Urteil vom Finanzgericht Köln - 7 K 762/88
Tenor
Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen und Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 27.1.2.1985 wird die Einkommensteuer 1979 auf 4,500,00 DM festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in der derselben Höhe leisten.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Anschaffung und Veräußerung eines Anteils an einer grundbesitzhaltenden BGB-Gesellschaft zu einem Spekulationsgewinn führen kann, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung mehr als 6 Monate liegen.
3Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. Im Streitjahr 1979 erzielte der Kläger positive Einkünfte aus selbständiger Arbeit und die Klägerin positive Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Beide Ehepartner erzielten erhebliche negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, was auf der Beteiligung an verschiedenen Bauherrengemeinschaften und Grundstücksgesellschaften beruhte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Erläuterungen zur Einkommensteuererklärung 1979 Bezug genommen.
4Am 12.06.1979 hatte der Kläger einen Gesellschaftsanteil an der GbR .......... und Partner (...................) bezüglich des Grundstücks ........... Straße .. in ......... als Gründungsgesellschafter erworben. Am 19.12.1979 veräußerte er den GbR-Anteil an die Steuerberater ...... und ....... und den Steuerbevollmächtigten ........ Die Käufer übernahmen den Gesellschaftsanteil unter Freistellung des Klägers von allen bisher eingegangenen Verpflichtungen und unter Zuzahlung eines Betrages von 60.000,00 DM. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Käufer vom 20.12.1979 und das Antwortschreiben des Klägers vom 28.12.1979 Bezug genommen.
5Zwischen den Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits besteht Einigkeit, daß der Mehrpreis von 60.000,00 DM in Höhe von 39.420,00 DM auf einer Wertsteigerung des Grundstücks und in Höhe von 20.580,00 DM auf Modernisierungsleistungen des Klägers beruht.
6Im Mai 1981 gaben die Kläger die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ab, wobei sie - ausgehend von ihrer Rechtsauffassung folgerichtig - den vorbezeichneten Lebenssachverhalt bezüglich der GbR ....../......... nicht deklarierten,
7 8Der Beklagte veranlagte die Kläger mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Einkommensteuerbescheid vom 29.08.1983 erstmals zur Einkommensteuer 1979, wobei er in diversen Punkten von der Erklärung abwich. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage zum Bescheid Bezug genommen. Dagegen wendeten sich die Kläger mit fristgerechtem Einspruch vom 12.09.1983. Im laufen-den Einspruchsverfahren ergingen unter dem 22.02.1984 und 27.12.1985 jeweils Teiländerungsbescheide. Erstmals in dem Be-scheid vom 27.12.1985 erfaßte der Beklagte, dem zwischenzeitlich der Lebenssachverhalt bezüglich des Objektes in ........ bekanntgeworden war, die streitigen 39.420,00 DM als Spekulationsgewinn.
9Nachdem im Laufe des weiteren Einspruchsverfahrens zwischen den Beteiligten wegen aller weiteren Streitpunkte Einigkeit erzielt worden war (vgl. Kläger-Schreiben vom 08.01.1988), wies der Be-klagte den Einspruch hinsichtlich der Erfassung des Spekulati-
10onsgewinns gegenüber dem Kläger mit Einspruchsentscheidung vom 01.02.1988 als unbegründet zurück. Dagegen richtete sich die vorliegende Klage des Klägers. Der Einspruch der Klägerin wurde mit Einspruchsentscheidung vom 29.04.1994 ebenfalls als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen richtete sich die fristgerecht erhobene Klage der Klägerin, die zunächst unter dem Aktenzeichen 9 K 3181/94 beim Finanzgericht Köln anhängig wurde. Mit Beschluß vom 10.06.1994 wurden beide Verfahren unter dem Aktenzeichen 7 K 762/88 gemäß § 73 FGO verbunden.
11Mit der Klage verfolgen beide Kläger das Ziel, daß die bisher als Spekulationsgewinn erfaßten 39.420,00 DM bei der Berechnung der Einkommensteuer 1979 unberücksichtigt bleiben. Sie sind der Auffassung, daß die Besteuerung eines Spekulationsgewinns aus-scheide, da der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung der Gesellschaftsbeteiligung mehr als 6 Monate betragen habe. Die Zwei-Jahres-Frist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG sei nicht einschlägig, weil es sich bei der GbR-Beteiligung weder um ein Grundstück noch um ein Recht, das den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstucke unterliegt, handele. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Kläger-Schreiben vom 25.07.1994 Bezug genommen.
12Die Kläger beantragen,
13unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen den Einkommensteuerbescheid vom 27.12.1985 dergestalt zu ändern, daß kein Spekulationsgewinn bei der Berechnung der Einkommensteuer berücksichtigt wird.
14Der. Beklagte beantragt,
15Klageabweisung, hilfsweise Zulassung der Revision.
