 zuzüglich der Veräußerungskosten übersteigt. Eine Aufteilung dieser Raten in einen Tilgungs- und einen Zinsanteil ist nicht vorzunehmen. Das Wahlrecht besteht nach Auffassung der Rechtsprechung nur dann, wenn der Veräußerungspreis in langfristigen wiederkehrenden Bezügen besteht, die wagnisbehaftet sind, oder wenn die langfristigen wiederkehrenden Bezüge hauptsächlich zur Versorgung des Veräußerers dienen und nicht im Interesse des Erwerbers vereinbart wurden. Als langfristige wiederkehrende Bezüge, die wagnisbehaftet sind, wertet die Rechtsprechung Umsatz- und Gewinnbeteiligungsrenten, Leibrenten und Zeitrenten, d.h. für eine kalendermäßig fest bestimmte Zeit eingeräumte Renten, falls sie für einen ungewöhnlich langen, nicht mehr übersehbaren Zeitraum bedungen sind (Urteil des BFH vom 12. Juni 1968 IV 254/62, BFHE 92, 561, BStBl II 1968, 653; vom 30. Januar 1974 IV R 80/70, BFHE 111, 477, BStBl II 1974, 452; vom 26. Juli 1984 IV R 137/82, BFHE 141, 525, BStBl II 1984, 829; vom 10. Juli 1991 X R 79/90, BFHE 165,75, DStR 1991, 1381 und Beschluss vom 21. Dezember 1988 III B 15/88, BFHE 155, 386, BStBl II 1989, 409; vgl. auch H 139 Abs. 11 EStR Stichworte "Ratenzahlungen" und "Zeitrente").
233. Im Streitfall spricht bereits der Wortlaut des Veräußerungsvertrags ("Restbetrag des Kaufpreises") für die Einordnung der Zahlungen als verrentete Kaufpreisraten und gegen Versorgungsleistungen. Hätten die Rentenzahlungen, wie die Kläger vortragen, tatsächlich dazu gedient, die durch die Rentenverpflichtung des Klägers gegenüber Frau "F" bedingte Versorgungslücke von jährlich ca. 45.860,00 DM zu schließen, so hätte sich diese Versorgungslücke hinreichend sicher nur sicher schließen lassen, wenn die Rentenzahlungen bis zum Ableben der Rentenberechtigten zu entrichten gewesen wären. Auch unter Berücksichtigung der statistischen Lebenserwartung ist der Kläger ein nicht unerhebliches Risiko eingegangen, dass diese Rentenverpflichtung auch nach Ablauf von 10 Jahren fortbesteht. Zudem konnte der Kläger auch nicht davon ausgehen, dass eine 10-jährige Zeitrente für ihn selbst und insbesondere seine zum Beginn der Rentenzahlungen erst 63-jährigen Ehefrau ein ausreichende Altersversorgung sicherstellen konnte. Dies alles spricht dafür, dass die ratenweise Tilgung der Hälfte des Kaufpreises über einen Zeitraum von 10 Jahren in erster Linie deshalb vereinbart wurde, weil der Erwerber nicht bereit und/oder nicht in der Lage war, den Kaufpreis sofort in voller Höhe zu entrichten.
24Entscheidend kommt hinzu, dass die Zahlungen nicht wagnisbehaftet waren. Der Erwerber war offenkundig weder bereit, einen höheren Kaufpreis als 800.000 DM zu bezahlen, noch wollte er die in einer Leibrentenvereinbarung liegende Chance nutzen. Für die Vertragsbeteiligten stand die 10-jährige Laufzeit fest, nachdem die Zahlungen nicht mit dem Tod des Berechtigten enden, sondern mit seiner Ehefrau bzw. deren Erben bis zum Ablauf des 10-Jahres-Zeitraums fortgesetzt werden sollten. Gegen eine Wagnisbehaftung spricht zudem, dass der Restkaufpreis durch eine Risikolebensversicherung sowie eine Bankbürgschaft abgesichert war sowie die Tatsache, dass er in einem Betrag fällig werden sollte, sobald der Erwerber mit mehr als zwei Teilbeträgen länger als sechs Monate in Verzug geraten sollte.
