Beschluss vom Finanzgericht Hamburg (6. Senat) - 6 K 44/21

Gründe

I.

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Der Erinnerungsführer begehrte im Klageverfahren die Anerkennung seiner Pilotenausbildung als Werbungskosten. Um dies zu erreichen, begehrte er die Veranlagung zur Einkommensteuer 2010 und 2011, was der Erinnerungsgegner ablehnte. Die Klage wurde mit Urteil vom 17. Juni 2021 abgewiesen. Der Kostenbeamte legte beim Kostenansatz gemäß § 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) einen Streitwert von ... Euro zugrunde. Mit Schriftsatz vom 18. August 2021 legte der Erinnerungsführer hiergegen Erinnerung ein und führte aus, dass der Streitwert lediglich mit dem Mindestwert zu berechnen sei. Die Einkommensteuern hätten 0 Euro betragen und er, der Erinnerungsführer, hätte nur geringe Lohnsteuern erstattet bekommen können. Der Kostenbeamte hat nicht abgeholfen.

II.

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1. Die Erinnerung ist unbegründet und war deshalb zurückzuweisen. Der dem Kostenansatz zugrundeliegende Streitwert ist mit ... € zutreffend berechnet.

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Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend, vgl. § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen, vgl. § 52 Abs. 2 GKG. Im Übrigen ist der Streitwert nach dem sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebende Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen, vgl. § 52 Abs. 1 GKG. Grundsätzlich gilt dabei, dass bei der Bemessung des Streitwertes die jeweiligen steuerlichen Auswirkungen des Streits zu berücksichtigen sind (BFH, Beschluss vom 31. Juli 2014, IV E 2/14, BFH/NV 2014, 1766, juris Rn. 12).

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a) Hier ermittelt sich der Streitwert nach § 52 Abs. 1 GKG.

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In der Regel ergibt sich bei angefochtenen Einkommensteuerbescheiden der Streitwert aus dem Unterschied zwischen der beantragten und der festgesetzten Steuer als einem auf Geldleistung bezifferten Verwaltungsakt nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. Vorliegend ist die begehrte Veranlagung für die Einkommensteuer 2010 und 2011 jeweils 0 Euro.

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Es ist aber des Weiteren zu berücksichtigen, dass der Erinnerungsführer mit seiner Klage ein darüberhinausgehendes Ziel gehabt hat. Er begehrte die Veranlagung zur Einkommensteuer 2010 und 2011, um Besteuerungsgrundlagen feststellen zu lassen, die eine inhaltliche Bindungswirkung für die gesondert vorzunehmende Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags haben. Dass er dieses Begehren mit der Klage auf Veranlagung zur Einkommensteuer verfolgen musste, ergibt sich aus § 10d Abs. 4 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010. Danach sind bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags die Besteuerungsgrundlagen u.a. so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, zu Grunde gelegt worden sind. Anders ausgedrückt hat der Einkommensteuerbescheid eine Grundlagenfunktion für den vortragsfähigen Verlust. Es ist grundsätzlich nicht mehr der Verlustfeststellungsbescheid anzufechten, sondern der jeweilige Einkommensteuerbescheid (BFH, Urt. v. 16.5.2018, XI R 50/17, BStBl. II 2018, 752, juris Rn. 20). Diese grundlagenbescheidähnliche Wirkung ist auch bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen (vgl. FG Niedersachsen, Beschluss vom 21. November 2012, 2 K 38/12, juris 2ff.; FG Münster, Beschluss vom 15. Januar 2020, 13 K 2556/15, juris Rn. 16; a.A. FG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15. September 2015, 3 KO 962/15, EFG 2015, 2108, juris).

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Dabei ist für die Berechnung des Streitwertes auf die Erwägungen, die hinsichtlich des Streitwertes bei der Anfechtung von Verlustfeststellungsbescheiden getroffen worden sind, zurückzugreifen (vgl. FG Niedersachsen, Beschluss vom 21. November 2012, 2 K 38/12, juris 4). Danach ist der Streitwert - soweit möglich - nach den tatsächlichen konkreten einkommensteuerlichen Auswirkungen zu bestimmen. Nur wenn die konkreten einkommensteuerlichen Auswirkungen nicht erkennbar sind, ist ein Pauschalwert von 10 v. H. der streitigen Verluste anzusetzen (vgl. BFH, Beschluss vom 7. August 2018, IX E 1/18, BFH/NV 2018, 1282, juris Rn. 2; BFH, Beschluss vom 18. Januar 2017, X S 22/16, BFH/NV 2017, 615, juris Rn. 18; BFH, Beschluss vom 31. März 2008, IX E 1/08, BFH/NV 2008, 1336, juris Rn. 6). Hier können die konkreten einkommensteuerlichen Auswirkungen beziffert werden. Der begehrte vortragsfähige Verlust beträgt ... Euro. Dieser wirkt sich in den Jahren 2014 bis 2017 voraussichtlich aus und führt zu einer niedrigeren Einkommensteuer von insgesamt ... Euro.

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Die Berechnung ergibt sich dabei wie folgt:
Einkommensteuer 2010 und 2011
...

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b) Weder sind § 52 Abs. 2 GKG noch § 52 Abs. 3 GKG einschlägig.

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aa) Anders als die Erinnerungsführerseite meint, ist § 52 Abs. 2 GKG nicht anwendbar, weil genügende Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwertes bestehen. So ist die oben dargestellte Grundlagenfunktion ein ausreichender Anhaltspunkt für die Bestimmung.

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bb) § 52 Abs. 3 GKG ist nicht einschlägig. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes ist der Streitwert bei der Anfechtung von Verlustfeststellungsbescheiden nicht nach § 52 Abs. 3 GKG, sondern nach § 52 Abs. 1 GKG zu bestimmen (BFH, Beschluss vom 18. Januar 2017, X S 22/16, BFH/NV 2017, 615, juris Rn. 22). Nichts anders kann aber dann gelten, wenn die Änderung eines Einkommensteuerbescheides bzw. der Erlass eines Einkommensteuerbescheides begehrt wird. Die grundbescheidähnliche Wirkung ist auch hier nicht mit einer bezifferten Geldleistung oder einem hierauf bezogenen Verwaltungsakt gleichzusetzen. Vielmehr geht es um die verbindliche Festlegung einer Besteuerungsgrundlage für den vortragsfähigen Verlust in den Folgejahren (i. E. offengelassen von FG Münster, Beschluss vom 15. Januar 2020, 13 K 2556/15, juris Rn. 16ff.).

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2. Nach § 66 Abs. 8 GKG ist das Verfahren gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

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