Teilurteil vom Finanzgericht Köln - 5 K 5358/91
Tenor
Es wird festgestellt, daß es sich bei den für die Modernisierung des Gebäudes in X in den Jahren 1985 und 1986 aufgewandten Kosten in Höhe von 207.123 (1985) und 118.743 (1986) um Herstellungskosten und nicht um sofort abziehbare Werbungskosten handelt.
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T a t b e s t a n d:
2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen des Klägers in den Jahren 1985 und 1986 zu sofort abziehbaren Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder zu nachträglichen Herstellungskosten geführt haben.
3Die Mutter des Klägers übertrug im Jahre 1978 auf diesen im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich das Grundstück ... in X. Dieses Grundstück ist mit einem Mehrfamilienhaus bebaut, das Baujahr ist ca. 1890.
4Unter anderem in den Streitjahren führte der Kläger umfangreiche Renovierungsarbeiten an dem Gebäude durch. Die Aufwendungen beliefen sich auf DM 207.123,00 (1985) und DM 118.743,00 (1986). Insgesamt tätigte der Kläger von 1982 bis 1986 Aufwendungen in Höhe von 519.565,00 DM für das Gebäude, in dem sich 7 Wohnungen befinden.
5Wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärungen 1985 und 1986 schätzte der Beklagte zunächst die Besteuerungsgrundlagen und erließ am 26. Oktober 1988 entsprechende Einkommensteuerbescheide. Hiergegen legte der Kläger Einsprüche ein. In der Einspruchsentscheidung vom 10. September 1991, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, ermäßigte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzungen, da er die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung herabsetzte. Die vom Kläger geltend gemachten Instandhaltungsarbeiten berücksichtigte er dabei jedoch nur im Wege der Absetzungen für Abnutzung mit 2,5 %.
6Mit der Klage trägt der Kläger vor:
7Bei den Maßnahmen habe es sich lediglich um Renovierungsarbeiten von vorhandenen Einrichtungen gehandelt, z.B. Stromleitungen, Wasserleitungen, Abwasserleitungen, Toiletten, Bäder und sonstigen sanitären Anlagen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 29. November 1993 Bezug genommen.
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9Der Kläger beantragt,
10unter Änderung der Einkommensteuerbescheide für 1985 und 1986 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. September 1991 die Einkommensteuer mit der Maßgabe neu festzusetzen, daß bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weitere Werbungskosten in Höhe von 207.123,00 DM (1985) und 118.743,00 DM (1986) berücksichtigt werden.
11Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
12Der Berichterstatter hat gemäß Beschluß des Senats vom 13.April 1994 über den Umfang der Umbaumaßnahmen an dem streitbefangenen Gebäude Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokollniederschrift vom 24. August 1994 Bezug genommen.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
14Dem Senat erscheint es sinnvoll, gemäß § 99 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - zunächst durch Zwischenurteil über die Frage zu entscheiden, ob es sich bei den geltend gemachten Aufwendungen um sofort abziehbare Werbungskosten oder um nachträgliche Herstellungskosten handelt. Da der Senat die Aufwendungen als Herstellungskosten ansieht, muß nämlich noch darüber entschieden werden, in welchem Umfang es sich um gem. § 82a der Einkommensteuerdurchführungsverordnung begünstigte Herstellungsaufwendungen handelt. Dieser Entscheidung bedürfte es nicht, wenn aufgrund einer rechtskräftigen Entscheidung von so-fort abziehbaren Werbungskosten auszugehen sein sollte.
15Zu den Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts gehören alle Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahe von Diensten für die Herstellung eines Wirtschaftsguts, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen
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17(vgl. die gesetzliche Definition in § 255 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs - HGB -, die auch für den Bereich des Privatvermögens gilt, BFH Beschluß vom 4. Juli 1990 GRS 1/88, Bundessteuerblatt - BStBl - 1990 II, 830) . Demgegenüber werden zum Erhaltungsaufwand solche Aufwendungen gerechnet, die die Wesensart des Gebäudes nicht verändern, das Grundstück in ordnungsmäßigem Zustand erhalten sollen und regelmäßig ungefähr in gleicher Höhe wiederkehren (vgl. Schmidt/Drenseck, EStG, 13. Auflage 1994, § 21 Anm. 14c). Werden längere Zeit nach Erwerb an dem Gebäude Baumaßnahmen durchgeführt, durch die das Gebäude in seinem Wesen verändert oder in seinem Nutzungswert oder in der Nutzungsdauer über seinen bisherigen Zustand hinaus erheblich verbessert wird, liegen ebenfalls Herstellungskosten vor. Unter den vorgenannten Voraussetzungen werden Aufwendungen für ein Bündel von Einzelmaßnahmen, die für sich genommen teils Herstellungs-, teils Erhaltungsaufwand darstellen, insgesamt als Herstellungskosten behandelt, wenn sie in engem räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zueinander stehen und in ihrer Gesamtheit als "einheitliche Baumaßnahme im Wesen einer Generalüberholung und Modernisierung des Hauses im ganzen und von Grund auf anzusehen sind" (BFH Beschluß vom 21. Juni 1990 IV B 99/89, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 1991, 154 und Urteil vom 16. September 1986 IX R 126/84, BFH/NV 1987, 149).
