Urteil vom Finanzgericht Düsseldorf - 15 K 4597/12 E
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand
2Streitig ist die Bestandskraft einer Teileinspruchsentscheidung.
3Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2011 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger übte eine Einsatzwechseltätigkeit als Stahlbaumonteur und Schweißer aus und erzielte hieraus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Mit der Einkommensteuererklärung 2011 machte er Kosten für Fahrten zu seinen Einsatzorten i.H.v. EUR 12.387,60 geltend.
4Mit Bescheid vom 04.06.2012 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2011 auf EUR 7.032 fest. Bei den Einkünften des Klägers brachte er Reisekosten i.H.v. nur 80% des geltend gemachten Betrages zum Abzug.
5Mit Schreiben vom 04.06.2012, zugegangen am 05.06.2012, legten die Kläger Ein-spruch ein. Der Einspruch richtete sich gegen die Kürzung der als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 des Einkommensteuergesetzes -EStG- abgezogenen Krankheitskosten um zumutbare Belastungen. Da zur Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Kürzung mehrere finanzgerichtliche Verfahren anhängig seien, beantragten sie das Ruhen des Verfahrens.
6Daraufhin erließ der Beklagte am 21.06.2012 – vor Ablauf der Einspruchsfrist – eine Teileinspruchsentscheidung gemäß § 367 Abs. 2 Buchst. a) der Abgabenordnung -AO-. Er wies den Einspruch, soweit er nicht die Verfassungsmäßigkeit der Kürzung der außergewöhnlichen Belastungen betraf, als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit des Steuerbescheides nicht bestünden. Die Kläger hätten auch keine Einwände gegen die Steuerfestsetzung erhoben. Der Erlass einer Teileinspruchsentscheidung sei sachdienlich, weil dadurch die Festsetzung weitestgehend in Bestandskraft erwachsen und so dem beiderseitigen Bedürfnis nach Rechtsfrieden und -sicherheit Rechnung getragen werden könne. Im Übrigen stellte der Beklagte das Einspruchsverfahren ruhend.
7Am 06.07.2012 legten die Kläger erneut Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 04.06.2012 ein. Eine Begründung werde nachgereicht. Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 16.08.2012 um Übersendung der Einspruchsbegründung gebeten hatte, beantragten die Kläger die erklärungsgemäße Berücksichtigung der Fahrtkosten des Klägers. Dem am 20.09.2012 vorgebrachten Einwand des Beklagten, dass der erneute Einspruch nicht zulässig sei, hielten sie entgegen, dass die Einspruchsfrist des § 355 Abs. 1 AO nicht durch vorzeitige Teileinspruchsentscheidung verkürzt werden dürfe.
8Mit Einspruchsentscheidung vom 15.11.2012 verwarf der Beklagte den Einspruch der Kläger als unzulässig. Gemäß § 348 Nr. 1 AO, seien Einsprüche gegen Einspruchsentscheidungen nicht statthaft. Nach Ergehen der Teileinspruchsentscheidung habe den Klägern nur noch der Weg zum Finanzgericht offen gestanden. Die von den Bevollmächtigten der Kläger am 06.07.2012 abgegebene Erklärung könne – mangels Mehrdeutigkeit – auch nicht als Änderungsantrag ausgelegt oder umgedeutet werden.
9Am 14.12.2012 haben die Kläger Klage erhoben. Sie vertreten die Auffassung, dass die Einspruchsfrist nicht durch Erlass einer Teileinspruchsentscheidung vor Fristablauf verkürzt werden dürfe; ein solches Verhalten des Beklagten sei willkürlich und damit ermessensfehlerhaft. Der Steuerbescheid habe deshalb nicht in Bestandskraft erwachsen können, mit der Folge, dass ein erneuter Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist zulässig gewesen sei. § 348 Nr. 1 AO stehe dem nicht entgegen, da sich der Einspruch gerade nicht gegen die Teileinspruchsentscheidung, sondern den ursprünglichen Verwaltungsakt gerichtet habe. § 367 Abs. 2 Buchst. a) AO verfolge den Zweck, das beliebige Nachschieben von Einspruchsgründen nach Ablauf der Einspruchsfrist zu verhindern. Teileinspruchsentscheidungen dürften jedoch nicht dazu eingesetzt werden, vor Ablauf der Einspruchsfrist Bestandskraft herbeizuführen und so dem Steuerpflichtigen weiteres Vorbringen im Einspruchsverfahren abzuschneiden. Ein solches Vorgehen widerspreche dem Sinn und Zweck des Vorverfahrens, dem Bürger kostenlos Rechtsschutz zu gewähren, die Verwaltung zur Selbstkontrolle anzuhalten und die Gerichte zu entlasten. Nach der Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 23.10.1989 sei es nicht notwendig, dass der Steuerpflichtige bereits zu Beginn des Rechtsbehelfsverfahrens sein Begehren endgültig festlege. Wegen der Komplexität des Einkommensteuerbescheides dürfe er es vielmehr während des Rechtsschutzverfahrens erweitern. Der Beklagte habe die Möglichkeit gehabt, statt einer Teileinspruchsentscheidung einen Vollabhilfebescheid zu erlassen und diesen mit einem Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO zu versehen. Im Übrigen fänden sich in der Teileinspruchsentscheidung keine Hinweise darauf, dass der Beklagte die Sache tatsächlich in vollem Umfang erneut geprüft habe.
