Beschluss vom Finanzgericht Hamburg (4. Senat) - 4 V 52/17

Tatbestand

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I.

Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung eines Einfuhrabgabenbescheids wegen Zoll und Einfuhrumsatzsteuer.

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Der A GmbH (im Folgenden: A) war unter der Anschrift Im X-Straße, ... B, ein Zolllager bewilligt worden. Da die A erhebliche Mietschulden für die Räume des Zolllagers hatte, kündigte ihre Vermieterin mit Schreiben vom 21.05.2016 das Mietverhältnis und beauftragte den Antragsteller, das Vermieterpfandrecht auszuüben. Der Antragsteller wurde auch beauftragt, die im Mietobjekt vorhandenen Gegenstände zu inventarisieren. Nachdem der Antragsteller von einem Mitarbeiter der A einen Schlüssel zu den Lagerräumen erhalten hatte, räumte er das Lager, ohne zu wissen, dass es sich um ein Zolllager handelte. Dem Antragsgegner teilte er mit E-Mail vom 27.07.2016 mit, dass sich die Gegenstände "in der Nähe von C, D, Y-Straße" befänden.

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Nachdem der Antragsgegner von der Räumung des Zolllagers erfahren und dem Antragsteller rechtliches Gehör gewährt hatte, setzte er mit Einfuhrabgabenbescheid vom 20.12.2016 gegen den Antragsteller 11.883,57 € Zoll und 93.240,07 € Einfuhrumsatzsteuer, insgesamt 105.123.65 €, fest. Durch das Entfernen der Nicht-Unionswaren aus dem Zolllager seien diese der zollamtlichen Überwachung entzogen worden. Mangels gegenteiliger Feststellungen sei die Zollschuld gemäß Art. 79 Abs. 2 Buchst a) i. V. m. Art. 85 Abs. 2 S. 1 UZK am 30.06.2016 - dem Tag, an dem die Räumung des Zolllagers bemerkt worden sei - entstanden.

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Der Antragsteller sei Zollschuldner, weil er die Waren aus dem Zolllager entfernt und sie damit der zollamtlichen Überwachung entzogen habe (Art. 79 Abs. 3 Buchst. a) i. V. m. Art. 134 Abs. 1 UAbs. 2 UZK). Es sei unerheblich, ob der Antragsteller gewusst habe, dass es sich bei den Räumen um ein Zolllager gehandelt habe.

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Auch die Herkunftsangabe "Made in Germany" verweise nur auf einen möglichen zollrechtlichen Ursprung in Deutschland, der wiederum nur bedingt einen Rückschluss auf den zollrechtlichen Status zulasse. Auch Unionswaren könnten ihren Status verlieren (Art. 154 UZK). Es sei auch unerheblich, dass der Antragsteller nur als Dienstleister gehandelt habe. Der Antragsteller werde als Gesamtschuldner mit der A in Anspruch genommen.

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Für die Berechnung der Abgaben seien die bei Lagerräumung vorhandenen Waren auf der Grundlage der abgegebenen Zollanmeldungen zum Zolllager-verfahren seit Bestehen des Zolllagers sowie der bei dem Antragsgegner vorhandenen Angaben aus Inventurmeldungen und der über ATLAS eindeutig zuzuordnenden Lagerabgänge (Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr / Wiederausfuhr) ermittelt worden. Danach lägen zu insgesamt 894.124 Stück Waren verschiedener Codenummern mit einem Zollwert von 478.853,65 € keine Nachweise darüber vor, dass diese eine neue zollrechtliche Bestimmung erhalten hätten. Somit sei davon auszugehen, dass sich diese bei Räumung des Zolllagers noch dort befunden hätten. Dem Bescheid war eine Aufstellung der nach Auffassung des Antragsgegners aus dem Zolllager entfernten Gegenstände beigefügt (...). Die Aufstellung ist nach Warenart, Warenmenge, KN-Position und Zollwert aufgeschlüsselt und enthält die auf die einzelnen Waren entfallenden Beträge an Zoll und Einfuhrumsatzsteuer. Nach der Liste handelt es sich um Kfz-(Verschleiß-)Teile und Werbeartikel (Kugelschreiben, Schlüsselanhänger, T-Shirts, Mützen, Taschenlampen, Jacken, Feuerzeuge, Tassen, Taschen/Rücksäcke, Regenschirme, Fahnen, Pumpen, Wanduhren, Klebeband, Pavillions und Regalhaken).

