Urteil vom Finanzgericht Düsseldorf - 1 K 2011/13 E
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Streitig ist, ob ein Verlust in Höhe von ./. 46.198 EUR aus der Veräußerung von Ansprüchen aus einer Lebensversicherung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG i. V. m. § 52 a Abs. 10 Satz 5 EStG) zu berücksichtigen ist.
3Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte u.a. als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Klägerin erzielte im Streitjahr (geringe) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen.
4Der Kläger schloss vom 01.09.1999 bis zum 01.09.2011 als Versicherungsnehmer bei der A AG eine fondsgebundene Lebensversicherung (Vertragsnummer …) ab. Versicherte Person war die Klägerin. Nach Angaben der Kläger war die Beitragszahlung (3.706,60 DM pro Monat) auf 60 Monate beschränkt. Die Versicherungssumme im Todesfall betrug ausweislich des Versicherungsscheins 320.250 DM (= 163.741,22 EUR). Im Erlebensfall sollte nach Ablauf der Versicherungsdauer zum 01.09.2011 der Wert der gutgeschriebenen Anteilseinheiten der einzelnen Fonds (sogn. Deckungskapital) in DM/EUR oder Wertpapieren fällig sein.
5Zum 28.02.2009 betrug der Wert des Deckungskapitals 67.517,92 EUR. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger Beiträge in Höhe von 113.715,60 EUR (60 Monate x 3.706,30 DM = 222.396 DM) an A geleistet.
6Mit schriftlichem Vertrag vom 01.03.2009, auf dessen weiteren Inhalt Bezug genommen wird (vgl. Einkommensteuerakte), verkaufte der Kläger seine Ansprüche aus der Lebensversicherung an die Klägerin zu einem Kaufpreis von 67.517,92 EUR.
7In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 (Eingang beim Finanzamt am 30.12.2010) machte der Kläger in der Anlage KAP, Zeile 23, den bei der Veräußerung der Lebensversicherung erlittenen Verlust in Höhe von ./. 46.198 EUR (= 113.715,- EUR minus 67.517,- EUR) als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen geltend. Hierzu wurde erläutert, dass dieser Verlust unter die Regelung des § 32 d Abs. 2 und 6 EStG falle und mit allen anderen positiven Einkünften verrechenbar sei. Die Lebensversicherung sei vor 2004 abgeschlossen und im Zeitpunkt des Verkaufs steuerschädlich verwendet worden.
8Mit Einkommensteuerbescheid vom 14.02.2011 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer auf 202.824 EUR fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Der Verlust aus der Veräußerung der Lebensversicherung an die Ehefrau wurden wegen Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO nicht anerkannt.
9Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Sie führten aus: Der Kläger habe sich aufgrund der Wirtschaftskrise und den damit einhergehenden dramatischen Wertverlusten bei Wertpapieren aller Art entschlossen, die Versicherung zu kündigen und so den Verlust in der bis dahin erlitten Höhe zu begrenzen. Der Kläger habe seine Ehefrau, die im Jahr 2007 an Krebs erkrankt war und eine unklare Lebenserwartungsprognose hatte, über diese Kündigungspläne informiert. Da die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung davon ausging, keine Lebensversicherung mehr abschließen zu können und mit der Kündigung der Versicherung eine geplante Versorgung der Tochter (B, geb. …1986) durch die Todesfallleistung entfallen würde, sei der Klägerin von dem Versicherungsvertreter empfohlen worden, die Versicherung vom Kläger zu erwerben und damit den Todesfallschutz (rund 165.000 EUR) voll zu erhalten. Bei dem Vertrag habe es sich um einen sogenannten Altvertrag gehandelt, da er vor dem 01.01.2005 abgeschlossen wurde. Im Zeitpunkt der Veräußerung sei die Mindestlaufzeit von 12 Jahren noch nicht erreicht gewesen. Der Rückkauf wäre zum Verkaufszeitpunkt steuerpflichtig gewesen (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F.), daher unterliege auch die Veräußerung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG n.F. der Besteuerung.
10Auf Nachfrage des Finanzamtes legten die Kläger folgende Unterlagen vor:
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Nachtrag zum Versicherungsschein …. Darin wurde nunmehr die Klägerin als Versicherungsnehmer aufgeführt.
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Ein Darlehensvertrag vom 05.06.2009 zwischen dem Kläger als Darlehensgeber und der Klägerin als Darlehnsnehmer. Der Kläger gewährte der Klägerin über den seit dem 02.06.2009 fälligen Kaufpreis in Höhe von 67.517,92 EUR ein zinsloses Darlehen, welches am 31.12.2011 in einer Summe zurück zu zahlen war.
Im Laufe des Einspruchsverfahrens wurde der Einkommensteuerbescheid aus hier nicht streitigen Gründen mit Bescheiden vom 29.03.2011 und vom 15.08.2011 nach § 164 Abs. 2 AO geändert. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.
