Urteil vom Finanzgericht Düsseldorf - 12 K 4046/06 AO
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
G r ü n d e
2Die Beteiligten streiten um die Anrechenbarkeit von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer.
3Im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit als freier Börsenmakler tätigte der Kläger in den Streitjahren Wertpapierstichtagsgeschäfte mit der Zielsetzung des sog. Dividendenstrippings. Die hieraus erzielten Kursverluste zuzüglich An- und Verkaufskosten berücksichtigte er bei den Erklärungen für die gesonderte Feststellung des Gewinns aus Gewerbebetrieb gewinnmindernd, die Bruttodividende zuzüglich Körperschaftsteuer erfaßte er als Ertrag. Auf der Grundlage der Ergebnisse einer Außenprüfung kam es zwischen dem Feststellungsfinanzamt und dem Kläger zum Streit über die einkommen-steuerrechtliche Anerkennung der aus diesen Geschäften erzielten Ergebnisse. Die Betriebsprüfung und ihr folgend das Feststellungsfinanzamt gingen davon aus, daß insoweit ein den Tatbestand des § 42 Abgabenordnung (AO) erfüllender Mißbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten vorliege. Das Feststellungsfinanzamt erließ daraufhin geänderte Gewinnfeststellungsbescheide, in denen es die Wertpapierstichtagsgeschäfte unberücksichtigt ließ. Nach jeweils erfolglosen Einspruchsverfahren erhob der Kläger die beim Finanzgericht Düsseldorf unter den Aktenzeichen 17 K 3418/98 F sowie 17 K 3420/98 F geführten Klagen, in denen er zum einen die Aufhebung der gesonderten Feststellungen der Kapitalertragsteuer und der anrechenbaren Körperschaftsteuer sowie zum anderen die Erhöhung der in den Streitjahren erzielten Gewinne begehrte. Das Finanzgericht Düsseldorf folgte im Ergebnis der Auffassung des Klägers. In seinen hier wegen der näheren Einzelheiten in Bezug genommenen Urteilen vom 04.03.2002 hob es die gesonderten Feststellungen der anrechenbaren Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer ersatzlos auf. Des weiteren hob es die vom Beklagten erlassenen geänderten Bescheide über die gesonderte Gewinnfeststellung mit der Folge auf, daß die Bescheide mit Berücksichtigung der Ergebnisse aus den Wertpapierstichtagsgeschäften wieder in Kraft traten. Zur Begründung des letztgenannten Ausspruches führte das Finanzgericht aus, daß die auf Gewinnerhöhung gerichteten Klagen zulässig seien. Das vom Kläger verfolgte Rechtsschutzbegehren sei zum einen die steuerliche Anerkennung der bei den Anteilskäufen und –verkäufen erzielten Verluste, zum anderen die Einbeziehung der diese Verluste übersteigenden Bruttodividenden als Einnahmen, letzteres mit dem eigentlichen Ziel der Anrechnung der entsprechenden Körperschaftsteuer- und Kapitalertragsteuerbeträge. Dieses Rechtsschutzziel sei nur durch Gewinnerhöhung erreichbar. Nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 Einkommensteuergesetz in der für die Streitjahre gelten Fassung (EStG) setze eine Anrechnung der Körperschaftsteuer zwar nicht voraus, daß die Körperschaftsteuer zuvor bei den Einnahmen erfaßt werde. Nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG werde die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer (hier: die Kapitalertragsteuer) aber nur angerechnet, soweit sie auf die bei der Veranlagung erfaßten Einkünfte entfalle. Eine Anrechnung der Körperschaftsteuer finde nach § 36 Abs. 2 lit. f EStG nicht statt, wenn die Einnahmen (hier: die Bruttodividende) bei der Veranlagung nicht erfaßt seien.
4Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Gerichtsbescheid vom 30.11.2005 in den Verfahren I R 128, 129/04 (BFH/NV 2006, 1261) die vorgenannten Urteile des Finanzgerichts Düsseldorf hinsichtlich der Gewinnfeststellungen aufgehoben und die Revisionen im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen. In den Gründen führte der BFH aus, daß den gegen die Gewinnfeststellungen gerichteten Klagen das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Eigentliches Rechtsschutzziel des Klägers sei die Anrechnung der Kapitalertragsteuer- sowie Körperschaftsteuerbeträge. Dieses Ziel sei mit Klagen gegen die Feststellungsbescheide grundsätzlich nicht erreichbar. Die Anrechnung sei vielmehr Teil des Steuererhebungsverfahrens und werde durch Abrechnungsbescheid nach § 218 AO herbeigeführt. Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Gewinnerhöhung sei nur dann zu bejahen, wenn andernfalls die Anrechnung nicht möglich wäre. Dies sei für die Streitjahre nicht der Fall; denn eine Anrechnung setze nicht voraus, daß die Körperschaftsteuer ihrerseits als Einnahme erfaßt worden sei. Mündliche Verhandlung wurde von den Beteiligten nicht beantragt. Der Beklagte verweigerte mit Abrechnungsbescheid vom 02.08.2006 die Anrechnung von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer für die Streitjahre 1989 und 1990. Zur Begründung vertrat er die Auffassung, daß die Anrechnung mangels Erfassung der Bruttodividende nicht in Betracht komme. Ein hiergegen gerichteter Einspruch der als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger blieb erfolglos.