10Hilfsweise sei den Klägern hinsichtlich der Teileinspruchsentscheidung Wiedereinsetzung in die Klagefrist zu gewähren. Eine Klage sei nur deshalb nicht rechtzeitig erhoben worden, weil ihre Bevollmächtigten auf die Bearbeitung des fristgerecht eingelegten Einspruchs vom 06.07.2012 vertraut hätten. Das Vertrauen sei schutzwürdig, da sich der Beklagte zunächst zur Sache eingelassen habe.
11Die Kläger beantragen,
12die Zulässigkeit des Einspruchs vom 06.07.2012 aufgrund der laufenden Einspruchsfrist des Bescheides vom 04.06.2012 und somit nicht eingetretener Bestandskraft festzustellen,
13den Beklagten zur Bearbeitung des fristgerecht eingelegten Einspruchs vom 06.07.2012 mit nachfolgender Begründung vom 03.09.2012 gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 04.06.2012 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2012 zu verpflichten,
14hilfsweise, den Klägern Wiedereinsetzung in die Klagefrist gegen die Teilein-spruchsentscheidung vom 21.06.2012 zu gewähren, die Teileinspruchsentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 15.11.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Einspruch vom 06.07.2012 mit Begründung vom 03.09.2012 gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 04.06.2012 zu bearbeiten.
15Der Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Er verweist auf die Einspruchsentscheidung vom 15.11.2012 und ergänzt, dass die gesetzliche Einspruchsfrist lediglich den Rahmen für die zulässige Einlegung eines Einspruchs bilde. Sie stehe einer frühzeitigen Entscheidung über einen bereits eingelegten Einspruch nicht entgegen. Der Rechtsweg werde hierdurch nicht beschnitten, da der Weg zu den Finanzgerichten offen stehe. Das mit der Klage verbundene Kostenrisiko könne der Kläger dadurch vermeiden, dass er seinen Einspruch unmittelbar umfassend begründe. Den Anforderungen an den Erlass einer Teileinspruchsentscheidung habe der Beklagte genügt. Gründe für eine Wiedereinsetzung in die Klagefrist seien weder vorgetragen worden noch lägen sie vor.
18Hinsichtlich der Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Klagevorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der dem Gericht vorgelegten Steuerakte Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe
20Die Klage hat keinen Erfolg.
21I. Dem – wie folgt auszulegenden – Hauptantrag, den Bescheid vom 04.06.2012 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2012 dahin zu ändern, dass weitere Fahrtkosten des Klägers i.H.v. EUR 2.476,60 als Werbungskosten berücksichtigt werden, kann nicht entsprochen werden. Denn der Beklagte hat den Einspruch der Kläger vom 06.07.2012 zutreffend als unstatthaft verworfen.
22Gemäß § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist gegen Verwaltungsakte in Abgabenangelegenheiten der Einspruch statthaft. Nicht statthaft ist er gegen Einspruchsentscheidungen (§ 348 Nr. 1 AO), zu denen auch Teileinspruchsentscheidungen i. S. des § 367 Abs. 2 Buchst. a) AO gehören. Wurde das Einspruchsverfahren durch eine wirksame Einspruchsentscheidung abgeschlossen, können Verwaltungsakte nur noch mit der Klage angefochten werden (§§ 40ff. der Finanzgerichtsordnung -FGO-); ein erneuter Einspruch ist nicht zulässig.
23Nach diesen Maßstäben stand der Statthaftigkeit des Einspruchs vom 06.07.2012 die wirksame Teileinspruchsentscheidung vom 21.06.2012 entgegen. Die Kläger haben gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 04.06.2012 mit Schreiben vom selben Tag Einspruch eingelegt. Über diesen Einspruch hat der Beklagte, soweit er nicht die Verfassungsmäßigkeit der Kürzung der außergewöhnlichen Belastungen um zumutbare Belastungen betraf, durch Teileinspruchsentscheidung vom 21.06.2012 entschieden. Mit dieser Entscheidung wurde das Einspruchsverfahren abgeschlossen. Nach Abschluss des Einspruchsverfahrens war ein erneuter Einspruch gegen den Steuerbescheid unstatthaft. Den Klägern stand allein der Weg zum Finanzgericht offen.