15Mit Einspruchsentscheidung vom 21.05.2013 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Nach Auffassung der Behörde hielten der Veräußerungsvertrag vom 01.03.2009 und der Darlehensvertrag vom 05.06.2009 dem Fremdvergleich nicht stand. Die Kläger hätten nicht nachgewiesen, dass der Übertragungsvertrag auch tatsächlich vollzogen worden sei. Der Darlehensvertrag sei nicht fremdüblich, da keine Zinsen und keine Sicherung verlangt worden seien. Darüber hinaus stünde der Anerkennung eines Veräußerungsverlustes die Regelung in § 42 AO entgegen. Der Kläger habe seiner Ehefrau die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt, damit diese die Lebensversicherung erwerben und der Kläger den Verlust steuermindernd geltend machen könne.
16Mit der hiergegen erhobenen Klage tragen die Kläger zum Sachverhalt ergänzend vor:
17Die Klägerin habe dem Kläger am 21.01.2007 ein verzinsliches Darlehen über 44.176,91 EUR gewährt (vgl. Blatt 19 der GA, Anlage 3), welches zum 31.12.2011 in einer Summe zur Rückzahlung fällig gewesen sei. Die Klägerin habe seinerzeit über entsprechendes freies Vermögen verfügt und dies dem Kläger zur Ablösung eines bei der Sparkasse C für das Vermietungsobjekt D in C aufgenommenen Darlehens zur Verfügung gestellt. Die Zinszahlungen des Klägers an die Klägerin seien vereinbarungsgemäß erfolgt (vgl. Blatt 34 ff der GA).
18Durch Vereinbarung vom 28.12.2011 (vgl. Blatt 20 der GA, Anlage 4) sei die Forderung des Klägers aufgrund des Darlehensvertrages vom 05.06.2009 über 67.517,92 EUR teilweise mit der Forderung der Klägerin aufgrund des Darlehensvertrages vom 21.01.2007 über 44.176,91 EUR verrechnet worden. Die verbleibende Forderung über 23.341,01 EUR zu Gunsten des Klägers sei durch Umbuchung eines Wertpapierdepots bei der Sparkasse (Wert: 23.423,65 EUR, vgl. Blatt 21 der GA, Anlage 5) und durch Rückzahlung des überbezahlten Betrages von 82,64 EUR (vgl. Blatt 22 der GA, Anlage 6) getilgt worden.
19In rechtlicher Hinsicht wiederholen die Kläger ihren Vortrag aus dem Einspruchsverfahren. Sie sind zudem der Auffassung, dass die zwischen den Klägern abgeschlossenen Darlehensverträge steuerlich anzuerkennen seien. Soweit der Beklagte der Ansicht sei, dass der Darlehensvertrag vom 05.06.2009 über 67.517,92 EUR aufgrund fehlender Verzinsung und Sicherung nicht dem Fremdvergleich standhalte, seien die Gesamtumstände des Streitfalls zu beachten. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den Vertragsparteien um Eheleute handle. Bei diesen sei es regelmäßig unüblich, auf Sicherheiten zu bestehen und Zinsen zu verlangen. Eine fehlende Sicherung der Darlehensverträge erlaube nach der Rechtsprechung des BFH zudem nicht den Schluss auf einen fehlenden Bindungswillen. Darüber hinaus sei die persönliche Situation der Klägerin zu beachten, die aufgrund ihrer Erkrankung davon ausgegangen sei, eine Lebensversicherung nicht mehr abschließen zu können. Zudem sei die Darlehensforderung des Klägers gegenüber der Klägerin auch besichert, da der Forderung seine eigene Verbindlichkeit gegenüber gestanden habe. Auch der Übertragungsvertrag vom 01.03.2009 genüge dem Fremdvergleich. Er sei zivilrechtlich wirksam, da die Übertragung der Ansprüche aus der Lebensversicherung tatsächlich durch die Änderung des Versicherungsscheins vollzogen worden sei. Zudem hätte der Kläger seine Ansprüche aus der Versicherung auch an einen fremden Dritten veräußern können, mit der Folge, dass der Erlös naturgemäß noch niedriger und der steuerlich anzuerkennende Verlust entsprechend höher gewesen wäre.
20In der mündlichen Verhandlung trägt der Kläger noch ergänzend vor:
21Er habe bei Abschluss des Versicherungsvertrages mit A mit Überschusserzielungsabsicht gehandelt. Die fondgebundene Lebensversicherung sei seinerzeit nicht zur Altersvorsorge abgeschlossen worden, sondern um Erträge zu erwirtschaften. Es sei von der Versicherung die Möglichkeit eingeräumt worden, die Fondanteile ohne weitere Gebühren (z.B. Bank- bzw. Depotgebühren) zu erwerben und die Fonds nach eigenem Wunsch umzuschichten. Bei Vertragsschluss habe auch nicht festgestanden, dass durch die Versicherung in Zukunft keine Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt würden. Vielmehr zeige die Lebenserfahrung, dass abgeschlossene Lebensversicherungen überwiegend zu steuerbaren Vorgängen führen würden.