16Er ist der Meinung, daß bei der Berechnung der Spekulationsfr.ist von dem Zwei-Jahres-Zeitraum des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG auszugehen ist. Nach seiner Auffassung müssen die Mitglieder einer Gesamthandsgemeinschaft genauso behandelt werden wie die Mitglieder einer Bruchteilsgemeinschaft, bei denen die Veräußerung eines Grundstücksanteils innerhalb der Zwei-Jahres-Frist unstreitig zu einem Spekulationsgewinn führe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 29.04.1994 Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Klage ist begründet. Die Einkommensteuer 1979 wird auf 4.500,00 DM herabgesetzt.
19Der Beklagte hat zu Unrecht die allein streitigen Einnahmen aus der Veräußerung des Gesellschaftsanteils an der ................ GbR in Höhe von 39.420,00 DM als steuerpflichtige Einkünfte bei den Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensteuer des Streitjahres 1979 erfaßt und dementsprechend die Einkommensteuer um 12.940,00 DM zu hoch festgesetzt.
20Die Einnahmen sind nicht als anteilige steuerpflichtige Einkünfte (ggf. Veräußerungsgewinn) aus der GbR-Beteiligung zu er-fassen. Es kann dahinstehen, ob Anhaltspunkte für die Erzielung steuerpflichtiger Einkünfte auf der Ebene der GbR bestehen, je denfalls wären solche Einkünfte im Rahmen eines Feststellungsverfahrens festzustellen. Da das zuständige Feststellungsfinanzamt derartige Einkünfte nicht angenommen und dementsprechend auch nicht im Rahmen eines Feststellungsbescheides fest-gestellt hat, sind Einkünfte aus der GbR nicht anzusetzen.
21Die Einnahmen des Klägers sind auch nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG (früher § 1 Abs. 1 Gewerbesteuerdurchführungsverordnung) zu erfassen.
22Nach Lage der Akten lag beim Kläger eine private Vermögensverwaltung vor, was nach herrschender Meinung (vgl. BFH-Beschluß vom 25,06.1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, 762; Schmidt, EStG, § 15 Anm. 10 mit weiteren Nachweisen; BMF, BStBl I 1990, 884) die Annahme von Gewerbeeinkünften ausschließt. Nach Lage der dem Senat vorliegenden Akten - im wesentlichen die Einkommensteuervorgänge 1978 und 1979 - hat der Kläger selbst bei Zugrundelegung der Verwaltungsauffassung (vgl. BMF, BStBl I 1990, 8841 keinen gewerblichen Grundstückshandel betrieben. Innerhalb des als maßgeblich angesehenen Zeitraumes sind nicht mehr als 3 Objekte veräußert worden. Neben der Veräußerung eines unbebauten Grundstücks im Jahr 1978 und der vorliegend zu beurteilen-den Gesellschaftsbeteiligung im Jahr 1979 läßt sich aus den Akten nur die geplante Veräußerung eines Mietshauses Ende der 80er_ Jahre ersehen. Damit ist unabhängig von der hochgradig streitigen Frage, ob die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen oder die Grundstücksveräußerung durch Gesellschaften, an denen der Steuerpflichtige beteiligt ist, bei der Ermittlung der Drei-Objekt-Grenze einzubeziehen ist (vgl. zum Meinungsstand die Darstellung bei Schmidt, EStG, § 15 Anm. 12 d mit Nachweisen zu allen Auffassungen), ein gewerblicher Grundstückshandel zu verneinen.
23Der Senat hat von einer weiteren Sachaufklärung abgesehen, da der Beklagte ausweislich der Steuerakten die Frage des gewerblichen Grundstückshandels gesehen, geprüft und mit negativem Ausgang entschieden hat. Auch die Tatsache, daß im Rahmen der Einspruchsentscheidung gegenüber der. Klägerin - die in Kenntnis der gesamten neueren Rechtsprechung und Rechtsdiskussion 1994
24erging - die Frage des gewerblichen Grundstückshandels nicht angeschnitten wurde, läßt weitere Sachaufklärung entbehrlich erscheinen.
25Die streitigen Einnahmen von 39.420,00 DM sind auch nicht als Spekulationsgewinn im Sinne der §§ 22 Nr. 2 und 23 Abs. 1 EStG steuerpflichtig.
26Nach § 22 Nr, 2 und § 23 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG liegen steuerpflichtige Einkünfte aus einem Spekulationsgeschäft vor, wenn Wirtschaftsgüter innerhalb bestimmter Fristen angeschafft und veräußert werden und dabei ein nach § 23 Abs. 4 EStG ermittelter und steuerlich zu berücksichtigender Gewinn oder Verlust entsteht.
