Urteil vom Finanzgericht Köln - 10 K 3475/02
Tenor
Anmerkung: Die Klage wurde abgewiesen.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Klägerin Einkünfte aus einer verdeckten Gewinnausschüttung anzusetzen sind.
3Die Klägerin war seit Gründung der Firma "A-GmbH" (GmbH) im Jahr 1994 deren Alleingesellschafterin. Mit Vertrag vom 31. Oktober 1994 wurde sie von der GmbH auch als alleinige Geschäftsführerin mit einem Bruttogehalt von 6.000 DM monatlich angestellt. Der Gesellschaftsvertrag vom 2. November 1994 enthält in § 9 Abs. 3 folgende Regelung zum Gesellschafter-Verrechnungskonto: "Soweit Gewinnanteile der Gesellschafter nicht entnommen oder andere Gelder ... der Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden, sind diese Beträge auf besonderen Verrechnungskonten der Gesellschafter gutzuschreiben. Soweit Entnahmen zulässig sind, sind diese den Konten zu belasten. Diese Verrechnungskonten sind, soweit kein anderslautender Gesellschafterbeschluss vorliegt, mit 3% über dem jeweiligen Bundesbankdiskontsatz zu verzinsen. ..."
4Zur Finanzierung der Stammeinlage hatte die Klägerin bei der B-Raiffeisenbank am 19. November 1994 ein Darlehen in Höhe von 50.000 DM aufgenommen. Gegenstand des Geschäftsbetriebs der GmbH war ein Obst- und Gemüsehandel. Die Geschäfte der GmbH führte im Wesentlichen der Ehemann der Klägerin, E, der schon immer als Obst- und Gemüsehändler tätig gewesen ist und inzwischen von der Klägerin getrennt lebt.
5Zum 31. Dezember 1995 wies die GmbH einen Verlustvortrag aus. Der von der GmbH auf der Lohnsteuerkarte bescheinigte Bruttoarbeitslohn der Klägerin im Streitjahr 1996 betrug 72.000 DM und 86.000 DM im Streitjahr 1997. Das Gesellschafter-Verrechnungskonto der Klägerin wies zum 31. Dezember 1996 einen nicht ausgeglichenen Schuldsaldo in Höhe von 69.343 DM aus und zum 31. Dezember 1997 einen solchen in Höhe von 289.989 DM. Die Buchhaltung der GmbH war von Herrn StB C nach Maßgabe der von E vorgelegten Unterlagen erstellt worden.
6Außerdem war die Klägerin in den Streitjahren 1996 und 1997 halbtags als Arbeitnehmerin der Firma "D-GmbH", beschäftigt. Der von der D-GmbH auf der Lohnsteuerkarte bescheinigte Bruttoarbeitslohn der Klägerin im Streitjahr 1996 betrug 37.125 DM und 41.380 DM im Streitjahr 1997.
7Mit notariellem Vertrag vom 6. Januar 1999 veräußerte die Klägerin ihre Geschäftsanteile an der GmbH an ihren Ehemann. Gleichzeitig wurde sie als Geschäftsführerin der GmbH abberufen.
8Nachdem der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre wegen Nichtabgabe in der Einkommensteuererklärung zunächst geschätzt hatte, beantragten die Klägerin und ihr Ehemann in den im März 2000 beim Beklagten eingegangenen gemeinsamen Einkommensteuererklärungen für 1996 bis 1998 zunächst Zusammenveranlagung. Im Anschluss daran ergingen entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 1996 und 1997 sowie für das nicht im Streit befindliche Jahr 1998.