22Auch nach der Auffassung des 1. Senates des FG Nürnberg (Urteil vom 11.02.2014 1 K 1465/13, EFG 2014, 1671) sei die Überschusserzielungsabsicht zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige – wie vorliegend - den Vertrag bei Vertragsabschluss als ertragbringend habe ansehen können. Soweit in der Anmerkung zu diesem Urteil (Wüllenkemper, EFG 2014, 1673) eine andere Ansicht vertreten werde, sei zu berücksichtigen, dass es sich in dem besprochenen Fall um eine Sterbegeldversicherung (Kapitalversicherung mit Sparanteil) gehandelt habe, deren Auszahlungen – anders als bei Lebensversicherungen – nie steuerbar seien.
23Zudem werde darauf hingewiesen, dass die in § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG normierte 12 Jahres-Frist mit der 10-Jahres-Frist in § 23 EStG vergleichbar sei. Bei Spekulationsgeschäften innerhalb der gesetzlichen Fristen im Sinne von § 23 EStG werde keine Überschusserzielungsabsicht vorausgesetzt. Insoweit lägen auch Verkäufe von Ansprüchen aus Lebensversicherungen vor Ablauf von zwölf Jahren stets im steuerrelevanten Bereich.
24Die Kläger beantragen,
25den Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 14.02.2011, geändert durch Bescheide vom 29.03.2011 und 15.08.2011 – in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.05.2013 – dahingehend zu ändern, dass ein Verlust aus der Veräußerung einer Lebensversicherung in Höhe von ./. 46.197,68 EUR berücksichtigt wird;
26hilfsweise, die Revision zuzulassen.
27Der Beklagte beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Der Beklagte verweist auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 21.05.2013. Die Vereinbarungen im Übertragungsvertrag als auch der Darlehensvertrag seien nicht fremdüblich. Darüber hinaus stehe der Verlustanerkennung § 42 AO entgegen.
30E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
31Die Klage ist unbegründet.
32Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
33Der wirtschaftlich entstandene Verlust in Höhe von ./. 46.198 EUR, den der Kläger durch die mit Vertrag vom 01.03.2009 vereinbarte Veräußerung der am 01.09.1999 abgeschlossenen fondgebundenen Lebensversicherung an die Klägerin realisiert hat, kann nicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG i. V. m. § 52 a Abs. 10 Satz 5 EStG berücksichtigt werden, weil der Kläger weder bei Abschluss des Versicherungsvertrags im Jahr 1999 noch zum Zeitpunkt der Veräußerung der Versicherungsansprüche im Streitjahr die Absicht hatte, mit dieser Kapitalanlage steuerpflichtige Kapitaleinkünfte zu erzielen (keine Überschuss-/ Einkünfteerzielungsabsicht). Es handelt sich um einen Vorgang auf der privaten Vermögensebene.
341. Der Verkauf der Ansprüche aus der Lebensversicherung verwirklicht zwar den objektiven Tatbestand von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG.
35a) Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG gehören „Gewinne“ aus der Veräußerung von Ansprüchen auf eine Versicherungsleistung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Die Regelung in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG wurde mit Einführung der Abgeltungsteuer (vgl. § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG n. F.) zum 01.01.2009 durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 vom 14.08.2007 (BGBl I 2007, 1912) und Neuregelung des § 20 Abs. 2 EStG in das Gesetz eingefügt. Die Regelung in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG ist gemäß § 52 a Abs. 10 Satz 5 EStG erstmals auf die Veräußerung von Ansprüchen nach dem 31.12.2008 anzuwenden. Für Versicherungsverträge, die – wie im Streitfall - vor dem 01.01.2005 abgeschlossen wurden (sogn. Altverträge), gilt dies nur, sofern bei einem Rückkauf zum Veräußerungszeitpunkt die Erträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der am 31.12.2004 geltenden Fassung steuerpflichtig wären.
36Die Veräußerung der Ansprüche aus der fondgebundenen Lebensversicherung bei A wurde durch die Kläger nach dem 31.12.2008 und vor Ablauf der zwölf Jahre seit Abschluss des Vertrages (01.09.1999) vollzogen. Insoweit wären die Kapitalerträge aus der fondgebundenen Lebensversicherung des Klägers nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 und Satz 5 EStG in der am 31.12.2004 geltenden Fassung bei einem Rückkauf zum Veräußerungszeitpunkt (01.03.2009) steuerpflichtig gewesen, weil es sich um einen Rückkauf vor Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss (01.09.1999) gehandelt hätte.
37b) Einer Anerkennung der Veräußerungsvereinbarung zum 01.03.2009 steht auch nicht entgegen, dass es sich bei den Vertragspartnern um nahe Angehörige handelt.
