Urteil vom Finanzgericht Düsseldorf - 6 K 2099/13 KE
Tenor
Die Bescheide über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer für den Anmeldungszeitraum 08/2006, 08/2007 und 08/2008 vom 12.11.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung werden dahingehend geändert, dass die Kapitalertragsteuer jeweils auf null Euro herabgesetzt wird.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Streitig ist, ob der Beklagte zu Recht für die Streitjahren 2005 bis 2007 abgeltende Kapitalertragsteuer gegenüber dem Kläger für Gewinne aus dem Betrieb gewerblicher Art (BgA) „A“, die der Kläger einer Rücklage zugeführt hat, festgesetzt hat.
3Der Kläger ist eine gemeinnützige Körperschaft des öffentlichen Rechts, die als „A“ und Berufsverband tätig ist.
4Der Kläger stellte gemäß seinen Gewinnermittlungen den Jahresüberschuss für 2005 in Höhe von …….. €, den Jahresüberschuss für 2006 in Höhe von ……. €, den Jahresüberschuss für 2007 in Höhe von ……… € und den Jahresüberschuss für 2008 in Höhe von ……….. € in eine Gewinnrücklage ein.
5Beim Kläger fand für den Zeitraum 2005 bis 2007 eine Betriebsprüfung statt, die sich unter anderem auch auf die Kapitalertragsteuer bezog.
6Diese Betriebsprüfung kam unter anderem zu folgenden Ergebnissen:
7Beim Kläger handele es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Unter dem Begriff „Verband X“ seien bei dem Kläger die Tätigkeit A, der Verband als Berufsverband und die Trägerkörperschaft erfasst. Bei dem Kläger würden alle Einnahmen und Ausgaben für alle Bereiche im Rechnungswesen der Tätigkeit A verbucht. Über Aufteilung nach Kostenstellen würden die ertragsteuerlich relevanten Beträge der Tätigkeit A bzw. dem Berufsverband rechnerisch zugeordnet. Für die Tätigkeit A und den Berufsverband gebe es keine getrennten Bankkonten und keine getrennte Buchführung. Die Einnahmen und Ausgaben des Berufsverbandes würden nicht gesondert erfasst. Im Ergebnis würde der Handelsbilanzgewinn des BgA A zutreffend ausgewiesen.
8Der Berufsverband führe für seine Mitglieder, sofern einzelne oder mehrere diesen beauftragen, spezielle Projekte gegen Sonderbeiträge auf Kostenbasis durch. Diese wirtschaftliche Betätigung werde ebenfalls im Rahmen eines BgA des Berufsverbandes ausgeführt. Daneben würden für die allgemeine Verbandstätigkeit Mitgliedsbeiträge erhoben, die sich nach den angefallenen Kosten richten.
9Bei dem Projekt des Berufsverbandes „Y“ sei der laufende Aufwand zunächst von der A bezahlt und in der Bilanz der A unter „Vorräten“ zum 31.12.2005 bis 2007 aktiviert worden, soweit die Mitglieder noch keine Beiträge zur Kostenerstattung geleistet hatten. Die Bilanzierung sei erfolgt, um für die A den zutreffenden Gewinn auszuweisen.
10Die Betriebsprüfung war der Auffassung, dass in der Übernahme der Kosten für das Projekt „Y“ ein Vermögenstransfer von dem BgA A über die Trägerkörperschaft an den BgA „X“ des Berufsverbandes erfolgt sei. Da keine getrennten Bankkonten und eigene Buchhaltung für die verschiedenen Bereiche eingerichtet worden seien, komme es mit dieser Kostenübernahme zu einer Verfügung der Trägerkörperschaft über Mittel der A in den Bereich des Berufsverbandes. Für Zwecke der Kapitalertragsteuer sei ein tatsächlicher Abfluss von Vermögen in 2005 bis 2007 in folgender Höhe gegeben:
112005 …………. €
122006 …………. €
132007 …………. €.
14Es liege keine Darlehensgewährung der A an den Verband vor, da der Vorgang seit Jahren unter der Bilanzposition „Vorräte“ erfasst worden sei und nicht als Darlehen unter Erfassung der jeweiligen Zinsen als Forderung.
15Die Betriebsprüfung war ferner der Auffassung, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse der BgA A nicht ein Eigenbetrieb mit Sondervermögen, sondern ein Regiebetrieb sei.
16Die Betriebsprüfung war der Auffassung, dass bei Annahme eines Regiebetriebs mit der Folge des unmittelbaren Zuflusses des Gewinns laut Handelsbilanz Kapitalertragsteuer aufgrund folgender Bemessungsgrundlage zu erheben sei:
172005: ………. €
182006: ………. €
192007: ………. €.