27Bei allen anderen Wirtschaftsgütern als Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 a EStG kann ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft nur angenommen werden, wenn die Wirtschaftsgüter bereits vor dem Erwerb (§ 23 Abs, 1 Nr. 2) oder innerhalb von 6 Monaten nach der Anschaffung (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 b) veräußert werden.
28Zwischen den Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits besteht Einigkeit, daß der Kläger seine Beteiligung an der ............. GbR bezüglich des Grundstücks in der ..... Straße in ......... am 12.06.1979 durch Gründung der GbR angeschafft hat. Die Veräußerung erfolgte ebenfalls unstreitig am 19.12.1979. Eine Besteuerung des "Gewinns" aus dem Veräußerungsgeschäft gemäß § 22 Nr. 2 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG scheidet daher wegen Uberschreitens der 6-Monats-Frist um 1 Woche aus. Insoweit besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit. Anhaltspunkte fur eine rechtsmißbräuchliche Gestaltung liegen nicht vor, Der Senat braucht der Frage, ob im GbR-Anteil ein Wirtschaftsgut i.S.d. § 23 EStG ist (a.A. BFH im Urteil vom 26.6.1990 VIII R 81/85, BStB1 II 1994, 645), daher nicht nachzugehen.
29Es liegt auch kein Fall des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG
30vor.
31Zwar ist die 2-Jahres-Frist des Tatbestandes eingehalten, aber es ist weder ein Grundstück noch ein grundstücksgleiches Recht veräußert worden.
32Die Beteiligung an einer BGB-Gesellschaft ist kein grundstücksgleiches Recht im Sinne des § 23 EStG. Nach dieser Vorschrift sind grundstücksgleiche Rechte, Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht).
33Damit verweist § 23 EStG insoweit auf die §§ 873 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), in denen die Übertragung und Belastung von Grundstücken geregelt ist.
34Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH-Urteil vorn 31.01.1983 II ZR 288/81, NJW 1983, 1110 mit weiteren Nachweisen) und herrschender Auffassung in der Literatur (vgl. Palandt, BGB, § 873 Rn. 6 und 7) fällt die Übertragung von Anteilen an Gesamthandsvermogen nicht unter § 873 BGB.
35Diese zivilrechtliche Wertung ist im Rahmen der Auslegung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG maßgeblich (vgl. BFH-Urteil vom 04.10.1990 X R 148/88, BStBl II 1992, 211).
36Der erkennende Senat schließt sich in diesem Punkt der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs an. Wegen der Besonderheit des gesetzlichen Tatbestandes in § 23 EStG ist eine Abweichung von der zivilrechtlichen Interpretation unzulässig.
37Grundsätzlich ist das Steuerrecht bei der Interpretation von Begriffen, die dem Zivilrecht entlehnt sind, frei und nicht an die zivilrechtliche Qualifikation gebunden (vgl. Beschluß der 3. Kammer des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 27.12.1991 2 BvR 72/90, BStBl II 1992, 212). Steuerrechtliche Tatbestandsmerkmale sind demnach, auch wenn sie einem anderen Rechtsgebiet entnommen sind, nach dem steuerrechtlichen Bedeutungszusammenhang, nach dem Zweck des jeweiligen Steuergesetzes und dem Inhalt der einschlägigen Einzelregelung zu interpretieren (Bundesverfassungsgericht a.a.O.). Eine Besonderheit ergibt sich jedoch dort, wo das Steuergesetz den Steuergegenstand prinzipiell nach Rechtsformen des bürgerlichen Rechts bestimmt. Selbst eine solche qualifizierte Verbindung schließt nicht schlechthin steuerrechtliche Abweichungen von der zivilrechtlichen Gestaltung im einzelnen aus, sie müssen jedoch sachlich' gerechtfertigt im Sinne der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts sein (vgl. Urteil des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vorn 24.01.1962 1 BvR 845/58, Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen 13. Band, Seite 331). Sachlich gerechtfertigt ist eine derartige Abweichung, mit der das Steuergesetz die von ihm selbst statuierte Sachgesetzlichkeit aufgibt, je-doch nur dann, wenn sie von überzeugenden Gründen getragen ist (Bundesverfassungsgericht a.a.O.; zur weiteren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vergleiche: Steinberg, Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Verhältnis des Steuerrechts zum Zivilrecht, Der Betrieb 1988, 72).
38Im Hinblick auf die strenge Gesetzesbindung im Steuerrecht (vgl. §§ 3, 38, 85 AO) und die freiheitsverbürgende Funktion des Tatbestandes steuerlicher Bestimmungen (vgl. Meincke, Anm. zum Beschluß vom 27.12.1991, Bundesverfassungsgericht zum Verhältnis von Steuerrecht und Zivilrecht, Steuer und Wirtschaft 1992, 186, 188) vertritt der erkennende Senat die Auffassung, daß eine Abweichung von der zivilrechtlichen Wertung im Streit-fall nur in Betracht käme, wenn dafür zwingende sachgesetzliche Gründe aufzufinden wären.