38Zwar wurde der von der Klägerin geschuldete Kaufpreis nicht sofort geleistet, sondern der Kläger (als Verkäufer) gewährte der Klägerin (als Käuferin) insoweit ein zinsloses Darlehen, was gegen die Ernsthaftigkeit der getroffenen Vereinbarung sprechen könnte. Jedoch schließt nicht jede Abweichung vom Üblichen notwendigerweise die steuerliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus. Es müssen aber die Hauptpflichten der Vertragsparteien und die Höhe des zu entrichtenden Entgeltes klar und eindeutig vereinbart sowie entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden. Das gezahlte Entgelt muss tatsächlich endgültig aus dem Vermögen des Zahlenden in das Vermögen des Zahlungsempfängers übergehen (vgl. BFH, Urteile vom 03.02.1998 IX R 38/96, BStBl II 1998, 539; vom 26.03.1996 IX R 51/92, BStBl II 1996, 443; vom 29.11.1982 GrS 1/81, BStBl II 1983, 272; Mellinghoff in Kirchhof, EStG § 21 Tz 21).
39Diese Anforderungen werden hier erfüllt. Zivilrechtlich wurde die Veräußerung tatsächlich durchgeführt. Der Versicherungsvertrag wurde nach Anzeige gegenüber der A auf die Klägerin als Versicherungsnehmer umgeschrieben. Der Kaufpreis, der dem Deckungskapital und damit tatsächlichen Wert der Lebensversicherungsansprüche entsprach, wurde von der Klägerin tatsächlich - zwar nicht im Streitjahr - jedoch zum Ende des Jahres 2011 durch Verrechnung mit einer Darlehensforderung und Umbuchung des Wertpapierdepots und Rücküberweisung des überbezahlten Betrages entrichtet. Soweit die Kläger die Verrechnungsvereinbarungen erst getroffen haben, nachdem das Finanzamt den Veräußerungsvertrag nicht anerkannt hat, führt dies zu keiner anderen Beurteilung in der Sache. Die Kläger haben zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass die Klägerin bereits im Jahr 2007 dem Kläger das Darlehen über 44.176,91 EUR gewährt hat, zumal die hierfür vereinbarten Zinsen in Höhe von 1.987 EUR p.a. vom Kläger tatsächlich entrichtet (vgl. Unterlagen Blatt 32 der GA) und diese als Einnahmen der Klägerin bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (Anlage KAP Zeile 22) erklärt wurden.
40c) Auch die Höhe des erklärten Betrages (./. 46.198 EUR) ist nicht zu beanstanden.
41Zwar sind nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG nur „Gewinne“ zu versteuern, jedoch kann auch ein negativer Betrag ein „Gewinn“ im Sinne dieser Vorschrift sein (vgl. auch FG Düsseldorf, Urteil vom 27.06.2014 1 K 3740/13 E, EFG 2014, 1580 zu „Gewinn“ bei Termingeschäften § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a EStG), weil sich der „Gewinn“ im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG nach § 20 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 EStG durch den Unterschiedsbetrag zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, und den entrichteten Versicherungsbeiträgen errechnet. Das nach dieser Methode ermittelte Ergebnis kann – wie im Streitfall – rechnerisch negativ sein. Die Differenz zwischen dem Veräußerungspreis (67.517,- EUR) und den an die Versicherung geleisteten Beiträgen (113.715,- EUR) beträgt vorliegend ./. 46.198 EUR. Weitere Veräußerungskosten wurden von den Klägern nicht geltend gemacht.
422. Der Anerkennung des erklärten Veräußerungsverlustes in Höhe von ./. 46.198 EUR bei den Einkünften aus Kapitalvermögen scheitert jedoch an der fehlenden Einkünfte-/ Überschusserzielungsabsicht des Klägers.
43a) Eine Einkünfteerzielungsabsicht ist grundsätzlich auch bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne von § 20 EStG i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 5 EStG Voraussetzung für die Besteuerung. Denn unter § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 7 EStG fallen nur solche positiven oder negativen Einkünfte, die durch Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen veranlasst werden, die der Erzielung positiver Einkünfte dienen. Erstrebt werden muss ein Totalgewinn bzw. Totalüberschuss. Bezogen auf Überschusseinkünfte i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG erfordert dies die Absicht, auf die voraussichtliche Dauer der Betätigung oder Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften (vgl. BFH, Urteil vom 15.12.1999 X R 23/95, BStBl II 2000, 267 m.w.N.; BFH, Beschluss vom 25.06.1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C. IV. 3. c aa).