20Nach Auffassung der Betriebsprüfung waren im Streitfall die Voraussetzungen für die Bildung einer Rücklage gemäß dem BMF-Schreiben vom 08.08.2005 nicht erfüllt.
21Nach diesem BMF-Schreiben sei die Bildung einer Rücklage zulässig, soweit die Zwecke des BgA ohne die Rücklagenbildung nachhaltig nicht erfüllt werden könnten. Hierzu führe das BMF-Schreiben aus, dass das Bestreben, ganz allgemein die Leistungsfähigkeit zu erhalten, für eine unschädliche Rücklagenbildung nicht ausreiche. Vielmehr müssten die Mittel für bestimmte Vorhaben, z. B. Anschaffung von Anlagevermögen, angesammelt werden, für deren Durchführung bereits konkrete Zeitvorstellungen bestünden, zumindest müsste die Durchführung des Vorhabens glaubhaft und finanziell in einem angemessenen Zeitraum möglich sein.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Betriebsprüfungsberichtes wird auf den Bericht in der Betriebsprüfungshandakte Bezug genommen.
23Aufgrund der Ergebnisse der Betriebsprüfung erließ der Beklagte gegenüber dem Kläger am 12.11.2012 Bescheide über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer für den Anmeldungszeitraum 08/2006 über Kapitalertragsteuer in Höhe von …….. €, für den Anmeldungszeitraum 08/2007 über Kapitalertragsteuer in Höhe von …….. € und für den Anmeldungszeitraum 08/2008 über Kapitalertragsteuer in Höhe von ……… €.
24Der Kläger legte gegen diese Bescheide am 05.12.2012 Einspruch ein. Zur Begründung seines Einspruchs berief sich der Kläger unter anderem auf Folgendes:
25Das im BMF-Schreiben vom 10.11.2005 aufgestellte ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der „betrieblichen Notwendigkeit“ einer Rücklage verstoße gegen den Gesetzesvorbehalt gemäß Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz. Dieser Ansicht habe sich der BFH im Urteil vom 16.11.2011 I R 108/09 inzwischen zumindest für Betriebe gewerblicher Art, die keine Regiebetriebe seien, angeschlossen. Außerdem habe das BMF die Einschränkung der gesetzlichen Regelung in § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG, wonach grundsätzlich jede Rücklagenbildung steuerlich anzuerkennen sei, nur für Kommunalbetriebe vornehmen wollen. Da der Kläger kein Kommunalbetrieb sei, falle er nicht unter den Regelungsbereich des BMF-Schreibens.
26Außerdem ist der Kläger der Auffassung, dass eine Einstufung des BgA A als Regiebetrieb bereits deshalb nicht in Betracht komme, weil die Unterscheidung zwischen Eigenbetrieb und Regiebetrieb nur auf gemeindliche wirtschaftliche Unternehmen im Sinne des § 114 Abs. 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen anwendbar sei. Die in der Gemeindeordnung NRW enthaltenen Rechtsgrundlagen betreffend Eigenbetriebe gelten für den BgA A ebenso wenig wie die Eigenbetriebsverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen. Da die Einstufung als Regiebetrieb durch Abgrenzung vom Eigenbetrieb erfolge, könne der BgA A ebenso wenig ein Regiebetrieb sein.
27Die Einrichtung separater Konten für den Verband als Körperschaft des Öffentlichen Rechts, den Berufsverband, den BgA „X“ und dem BgA A sei allein aus Praktikabilitätsgesichtspunkten unterblieben. Auch ohne getrennte Bankkonten sei durch die Verteilung der Kosten für Mitarbeiter und Sachmittel nach einem Kostenschlüssel, der mit Hilfe der im Ressourcentool erfassten Daten berechnet würde, eine strikte Vermögenstrennung zwischen Verband und A gewährleistet.
28Nach Auffassung des BFH solle eine nachgelagerte Besteuerung bei Eigenbetrieben erst dann erfolgen, wenn der Gewinn die betriebliche Sphäre verlasse und für Zwecke außerhalb des BgA verwendet werde. Solange der in einem Eigenbetrieb erzielte Gewinn der Trägerkörperschaft aber nicht zur Verwendung im allgemeinen Haushalt zur Verfügung gestellt werde, könne die Trägerkörperschaft nach Auffassung des BFH ebenso wenig zugreifen wie in der vergleichbaren Situation der Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft auf den Gewinn der Gesellschaft. Im Streitfall komme eine Überführung in den allgemeinen Haushalt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger nicht dem Haushaltsrecht unterliege. Zudem seien die in den Jahren 2005 bis 2007 gebildeten Rücklagen im betrieblichen Bereich verblieben. Sie seien nicht für Zwecke außerhalb des BgA A verwendet worden.
29Abschließend sei anzumerken, dass eine nachgelagerte Besteuerung des BgA A entsprechend der Ausschüttungsbesteuerung dadurch sichergestellt werde, dass die Auflösung der Rücklage Kapitalertragsteuerpflicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 2 EStG auslöse.