254. Die Kläger können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Verwaltung in bei verrenteten Kaufpreisraten mit einer Laufzeit von mehr als 10 Jahren das Wahlrecht einräumt. Der Senat lässt offen, ob er dieser Auffassung folgen könnte, die auf BFH-Urteile aus den 60-er Jahren Bezug nimmt, die möglicherweise überholt sind. Die Anwendung der Regelung in H 139 (11) EStH müsste im übrigen daran scheitern, dass die Verwaltung das Wahlrecht davon abhängig macht, dass die Ausgestaltung des Vertrags eindeutig die Absicht des Veräußerers zum Ausdruck bringt, sich eine Versorgung zu verschaffen. Hieran fehlt es im Streitfall gerade.
265. Die von den Klägern zitierten Entscheidungen des BFH vom 30. Januar 1974 IV R 80/70, BFHE 111, 477, BStBl II 1974, 452 und vom 19. August 1999 IV R 67/98, BFHE 190, 150, BStBl II 2000, 179 stützen ihre Rechtsauffassung ebenfalls nicht.
27In der Entscheidung vom 30. Januar 1974 IV R 80/70, BFHE 111, 477, BStBl II 1974, 452 hat der BFH dem Veräußerer ein Wahlrecht zwischen einer Versteuerung nach den §§ 16, 34 EStG einerseits und dem § 24 Nr. 2 und § 15 Abs. 1 EStG auch bei einer Leibrente mit einer Laufzeit von zehn Jahren eingeräumt. Ausschlaggebend war, dass auch bei einer zehnjährigen Leibrente "der Kaufpreis in Form von Zahlungen geleistet wird, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken und die vor allem für den Veräußerer mit einem Wagnis verbunden sind". Das Wagnis für den Veräußerer sah der BFH darin, dass seine Leibrente vor Ablauf des Zeitraums, der bei der Kapitalisierung der Leibrente als mittlere Lebenserwartung zugrunde zu legen wäre, durch den Tod des Berechtigten wegfallen kann und sich dann erweist, dass der Rentenberechtigte einen Betrag versteuert hat, der höher ist als die tatsächlich erlangte Gegenleistung. Dieses Wagnis besteht nach Auffassung des BFH auch noch bei einer Leibrente, deren Laufzeit auf 10 Jahre abgekürzt ist, auch wenn es naturgemäß geringer ist als bei einer längeren oder gar lebenslänglichen Laufzeit. In der Entscheidung vom 19. August 1999 IV R 67/98, BFHE 190, 150, BStBl II 2000, 179 handelte es sich um eine Leibrente, die nach dem Tod des Empfängers erlöschen und nicht auf Rechtsnachfolger übergehen sollte.
28In den vom BFH entschiedenen Fällen erlosch somit der Rentenanspruch mit dem Tode der Rentenberechtigten; er war weder vererblich noch übertragbar. Im Streitfall war die Rente dagegen auch nach dem Tod des Klägers erst an die Klägerin und bei deren Versterben an die Erben weiter zu zahlen. Für einen derartigen Fall einer vererblichen Zeitrente hat der BFH mit Urteil vom 24. April 1970 VI R 212/69, BStBl II 1970, 541 jedoch ausdrücklich entschieden, dass Kaufpreisraten anzunehmen sind, wenn es an dem für Leibrenten typischen Risiko durch Anknüpfung an das Lebensalter der Berechtigten fehlt.
296. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
307. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Der Senat hält im Hinblick auf die bereits ältere und möglicherweise überholte Rechtsprechung des BFH zumindest die Frage für klärungsbedürftig, ob bei Kaufpreisraten mit einer Laufzeit von mehr als 10 Jahren ein Wahlrecht nach R 139 Abs. 11 EStR besteht und bejahendenfalls, ob dieses Wahlrecht bei einer Laufzeit von exakt 10 Jahren ausgeschlossen ist.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.