5Mit der vorliegenden Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie tragen vor, daß die Anrechnungsvoraussetzungen nach der vorzitierten Entscheidung des BFH erfüllt seien. Die Wirkungen der Dividendenstrippinggeschäfte seien zwar in den Feststellungsbescheiden nicht enthalten, so daß der vom Beklagten vertretene Standpunkt auf den ersten Blick als zutreffend erscheine. Der BFH sei in dem Gerichtsbescheid vom 30.11.2005 aber zu dem Ergebnis gelangt, daß das von ihnen –den Klägern verfolgte Rechtsschutzziel auch ohne Gewinnerhöhung erreichbar sei. Dieser Auffassung stelle sich der Beklagte nunmehr entgegen.
6Die Kläger beantragen sinngemäß,
7den Abrechnungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.10.2006 zu ändern und auf die Einkommensteuer der Jahre 1989 und 1990 folgende Steuerbeträge anzurechnen:
8Körperschaftsteuer 1989 in Höhe von 1.400.203,13 DM,
9Kapitalertragsteuer 1989 in Höhe von 622.312,50 DM,
10Körperschaftsteuer 1990 in Höhe von 918.957,38 DM sowie
11Kapitalertragsteuer 1990 in Höhe von 408.425,50 DM.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Er trägt vor, daß der BFH die Klage gegen die Gewinnfeststellungsbescheide als unzulässig angesehen habe. Damit seien die aufgrund der Außenprüfung erlassenen Änderungsbescheide wieder in Kraft, welche ohne Berücksichtigung der Wertpapierstichtagsgeschäfte erlassen worden seien. Damit fehle es an der Erfassung der Bruttodividende als Anrechnungsvoraussetzung.
15Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Abrechnungsbescheid ist rechtmäßig; denn die Kläger haben keinen Anspruch auf Anrechnung der streitigen Steuerbeträge.
16In der für die Streitjahre geltenden Fassung läßt das Gesetz die Anrechnung der durch Steuerabzug erhobenen Kapitalertragsteuer nur dann zu, wenn sie auf die bei der Veranlagung erfaßten Einkünfte entfällt, § 32 Abs. 2 Nr. 2 EStG. Ein entsprechender Befund ergibt sich bei der Körperschaftsteuer. Sie wird nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 lit. f EStG nicht angerechnet, wenn die Einnahmen bei der Veranlagung nicht erfaßt werden. Vorliegend sind die Anrechnungsvoraussetzungen nicht erfüllt; denn der Gerichtsbescheid des BFH vom 30.11.2005 hat die aufgrund der Ergebnisse der Außenprüfung erlassenen Feststellungsbescheide wieder in Kraft gesetzt, welche die Ergebnisse der vom Kläger getätigten Wertpapierstichtagsgeschäfte unberücksichtigt lassen.
17Der zufällige Umstand, daß der Kläger weitere Einkünfte aus Kapitalvermögen in einer Höhe erzielt hat, die eine Erfassung der Ergebnisse der Wertpapierstichtagsgeschäfte rein rechnerisch möglich macht, führt zu keinem anderen Ergebnis; denn das Gesetz setzt voraus, daß tatsächlich die mit der Anrechnung korrespondierenden Einnahmen bei der Veranlagung des Steuerpflichtigen erfaßt wurden (vgl. z. B. BFH vom 22.11.1995 I R 114/94 BStBl 1996 II 531 m. w. N.). Das ist nach dem Vorstehenden nicht der Fall.
18Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
19Die Revision war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen; denn dem Gerichtsbescheid des BFH vom 30.11.2005 (a. a. O.; s. auch BFH vom 27.04.2005 I R 114/03 BFH/NV 2005, 1988) liegt offensichtlich die Rechtsauffassung zugrunde, daß im Abrechnungsverfahren eine Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen auch ohne Erfassung korrespondierender Einnahmen bei der Veranlagung erfolgen kann. Eine diese Auffassung stützende Begründung ergibt sich für den erkennenden Senat weder aus dem Gesetz noch aus dem Wortlaut des Gerichtsbescheids.
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