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Mit Schreiben vom 03.01.2017 legte der Antragsteller Einspruch gegen den Einfuhrabgabenbescheid ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Die in der Anlage zum Einfuhrabgabenbescheid aufgeführten Gegenstände seien tatsächlich nicht vorhanden gewesen.

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Gegen die mit Bescheid vom 17.01.2017 erfolgte Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung legte der Antragsteller mit Schreiben vom 02.02.2017 Einspruch ein. Der Antragsteller sei nicht Eigenbesitzer der Waren gewesen. Die Lagerware sei noch nicht veräußert. Die erneute Lagereinrichtung sei möglich. Ein Großteil der Kartons sei mit "Made in Germany" gekennzeichnet gewesen. Der Höhe nach sei der Bescheid rechtswidrig. Bei Lagerräumung seien zahlreiche Regale im Zolllager leer gewesen. Es müsste also Ware durch die Mieterin oder Dritte entfernt worden sein. Der tatsächliche Warenbestand könne jederzeit festgestellt werden.

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Mit Einspruchsentscheidung vom 28.02.2017 wies der Antragsgegner den Einspruch des Antragstellers gegen den Einfuhrabgabenbescheid vom 20.12.2016 zurück. Der Antragsteller sei Zollschuldner gemäß Art. 79 Abs. 3 Buchst. a) UZK, weil auch der Handelnde hierunter zu subsumieren sei. Das Verbot, Waren nicht aus der zollamtlichen Überwachung zu entziehen, richte sich an jedermann. Zusätzlich zu den im angefochtenen Bescheid genannten Gründen verweist der Antragsgegner darauf, dass es dem Antragsteller obliege, die genaue Anzahl der vorgefundenen Gegenstände zu benennen. Dies habe er bisher nicht getan. Nach Art. 15 Abs. 1 UZK sei der Antragsteller verpflichtet, alle erforderlichen Unterlagen und Informationen vorzulegen.

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Ebenfalls mit Einspruchsentscheidung vom 28.02.2017 wies der Antragsgegner den Einspruch des Antragstellers gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung zurück. Er verweist auf die Einspruchsentscheidung vom selben Tag hinsichtlich des Einspruchs gegen den Einfuhrabgabenbescheid.

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Am 22.03.2017 hat der Antragsteller Klage erhoben mit dem Antrag, den Einfuhrabgabenbescheid aufzuheben, soweit Einfuhrabgaben für Waren festgesetzt wurden, die der Kläger nicht aus dem Zolllager von A entfernt hat. Gleichzeitig hat er einen gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Einfuhrabgabenbescheids gestellt. Zur Begründung verweist er auf die Klagebegründung, in der er ausführt: Die aus dem Zolllager entfernte Ware sei noch immer vollständig vorhanden. Es ergäben sich nach überschlägiger Zählung erhebliche Abweichungen von den Warenmengen, die im Einfuhrabgabenbescheid genannt seien. Es dürften sich nach seiner Aufstellung nicht mehr als 600.000 Stück Waren im Zolllager befunden haben. Knapp zwei Drittel der Kartonagen enthielten die Aufschrift "Made in Germany". Außerdem sei das Erlöschen der Zollschuld nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. h) UZK zu erwägen. Eine nähere Bestimmung des Warenbestandes sei dem Antragsteller nicht möglich. Es sei nicht erkennbar, ob es sich bei den Waren, die er umgelagert habe, um solche handele, die im Einfuhrabgabenbescheid genannt seien. Dem Antragsteller könne nicht vorgehalten werden, dass er die Bestandsaufzeichnungen des Zolllagers nicht vorgelegt habe, weil er nicht Inhaber des Zolllagers gewesen sei. Der Antragsgegner habe sich auch nicht um Vorlage dieser Aufzeichnungen bemüht. Die Pflicht zur Inventarisierung sei privatrechtlicher Natur und daher hier nicht relevant.