24Für eine Unwirksamkeit der Teileinspruchsentscheidung bestehen keine Anhaltspunkte. Dem Einwand der Kläger, ihr innerhalb der Einspruchsfrist eingelegter Einspruch vom 06.07.2012 sei statthaft gewesen, weil der Bescheid vom 04.06.2012 nicht habe in Bestandskraft erwachsen können, kann aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden.
25Die Kläger argumentieren, dass der Beklagte die Einspruchsfrist nicht durch Erlass einer Teileinspruchsentscheidung habe verkürzen dürfen. Dabei übersehen sie, dass die gesetzliche Einspruchsfrist lediglich den zeitlichen Rahmen bildet, innerhalb dessen der Adressat einen Verwaltungsakt anfechten kann. Mit der Befristung der Einspruchsmöglichkeit wird das Bedürfnis aller Beteiligten nach Rechtssicherheit und Vertrauensschutz befriedigt. Sie verfolgt hingegen nicht den Zweck, den Eintritt von Rechtssicherheit bis zum Fristablauf hinauszuschieben. Dem Beklagten ist es daher nicht verwehrt, das Einspruchsverfahren durch frühzeitigen Erlass einer Einspruchsentscheidung – auch vor Ablauf der Einspruchsfrist – abzuschließen. Einem solchen Vorgehen kann nicht entgegengehalten werden, dass es den Rechtsschutz des Steuerpflichtigen beschneide und dem Sinn und Zweck eines Vorverfahrens zuwiderlaufe. Denn der frühzeitige Erlass einer Einspruchsentscheidung entbindet die Behörde nicht davon, die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids vollumfänglich zu überprüfen und so die Selbstkontrolle der Verwaltung sicherzustellen; zur Darstellung von Inhalt und Umfang dieser Prüfung in der Einspruchsentscheidung ist die Behörde – entgegen der Auffassung der Kläger – allerdings nicht verpflichtet (BFH-Urteil vom 14.03.2012 X R 50/09, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2012, 536). Der Steuerpflichtige hat es zudem selbst in der Hand, die Kosten eines Klageverfahrens zu vermeiden. Denn er hat die Möglichkeit, seinen Einspruch unmittelbar umfassend zu begründen oder aber weiteren Vortrag anzukündigen. Lässt die Einspruchsbegründung – wie im Streitfall die Begründung vom 04.06.2012 – jedoch nicht erkennen, dass weiteres Vorbringen folgen soll, handelt die Behörde nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie ohne weitere Ankündigung eine Teileinspruchsentscheidung erlässt (Urteil des Finanzgerichts -FG- Hamburg vom 17.08.2009 5 K 208/08, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2010, 374, bestätigt durch BFH-Urteil vom 14.03.2012 X R 50/09, a. a. O.). Darüber hinaus ist der Steuerpflichtige nach Erlass der Einspruchsentscheidung nicht schutzlos gestellt, denn ihm steht der Weg zu den Finanzgerichten offen. Der Zweck des Vorverfahrens, die Gerichte zu entlasten, wird dadurch nicht verfehlt, denn mittels (Teil-) Einspruchsentscheidung kann das Einspruchsverfahren nur hinsichtlich entscheidungsreifer Streitpunkte beendet werden; besteht weiterer Aufklärungsbedarf, haben die Ermittlungsmaßnahmen im Einspruchsverfahren stattzufinden (BFH-Urteil vom 14.03.2012 X R 50/09, a. a. O.).
26Die Kläger lassen zudem außer Acht, dass ihre Einwände – wären sie zutreffend – weder die Unwirksamkeit der Teileinspruchsentscheidung nach sich ziehen könnten noch zur Statthaftigkeit des Einspruchs vom 06.07.2012 führen würden. Soweit sie sich auf die mangelnde Sachdienlichkeit der Teileinspruchsentscheidung oder auf Fehler des Beklagten bei der Ermessensausübung berufen, machen sie lediglich die Rechtswidrigkeit der Teileinspruchsentscheidung geltend. Auch rechtswidrige Einspruchsentscheidungen sind wirksam und stehen der Statthaftigkeit eines erneuten Einspruchs entgegen. Ob die wirksame Teileinspruchsentscheidung in Bestandskraft erwachsen oder aber fristgerecht angefochten worden ist, kann an dieser Stelle offen bleiben. Denn jedenfalls hätte ihre Anfechtung durch Klage beim Finanzgericht und nicht durch einen erneuten Einspruch erfolgen müssen.
27II. Mit ihren – wie folgt auszulegenden – Hilfsanträgen, Wiedereinsetzung in die Klagefrist gegen die Teileinspruchsentscheidung vom 21.06.2012 zu gewähren und den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 04.06.2012 in Gestalt der Teileinspruchsentscheidung vom 21.06.2012 dahin zu ändern, dass weitere Fahrtkosten des Klägers i.H.v. EUR 2.476,60 als Werbungskosten berücksichtigt werden, können die Kläger ebenso wenig durchdringen. Denn die Teileinspruchsentscheidung ist bestandskräftig geworden.