30Nachdem der Beklagte über die Einsprüche Anfang Juni 2013 noch nicht entschieden hatte, hat der Kläger am 20. Juni 2013 Untätigkeitsklage erhoben.
31Durch Einspruchsentscheidung vom 22.07.2013 wies der Beklagte die Einsprüche des Klägers als unbegründet zurück.
32Der Kläger beantragt,
33die Bescheide über die Festsetzung von Kapitalertragsteuer für den Anmeldungszeitraum 08/2006, 08/2007 und 08/2008 vom 12.11.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass die Kapitalertragsteuer jeweils auf null Euro herabgesetzt wird,
34hilfsweise, die Revision zuzulassen.
35Der Beklagte beantragt,
36die Klage als unbegründet abzuweisen,
37hilfsweise, die Revision zuzulassen.
38Zur Begründung seines Antrags beruft sich der Beklagte unter anderem darauf, dass der Kläger mit der Tätigkeit und dem Betrieb der A einen Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG unterhalte. Der BgA sei nicht selbst juristische Person im Sinne des § 4 Abs. 2 KStG und habe auch keine eigene Rechtspersönlichkeit.
39Nach der Definition des § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG seien Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Personen wirtschaftlich hervorheben. Zu den Betrieben gewerblicher Art gehörten nicht Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen. Der Argumentation des Klägers, die Annahme eines BgA’s scheide aus, weil er keine hoheitliche Tätigkeit ausführe, könne daher nicht gefolgt werden.
40Zu Unrecht sei der Kläger der Auffassung, dass seine Dienstleistungen eine Einheit bildeten. Die verschiedenen Tätigkeiten einer juristischen Person des öffentlichen Rechts seien für sich zu beurteilen. Verschiedene wirtschaftliche Tätigkeiten seien nur dann als Einheit zu behandeln, wenn dies der Verkehrsauffassung entspreche. Im vorliegenden Fall handele es sich nach der allgemeinen Verkehrsauffassung bei der Tätigkeit der A und der des Berufsverbandes sowie der Durchführung von speziellen Projekten nicht um Tätigkeiten, die zusammen gehörten, sondern um solche, die jeweils eigene Tätigkeits- bzw. Unternehmensfelder darstellten, die üblicherweise nicht als Einheit im Wirtschaftsleben auftreten und daher für steuerliche Zwecke hinsichtlich der wirtschaftlichen Tätigkeitsfelder als jeweils eigener Betrieb gewerblicher Art zu beurteilen seien.
41Ferner ist der Beklagte der Auffassung, dass der Kläger kein Eigenbetrieb sei. Der Eigenbetrieb sei eine organisatorisch und haushaltsmäßig verselbständigte Einrichtung der Trägerkörperschaft mit eigener Verfassung und mit einem eigenen Rechnungswesen, die wirtschaftlich wie ein Unternehmer auftrete. Die Vermögenssphären der Trägerkörperschaft und des Eigenbetriebs seien gegeneinander abzugrenzen.
42Nach dem Urteil des BFH vom 16.11.2011 (I R 108/09) seien im Falle eines Regiebetriebs erhöhte Anforderungen an die Bildung von Rücklagen zu beachten. Die von dem Kläger in der Gewinnrücklage ausgewiesenen Gewinne seien nicht zur nachhaltigen Erfüllung der Tätigkeit für den Betrieb einer A erforderlich gewesen.
43Entscheidungsgründe:
44Die Klage ist begründet.
45Der Beklagte hat gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c EStG i. V. mit § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG zu Unrecht für den Gewinn des Betriebes gewerblicher Art (BgA) „A“ der Jahre 2005 bis 2007 Kapitalertragsteuer festgesetzt.
461. Von Kapitalerträgen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchst. c EStG). Als Gläubiger der Kapitalerträge und damit als Schuldner der Kapitalertragsteuer (§ 44 Abs. 1 Satz 1 EStG) gilt in diesen Fällen gemäß § 44 Abs. 6 Satz 1 EStG die juristische Person des öffentlichen Rechts; der BgA gilt als Schuldner der Kapitalerträge. Die Kapitalertragsteuer entsteht im Zeitpunkt der Bilanzerstellung; sie entsteht spätestens acht Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs.
47Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG gehören u. a., der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betriebs gewerblicher Art im Sinne des § 4 KStG ohne eigene Rechtspersönlichkeit, der den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG enthält eine Ausschüttungsfiktion, denn aufgrund der fehlenden rechtlichen Selbständigkeit des BgA kann eine tatsächliche Gewinnausschüttung an die Trägerkörperschaft nicht erfolgen (BFH-Urteil vom 16.11.2011 I R 108/09, BStBl II 2013, 328).