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Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Einfuhrabgabenbescheids vom 20.12.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.02.2017 auszusetzen.

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Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

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Die Einfuhrabgabenschuld sei nicht gemäß Art. 124 Abs. 1 Buchst. h) UZK erloschen. Dies sei schon deshalb nicht der Fall, weil der Verstoß - das Entfernen der Ware aus dem Zolllager - dem Antragsgegner nicht gemäß Art. 103 DelVO mitgeteilt worden sei. Es liege auch kein anderer in Art. 103 DelVO abschließend aufgezählter Fall vor.

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Der Antragsteller mache keine belastbaren Angaben zum tatsächlichen Lagerbestand, obwohl er hierzu beweisbelastet sei. Stattdessen lege er nur eine "überschlagsweise Zählung" vor. Warum die sich auf 70 Paletten befindlichen Werbeartikel zollrechtlich irrelevant sein sollten, sei nicht nachvollziehbar. Die Behauptung, dass nur 40 % der Regale belegt gewesen seien, sage nichts über den tatsächlichen Lagerbestand. Die der Klage beigefügten Lichtbilder gäben keine belastbaren Anhaltspunkte. Anhand der Lichtbilder sei nicht nachvollziehbar, dass zwei Drittel der Kartons die Aufschrift "Made in Germany" getragen hätten.

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Bei der Entscheidung hat die Sachakte des Antragsgegners (2 Hefter) vorgelegen. Auf ihren Inhalt wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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II.

Der gemäß § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO zulässige Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Einfuhrabgabenbescheids vom 20.12.2016 hat in der Sache keinen Erfolg. Nach § 69 Abs. 3 FGO kann das Gericht der Hauptsache einem Antrag auf Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung eines Verwaltungsakts unter den Voraussetzungen des § 69 Abs. 2 bis 6 FGO entsprechen. Nach § 69 Abs. 2 S. 2 FGO soll die Vollziehung ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

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Ernstliche Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 2 S. 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung der angefochtenen Bescheide neben für ihre Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (st. Rspr. des BFH, Beschl. v. 26.08.2004, V B 243/03, juris, Rn. 14 unter Bezugnahme auf Beschl. v. 10.02.1967, III B 9/66, BFHE 87, 447). Die Aussetzung der Vollziehung setzt dabei nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte sprechenden Gründe überwiegen (vgl. BFH, Beschl. v. 26.04.2004, VI B 43/04, juris Rn. 11; Beschl. v. 20.05.1997, VIII B 108/96, juris Rn. 41). Sie kann auch dann zu gewähren sein, wenn die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide später im Hauptverfahren bestätigt werden sollte (vgl. BFH, Beschl. v. 23.08.2004, IV S 7/04, juris Rn. 21). Gemäß § 69 Abs. 2 S. 3 FGO kann die Aussetzung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Die Umstände, die die Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen, hat der Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 155 S. 1 FGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, 123. EL, Mai 2010, § 69 FGO Rn. 94, 123).

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1. Gemessen an diesen Maßstäben ist der Einfuhrabgabenbescheid vom 20.12.2016 voraussichtlich rechtmäßig.

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Der Senat hat keine Zweifel, dass die Einfuhrabgabenschuld gem. Art. 79 Abs. 1 Buchst. a) Verordnung (EU) Nr. 952/2013 vom 09.10.2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (Unionszollkodex - UZK), der hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer gemäß § 21 Abs. 2 UStG entsprechend anwendbar ist, entstanden ist. Danach entsteht die Einfuhrabgabenschuld insbesondere, wenn eine zollrechtliche Verpflichtung in Bezug auf das Entziehen von Nicht-Unionswaren aus der zollamtlichen Überwachung oder eine zollrechtliche Verpflichtung in Bezug auf die Lagerung von Nicht-Unionswaren nicht erfüllt wird. Hier wurden Nicht-Unionswaren durch Entfernung aus dem Zolllager der zollamtlichen Überwachung entzogen.

