Beschluss vom Finanzgericht Hamburg (3. Senat) - 3 V 254/17

Gründe

...

C.

Es bleibt bei den i.S.v. § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des in der Höhe über das letzte Gutachten hinaus festgestellten Grundbesitzwerts.

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I. Seit dem veröffentlichten und übersandten Urteil des Verwaltungsgerichts vom 11.03.1997 2 VG 2900/94 und seit dem Erbfall vom ... 2009 hat sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch den Vertrag für Hamburg-Wohnungsneubau vom 04.07.2011 und 07.07.2016 (sog. Hamburger Vertrag) zwar die Verwaltungspraxis geändert, aber nicht die baurechtliche Situation.

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Danach galt, wie im VG-Urteil ausgeführt, bei Beibehaltung der ... auf dem ... Flurstück gemäß Baugenehmigung vom ... 1959 ... deren Nebenbestimmung ....

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"Die Fläche... gärtnerisch anzulegen und zu erhalten."

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II. Der auf der allein geänderten Verwaltungspraxis mit anderer Abwägung beruhende Bauvorbescheid vom ... 2015 für eine zusätzliche ... Bebauung kann nicht ohne weiteres entgegen dem VG-Urteil auf den Stichtag des Erbfalls zurückbezogen werden; er ist im Übrigen weder bestandskräftig noch verlängert worden.

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III. Selbst wenn oder soweit eine erweiterte oder neue ... Bebauung aus Sicht der Verwaltung neu genehmigungsfähig gewesen wäre, fehlte es, wie nach dem Vorbescheid gefordert ..., an der Zustimmung der Nachbarn des Flurstücks ... zu einer Reallast für die Zufahrt ....

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2. Nach bisherigem Erkenntnisstand ... existierte auch kein zivilrechtlicher Anspruch gegen die Nachbarn auf Zustimmung zu einer Reallast betreffend die Zufahrt ... für eine weitere ... Bebauung.

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IV. Neben dem vom Finanzamt im schematischen Verfahren als Mindestwert nach § 184 Abs. 3 Satz 2 BewG angesetzten Bodenwert bleibt für den Verkehrswert zum Stichtag nach § 198 BewG gutachterlich zu prüfen, ob oder inwieweit über die gutachtlichen Wertansätze hinaus wertbildende Möglichkeiten oder Chancen bestanden für eine komplette Neubauplanung ... einschließlich einer die Überbauung ... beseitigenden Verschiebung ...

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1. Zu überprüfen ist dabei die Bewertbarkeit oder Bewertung der baurechtlichen Aussichten oder Risiken unter Beachtung

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a) des Baustufenplans, dessen Fortgeltung auf der Überleitung gemäß § 173 Abs. 3 Satz 1 BauGB i. d. F. 1976 beruht;

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b) des Kriteriums, dass sich das Vorhaben i. S. v. § 34 BauGB nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung "einfügt";

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c) des im VG-Urteil vom 11.03.1997 neben der Baugenehmigungs-Nebenbestimmung von 1959 angesprochenen Gesichtspunkts, dass eine bauliche Nutzung nötigenfalls so auszugestalten ist, dass sie mit öffentlichen Belangen und nach § 31 Abs. 2 BauGB auch denen der Nachbarschaft vereinbar ist; mit anderen Worten das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt, wie das Hmb. OVG nach bisherigem Recht zu einer Blockinnenbebauung näher ausgeführt hat durch Beschluss vom 27.03.2017, 2 Bs 51/17 (NordÖR 2017, 338; BauR 2017, 1148; NVwZ-RR 2017, 650).

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2. Ergänzend wird Bezug genommen auf die substantiierten Einwendungen der Nachbarn im Verfahren des Bauvorbescheids vom ... 2015 und seiner Anfechtung bis hin zu ... Klagen ... Während nach den Klagen kein Antrag mehr auf Verlängerung des Bauvorbescheids gestellt wurde ..., ist zu berücksichtigen, dass zum Stichtag wahrscheinlich auch bei einer kompletten Neuplanung von der organisierten Nachbarschaft wesentliche Einwendungen zu erwarten und zu prüfen oder abzuwägen gewesen wären.

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Zu bewerten ist, inwieweit diese Einfluss haben können auf

a) Verfahrensdauer und

b) Verfahrensausgang.

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Die VG-Akten mit den einschlägigen schriftsätzlichen Ausführungen stehen zur Durchsicht zur Verfügung.

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3. Besondere Schwierigkeiten einer gutachterlichen Bewertung machen diese nicht entbehrlich (vgl. FG Hamburg, Zwischenurteil vom 28.08.2014 3 K 134/13, zu V 3 f, Juris Rz. 37 m. w. N.). Bei Streit- oder Prozessrisiken ist die Wahrscheinlichkeit der Durchsetzbarkeit der jeweiligen Rechtspositionen für die Stichtags-Besteuerung im Schätzwert zu berücksichtigen (BFH, Urteil vom 02.03.1971 II 64/65, BFHE 102, 126, BStBl II 1968, 768), beispielsweise mittels Abschlägen (BFH, Urteil vom 02.03.1971, BFHE 102, 126, BStBl II 1971, 533); hier also für den Fall eines (bedingungslosen) Verkaufs am Bewertungsstichtag bei Abschätzung der fraglichen Möglichkeit einer kompletten käuferseitigen Neubauplanung.

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4. Zu prüfen bzw. abzuwägen sind bei der Bewertung einer kompletten Neubauplanung ggf. auch

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a) Freilegungskosten ... und ... nebst

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b) Abfindungen oder Ersatzbesorgung für die zivil- oder öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen gegenüber Mietern und ... vor Baubeginn;

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c) ein durch die Verschiebung ... verringertes Bauvolumen ...;

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d) neue Ertragserwartungen einschließlich Ertragsausfällen bei Verzögerungen vor Baubeginn oder längerer Bauzeit.

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