482. Die Tatbestandsmerkmale des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG sind im Streitfall erfüllt.
492.1 Der Kläger ist als juristische Person des öffentlichen Rechts gemäß § 1 Abs.1 Nr. 6 KStG i. V. mit § 4 KStG mit dem Einkommen aus seinen Betrieben gewerblicher Art körperschaftsteuerpflichtig.
50Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind gemäß § 4 Abs. 1 KStG vorbehaltlich § 4 Abs. 5 KStG alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich. Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören gemäß § 4 Abs. 5 KStG nicht Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe).
512.1.1 Der Begriff "Betrieb gewerblicher Art" ist nach der Rechtsprechung des BFH im weiten Sinne zu verstehen. Dies ergibt sich aus dem Sinn der Vorschrift, die der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und der steuerlichen Gleichmäßigkeit dient. Soweit juristische Personen des öffentlichen Rechts sich privatwirtschaftlich betätigen, sollen sie steuerlich gesehen wie Personen des Privatrechts behandelt werden. Steuerrechtssubjekt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG ist nicht der von der Körperschaft des öffentlichen Rechts unterhaltene Betrieb gewerblicher Art, sondern die Körperschaft des öffentlichen Rechts wegen jedes einzelnen Betriebes gewerblicher Art.
522.1.2 Unter einer Einrichtung ist nach der Rechtsprechung des BFH jede Betätigung zur Erzielung von Einnahmen zu verstehen, die sich von der sonstigen Tätigkeit funktionell abgrenzen lässt. Es ist nicht notwendig, dass die Tätigkeit im Rahmen einer organisatorisch verselbständigten Abteilung ausgeübt wird (z. B. gesonderte Buchführung, besondere kaufmännische oder technische Leitung). Auf den Umfang der Tätigkeit kommt es nicht an. Eigenes Personal und eigene sächliche Mittel sind nicht Voraussetzung einer "Einrichtung" (BFH-Urteile vom 3.2.2010 I R 8/09, BStBl II 2010, 502; vom 27.6.1990 I R 166/85, BFH/NV 1991, 628).
532.1.3 Nachhaltig ist eine Tätigkeit (Betätigung) nach der Rechtsprechung des BFH, wenn sie - ohne Rücksicht auf das Motiv des Tätigwerdens - auf Wiederholung angelegt ist, d.h. wenn die in der Regel Mehrzahl von Tätigkeiten von dem Entschluss getragen sind, sie zu wiederholen und daraus eine (ständige) Erwerbsquelle zu machen und die Tätigkeiten dann auch tatsächlich wiederholt werden (BFH-Urteil vom 21.8.1985 I R 60/80, BStBl II 1986, 88).
542.1.4 Der wirtschaftlichen Betätigung muss eine Absicht zur Erzielung von Einnahmen zugrunde liegen. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist hingegen nicht erforderlich (§ 4 Abs. 1 Satz 2 KStG).
552.1.5 Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Tätigkeit einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nur dann als Betrieb gewerblicher Art anzusehen, wenn sie von einigem Gewicht ist. Der BFH stellt anders als die Finanzverwaltung nicht auf bestimmte Umsatzgrenzen ab (BFH-Urteil vom 11.1.1979 V R 26/74, BStBl II 1979, 746).
56Diese Tatbestandsvoraussetzungen des Betriebes gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind im Streitfall durch die Betätigung des Klägers als A offensichtlich erfüllt. Der BgA A stellt eine Einrichtung dar, die in den Streitjahren nachhaltig mit der Absicht der Einnahmeerzielung mit erheblichen Einnahmen tätig war.
572.1.6 Entgegen der Ansicht des Klägers ist die von der Finanzverwaltung vorgenommene Aufspaltung der Verbandstätigkeit in eine Tätigkeit des „Berufsverbands an sich“, einen BgA A und einen BgA „X“ zutreffend. Der Kläger ist als juristische Person des öffentlichen Rechts gemäß § 1 Abs.1 Nr. 6 KStG i. V. mit § 4 KStG mit dem Einkommen aus seinen Betrieben gewerblicher Art körperschaftsteuerpflichtig. Für jeden einzelnen Betrieb gewerblicher Art ist das Einkommen nach der Rechtsprechung des BFH gesondert zu ermitteln (BFH-Urteil vom 13.3.1974 I R 7/71, BStBl II 1974, 391).
58Da der Kläger aufgrund seiner Tätigkeit als Berufsverband als gemeinnützig anerkannt ist und seine Tätigkeit insoweit von der Körperschaftsteuer befreit ist, sind die gemeinnützige Verbandstätigkeit und die privatwirtschaftlichen Betätigungen zu trennen.