21

Der Senat hält es auch für überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller Schuldner der Einfuhrabgaben gemäß Art. 79 Abs. 3 Buchst. a) UZK ist. Danach ist in den Fällen des Art. 79 Abs. 1 Buchst. a) UZK Zollschuldner, wer die betreffenden Verpflichtungen zu erfüllen hatte. Vorliegend hatte der Antragsteller zwar nicht die Verpflichtungen aus dem Zolllager zu erfüllen, da er nicht selbst Inhaber des Zolllagers war. Er hatte jedoch die Verpflichtung zu erfüllen, Waren nicht aus der zollamtlichen Überwachung zu entziehen. Dies ist eine objektivrechtliche Verpflichtung, so dass jedermann verpflichtet ist, nicht gegen sie zu verstoßen. Die zollamtliche Überwachung besteht aus "allgemeinen Maßnahmen der Zollbehörden mit dem Ziel, die Einhaltung der zollrechtlichen Vorschriften" (Art. 5 Nr. 27 UZK) zu gewährleisten. Nur wenn niemand das Recht hat, Waren aus der zollamtlichen Überwachung zu entziehen, kann die Überwachung gewährleistet werden. Zollschuldner ist also immer derjenige, der die Waren aus der zollamtlichen Überwachung entzieht (Deimel in Dorsch, 161. EL, Juli 2016, Art. 79 UZK Rn. 44 mit Verweis auf Witte/Henke/Kammerzell, Der Unionszollkodex (UZK), 2. Aufl. 2014, S. 101). Dies gilt - wie bei Art. 203 Abs. 3, 1. Anstrich ZK - unabhängig davon, ob die betreffende Person wusste oder hätte wissen müssen, dass die Waren der zollamtlichen Überwachung unterlagen.

22

Der Antragsteller hat durch das Räumen des Zolllagers von A die dort befindlichen Drittlandswaren der zollamtlichen Überwachung entzogen. Drittlandswaren bleiben so lange unter zollamtlicher Überwachung, bis sich ihr zollrechtlicher Status ändert oder sie aus dem Zollgebiet der Union verbracht wurden (Art. 134 Abs. 1 Unterabs. 4 UZK). Der Begriff der Entziehung einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus der zollamtlichen Überwachung umfasst jede Handlung oder Unterlassung, die dazu führt, dass die zuständige Zollbehörde auch nur zeitweise am Zugang zu einer unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ware und an der Durchführung der vom gemeinschaftlichen Zollrecht vorgesehenen Prüfungen gehindert wird (BFH Urt. v. 07.12.2004, VII R 21/04, juris Rn. 19 zu Art. 203 Abs. 1 ZK). Durch das Entfernen der Waren war es dem Antragsgegner nicht mehr möglich, zollamtliche Überprüfungen durchzuführen. Unerheblich ist, dass der Antragsteller selbst die Ware nicht aus dem Zolllager entfernt hat. Da bei lebensnaher Betrachtung die Lagerräumung auf Anweisung des Antragstellers erfolgte und die tätigen Personen keinen eigenen Handlungsspielraum hatten, waren diese Besitzdiener (§ 855 BGB) und somit nur der Antragsteller Besitzer der Waren.