18Im Streitfall kommt der Senat angesichts des Umfangs und der Art der Baumaßnahmen und der Höhe der Aufwendungen, wie sie sich aufgrund der Beweisaufnahme ergeben, zu dem Ergebnis, daß eine auf Generalüberholung und Modernisierung gerichtete einheitliche Baumaßnahme vorliegt. Der Zeuge O hat dazu im Wesentlichen bekundet:
19Es habe bereits früher einmal eine Sanierung durchgeführt wer-den sollen, wozu es nicht gekommen sei. Zumindest in den Jahren 1984 bis 1987 seien dann Sanierungsarbeiten durchgeführt worden. Die Sanierung des gesamten Gebäudes sei nicht auf einmal vorgenommen worden, sondern Wohnung für Wohnung so saniert, wie die einzelnen Wohnungen frei geworden seien. Der Keller sei komplett neu verputzt und die Elektroinstallation erneuert wor-
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21den. Teilweise seien neue Elektroleitungen gelegt worden, wo bisher noch keine gewesen seien. Das Treppenhaus sei ebenfalls neu gemacht worden, d. h. es seien die Toiletten stillgelegt und in die Wohnungen gezogen worden, soweit das möglich war. Das Dach sei neu eingedeckt worden. Außerdem sei das Gebäude neu angestrichen worden und habe komplett neue Fenster erhalten. In den einzelnen Wohnungen sei unter anderem eine Heizung eingebaut worden, nämlich eine Gas-Cirko-Heizung. Decken seien abgehängt und die Türen erneuert worden. Außerdem seien die Sanitäreinrichtungen, wie Elektro, Gas, Wasser und Strom erneuert worden. Eine Erneuerung habe dabei nur dann stattgefunden, wenn bereits entsprechendes vorhanden gewesen sei. Andernfalls, wenn z. B. Kohleöfen vorhanden gewesen seien, sei erstmalig eine Gas-Cirko-Heizung eingebaut worden. Nach den Renovierungsarbeiten sei in jeder Wohnung eine Toilette und eine Dusche bzw. Badewanne vorhanden. Auch seien die Fußböden erneuert worden. Vor der Renovierung seien die Wohnung zumindest überwiegend mit maximal 3 Mark pro Quadratmeter vermietet worden. Nach der Renovierung hätten sich die Mieten teilweise verzwei- bis verdreifacht. Mit der Renovierung sei begonnen worden, da die Wohnungen bei Leerständen nicht mehr vermietbar gewesen seien. Aus der Zeugenaussage ergibt sich, daß nicht nur die Nutzungsdauer durch die Baumaßnahmen wesentlich verlängert worden ist, da die Wohnungen ohne die Baumaßnahmen nicht mehr vermietbar gewesen wären, sondern auch, daß der Nutzungswert erheblich er-höht worden ist. Damit ist von einer Generalüberholung des Gebäudes auszugehen, die zu Herstellungskosten führt. Nicht schädlich ist, daß nicht das gesamte Gebäude auf einmal erneuert wurde, sondern jeweils die einzelnen Wohnungen, sobald sie frei waren. Entscheidend ist, daß die gesamte Sanierung des Gebäudes auf einem einheitlichen Entfluß des Steuerpflichtigen beruhte.
22Wenn der Senat somit auch zur Herstellungskosten kommt, konnte er nicht durchentscheiden, da im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht entschieden werden kann, inwieweit die Herstellungskosten einer erhöhten AfA gemäß § 82 a EStDV unterliegen.
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24Der Senat läßt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - die Revision zu, da die Frage grundsätzliche Bedeutung hat, ob auch dann von Herstellungskosten ausgegangen werden kann, wenn nicht sämtliche Wohnungen auf einmal, sondern nach und nach generalüberholt werden.
25Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung über den Rechtsstreit vorbehalten.
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