Urteil vom Finanzgericht Düsseldorf - 9 K 4245/07 Kg
Tenor
Unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 14.3.2007 und der Einspruchsentscheidung vom 10.10.2007 wird die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für dessen Sohn Kindergeld in gesetzlicher Höhe für das Jahr 2004 zu gewähren.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Der am 19.11.1979 geborene Sohn des Klägers studierte im Streitjahr 2004 Wirtschaftsinformatik. Er erzielte daneben aus nicht selbstständiger Arbeit Bruttoeinnahmen in Höhe von 13.288,72 EUR. Die einbehaltenen Beiträge zur Sozialversicherung beliefen sich auf 1.295,68 EUR. Ferner wurden Beiträge zu einer freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 657,24 EUR entrichtet. Der Kläger beantragte am 10.9.2006 Kindergeld. Er machte u. a. Semesterbeiträge seines Sohnes in Höhe von 120,28 EUR je Semester als ausbildungsbezogene Aufwendungen geltend. Mit Bescheid vom 14.3.2007 lehnte die Beklagte die Gewährung von Kindergeld ab, da die Einkünfte und Bezüge des Sohnes ihren Berechnungen nach den im Streitjahr maßgeblichen Grenzbetrag in Höhe von 7.680 EUR überschritten. Hiergegen erhob der Kläger am 7.4.2007 Einspruch, welchen die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 10.10.2007 als unbegründet zurückwies. Sie berechnete die Einkünfte und Bezüge des Sohnes wie folgt:
3
Bruttoeinnahmen | 13.288,72 EUR |
./. Sozialversicherungsbeiträge | -1.295,68 EUR |
./. freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung. | -657,24 EUR |
./. sonstige Werbungskosten | -1.386,00 EUR |
Zwischensumme: | 9.949,80 EUR |
./. besondere Ausbildungskosten | -2.132,83 EUR |
Summe der Einkünfte und Bezüge | 7.816,97 EUR |
4
Die Semestergebühren berücksichtigte die Beklagte nicht, da in diesen Beiträgen in der Regel sowohl Tickets für öffentliche Verkehrsmittel, Versicherungsbeiträge, Beiträge zu studentischen Verbindungen enthalten seien. Wegen der weiteren Einzelheiten insbesondere der Berechnungen der Beklagten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen (Bl. 5ff der Gerichtsakte).
5Der Kläger hat am 8.11.2007 Klage erhoben und trägt im Wesentlichen vor, die Zahlung der Semestergebühren gehöre zu den besonderen Ausbildungskosten. Ohne diese Gebühren entrichtet zu haben, könne sein Sohn überhaupt nicht als Student eingeschrieben bleiben und studieren. Es komme auch nicht darauf an, ob in dem Beitrag ein Ticket für die Benutzung öffentlicher Nahverkehrsmittel enthalten sei. Diese Tickets würden aus anderen Mittel finanziert. Der Semesterbeitrag sei davon unabhängig.
6Der Kläger beantragt,
7unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 14.3.2007 und der Einspruchsentscheidung vom 10.10.2007 die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger für den Sohn antragsgemäß Kindergeld in gesetzlicher Höhe für das Jahr 2004 zu gewähren,
8hilfsweise: im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11hilfsweise: im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.
12Sie ist – unter Hinweis auf die Richtlinien DA 63.4.2.8 Abs.2 Satz 2 – der Ansicht, Semestergebühren könnten nicht als besondere Ausbildungskosten abgezogen werden.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der von der Beklagten vorgelegten Kindergeldakten Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe
15Die Klage ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger für dessen Sohn im Jahre 2004 Kindergeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Die Einkünfte und Bezüge des Sohnes überschreiten nicht den im Streitjahr geltenden Grenzbetrag in Höhe von 7.680 EUR. Die Semestergebühren in Höhe von insgesamt 240,56 EUR sind als besondere Ausbildungskosten gem. § 32 Abs. 4 Satz 5 EStG zu berücksichtigen.
16Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), von der abzuweichen keine Veranlassung besteht, sind besondere Ausbildungskosten alle über die Lebensführung hinausgehenden ausbildungsbedingten Mehraufwendungen (vgl. BFH Urteile vom 4.11.2000 VI R 62/97, BStBl II 2000, 489, und vom 18.05.2006 III R 5/05, BFH/NV 2006, 1745). Die Abgrenzung kann in der Weise erfolgen, wie dies im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses zwischen den Kosten der Lebensführung und den durch den Beruf veranlassten Kosten (Werbungskosten) geschieht. Besondere Ausbildungskosten sind somit beispielsweise angefallene Studiengebühren, Fahrtkosten für die Fahrt zwischen Wohnung und Ausbildungsplatz und Aufwendungen für Arbeitsmittel. Bei den Studentenwerksbeiträgen bzw. Semestergebühren handelt es sich um besondere Ausbildungskosten, da sie ausbildungsbedingt entstehen. Zahlt der Student diese Beiträge nicht, kann er mangels Wirksamkeit der Rückmeldung seine Ausbildung nicht fortsetzen. Sofern einem Studenten durch die Zahlung der Semestergebühr zugleich kostenlose Beförderungsmöglichkeiten im Nahverkehr auch zu privaten Zwecken ermöglicht werden, handelt es sich regelmäßig umsolche Vorteile, die wegen ihrer Geringfügigkeit hinter dem eigentlichen Zweck, nämlich der Fortsetzung des Studiums zurückstehen müssen. Zudem können diese Vorteile auch deshalb nicht dazu führen, dass die Semestergebühren insgesamt nicht berücksichtigt werden dürfen, weil sich der Student diesem Vorteil nicht entziehen kann. Er hat bei der Einschreibung keine Wahl, ob er den mit der Entrichtung der Semestergebühr verbundenen Vorteil haben will oder ob nicht. Da dem Gesetz die Abzugsfähigkeit derartiger Ausbildungskosten selbst entnommen werden kann, kann eine Einschränkung durch den Richtliniengeber (DA-FamEStG vom 05.08.2004 63.4.2.8, wonach Studiengebühren, nicht jedoch die üblichen Semester- oder Rückmeldegebühren berücksichtigungsfähig sein sollen) nicht erfolgen (so auch FG München, Urteil vom 25.9.2007 (Az.: 5 K 2929/07, Juris-Dokument).
17Unter Berücksichtigung der Semestergebühren in Höhe von 2 x 120,28 EUR (gezahlt am 8.3. und 3.9.2004) sind die bisherigen Einkünfte und Bezüge von 7.816,97 EUR, deren Höhe zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig ist, und gegen die auch nach erneuter Überprüfung an Hand der vorliegenden Akten keine Bedenken bestehen, um weitere 240,56 EUR auf 7.576,41 EUR zu mindern und unterschreiten damit den im Streitjahr geltenden Grenzbetrag von 7.680 EUR.
18Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
19Der Senat hat die Revision zur Fortbildung des Rechts gem. § 115 Abs. 2 Nr.2 1.Fall FGO zugelassen.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.