39Derartige zwingende sachgesetzliche Gründe für eine abweichende Interpretation liegen nicht vor.
40Die von den Kritikern der BFH-Rechtsprechung herangezogenen Überlegungen zum Verstoß gegen den Leistungsfähigkeitsgedanken und insbesondere die unterschiedliche Behandlung von Gesamthandseigentümern und Bruchteilseigentümern (vgl. Anm. zu BFH, BStBl II 1992, 211, von Schmidt in FR 1991, 16; Nichtanwendungserlaß in BStBl I 1992, 125, und Jansen in Her-
41mann/Heuer/Raupach, EStG, § 23 Anm. 132) vermögen nicht zu überzeugen.
42Der Rekurs auf den Leistungsfähigkeitsgedanken geht an der Problematik des Falles vorbei. Grundsätzlich werden Gewinne aus der Umschichtung von Privatvermögen im Gegensatz zu unternehmerischen Gewinnen nicht erfaßt. Dies beruht auf der Anwendung der Reinvermögenszuwachstheorie und der Quellentheorie auf die unterschiedlichen Einkunftsarten (vgl. z. B. Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9 F 2. und die gängigen Einkommensteuerkommentare zU § 2 EStG) und hat mit Leistungsfähigkeitsüberlegungen wenig zu tun. § 23 EStG durchbricht den Grundsatz, daß Vermögensveränderungen im Privatbereich grundsätzlich ohne Bedeutung für die Ermittlung der Einkommensteuer sind. Dabei wird der Leistungsfähigkeitsgedanke höchst einseitig realisiert, da Spekulationsgewinne unter den Voraussetzungen des § 22 EStG stets, Spekulationsverluste nur unter sehr einschränkenden Bedingungen (vgl. § 23 Abs. 4 Satz 3 EStG) berücksichtigt werden.
43Zusammenfassend ist festzuhalten, daß § 23 EStG eine Ausnahmevorschrift zur generellen Nichtsteuerbarkeit von Vermögensgewinnen im Privatbereich darstellt. Da das Leistungsfähigkeitsprinzip in diesem Kontext ohnehin mehr zitiert als angewendet wird, ist es nicht geeignet, die ohnehin problematische erweiternde Auslegung der Ausnahmevorschrift gegen den Wortlaut als sachgesetzlich zwingend zu begründen.
44Ein sachgesetzlicher Grund für eine vom Zivilrecht abweichende Interpretation des Begriffs des grundstücksgleichen Rechts im Sinne des § 23 EStG ergibt sich auch nicht aus der unterschied-lichen Besteuerung wirtschaftlich gleichartiger Grundstücksumsätze hei Bruchteilsgemeinschaften und Gesamthandsgemeinschaften.
45Bei jeder - nicht fließend ausgestalteten - Grenze im Besteuerungsrecht lassen sich unschwer ähnliche Fälle bilden, die zu diametral entgegengesetzten steuerlichen Lösungen fuhren. Dies wird üblicherweise subjektiv als ungerecht empfunden, ist aber die notwendige Folge jeder - aus Praktikabilitätsgründen unverzichtbaren - Grenzziehung.
46Derjenige, der einen Tag vor Ablauf der Spekulationsfrist veräußert und derjenige, der einen Tag nach Ablauf der Spekulationsfrist veräußert, werden kraß unterschiedlich besteuert, ob-wohl der Tatbestand - insbesondere bei der 2-Jahres-Frist - wirtschaftlich nur unwesentlich voneinander abweicht. Derjenige, der ein Jahr nach der Anschaffung einen 20igen Bruchteilseigentumsanteil an einem Grundstück veräußert, wird der Spekul.ationsbesteuerung im Sinne des § 23 EStG unterworfen, derjenige, der einen 20%igen GmbH-Anteil, dessen alleiniger Inhalt ein
47 Grundstück war, unter den gleichen zeitlichen Bedingungen ver-.
48äußert, bleibt unbesteuert (§ 17 EStG). So unbefriedigend die Ergebnisse im einzelnen wirken mögen, sie sind letztlich zwingende Folge der unterschiedlichen gesetzlichen Behandlung von Veräußerungsgewinnen (vgl. dazu und speziell zum vorliegenden Rechtsproblem: Knobbe/Keuk, Rechtsfortbildung als Aufgabe des obersten Steuergerichts; erlaubte und unerlaubte Rechtsfortbildung durch den Bundesfinanzhof in Festschrift 75 Jahre Reichsfinanzhof-Bundesfinanzhof, 1993, Seite 303, 323).