59Zu Unrecht ist der Kläger der Auffassung, die „A“-funktion, die schon bei der Gründung die Verbandsarbeit geprägt habe, und die weiteren Dienstleistungen des Verbandes seien untrennbar miteinander verbunden. Denn der „A“-bereich ist nicht gemeinnützig und deshalb von der gemeinnützigen Tätigkeit zu trennen.
60Ebenfalls zu Unrecht ist der Kläger der Auffassung, die Annahme eines von dem Berufsverband zu trennenden BgA A scheide bereits deshalb aus, weil der Verband keine hoheitlichen Aufgaben wahrnehme, denn zu trennen ist die gemeinnützige von der privatwirtschaftlichen Betätigung.
613. Betriebe gewerblicher Art und Trägerkörperschaft werden im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG fiktiv wie jeweils selbständige Rechtssubjekte ähnlich einer Kapitalgesellschaft und deren Anteilseigner behandelt. Steuerpflichtig ist somit nicht nur der Betrieb gewerblicher Art gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG, sondern daneben auch die Trägerkörperschaft gemäß § 2 Nr. 2 KStG (Schüttler/Spielmann, DStR 2014, 1365, 1366).
623.1 Die Voraussetzungen, unter denen eine Trägerkörperschaft gewinnähnliche Leistungen bzw. Gewinne und verdeckte Gewinnausschüttungen eines Betriebes gewerblicher Art gem. § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG als Kapitaleinkünfte zu versteuern hat, hängen davon ab, ob es sich um einen Betrieb gewerblicher Art mit oder ohne eigene Rechtspersönlichkeit handelt. Die Besteuerung der Trägerkörperschaft von Betrieben gewerblicher Art mit eigener Rechtspersönlichkeit richtet sich nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a EStG i. V. mit § 43 Abs. 7b EStG. Bei Betrieben gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind die nicht den Rücklagen zugeführten Gewinne eines nicht steuerbefreiten Betriebes gewerblicher Art unter den in § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG näher bezeichneten Voraussetzungen Einkünfte aus Kapitalvermögen der Trägerkörperschaft.
63Der BgA A hat keine eigene Rechtspersönlichkeit. Eine eigene Rechtspersönlichkeit hat nur der Kläger als Körperschaft des öffentlichen Rechts.
643.2 Der BgA A ist ein Regiebetrieb.
65Die Besteuerung der Gewinne eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Betriebes gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit hängt außerdem davon ab, ob es sich bei diesem Betrieb haushaltsrechtlich um einen Eigenbetrieb oder einen Regiebetrieb handelt.
66Unter einem Eigenbetrieb ist ein finanzwirtschaftliches Sondervermögen im haushaltsrechtlichen Sinne zu verstehen, das organisatorisch verselbständigt, gleichwohl aber rechtlich unselbständiger Teil der Körperschaft des öffentlichen Rechts ist (vgl. z. B. § 114 GO NRW; § 9 Abs. 1 EigVO NRW). Regiebetriebe sind rechtlich unselbständige Einheiten der Trägerkörperschaft, die finanzwirtschaftlich nicht Sondervermögen der Trägerkörperschaft (z. B. Gemeinde) darstellen (BFH-Urteil vom 11.9.2013 I R 77/11, BStBl II 2015, 161).
67Der BgA A ist kein finanzwirtschaftliches Sondervermögen, weil für eine derartige Verselbständigung eine Rechtsgrundlage fehlt, und deshalb ein Regiebetrieb.
684. Der Beklagte hat gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG zu Unrecht die von der Klägerin gebildeten Rücklagen bei der Ermittlung der Kapitalertragsteuer-Bemessungsgrundlage nicht berücksichtigt.
694.1 Maßgeblich für die Ermittlung des Gewinns für Zwecke des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG ist bei Regiebetrieben nicht das steuerliche, sondern das handelsrechtliche Jahresergebnis i.S. des § 275 HGB (BFH-Urteil vom 11.9.2013 I R 77/11, BStBl II 2015, 161; Bott, DStZ 2015, 112, 116; Schiffers, DStZ 2015, 144, 147). Denn es geht bei der Besteuerung des Kapitalertrags aus Betrieben gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit um die Erfassung von Vorgängen, die bei anderen Körperschaften als (tatsächliche) Gewinnausschüttungen anzusehen wären und die Höhe des zur Gewinnabführung tatsächlich zur Verfügung stehenden Betrages richtet sich nach dem handelsrechtlichen Jahresüberschuss. Maßgeblich ist nicht der festgestellte Jahresabschluss, sondern das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zutreffende Jahresergebnis. Bei Regiebetrieben gelten der Gewinn des Betriebes gewerblicher Art und die Einkünfte aus Kapitalvermögen wegen der rechtlichen Identität der Trägerkörperschaft und des Betriebes gewerblicher Art als zeitgleich zum Schluss des Wirtschaftsjahrs erzielt (BFH-Urteile vom 11.7.2007 I R 105/05, BStBl II 2007, 841; vom 23.1.2008 I R 18/07, BStBl II 2008, 573; Schüttler/Engels/Schmidt, DStR 2012, 1069; Bott, DStZ 2015, 112, 117).
