Urteil vom Finanzgericht Köln - 10 K 4902/04
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 13. April 2004 wird mit der Maßgabe geändert, dass bei der Neufestsetzung weitere Werbungskosten in Höhe von ... € bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden. Die Neuberechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.
1
Tatbestand:
2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen des Klägers für eine Jahresabschlussfeier mit ihm unterstellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig sind.
3Der Kläger ist bei der Firma E als Versicherungskaufmann (Organisationsleiter im Außendienst in der Stadt E) nichtselbständig tätig. Seine Bezüge sind zu 40 % vom Erfolg ihm unterstellter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abhängig, d.h. er erhält insoweit erfolgsabhängige Provisionsanteile für von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vermittelte Versicherungsverträge. Für das Streitjahr 2003 bedeutet dies, dass bei einem Bruttoarbeitslohn von ca. 93.000,-- € ca. 36.000,-- € vom Erfolg seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abhingen.
4Am 3. Dezember 2003 fand in der Firma E Geschäftsstelle der Stadt E die Jahresabschlusstagung statt, an der neben dem Kläger 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilnahmen. Hierbei wurden betriebliche Angelegenheiten besprochen. Im Anschluss an die Tagung lud der Kläger die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu einer Dinershow in der Stadt E ein, in der vom Koch X neben Unterhaltungskünstlern ein Vier-Gänge-Gourmet-Menue angeboten wurde. Die Aufwendungen von ... € (... € je Person) machte der Kläger als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.
5(Wegen des Nachweises der Aufwendungen wird auf die Rechnungen der ... vom 31. Oktober 2003 sowie die Registrierstreifen ... Bezug genommen).
6Der Beklagte berücksichtigte in dem Einkommensteuerbescheid 2003 vom 13. April 2004 die Aufwendungen nicht als Werbungskosten. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom 25. August 2004 als unbegründet zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf den Einkommensteuerbescheid sowie die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
7Mit der Klage tragen die Kläger vor:
8Die Aufwendungen des Klägers seien als Werbungskosten abzugsfähig, da seine Bezüge zu einem wesentlichen Teil vom Erfolg seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abhingen.
9Die Kläger beantragen,
10die Einkommensteuer 2003 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von ... € neu festzusetzen.
11Der Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen,
13hilfsweise, die Revision zuzulassen.
14E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
15Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.
16Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger deshalb in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -.
17Der Beklagte hat zu Unrecht die geltend gemachten Bewirtungsaufwendungen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.
18Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG – liegen vor, wenn die Aufwendungen durch den Beruf veranlasst worden sind. Eine solche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und wenn subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs getätigt werden. Ein Werbungskostenabzug kommt jedoch nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn die Aufwendungen zwar dem Beruf fördern, daneben aber auch der Lebensführung dienen, es sei denn, dass der den Beruf fördernde Teil der Aufwendungen sich nach objektiven Maßstäben zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzen lässt und nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. z.B. Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 23. März 1984 VI R 182/81, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1984, 557, 558). In dem vorgenannten Urteil hat der Bundesfinanzhof weiter aufgeführt, dass Aufwendungen, die ein Arbeitnehmer mit feststehenden Bezügen zu Gunsten anderer, insbesondere ihm unterstellter Arbeitnehmer desselben Arbeitgebers macht, in der Regel keine beruflich veranlassten Werbungskosten seien. Anders könnten jedoch die Verhältnisse liegen, wenn ein Arbeitnehmer variable Bezüge erhalte, die der Höhe nach vom Erfolg der Mitarbeiter und dem seiner Geschäftsstelle (Abteilung) abhängig seien. Leiste ein solcher Steuerpflichtiger Aufwendungen an ihm unterstellte Arbeitskollegen, um diese zu möglichst hohen Leistungen anzuspornen, weil seine Bezüge zu einem nicht unwesentlichen Teil von den Provisionen seiner Mitarbeiter abhängig seien, so könnten bei ihm beruflich veranlasste Werbungskosten aus dem Arbeitsverhältnis gegeben sein (vgl. auch Schmidt/Drenseck, EStG, 25. Auflage 2006,
19§ 19 Rz. 60 "Bewirtung").
20Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze kommt der erkennende Senat im Streitfall zu dem Ergebnis, dass die Bewirtungsaufwendungen des Klägers beruflich veranlasst sind. Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, sind die Bezüge des Klägers zu ca. 40 % vom Erfolg seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abhängig. Bei diesem Prozentsatz kann nicht mehr von unwesentlichen Anteilen ausgegangen werden. In solch einem Fall muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass die Bewirtung, die ohne konkreten Bezug zu einem persönlichen Ereignis des Klägers (z.B. Geburtstag) stattgefunden hat, dazu diente, die Mitarbeiter für die im vergangenen Jahr geleistete Arbeit zu belohnen und anzuspornen, weiterhin diese Leistungen bzw. noch bessere zu erbringen.
21Die Beschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG hinsichtlich der Höhe der Aufwendungen greift bei der Bewirtung durch einen Arbeitnehmer desselben Arbeitgebers nicht ein (Drenseck, a.a.O.).
22Die Neuberechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen. Die Beteiligten haben einer Anwendung des § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO nicht widersprochen.
23Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 FGO, 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
24Der Senat lässt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision zu, da die Streitfrage, wann Bewirtungsaufwendungen eines Arbeitnehmers an andere Arbeitnehmer desselben Arbeitgebers Werbungskostencharakter haben, von grundsätzlicher Bedeutung ist und dem Bundesfinanzhof Gelegenheit gegeben werden soll, seine über 20 Jahre alte Rechtsprechung an Hand der heutigen wirtschaftlichen Gepflogenheiten zu überprüfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Gehälter von Führungskräften in immer größerem Umfang variable Bestandteile enthalten, die vom Erfolg der ihnen unterstellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abhängig sind.
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