49Nach der vom Bundesfinanzhof vorgenommene Interpretation des Gesetzes verläuft die im EStG vorgegebene willkürliche Grenze zwischen der Besteuerung und Nichtbesteuerung von Veräußerungsgewinnen bei Fallgestaltungen der vorliegenden Art zwischen Bruchteilsgemeinschaften und Gesamthandsgemeinschaften. Ansonsten verliefe sie an einer anderen Stelle. Ein sachgesetzlich zwingender Grund für eine Abweichung von der zivilrechtlichen Qualifikation bei der Auslegung des Begriffs des grundstücksgleichen Rechts ergibt sich daraus jedenfalls nicht. Der Senat weist in diesem Zusammenhang auch auf die Neufassung in § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG hin, die zu weitaus merkwürdigeren Abweichungen und Abgrenzungen führen wird (vgl. dazu Stephan, § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG in der Fassung des StMBG: Erweiterung, Bestätigung oder Einschränkung der Besteuerung von Spekulationsgewinnen bei Beteiligung an Personengesellschaften, Der Betrieb 1994, 1588; Crezelius in Kirchhof/Sohn, EStG, § 23 Anm. B 77 ff.).
50Im Streitfall liegt auch keine Übertragung eines Grundstücks im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 a EStG vor.
51Im folgenden geht der erkennende Senat davon aus, daß unter Grundstück im Sinne des § 23 EStG sowohl das Grundstück an sich wie das Allein- oder Teileigentum an einem Grundstück zu verstehen sind. Obwohl im Zivilrecht (vgl. Palandt, BGB, Überblick vor § 873 und Nummern 1 u. 2) zwischen Grundstück und Eigentum an Grundstück unterschieden wird, ist nach Auffassung des Senats mit dem Begriff Grundstück in § 23 EStG das Eigentum am Grundstück gemeint. Die Frage braucht nicht weiter vertieft zu
52werden, da ansonsten das Eigentum als Recht im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 a EStG qualifiziert werden müßte.
53Wie bereits oben dargelegt, ist bei der Gesamthandsgemeinschaft der einzelne Gesellschafter nicht unmittelbar - quotal - Eigentümer der Grundstücke der Gesamthandsgemeinschaft (vgl. Palandt, BGB, § 719 Rn. 1). Die Veräußerung des Gesellschaftsanteils führt nicht zur Veräußerung des Grundstückseigentums (vgl. BGH-Urteil vom 31.01.1983 II ZR 288/81, NJW 1993 1110; Palandt, BGB, § 738 Rn. 1).
54Damit scheitert bei Anwendung des § 39 Abs. 1 A0, wonach Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen sind, die Anwendung des § 23 EStG - im Streitfall - daran, daß die Gesamthand - mit geändertem Gesellschafterbestand - Eigentümerin des Grundstücks in ...... geblieben ist, also kein Eigentumswechsel stattgefunden hat.
55Eine abweichende Lösung ergibt sich nach Auffassung des erkennenden Senats auch nicht aus § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO.
56Nach dieser Vorschrift werden Wirtschaftsgitter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist.
57Der erkennende Senat hält eine Zurechnung im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO im vorliegenden Fall nicht für erforderlich.
58Er schließt sich damit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH-Urteil vom 04.10.1990 X R 148/88, BStBl II 1992, 211) und der wohl überwiegenden Meinung der Literatur (vgl. Tipke/Kruse, AO/FGO, § 39 AO Tz. 37; Koch/Hoffmann, A0, § 39 Tz. 13; Fitsch in Lademann/Söffing, EStG, § 23 Anm. 4; Anm. ohne Verfasserangabe in HFR 1991, 215; Gast de Haan, Gewerblicher Grundstückshandel durch Beteiligung an BGB-Gesellschaften, DStZ 1992, 289 mit weiteren Nachweisen; Blümich/Glenk, EStG, § 23 Anm. 26) an. Die Gegenauffassung der Finanzverwaltung (vgl. BMF vom 27.02.1992, BStBl I 1992, 125) und in der Literatur (vgl. Schmidt in FR 1991, 16; Jansen in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 23 Anm. 132) vermag den Senat nicht zu überzeugen.
59Die vom BMF behauptete Divergenz zur BFH-Entscheidung vom 25.02.1991 GrS 7/89, BStBl II 1991, 692, liegt in Wirklichkeit nicht vor, da der Beschluß des Großen Senats zu § 15 EStG er-ging, das hier streitige Problem jedoch im Bereich des § 23 EStG angesiedelt ist (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 14.04.1994 X B 146/93, BFH/NV 1994, 869). Es bleibt allerdings eine störende Unabgestimmtheit zu der BFH-Entscheidung vom 26.06.1990 VIII R 81/85, BStBl II 1994, 645, mit Anmerkung L. S. in DStR 1990,
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61Die Argumente der weiteren Gegner der BFH-Rechtsprechung sind - wie bereits oben dargestellt - im wesentlichen Überlegungen zum Leistungsfähigkeitsgedanken, zur unterschiedlichen Behandlung von Bruchteils- und Gesamthandsgemeinschaften und zu den Problemen, die sich ergäben, wenn man die Überlegungen des BFH zu § 23 EStG auf § 17 EStG übertrüge.