704.2 § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG räumt der Trägerkörperschaft eines Regiebetriebes trotz der unmittelbaren Zurechnung der vom Betrieb gewerblicher Art erwirtschafteten Gewinne seinem Wortlaut nach die Möglichkeit ein, die Gewinne mit einer die Kapitalertragssteuererhebung unterbindenden Wirkung in einer „Rücklage“ zu thesaurieren.
714.2.1 Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist für eine Rücklagenbildung bei einem Regiebetrieb kommunalrechtlich kein Raum, da die Trägerkörperschaft unmittelbar über die Gewinne eines Regiebetriebes verfügt (BMF vom 9.1.2015 IV C 2-S 2706-a/13/10001, BStBl I 2015, 111 Rz. 35). Gleichwohl erkennt die Finanzverwaltung bei einem Regiebetrieb für Zwecke des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG die Rücklagenbildung an, soweit die Zwecke des Betriebes gewerblicher Art ohne die Rücklagenbildung nachhaltig nicht erfüllt werden können. Das Bestreben, ganz allgemein die Leistungsfähigkeit des Betriebes gewerblicher Art zu erhalten, reicht für eine anzuerkennende Rücklagenbildung nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht aus. Vielmehr müssen die Mittel für bestimmte Vorhaben (z. B. Anschaffung von Anlagevermögen) angesammelt werden, für deren Durchführung bereits konkrete Zeitvorstellungen bestehen. Besteht noch keine konkrete Zeitvorstellung, ist eine Rücklagenbildung zulässig, wenn die Durchführung des Vorhabens glaubhaft und finanziell in einem angemessenen Zeitraum möglich ist. Werden Gewinne buchungstechnisch in der Bilanz des Betriebes gewerblicher Art „stehen gelassen“, obwohl dies nach den genannten Grundsätzen nicht anzuerkennen ist, ist nach Auffassung der Finanzverwaltung grundsätzlich Kapitalertragsteuer zu erheben (BMF vom 9.1.2015 IV C 2-S 2706-a/13/10001, BStBl I 2015, 111 Rz. 35; Bürstinghaus, DStZ 2011, 345, 347; Paetsch in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 4 Rz. 87).
72Auf Grund dieser Rechtsansicht der Finanzverwaltung, die der Senat nicht teilt, hat die Betriebsprüfung und ihr folgend der Beklagte zu Recht die Rücklagenbildung des Klägers nicht anerkannt. Der Kläger hat zwar einen nachvollziehbaren Grund für die Ansammlung der Gewinne im Interesse des Regiebetriebs glaubhaft gemacht. Denn er wollte sein im Vergleich zu anderen Unternehmen der gleichen Branche unterdurchschnittliches Eigenkapital Jahr für Jahr erhöhen. Dass das Eigenkapital des Klägers im Vergleich zu anderen Unternehmen der gleichen Branche unterdurchschnittlich ist, ergibt sich aus den Statistiken der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Die Zwecke des BgA A konnten nach Auffassung des Senates jedoch auch ohne die Rücklagenbildung nachhaltig erfüllt werden, da der Kläger in Gestalt des BgA A kurzfristig sein Eigenkapital in erheblichem Maße erhöhen konnte, wenn dies aufsichtsrechtlich erforderlich war, in dem er die jährlichen Rückgaben an seine Kunden, die in den Streitjahren … bis … Millionen € betrugen, aussetzte.
73Soweit der Kläger der Auffassung ist, dass diese Argumentation widersprüchlich sei, wohl weil er meint, dass auch dann Kapitalertragsteuer anfalle, übersieht er, dass bei einer aufsichtsrechtlich notwendigen Rücklagenbildung nach Auffassung der Finanzverwaltung keine Kapitalertragsteuer anfällt.
744.2.2 Nach Auffassung des Senates räumt § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG der Trägerkörperschaft eines Regiebetriebes trotz der unmittelbaren Zurechnung der vom Betrieb gewerblicher Art erwirtschafteten Gewinne seinem Wortlaut nach die Möglichkeit ein, Gewinne einer „Rücklage“ zuzuführen. Unabhängig davon, das haushaltsrechtlich bei einem Regiebetrieb eine Rücklagenbildung – wie oben bereits dargelegt – nicht vorgesehen ist, ist sie steuerlich in § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG vorgesehen. Beschränkungen der Dispositionsbefugnis der Trägerkörperschaft, wie sie von der Finanzverwaltung aufgestellt werden, ergeben sich aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG nicht (Bott, DStZ 2015, 112, 121; Schüttler/Engels/Schmidt, DStR 2012, 1069, 1072; Bott/Schiffers, DStZ 2013, 886, 900). Zwar hat der BFH hat in seinem Urteil vom 16.11.2011 (I R 108/09, BStBl II 2013, 328) ausgeführt, dass es bei einem Regiebetrieb gerechtfertigt sei, Rücklagen nur zuzulassen, wenn dies betrieblich erforderlich sei. Die Ausführungen zum Regiebetrieb sind aber nur ein obiter dictum, da es sich um eine Entscheidung zum Eigenbetrieb handelt (Bott, DStZ 2015, 112, 122).