44Die Absicht, einen Überschuss zu erzielen, ist eine innere Tatsache, die unmittelbaren Feststellungen nicht zugänglich ist. Auf sie kann deshalb nur anhand äußerlich erkennbarer tatsächlicher Merkmale (d. h. Indizien) geschlossen werden. Die Beantwortung der Frage, ob der Steuerpflichtige eine Überschusserzielungsabsicht besaß, hängt daher von einer unter Heranziehung aller objektiven Umstände zu treffenden (Wahrscheinlichkeits-) Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung, die in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielten steuerpflichtigen Erträge und die in diesem Zeitraum voraussichtlich anfallenden Erwerbsaufwendungen ab (vgl. BFH, Urteil vom 09.05.2000 VIII R 77/97, BFHE 192, 445, BStBl II 2000, 660; BFH, Urteil vom 06.03.2003 IV R 26/01, BStBl II 2003, 702).).
45Die Einkünfteerzielungsabsicht ist für jede einzelne Kapitalanlage getrennt zu beurteilen. Eine Gesamtbeurteilung aller Kapitalanlagen scheidet aus. Für diese Prüfung ist grundsätzlich nur der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt zugrunde zu legen ist. Denn die Besteuerung knüpft grundsätzlich nur an die effektiv verwirklichten, nicht hingegen an hypothetische, zwar realisierbare, aber tatsächlich nicht verwirklichte Sachverhalte und Gestaltungen an (ständige Rechtsprechung vgl. BFH, Urteil vom 14.05.2014 VIII R 37/12, BFH/NV 2014, 1883 m.w.N.).
46b) Im Rahmen der Prüfung der Einkünfterzielungsabsicht ist jedoch die Neugestaltung des § 20 EStG auf der Tatbestandsseite zu beachten.
47Zwischen Abschluss des Versicherungsvertrages im Jahr 1999 und der Veräußerung der Ansprüche auf Versicherungsleistung im Streitjahr 2009 wurden die Besteuerungsnormen im Hinblick auf die vom Kläger gewählte Kapitalanlage (fondgebundene Lebensversicherung) durch den Gesetzgeber mehrfach geändert. Darüber hinaus erfolgte bei den Kapitaleinkünften durch Einführung der Abgeltungsteuer zum 01.01.2009 ein Systemwechsel, wodurch die Trennung zwischen Ertrags- und Vermögenssphäre weitgehend aufgehoben wurde.
48aa) Bis zum 31.12.2008 ging es bei der Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht in erster Linie um die Zuordnung von laufenden Aufwendungen als Werbungskosten zu den steuerbaren Kapitaleinkünften einerseits bzw. zur nicht steuerbaren Vermögenssphäre andererseits, wobei es keine Rolle spielte, wenn die nicht steuerbare Wertsteigerung betragsmäßig die Kapitalerträge überstieg, solange nur ein positiver steuerbarer Kapitalertrag aus der Kapitalanlage erzielt werden konnte (Haisch/Krampe DStR 11, 2178 m.w.N.).
49Die Einkünfteerzielungsabsicht setzte nach der bis zum 31.12.2008 geltenden Gesetzeslage die Absicht voraus, auf Dauer gesehen einen Überschuss zu erzielen, sofern die Absicht, steuerfreie Wertsteigerungen zu realisieren, nur mitursächlich für die Anschaffung der ertragbringenden Kapitalanlage gewesen ist (vgl. BFH, Urteil vom 14.05.2014 VIII R 37/12, BFH/NV 2014, 1883 m.w.N.).
50Der Tatbestand der Einkunftserzielung nach § 20 EStG war dann nicht erfüllt, wenn auf Dauer gesehen nicht Überschüsse aus der entgeltlichen Überlassung von Kapital zur Nutzung erzielt, sondern Wertsteigerungen in der Vermögenssubstanz realisiert werden sollten, die mit Ausnahme der Tatbestände der §§ 17 und 23 EStG nicht steuerbar waren. Verluste aus einer solchen unter keine Einkunftsart fallenden Vermögensverwaltung waren nicht ausgleichsfähig (vgl. nur BFH, Urteil vom 23.03.1982 VIII R 132/80, BStBl II 1982, 463).
51Die Veräußerung von Ansprüchen auf eine Versicherungsleistung an einen Dritten betraf den privaten Vermögensbereich, nicht die Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Veräußerungserlöse war allenfalls als privates Veräußerungsgeschäft i.S. des §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a. F. steuerbar. Außerhalb der Jahresfrist waren diese Veräußerungsvorgänge nicht der Besteuerung zu unterwerfen. Dies galt auch noch nach Abschaffung des Steuerprivilegs für Lebensversicherung durch das Alterseinkünftegesetz vom 05.07.2004 (BGBl. I, 1427) mit Wirkung zum 01.01.2005 (vgl. BT-Drs 15/2150, 39) und Neuregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG, wonach nunmehr der Unterschiedsbetrag zwischen Versicherungsleistung und den geleisteten Beiträgen als (Zins-)Ertrag erfasst wurde (vgl BFH, Beschluss vom 23.09.2013 VIII B 40/13, BFH/NV 2014, 40 zum Streitjahr 2006). Der durch die Kündigung erlittene Verlust sei – so der BFH in der o.g. Entscheidung - nicht durch die erzielten Kapitalerträge veranlasst, sondern Aufwand für eine Kapitalanlage, bei der die Erzielung von steuerfreien Vermögensvorteilen im Vordergrund gestanden habe.