62Die geringe Uberzeugungskraft der Überlegungen zum Leistungsfähigkeitsprinzip und zur Parallelwertung bei Bruchteils- und Gesamthandsgemeinschaften ist bereits oben abgehandelt worden. Insoweit wird Bezug genommen.
63Die Parallelüberlegungen zu § 17 EStG überzeugen keinesfalls, da § 17 völlig anders gefaßt ist und anderen Zwecken dient (so zutreffend: Anmerkung in HFR 1991, 215) und außerdem in § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG die mittelbare Beteiligung ausdrücklich er-wähnt ist. Bei der Frage, ob § 39 Abs. 2 Nr. 2 Ao auf Vorgänge im Rahmen des § 17 EStG anzuwenden ist, wäre diese besondere Fassung des § 17 EStG gegenüber dem § 23 EStG ohne Zweifel her-anzuziehen. Der erkennende Senat hält es für überwiegend wahrscheinlich, daß die ähnlichen Problemstellungen im Rahmen des § 17 und im Rahmen des § 23 EStG zu divergierenden Lösungen führen würden.
64Dies ist offenkundig nicht das beste aller denkbaren Ergebnis-se. Andererseits ist die unterschiedliche Interpretation von Vorschriften in unterschiedlichem Kontext nicht ungewöhnlich; der Gesetzgeber definiert sogar in fundamentalen steuerrechtlichen Vorschriften den gleichen Rechtsbegriff in Abs. 1 und Abs. 4 divergierend (vgl. § 14 UStG).
65Bei der Frage der Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO auf den vorliegenden Sachverhalt ist daher - ausschließlich - darauf abzustellen, ob sich aus § 23 EStG die Erforderlichkeit der Zurechnung ergibt (vgl. zum Vorbehalt des Spezialitätsgrundsatzes Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 39 AO Tz. 197 und 198).
66Die Erforderlichkeit einer Zurechnung des Grundstücks bei den einzelnen Gesamthändern kann weder aus der einschlägigen noch der aktuellen Fassung des § 23 EStG abgeleitet werden.
67Hinsichtlich der wichtigsten denkbaren Fallgruppen ergibt sich dabei folgendes:
68Wenn die Gesellschaft - mit Uberschußeinkünften - selbst ein Grundstück innerhalb der Spekulationsfrist ankauft und wieder verkauft, liegt ein Spekulationsgeschäft auf der Ebene der Gesamthandsgemeinschaft vor, das auf dieser Ebene zu erfassen und im Rahmen des Feststellungsverfahrens auf die Beteiligten zu verteilen ist. Es ist klar, daß die Besteuerung durch Feststellung des Spekulationsgewinns/Verlustes auf der Ebene der Gesamthand und dessen Verteilung nach Beteiligungs- oder Gewinnverteilungsquote auf die Beteiligten sichergestellt ist.
69Nach Auffassung des BFH (vgl. Urteil vom 4.10.1990 X R 148/88, BStBl II 1992, 211 unter 2. b.) ist dies der einzige Fall im Rahmen des § 23 EStG, bei dem die Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO erforderlich sei.
70Er hält die Zurechnung i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO nur dann für erforderlich, wenn die Gesamthand den Besteuerungstatbestand erfüllt, aber selbst nicht Steuerschuldnerin ist (a.A. FG Niedersachsen, Urteil vom 29.4.1993 II 322/91, EFG 1994, 287).
71Bezüglich der beiden anderen denkbaren wichtigen Fallgruppen, also - dem Streitfall entsprechend - der Anschaffung und Veräußerung eines Anteils an der Gesamthandsgemeinschaft innerhalb der Spekulationsfrist oder der Anschaffung eines Gesellschaftsanteils und der Veräußerung eines Grundstücks aus dem Gesellschaftsvermögen bzw. der Anschaffung eines Grundstücks durch die Gesellschaft und der nachfolgenden Veräußerung des Gesellschaftsanteils liegt keine Tatbestandsverwirklichung auf der Ebene der Gemeinschaft vor. Ein Gewinnfeststellungsverfahren ist daher nicht durchzuführen (vgl. BFH-Urteil vom 13.10.1993 X R 49/92, BStBl II 1994, 86, und BFH-Urteil vom 13.07.1994 X R 7/91, BFH/NV 1995, 303).
72Bei Zugrundelegung der Ausführungen des BFH (Urteil vom 4.10.1990 X R 148/88, BStBl II 1992, 211) könnte bei keinem der Fälle eine Zurechnung der Wirtschaftsgüter der GbR bei den Gesellschaftern erfolgen, da keine Tatbestandsverwirklichung des § 23 EStG (a.F.) auf der Ebene der GbR vorläge.