9Mit Schreiben vom 5. April 2001 teilte das Betriebsstätten-Finanzamt der GmbH (F) dem Beklagten mit, eine Betriebsprüfung bei der GmbH habe auf dem Gesellschafter-Verrechnungskonto der Klägerin zum 31. Dezember 1996 einen nicht ausgeglichenen Schuldsaldo in Höhe von 69.343 DM ergeben und zum 31. Dezember 1997 einen solchen in Höhe von 289.989 DM. Da eine gesonderte Vereinbarung zwischen der GmbH und der Klägerin über die Zulässigkeit von Entnahmen nicht vorliege, seien Entnahmen der Klägerin im Hinblick auf den zum 31. Dezember 1995 ausgewiesenen Verlustvortrag nicht zulässig gewesen (Hinweis auf § 30 GmbHG). E habe anlässlich einer Vorsprache beim Finanzamt F am 13. September 2000 erklärt, der Ausgleich des Gesellschafter-Verrechnungskontos sei durch die Bezahlung von Warenverbindlichkeiten in den letzten Monaten der Geschäftstätigkeit erfolgt. Weder E noch der Prozessbevollmächtigte der GmbH hätten allerdings den erbetenen Nachweis über den Ausgleich des Gesellschafter-Verrechnungskontos erbracht. Bei den auf dem Gesellschafter-Verrechnungskonto ausgewiesenen Schuldsalden zum 31. Dezember 1996 und zum 31. Dezember 1997 handle es sich um verdeckte Gewinnausschüttungen der GmbH an die Klägerin bzw. um andere Ausschüttungen i.S.d. § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG, weil keinerlei Sicherheiten für die Schuldsalden gestellt worden seien, das Konto weder durch Gehaltsverrechnung noch anderweitig ausgeglichen worden sei und die auf dem Verrechnungskonto ausgewiesene Forderung gegen die Klägerin angesichts ihrer Einkommensverhältnisse uneinbringlich sei. In den entsprechend geänderten Körperschaftsteuerbescheiden vom 5. April 2001 seien 69.343 DM für das Jahr 1996 und 220.646 DM für das Jahr 1997 als verdeckte Gewinnausschüttungen erfasst worden. Deshalb sei zu prüfen, ob die verdeckten Gewinnausschüttungen als Einkünfte der Klägerin aus Kapitalvermögen zu erfassen seien. Die Voraussetzungen einer Anrechnung von Körperschaftsteuer lägen nicht vor; die GmbH werde nach Abschluss des Verfahrens wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht werden.
10Daraufhin erließ der Beklagte am 9. Mai 2001 auf der Grundlage von § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre. Außerdem brachte der Beklagte Lohn- und Kontenpfändungen gegen die Klägerin aus. Diese Einkommensteuer-Änderungsbescheide wurden im November 2001 aufgehoben, weil E einen Antrag auf getrennte Veranlagung gestellt hatte. Dementsprechend führte der Beklagte getrennte Veranlagungen der Klägerin und E für die Streitjahre durch und erließ am 23. November 2001 die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Einkommensteuer-Änderungsbescheide für die Streitjahre gegen die Klägerin.
11Mit der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, sie sei in den Jahren 1996 und 1997 nur formell Geschäftsführerin der GmbH gewesen. Faktischer Geschäftsführer sei allein E gewesen. Die Klägerin sei in den Streitjahren ausschließlich ihrer Tätigkeit bei der D-GmbH nachgegangen und habe sich im Übrigen ausschließlich um das gemeinsame minderjährige Kind gekümmert. Sie habe E auch im Hinblick auf ihre steuerlichen Verpflichtungen alles unterschrieben, was dieser ihr vorgelegt habe. Die Klägerin könne die Schuldsalden zum 31. Dezember 1996 in Höhe von 69.343 DM und zum 31. Dezember 1997 in Höhe von 289.989 DM nicht nachvollziehen, weil sie zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung nicht mehr an der GmbH beteiligt gewesen sei. Die Buchungen, die zu diesen Schuldsalden geführt hätten, seien nicht auf Ihre Veranlassung hin getätigt worden. Alle Buchhaltungsunterlagen seien vielmehr dem StB C übergeben worden, der für die Finanzbuchhaltung verantwortlich gewesen sei. Im übrigen seien die Einkommensteuer-Änderungsbescheide bereits deshalb rechtswidrig, weil der Klägerin die verdeckten Gewinnausschüttungen nicht zugeflossen seien. Unzutreffend sei auch die Auffassung des Beklagten, die Klägerin habe die Bilanzen erst nach Prüfung der Buchungen unterschreiben dürfen. Zumutbar sei allenfalls eine stichprobenhafte Nachprüfung gewesen. Außerdem verstehe sie nichts von Buchhaltung.
12Die Klägerin beantragt, die Einkommensteuer-Änderungsbescheide für 1996 und 1997 vom 23. November 2001 in Form der Einspruchsentscheidung vom 19. Juni 2002 dahin zu ändern, dass keine verdeckten Gewinnausschüttungen von 69.895 DM bzw. 220.646 DM als Einkünfte aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden.
13Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
14Der Beklagte führt unter Bezugnahme auf die Begründung der Einspruchsentscheidung aus, es sei nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin in den Streitjahren lediglich Hausfrau gewesen sei, zumal sie neben ihrer Geschäftsführertätigkeit auch noch bei der Firma D-GmbH nichtselbstständig tätig gewesen sei. Die Klägerin könne sich ihrer Verantwortung nicht mit dem Hinweis darauf entziehen, die Finanzbuchhaltung der GmbH nicht nachvollzogen zu haben. Die Klägerin habe die Richtigkeit der Bilanzen mit ihrer Unterschrift bestätigt. Unerheblich sei, von wem die Buchungen veranlasst worden seien, weil die Klägerin als Gesellschafter-Geschäftsführerin verpflichtet gewesen sei, sich von der Richtigkeit der Buchungen zu überzeugen.