52bb) Mit Einführung der Abgeltungsteuer zum 01.01.2009 sollten alle Finanzinstrumente einheitlich im Rahmen des § 20 EStG besteuert werden. Wertzuwächse, die dem Steuerpflichtigen durch die Veräußerung der in § 20 Abs. 1 EStG angeführten Kapitalanlagen – unabhängig von der Haltedauer dieser Anlagen im Privatvermögen – oder nach Abschluss des Kapitalüberlassungsvertrages zufließen, wurden mit der Neuregelung des § 20 Abs. 2 EStG der Einkommensteuer unterworfen (vgl. BTDrs. 16/4841, Seite 54ff). Entsprechend qualifiziert § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG Gewinne aus der Veräußerung von Ansprüchen auf eine Versicherungsleistung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen.
53Ferner ist seit dem 01.01.2009 der Abzug tatsächlicher Werbungskosten gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG grundsätzlich ausgeschlossen. Dabei wurde sowohl eine Typisierung hinsichtlich der Höhe der Werbungskosten in den unteren Einkommensgruppen vorgenommen, als auch berücksichtigt, dass mit einem relativ niedrigen Proportionalsteuersatz von 25 Prozent die Werbungskosten in den oberen Einkommensgruppen mit abgegolten werden (vgl. BTDrs. 16/4841, Seite 57). Die Finanzverwaltung geht infolge des beschränkten und pauschalierten Werbungskostenabzugs bei den Einkünften aus Kapitalvermögen regelmäßig von einer entsprechenden Überschusserzielungsabsicht aus (vgl. BMF, Schreiben vom 09.10.2012 IV C 1-S 2252/10/10013 BStBl I 2012, 952, Rz. 125).
54Diese veränderte Wertung aufgrund des Werbungskostenabzugsverbotes kann jedoch nicht auf Veräußerungsvorgänge im Sinne von § 20 Abs. 2 EStG n. F. übertragen werden. Die Annahme einer typisierten Einkünfteerzielungsabsicht bei den in das Gesetz neu eingefügten Besteuerungstatbeständen (§ 20 Abs. 2 EStG n.F.) wäre nur konsequent im Hinblick auf Vorgänge, die vollständig nach dem 01.01.2009 verwirklicht werden. Beispielsweise erfasste der Gesetzgeber Gewinne aus Aktienverkäufen, soweit sie nicht unter § 17 EStG fallen, erstmals in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG, wenn die Aktien nach dem 31.12.2008 erworben wurden (vgl. § 52 a Abs. 10 Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung). Insoweit müssten auch Verkaufsverluste bei solchen Aktien regelmäßig bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden (eingeschränkt vgl. § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG), weil zum Zeitpunkt des Erwerbs einer solchen Aktie nach dem 01.01.2009 fest stand, dass ein möglicher (und zur Zeit des Erwerbs nicht ausgeschlossener) Veräußerungsgewinn bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu erfassen wäre. Anders sind die Verhältnisse im Streitfall. Im Hinblick auf die Besteuerung der Lebensversicherungen unter Einbeziehung von Altverträgen in die Veräußerungsgewinnbesteuerung nach dem 01.01.2009 war der Gesetzgeber weniger systematisch. Da bei Lebensversicherungen – anders als bei Aktien - auch Gewinne aus der Veräußerung von Altverträgen in die Besteuerung einbezogen wurden, hat dies zur Folge, dass bei der Besteuerung Vorgänge zu berücksichtigen sind, die (teilweise) vor dem 01.01.2009 verwirklicht wurden.
55Nach herrschender Meinung in der Literatur (vgl. Schmidt/Weber-Grellet EStG 34. Auflage § 20 Rz 12 m.w.N., Haisch/Krampe, DStR 2011, 2178 m.w.N.), der sich der Senat anschließt, ist daher auch nach Einführung der Abgeltungsteuer das Vorliegen einer Überschuss-/ Einkünfterzielungsabsicht im Bereich der Kapitaleinkünfte weiterhin Voraussetzung für die Besteuerung. Jedoch ist nur noch im Verlustfall zu prüfen, ob eine solche Absicht bestand. Die Prüfung bezweckt auch nicht mehr die Zuordnungen von Aufwendungen zur Ertrags- oder Vermögenssphäre, sondern regelmäßig die Verhinderung der steuerlichen Anerkennung spekulativer und unrealistischer Geschäftsmodelle (vgl. Schmidt/Weber-Grellet EStG 34. Auflage § 20 Rz 12 m.w.N.). Da der Besteuerungstatbestand (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG) an Vorgänge in der Zeit vor dem 01.01.2006 anknüpft, erscheint es dem Senat folgerichtig, bei der Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers sowohl die Verhältnisse vor Einführung der Abgeltungssteuer als auch danach einzubeziehen.