73Bei Anwendung der Grundsätze der vom BdF in dem Nichtanwendungserlaß (BStBl I 1992, 125) herangezogenen BFH-Entscheidung (Urteil vom 26.6.1990 VIII R 81/85, BStBl II 1994, 645), wonach Anteile an einer Personengesellschaft keine Wirtschaftsgüter seien, führte dies nach altem Recht - welches hier anzuwenden ist - dazu, daß selbst die Veräußerung von GbR-Anteilen binnen Monatsfrist keinen Spekulationsgewinn auslösen konnte.
74Hingegen führte die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO im vor-liegenden Fall dazu, daß die Anschaffung der GbR-Beteiligung durch den Kläger als Anschaffung des 50"igen Eigentumsanteils an dem Grundstück in Berlin qualifiziert - was es wirtschaftlich ja auch war - und die Veräußerung als die Veräußerung des 50igen Anteils an dem Grundstück behandelt wurde. Letztlich würde das selbst zivilrechtlich relativ unklare Gesamthandseigentum (vgl. Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 39 AO Anm. 196 mit Nachweisen zum zivilrechtlichen Schrifttum) wie Bruchteilseigentum behandelt.
75Der BFH spricht davon, daß bei der Zurechnung gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO die Gesamthandsbeteiligung in einer Weise "wirtschaftlich ausgedeutet" wird, die eine Zuordnung von rechnerischen Anteilen am Gesamthandsvermögen auf die einzelnen Gesamthandsberechtigten ermöglicht (vgl. BFH-Urteil vom 11.3.1992 II R 157/87, BStBl II 1992, 543 m.w.N.).
76Bei dieser "wirtschaftlichen Ausdeutung" geht es - nach Auffassung des erkennenden Senats - nicht um die Umgestaltung steuerlicher Tatbestandsverwirklichung (so aber BFH, BStBl II 1992, 211), sondern um die wertende Erkenntnis, ob die wirtschaftlich gleichwertigen Sachverhalte bei Besteuerungsvorgängen mit Bruchteils- oder Gesamthandseigentum - durch Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO - gleichbehandelt werden sollen oder nicht.
77Letztlich geht es also um die Frage, ob man das Gesamthandseigentum in seiner steuerlichen Auswirkung dem Bruchteilseigentum annähert oder, wie dies der Tendenz der Rechtsprechung des BFH entspricht, der Gesamthandsgemeinschaft in immer stärkerem Um-fang die Qualität eines Steuerrechtssubjektes zuordnet (vgl. dazu Tipke/Kruse, AO/FGO, § 39 AO Anm. 37 mit Nachweisen zur Rechtsprechung und insbesondere den BFH-Beschluß vom 25.06.1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, 762).
78Dabei ist aber stets zu beachten, daß die Zurechnung nach § 39 Abs. 1 AO der Regelfall, § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO die Ausnahme ist (vgl. BFH-Urteil vom 7.12.1988 II R 150/85, BStBl II 1989, 237 unter I I , c.).
79Bei der Lösung im vorliegenden Fall ist weiterhin zu beachten, daß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO keine Zurechnung von Geschäftsvorfällen, sondern nur von Wirtschaftsgütern ermöglicht (vgl. Koch/Hoffmann, AO, § 39 Rdnr. 13; Tipke/Kruse, AO/FGO, § 39 AO Rdnr. 37; unklar: BFH, BStBl II 1992, 211; kritisch zur Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO bei der Einkommensteuer: Brockmeyer in Klein/Orlopp, AO, § 39 Anm. 8). Der Gesetzeswortlaut ist insoweit eindeutig.
80Das bedeutet, daß im Streitfall nur das Grundstück (Anteil) zu-gerechnet werden könnte. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Zurechnung der Grundstücksanteile ist zu beachten, daß dann aber die Anteile nicht erst bei der Veräußerung, sondern be
81reits bei der Anschaffung den Anteilseignern zugerechnet werden
82müßten
83(so zutreffend: Koch/Hoffmann, A0, § 39 Rdnr. 13).
84Es ist aber bei Fällen der vorliegenden Art ggf. bei Erwerb der GbR-Beteiligung nicht klar, daß diese innerhalb von zwei Jahren wieder veräußert werden wird. Woraus soll sich dann die Erforderlichkeit der Zurechnung ergeben (bei Anschaffung)?
85Noch problematischer sind die Fälle, bei denen die eine Hand-lung auf der Ebene der GbR, die andere auf der Ebene des Gesellschafters verwirklicht wird, z. B. Anschaffung des Grundstücks durch die GbR, Veräußerung einer 10-igen Beteiligung durch einen Gesellschafter. Sind nun bei Anschaffung alle Grundstücks"anteile" den jeweiligen Gesellschaftern zuzurechnen oder nur der 10%-Anteil des verkaufenden Gesellschafters eben diesem?