75Nach Auffassung des Senates ist eine Einschränkung der Rücklagenbildung beim Regiebetrieb nicht erforderlich, da vergleichbare Beschränkungen bei einem Eigenbetrieb (vgl. BFH-Urteil vom 16.11.2011 I R 108/09, BStBl II 2013, 328) und bei einer Kapitalgesellschaft auch nicht gelten. Wenn es aus Gründen der steuerlichen Gleichbehandlung geboten ist, Vermögensübertragungen zwischen einem Betrieb gewerblicher Art und seiner Trägerkörperschaft als Einkünfte der Trägerkörperschaft aus Kapitalvermögen der Kapitalertragsteuer zu unterwerfen (BT-Drs. 14/2683, 114), ist es auch geboten, Regiebetriebe bezüglich der Rücklagen wie Eigenbetriebe und Kapitalgesellschaften zu behandeln. Zu fordern ist lediglich, dass die Trägerkörperschaft den der Rücklage zugeführten Gewinn so ausweist bzw. absondert, dass seine Verwendung für den Regiebetrieb überprüfbar ist.
76Der BFH unterscheidet Eigenbetrieb und Regiebetrieb bezüglich der Rücklagenbildung, weil bei einem Eigenbetrieb der erzielte Gewinn der Trägerkörperschaft nicht unmittelbar zur Verwendung im allgemeinen Haushalt zur Verfügung gestellt wird (BFH-Urteil vom 16.11.2011 I R 108/09, BStBl II 2013, 328). Warum nur betrieblich erforderliche Gewinne eines Regiebetriebes begünstigt sein sollen, erläutert der BFH nicht. Da es keine getrennte Kasse und Vermögensmasse von Trägerkörperschaft und Regiebetrieb gibt (BFH-Urteil vom 11.9.2013 I R 77/11, BStBl II 2015, 161), führt die betriebliche Erforderlichkeit der Rücklagenbildung noch nicht zwingend zu einer Verwendung der Gewinne bei dem BgA und nicht bei der Trägerkörperschaft. Wenn man die haushaltsrechtliche Trennung von Eigenbetrieb und Trägerkörperschaft als allein entscheidendes Kriterium für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung ansehen würde, würde entgegen dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG ohne zwingende Notwendigkeit in einer Vielzahl von Fällen Kapitalertragsteuer erhoben werden, in denen eine steuerliche Gleichbehandlung von BgA und Trägerkörperschaft mit Kapitalgesellschaften und ihren Anteilseignern dies nicht erfordert. Nach Auffassung des Senates ist es daher entscheidend, dass nachvollziehbar ist, ob der Gewinn für den Regiebetrieb oder die Trägerkörperschaft verwendet wird. Solange eine Verwendung des Gewinns für die Trägerkörperschaft nicht erfolgt und der Gewinn nachvollziehbar in einer Rücklage thesauriert wird, fällt nach Auffassung des Senates keine Kapitalertragsteuer an.
774.3 Der Kläger hat in Höhe der vom Beklagten als Bemessungsgrundlage für die Kapitalertragsteuer zugrunde gelegten Beträge Rücklagen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG gebildet.
78§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG regelt nicht, wie eine Rücklage im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG zu bilden ist.
79Die OFD Karlsruhe vertritt in einer „Arbeitshilfe Betriebe gewerblicher Art als Schuldner der Kapitalerträge“ die Auffassung, dass Rücklagen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG bei Regiebetrieben keine bilanziellen Rücklagen seien. Die bilanziellen Rücklagen (Gewinnrücklage, Kapitalrücklage usw.) stimmten regelmäßig nicht mit den Rücklagen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG überein. Daher sei für die Bildung und Auflösung dieser Rücklagen eine außerbilanzielle Nebenrechnung erforderlich (OFD Karlsruhe vom 7.10.2015 S 270.6/43-St 212). Die OFD NRW vertritt in einer „Arbeitshilfe Besteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts“ vom 1.10.2014, Seite 158, die Auffassung, dass die Aussagen in Rz. 23 des BMF-Schreibens vom 11.9.2002 (IV A 2-S 1910-194/02, BStBl I 2002, 935), dass als Zuführung zu den Rücklagen jedes Stehenlassen von Gewinnen als Eigenkapital für Zwecke des BgA gelte, unabhängig davon, ob dies in der Form der Zuführung zu den Gewinnrücklagen, als Gewinnvortrag oder unter einer anderen Position des Eigenkapitals erfolge, sich so in der Neufassung der BMF-Schreiben zwar nicht wiederfinde, aber weiterhin Gültigkeit behalte.