56c) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und unter Beachtung der Besonderheiten des Streitfalls hatte der Kläger weder bei Abschluss des Versicherungsvertrags im Jahr 1999 noch zum Zeitpunkt der Veräußerung der Versicherungsansprüche im Streitjahr (2009) die Absicht, mit dieser Kapitalanlage steuerpflichtige Kapitaleinkünfte zu erzielen.
57aa) Bei Abschluss des Versicherungsvertrages im Jahr 1999 indiziert bereits die tatsächlich gewählte Gestaltung (Abschluss der Versicherung auf zwölf Jahre und fünf Jahre Beitragszahlung) die fehlende Einkünfteerzielungsabsicht. Hätten sich im Streitfall die investierten Sparanteile positiv entwickelt, so hätten diese Erträge im Erlebensfall nach Ablauf der Versicherungsdauer (hier zum 01.09.2011) – ebenso wie die Leistung im Versicherungsfall - nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 und Satz 5 EStG a.F. nicht der Einkommensteuer unterworfen werden müssen. Steuerliche zu erfassende Einkünfte aus Kapitalvermögen durch die Erträge aus der fondgebundenen Lebensversicherung sollten durch die gewählte Gestaltung gerade vermieden werden.
58Zudem ist der Umstand zu berücksichtigen, dass sich eine Lebensversicherung auf den Todes- und Erlebensfall von anderen Kapitalanlagen dadurch unterscheidet, dass sie das Risiko des Versterbens des Kapitalanlegers mit absichert. Die Erzielung eines steuerfreien Vermögensvorteils bei Eintritt des Versicherungsfalles ist nicht nur mitursächlich, sondern wesentlicher Grund für den Abschluss einer Lebensversicherung als Kapitalanlage. Dies gilt auch für fondgebundene Lebensversicherungen. Fondsgebundene Lebensversicherungen, die wie konventionelle Lebensversicherungen das Erlebens- oder Todesfallrisiko des Versicherungsnehmers abdecken, unterscheiden sich von letzteren nur darin, dass die Höhe der Leistungen direkt von der Wertentwicklung der in einem besonderen Anlagestock angesparten Vermögensanlagen abhängt, wobei üblicherweise die Sparanteile der Beitragszahler nur in Investmentanteilen angelegt werden. Eine der Höhe nach garantierte Leistung gibt es bei der fondsgebundenen Lebensversicherung in der Regel nicht; selbst der Verlust des gesamten eingesetzten Kapitals ist möglich (vgl. BFH, Urteil vom 26.11.2014 VIII R 31/10 BFH/NV 2015, 1134 mit Hinweis auf BMF, Schreiben vom 01.10.2009 IV C 1-S 2252/07/0001, BStBl I 2009, 1172, Tz. 31, 32).
59Insoweit ist der Auffassung des Klägers, er habe ursprünglich - bei Abschluss des Versicherungsvertrages mit der A - mit Überschusserzielungsabsicht gehandelt, weil er die fondgebundene Lebensversicherung seinerzeit nicht zur Altersvorsorge abgeschlossen habe, sondern um Erträge zu erwirtschaften bzw. Bank- und Depotgebühren zu vermeiden, nicht zu folgen. Nach damaliger Rechtslage reichte – wie oben dargestellt - das Streben nach einem finanzwirtschaftlichen Überschuss (Cash-flow) ebenso wenig wie das Streben nach Kostendeckung aus, eine Einkünfteerzielungsabsicht zu begründen; vielmehr war das Streben nach positiven steuerlichen Einkünften erforderlich.
60bb) Dass es aus ex ante Sicht zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei einer positiven Entwicklung der Lebensversicherung theoretisch möglich gewesen wäre, durch einen späteren Verkauf der Ansprüche aus der Lebensversicherung einen Verkaufspreis zu erzielen, der höher ist, als die bis dahin geleisteten Versicherungsbeiträge, ist für die Beurteilung der Überschusserzielungsabsicht des Klägers im Streitjahr ohne Bedeutung. Denn zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses waren solche Veräußerungsgewinne nicht als (steuerpflichtige) Einkünften aus Kapitalvermögen zu erfassen. Der Senat folgt insoweit nicht der Auffassung des 1. Senates des FG Nürnberg (Urteil vom 11.02.2014 1 K 1465/13, EFG 2014, 1671, Revision anhängig: Az. BFH VIII 25/14), wonach die Überschusserzielungsabsicht zu modifizieren und darauf abzustellen sei, ob der Steuerpflichtige bei Vertragsabschluss den Vertrag als ertragbringend ansehen konnte, wobei bei dieser Betrachtung auch beabsichtigte nicht steuerbare Einnahmen zu berücksichtigen seien. Da erst mit Einführung des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 EStG es ab dem 01.01.2009 theoretisch möglich ist, durch die Veräußerung von Versicherungsansprüchen (steuerpflichtige) Kapitaleinkünfte zu erzielen, können solche Erträge auch frühestens ab diesem Zeitpunkt bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht miteinbezogen werden (vgl. auch Anmerkung Wüllenkemper, EFG 2014, 1674).