23

Auf der Grundlage der dem Senat bisher bekannten Tatsachen ist der angefochtene Bescheid auch der Höhe nach voraussichtlich rechtmäßig. Da dem Antragsgegner keine Bestandsaufzeichnungen vorlagen, war es ihm nicht möglich, den genauen Bestand der sich im Zolllager befindlichen Nicht-Unionswaren zu bestimmen. Vor diesem Hintergrund war er gemäß § 162 Abs. 1 S. 1 AO berechtigt, die Warenarten und die Warenmengen zu schätzen. Hierbei ist es nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner im ersten Zugriff die aus dem Zolllager entfernte Warenmenge anhand seiner Aufzeichnungen ermittelt hat, wobei er hierbei von den ihm vorliegenden Bestandsmeldungen ausging und die durch Zollanmeldungen belegten Wareneingänge und -ausgänge berücksichtigte. Hinsichtlich der Zollwerte war der Antragsgegner berechtigt, auf die verfügbaren Zollwerte als Transaktionswerte zurückzugreifen oder - sofern diese nicht verfügbar waren - nach der Schlussmethode gemäß Art. 74 Abs. 3 UZK i. V. m. Art. 144 Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 vom 24.11.2015 vorzugehen. Auf dieser Grundlage hat er eine detaillierte und nachvollziehbare Aufstellung der Bemessungsgrundlagen vorgelegt (...).

24

Es hätte dem Antragsteller oblegen, darzulegen, dass tatsächlich weniger oder andere Waren aus dem Zolllager entfernt wurden. Hierzu hätte es einer detaillierten Auseinandersetzung mit der Liste des Antragsgegners bedurft. Dies hätte in der Form geschehen müssen, dass er eine eigene detaillierte Inventarisierung der von ihm eingelagerten Gegenstände vorgenommen hätte. Diese Liste hätte einen Bezug zu den in der Liste des Antragsgegners genannten Waren herstellen müssen. Zur Erstellung einer solchen Liste wäre der Antragsteller zivilrechtlich berechtigt (und verpflichtet) gewesen. Als kommerzieller Verwerter von Wohnungs- und Betriebsauflösungen wäre er hierzu auch logistisch in der Lage gewesen, zumal sich die Waren nach seinem Vortrag seit vielen Monaten in einem Lager in der Y-Straße in D befinden sollen.

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Die mit der Klage gegen den Einfuhrabgabenbescheid vom 20.12.2016 (4 K 51/17) vorgelegten Lichtbilder und die Tabelle reichen nicht aus, um die Schätzung des Antragsgegners zu erschüttern. Die vorgelegten Lichtbilder geben keinerlei Auskunft darüber, was sich konkret in den Lagerräumen befunden hat. Die als Anlage K 4 vorgelegte Tabelle enthält pauschale Mengenangaben und ist hinsichtlich der Artikelbezeichnung nicht ausreichend differenziert, um sie mit der vom Antragsgegner vorgelegten Aufstellung abgleichen zu können. Hinzu kommt, dass die gemischte Ware, die sich auf ca. 70 Paletten befinden soll, noch nicht im Einzelnen inventarisiert worden ist. Der Umstand, dass sich ein Großteil der Ware in Kartons mit der Aufschrift "Made in Germany" befunden haben soll, ist nicht hinreichend substantiiert, um annehmen zu können, dass es sich um Unionswaren handelt. Abgesehen davon, dass nicht klar ist, auf welche Waren sich dieser Vortrag beziehen soll, können Nicht-Unionswaren in derartige Kartons umgepackt worden sein.

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Die Einfuhrabgabenschuld ist nicht gemäß Art. 124 Abs. 1 Buchst. h) UZK erloschen. Dies ist schon deshalb nicht der Fall, weil die Lagerräumung dem Antragsgegner nicht gemäß Art. 103 Buchst. e) Delegierte Verordnung (EU) 2015/2446 vom 28.07.2015 (DelVO) mitgeteilt wurde. Es liegt auch kein anderer in Art. 103 DelVO aufgezählter Fall vor.

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2. Dafür, dass dem Antragsteller durch die Vollziehung des Bescheids ein unersetzbarer Schaden droht, ist nichts vorgetragen oder aus der Akte ersichtlich.

28

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 135 Abs. 1 und 128 Abs. 3 i. V. m. 115 Abs. 2 FGO.

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