86Die Beispiele zeigen, daß bei § 23 EStG die Begründung der Erforderlichkeit erhebliche Probleme aufwirft, die bei Besteuerungsnormen, die an z. B. einmalige (einaktige) Verkehrsvorgänge oder stichtagsbezogene Besitz-/Eigentums-Positionen anknüpfen, nicht auftreten.
87Schon bei einer Argumentation allein auf der Ebene des hier einschlägigen § 23 EStG a.F. konnte daher nach Auffassung des Senats das Erfordernis der Zurechnung nicht festgestellt wer-den.
88Noch deutlicher wird dieses Ergebnis, wenn man die Neufassung des § 23 EStG bei der Auslegung mit heranzieht.
89Der Gesetzgeber hat mit Gesetz vom 21.12.1993 den neuen § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG geschaffen. Entgegen den Ausführungen in den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. Bundestagsdrucksache 12/5630 vom 07.09.1993, Seite 59), wonach durch die Gesetzesergänzung die bisherige Verwaltungsauffassung - und also auch der Nichtanwendungserlaß des BMF - gesetzlich abgesichert werden sollte, er-gibt sich aus Text und Kontext der neuen Vorschrift, daß eine Neuregelung gewollt und durchgeführt wurde. Zutreffend weist
90Fitsoh (in Lademann/Soffing, EStG, § 23 Tz. 4) darauf hin, daß die Vorschrift erstmals für den Veranlagungszeitraum 1994 anzuwenden ist, weil es sich um eine echte Rechtsänderung handelt. Bei einer Klarstellung hätte ein rückwirkendes Inkrafttreten, zumindest fur das verfassungsrechtlich unbedenkliche Jahr 1993, nahegelegen.
91Inhaltlich formuliert der neue Satz 2 zu § 23 Abs. 1 EStG eine gesetzliche Fiktion, indem er anordnet, daß die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft auch für Zwecke dieser Vorschrift als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsguter gilt. Der Gesetzgeber geht also davon aus, daß
92§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO auf den vorliegenden Fall eben nicht anzuwenden ist, ansonsten hätte es einer Fiktion nicht bedurft (vgl. Stephan, Der Betrieb 1994, 1588, 1589).
93Ausgehend von der neuen Fassung des Gesetzes steht jetzt fest, daß die dritte Fallgruppe, d. h. die Anschaffung des Grundstücks durch die Gesellschaft und die Veräußerung eines Gesellschaftsanteils innerhalb der Spekulationsfrist oder die Anschaffung eines Gesellschaftsanteils und die spätere Veräußerung eines Grundstücks aus dem Gesellschaftsvermögen nicht unter dem Tatbestand des § 23 EStG n.F. zu subsumieren sind (ebenso Crezelius in Kirchhof/Sohn, EStG, § 23 Anm. B 82 und Stephan, Der Betrieb 1994, 1588, 1589).
94Mit dieser neuen Gesetzeslage hat der Gesetzgeber nicht nur dem Nichtanwendungserlaß den Boden entzogen (ebenso Stephan a.a.0.), sondern auch für das wertende Erkennen hinsichtlich der Erforderlichkeit der getrennten Zurechnung im Rahmen des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO (neue) Maßstäbe gesetzt. Wenn der Gesetzgeber mit der Neufassung des Gesetztes selbst einen von drei vergleichbaren Besteuerungstatbeständen eindeutig aus dem Besteuerungsbereich des § 23 Abs. 1 Nr. 1 a EStG ausgrenzt, und einen anderen im Wege der Normierung einer Fiktion der Besteuerung unterwirft, sieht sich der erkennende Senat außer Stande, für die vorhergehenden Rechtszustände von der Erforderlichkeit der anteiligen Zurechnung im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO auszugehen.
95'Die Entscheidung führt zu folgender geänderter Steuerfestset-
96zung:
97Zu versteuerndes Einkommen lt.
98Einspruchsentscheidung ......,00 DM
99Abzüglich Spekulationseinkunfte (lt. Urteil) ./. 39.420,00 DM
100Zu versteuerndes Einkommen It. Urteil ......00 DM
101Einkommensteuer l t . Splittingtabelle ........... DM
102Die Revision wird zugelassen. Es handelt sich nach Auffassung des Senats um einen Fall von grundsätzlicher Bedeutung, da ein bisher nicht eindeutig geklärter Rechtsbereich mit Massenauswirkung betroffen ist. Die grundsätzliche Bedeutung ist nicht durch die Änderung des § 23 EStG entfallen, da der vorliegende Rechtsbereich als präjudiziell auch für die Frage des gewerblichen Grundstückshandels angesehen wird und noch eine Vielzahl von Verfahren zum alten Recht zur Entscheidung anstehen.
103Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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