61cc) Eine Absicht des Klägers (steuerpflichtige) Einkünfte mit der fondgebundene Lebensversicherung zu erzielen, ist auch nicht entstanden, als mit der Einführung der Abgeltungssteuer zum 01.01.2009 unter bestimmten Voraussetzungen erstmals ein Gewinn aus der Veräußerung von Ansprüchen auf eine Lebensversicherungsleistung bei den (steuerpflichtigen) Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG i. V. m. 52 a Abs. 10 Satz 5 EStG) zu berücksichtigen ist. Denn zum Zeitpunkt, als der Kläger sich dazu entschlossen hatte, die Versicherung vor Ablauf von zwölf Jahren zu veräußern, stand bereits fest, dass die Erzielung eines positiven Ertrages durch den Verkauf der Ansprüche aus der fondgebundenen Lebensversicherung von vornherein ausgeschlossen war. Ein steuerlich relevanter Überschuss durch den Veräußerungsvorgang war (auch theoretisch) nicht möglich, weil der Kläger wesentlich höhere Versicherungsbeiträge an die A geleistet hatte als die für diese Beiträge angeschafften Investmentfondanteile im Jahr 2009 tatsächlich wert waren. Der Kläger ist – wie er selbst vorträgt - nur tätig geworden, um so den Verlust in der bis dahin erlittenen Höhe zu begrenzen und nicht um einen steuerpflichtigen Überschuss zu erzielen.
62Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger einen positiven Unterschiedsbetrag aus einer Veräußerung der Lebensversicherung nach dem 01.01.2009 hätte versteuern müssen. Er hält es aber nicht für geboten, deshalb auch ein Veräußerungsverlust stets im steuerrelevanten Bereich zu berücksichtigen. Ähnlich dem Rechtsgedanken, dass Wirtschaftgüter nicht dem gewillkürten Betriebsvermögen eines Gewerbetriebs zugeordnet werden können, wenn im Zeitpunkt der Einlage bereits fest steht, dass das Wirtschaftsgut dem Betrieb keinen Nutzen, sondern nur Verluste bringen würde (BFH, Urteil vom 18.10.2006 IX R 28/05, BStBl II 2007, 259), konnte der Kläger diese verlustbringende Kapitalanlage durch den Verkauf der Ansprüche der Lebensversicherung nicht allein deshalb von der Vermögens- in die steuerlich relevante Einkünftesphäre des § 20 EStG überführen, weil ab 01.01.2009 solche Veräußerungsgewinne zu versteuern gewesen wären. Vielmehr hat der Kläger im Streitjahr durch den Verkauf ein der Anlageform (fondgebundene Lebensversicherung, keine garantierten Leistungen im Erlebensfall) immanentes Risiko verwirklicht.
633. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
644. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 FGO im Hinblick auf das beim BFH anhängige Verfahren VIII R 25/14 zugelassen.
655. Der Senat hält die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 93 Abs. 3 Satz 2 FGO nicht für geboten, zumal die Kläger dies in dem nach der Schließung der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 26.10.2010 auch nicht beantragt haben. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 23.10.2010 fand ein ausführliches Rechtsgespräch statt, in dem sämtliche von den Klägern in dem nachgereichten Schriftsatz geltend gemachten rechtlichen Gesichtspunkte angesprochen und erörtert wurden.
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Referenzen
- 1998 IX R 38/96 1x (nicht zugeordnet)
- 1982 GrS 1/81 1x (nicht zugeordnet)
- EStG § 52a (weggefallen) 4x
- FGO § 100 1x
- 2013 VIII B 40/13 1x (nicht zugeordnet)
- VIII R 25/14 1x (nicht zugeordnet)
- 2014 VIII R 37/12 2x (nicht zugeordnet)
- 2014 VIII R 31/10 1x (nicht zugeordnet)
- FGO § 93 1x
- 1984 GrS 4/82 1x (nicht zugeordnet)
- EStG § 22 Arten der sonstigen Einkünfte 1x
- 2006 IX R 28/05 1x (nicht zugeordnet)
- EStG § 2 Umfang der Besteuerung, Begriffsbestimmungen 3x
- EStG § 20 30x
- EStG § 23 Private Veräußerungsgeschäfte 4x
- FGO § 115 1x
- 1996 IX R 51/92 1x (nicht zugeordnet)
- 1 K 3740/13 1x (nicht zugeordnet)
- EStG § 17 Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften 2x
- § 42 AO 3x (nicht zugeordnet)
- 1 K 1465/13 2x (nicht zugeordnet)
- 2000 VIII R 77/97 1x (nicht zugeordnet)
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