28Wird ein Verwaltungsakt nicht rechtzeitig angefochten, erwächst er in Bestandskraft. Wurde ein Einspruchsverfahren durchgeführt, tritt Bestandskraft mit Ablauf der Klagefrist ein, es sei denn, der Adressat der Einspruchsentscheidung hat zuvor Klage erhoben. Nach diesen Grundsätzen ist der Bescheid vom 04.06.2012 in Gestalt der Teileinspruchsentscheidung vom 21.06.2012 am 25.07.2012, um 24 Uhr, – soweit er nicht die Verfassungsmäßigkeit des Abzugs von zumutbaren Belastungen bei Krankheitskosten betraf – bestandskräftig geworden. Denn zu diesem Zeitpunkt endete die einmonatige Klagefrist des § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO (§ 54 Abs. 2 FGO, § 222 Abs. 2 der Zivilprozessordnung -ZPO- i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB-). Die von den Klägern erst am 14.12.2012 erhobene Klage ist verspätet.
29Eine Wiedereinsetzung in die Klagefrist kommt nicht in Betracht.
30Gemäß § 56 Abs. 1 FGO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf Antrag zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 56 Abs. 2 Satz 1 FGO). Die den Antrag begründenden Tatsachen müssen innerhalb der Antragsfrist vorgetragen werden (vgl. § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO, ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Beschluss vom 18.01.2007 III R 65/05, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2007, 945 m. w. N.). Nach Ablauf der Frist können nur noch unklare und unvollständige Angaben ergänzt oder vervollständigt werden (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Beschluss vom 09.02.2006 VIII B 47/05, BFH/NV 2006, 1119). Innerhalb der Antragsfrist ist auch die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (§ 56 Abs. 2 Satz 3 FGO). Die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in die Klagefrist sind vorliegend nicht erfüllt.
31Die Kläger haben bereits keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund vorgetragen. Ein solcher ist auch sonst nicht ersichtlich. In dem Vorbringen der Kläger, ihre Bevollmächtigten hätten keine Klage erhoben, weil sie von der Bearbeitung ihres Einspruchs vom 06.07.2012 ausgegangen seien, ist kein Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu sehen. Denn der Einspruch vom 06.07.2012 war nicht statthaft (siehe die Ausführungen unter I.); die Kläger hätten die Teileinspruchsentscheidung mit der Klage angreifen müssen. Dass sie dies nicht getan haben, ist als schuldhaftes Verhalten zu werten. Als Angehörige der steuerberatenden Berufe müssen sie das Recht – auch das Verfahrensrecht – kennen und – wie jeder steuerrechtliche Laie auch – die Rechtsmittelbelehrung der Einspruchsentscheidung beachten (vgl. Stapperfend in Gräber, FGO, 7. Aufl., § 56 Rz. 20 „Rechtsirrtum über Verfahrensfragen“). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beklagte die Bevollmächtigten zunächst zur Begründung ihres Einspruchs vom 06.07.2012 aufgefordert, sich zur Sache eingelassen und erst mit Schreiben vom 20.09.2012 auf die Unzulässigkeit des Einspruchs hingewiesen hat. Das Verschulden ihrer Bevollmächtigten müssen sich die Kläger wie eigenes Verschulden zurechnen lassen (§ 155 FGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO).
32Zudem haben die Kläger die zweiwöchige Antragsfrist versäumt. Nach ihrem Vortrag ist das Hindernis spätestens mit dem Hinweis des Beklagten vom 20.09.2012, der Einspruch sei unzulässig, weggefallen. Wiedereinsetzung haben die Kläger jedoch erst mit dem am 14.12.2012 eingegangenen Klageschriftsatz beantragt. Auch die versäumte Rechtshandlung – die Klageerhebung – haben sie erst am 14.12.2012 und damit verspätet nachgeholt.
33Aufgrund der Bestandskraft der Teileinspruchsentscheidung braucht der Senat über deren Rechtmäßigkeit nicht zu entscheiden. Es kann dahinstehen, ob die Teileinspruchsentscheidung sachdienlich i. S. des § 367 Abs. 2 Buchst. a) AO war und ob der Beklagte die Grenzen seines Ermessensspielraums nach § 5 AO eingehalten hat.
34Lediglich nachrichtlich weist der Senat darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 14.03.2012 X R 50/09, a. a. O.) die Sachdienlichkeit regelmäßig gegeben ist, wenn eine Teileinspruchsentscheidung das Einspruchsverfahren – wie im vorliegenden Fall – hinsichtlich aller nicht ausdrücklich angegriffenen Bestandteile des Steuerbescheides beendet.
35Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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Referenzen
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