Urteil vom Finanzgericht Köln - 10 K 2655/99
Tenor
Die Einkommensteuerbescheide für 1996 vom 13.03.1997 vom 19.03.1998 werden unter Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 22.03.1999 mit der Maßgabe geändert, dass Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von ./. DM 590 in 1996 und ./. DM 622 in 1997 berücksichtigt werden. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Neuberechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern zu 80 % und dem Beklagten zu 20 % auferlegt.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.
1
Tatbestand:
2Zwischen den Beteiligten war zunächst streitig, ob der Kläger überhaupt Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt hat. Nachdem der Beklagte von seiner Ansicht, der Kläger betreibe seine Rechtsanwaltspraxis aus sogenannter Liebhaberei abgerückt ist, ist nur noch streitig, ob Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Betriebsausgaben abzugsfähig sind.
3Der 1935 geborene Kläger war u.a. in den Streitjahren 1996 und 1997 als Mitglied der Geschäftsleitung eines Unternehmens (Syndikus-Anwalt) nichtselbständig tätig. Ausserdem war er als Rechtsanwalt zugelassen. Seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus einem mit dem Kläger abgeschlossenen Arbeitsvertrag, wonach sie die Verwaltung eines Mietwohnobjektes übernahm. Der Arbeitslohn wurde in den Streitjahren pauschal lohnversteuert.
4Bereits 1984 hatte der Beklagte es abgelehnt, Verluste des Klägers aus einer selbständig betriebenen Rechtsanwaltskanzlei zu berücksichtigen, da er von einer einkommensteuerlich unbeachtlichen Tätigkeit ausging. Der Kläger hat dies nicht angefochten.
5In den Folgejahren machte der Kläger Aufwendungen für ein Arbeitszimmer als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Dies gilt auch für 1996 und 1997, und zwar machte er in seiner Einkommensteuererklärung für 1996 DM 2.957,-- und für 1997 DM 3.112,-- an Aufwendungen geltend. Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärte der Kläger nicht. Wegen der Lage und Ausstattung des Zimmers wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 7. Februar 2001 nebst Anlage Bezug genommen.
6Der Beklagte berücksichtigte in den Einkommensteuerbescheiden für 1996 vom 13. März 1997 und für 1997 vom 19. März 1998 die Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten, da das Zimmer nicht zu mehr als 50 v. H. beruflich genutzt werde.
7Die Kläger legten gegen die Bescheide jeweils rechtzeitig Einspruch ein. Während der Einspruchsverfahren erließ der Beklagte für 1996 und 1997 Änderungsbescheide, in denen er weitere Werbungskosten berücksichtigte, die Aufwendungen für das Arbeitszimmer aber weiterhin unberücksichtigt ließ.
8Mit Schreiben vom 19. September 1998 begehrte der Kläger erstmals die Berücksichtigung der Aufwendungen für das Arbeitszimmer als Betriebsausgaben bei Einkünften aus einer Anwaltskanzlei. Einnahmen hieraus erklärte der Kläger nicht, er gab auch keine Gewinnermittlung ab.
9Mit Einspruchsentscheidung vom 22. März 1999 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers als selbständiger Rechtsanwalt um eine einkommensteuerlich unbeachtliche Tätigkeit handele, da hieraus seit 1976 nur Verluste erzielt wurden.
10Mit der Klage tragen die Kläger vor:
11Er, der Kläger, sei 1998 63 Jahre alt geworden und arbeite seit 1999 nur noch 25 Stunden pro Woche als Angestellter. Zusätzlich zu seiner Angestelltentätigkeit sei er Mitglied in verschiedenen Ausschüssen gewesen. Hierbei habe es sich um persönliche Mitgliedschaften gehandelt. Die hierbei anfallenden Arbeiten habe er nur in dem Arbeitszimmmer ausführen können.
12Ziel der Aufrechterhaltung der Anwaltskanzlei auch in den Jahren 1996 bis 1998 sei es gewesen, im Fall einer Kündigung schnell eine neue Existenz aufbauen zu können. Dies habe nach seinem Ausscheiden auch zu Umsatzerlösen geführt, nämlich 750,-- DM für 1998, 2.265,-- DM für 1999, 12.292,-- DM für 2000 und 61.186,-- DM für 2001. Seit der Zulassung als Rechtsanwalt habe er ein Praxisschild an der Haustür.
13Nach eigener Aussage der Kläger (vgl. Schriftsatz vom 9. Februar 2003) nutzte der Kläger bzw. die Klägerin das Arbeitszimmer zu ca. 50 bis 55 % für häusliche Arbeiten als Geschäftsleitungsmitglied, für ca. 20 v. H. für Anwaltstätigkeiten und für ca. 10 v.H. für Verwaltungsarbeiten der Klägerin.
14Die Kläger beantragen,
15unter Änderung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide für 1996 und 1997 und Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 22. März 1999 die Einkommensteuer mit der Maßgabe neu festzusetzen, dass Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit mit ./. DM 2957,-- für 1996 und ./. DM 3.112,-- für 1997 berücksichtigt werden,
16hilfsweise die Revision zuzulassen.
17Der Beklagte beantragt,
18der Klage in Höhe von 20 v. H. der geltend gemachten Kosten stattzugeben und im übrigen die Klage abzuweisen.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
20Die zulässige Anfechtungsklage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
21In diesem Umfang sind die angefochtenen Einkommensteuerbescheide rechtswidrig und verletzen die Kläger deshalb in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -.
22Wie auch der Beklagte mittlerweile einräumt, erzielt der Kläger aus seiner Anwaltstätigkeit grundsätzlich Einkünfte aus selbständiger Arbeit, so dass auch Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.
23Entgegen der Auffassung der Kläger sind jedoch nur 20 v. H. der für das Arbeitszimmer geltend gemachten Aufwendungen in den Streitjahren als Betriebsausgaben abzugsfähig.
24Nach § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG - sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Im Streitfall sind nur 20 v. H. der Aufwendungen für das Arbeitszimmer durch die Rechtsanwaltstätigkeit des Klägers veranlasst, da dieser nach seinen eigenen Ausführungen das Arbeitszimmer nur in diesem Umfang für seine freiberufliche Tätigkeit nutzt. Wird ein Wirtschaftsgut zur Erzielung verschiedener Einkünfte genutzt, sind die Aufwendungen hierfür den verschiedenen Einkunftsarten zuzuordnen.
25Eine Berücksichtigung weiterer Aufwendungen bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit scheitert an § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG. Nach dieser Vorschrift sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht abzugsfähig. Eine der Ausnahmen in Satz 2, wonach entweder in voller Höhe oder teilweise Aufwendungen abzugsfähig sind, liegen im Streitfall ersichtlich nicht vor. Dem Kläger stand für seine nichtselbständige Tätigkeit ein Arbeitszimmer beim Arbeitgeber zur Verfügung. Er übte seine betriebliche oder berufliche Nutzung auch nicht zu mehr als 50 v.H. in dem Arbeitszimmer aus.
26Werbungskosten bei den Einkünften der Ehefrau aus nichtselbständiger Tätigkeit sind nicht zu berücksichtigen. Da deren Arbeitslohn pauschal lohnversteuert wurde, scheidet eine Berücksichtigung von Werbungskosten aus, § 40 a Abs. 5 i.V.m. § 40 Abs. 3 Satz 3 EStG.
27Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
28Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtsfrage, in welchem Umfang Betriebsausgaben bei einem zur Erzielung verschiedener Einnahmen genutzten Wirtschaftsgut abzugsfähig sind, keine grundsätzliche Bedeutung hat und der erkennende Senat auch nicht von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs abweicht.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.