80Nach Auffassung des Hessischen Finanzgerichts kann eine Rücklagenzuführung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG nicht nur bzw. schon angenommen werden, wenn der bilanzierende Regiebetrieb in seinem Jahresabschluss tatsächlich eine (Gewinn-) Rücklage im handelsbilanziellen Sinne ausweist. Grundsätzlich könne es jedoch bei alleiniger Betrachtung des Regiebetriebs und seiner Rechnungslegung genügen, wenn der ausgewiesene Gewinn in irgendeiner Form (z.B. auch durch Vortrag auf neue Rechnung) "stehen gelassen", d.h. der Verwendung durch die Trägerkörperschaft entzogen und zugleich ein nachvollziehbarer Grund für die Ansammlung des Gewinnsubstrats im Interesse des Regiebetriebs glaubhaft gemacht werde, wobei keine überzogenen Anforderungen zu stellen sein dürften (Hessischen FG, Urteil vom 24.3.2015 4 K 1187/11, EFG 2015, 1274 mit Anm. Zimmermann, EFG 2015, 1276; Az. BFH VIII R 42/15).
81In der Literatur wird vertreten, dass wohl keine Rücklagenbildung in der Handelsbilanz, sondern eine eigenständige steuerliche Rücklage gemeint sei (Schiffers, DStZ 2015, 144, 148; Bürstinghaus, DStZ 2011, 345, 348).
82Nach Auffassung des Senates hat der Kläger kapitalertragsteuerlich zu berücksichtigende Rücklagen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG gebildet, weil in den Bilanzen die Rücklagen unter Gewinnrücklage, „Satzungsmäßige Rücklagen“ ausgewiesen werden und im Streitfall die Rücklagen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG mit den in der Bilanz ausgewiesenen Rücklagen übereinstimmen. Auf Grund der Besonderheiten des Streitfalles ist damit eindeutig nachvollziehbar, ob der Gewinn für den BgA A oder für die gemeinnützige Tätigkeit des Klägers verwandt wird. Denn die Finanzmittel für die gemeinnützige Tätigkeit des Klägers und für den BgA „X“ werden dem Kläger von seinen Mitgliedern zur Verfügung gestellt bzw. erstattet. Seitens der Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass der Gewinn des BgA A zutreffend ermittelt wurde. Entscheidend ist nach Auffassung des Senates, dass die Einnahmen, Ausgaben und die Vermögenssphäre des BgA A und der gemeinnützigen Tätigkeit des Klägers rechnerisch so getrennt sind, dass die Gewinnermittlung des BgA A zutreffend erfolgt und die Gewinnverwendung nachvollziehbar ist. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Beanstandungen seitens der Betriebsprüfung gab es insoweit nicht. Soweit Finanzmittel des BgA A für die gemeinnützige Tätigkeit des Klägers verwandt wurden, wurden sie nicht wie zugeflossene Gewinne, sondern wie kurzfristige, unverzinsliche Darlehen zur Verfügung gestellt.
835. Zu Unrecht sind die Betriebsprüfung und ihr folgend der Beklagte der Auffassung, dass in der Übernahme der Kosten für das Projekt „Y“ ein Vermögenstransfer von dem BgA A über die Trägerkörperschaft an den BgA „X“ erfolgt sei, mit der Folge, dass für Zwecke der Kapitalertragsteuer ein tatsächlicher Abfluss von Vermögen in 2005 bis 2007 in folgender Höhe gegeben sei:
842005 ……….. €
852006 ……….. €
862007 ……….. €.
87Zwar ist der Beklagte zu Recht der Auffassung, dass der BgA „X“ ein eigenständiger BgA neben dem BgA A ist. Denn nach der Rechtsprechung des BFH ist für jeden einzelnen Betrieb gewerblicher Art das Einkommen gesondert zu ermitteln (BFH-Urteil vom 13.3.1974 I R 7/71, BStBl II 1974, 391). Zu Recht geht der Beklagte auch davon aus, dass Finanzmittel des BgA A für den BgA „Y“ verwandt wurden. Die Finanzmittel wurden dem BgA „X“ vom BgA A aber nur wie Darlehen und nicht wie Gewinne zur Verfügung gestellt, da sie an den BgA A mit Zinsen zurückgezahlt wurden und damit eine Kapitalanlage des BgA A darstellten.
88Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
89Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
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