15Entscheidungsgründe
16Die Klage ist unbegründet.
171. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen u.a. auch offene und verdeckte Gewinnausschüttungen aus Beteiligungen an einer GmbH.
182. Soweit in den Streitjahren 1996 und 1997 verdeckte Gewinnausschüttungen angefallen sind, wurden sie von der Klägerin erzielt.
19a) Gemäß § 20 Abs. 2 a EStG in der ab dem Veranlagungszeitraum 1994 geltenden Fassung (§ 52 Abs. 20 Satz 3 EStG 1994) erzielt Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG der Anteilseigner. Dies ist nach Satz 2 der Vorschrift derjenige, dem im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses die Anteile gemäß § 39 AO 1977 zuzurechnen sind (BFH-Urteil vom 15. Dezember1999 I R 29/97, BStBl II 2000, 527, BFH/NV 2000, 793: Dividendenstripping).
20b) Zurechnungssubjekt hinsichtlich der GmbH-Anteile im Streitfall war bis zur Anteilsübertragung im Jahr 1999 unstreitig die Klägerin. Daran änderte sich nichts dadurch, dass sie die ihr vertraglich obliegende Geschäftsführung faktisch aus der Hand gegeben und E überlassen hat.
213. Der Beklagte hat die nicht ausgeglichenen Schuldsalden auf dem Gesellschafter-Verrechnungskonto zum jeweiligen Ultimo der Streitjahre (zum 31. Dezember 1997 in Höhe des Differenzbetrags) zu Recht als verdeckte Gewinnausschüttung beurteilt.
22a) Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977 ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Minderung bzw. eine verhinderte Mehrung des Vermögens zu verstehen (also des Unterschiedsbetrags im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 22. Februar 1989 I R 44/85, BFHE 156, 177, BStBl II 1989, 475, vom 2. Februar 1994 I R 78/92, BFHE 173, 412, BStBl II 1994, 479, vom 28. November 2001 I R 44/00, BFH/NV 2002, 543, vom 17. Oktober 2001 I R 103/00, DB 2001, 2474, jeweils m.w.N.; ferner BFH-Urteil vom 24. Juli 1990 VIII R 290/84, BFH/NV 1991, 191).
23b) Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahe stehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Fremden nicht gewährt hätte. Darüber hinaus kann bei beherrschenden Gesellschafter eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn bzw. eine ihm nahe stehenden Person erbringt, für die es an einer klaren, im voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (BFH-Urteile vom 15. Oktober 1997 I R 42/97, BFHE 184, 444, BStBl II 1999, 316, vom 28. November 2001 I R 44/00, BFH/NV 2002, 543).
24c) Zahlungen einer Kapitalgesellschaft für private Zwecke ihres Gesellschafters sind jedenfalls dann verdeckte Gewinnausschüttung, wenn dem Gesellschafter die Rückzahlung weder objektiv möglich ist noch eine Rückzahlungsabsicht feststellbar ist.
25aa) Der BFH hat zwar entschieden, dass Zahlungen einer Kapitalgesellschaft für private Zwecke ihres Gesellschafters Kreditgewährung und nicht verdeckte Gewinnausschüttung sind, wenn sie von vornherein auf einem bei der Gesellschaft für den Gesellschafter geführten Verrechnungskonto festgehalten werden und von Anfang an Darlehensrückzahlung gewollt ist. Denn in diesem Fall fehlt es an der für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung erforderlichen Vorteilszuwendung. Grundsätzliche bringt die Verbuchung solcher Zahlungen auf einem Gesellschafter-Verrechnungskonto die Rückzahlungsverpflichtung zum Ausdruck und spricht deshalb für den Darlehenscharakter dieser Forderungen (BFH-Urteil vom 8. Oktober 1985 VIII R 284/83, BFHE 146, 108, BStBl II 1986, 481).
26bb) Voraussetzung für die Annahme einer Kreditgewährung in Fällen dieser Art ist allerdings auch, dass der Gesellschafter von Anfang an ernstlich bestrebt ist, die erhaltenen Mittel in absehbarer Zeit wieder zurückzuzahlen, eine Rückzahlungsabsicht also offensichtlich ernsthaft besteht und die Rückzahlung dem Gesellschafter objektiv auch möglich ist (BFH-Urteil vom 8. Oktober 1985 VIII R 284/83, BFHE 146, 108, BStBl II 1986, 481).
27cc) Im Streitfall kann danach keine Kreditgewährung angenommen werden; vielmehr ist vom Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen. So war der Klägerin eine Rückführung des Schuldsaldos von zuletzt knapp 290.000 DM offensichtlich nicht möglich. Gegen das Vorliegen einer ernsthaften Rückzahlungsabsicht spricht darüber hinaus, dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag nichts von dem Gesellschafter-Verrechnungskonto, geschweige denn von dem Schuldsaldo gewusst haben will und dem entsprechend bisher auch keine Zahlungen auf den Schuldsaldo geleistet hat (vgl. insoweit BFH-Urteil vom 8. Oktober 1985 VIII R 284/83, BFHE 146, 108, BStBl II 1986, 481).
28d) Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist schließlich auch nicht im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin abzulehnen, sich nicht um die Belange der tatsächlich von ihrem Ehemann geführten GmbH gekümmert zu haben. Denn die Verantwortlichkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH ergibt sich schon aus seiner nominellen Bestellung zum Geschäftsführer und ohne Rücksicht darauf, ob sie auch tatsächlich ausgeübt wird bzw. werden kann. Der GmbH-Geschäftsführer kann sich nicht damit entschuldigen, dass er von der Führung der Geschäfte ferngehalten wird und die Geschäfte tatsächlich von einem anderen geführt worden sind. Wenn der Geschäftsführer die Geschäftsführung durch einen anderen duldet, so hat er durch geeignete Aufsichtsmaßnahmen für die ordnungsgemäße und rechtzeitige Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen der GmbH zu sorgen. Der Geschäftsführer wird von seiner Verantwortlichkeit erst dadurch befreit, dass er von der Geschäftsführung der GmbH zurücktritt. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt er für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten voll verantwortlich (BFH-Beschluss vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941).
29In diesem Zusammenhang hat der BFH ferner entschieden, ein Gesellschafter-Geschäftsführer handle grob fahrlässig, wenn er es vor Übernahme der Geschäftsführerstellung unterlässt, sich mit den elementarsten handelsrechtlichen Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH vertraut zu machen, und keine Erkundigungen über die hierfür zu beachtenden allgemeinen Pflichten des Steuerrechts einzieht. Er kann sich in nicht auf seine mangelnden Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen berufen, weil er in diesem Fall die Geschäftsführertätigkeit bei einer GmbH nicht hätte übernehmen dürfen. Die ordnungsgemäße Beachtung der gesetzlichen Vorschriften auch steuerlicher Art muss von jedem kaufmännischen Leiter eines Gewerbebetriebs verlangt werden (BFH-Beschluss vom 7. März 1995 VII B 172/94, BFH/NV 1995, 941).
304. Die verdeckten Gewinnausschüttungen von 69.343 DM für das Jahr 1996 und 220.646 DM für das Jahr 1997 sind der Klägerin auch zugeflossen.
31a) Beim Gesellschafter ist die verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zu erfassen, wenn der Vermögensvorteil dem Gesellschafter zufließt (BFH-Urteile vom 24. Juli 1990 VIII R 290/84, BFH/NV 1991, 191, vom 14.Februar 1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480). Einnahmen sind zugeflossen, sobald der Empfänger wirtschaftlich über sie verfügen kann oder verfügt hat (BFH-Urteile vom 20. März 2001 IX R 97/97, BStBl II 2001, 482, BFH/NV 2001, 1072; vom 14.Februar 1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480, vom 30. Oktober 2001 VIII R 15/01, BStBl II 2002, 138, BFHE 197, 126).
32b) Die Annahme des Zuflusses bei einer Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten hängt zwar davon ab, dass in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldverpflichtung zu sehen ist, sondern durch die Buchung des leistungsbereiten und -fähigen Schuldners darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht (BFH-Urteile vom 14.Februar 1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480, vom 30. Oktober 2001 VIII R 15/01, BStBl II 2002, 138, BFHE 197, 126). Die Leistungsbereitschaft und -fähigkeit der GmbH bei der Einbuchung der Schuldsalden ist im Streitfall jedoch ebenso wenig maßgeblich, wie die Frage, ob die GmbH mit der Buchung zum Ausdruck bringen wollte, dass der jeweilige Schuldsaldo der Klägerin von nun an zur Verwendung zur Verfügung stehe und sie die Möglichkeit habe, über einen Betrag in Höhe des Schuldsaldos zu verfügen. Denn in den den angeführten BFH-Entscheidungen zugrunde liegenden Fällen ging es um vertragliche Ansprüche, die die GmbH dem Gesellschafter gegenüber zu erfüllen hatte, während im Streitfall im Zeitpunkt der Verbuchung entsprechend hohe Beträge bereits ausgezahlt worden waren. Die Auszahlung für private Zwecke war zwar nicht an die Klägerin selbst, sondern an ihren Ehemann erfolgt, der die GmbH angesichts der Entwicklung der Schuldsalden augenscheinlich bewusst hat "vor die Wand laufen lassen". Die Klägerin muss sich die geschäftlichen Handlungen ihres Ehemannes und des von ihm beauftragten Steuerberaters jedoch zurechnen lassen (s.o. unter 3.).
335. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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